Herr, du hast uns durch diese Königsgeschichte auch viel Betrübliches gezeigt. Immer wieder ist sie ein Spiegel vor unserem Auge. Doch es ist so wunderbar, dass du deine Hand nicht ganz abziehst. Es ist ein Wunder, dass du auch mit Untreuen deine Geschichte weiterschreibst.
Jetzt hilf uns, in deinen Spuren zu leben. Hilf uns zur Klarheit darüber, was dein Wille auch bei uns heute ist. Hilf uns, dass wir mit dir leben können!
Wir danken dir, dass du so viel tun willst. Bis heute gilt die Losung, dass du Wohnungen bei uns machst und deine Herrlichkeit hier offenbaren willst – auch in unserem Leben. Amen!
Einleitung und Überblick über die Königsgeschichte
Zweiten Könige 25 wollen wir heute abschließen. Das Kapitel war natürlich für uns alle etwas schwierig. Nach den Sommerferien werden wir wieder ganz einfach einen Paulusbrief miteinander durcharbeiten. Dabei nehmen wir immer kleine Abschnitte und entfalten den Sinn der Worte genauer.
Ich hoffe, dass durch dieses schwierige Geschehen der Königsgeschichte bei Ihnen ein Verständnis für große Teile des Alten Testaments lebendig geworden ist und Ihnen erschlossen wurde. Nun sind wir beim letzten Kapitel. Sie kennen den geschichtlichen Zusammenhang.
722 v. Chr. wurde Samaria, das Nordreich, zerstört. Von diesem Zeitpunkt an, also ab 722 v. Chr., gab es nur noch Juda im Süden. Der große Teil Samarias kam bis in unsere Tage, nämlich bis 1967 im Sechstagekrieg, nicht mehr unter jüdische Herrschaft. Heute sprechen die Israelis wieder von Samaria.
Von 722 v. Chr. bis 1967 hatten Juden in Samaria keine Herrschaft mehr; es herrschten immer Fremdvölker. Die Bevölkerung war zerstreut, und es entstanden die Samariter. Sie kennen die Spannung zur Zeit Jesu zwischen Juden und Samaritern.
Im Süden wurde 587 v. Chr. Jerusalem zerstört. Man zählt rückwärts bei den Jahreszahlen vor Christus: 722 v. Chr. die Zerstörung Samarias, 587 v. Chr. die Zerstörung Jerusalems. Danach herrschten fremde Völker in Jerusalem. Es kam noch einmal zu einer kurzen Wiedererrichtung einer jüdischen Herrschaft. Sie kennen ja auch Herodes, der kein Jude war.
Das, was wir aus der neutestamentlichen Geschichte kennen, endet schließlich im Jahr 70 n. Chr., als der Tempel, der dritte Tempel, zerstört wurde. 587 v. Chr. fand die erste Zerstörung des salomonischen Tempels statt. Nach dem Exil in Babel wurde ein weiterer Tempel gebaut. Dieser war der zweite Tempel.
Der dritte Tempel war der herodianische Tempel, ein sehr schöner und architektonisch beeindruckender Tempel. Er wurde im Jahr 70 nach Christus zerstört. Seitdem wurde kein Tempel mehr aufgebaut. Deshalb können Juden kein Passahlamm mehr schlachten und auch kein Passahlamm essen. Es können keine Opfer mehr dargebracht werden.
Eine merkwürdige Parallele zur neutestamentlichen Geschichte Jesu besteht darin, dass er als das Opferlamm gilt.
Die Belagerung Jerusalems und das Schicksal Zedekiahs
Nun wenden wir uns der schweren Geschichte der Zerstörung zu, beginnend mit Zedekiah, Kapitel 25.
1 Und Zedekiah wurde im neunten Jahr seiner Herrschaft abtrünnig vom König von Babel. Am zehnten Tag des zehnten Monats zog Nebukadnezar, der König von Babel, mit seiner ganzen Macht gegen Jerusalem. Sie belagerten die Stadt und bauten Bollwerke um sie herum. So wurde die Stadt bis ins elfte Jahr des Königs Zedekiah belagert.
Am neunten Tag des vierten Monats wurde der Hunger in der Stadt so stark, dass das Volk nichts mehr zu essen hatte. Da brachen sie in die Stadt ein, und der König sowie alle Kriegsmänner flohen bei Nacht durch das Tor zwischen den zwei Mauern, auf dem Weg zum Garten des Königs.
Doch die Chaldäer lagen um die Stadt. Der König floh zum Jordantal, doch die Kriegsleute der Chaldäer jagten ihm nach. In einem Jordantal bei Jericho holten sie ihn ein und zerstörten alle Kriegsmänner, die bei ihm waren. Sie zerstreuten sich von ihm, aber die Chaldäer nahmen den König gefangen.
Sie führten ihn zum König von Babel nach Ribla. Dort sprachen sie das Urteil über ihn. Vor seinen Augen erschlugen sie die Söhne Zedekias, blendeten Zedekiah und legten ihn in Ketten. Anschließend führten sie ihn nach Babel.
Historischer Hintergrund und politische Umstände
Die Zusammenhänge noch einmal zur Erinnerung: Wir hatten das schon beim letzten Mal angesprochen. Zedekiah war ein König, der von den Babyloniern eingesetzt wurde, die hier auch Kaldäer genannt werden. Sie gaben ihm diesen Namen, um deutlich zu machen, dass er im Grunde nur ein Ausführer der babylonischen Befehle war.
Joachim war der König vor Zedekiah. Er wurde bereits gefangen genommen und nach Babel geführt. Damals wurden auch zehntausend Handwerker deportiert. Es war eine schreckliche Zeit. Jerusalem wurde zum zweiten Mal erobert.
Beim letzten Mal haben wir einen Einblick in die Erzählungen Jeremias erhalten. Dort sehen wir nun, was ich Ihnen erklären möchte. In der großen Bedrohung Jerusalems gab es Stimmen, die sagten: „Wir sind wer, we are the champions“, wie die Fußballer heute singen. Sie schwenkten Fahnen, organisierten nationale Bewegungen und waren überzeugt, alles schaffen zu können. Manchmal fragt man sich wirklich, wie Menschen so unvernünftig werden können.
Im Moment gibt es eine Jubelbegeisterung, ausgelöst durch ein sehr umstrittenes Tor, und sie rufen „We are the champions, wir sind die Weltmeister“. So war es auch in Jerusalem: ein Rausch, eine mächtige Begeisterung der Menschen. Einige Führer, deren Namen wir sogar noch aus der Prophetengeschichte kennen, trieben König Zedekiah bewusst in diesen Rausch hinein. Sie sagten ihm, man könne sich wehren, man müsse sich nur von Babel lossagen.
Schuld daran war, wie wir beim letzten Mal ausführlich erklärt haben, die Hoffnung auf Ägypten. Jeremia warnte: Das wird nicht gut ausgehen. Die Ägypter werden euch verlassen, sie können euch nicht befreien, sie werden wieder umkehren. Es fiel Jeremia sehr schwer, diese Botschaft zu übermitteln, denn er liebte seine Stadt und sein Volk. Doch er musste als Unheilsprophet auftreten, und niemand in Jerusalem verstand ihn.
Alle sagten, man müsse Hoffnung haben. Man warf Jeremia keinen Landesverrat vor, aber er sagte: Das ist ein Gottesgericht, und ein Gottesgericht muss man ertragen. Gott kann sein Volk nur so wieder zu sich ziehen, nämlich indem man auch durch das Gericht hindurchgeht.
Jeremia wurde überhaupt nicht verstanden. Er wurde gefangen gesetzt und in einen Brunnen geworfen. Der Mohr versorgte ihn mit Brot aus der Bäckerei – das ist sehr eindrücklich im Buch Jeremia beschrieben. Wir wissen genau über diese Vorgänge Bescheid.
Es kam zu einer schrecklichen Auflehnung. Zedekiah löste sich vom König und konnte der anderthalbjährigen Belagerung Jerusalems trotzen. Man kann sich kaum vorstellen, was das bedeutet hat: eineinhalb Jahre in einer belagerten Stadt zu sein. Der Hunger war entsetzlich. Die Menschen mussten wahrscheinlich sogar Leder essen, weil sie nichts mehr hatten. Wo sollten sie noch Essen herbekommen? Die ganze Stadt litt, und es war unklar, woher sie ihr Wasser nahmen.
Nach anderthalb Jahren gelang es den Babyloniern, eine Bresche in die Mauer zu schlagen. Man kennt sogar die genaue Stelle. Sie war von Norden her. Wer die Topographie Jerusalems kennt, weiß, dass der Norden von Samaria her kommt. Dort, wo heute die Straße nach Ramallah führt, ist es am flachsten. Dort brachen die Babylonier ein.
Der König versuchte, auf der anderen Seite, Richtung Jordantal und Ölberg, bis zum Jordan zu entkommen. Doch es gelang ihm nicht. Er wurde dort gefasst.
Bitte sagen Sie nicht, früher sei man so brutal gewesen. Ich meine, das, was in unseren Kriegen passiert, ist keineswegs besser. Vielleicht gibt es heute solche Grausamkeiten nicht mehr, aber damals musste Zedekiah mit ansehen, wie vor seinen Augen seine eigenen Söhne abgeschlachtet wurden. Das musste er ertragen.
Dann stachen sie ihm die Augen aus und führten ihn mit Ketten weg. Das war eine solche Demütigung, eine solche Gemeinheit. Das Schlimmste wäre ja gar nicht, einen Menschen zu töten, sondern ihm Qualen zuzufügen – vor allem seelische Qualen. Sicher ist, dass Menschen den Tod oft weniger fürchten als das Leiden.
Hier wurde Leiden in schrecklichster Weise erzeugt.
Ribla war das Hauptquartier des babylonischen Kommandanten der Armee. Deshalb spielte sich dort alles ab. Ribla lag vermutlich am Übergang des Jordan oder etwas weiter drüben. Wo genau dieser Ort war, weiß ich im Moment auch nicht.
Die Zerstörung Jerusalems und die Deportation
In Jerusalem blieben dann nur noch wenige Bauern zurück. Diese waren ungefährlich und konnten Nahrungsmittel produzieren, mehr nicht. Unter einem Statthalter – das lesen wir noch – waren viele Leute deportiert worden. Vor allem gab es eine schreckliche Abrechnung der Babylonier mit der Bevölkerung.
Man möchte nicht darüber sprechen, wie grausam vergewaltigt wurde, wie Kinder missbraucht wurden und wie schreckliche Plünderungen sowie Brandschatzungen in der schlimmsten Weise stattfanden. Wer einmal den Zusammenbruch bis in unsere Zeit erlebt hat, weiß, wie furchtbar das war. Auch was über viele unserer Flüchtlingsströme hinweggebrochen wurde, zeigt das Ausmaß der Katastrophe.
Am siebten Tag des fünften Monats, im neunzehnten Jahr Nebukadnezars, des Königs von Babel, kam Nebusaradan, der Oberste der Leibwache und Feldhauptmann des Königs von Babel, nach Jerusalem. Er verbrannte das Haus des Herrn, das Haus, das Salomo gebaut hatte – die Gegenwart Gottes.
Auch das Haus des Königs und alle anderen großen Häuser in Jerusalem verbrannte er mit Feuer. Die ganze Heeresmacht der Chaldäer, die dem Obersten der Leibwache unterstand, riss die Mauern Jerusalems nieder.
Das Volk, das in der Stadt übrig blieb und sich dem König von Babel unterworfen hatte, sowie die verbleibenden Werkleute führte Nebusaradan, der Oberste der Leibwache, weg. Von den Geringen im Land ließ er jedoch Weingärtner und Ackerleute zurück.
Später ließ Nehemia die Stadt nach der Gefangenschaft wieder aufbauen.
Die kupfernen Säulen am Haus des Herrn, die Gestelle und das kupferne Meer, das am Haus des Herrn stand, zerbrachen die Chaldäer und brachten das Kupfer nach Babel. Die Töpfe, Schaufeln, Messer, Löffel und alle kupfernen Gefäße, die beim Opferdienst gebraucht wurden, nahmen sie ebenfalls weg.
Der Oberste der Leibwache nahm Pfannen und Becken sowie alles, was golden und silbern war. Die beiden Säulen, das Meer und die Gestelle, die Salomo gemacht hatte – das Haus des Herrn – waren aus Kupfer. All diese Gefäße konnten nicht gewogen werden.
Eine Säule war achtzehn Ellen hoch, und der Knauf darauf war ebenfalls aus Kupfer und drei Ellen hoch. Das Gitterwerk und die Granatäpfel am Knauf waren ebenfalls aus Kupfer. Genauso war die andere Säule mit ihrem Gitterwerk gestaltet.
Der Oberste der Leibwache nahm den Oberstenpriester Seraja, Sephanja, den Zweitoberstenpriester, sowie die drei Hüter an der Schwelle. Außerdem nahm er aus der Stadt einen Kämmerer, der über die Kriegsmänner gesetzt war, fünf Männer, die stets vor dem König waren, den Schreiber des Feldhauptmanns, der das Volk des Landes zum Heer aufbot, und sechzig Mann vom Volk des Landes, die sich in der Stadt fanden.
Diese alle brachte Nebusaradan, der Oberste der Leibwache, zum König nach Babel, nach Ribla. Dort schlug der König sie in Ribla im Land Hamath.
So wurde Juda aus seinem Land weggeführt.
Über das Volk, das im Land Juda übrig blieb und das Nebukadnezar, der König von Babel, zurückgelassen hatte, setzte er Gedalja, den Sohn Ahikams, des Sohnes Schaffans, als Statthalter ein.
Die Herrschaft Gedaljahs und die Reaktion des Volkes
Als nun alle Hauptleute des Kriegsvolkes und ihre Männer hörten, dass der König von Babel Gedalja eingesetzt hatte, kamen sie zu Gedalja nach Mizpa. Darunter waren Ismael, der Sohn Netanjas, Johannan, der Sohn Kariach, der Sohn Seraia, der Sohn Tanhumetz, der Netophatiter, und Jasannja, der Sohn des Machatiter, samt ihren Männern.
Gedalja schwor ihnen und ihren Männern und sprach zu ihnen: „Fürchtet euch nicht vor den Chaldäern, bleibt im Lande und seid dem König von Babel untertan, so wird es euch gut gehen.“
Es war Jeremia ganz besonders wichtig, dass sich jetzt der übriggebliebene Rest unter dieses schwere Gericht Gottes beugt. Er wollte auch in diesem schnellen Überblick noch zeigen, wie bei Jeremia plötzlich aufleuchtet: „Ich habe dich je und je geliebt, darum habe ich dich zu mir gezogen aus lauter Güte.“ So offenbart Gott noch große Heilspläne.
Ihr werdet euch entsetzen über all das Gute, das sich euch tun wird. Jetzt beugt euch unter Gott. Auch ich muss das schwere Gericht Gottes annehmen. Ich beobachte immer wieder, dass bei uns heute der ganze Gedanke daran gar nicht bewusst ist.
Es gibt auch ein Gericht. Es gibt auch Schweres, das Gott uns auflegt, und ich muss es aus seiner Hand annehmen und mich darunter beugen. Wir müssen alle erleben, wie auch unser Körper schwach wird. Es ist eben nicht der schon im Himmel lebende Leib.
Ich wundere mich immer, dass manche Leute so tun, als ob das jetzt schon alles himmlisch wäre. Wir müssen sehr tief auch durch, müssen unsere Schwäche erleben. Es ist auch schwer, wenn man bei Angehörigen merkt, wie elend der Mensch ist. Auch glaubende Menschen zerbrechen im Alter an ihrer Kraft.
Das sind alles Gottesgerichte, die man annehmen muss und unter die man sich beugt. Aber wo ich mich darunter beuge, darf ich auch wissen, dass Gott einen Segen daraus schafft und dass das sein Ziel ist. Er will nicht zerbrechen, er will nicht zerstören, sondern er will heilen.
Das war ja bei Jeremia so schön. Das sind die schönsten Zusagen: Er will doch sammeln, er will zu sich ziehen und seine Liebe offenbaren.
Der Mord an Gedalja und die Flucht nach Ägypten
Es kommt nun zu einem ganz furchtbaren Ereignis in Jerusalem: Die Zurückgebliebenen ermorden in einem tollkühnen nationalen Akt erneut Gedalja. Sie glauben, sich noch einmal von Babel losreißen zu können. Dabei haben sie nie verstanden, dass es ein Gottesurteil war.
Das ist das Schwerste daran. Jeremia wehrt sich dagegen. Man sollte es beim Jeremia selbst nachlesen, denn es ist ausführlich beschrieben. Aus lauter Angst vor den Strafurteilen und vor der Strafexpedition der Babylonier, nachdem sie den Statthalter der Babylonier ermordet hatten, fliehen alle nach Ägypten. Jeremia nehmen sie ebenfalls mit, weil er immer Opposition geleistet hatte. Sie wagten es nicht, ihn auch umzubringen.
Dort verliert sich die Spur Jeremias. Man vermutet, dass er in Ägypten ums Leben kam. Damit schließt die Geschichte Jeremias.
Wir lesen das noch einmal:
Im siebten Monat kam Ismael, der Sohn Netanjas, des Sohnes Elishamas vom königlichen Geschlecht, mit zehn Männern. Sie schlugen Gedalja, den Statthalter, tot. Dazu taten sich Judäer und Chaldäer zusammen, die bei ihm in Mizpa waren.
Daraufhin machte sich das ganze Volk auf – Klein und Groß – sowie die Obersten des Kriegsvolkes. Sie zogen nach Ägypten, weil sie sich vor den Chaldäern fürchteten.
Sie hatten einen wahnsinnigen Akt des Aufruhrs begangen, ohne ihn wirklich durchdacht zu haben. Kaum war Gedalja tot, was ihr Ziel war, fliehen sie aus Angst. Man sieht daran, wie kopflos alles war.
Das Ende der Königszeit und die Hoffnung auf Erneuerung
Die Geschichte endet hier mit Joachim, der König vor Zedekia. Interessanterweise war Joachim der Neffe von Zedekia, was bedeutet, dass die Erzählung eine Generation übersprungen hat. Zedekia war also der Onkel von Joachim. Joachim wird begnadigt und kehrt in Babel an den Tisch des Königs zurück.
An dieser Stelle schließt das Königsbuch. Heute Abend haben wir noch eine ganze Menge zu besprechen, deshalb keine Sorge, wir sind noch nicht am Ende. Ich möchte das Königsbuch an dieser Stelle abschließen, da hier der aktuelle Bericht des Schreibers endet. So war der Stand in dem Moment, als das Königsbuch verfasst wurde. Der Schreiber äußert die Hoffnung, dass vielleicht wieder ein Spross Davids geehrt wird.
Er beschreibt die Situation freundlich. Vielleicht lesen wir den Text noch einmal: "Im siebenunddreißigsten Jahr, nachdem Joachim, der König von Juda, weggeführt worden war, am siebenundzwanzigsten Tag des zwölften Monats, ließ Evil-Merodach, der König von Babel, im ersten Jahr seiner Herrschaft, Joachim, den König von Juda, aus dem Kerker kommen. Er redete freundlich mit ihm und setzte ihn über die Sitze der Könige, die bei ihm waren, zu Babel. Joachim legte die Kleider seiner Gefangenschaft ab und aß alle Tage beim König, sein Leben lang. Vom König wurde ihm sein ständiger Unterhalt bestimmt, den man ihm jeden Tag sein ganzes Leben lang gab."
Die Geschichte endet hier abrupt, und man spürt, dass dies der aktuelle Stand war. Der Schreiber wusste noch nicht, wie es weitergehen würde. Er hoffte, dass es zu einer Erneuerung Israels kommen könnte. Doch dies geschah nicht. Das Geschlecht Davids hatte keine Regierungsverantwortung mehr, bis schließlich ein Spross aus dem Haus Davids kam: Jesus in Bethlehem.
Die Klagelieder Jeremias als Ausdruck des Leidens und der Hoffnung
Ich möchte an dieser Stelle noch etwas zeigen, das vielleicht jetzt erst verstanden werden kann. Wir haben das Buch Jeremia nur kurz gestreift, aber heute sollten wir einen Blick in die Klagelieder Jeremias werfen. Hinter dem Buch Jeremia stehen die Klagelieder, die Jeremia nach der Zerstörung der Stadt verfasst hat.
Rembrandt hat ein wunderschönes Gemälde von Jeremia gemalt, das sich im Rijksmuseum in Amsterdam befindet. Wenn jemand von Ihnen in den Sommerferien nach Amsterdam kommt, grüßen Sie bitte diesen Jeremia von mir. Ich habe extra einen Druck davon gekauft, der unter den Bildern meiner Vorfahren in meinem Zimmer hängt. Jeremia sitzt auf seinem Stuhl und grübelt, während im Hintergrund die Trümmer noch rauchen. Es ist ein beeindruckendes Bild.
Wenn man dieses Gemälde gesehen hat und dann das Buch der Klagelieder liest, versteht man es erst richtig. So wird auch deutlich, wie sehr Jeremia unter dem Gericht Gottes litt. Meines Wissens findet man nirgendwo solche Worte des Mitleidens angesichts der Zerstörung.
„Wie liegt die Stadt so verlassen, die voll Volks war! Sie ist wie eine Witwe, die Fürstin unter den Völkern! Und die eine Königin in den Ländern war, muss nun dienen. Sie weint des Nachts, dass ihr die Tränen über die Backen laufen. Es ist niemand unter all ihren Liebhabern, der sie tröstet; alle ihre Freunde sind ihr untreu und ihre Feinde geworden.“
Man sollte es einfach jetzt lesen. Vers 18: „Der Herr ist gerecht, denn ich bin seinem Wort ungehorsam gewesen.“ Höret alle Völker und schaut meinen Schmerz, die Klage über die Zerstörung Jerusalems.
Dann ist es so groß, dass ein Prophet durch dieses Gericht die Gnade Gottes schon sieht und sie preist. Kapitel 3, Vers 22: „Die Güte des Herrn ist, dass wir nicht ganz aus sind. Seine Barmherzigkeit hat noch kein Ende, sondern sie ist alle Morgen neu. Deine Treue ist groß.“
Wenn Sie noch einmal dasselbe Kapitel lesen, wo in Vers 2 steht: „Er hat mich geführt und gehen lassen in die Finsternis und nicht ins Licht“, dann nimmt er die Dunkelheit seines Weges, die ganze Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit auf sich. Das ist so großartig an der Bibel: Das Wort Gottes holt uns in jeder Lebenslage ab.
„Er hat seine Hand gegen mich gewandt und erhebt sie Tag für Tag gegen mich. Er hat mir Fleisch und Haut alt gemacht und mein Gebein zerschlagen. Er hat mich ringsum eingeschlossen, um mich mit Bitternis und Mühsal umgeben. Er hat mich in Finsternis versetzt, wie die, die längst tot sind. Er hat mich ummauert, dass ich nicht heraus kann, und mich in harte Fesseln gelegt. Und wenn ich auch schreie und rufe, so verschließt er seine Ohren vor meinem Gebet.“
Ein Mensch muss durch diese Tiefen der Schwermut hindurch, durch diese Gottverlassenheit. „Er hat meinen Weg vermauert mit Quadern und macht meinen Pfad zum Irrweg.“ Jeder Vers ist so tiefgründig, dass ich Sie einfach bitte: Lesen Sie die Bibel und die Bibelworte genau da, wo Sie sie brauchen können.
Das ist ähnlich wie Psalm 22, ein Psalm voller Verzweiflung, Depression und Traurigkeit. Doch das Wort Gottes holt uns dort ab und plötzlich heißt es: „Aber die Güte des Herrn ist, dass wir noch nicht ganz aus sind.“ Das Leid bleibt nicht das Letzte.
Und wenn jemand sagt: „Gott versteht mich nicht, niemand versteht mich, er lässt mich auf Kiesel beißen.“ Die Bilder sind so eindrucksvoll: „Ich bin ein Hohn für mein ganzes Volk und täglich ein Spottlied.“ Doch dann sagt die Seele: „Der Herr ist mein Teil, darum will ich auf ihn hoffen.“
„Denn der Herr ist freundlich dem, der auf ihn harrt,“ Vers 25, „und dem Menschen, der nach ihm fragt. Es ist ein köstlich Ding, geduldig zu sein und auf die Hilfe des Herrn zu hoffen.“
So wandeln sich die Gerichte Gottes alle in Segen. „Es ist ein köstlich Ding für einen Mann, das Joch in seine Jugend zu tragen, einsam zu sitzen und zu schweigen, wenn Gott es ihm auferlegt, und seinen Mund in den Staub zu stecken, vielleicht ist noch Hoffnung.“
Vers 31: „Denn der Herr verstößt nicht ewig, er betrübt wohl, aber er erbarmt sich wieder nach seiner großen Güte. Denn nicht von Herzen plagt und betrübt er die Menschen.“
Die Vergänglichkeit und der Wert des Volkes Israel
Gut, wir gehen nun in das Kapitel vier. Das ist etwas, was in diesem Rembrandt-Bild so schön anklingt: In den Trümmern zu den Füßen Jeremias liegen im Reichsmuseum goldene Gefäße. Jeremia sagt: „Wie ist das Gold so ganz dunkel geworden, und das feine Gold so hässlich! Wie liegen die Edelsteine in allen Straßenecken zerstreut! Die edlen Kinder Gottes, dem Golde gleichgeachtet, sind nun den irdischen Töpfen gleich, die ein Töpfer macht.“
Das, was Gott aus Israel gemacht hat – aus dem wüsten Volk, das er erwählt hat – waren Kronjuwelen Gottes. Doch jetzt liegen sie im Dreck und werden zertreten. Das ist sicher richtig. Es ist noch einmal dasselbe, was Jesus aus unserem Leben macht: Er holt uns als verlorene Menschen, setzt uns zu Ehren und macht aus uns kostbare Schmucksteine, die er erwählt hat.
Doch dort, wo wir seiner Berufung nicht treu sind und unter das Gericht Gottes kommen, kann alles wieder zusammenfallen. Mich hat das oft so bedrückt, wenn man heute im Orient, etwa in der Türkei, auf den Trümmern der alten Kirchen geht. Die Johanniskirche von Ephesus war ein riesiges Bauwerk. Heute wohnen dort Schakale, und nichts erinnert mehr an die schönen Kirchen, in denen damals die Lobgesänge Gottes erschollen.
Es bleibt auch nichts von der Kirchenherrlichkeit – und auch von uns nicht –, wenn wir dem Herrn nicht treu bleiben. Es sind nur die Augen des Herrn, die auf die Treuen schauen. Das ist auch im Neuen Testament nicht anders. Wo sind denn die Urchristlichen Gemeinden, die wir von den Sendschreibungen der Offenbarung kennen? Der Herr kann auch ganze Generationen fallen lassen.
Es ist unsere Sorge, ob nicht auch in unserem deutschen Land Gott seine Hand abwendet. Es kann sein, dass die Kirchenorganisationen noch eine Zeit überleben, aber dann fallen wir wieder in den Dreck zurück. Nur die Gnade Gottes, dem wir trauen und dem wir dienen, hält uns fest.
Die Bedeutung des Volkes Israel für die Gegenwart
Jetzt möchte ich noch einen wichtigen Teil anfügen. Es ist an der Zeit, dass wir uns überlegen, was das Volk der Juden für uns bedeutet.
Mit dem Jahr 587 v. Chr. ist dieses auserwählte Volk an das Ende seiner irdischen Existenz gekommen. Die Königsherrschaft zerbricht. Von diesem Jahr an durchläuft das jüdische Volk solche Gottesgerichte, wie es noch kein anderes Volk auf dieser Erde erleben musste – das Erstgeborene unter allen Völkern.
Wenn man über das Geheimnis Israels nachdenkt, muss einen das von der Verlässlichkeit des Gotteswortes überzeugen. Es gibt kein anderes Volk, das solche Erfahrungen gemacht hat. Auch das deutsche Volk hat schwere Leiden durchgemacht, doch diese sind nicht vergleichbar mit den Leiden, die Israel erdulden musste.
Nehmen Sie nur die württembergische Geschichte von Eberhard Greiner. Beim Seniorenausflug haben wir neulich darüber gesprochen. Eberhard Greiner war derjenige, der das Tischtuch zerschnitt mit seinem Ulrich. Was diese Leute den Juden angetan haben, ist unglaublich. Sie verfügten einfach, dass jeder, der bei Juden Schulden hatte, nichts mehr zurückzahlen musste. Das war ein dauernder Trick. Die herrschenden Deutschen verschafften sich so über die Jahrhunderte ihr Geld.
Sie gaben Freibriefe heraus, wie hier in Stuttgart. Als die schwere Pest kam, und in Esslingen haben sich die Juden selbst in der Synagoge angezündet, nur um nicht in die Hände der Schwaben zu fallen. Alle sind umgekommen.
Sie können die Geschichte Israels überall lesen. Warum lässt Gott zu, dass über sein auserwähltes Volk, das doch sein Augapfel ist, so etwas geschieht? Schauen Sie sich „Nacht und Nebel“ an oder wie die KZ-Filme heißen. Es ist unvorstellbar, dass ein Kulturvolk so mit Menschen umging.
Und wenn man wenigstens noch Respekt gehabt hätte, hätte man sagen können, das sind gebildete Menschen, die man da umbringt, oder denkende Menschen, oder intellektuelle Menschen. Aber es war überhaupt kein Gefühl mehr da. Mit keinem Tier ist man so umgegangen.
Diese Geschichte begann mit dem Ausstechen der Augen des Zedekiah. Ich finde, es war wertvoll, die Königsgeschichte so durchzugehen, weil die Gerichte Gottes in ihrer ganzen furchtbaren Art sichtbar werden. Das wird oft missverstanden, wenn man hört, dass Pastoren sagen, Gott straft doch nicht.
Der Zorn Gottes, von dem Paulus noch so viel wusste, ist doch da! Und dann doch das Wunder, dass Israel in all den Gerichten Gottes nicht untergeht, sondern zum Segen für jedes Volk wurde, auch für unser deutsches Volk.
Was die Juden gegeben haben, ist enorm. Ich glaube, es gibt kein Volk, das so viel kulturell, geschichtlich, musikalisch und an Nobelpreisträgern gegeben hat, aber auch in der Bewahrung biblischer Tradition.
Ich denke, dass heute für die glaubende Gemeinde das Verhältnis Israels zur Wortschrift ganz entscheidend ist, wenn sie sehen, wie Juden zum Wort Gottes stehen. Es ist immer so, dass die Juden über die deutsche alttestamentliche Theologie mit ihrer Bibelkritik lachen.
Für Israel gibt es keine Bibelkritik. Es gibt nur das Wissen, dass alles so ist, wie es geschrieben steht.
Israel war unter allen Völkern zerstreut. Es gibt wirklich keinen Ort auf der Welt, wo Israel nicht zerstreut ist. Sie finden Juden in Südamerika, in Südafrika, in Persien, im Jemen – die jemenitischen Juden haben das oft erzählt –, in der Mongolei und in Russland leben 2,7 Millionen.
Allein im letzten Monat habe ich zufällig einen Teil eines Exodus-Films im Fernsehen gesehen. Es war ergreifend, wenn man sieht, wie diese Menschen, die oft gar nicht mehr nach jüdischen Bräuchen leben, deren Männer nicht mehr beschnitten sind und so weiter, glücklich sind und sagen: „Endlich hier!“
Das war alles komisch, wenn sie sagten: „Jetzt habt ihr doch 40 Grad Hitze da, ist euch das nicht zu viel?“ Aber sie antworteten: „Das ist die Erfüllung unserer Träume, im Land hier zu sein.“
Es ist überhaupt nicht erklärbar, dass Menschen, die über Jahrhunderte in Russland gelebt haben, ihr Judesein wiederentdecken, obwohl sie nicht einmal mehr die Tradition sprechen. In dem Film wurden Bilder gezeigt, wie 65-Jährige langsam anfangen, hebräische Laute zu lernen.
Was ist hier los? Sie können es nur verstehen, wenn sie die biblische Gottesberufung erkennen. Und das, was Jeremia gesagt hat: Sie werden sich wieder sammeln.
Wir gehören nicht zu denen, die in der aktuellen politischen Lage alles genau festlegen und lokalisieren wollen. Aber was wir sagen wollen, ist das, was Paulus in Römer 9 bis 11 beschreibt: Die Gemeinde der Christen geht immer gemeinsam mit der Synagoge ihren Weg und ist mit ihr verbunden.
Denn wir leben auf dem Wurzelboden des jüdischen Volkes.
Gottes Souveränität in der Weltgeschichte und die Zukunft Israels
Ich möchte noch ein paar Dinge sagen. Es ist ein Hinweis darauf, dass Gott auch in dieser wirren Weltgeschichte Regent ist. Gott fügt nicht alles. Was jetzt in Houston beschlossen wird, das ist nicht von Gott gemacht, sondern von den Menschen. Genauso sind auch die Regierenden in Bonn oder in Moskau frei zu handeln.
Aber darauf können Sie sich verlassen: Gott wird seine Heilsgeschichte, nämlich die Sache mit Israel, zu Ende führen und die Seinen bewahren. Wir haben einen großen Freiraum, den wir selbst gestalten können. Es ist oft ein Missverständnis, wenn man sagt, Gott sei Weltregent, und daraus schließt, dass Gott für alles verantwortlich sei, was Hitler getan hat. Nein, das hat Hitler selbst gemacht.
Es ist aber so wichtig, dass Gott auch in den schweren Abläufen seine Pläne zum Ziel führt. Über Nahost wird am Ende das geschehen, was Gott will. Das wird uns auch schwerfallen. Es wird auch die Herrschaft des Antichristen geben, so wie sie die Schrift voraussagt. Wir sollten wach sein, was da kommt.
Noch ein paar kleine Beobachtungen: Sehr gut ist der Jakob Kröker in dieser Königsgeschichte mit seinen alttestamentlichen Auslegungen. Es gibt Kassetten mit zehn Bänden oder so ähnlich, die ich sehr schätze. Ich habe sie oft mit Auslegung genutzt. Kröker sagt in seiner Auslegung – und das wurde lange vor der Gründung des Staates Israel geschrieben, etwa 1920 –, man wird sehen, wie Gott wirkt. Ich lese Ihnen das am liebsten vor, denn heute hört man kaum noch so klare Worte.
Herr Kröker war ein Mann, der einfach in der Bibel gelebt hat. Er war einer der Gründer des Missionsbundes „Licht im Osten“. Er sagt, Israel wurde unter all die Völker zerstreut, aber in keinem einzigen Volk haben sich die Juden angepasst. Das hat es überhaupt nie gegeben. Wenn Schwaben nach Amerika gehen, sind sie nach einer Generation schon Amerikaner und können kaum noch Deutsch. Die Kinder sind schon „weg“. Aber Juden sind Juden geblieben, egal wo sie waren.
Man kann das überall beobachten. Der „Jud Süss“, dem sie nachgesagt haben, er habe seinen Kaftan angezogen, ist ein Beispiel dafür. Es ist faszinierend, wenn man das in der Geschichte und Literatur verfolgt: Juden waren immer Juden, und oft wollten sie nur die Leidensgemeinschaft haben. Sie bekannten sich dazu, und es war für sie ein Stolz. Darüber darf man sich sicher keine Illusionen machen.
Viele Menschen und auch die Zeitungen werden nicht verstehen, warum der Kampf in Nahost so erschütternd sein wird. Während bei uns jetzt von der Verkürzung der Wehrzeit und der Armee die Rede ist, redet man in Nahost nur von Aufrüstung, von der Produktion von Giftgas und von neuen, schrecklicheren Waffen.
Die Bibel sagt, dass der Kampf um dieses Gebiet am Ende sein wird und alle Völker dort antreten werden. Israel hat aber seine Besonderheit bewahrt. Das ist mir immer rätselhaft. Sie haben sogar ihre Sprache bewahrt und ihre Bibeln. Es ist ergreifend zu sehen, wie sie in den schweren Vernichtungen mit den Psalmen durch die Not hindurchgegangen sind.
Ich freue mich ganz besonders, dass gestern ein Anruf kam, dass Hilla und Max Jacobi am 16. Oktober hier bei uns eine Multimediashow zeigen wollen. Sie sind die berühmten Fotografen, die die schönen Bildbände gemacht haben. Die einzige Veranstaltung im Raum Stuttgart wollen sie hier in diesem Saal zeigen. Es werden die schönsten Bilder über das Werden Israels mit lauter Texten aus dem Alten Testament und mit jüdischer Musik zu sehen sein.
So können wir einmal mitfühlen, wie Juden heute darstellen, was Gott mit diesem Volk will und was Gott mit diesem Volk gemacht hat. Wir könnten jetzt noch viel sagen, aber das, was vielleicht am Ende stehen soll, wäre...
Die Treue Gottes zum Bund mit Israel
Warum hat Gott dieses Volk nicht untergehen lassen? Jedes andere Volk ist aufgelöst. Wo sind die Babylonier heute? Wo sind die Kalbeer? Zeigt sie mir. Sie sind irgendwo in anderen Völkern aufgegangen.
Auch die Juden sind ein merkwürdiges Mischvolk, rein rassisch betrachtet. Geblonte Juden und alles – das kann man rassisch überhaupt nicht fassen. Viele Juden sehen den Arabern sehr ähnlich. Das ist ganz interessant, genau so. Wer das allerdings wie der „Stürmer“ in seinen Karikaturen darstellt, wird nur in wenigen Fällen richtig liegen. Das wäre vielleicht der osteuropäische Ghettojude gewesen. Rassisch geht das nicht, sondern der Bund kann nicht gebrochen werden.
Das Große an Israel ist, dass Gott seinen Bund nicht bricht. Mir ist es so ergreifend, dass wir gerade in den letzten zwanzig Jahren erlebt haben, dass ganz Israel eine große Glaubensbewegung ist. Wenn man am Sonntag mit dem Reisebus am Sabbat durch Israel fährt, trifft man kaum ein Auto. Das ist neu. Die Rückkehr zum Glauben der Väter ist enorm.
Dass Israel aber auch so verschlossen ist für das Jesus-Zeugnis, das ist für uns ganz besonders schwer. Denn es wäre die einzige Antwort auf all das Leiden. Aber der Bund wird so groß, dass er auch ein Weib ihres Kindleins vergessen kann, dass ich mich nicht erbarme über den Sohn ihres Leibes. Und wenn sie ihres Kindes vergäße, so will ich dich doch nicht vergessen. Siehe, in die Hände habe ich dich gezeichnet. Das erfüllt sich auf Schritt und Tritt in Israel.
Vielleicht müsste man einmal wieder zurückblicken, wie das war, als der Staat ausgerufen wurde. Wir haben ja neulich mal die Videobänder dazu angesehen. Menschlich ist das überhaupt nicht fassbar. Wir hatten auf einer Reise den ersten Bürgermeister von Elad, der uns erzählte, wie sie auf einem Lkw heruntergefahren sind. Da wohnte überhaupt niemand, und sie haben das Land in Besitz genommen. Und heute ist das Israel.
1947 – dass es überhaupt dazu kam, dass sie die Westbank in ihrem Besitz haben. Wir wissen nicht, wie die Geschichte weitergeht. Wir wollen uns auch hüten, jetzt Dinge zu sagen. Es tut ja auch der arabischen Bevölkerung sehr weh, wenn wir in diesem ganzen Zusammenhang Äußerungen machen, die ihnen das Lebensrecht absprechen. Es ist fast unlösbar, sich hier in dieser Not zu äußern.
Aber dass wir etwas sehen von der Bündnistreue Gottes über seinem Volk, das ist groß. Und wenn man dann liest, was Paulus schreibt in Römer 9 bis 11 über das Geheimnis Israels, dann haben wir genau die Fortsetzung von dem, was in der Königsgeschichte geschrieben wurde. Er sagt nämlich, dass Israel am Ende angenommen wird. Es ist Gottes Geheimnis, wie er das tut.
Wenn schon die Verwerfung Segen brachte, nämlich dass sie die ganzen Heidenvölker erreichte, wie viel mehr wird Segen bringen, wenn Israel angenommen wird? Paulus hat ja ganz besonders unter der Verwerfung Israels gelitten. Er sagte, er wollte lieber verbannt sein, wenn er nur Israels Heilung bewirken könnte.
Obwohl er auch um diese Geheimnisse und Zusammenhänge wusste, ist er jedes Mal zuerst in die Synagoge gegangen, hat es nochmal versucht. Bis sie ihn rausgeschmissen haben, hat er von Jesus erzählt. Und so sollte es auch bei uns sein, dass wir bei Israel bleiben.
Ich bin sehr traurig, dass gewisse evangelische Kirchen ein so schreckliches Papier herausgegeben haben, in dem steht, man dürfe Israel nicht Jesus bezeugen. Dass wir Deutschen Israel gegenwärtig nicht belehren können und keine glaubwürdigen Zeugen sind, ist ein anderes Problem.
Aber warum sollten die jüdischen Christen jetzt nicht Jesus bezeugen? Warum sollten sie nicht in Tel Aviv erzählen, dass in Jesus eine Sühne geschaffen ist und dass man Frieden mit Gott hat? Das Schreckliche ist, dass sich die Christen jetzt sogar gegen die judenchristlichen Gemeinden wenden.
Das sind Nöte, die man bei Paulus ganz anders liest. Und das soll einfach sein, dass uns das wieder erschlossen wird. Ich will jetzt auch nicht mehr auslegen. Ich wollte einfach durch diese Reihe in diesen Monaten ein wenig den Blick öffnen.
Man muss sich das selbst noch erarbeiten. Wir werden wieder darauf zurückkommen durch eigene Bibellektüre. Aber ich hoffe, dass auch neues Verständnis für das Wirken Gottes an dieser Stelle entstanden ist.
