Einführung in das Geheimnis der Auferstehung
Wir haben als Predigttext für heute aus dem ersten Korintherbrief das Auferstehungskapitel, Kapitel 15, ausgewählt – und zwar die letzten Verse ab Vers 50.
Das sage ich aber, liebe Brüder – die Schwestern sind immer mitgemeint. So ist es in der Bibel. Es ist keine Herabsetzung der Frau, sondern wenn von „Brüdern“ gesprochen wird, sind die Schwestern stets eingeschlossen.
Dort heißt es: Fleisch und Blut können das Reich Gottes nicht ererben. Auch wird das Verwesliche nicht die Unverweslichkeit erben.
Siehe, ich sage euch ein Geheimnis: Wir werden nicht alle entschlafen, wir werden aber alle verwandelt werden.
Das betrifft die, die bei der Wiederkunft Jesu leben. Auch sie werden durch die Verwandlung hindurchgehen – und das plötzlich, in einem Augenblick, zur Zeit der letzten Posaune.
Denn es wird die Posaune erschallen, und die Toten werden unverweslich auferstehen. Und wir, die Lebenden, werden verwandelt werden.
Denn dieses Verwesliche muss Unverweslichkeit anziehen, und dieses Sterbliche muss Unsterblichkeit anziehen.
Wenn aber dieses Verwesliche Unverweslichkeit anzieht und dieses Sterbliche Unsterblichkeit anzieht, dann wird das Wort erfüllt, das geschrieben steht:
„Der Tod ist verschlungen vom Sieg. Tod, wo ist dein Stachel? Hölle, wo ist dein Sieg?“
Der Stachel des Todes aber ist die Sünde, die Kraft der Sünde ist das Gesetz.
Gott aber sei Dank, der uns den Sieg gibt durch unseren Herrn Jesus Christus.
Darum, meine lieben Brüder, seid fest und unerschütterlich und nehmt immerzu teil an dem Werk des Herrn, denn ihr wisst, dass eure Arbeit nicht vergeblich ist im Herrn.
Herr, stärke unseren Glauben! Amen!
Der Umgang mit dem Tod und die Hoffnung der Auferstehung
Das war gestern wieder ein Wetter für den Osterspaziergang. Wenn man so erwischt wird, dass zwischen den Regentagen die Sonne scheint und die ersten Blüten sich an den Büschen zeigen, dann ist das schön. Viele von uns machten ihren Osterspaziergang jedoch an die Gräber auf dem Friedhof. Die Gedanken kreisen dabei oft um das Grauen des Todes.
Ich bin froh, dass wir heute diesen zweiten Feiertag haben, um noch ein paar Worte dazu zu sagen. Wenn das Herz wund ist, weil es nie mehr ganz heilen kann – wie ich gestern gut sagte –, dann ist das Liebe. Denn vor dem Tod gibt es kein menschliches Trösten, das uns vergessen lässt. Der Tod ist so brutal und so scheußlich, wenn er einfach die Liebesbande auseinanderreißt, all die herzlichen Verbindungen und all das, was man miteinander erlebt hat.
Mir geht dabei immer ein Vers durch den Kopf:
Der Tag ging regenschwer und sturmbewegt,
ich war an manch vergessenem Grab gewesen.
Verwittert Stein und Kreuz, die Grenze alt,
die Namen überwachsen, kaum zu lesen;
auf allen Gräbern fror das Wort „gewesen“.
Es ist schwer, dass wir selbst diesen Leib tragen. Wir spüren das, denn es kommt ja auch auf uns zu – für eine ganze Reihe von uns noch in diesem Jahr, und für die anderen schiebt sich das noch ein wenig hinaus. Dann kommt der Tod.
Dieses, was die Bibel so nüchtern und einfach anspricht – dieses Verwesen, der verwesliche Leib – da bin ich froh, dass Jesus, der Auferstandene, uns gewisse Hoffnung schenkt. Er tröstet, er gibt Zuversicht und Hoffnung, dass die Schrecken des Todes weichen. Und so singen wir umso lauter unsere Osterlieder, fröhlich auch gerade in den Abschiedsstunden an den Gräbern, voll Dank und Freude.
Nein, der Tod ist dann nicht mehr das Thema, sondern nur noch das Leben ist das Thema, von dem wir reden. Da möchte ich Ihnen helfen, dass Sie sagen: An diesem Ostertag darf ich mir die Tränen aus den Augen wischen und mich einfach freuen, dass ich die Lieben daheim weiß beim Herrn in der Herrlichkeit.
Drei Anforderungen und drei Aufrufe aus dem Wort Gottes
Apostel Paulus dankt dem Herrn für den Sieg, dankt dem Herrn für den Sieg! Sie nehmen es mir nicht übel, wenn ich noch ein wenig über den Tod rede. Das müssen wir, weil in unserer Welt heute das Geschehen des Todes verdrängt und verfälscht wird.
Dieses blöde und dumme Reden, das wir dauernd hören, als ob der Tod Natur sei, ist ja so unsinnig. Was ist das für eine schreckliche Natur! Ich will mich an diese Natur auch nicht gewöhnen, in der so grausam gemordet wird. Es ist nicht nur der Mensch, der in dieser Natur so grausam haust. Es sind ja die Tiere selbst und die Pflanzen, bei denen einer den anderen niederdrückt und nur der Stärkste überlebt.
Dieses Grauen des Todes spiegelt sich auch darin wider, wenn wir beobachten, wie die Krankheiten wüten, wie das ein Wettlauf ist. Erst recht in den Notgebieten, dort in den schlimmen Armutsländern der Welt, wo man gar nicht weiß, wo man anfangen soll mit Helfen und Retten, wenn der Tod so zupacken kann.
Warum kann denn der Tod so wüten? Warum ist das möglich in einer Welt, die Gott geschaffen hat und die doch die Spuren der Gottesliebe an sich trägt? So viel Schönheit, die wir jetzt im Frühling beobachten, führt uns doch hin zur Größe Gottes. Warum denn dann dieser Tod?
Der Tod ist doch ein Fremdkörper für die Natur. Ich würde genau das Gegenteil sagen: Der Tod passt nicht in die schöne Natur, weil es ja keine Wiederkehr gibt. Die Lieben kommen nicht mehr wieder. Diesen Unsinn von der Seelenwanderung wollen wir gar nicht reden.
Es ist ja das Schwere, dass sie nicht mehr wiederkommen, die lieben Menschen, die uns ans Herz gewachsen waren. Was ist denn das? Der Tod gehört zum Gerichtsernst Gottes, und das hat der moderne Mensch vergessen. Darum kennt er den Trost des Evangeliums nicht mehr.
Selbst an den Gräbern wagen es die Pfarrer so selten noch, vom Gericht Gottes zu reden. Das ist das sicherste Datum unseres Lebens, das uns Gott ins Licht vor sein Angesicht zieht. Das Sterben erinnert uns an dieses Gericht, weil überall unsere Unvollkommenheit sichtbar wird.
Wir müssen mit unserem unheiligen Leben vor dem heiligen und reinen Gott erscheinen. Darum ist der Tod eine grausame Wirklichkeit über alle, für dich und mich. Wir können uns nicht darüber hinwegmogeln. Auch durch ein langes Leben können wir daran nicht vorbei. Wir müssen durch dieses Gericht hindurch.
Die Unvermeidlichkeit des Todes und die Hoffnung im Glauben
Paulus sagt, dass Fleisch und Blut das Reich Gottes nicht erben können. Fleisch und Blut sind nicht, wie manche meinen, nur meine äußere Hülle. Fleisch und Blut sind mein Wesen; ich bin leiblich. Ich kann mein Wesen nicht ohne den Leib denken, und mein ganzes Denken und Fühlen ist leiblich.
Ich kann nicht ins Reich Gottes hineingehen, ohne diesen Leib. Selbst für gläubige Menschen gibt es diese Schwelle. Das ist auch gut, denn es schützt vor Schwärmerei und falscher, überspannter Frömmigkeit, die das immer wieder leugnet. Wir leben noch in dieser Welt und tragen immer noch den alten Leib. Wir leben im Glauben, aber noch nicht im Schauen. Wir haben das Reich Gottes noch nicht gesehen, noch nicht nachprüfen können und noch nicht in der Hand.
Fleisch und Blut können das Reich Gottes nicht erben. Alles muss noch durch das Gericht des Todes hindurch. Es muss ausgezogen werden. Dieser Prozess des Ausgezogenwerdens tut uns so weh. Bei alten Menschen, die jahrelang auf der Pflegestation liegen, wird ihnen Stück für Stück etwas weggenommen. Dieses Lösen von dem, was ja unser Leben war, ist schwer.
Es ist schwer, wenn man seine Arbeit nicht mehr tun darf, wenn man nicht mehr gebraucht wird und wenn die Kraft immer weniger wird. Wenn man die Treppen nicht mehr steigen kann und dann all die Lasten kommen, wenn die Augen nicht mehr sehen und das Gehirn nicht mehr funktioniert. Wenn man das alles ablegen muss.
Denken Sie immer daran, warum dieser Prozess so schwer ist. Nicht weil die anderen nicht lieb zu uns sind, sondern weil es schwer ist, dem Gericht Gottes in die Augen schauen zu müssen.
Nun spricht Paulus vom Trost, von der Siegesfreude. Er sagt: Für Christen hat der Tod nicht mehr die Qualität eines Richters. Für die, denen die Schuld vergeben ist und die mit Gott im Frieden leben, kommt der Tod nicht mehr als Wirkengel, sondern er hat nur noch eine Funktion: Er holt heim in die Ewigkeit.
Da wird das Sterben zum Heimgehen. Auch die Vorzeichen des Todes verlieren ihre Schrecken. Der Tod ist verschlungen im Sieg. Dieses Riesenmaul des Todes, das so viele Menschen in unserem Jahrhundert verschlingt – in den schrecklichen Kriegen, durch Hunger, Armut und Gewalt –, dieser Tod ist verschlungen im Ostersieg Jesu.
Ich wünsche Ihnen, dass Sie 365 Feiertage brauchen, um zu begreifen, was mit dem Ostersieg Jesu gegeben ist. Dort, wo die Sünden vergeben sind, vergleicht Paulus das mit einem alten Bild, das damals gut verständlich war: Die Fuhrwerksleute, die Ochsenkarren trieben, hatten keine Peitsche. Die Ochsen waren so dickfällig, dass sie das nicht störte. Stattdessen hatten sie einen Spieß, einen Stachel, mit dem sie den Ochsen hinten piksten, und dann lief der Ochse, wenn er den Stachel spürte.
Paulus sagt: Der Tod hat seine Antriebskraft nur dadurch, dass wir schuldige Menschen sind und ins Gericht Gottes gehen müssen. Aber dort, wo Menschen mit Gott im Frieden leben, ihr Leben bereinigt haben und mit Gott als Freund leben, da hat der Stachel seinen Treiber verloren. Da kann er nichts mehr drücken.
Es ist ein großer Trost, dass wir bei all den nüchternen Worten über das Sterben, das Altern und den Prozess des Todes jetzt sagen dürfen: Für uns ist es nicht mehr so. Glaubende Menschen erleben das ganz anders. Sie sagen, Gott nimmt mir viel weg, aber die Vorfreude auf die Ewigkeit wird immer größer, immer wunderbarer und immer schöner.
Der Sieg über den Tod und die Kraft des Glaubens
Im zweiten Gottesdienst habe ich neulich etwas erzählt, das ich im ersten Gottesdienst nicht erwähnt habe. Darum möchte ich das jetzt noch sagen: Es geht um einen alten Mann, der ganz unwillig sagte: „Was ist denn los? Ich glaube, die da oben haben mich schon vergessen.“
Er war einer von denen, die so denken, dass sie doch endlich heimgehen dürfen. Das ist das Vorwärtsdenken der Christen, die nicht am Kranz des Todes stehenbleiben und nicht nur an den Schmerzen festhalten. Im Sieg Jesu ist die Macht des Todes besiegt.
Sie kennen doch das Schachspiel. Beim Schach ist es so: Wenn der König geschlagen ist, ist das Spiel zu Ende. Man braucht nicht mehr weiterzuspielen, auch wenn man noch die Königin auf dem Feld hat, zwei Läufer und zwei Pferdchen. Es nützt nichts. Der König ist gefallen, dann ist das Spiel aus.
So sagt Paulus: Wo die Sünde endlich ausgeräumt ist, gibt es kein Gericht mehr. Dort hat auch der Tod seine Schrecken verloren. Er ist umfunktioniert – das ist so ein modernes Wort. Der Tod wird umfunktioniert und wird zur Kraft, die uns heimbringt.
Wir freuen uns auf den Moment, wenn dieser alte Leib abgelegt wird. Was hat uns dieser Leib treu getragen! Wir haben ihm auch viel zugemutet und ihn hart gefordert. Die Organe sind oft verschlissen. Manchmal sollten wir auch zu unserem Leib sagen: Du hast viel geleistet.
Was haben unsere Knochen uns getragen, unsere Muskeln uns bewegt? Was haben unsere Augen gesehen? Denken Sie einmal daran, wenn Sie müde werden und nicht mehr klar sehen können. Dank sei unserem Leib! Nun dürfen wir bald diesen neuen Leib anziehen, diesen vollkommenen Leib.
Nicht nur, dass es keine Schmerzen mehr geben wird, sondern dieser Leib wird auch nicht mehr versuchlich sein. Es wird keine unreinen Gedanken mehr geben, kein Leid und kein Geschrei mehr.
Philipp Spitta hat dieses schöne Lied gedichtet:
„Wie wird uns sein, wenn wir vom hellen Strahlen
des ewigen Lichtes übergossen stehen,
und wonne dann zum ersten Male
uns frei und rein von aller Sünde sehen,
wenn wir durch keinen Makel ausgeschlossen
und nicht zurückgescheucht durch Schuld und Pein
als Himmelsbürger Gottes Hausgenossen
eintreten dürfen in der selgen Rhein.“
Für die Letzten wird das bei der Wiederkunft Jesu zur Stunde der letzten Posaune passieren. Wie Paulus in 1. Korinther 15,52 schreibt: Alle werden diesen irdischen Leib ablegen müssen und den neuen Leib bekommen.
Ich habe nur einen Wunsch: dass sie alle im Buch des Lebens stehen, dass sie das festgemacht haben und sagen: „Herr, dir lebe ich, dir leide ich, dir sterbe ich, dein bin ich tot und lebendig.“
Dass sie eine Hoffnung im Leben und Sterben haben und dass ihr Sterben keine Exekution mehr zum Gericht ist, sondern dass ihr Sterben Heimgang ist.
Aufruf zur Dankbarkeit und Standhaftigkeit im Glauben
Aber nun folgt der zweite Aufruf. Das erste war ein Dank für den großen Sieg: Dank für den großen Sieg, singt die Lieder, freut euch!
Der zweite lautet: Steht fest in der Freude, seid fest, unerschütterlich!
Und was denkt Paulus dabei? Ja, es ist schon schlimm, wie leicht wir uns umblasen lassen. Kaum sind wir wieder draußen, merken wir – und das ging Ihnen sicher auch unter die Haut – was wir hier gerade aus dem Wort Gottes ausgelegt haben. Doch oft ist das schon eine halbe Stunde nach dem Gottesdienst wie weggeblasen. Wenn Sie wieder im Arztzimmer sitzen, sorgenvoll Ihren Leib fühlen und nach Krankheiten tasten, ist das schlimm? Ist das böse?
Seid unerschütterlich, seid fest!
Warum hält denn der Osterglaube so wenig? Ein einfacher Grund ist hier zu nennen: Wir sind nicht verwurzelt.
Es ist überraschend: Wenn Sie jetzt durch den Wald gehen, haben Sie sicher gesehen, wie viele Bäume bei den Sturmtagen neulich entwurzelt und umgeworfen wurden. Doch es wundert uns nicht, wenn man diese Wurzelstücke der umgestürzten Bäume ansieht. Sie hatten gar nicht viel Wurzel, die gingen überhaupt nicht tief und vielleicht auch nicht breit genug. Das kann natürlich nicht halten. Wenn ein richtig scharfer Wind weht, dann hält das nicht.
Und wenn Sie den Stürmen der Welt ausgesetzt sind, wenn Sie das alles einmal nachempfinden müssen – wie es ist, wenn unser ganzes Ich zerbricht, wenn unsere Seele kraftlos ist – dann ist es ja so schwer bei dem Prozess des Sterbens, oft auch in Krankheit und in der Not, die uns bedrückt. Dann heißt das doch, dass wir verwurzelt sein müssen – mit Jesus Christus.
Das war mir gestern so wichtig: Sie brauchen eine persönliche Verbindung zu Jesus Christus. Sonst interessiert Sie gar nichts so sehr wie das im Christentum. Sie brauchen diese Lebensverbindung mit Jesus. Er muss Ihr Freund sein, er muss Sie stärken können.
Die stille Zeit unserer Bibelleser am Tagesbeginn ist nur der erste Schritt. Aber da soll diese Verwurzelung so geschehen, dass es Ihr persönliches Reden auf Du und Du mit Jesus Christus, dem Auferstandenen, wird. Dass Sie mit ihm reden können bis zu den Stunden und Minuten vor der Operation, beim Abschiednehmen, am Sterbebett und wo Sie auch sind, beim Gang zum Grab. Dass Sie sagen können: „Du Heiland hältst mich, von allen Seiten umgibst du mich.“
Denn wie von treuen Müttern in schweren Ungewittern die Kindlein hier auf Erden mit Fleiß bewahrt werden, so lässt auch Gott sich seine Kinder bei Not und Trübsalblitzen in seinem Schosse sitzen.
Das macht mir Jesus groß, der Auferstandene, der lebt und mich gerade hindurchtreckt durch die grauenhafte Not, das Schrecken dieser Welt.
Seid fest, unerschütterlich, und legt jetzt all Eure Not, Eure Traurigkeit, Eure Angst, Eure Schuld, Euer Leid nieder bei Jesus! Er ist der Sieger über alle Mächte, auch über die Großmacht Tod, auch über die Großmacht Hölle. Er stärkt dich.
Es ist mir so wichtig, dass Sie nicht denken, ich sei ein Propagandist, der Ihnen hier etwas einreden will. Sie können das auf dem Nachhauseweg einander erzählen, wie Sie das erlebt haben.
Wie oft darf ich daran teilhaben, wenn Menschen sagen: „So war es beim Sterben meines Mannes. Ich habe gar nicht die Schrecken gespürt, ich war so getragen von der Liebe Gottes.“ Das ist wunderbar, wenn man fest und unbeweglich steht.
Wir sind alle schwankend in jedem Winterleere – und das in unserer evangelischen Kirche.
Die Zweifel an der Auferstehungsbotschaft schießen so ins Kraut. Das hat doch nur den Grund, dass so viele nicht mehr verwurzelt sind im Wort Gottes. Da kann man gar nicht viel streiten. Da kann man nur sagen: Seid fest, unbeweglich! Lasst sie reden, aber stehe du fest und wisse aus dem Wort Gottes, wo dein Heiland ist und wie er dich führt durch alles hindurch.
Aufruf zum aktiven Glaubensleben und zur Mitarbeit im Werk des Herrn
Und noch das Letzte: Packen Sie die Aufgaben jetzt an.
Nicht, dass Sie meinen, ich wünsche Ihnen im Ernst 365 Feiertage. Ich freue mich, wenn Sie arbeiten. Gerade deshalb wollen wir heute auch noch einen Tag haben, an dem wir uns über den Auferstandenen freuen.
Paulus sagt ja, wir sollten tüchtig arbeiten. Wir dürfen ruhig noch ein bisschen mehr tun, meint er, und immer mehr zunehmen im Werk des Herrn. Aber er meint nicht, dass wir so arbeiten sollen wie diese wild gewordenen – wie die Amerikaner sagen: Wir sind wie besoffen von der Arbeit.
Dass wir gar nicht mehr loslassen können, so wie ein Alkoholiker am Alkohol hängt – die Deutschen hängen an der Arbeit. Sie können keine Minute Pause machen, weil das eine Sucht ist, eine Droge, der sie erlegen sind. Das meint Paulus nicht.
Wir müssen aufpassen, dass es nicht so ist. Wir sollen über der Arbeit stehen, aber nicht jede Minute mit Geschäftigkeit ausfüllen. Wir müssen wissen, was heute eigentlich dran ist und was der Herr von uns will.
Er spricht von dem Werk des Herrn, das wir tun sollen – dem Werk des Herrn. Was will der Auferstandene heute tun? Hoffentlich können Sie trotz der vielen Termine in Ihrem Leben, Ihr Kalender ist sicher voll davon, immer noch unterscheiden: Heute hat etwas Vorrang.
Ein Brief, der geschrieben wird, ein Besuch, den ich mache, ein Wort, das ich zeugnishaft weitergebe. Es ist etwas Großes, wenn Menschen wieder Wichtiges und Unwichtiges in ihrem Leben trennen können. Dazu befreit uns der Auferstandene.
Ich habe in diesen Tagen das Buch von Raoul Wallenberg gelesen. Er war ein schwedischer Diplomat, der Ende 1944, Anfang 1945 beim Hensler Verlag erschienen ist. In Budapest rettete er 100 Juden. So etwas Verwegeneres kann man sich kaum vorstellen. Ich weiß gar nicht, ob er ein Christ war, aber da stand ein Mann ohne Waffe vor Maschinenpistolen und einem deutschen General. Er sagte: „Sie werden die Exekution nicht durchführen.“ Und er sagte „Nein“, und sie wurde abgeblasen.
In der Autorität des Wortes der Wahrheit sagte er: „Sie sind keine Mörder, und darum werden Sie das nicht tun.“ Es hat das wirklich gegeben in unserer unheimlichen Welt: Menschen, die fest und unerschütterlich stehen und darum große Taten vollbringen.
Wir haben oft von diesen Leuten noch gar nie gehört. Aber der Auferstandene will uns dazu befreien, zu erkennen, was heute zu tun ist.
Ja, das ist oft auch die Streitfrage: Was ist heute zu tun? Ich meine immer wieder, dass die Anweisungen nicht konkret jetzt von der Kanzel erfolgen sollen. Ich bin überzeugt, dass der Heilige Geist sie kennt.
Ich habe Ihnen gestern von dem jungen Mann erzählt, der die Schrecken der Dritten Welt noch sehr drastisch in Äthiopien erlebt hat und darüber schier verzweifelt ist. Aber ich denke an einen anderen unserer Senioren, den wir ausgesandt haben nach Afrika. Ich fragte ihn, wie es mit seiner Gesundheit steht. Er sagte: „Ich habe im Gesicht Hautkrebs.“ Ich sagte: „Dann ist nichts, dann dürfen Sie nicht in die afrikanische Sonne.“ Er sagte: „Ich habe mir einen breiten Hut gekauft. Ich gehe, Gott ruft.“
Verstehen Sie, dass Christen nicht dauernd auf ihre Gesundheit achten? Obwohl sie das dürfen, auch die Verantwortung um sich tragen – verstehen Sie, was ich meine? Sie werden eh an den Larven im deutschen Fischgeschäft sterben und nicht an dem Ungeziefer dort, wo Gott sie ruft.
Sie brauchen nicht von der Angst leben. Gott lässt geschehen, was geschehen muss. Gehen Sie und wissen Sie, dass jeder Tag ein Geschenk des Auferstandenen ist. Seien Sie mutig und unerschrocken.
Es werden erstaunlich viele Bewerber. Von jenen Senioren, die schreiben: „Ich weiß nicht, wie lange ich lebe, ich habe die und die Krankheit, aber ich will noch einmal hinaus und für Gott etwas wirken.“
Aber nicht nur in der Dritten Welt. Ich bin überzeugt, auch heute hier bei uns. Und das sind vielleicht gar nicht spektakuläre Taten.
Das ist vielleicht eine Mutter, die ihr Kind schwer trägt und es nicht einfach ins Leben schicken kann. Sie trägt es in Geduld und Liebe, ringt und kämpft für ihr Kind, betet weiter und gibt nicht auf.
Gerade die Sorge um Menschen, die wir in der Liebe Jesu umfassen und sagen: „Der Auferstandene ist mit dem noch lange nicht fertig“, das ist das Größte und Wichtigste.
Wo man für Menschen kämpft, nicht bloß, wo man hunderttausend Juden vor der Exekution bewahrt, sondern wo man heute sagt: „Ich möchte, dass dieses Kind leben kann.“
Es fängt schon vor der Geburt bei vielen an, leider zunehmend auch in christlichen Familien. Und es geht weiter bis dorthin, wo unsere Kinder unter seelischen Leiden schier zusammenbrechen.
Wo sind da die Glaubenden, die im Wissen um die Macht des Auferstandenen sich annehmen? Auch um die Gescheiterten, Süchtigen, Drogenkranken, die ausgeflippten jungen Leute und die seelisch Kranken?
Packen Sie die Aufgaben jetzt an. Nehmen Sie immer mehr zu im Werk des Herrn, denn Sie wissen, es ist nicht vergeblich. Rechnen Sie bitte nie nach den Maßstäben unserer Welt, ob dabei etwas herauskommt.
Im Glauben gilt eine ganz andere Rangordnung. Da kann es sein, dass die anderen sagen: „Was macht der denn schon viel?“
Das trifft ganz besonders auf unsere Mütter zu, die ihren Beruf aufgeben, um sich ganz ihren Kindern zu widmen. Ich weiß, dass Gott auch Frauen in große Ämter rufen kann. Aber auch das wollen wir festhalten: Das sind persönliche Lebensführungen Gottes.
Darum kommen hier von der Kanzel keine Anweisungen, weil man das nicht über einen Leisten schlagen kann und keine Normen fassen kann. Gott wird dich leiten und dir den Platz geben, wo er dich mit deinen Gaben braucht.
Deine Arbeit erfordert Mut – solch einen Mut wie jener, der nach Afrika mit dem breiten Hut hinausging und sagte: „Ich wirke bis ins hohe Alter hinein, ich lasse mich nicht aufhalten und richte mich nicht nach der Mode unserer Welt und nicht nach dem Denken meiner Zeit.“
Auch wenn der Zeitgeist mir ins Gesicht bläst, lasse ich mich vom Auferstandenen senden. Meine Arbeit ist nicht vergeblich, ich habe noch etwas zu tun, ich habe noch etwas zu wirken.
Ludwig Hofacker hat ja dieses große Wort gesagt: „Ich will lieber ein Gaul sein, den man an seinem Karren zu Tode schindet, als ein Mensch, der im Tode keine Hoffnung hat.“
Wir sind ja solche reichen Leute, dass wir einen lebendigen Herrn Jesus haben, der uns nicht nur eine Hoffnung gibt – so ein trügerisches Bild, einen Traum, einen Spuk der Gedanken –, sondern der uns feste, gewisse Zuversicht gibt.
Nichts ist vergeblich, was im Glauben, im Gehorsam gegen diesen Herrn heute getan wird. Wir können noch viel tun. Packen wir es an. Amen.
