
Herzlich willkommen zu einer neuen Folge von machbar, dem Podcast für Alltagsmissionare. Schön, dass ihr wieder mit dabei seid.
Ich bin Christian, und heute ist Thomas Hamm zu Gast. Herzlich willkommen, Thomas!
Vielen Dank! Es ist schön, hier sein zu dürfen. Wirklich eine Ehre!
Thomas, du bist Geschäftsführer und Gründer des Permission Verlags. Was das genau ist und worum es dabei geht, darüber sprechen wir heute.
Wir wollen auch darüber reden, warum Kreativität im Allgemeinen – und ganz besonders deine persönliche Kreativität – in Gottes Augen mehr ist als nur ein Hobby. Vielleicht hast du dir darüber noch nie Gedanken gemacht.
Unser Gespräch dreht sich um Kreativität als Berufung und darum, wie wir den Schöpfungsauftrag, den Gott uns gegeben hat, in der Alltagsmission einsetzen können – zum Beispiel in den Bereichen Kunst, Musik, Literatur und vielem mehr.
Außerdem wollen wir besprechen, was wir beachten sollten, wenn wir unsere Kreativität in einem etwas professionelleren Rahmen ausleben. Dabei geht es auch darum, was es bedeutet, ein Entrepreneur zu sein.
Ich bin mir nicht sicher, ob ich das richtig ausgesprochen habe. Das Wort kommt aus dem Französischen. Genau, Entrepreneur oder Entrepreneurship ist ein feststehender Begriff in der Wirtschaft. Tech Entrepreneurship kennt man zum Beispiel.
Übersetzt bedeutet es Unternehmer. Es könnte also mit Unternehmer übersetzt werden, wird oft auch so verwendet. Allerdings trägt der Begriff die Nuance von Neugründung und Neuschaffung in sich. Das ist beim deutschen Wort Unternehmen nicht unbedingt der Fall.
Es gibt also keinen wirklich passenden deutschen Begriff dafür, und deshalb hat man sich entschieden, den Begriff Entrepreneurship zu verwenden. Genauso haben wir es auch bei Werde Kreativ gemacht.
Cool, ja, Thomas. Ich habe hier eine kurze Vita von dir.
2020 bist du mit deiner Frau Jolanda – Jolanda, sprichst du? Jolanda, genau – und euren Kindern als Missionar in die Toskana gezogen. Warst du dort Missionar?
Genau, wir waren von 2016 bis 2020 in der Toskana, in der Nähe von Pisa. Dort haben wir ein Erholungs- und Gästehaus für christliche Vollzeitmitarbeiter mit aufgebaut. Das war unser Herzensprojekt.
Ja, fast zehn Jahre. 2012 haben wir die Idee quasi bekommen und durften dann sehen, wie Gott eine vermeintliche Schnapsidee verwirklicht hat.
Das heißt, ihr habt es dort auch aufgebaut?
Genau, genau. Im Rückblick habe ich dann realisiert: Ach, gucke mal, eigentlich waren wir kleine Entrepreneure. Wir haben das als Missionare aufgezogen – mit ganz, ganz, ganz großartiger Hilfe von einem starken Team. Alleine hätten wir das niemals hinbekommen.
Wir fühlten uns irgendwann so, als ob wir einfach zugucken könnten, wie Gott Menschen zusammenbringt, die dann das ganze Ding kreieren. Es war für uns eine absolut einschneidende, lebensprägende Erfahrung – dort in der Toskana.
Seit 2021 hast du den Permission Verlag gegründet und leitest auch irgendwie – ich weiß nicht, ob es ein Teil vom Permission Verlag ist oder eine Extraorganisation für Künstler, Kreativschaffende und Unternehmen. Vielleicht muss ich da mal kurz ausholen.
Genau, die Idee ist wie folgt entstanden: Wir hatten in der Toskana dieses alte Bauernhaus, wunderschön gelegen. Hinten war ein Olivenhain, vorne ein kleiner Weinberg. Man fühlt sich wie zu Jesuseiten – man könnte wirklich hier leben. Es war wunderschön, brachte aber auch eine Menge Arbeit mit sich.
Ich bin mit der Einstellung hingegangen, als Coach und Seelsorger zu arbeiten. Doch dann habe ich realisiert, dass ich vielmehr Hausmeister war und mich mit praktischen Dingen beschäftigt habe. Das war bis dahin nicht wirklich mein Schwerpunkt. Zwar habe ich eine handwerkliche Ausbildung gemacht, bin dann aber direkt nach der Ausbildung zur Bibelschule gegangen. Seitdem waren Theologie, Gemeinde, Seelsorge und Coaching meine Themen, und dorthin wollte ich eigentlich.
Als ich mich dann wiederfand, umgeben von Schönheit und Arbeit, dachte ich: Ich weiß eigentlich viel zu wenig. Ich muss mich noch weiterbilden. Also fing ich an, mich mit Unternehmensliteratur einzudecken. Dabei konnte ich viele Hörbücher hören, weil ich draußen viel gearbeitet habe.
Du hast dann auch im Olivenhain und in Wallenberg gearbeitet?
Ja, genau. Oliven schneiden, wunderschön. Die Olivenernte ist auch heute noch eine ganz besondere Erfahrung. Wir haben wirklich noch von Hand gearbeitet und wenig mit Maschinen. Das ist schon ein Erlebnis für sich: Ein Gespräch zu führen, während man durch den Weinberg geht und die Weinreben pflegt. Das sind ganz, ganz tolle Momente, die wir erlebt haben.
In so einem Moment, mit Hörbuch im Ohr, unterwegs im Olivenhain, beim Schneiden oder bei anderen Arbeiten, wurde mir zum ersten Mal bewusst, was christliches Unternehmertum, christliches Entrepreneurship und damit auch christliche Kreativität eigentlich bedeuten. Das war unter anderem durch Jordan Rayner mit seinem Buch „Werde kreativ“. Darauf gehen wir gleich noch ein bisschen näher ein. Dieses Buch hat mich wirklich beeindruckt.
Das führte dazu, dass wir 2020 unseren Dienst wegen Covid neu ausgerichtet haben. Es gab mehrere Gründe, aber durch Covid wurden einige kleinere Probleme nicht mehr ganz greifbar. Uns wurde geraten, erst einmal zurück nach Deutschland zu gehen und die Dinge zu klären.
Dadurch, dass ich all diese christlichen Unternehmensbücher gehört und gelesen hatte, hatte ich den Eindruck, als ob Gott mich auf einen neuen Dienst vorbereitet hat. So sind wir 2020 zurück nach Deutschland gekommen. Ich habe mich dann einige Monate hingesetzt, viel geschrieben und überlegt: Was kann ich? Was will ich? Was liebe ich? Was möchte Gott? Was brauchen die Menschen?
Herausgekommen ist eine größere Idee. Wir dachten, wir fangen mal mit einem Verlag an. Das ist quasi der Herzschlag von dem, was wir aufziehen. Wir haben ihn ganz bewusst „Permission“ genannt, nach Jakobus 4,15: „So Gott will, werden wir leben und dies und jenes tun.“ Wir wollten unser Vorhaben bewusst unter diese Prämisse stellen und sagen: Herr, wenn du das gebrauchen willst, dann tu es.
Von der Erfahrung, die wir lieber mit Famata hatten, haben wir gelernt. So habe ich dann den Verlag gegründet. Nach einigen Jahren, etwa drei, haben wir gemerkt: Es ist ein Nischenverlag, die Nische ist wirklich klein, und davon zu leben ist schwierig.
Dann musste ich realisieren: Wir brauchen Gemeinnützigkeit, Spendenunterstützung, Hilfe von Ehrenamtlichen und Co., um diese tollen Inhalte wirklich herausbringen zu können.
Als wir das gemacht haben, dachten wir: Eigentlich ist unser Anliegen ja, christliches Unternehmertum und christliche Kreativität zu fördern. Warum also nicht die Satzung gleich anpassen und sagen: Wir beantragen nicht nur die Gemeinnützigkeit für den Verlag, sondern wir firmieren um und stellen uns breiter auf?
So sind wir jetzt die Pämmischen G GmbH. Darunter läuft die Verlagsarbeit mit dem Permission Verlag und Permission Audio, wo wir Hörbücher auch mit anderen Verlagen zusammen produzieren. Außerdem haben wir das Jotam Verlag-Imprint, unter dem wir Belletristik herausbringen wollen, Romane und solche Sachen.
Dann gibt es noch Permission Kreativ, wo wir Workshops und praktische Angebote machen, um Menschen, vor allem Christen, zu helfen, wirklich schöne Sachen zu Ehren Gottes zu produzieren, zu genießen und zu feiern.
Ihr habt es auch auf eurer Webseite so geschrieben: Christen sollen das Leben aktiv und kreativ gestalten, entfalten und erhalten, dabei aber niemals den Schöpfer aus dem Blick verlieren.
Genau, da kommen wir ganz stark vom Schöpfungsauftrag her.
Welche Rolle spielt denn für dich selbst Kreativität, Thomas?
Ja, das ist eine gute Frage. Wenn ich so zurückdenke, glaube ich, dass meine erste bewusste Begegnung mit dem Thema Kreativität und Glaube in meiner Jugend war. In einer Jugendstunde hatten wir irgendwie das Thema „Gott als Kreativer“. Ich hatte damals keine Ahnung, was das genau bedeuten sollte. Ich erinnere mich noch gut daran, obwohl ich nicht genau weiß, warum, aber es hat mich nicht wirklich angesprochen. Es war eher so ein „Ja, stimmt, die Erde ist bunt.“
Es hat dann fast 20 Jahre gedauert, bis ich im Olivenhain bei Famata wirklich realisiert habe, was das eigentlich bedeutet. Da habe ich erkannt: Stimmt, ich bin eigentlich so ein Tausendsassa. Ich kann vieles, aber nichts richtig gut. Ich habe viele Interessen. Ich liebe es zum Beispiel, zwischendurch zur Gitarre zu greifen. Ich mag es, Möbel aus Holz herzustellen, im Garten zu arbeiten. Ich genieße es, wenn eine Predigt gut formuliert ist, und ich freue mich, wenn ich ein Kunstwerk oder ein Gemälde sehe, das mich einfach anspricht – auch wenn ich keine Ahnung davon habe.
Ich würde sagen, ich bin sehr empfänglich für das Schöne. Das sind so Dinge, bei denen ich merke: Ja, das ist meins. Und spätestens mit der Gründung von Formata und Permission habe ich gemerkt, dass ich vielleicht auch ein kleiner Entrepreneur bin. Jemand, der auf unternehmerische Art und Weise die Nöte der Welt begegnen möchte.
Du hast auch ein Handwerk gelernt?
Ich bin tatsächlich Elektriker.
Elektriker? Du bist nicht so kreativ?
Nee, aber weißt du was? Mich hat damals die Vorstellung dazu gebracht. Mein Vater ist Elektriker, und ich war nach der zehnten Klasse ziemlich perspektivlos. Ich war ein Lebemann und fürs Abi hatte ich irgendwie nicht die Motivation. Ich hatte mehr Party im Kopf als Lernen.
Ich erinnere mich, wie ich früher mit meinem Vater auf dem Hausdach stand und Rohre verlegt habe. Es war Sonnenschein, Sommer, und es war schön. Da habe ich gedacht: Ach, so schlimm kann der Job nicht sein. Also habe ich die Elektrikerausbildung gemacht.
Warst du denn jemals bei Sonnenschein auf dem Dach in der Gastronomie?
Ja, durchaus. Aber wirklich. Mitten in der Ausbildung habe ich schon gedacht: Ich will da weg, ich möchte direkt zur Bibelschule, ich möchte Theologie studieren. Das Studium war mir damals irgendwie noch verwehrt, wegen des fehlenden Abiturs, aber die Bibelschule war möglich. Und dann habe ich gedacht, auf dem dritten Bildungsweg, wie auch immer, kriegen wir das hin.
Genau. Aber das kam mir dann wieder zugute, als wir bei Famata in Italien waren. Da habe ich gemerkt: Ein bisschen handwerkliches Know-how ist nicht schlecht, wenn man so eine Arbeit macht. Gerade in der Pionierphase war das schon ganz gut.
Sehr cool.
Jordan Rayners Buch „Werde kreativ“ hat dich sehr stark geprägt, du hast es ja auch mitgebracht. Für diejenigen, die uns kennen: Wir verlinken es in den Shownotes und reden jetzt auch ein bisschen darüber.
Kannst du unseren Zuhörern ein paar Erkenntnisse von Jordan Rayner mitteilen? Was hast du daraus über Gott als Schöpfer mitgenommen und welche Bedeutung hat das für dich und für uns?
Jordan Rayner feiert in seinem Buch Unternehmertum, also Entrepreneurship. Dabei geht er auf den ersten Mose zurück. Das Buch ist in vier Kapitel unterteilt, die er fein gegliedert hat. Ich kann die Kapitelüberschriften nicht genau vorlesen, aber der erste Teil heißt „Berufung“. Dort geht es darum, dass Gott der erste Entrepreneur ist – der Erste, der ein Risiko eingegangen ist, um etwas Neues zum Wohl des Anderen zu schaffen.
Das ist auch Jordan Rayners Definition von Entrepreneurship: Risiko eingehen, um etwas Neues zum Wohl des Nächsten zu schaffen. Ich finde, das ist eine schöne Definition. Im ersten Teil zeigt er, was das bedeutet und wie Gott als erster Entrepreneur in der Schöpfung tätig wurde. Außerdem erklärt er, was das für uns bedeutet: Wir haben eine Berufung mit dem Schöpfungsauftrag erhalten, der immer noch gilt. Vielen Christen ist das vielleicht gar nicht bewusst, denn dieser Auftrag wurde nie widerrufen.
Wir haben einen weiteren Auftrag dazu bekommen, nämlich den Missionsauftrag. Ich denke, diese beiden Aufträge gehen sehr gut Hand in Hand.
Der zweite Teil des Buches beschäftigt sich damit, was es bedeutet, kreativ zu sein – als Ebenbild Gottes, eines kreativen Gottes geschaffen zu sein. Wie lebe ich das aus? Was bedeutet das? Wie erschaffen wir, und wie sollten wir erschaffen? Was tun wir dann?
Danach geht er auf Herausforderungen ein, was ebenfalls ein tolles Kapitel ist. Ich habe zum ersten Mal bei ihm gelesen, wie es sich anfühlen kann, wenn ein Unternehmen scheitert – dass es wirklich eine große Last ist. Er beschreibt, wie man mit Misserfolgen umgehen kann.
Im letzten Kapitel geht er darauf ein, dass wir diesen großen Auftrag haben. Hier bringt er den Bogen vom Schöpfungsauftrag zum Missionsauftrag. Er sagt, wir sind dabei, Gott zu verherrlichen, indem wir kreativ sind. Und das bleiben wir so lange, bis wir eines Tages in einer neuen Erde und einem neuen Himmel in Vollkommenheit vor Gott leben und ihm dienen werden.
Jetzt muss ich noch einmal nachfragen: Wenn du vom Schöpfungsauftrag sprichst und sagst, dass er ja noch nicht zurückgenommen wurde, heißt das, dass er weiterhin gilt. Was meinst du genau damit?
Denn Gott ist doch derjenige, der geschaffen hat. Er hat den Menschen in den Garten gesetzt und gesagt: „Bebaut und bewahrt ihn.“ Meinst du damit das Bebauen und Bewahren?
Genau, er hat auch gesagt: „Vermehrt euch.“ Das ist dann bei den Menschen mit dem sogenannten Kulturmandat oder Kulturauftrag verbunden. Damit ist gemeint, dass wir uns nicht einfach stumpf wie die Tiere vermehren, sondern dass wir Lebensraum schaffen. Wir schaffen ein Miteinander, eine Möglichkeit, miteinander zu leben – also Kultur. Wir schaffen Schönes, machen die Schöpfung bewohnbar, pflegen und hegen sie. Wir haben eine Verantwortung gegenüber der Schöpfung. Viele Christen oder Menschen allgemein haben bei solchen Themen oft eine Schlagseite.
Ich finde, wir können sehr schnell in ein Extrem fallen: Entweder machen wir die Welt zum Götzen oder wir verachten sie komplett und leben nur in geistlichen Sphären. Der Schöpfungsauftrag macht uns deutlich, dass wir mit beiden Füßen auf der Erde stehen. Wir sollten die Erde bewusst wahrnehmen, pflegen und hegen. Gott hat auf diesem Planeten so viel versteckt, das wir erforschen, entdecken und nutzen können. Es gibt so viele Ressourcen, die wir gebrauchen können, um Neues zu schaffen und Neues zu kreieren – und da kommt die Ebenbildlichkeit Gottes ins Spiel.
All das steckt in diesem Auftrag drin. Den sollten wir als Christen, finde ich, ganzheitlich leben. Wir sollten diejenigen sein, die das Bewusstsein für einen guten Umgang mit der Schöpfung wachhalten – ohne die Schöpfung zu vergöttern, sondern weil es Gottes Schöpfung ist. Ja, sie ist gefallen, ja, wir haben Dornen und Disteln, und trotzdem ist es unsere Aufgabe, zu kultivieren, zu pflegen und anzubauen – und das bis ans Ende der Tage.
Von daher finde ich, ist das ein ganz wichtiger Aspekt. Ich zitiere aus dem Buch von Jordan Rayner: „Gott schuf eine Leinwand und lud uns dann dazu ein, sie gemeinsam mit ihm zu vervollständigen.“ Das bringt eigentlich genau auf den Punkt, was du gerade erklärt hast.
Das wird besonders schön deutlich an dem Moment, in dem Gott zu Adam sagt: „Ich habe alle Tiere geschaffen, es ist alles fertig, und es ist trotzdem noch nicht fertig.“ Denn die Tiere hatten noch keinen Namen. Dann beauftragte Gott Adam, wirklich kreativ zu werden.
Überleg dir mal, wie viel Disziplin, Systematik und Kreativität Adam aufbringen musste, um all diesen Tieren Namen zu geben. Diese Aufgabe wird oft übersehen. Aber was das eigentlich bedeutet, so etwas auf die Beine zu stellen: Man muss die Tiere genau beobachten, sich mit ihnen auseinandersetzen, dann darüber nachdenken, ob der Name passt. Vielleicht hat Adam mit Gott darüber gesprochen: „Was hältst du davon, wenn wir dieses Tier so nennen und jenes so?“ Schöne Vorstellung, oder? Wer weiß, keine Ahnung.
Auf jeden Fall steckt da ganz viel drin. Wir lesen an anderen Stellen, dass Gold gut ist – also Gott hat Gold im Erdboden versteckt, und Menschen wissen das. Sie sind darauf aus, das Gold zu suchen, und das ist okay und gut. Es gibt viele Stellen, an denen Gott zeigt, dass es gut ist, kreativ zu werden und die Ressourcen der Erde zu nutzen.
Allein wenn wir uns die Stiftshütte anschauen, die aus so unterschiedlichen Elementen zusammengesetzt wurde, die geschaffen, geschmiedet und gegossen wurden – da steckt wirklich Kunsthandwerk dahinter. Begnadete Menschen haben diese exzellenten Handwerkerarbeiten gemacht. Das finde ich so interessant, wenn man das liest, wie das beschrieben wird.
Das ist auch die erste Stelle, an der explizit gesagt wird, dass der Heilige Geist auf diese Menschen kam, um sie zu befähigen. Und das war tatsächlich für einen kreativen Auftrag.
Aber was bedeutet das heute, Thomas, in unserer Zeit, wenn wir den Auftrag haben, diese Leinwand zu füllen? Wir sind nicht mehr bei Adam und Eva, sondern einige tausend Jahre weiter. Diese Welt ist eine gefallene Welt, und wir sehen überall die furchtbaren Zeichen der Sünde. Die Welt ist gezeichnet.
Was heißt das also für uns? Ist man nicht ignorant, wenn man sagt: Nein, ich baue hier meine schöne, eigene, kreative Welt? Oder was bedeutet das für uns heute? Wir leben in einer Zeit, in der viele denken, wir müssten die Welt retten. Es herrscht eine große Technologiegläubigkeit, und man versucht, eine bessere Welt zu schaffen. Ist das damit gemeint? Was denkst du? Wie sieht das aus?
Genau, in all diesen Fragen schwingt für mich etwas mit. War das zu viel? Nein, nein, das schwingt wirklich. Was für mich mitschwingt, ist das Gefallene. Wir versuchen mit allen möglichen Ersatzmitteln, quasi jeden wiederherzustellen, so scheint es mir. Aber wir lassen Gott außen vor.
Wir lassen Gott außen vor, und deshalb ist vieles wirklich pervers. Besonders das Vertrauen in die Industrialisierung und das Aufkommen der Maschinen. Man sieht das ja oft in Filmen oder Büchern: Maschinen werden zu einer Art Ersatzgott, auf den wir unser ganzes Vertrauen legen. Irgendwann erkennen wir, dass wir durch die Industrialisierung viel kaputt gemacht haben.
Ein großes Beispiel ist für mich die Landwirtschaft. Durch Maschinen ist vieles viel leichter geworden. Doch plötzlich haben wir Probleme, die es vorher nie gab, weil wir plötzlich großflächig anbauen können. So leben wir in einer gefallenen Welt. Ja, wir müssen mit dieser gefallenen Welt klarkommen. Trotzdem hat Gott in seiner Gnade so viel Schönes übriggelassen.
Wir sind immer noch aufgefordert, das Schöne zu nehmen und daraus etwas Schönes zu machen. Nicht, damit ich mir meine kleine kreative Welt schaffe, sondern aus einem anderen Grund. Ich glaube, das ist wichtig. Das ist auch ein großer Punkt in der Kunst.
Wir betreiben Kunst heute sehr leicht, um uns selbst zu profilieren, uns selbst zu vermarkten, uns selbst groß zu machen – als Selbstverwirklichung. Mittlerweile kann Kunst so banal sein wie nur irgendwas. Aber wenn irgendein besonderer Künstler sagt, das ist Kunst, dann ist es plötzlich etwas ganz Besonderes.
Die große Herausforderung für uns ist, wieder anzuerkennen: Wir sind geschaffen im Ebenbild eines kreativen Gottes. Wir sind gefallen, und dennoch sind wir beauftragt, diesen Schöpfungsauftrag weiterzuführen.
Mit dem Evangelium können wir eine neue Einstellung und eine neue Identität gewinnen. Wir sind sein Werk, geschaffen zu guten Werken, die Gott so vorbereitet hat. Dieser Vers strotzt von Kreativität, von Werken, von Schaffen – geistlicher Natur, aber auch ganz praktischer Natur.
Gute Werke zu tun, das ist unser Auftrag als Christen. Und das tun wir.
Kommen wir nun zum Thema Berufung. Henrik Biegner hat Berufung einmal definiert als den Ort, an dem die Not der Welt und meine persönliche Freude zusammenkommen. Das bedeutet: Dort, wo ich eine Not in dieser Welt sehe und gleichzeitig ein Anliegen habe, etwas dagegen zu tun – wobei die Gabe, also die Fähigkeit, etwas bewirken zu können, bereits impliziert ist –, da entsteht Berufung.
Ich denke, wir Christen sind dafür noch viel zu wenig sensibilisiert. Wir könnten viel bewusster durchs Leben gehen und genau die Nöte der Welt wahrnehmen. Das sollten wir tun. Und dann kreativ werden: Wie kann ich dieser Not begegnen?
Für uns war das ganz praktisch so: Mit der Gründung von Fermata zum Beispiel in Italien. Ich habe mit einem Freund zusammen studiert, und wir hatten beide ein großes Herz für Mission und Theologie. Wir haben uns viel unterhalten und festgestellt, dass wir gemeinsame Bekannte haben, die in die Mission gegangen sind, aber wieder zurückgekommen sind. Wir wussten nicht genau, warum sie zurückgekommen sind, was sie jetzt machen und so weiter. Dabei haben wir eine Not erkannt und gesagt: Wäre es nicht schön, diesen Menschen einen Ort zu schaffen, an dem sie aufgefangen werden, reden können und verstanden werden?
Wir haben die Not gesehen und hatten dann die Idee von einem tollen Haus, irgendwo im Weinberg – was dann tatsächlich in der Toskana realisiert wurde. Wir hatten einen kleinen Weinberg; das ist Gnade Gottes und herrlich. Dort kam die Not und die Schönheit zusammen. So konnten wir etwas kreieren, das Gott wirklich Ehre bereitet.
In der kurzen Zeit, in der wir dort waren – etwa vier Jahre –, hatten wir Menschen von allen Kontinenten zu Gast. Das heißt, mit diesem kleinen Werk hatten wir Einfluss auf die ganze Welt. Wir sind einer Not begegnet, haben Menschen geholfen, und das war für mich ein harmonisches, schönes Ganzes. Menschen kamen zu uns und sagten: „Das ist so schön hier, hier ist Licht.“ Das haben Besucher gesagt, und das ist ein Kompliment an Gott, an die Arbeit und an das Zwischenmenschliche. Das liebe ich.
Ich denke, wir sind gefordert, so durch die Welt zu gehen: mit dem, was wir können und haben. Zu fragen: Wie kann ich jemandem Ermutigung sein? Wie kann ich jemandem Freude machen? Wenn ich zum Beispiel ein schönes Gemälde malen kann und jemand geht in der Fußgängerzone vorbei, bleibt stehen und denkt: „Wow!“ – dann ist das großartig.
Wenn ich darüber hinaus auch erklären kann, warum ich das tue und was meine Intention ist, dann bin ich direkt beim Evangelium, bei Mission. Dabei mache ich mich selbst nicht groß, sondern weise auf Christus, auf Gott hin.
Das ist, glaube ich, die große Herausforderung in der Kunst – und zwar in allen Bereichen: sei es im Worship und Gottesdienst, sei es beim persönlichen Malen oder wenn ich Unternehmer bin und ein Handwerk gegründet habe. Überall laufen wir Gefahr, uns selbst in den Vordergrund zu stellen und uns selbst auf die Schulter zu klopfen.
Wenn wir in die Bibel schauen, finden wir viele schöne Vorbilder, wie sie damit umgegangen sind – zum Beispiel die Psalmschreiber. Sie waren sehr kreativ, schrieben Lieder und Gedichte, vertonten sie und so weiter. David und andere haben natürlich auch über ihr persönliches Leid sowie Höhen und Tiefen gesprochen, aber immer wieder auf Gott hingewiesen.
Wenn wir uns Jesus anschauen: Was können wir von ihm lernen? Er war ja auch ein Handwerker, wie du und ich. Ich bin übrigens auch gelernter Tischler. Schau mal, hier fehlt mein kleiner Finger – das habt ihr bestimmt noch nicht gesehen. Man muss eben auch für den Herrn Opfer bringen.
Ich fühle mich sehr mit dem verbunden, was du erzählst, denn ich bin auch kreativ und liebe das Handwerk. Aber jetzt sitze ich hier mit dir und mache Podcasts. Das ist mega! Wir dürfen uns ja auch entwickeln.
Schauen wir auf unseren Herrn: Wie hat er das gelebt? Er ist nicht als Pharisäer oder so über die Erde gegangen. Das ist faszinierend. Wir wissen relativ wenig über Jesu Kindheit und Jugend bis zu seinem dreißigsten Lebensjahr. Aber wir wissen, dass er Zimmermann war – so wird es oft übersetzt. Der griechische Begriff dahinter ist „Technon“, was eigentlich Handwerker bedeutet.
Er hat wohl nicht nur mit Holz gearbeitet, sondern auch mit Stein und Metall. Er hat praktische, lebensrelevante Dinge gebaut. Das hat er von seinem Vater gelernt. Das ist auch interessant: So wie du Elektriker bist, ist Jesus in den Familienbetrieb hineingeboren worden. Handwerker waren wahrscheinlich die Unternehmer der damaligen Zeit.
Wir können also davon ausgehen, dass Jesus in einem Handwerksbetrieb mitgearbeitet oder ihn vielleicht sogar zusammen mit seinem Vater geleitet hat.
Wenn er einen Tisch gebaut hat, wie stabil war der wohl? Wie gut? Jesus war immer darauf aus, den Willen seines Vaters zu tun. Das gilt nicht nur für seine drei Jahre öffentlichen Wirkens, sondern für sein ganzes Leben. Daher muss Jesus ein Leben geführt haben, in dem er mit jedem Handschlag, mit jedem Hammerschlag seinen Vater verherrlicht hat.
Ich glaube, Jesus war wirklich ein kreativer Handwerker, ganz praktisch, der diese Rolle bewusst ausgefüllt hat. Der erste Beruf war ja Gärtner, und das bedeutet Nähe zur Erde, mit den Händen „dreckig“ zu werden. Das scheint etwas zutiefst Menschliches zu sein.
Was mir gerade einfällt: Er war nicht nur Tischler oder Handwerker, sondern hat Himmel und Erde geschaffen. Und er hat in dem gelebt, was er gemacht hat – mit all den Schwierigkeiten, die es mit sich bringt, in einer gefallenen Welt kreativ zu sein.
Das war anstrengend, verbunden mit Schweiß, Mühe, Hunger und Erschöpfung. Sicher auch mit dem Gefühl: „Ich muss das Ding fertig kriegen, obwohl ich eigentlich nicht mehr kann.“ Es ist faszinierend.
Es ist schade, dass wir darüber so wenig wissen – warum Gott das in seiner Weisheit so offenbart hat oder auch nicht.
Ich erinnere mich noch an meine Jugendzeit, als ich überlegte, was ich werden soll. Ich wollte auf jeden Fall etwas Praktisches machen und habe mich schließlich für den Tischlerberuf entschieden. Ich bin kreativ, male und zeichne gern, das hat mir immer viel Freude gemacht. Ich habe ernsthaft überlegt, etwas in diese Richtung zu studieren.
Dann habe ich gehört, dass meine Eltern und andere sagten: „Mach doch etwas Vernünftiges, Handwerk kannst du als Hobby weiterführen, aber davon kannst du kein Geld verdienen.“
Was würdest du jemandem sagen, der so denkt? Ist Kreativität mehr als ein Hobby? Kann sie eine Berufung sein?
Wir haben das schon ein bisschen angedeutet: Ja, definitiv. Wir leben in der Welt, in der wir leben, und müssen irgendwie überleben. Wenn Kunst eine „brotlose Kunst“ ist, dann ist das ein Problem.
Wir haben die Verantwortung, spätestens wenn wir Familie haben, unsere Familien zu versorgen. Manchmal müssen wir Wege gehen, die nicht optimal sind. Aber ich glaube, Kunst kann definitiv mehr sein als nur ein Hobby.
Kunst und Kreativität bestimmen unsere ganze Identität. Egal, wohin wir gehen, wir tragen das mit uns. Gerade in Zeiten, in denen alles möglichst einfach und effizient für die Massenproduktion gestaltet wird, ist es eine große Herausforderung, den Aspekt des Schönen, des Kreativen und des Verschwenderischen einzubringen.
Hiob stellt fest – ich kann das Zitat nicht genau wiedergeben –, dass Gott den Regen auch auf ödes Land ausschüttet. Dort ist kein Mensch, warum regnet es also? Doch Gott ist so großzügig und üppig, dass er den Regen auf Gut und Böse und sogar auf ödes Land fallen lässt.
Davon könnten wir einiges lernen und im besten Sinne verschwenderisch sein, wenn es zu Gottes Ehre ist und Menschen Freude bereitet.
Man sieht oft Bilder, die den Kontrast zeigen zwischen einer Laterne von vor hundert Jahren und einer modernen Laterne. Die alte Laterne war wirklich ein Kunstwerk, mit Verschnörkelungen und so weiter. Heute haben wir nur noch einen tristen, glatten Pfosten.
Wir haben viel verloren, das wird einem bei solchen Vergleichen bewusst.
Ich möchte sagen: Kreativität ist Berufung. Wir sollten Kreativität bewusst mit uns tragen, egal, was wir tun und in welchem Beruf wir arbeiten.
Wenn jemand wirklich sagt: „Ich möchte mich als Künstler ausbilden lassen, Musiker werden oder als Maler etwas Schönes schaffen“, dann ist das sehr herausfordernd. Dennoch glaube ich, dass man es mit genug Unterstützung wagen darf.
Vielleicht haben wir manchmal zu hohe Ansprüche an unseren Lebensstandard. Wenn wir diesen etwas niedriger ansetzen, ist erstaunlich viel mit wenig Geld möglich. Das haben wir als Missionare erlebt. Man kann sehr glücklich sein mit wenig Geld.
Wenn jemand sagt: „Ich habe eine Begabung, ein Talent und ein Herz dafür, und die Leute reagieren auf meine Werke“, dann darf man das Risiko eingehen – wohl wissend, dass es auch schiefgehen kann. Man muss vielleicht einen Plan B haben, eventuell schon vorher.
Ich möchte Menschen ermutigen, dieses Risiko einzugehen. Ich möchte auch helfen, dass es leichter wird, erfolgreich davon leben zu können.
Deshalb haben wir Permission und Permission Kreativ gegründet, um Kunst, Unternehmertum und Kreativität im weitesten Sinne zu fördern und Menschen Mut zu machen.
Jeder zweite Deutsche möchte mal ein Buch schreiben. Bücher gibt es in Hülle und Fülle. Das liegt wahrscheinlich daran, dass wir alle tief im Inneren eine Bedeutung hinterlassen wollen. Ein Buch als Vermächtnis ist dafür ein Mittel.
Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass jeder Zweite gut schreiben kann oder dass die andere Hälfte der Menschheit all diese Bücher gerne lesen würde.
Man muss sich bewusst machen: Wenn ich etwas hinterlassen möchte, das vielleicht meine Kinder oder Enkel lesen, dann ist das schön. Meine Oma hat ihre Memoiren geschrieben. Sie war keine Schriftstellerin, aber sie hat ein Fenster in eine Zeit geöffnet, die ich sonst nie so wahrnehmen könnte. Das ist etwas Besonderes.
Schreiben ist etwas Schönes, und es muss nicht unbedingt ein Bestseller werden.
Ich glaube, wir könnten viel mehr erreichen, wenn wir vom großen Mainstream abrücken und lokaler denken würden. Wenn wir mehr darauf schauen, was der Nächste hat, denn Gott hat viel Talent und Potenzial in Menschen gelegt.
Wir übersehen das oft, weil wir uns vom Marketingbudget der Großen blenden lassen.
Dem möchten wir mit Permission etwas entgegensetzen und gerne helfen.
Wie hast du deine Berufung und deine Kreativität erkannt? Du hast Elektriker gelernt, bist dann auf die Bibelschule gegangen, weil du etwas mit Theologie machen wolltest, und hast als Pastor gearbeitet?
Nein, tatsächlich nicht. Nach der Bibelschule habe ich noch ein bisschen weiterstudiert. In dieser Zeit entstand die Idee für Famata. Ab 2011 war dann klar, dass das unser Ziel ist. Wir haben die Weichen gestellt und gesagt: „Okay, das ist unser Weg.“
Wir sind in die USA geflogen und haben dort eine kurze Zeit gelebt, um zu prüfen, ob wir überhaupt für das Ausland geeignet sind. Danach haben wir fast zehn Jahre intensiv in Famata investiert. Das war unser Weg.
Was meine kreative Berufung angeht: Ich bin nicht der typische Künstler. Kreativität wird ja oft mit Kunst verbunden, aber das trifft auf mich nicht zu. Ich bin eher ein stümperhafter Künstler und auch ein ziemlicher Laie. Ich versuche hier und da, mir etwas anzulesen.
Ich fand Francis Schäffer richtig gut. Zum ersten Mal hat er mir mit seinem Buch und der Dokumentation „Wie sollen wir denn leben?“ die Welt erklärt. Er zeigt darin sehr anschaulich, wie sich die Denkbewegungen von der Antike bis in die Neuzeit entwickelt haben und wie die Kunst das reflektiert. Das ist faszinierend.
Solche Dinge finde ich super spannend und bin neugierig, aber trotzdem kein Experte. Ich könnte jetzt nicht vor einem Chagall stehen und gebührend interpretieren, was er ausdrücken wollte.
In diesem Bereich bin ich also wirklich unbedarft und kein großer Experte, habe aber ein Herz dafür. Ich merke, wenn etwas auf mich wirkt, wenn etwas schön ist, mich anspricht oder mich triggert. Das möchte ich fördern.
So habe ich meinen Platz gefunden, denke ich. Wo ich ein Defizit oder eine Not sehe und die Möglichkeit habe, etwas dagegen zu unternehmen, dann will ich das angehen. Das ist durchaus facettenreich.
Manchmal bin ich bei Famata und kümmere mich darum, dass Missionare nicht ausbrennen. Gerade baue ich eine Organisation auf, die Menschen hilft, mit Kreativität und Aktivität die Welt zu verändern. Sie haben das Evangelium und möchten die Schönheit Christi in ihren Taten sichtbar machen.
Wir sind also unterschiedlich unterwegs, und ich sehe meine Aufgabe darin, Menschen Mut zu machen und zu sagen: „Probier etwas aus!“
Ich weiß nicht, wie es dir geht, du bist ja auch in einer christlichen Arbeit tätig. Ich erlebe es oft, wenn ich Leuten erzähle, dass ich in einem Missionswerk arbeite. Dann sagen sie: „Oh, das würde ich auch gerne machen.“
Das wird als etwas Besonderes gesehen, wenn man direkt einen geistlichen Dienst tun kann, in der Gemeinde oder auf dem Missionsfeld vollzeitlich arbeitet. Es wird oft als etwas Wertvolleres oder Höheres im Sinne von Berufung und Gottesauftrag angesehen.
Das ist eigentlich eine eigenartige Denkweise. Rainer schreibt dazu und zitiert, glaube ich, Dave Gibbons: Die höchste Berufung ist nicht, Pastor zu sein, sondern all das zu werden, wozu Gott dich berufen hat. Nämlich eine Person, die Gott in allem verherrlicht, was sie tut.
Wie kommt es, dass wir so denken, dass das Geistliche oder Klerikale näher an dem ist, was Gott möchte? Dass das das ist, was du mit deinem Leben als Christ machst? Und der profane Beruf, der Handwerker, Elektriker oder Tischler, irgendwie zweitklassig ist? Faszinierend, oder?
Mir ging es genauso. Als ich in Italien war und viel handwerklich arbeitete, stand ich in meiner Werkstatt. Jeder Hammerschlag war für mich heilig. Ich war Missionar, und jeder Handschlag war irgendwie geadelt.
Doch als wir zurück in Deutschland waren, hatte ich den Permission Verlag als GmbH gegründet – ein gewinnorientiertes Unternehmen. In dieser neuen Rolle als Geschäftsführer habe ich noch nie so viel gebetet wie damals.
Ich musste auf eine ganz andere Art und Weise Gott vertrauen lernen. Als Missionar waren wir spendenabhängig, haben viel gebetet und großartige Momente erlebt, in denen Gott uns reich beschenkt und überrascht hat.
Als Unternehmer musste ich mich neu finden. Ich bin vom Herzen Missionar, kein abgebrühter Unternehmer, was die Sache erschwert. Ich hatte ein großes Anliegen, aber es gelang mir nicht, davon zu leben.
Ich bin ins Gebet gegangen und habe mit Gott gerungen. Es kann doch nicht sein, dass jemand in der Bibelschule sagt: „Ich möchte in den vollzeitlichen Dienst gehen, weil ich etwas mit Ewigkeitswert tun will.“ Damit impliziert man, dass die 99 Prozent, die nicht im vollzeitlichen christlichen Dienst sind, mindestens ein Drittel ihrer Zeit mit etwas verbringen, das keinen Ewigkeitswert hat.
Ich glaube nicht, dass das die biblische Lehre ist, gerade was wir schon besprochen haben. Unser ganzes Leben gehört Gott. Wenn Paulus sagt: „Egal ob wir essen oder trinken, wir sollen alles zu Gottes Ehre tun“, dann steht alles unter diesem heiligen Auftrag.
Wir leben vor Gott, für Gott und haben den Nächsten zu lieben – auch in ganz profanen Momenten.
Ich erinnere mich an eine schwierige Gebetszeit mit dem Verlag. Ich hatte ein Buchprojekt, aber es fehlte das Geld für die Veröffentlichung. Ich war im Ringen. Dann telefonierte ich mit einem Bruder, der mir einen Deal anbot. Plötzlich war ich liquide.
Ich tanzte durch die Wohnung, so sehr habe ich mich gefreut. Gott hat mir Gnade geschenkt durch diesen Bruder, der mein Anliegen sah und mit mir teilte.
Solche Momente sind genauso heilig wie die Gebetserhöhungen in Italien, wenn jemand finanzielle Not abnimmt. Da ist kein Unterschied.
Wir sehen das oft anders, weil der Pastor oder Missionar mehr Zeit zum Bibellesen, Studieren und Predigten vorbereiten hat. Das direkte geistliche Tun meinen wir.
Aber eigentlich geht es darum, dass wir alles, was wir tun, in Exzellenz tun, weil wir es für unseren Herrn und Gott tun. Auch wenn wir einem Arbeitgeber dienen, der Multimillionär ist – ich diene einem Höheren, der über allem steht.
Er sieht auch die kleinen Dinge, die ich mache, und ich will sie so gut wie möglich tun, weil ich weiß, dass ich es für ihn tue.
Dann kann ich selbst am Fließband stehen und diese scheinbar stupide Arbeit so machen, dass sie Gott ehrt.
Es ist schwerer, als wenn ich Menschen direkt das Evangelium bringe oder in der Seelsorge tätig bin. Dort ist es offensichtlich, dass ich Gott diene.
Wenn ich am Fließband stehe oder in meiner Firma arbeite, ist das nicht immer offensichtlich – das macht es besonders schwer.
Letztens las ich einen tollen Spruch, dessen genauen Wortlaut ich gerade nicht parat habe. Ein Autor wunderte sich, warum nicht alle Leute, die in normalen Berufen arbeiten, vorher zur Bibelschule gehen.
Diejenigen, die in normalen Jobs arbeiten, stehen mit beiden Beinen in der Welt, sind mit andersdenkenden Menschen konfrontiert und leben ihren Glauben außerhalb einer Bubble.
Sie sind wirklich gefordert. Der Pastor hingegen ist oft versucht, seine Schäfchen nach seinem Geschmack zu lehren und zu betreuen. Er ist nicht so herausgefordert, über die Klippe zu springen oder sich mit Kontroversen auseinanderzusetzen, weil er seine Bubble hat.
Der Arbeiter hingegen muss sich mit vielen Themen auseinandersetzen, wenn er kommunikativ ist.
Eigentlich müssten die 99 Prozent, die ihren Lebensunterhalt mit normaler Arbeit verdienen, die meiste theologische Ausbildung erhalten, damit sie ihren Glauben dort leben können.
Das muss der Pastor dann wiederum verstehen und wissen, was draußen passiert und wie sich das anfühlt.
Man merkt, dass wir in einer gefallenen Welt leben, in der alles unvollkommen ist. Es braucht viel Gnade.
Ich stimme absolut zu: Für einen Arbeiter ist es manchmal viel schwieriger, im Bewusstsein vor Gott zu leben.
Andererseits kann unsere Kreativität Gott Ehre bringen und wir können an seinem Reich mitbauen, ohne dass wir unsere Kreativität bewusst evangelistisch einsetzen.
War das verständlich? Formuliere ich es nochmal neu: Kann unsere Kreativität Gott Ehre bringen, auch wenn wir sie nicht bewusst evangelistisch einsetzen?
Ja, genau. Luther hat schon gesagt: Ein guter Schuhmacher ist nicht derjenige, der überall ein Kreuz auf die Schuhe malt, sondern derjenige, der gute Schuhe macht.
Ich denke, das stimmt. Wir Christen sollten dafür bekannt sein, Produkte mit Exzellenz herzustellen und uns wirklich Mühe zu geben.
Wir sollten die sein, die die extra Meile gehen – auch bei der Herstellung von Waren.
Wir sollten nicht nur gewinnmaximiert denken, sondern unser Leben von Liebe motivieren lassen. Das schafft ein ganz anderes Umfeld.
Denkst du, damit kommt man in einer relativ harten Wirtschaft weit?
Ich finde es erstaunlich. Es ist zwar schwierig, aber es gibt säkulare Bestseller, die von Christen geschrieben sein könnten.
Diese Bücher handeln davon, den Nächsten zu lieben, zu fragen, was der Nächste braucht und was ihm guttut – und das als Erfolgskonzept zu verkaufen.
Da ist etwas Wahres dran.
Wenn wir Liebe aber als gedankenlose Verschwendung definieren – einfach nur geben, bis wir nichts mehr haben –, dann ist es schwer.
Wayne Grudem zum Beispiel schreibt in seinem Buch „Business zu Ehren Gottes“ – das wir auch verlegt haben und das mich zur Verlagsarbeit gebracht hat –, dass wir den Hunger in der Welt nicht so sehr durch große Spenden bekämpfen können.
Vielmehr sollten wir den Menschen beibringen, zu arbeiten, wirtschaftlich zu denken, kreativ und unternehmerisch zu werden und sich selbst zu versorgen.
Das ist ein großes Thema.
Um auf die Frage zurückzukommen: Es muss nicht immer alles evangelistisch sein.
In den USA ist es vielleicht noch mehr verbreitet, dass auf Produkten Bibelverse stehen. Vor allem, wenn das nicht mit dem übereinstimmt, was man lebt, ist das peinlich.
Das kann im schlimmsten Fall dem Christentum schaden.
Wayne Grudem nennt in seinem Buch ein Beispiel einer Modefirma, die nicht unbedingt moralisch ansprechende Kleidung herstellt, aber überall Bibelverse draufdruckt.
Dann laufen Teenager herum wie Freiwild, aber mit Bibelversen auf der Kleidung.
Ob das authentisch ist, ist fraglich.
Aber es braucht beides.
In der reformierten Theologie gibt es den Begriff der allgemeinen Gnade. Gott lässt die Sonne aufgehen und den Regen über Gut und Böse regnen.
So sollten auch unsere guten Werke sein.
Wir können mit unseren schönen Werken Schönheit in die Welt bringen.
Ich erinnere mich an eine Organisation, die mit Kunstprojekten in Krisen- und Kriegsgebiete fährt.
Man könnte denken, die Menschen dort brauchen etwas anderes.
Doch sie erleben, dass traumatisierte Kinder durch das Malen anfangen, ihre Erlebnisse zu verarbeiten.
Sie können vieles nicht in Worte fassen, aber durch das Malen drücken sie es aus – oft erschreckende Bilder.
Durch Gespräche und die Bilder sieht man die Veränderung, die innerlich stattfindet.
Das ist ein Beispiel, wie wir Schönes und Gutes bewirken können – durch Kunst und Kreativität, ohne dass überall das Evangelium draufsteht.
Kreativität kann eine Plattform oder ein Hingucker sein.
Wenn jemand zum Beispiel in einer Einkaufspassage etwas malt und Leute bleiben stehen, weil sie von der Schönheit angesprochen sind, hat er eine gute Möglichkeit, mit seinem Publikum zu kommunizieren.
Das muss nicht aufgesetzt sein oder immer mit der Tür ins Haus fallen. Es braucht wahrscheinlich eine gewisse Balance.
Wie findet man diese Balance zwischen kreativem Schaffen und biblischer Verantwortung?
Es braucht beides.
Wenn wir gute Kunst machen wollen, brauchen wir eine gute Theologie.
Gott ist das ultimative Schöne – man könnte sagen, er ist schrecklich schön.
Sich mit ihm zu beschäftigen, färbt ab.
Wir haben eindrückliche Beispiele wie Mose, der sein Gesicht verdecken musste, nachdem er in der Gegenwart Gottes war.
Je mehr wir Christen Gott erkennen, seine Schönheit und Gnade, und je mehr wir unsere eigene Katastrophe und Sündhaftigkeit sehen, desto mehr können wir Schönheit schaffen.
Wir wissen um unsere gefallene Welt und sehen diese Realität.
Vor diesem dunklen Hintergrund können wir in den schönsten Farben von unserem herrlichen Herrn sprechen, weil Christus das möglich macht.
Wenn Gott klein ist oder wir ihn nicht kennen, werden wir zwar schöne Dinge machen, aber um Menschen zu beeindrucken oder uns selbst groß zu machen.
Das kann äußerlich schön sein, aber das Herz ist nicht da.
Gerade wir Christen sollten mit den richtigen Motiven durchs Leben gehen.
Da könnten wir noch sehr viel mehr leisten und haben großes Entwicklungspotenzial.
Theologie zu studieren und dann Lieder zu schreiben – die Psalmen sind die schönste Gotteserkenntnis und härteste Selbsterkenntnis in Kunstform.
So können wir über Jahrtausende hinweg genießen, uns darin wiederfinden und Gott die Ehre geben.
Wir brauchen die richtige Theologie und sollten uns danach ausstrecken, Gott mehr und besser kennenzulernen.
Das prägt unser Bild von ihm und von uns selbst – von seinem Bild über uns – so, dass wir fähig sind, etwas Kreatives zu schaffen, das Gott ehrt und nicht uns selbst.
Luther sagte, der Mensch ist in sich selbst verkrümmt und konzentriert sich nur auf sich.
Gott kommt dann daher, hebt ihn am Kinn und sagt: „Hey, hier bin ich.“
Er macht den Menschen frei, Gott und dem Nächsten zu dienen.
Das sollte unsere Kreativität prägen: Wie kann ich Gott verherrlichen und meinem Nächsten dienen, weil ich frei gemacht worden bin?
Dann fange ich an, wirklich kreativ zu werden – mit dem Wunsch, meinem Nächsten und Gott Ehre zu geben.
Wie kann Kunst und Kreativität Christen allgemein helfen – also nicht nur Kreativschaffenden – in der Evangelisation, besonders wenn sie eher introvertiert sind und Schwierigkeiten haben, sich auszudrücken? Wenn wir von Kreativität sprechen, meinen wir nicht nur Künstler, sondern grundsätzlich das Schaffen von etwas. Manche Menschen tun sich jedoch schwer, sich nach außen mitzuteilen und sind eher introvertiert. Es ist dann nicht so leicht, mit anderen ins Gespräch zu kommen.
Wie kann Kunst oder Kreativität hier helfen? Je nachdem, wo jemand seine Gaben und Fähigkeiten hat, kann Kreativität ein Mittel sein, um das Evangelium zu kommunizieren. Glaube kommt aus der Predigt, das heißt, das Evangelium muss auch gepredigt werden. Irgendwann müssen wir also unseren Mund auftun. Wenn ich aber introvertiert bin und es nicht natürlich und gerne frei und offen tue, dann kann Kreativität ein Weg sein, meine Liebe zum Nächsten auszudrücken.
So wie das Licht die Motten anlockt, kann ich durch verantwortungsvolles, kreatives und wirklich auf den Nächsten ausgerichtetes Arbeiten zeigen, was ich glaube. Das kann zum Beispiel bedeuten, dass ich meinen Job oder auch einen kleinen Nebenjob mit Exzellenz ausführe. Dann kann es durchaus sein, dass Leute anfangen zu fragen: „Warum ist deine Arbeit immer anders? Warum gehst du die Extrameile?“ So hat man als Introvertierter die Chance, das Evangelium zu kommunizieren, einzuladen oder auf jemand anderen zu verweisen.
Oft reicht es schon, jemandem ein Buch mitzugeben, mit ihm die Bibel zu lesen oder ganz unspektakuläre Dinge zu tun. Das Bewusstsein für die Ebenbildlichkeit Gottes in dem, was ich tue, kann helfen, Menschen anzuziehen. Diese Menschen kann ich dann entweder selbst belehren und das Evangelium verkünden oder sie zu anderen mitnehmen, die das tun.
Man kann auch um Unterstützung bitten, so wie Aaron für Mose, der sagte: „Ich kann nicht reden.“ Gott hat Aaron als Sprecher gegeben. So etwas kann man auch im Team machen, gemeinsam. Das finde ich spannend und würde gerne wissen, wie du darüber denkst.
Gerade jetzt sind viele kreativ schaffende Künstler oft in bestimmten Szenen unterwegs. Was würdest du jemandem raten, der da hineinkommt? Es ist natürlich eine tolle Möglichkeit, als Christ in einer Kunstszene aktiv zu sein. Es ist aber auch herausfordernd, denn gerade heute – und das war wahrscheinlich schon immer so – gibt es viele Menschen, die sich in den Vordergrund stellen und oft eine sehr extreme oder sogar krankhafte Kunst zeigen.
Ich habe zum Beispiel Einblicke in Filmszenen bekommen, weil ich selbst in diesem Bereich unterwegs war. Schauspielerei und Film sind oft extrem. Das kann auch krankhafte Züge haben. Ich habe kürzlich mit einem Mann telefoniert, der durch unsere Arbeit auf uns gestoßen ist und einfach mal reden wollte. Er hat Film studiert und erzählte, dass es für ihn als Christ sehr schwer war, weil Kunst und Film von Extremen leben. Man will provozieren, Grenzen überschreiten.
Wir leben in einer stark sexualisierten Welt, in der Nacktheit und ähnliche Dinge oft als normal vorausgesetzt oder sogar gefordert werden. Das ist wirklich eine Herausforderung. Ich selbst bin nicht unbedingt ein Künstler und nicht so stark in diesen Szenen unterwegs. Ich habe nur einzelne Kontakte zu Künstlern.
Ein guter Freund von mir aus der Schulzeit macht eine Art von Kunst, bei der ich als Christ immer dachte: „Boah, ich weiß nicht, ob das noch so richtig ist, ob man das als Christ noch darf.“ Es ist eine eher düstere Kunst. Ich habe ihn aber immer stehen lassen und mich gefragt: „Bruder, was ist los mit deiner Seele?“
Umso faszinierender war es für mich, zu erleben, wie er einen geistlichen Aufbruch hatte. Er begann, theologische Literatur zu lesen, fragte sich: „Was mache ich hier eigentlich?“ und eröffnete einen zweiten Kanal, auf dem er sakrale Kunst machen möchte – Kunst, die die Schönheit Christi widerspiegelt.
Er hält nicht hinterm Berg, dass er Christ ist, auch in der anderen Szene, in der er unterwegs ist. Die Leute wissen, dass er Christ ist. Wie er das zusammenbringt, weiß ich nicht. Aber das ist beeindruckend.
Was wir mit Permission gerne erreichen wollen: Bei Jotham haben wir angefangen, die Wingfeather Saga herauszubringen. Was ist das? Die Wingfeather Saga ist eine Fantasy-Romanreihe für Kinder und Jugendliche. In den USA ist sie ein Riesenerfolg, und sie könnte auch in Deutschland viel mehr gelesen werden.
Der Autor, Andrew Peterson, ist ein begnadeter Musiker, der tolle Lieder geschrieben hat. Einige davon werden auch auf Deutsch gesungen. Er hat diese Bücher geschrieben und festgestellt, dass er die beste Kunst in Gemeinschaft produziert.
Andrew Peterson hat eine Community namens The Rabbit Room gegründet, in der viele Künstler Gemeinschaft erleben, gemeinsam etwas schaffen und Christus ins Zentrum stellen. Die Mitglieder kommen aus unterschiedlichen Denominationen, aber Christus steht im Mittelpunkt. Um ihn herum schaffen sie Literatur, Kunst und Musik.
Das finde ich faszinierend. So etwas möchten wir mit Permission auch in Deutschland aufbauen. Wir wollen sagen: „Hey Leute, wenn wir Christus im Zentrum haben und ihn groß machen wollen, dann lasst uns das Evangelium mit dem, was wir sind und haben, in diese Welt bringen – gemeinsam.“
Dafür wollen wir Gemeinschaft schaffen, Plattformen und Möglichkeiten bieten sowie Ressourcen bereitstellen, die explizit darauf ausgerichtet sind, Kirche und Kunst zusammenzubringen. Das ist unser Anliegen.
Deshalb gibt es Permission mit dem Permission Verlag und der Verlagsarbeit. Als nächstes folgt die Bildungsarbeit mit Permission Kreativität, also Permission Kreativ. Dort planen wir ganz bewusst Workshops, Veranstaltungen und vieles mehr, um eine Community zu schaffen.
Wir wollen Menschen die Möglichkeit geben, sich auszutauschen, gemeinsam zu ringen und zu schaffen.
Gibt es neben dem, was ihr dort gerade selbst am Aufbauen seid und schafft – also Permission Kreativ und so weiter – Organisationen, Initiativen, Ministries oder Ähnliches, die du kennst und empfehlen kannst? Gerade für Kreativschaffende, um zu zeigen, wie man das Kreative mit dem Alltagsmissionarischen verbinden kann?
Da muss ich dir gestehen, im deutschen Raum fällt mir da gar nichts richtig ein. OM, die Mission, haben eine Kreativarbeit, die meines Erachtens gut läuft, soweit ich weiß. Ich habe sie vor allem in Italien erlebt, was ich echt gefeiert habe. Sie veranstalten zum Beispiel Open Mics in Cafés. Dort treffen sich OM-Missionare oder Leute aus Gemeinden, singen zusammen, machen Musik, jemand erzählt ein Zeugnis – ganz entspannt. So füllen sie das Café, was eine schöne Sache ist.
Von daher weiß ich, dass OM in diese Richtung arbeitet. Es gibt hier und da kleinere Initiativen, aber mir ist gerade keine größere Organisation bekannt. Wie gesagt, wir gehen da ganz unbedarft dran und haben für uns lokal in erster Linie einen Mangel gesehen. Wir merken jetzt aber auch gerade bei uns, ich komme aus dem Lipperaum, dass sich einiges bewegt.
In Detmold haben wir zum Beispiel einen begnadeten Schauspieler, dessen Nationalität mir gerade entfallen ist. Bevor ich etwas Falsches sage, sage ich lieber gar nichts dazu. Jedenfalls ist er in seinem Heimatland schon eine kleine Prominenz. Er ist zum Glauben gekommen, wohnt jetzt bei uns in Lippe und macht Theaterarbeit. Er mietet sich in Detmold in öffentlichen Räumen ein und führt christliche Theaterstücke auf. Das Haus ist voll.
Es gibt also solche Aufbrüche. Bei unseren Schlangen gibt es noch eine Arbeit, die Kreativförderung macht. Sie haben kürzlich eine Konferenz veranstaltet, bei der Influencer und Kreativschaffende zusammengebracht wurden.
Ich denke, es gibt hier und da lokal kleine Bewegungen, und da reihen wir uns gerne mit ein. Wenn dir noch etwas einfällt, können wir das auf jeden Fall für euch in die Show Notes oder in die Kommentare packen, damit ihr es nachschauen könnt. Ja, genau.
Würde jemand sagen: „Ich möchte gerne meine Kreativität als Kreativschaffender für Gott einsetzen, weiß aber nicht, wie ich anfangen soll“, was könnte man dieser Person raten? Soll sie anrufen? Nein. Wählen Sie jetzt? Nein. Vielmehr gilt: Handeln statt zögern.
Wie kann man also anfangen? Ich glaube, durch Social Media und ähnliche Plattformen gibt es heute eine Möglichkeit, Reichweite zu bekommen. Jeder kann mit den einfachsten Mitteln seine Kunst präsentieren. Für viele ist das eine Hürde – für mich auch. Dennoch kann man Eigeninitiative zeigen, wenn man über seinen Schatten springt. Wer nicht besonders expressiv ist, dem fällt das vielleicht schwerer. Aber es ist eine gute Möglichkeit.
Ansonsten kann man auch den Kontakt suchen. In Gemeinden ist das oft gar nicht so schwierig. Manchmal ist es aber auch nicht so leicht, weil es in vielen Gemeinden eine gewisse Diskrepanz gibt. Ich habe mich mit einigen ältesten Pastoren unterhalten und war erschrocken, dass mir nicht nur einer sagte: „So einen haben wir auch in der Gemeinde, aber ich kann mit dem nichts anfangen.“ Solche Menschen haben meiner Meinung nach keinen leichten Stand in der Gemeinde.
Kreativschaffende sehen die Welt mit anderen Augen, haben eine eigene Perspektive und eine ganz eigene Art oder einen eigenen Wunsch, ihren Glauben auszudrücken. Wenn es dann in der Gemeinde keine Möglichkeit gibt – außer vielleicht die Weihnachtsdeko zu gestalten oder, falls man ein Instrument spielt, in der Musik mitzumachen – dann ist das schwierig.
Hier möchte ich Mut machen: Hört euch um! Es gibt garantiert den einen oder anderen, vielleicht nicht in der eigenen Gemeinde, sondern in der Nachbargemeinde. Oder schaut auf Social Media, ob es dort etwas gibt. Vernetzt euch, stärkt euch gegenseitig, haltet Christus hoch und behaltet vor Augen, für wen ihr das tut. Seid mutig und bleibt dran. Ausharren ist ein Begriff, den man braucht.
Denn vieles an der Kunst ist auf eine gewisse Weise prophetisch. Ich habe mich gestern mit jemandem unterhalten, der sagte, dass Kunst prophetisch ist, weil im Augenblick oft gar nicht realisiert wird, was der Künstler sieht. Vielleicht erst in hundert Jahren, wenn der Künstler schon tot ist, sagt man: „Ach, hätten wir das damals mal erkannt.“
Daher haben Künstler eine ganz besondere Aufgabe: Sie reflektieren die gegenwärtige Kultur, halten ihr einen Spiegel vor und zeigen auf eine schöne Art und Weise: „Hey Leute, so sieht es aus.“ Ich glaube, das ist eine ganz besondere und schöne Aufgabe.
Wie kann man am besten mit Zweifeln umgehen? Besonders dann, wenn man merkt, dass das, was man tut, nicht verstanden wird. Oder wenn man an den eigenen Fähigkeiten zweifelt, weil man nicht richtig wahrgenommen wird. Vielleicht neigt man auch zum Perfektionismus und sagt sich: „Ja, das ist sowieso nicht gut genug.“ Dann fängt man an, an der eigenen Berufung zu zweifeln – so eine zweifelnde Künstlerseele eben. Verstehst du, was ich meine?
Ja, ich kann mich sehr gut damit identifizieren. Warte, nochmal zur Klärung: Was war deine eigentliche Frage?
Die Frage ist grundsätzlich: Wie geht man damit um? Was würdest du jemandem raten, der merkt, dass das, was er tut, nicht ankommt? Dass es nicht verstanden wird? Oder der Zweifel an den eigenen Fähigkeiten hat, zum Perfektionismus neigt und dadurch seine ganze Berufung infrage stellt? Es besteht die Gefahr, das Kind mit dem Bade auszuschütten.
Ich glaube, wenn Gott uns etwas aufs Herz legt – ich spreche jetzt einfach mal aus meiner persönlichen Erfahrung mit der Arbeit von Famata – dann hat Gott uns das aufs Herz gelegt. Wir sind mit dieser Idee an die Öffentlichkeit gegangen, doch wir stießen auf wenig offene Türen. Wir brauchten wirklich eine lange Zeit. Wir hatten vier Jahre Vorbereitungszeit, um unsere Gemeinde und unseren Freundeskreis aufzubauen, also um zu überzeugen, dass das, was wir tun wollen, eine lohnenswerte Sache ist.
Das hat uns viel gekostet. Aber jedes Mal, wenn ich im Gespräch mit jemandem war und gefragt wurde: „Warum macht ihr das eigentlich? Warum tut ihr euch das an? Macht das Sinn?“, dann war es für uns wie das, was Jeremia gesagt hat: „Das brannte mir in den Knochen. Ich konnte nicht anders.“
Ich glaube, wenn man so eine Berufung hat und realisiert, dass da wirklich eine Not ist, gegen die man etwas tun kann, und man den Eindruck hat, Gott möchte, dass man es tut, dann kostet das viel – manchmal Jahre, in unserem Fall wirklich.
Aber wenn wir dranbleiben und ausharren, dann erleben wir wirklich Großartiges. Und irgendwann ist dann dieser Knoten geplatzt. Teilweise hatten wir das Gefühl, wir sitzen vor dem D-Zug und wissen gar nicht mehr, wohin. Es ging plötzlich zu schnell.
Wir kennen beide Extreme: Zum einen das Gefühl, auf der Stelle zu treten, und es tut sich gar nichts. Zum anderen das plötzliche „Bam!“, volle Power. Ich glaube, wir müssen mit beidem klarkommen.
Wenn ich eine Berufung habe, möchte ich Mut machen, dran zu bleiben. Die Frage ist: Was möchte ich erreichen? Wenn das Ziel Ruhm und Ehre ist, dann sollte ich meine Motive hinterfragen. Wenn ich aber wirklich einer Not begegnen will oder etwas Schönes für andere schaffen möchte, dann kann ich das tun – auch wenn es keine große Reichweite hat.
Ich glaube, es geht darum, in erster Linie vor Gott zu leben. Tolkien hat ein kleines Büchlein geschrieben, eine Kurzgeschichte namens „Blatt von Tüftler“ (so heißt es auf Deutsch). Es wird oft zitiert, ich glaube, er zitiert es auch in einem seiner Bücher.
In der Geschichte geht es um einen Künstler, der Blätter malen kann. Seine eigentliche Fähigkeit ist es, Blätter zu malen. Er konzentriert sich so sehr auf das einzelne Blatt vom Baum, dass er das große Ganze aus den Augen verliert. Er wird nie fertig. Irgendwann muss er aber eine Reise antreten, und sein Blatt, sein Baum ist nicht fertig – egal wie sehr er es sich wünscht.
Das ist eine größere Geschichte. Am Ende kommt er an und findet seinen Baum in Vollkommenheit, so wie er ihn sich vorgestellt hat.
Ich glaube, das ist die Perspektive, die wir haben dürfen, wenn wir an die neue Erde und den neuen Himmel denken. Eines Tages werden wir all das, was wir hier unvollkommen tun, in Vollkommenheit sehen.
Ich glaube nicht, dass wir im Himmel tatenlos auf Wolken sitzen und alle Musiker sind, weil wir Harfe spielen. Vielmehr werden wir alle ziemlich aktiv sein, um Gott zu dienen und ihn groß zu machen.
Wenn wir dann lesen, dass jeder unter seinem Weinstock und Weinberg sitzt, denke ich: „Ach, das ist schön.“ Ich hatte das schon mal für eine kurze Zeit, und das war nicht schlecht. Aber das impliziert auch, dass dort noch gegärtnert wird.
Die neue Erde ist also gar nicht so weltfremd, wie wir das manchmal denken.
Das motiviert mich. Selbst im Kleinen, da wo es keiner sieht, kann ich meine Berufung und meine Gaben zur Ehre Gottes einsetzen – wohlwissend, dass er es sieht.
Dafür möchte ich wirklich Mut machen: Dranzubleiben und diese größere Perspektive zu haben.
Wenn ich richtig verstanden habe, geht es einmal um die Perspektive, wie du Berufung definierst: Du sagst, da gibt es eine Not, und du hast die Freude und Begabung, etwas zu bewirken, was diese Not lindert oder ihr entgegenkommt.
Darüber hinaus ist es wichtig, den Blick in die Zukunft zu haben – die Ewigkeitsperspektive.
Und das nicht nur als Vollzeitberufung, sondern mit dem, was ich gerade habe.
Das hilft, auch wenn ich Kritik erfahre – ob berechtigt oder nicht – oder wenn ich gelobt werde. Es hilft, geerdet zu bleiben und die himmlische Einordnung zu haben.
So stelle ich mich nicht selbst in den Vordergrund, egal ob es gut läuft oder nicht, sondern behalte die himmlische Perspektive im Blick.
Die Ewigkeitsperspektive, ja.
Welche Kreativschaffenden haben dich inspiriert, auch in deiner Alltagsmission?
Ach, da gibt es schon einige. Wenn man zum Beispiel Bücher wie "Werde kreativ" von Jordan Rayner liest, bekommt man viele inspirierende Menschen vorgestellt. Es gibt darin tolle Geschichten. Eine Geschichte handelt zum Beispiel von Chick-fil-A, einer Fastfoodkette in den USA, die in Deutschland nicht so bekannt ist. Chick-fil-A wird von Christen betrieben und legt großen Wert auf Qualität – nach amerikanischen Maßstäben.
Es wird erzählt von einem Filialleiter, der eine Person einstellt, die gerade von der Straße kommt. Obwohl diese Person ihm nicht die ganze Wahrheit sagt, sieht er sie als seine Verantwortung an und lässt sie arbeiten. Irgendwann kommt sie tatsächlich zum Glauben und wird später selbst Filialleiterin. Das ist so eine typische amerikanische Geschichte, vielleicht vom Tellerwäscher zum Millionär. Aber ich finde es einfach wunderschön, wie Gott einen ganz normalen Arbeitsplatz gebrauchen kann, um Menschenleben zu verändern.
Eine andere Person, die mich total fasziniert, ist Hauge. Er war ein Farmer, glaube ich in Norwegen. Er hatte das Privileg, Zugang zur Bibliothek seines Pastors zu haben. Nach einer persönlichen Erweckung begann er, durch ganz Norwegen zu reisen. Er wanderte sogar bis nach Dänemark und gründete überall kleine Unternehmen, meist landwirtschaftliche Betriebe, um der Not zu helfen. Er gab den Menschen Essen und Nahrung und verkündete ihnen gleichzeitig das Evangelium.
Mit seiner Arbeit prägte er ein ganzes Land. Er erregte so viel Aufmerksamkeit, dass der König meinte, das sei zu viel, und ließ ihn sogar einsperren. Später kam Napoleon und mit ihm die Salzkrise. Da erinnerte man sich an den Mann im Gefängnis, ganz ähnlich einer biblischen Geschichte. Man holte Hauge wieder heraus, und mit seinen Fähigkeiten bewahrte er das Land vor einer Hungerkrise.
Das sind Geschichten, in denen ich sehe: Das sind ganz normale Menschen, die ihren Beruf wirklich als Berufung erkannt haben. Sie haben so viel Gutes für ein ganzes Land getan. So etwas wünsche ich mir gerade in unserer Zeit, in der die Kirchen viel Vertrauen eingebüßt haben und viele Menschen ihnen den Rücken kehren.
Wenn wir das Evangelium zu den Menschen bringen wollen, dann muss das im Alltag passieren. Dafür brauchen wir Menschen, die wirklich brennend im Geist sind, die Christus kennen, die Gott erkannt haben und vom Evangelium überwältigt sind. Das muss sich im Alltag zeigen. Wenn Christen ihre Berufe und alle Kontakte in der Welt bewusst wahrnehmen und leben würden, glaube ich, könnten wir mit ganz anderen Zeiten rechnen und hoffen.
Ich bete einfach, dass Gott eine Erweckung von unten schenkt. Dass das Evangelium im Alltag gelebt wird und aufblüht, bis es die ganze Kultur von innen heraus prägt. Das wäre mal wieder schön.
Thomas, vielleicht hört uns jemand zu, der denkt: „Ich bin überhaupt nicht kreativ, künstlerisch oder sonst irgendwas. Ich habe einfach den 9-to-5-Job im Büro und mache meine Arbeit.“ Was hat das mit mir zu tun, wenn die da jetzt die ganze Zeit über Kreativität, Kunst und Schöpfungsauftrag reden? Was würdest du ihm sagen?
Ich glaube, Kreativität ist subtiler, als man denkt, und zeigt sich überall. Selbst wenn ich Excel-Tabellen gestalte und sortiere, schaffe ich aus Chaos Ordnung. Das ist schon Kreativität und ein Abbild Gottes, der aus Chaos die Welt geschaffen hat.
Von daher glaube ich, dass Kreativität sich wirklich im Alltag niederschlägt: wie ich das Butterbrot für meine Kinder fertig mache, wie ich das Essen anrichte oder wie ich meine Wohnung gestalte. Das sind ganz banale Dinge. Aber wenn wir erst einmal einen Blick dafür haben, merken wir, dass da irgendwie Kreativität im Raum ist.
Irgendjemand hat schließlich die Dinge hier designt und gebaut. Deshalb glaube ich, dass sich jeder damit identifizieren kann. Nicht jeder muss ein großer Musiker oder Künstler sein – das ist nicht der Anspruch. Aber jeder sollte sich bewusst sein, dass er Gott repräsentiert, dort wo er ist, mit seinen Aufgaben. Dann wird das Thema plötzlich für alle relevant.
Wir haben jetzt öfter darüber gesprochen, dass man etwas schafft, Produkte oder so. Aber im Dienstleistungssektor ist ja auch Kreativität gefragt – zum Beispiel, wie ich meinen Dienst erfülle. Man kann sehr viel Kreativität einbringen, etwa im Umgang mit Menschen und wie man ihnen begegnet.
Ja, genau. Das alles ist eine Kunst. Kommunizieren ist eine riesige Kunst.
Ich finde, es ist gut, das vor Augen zu haben. Wenn wir „Kunst“ hören – „Christ und Kunst“ oder so – denken wir oft gleich an Gemälde, Musik oder diese Künstlerseele. Aber der Pastor muss sich bewusst sein: Wenn er eine Predigt hält, kommuniziert er hoffentlich das Evangelium. Er tut das auf eine Art und Weise, bei der er sich hingesetzt hat – oder auch nicht –, aber bewusst formuliert. Sein Ziel ist es, das Evangelium schön zu verpacken. Das ist doch Kunst.
Und so ist Kunst plötzlich überall. Der Pastor sieht sich vielleicht nicht als Künstler, und doch ist jede Predigt ein Feuerwerk.
So ist es wirklich im Alltag – im Profansten, im Normalsten, bei Excel-Tabellen oder was auch immer.
Vielleicht noch einmal an euch, die ihr zuhört: Das würde mich wirklich interessieren. Schreibt gerne an machbar@holkebach.org, wo oder wie ihr Kreativität erlebt. Denkt mal darüber nach: Wo könntest du kreativ werden in dem, was du tust? Auch bei ganz profaner Arbeit, im Alltag, im Haushalt, als Mutter, als Vater oder wie auch immer. Wo kannst du etwas von diesem Schöpfungsauftrag, der immer noch besteht, umsetzen – so, dass es Gott ehrt?
Das fände ich wirklich spannend von euch. Schreibt gerne mal.
Kommen wir zu unserem letzten Punkt. Die Zeit vergeht wirklich schnell. Aber es ist wirklich schön, mit dir zu sprechen, Thomas, das gefällt mir.
Wir können also Kreativität als Hobby ausleben und Alltagsmission integrieren. Doch was ist, wenn jemand noch einen Schritt weitergehen möchte? Wir haben das Thema ja ganz am Anfang schon kurz angesprochen: Entrepreneurship. Wenn jemand seine Kreativität zum Beruf machen möchte, etwas Neues schaffen will, ein innovativer Unternehmer sein und am Reich Gottes mitbauen möchte – welche Möglichkeiten gibt es da? Und wie finden wir heraus, ob dieser Schritt auch für uns passend ist?
Eine Antwort darauf zu geben, ist natürlich nicht einfach. Ich glaube, es ist der Günter Faltin, Professor für Entrepreneurship, der tolle Bücher geschrieben hat. Er macht wirklich Mut und sagt: „Hey Leute, wenn ihr eine gute Idee gut ausgearbeitet habt, dann habt ihr auch gute Chancen.“ Er ermutigt dazu, sich hinzusetzen und den Gehirnschmalz arbeiten zu lassen, bevor man einfach sagt: „Okay, ich habe da eine Idee, ich mache mich selbstständig.“ Denn viele Gründungen – das ist einfach Fakt – scheitern in den ersten Jahren.
Ich glaube, man ist gut beraten, sich vorher Gedanken zu machen und sich Rat zu holen. Es gibt tatsächlich sogar Stellen, wo man kostenlose Förderung und Hilfe bekommt. Ich kenne zum Beispiel die Wirtschaftsförderung Lippe, wo man in unserer Gegend wirklich kompetente Beratung zur Gründung und in Krisensituationen erhalten kann. Unser Land hat da schon tolle Ressourcen.
Unternehmer sein in Deutschland ist nicht leicht, definitiv. Wir haben viele Regeln, vieles zu beachten, viele Steuern und so weiter. Aber ich glaube, es gibt immer noch viele Möglichkeiten. Mit einer guten Idee und einem guten Konzept kann man wirklich etwas bewegen. Und ich glaube, so kann man Menschen auf eine Art erreichen, wie man sie mit einer Gemeinde oder einer gemeinnützigen Organisation vielleicht nicht erreicht – mit einem klassischen Unternehmen vielleicht schon.
Es gibt auch Christen, die dabei beraten. Kennst du zum Beispiel die CKS? Genau, mit denen sind wir in Kontakt. Oder was Jörg Dechert neu gegründet hat mit dem Sinkubator. Das sagt dir jetzt noch nichts? Okay, kannst du dir mal anschauen. Ich finde das auch interessant. Dort wird gerade christlichen Medienschaffenden geholfen – so ein Inkubator, der „Sinkubator“ heißt. Das ist eine Wortschöpfung. Das können wir auch in den Shownotes verlinken.
Ich denke, bei dem Thema gehe ich ja als Laie ran, aber was ich sehe, ist zum Beispiel, wie die Gesellschaft bis vor 150 oder 200 Jahren vor der Industrialisierung aufgebaut war. Wir hatten viele Kleinunternehmen und Familien, in denen Arbeit und Familie Hand in Hand gingen. Es gab nicht diese Zerrissenheit, dass der Vater auf Arbeit ist, die Mutter den Haushalt macht oder beide arbeiten und die Kinder in der Kita sind – wo die Familie völlig fragmentiert ist.
Ich würde mir sehr wünschen, dass Leute wieder Mut haben zu sagen: „Okay, ich mache mich selbstständig.“ Das kann bedeuten, dass ich selbstständig arbeite, aber wenn ich es schaffe, das im Rahmen meiner Familie zu tun, wo meine Kinder sehen, was es bedeutet zu arbeiten und sich mit Problemen auseinanderzusetzen, ist das ein großer Gewinn. Die Kinder haben dann wirklich vor Augen, wie das Leben funktioniert – nicht nur in Krisenzeiten oder Hochphasen.
Da möchte ich wirklich mithelfen, dass Menschen wieder mutig werden, zu sagen: „Okay, ich mache irgendwas.“ Oder eine Mama, die zu Hause sitzt und sagt: „Hey, ich bin kreativ, ich mache irgendwas. Warum nicht versuchen, das an den Mann zu bringen und von zu Hause aus ein bisschen was zu machen?“ Die große Herausforderung ist, glaube ich, die Waage zu halten zwischen Familie und Beruf. Aber ich glaube, wir könnten da noch viel Entwicklung gebrauchen.
Muss die Produktidee oder Dienstleistung denn christlich oder evangelistisch sein? Oder kann sie einfach auch ein gesellschaftliches Problem lösen? Ich glaube, es kann auch einfach ein gesellschaftliches Problem lösen. Natürlich gibt es Bereiche, in denen Christen nichts zu suchen haben. Aber wenn die Prämissen stimmen und wir zu Gottes Ehre dem Nächsten dienen wollen, dann ist das legitim. Ob es nun SAP oder etwas anderes ist, wenn wir unser Bestes geben, können wir Gott damit verherrlichen.
Wie findet man eine gute Balance zwischen Schaffen und Ruhen, gerade wenn man selbstständig ist und Familie hat? Das ist nicht einfach. Es heißt oft, Selbstständige arbeiten viel, aber das stimmt nur bedingt. Es kommt auf das Konzept an. Ich habe von einem gehört, der nur zwei bis drei Stunden als CEO arbeitet und die restliche Zeit frei gestalten kann – das macht er zu Gottes Ehre und investiert viel Herzblut. Aber das war nicht immer so.
Ich weiß nicht, ob du dich auf den Podcast-Gast beziehst, den ich kürzlich hatte? Ah, das kann sein. Holger Mayer, genau, den hatte ich vor ein paar Wochen. Er hat darauf hingearbeitet, eine Balance zu finden. Es ist wichtig zu überlegen, wie Arbeit für mich und für das Reich Gottes funktionieren kann, ohne dass ich ständig als Unternehmer und Geschäftsführer im Dauereinsatz bin.
Wir betrachten die Welt aus unserer Zeitperspektive und haben vielleicht das Ideal einer 35-Stunden-Woche. Ich weiß nicht, ob das unbedingt das Ideal der Bibel ist. Jesus hat durchaus mehr gearbeitet, von morgens bis abends. Die Frage ist aber, wie er das gemacht hat.
In Italien hatte ich mal ein interessantes Gespräch mit einem Mann im Kaufhaus. Er sagte: „Wir Italiener arbeiten viele Stunden, aber wir leben auch.“ Sie nehmen das Zwischenmenschliche viel mehr wahr. Das bringt die Arbeitszeit durcheinander, aber es fühlt sich viel weniger nach Arbeit an.
Ich bin da ein bisschen ein Querkopf. Mittlerweile freue ich mich gar nicht mehr so sehr auf die 35-Stunden-Woche. Ich arbeite viel von zu Hause aus. Wenn ich morgens mit meinen Kindern frühstücke, wir zusammen Mittag essen und sie zwischendurch immer wieder reinkommen, sieht es so aus, als ob ich viel länger arbeite. Aber es ist ein ganz anderes Arbeiten. Das finde ich dann gar nicht mehr schlimm, wenn die Stunden vermeintlich länger sind. Aber es braucht die Balance.
Gott hat uns nicht ohne Grund sechs Tage Arbeit und einen Tag Ruhe gegeben. Wir brauchen beides: Arbeit und Leben. Ich fand den Ansatz mit dem Italiener gut, den du erwähnt hast – dass man die Arbeit auch wirklich genießt. Oft sind wir so drin: arbeiten, arbeiten, arbeiten. Und am Ende fragt man sich, ob das Leben nur aus Arbeit bestand.
Ich glaube, wenn man das größere Ziel im Blick hat, nicht nur Arbeit um der Arbeit willen, sondern die Ewigkeitsperspektive, dann hilft das. Wir erinnern uns daran, dass unser Arbeitgeber Gott ist, der uns berufen hat. Dabei sollten wir die Menschen um uns herum nicht aus dem Blick verlieren.
Ich bin jemand, der Arbeit sehr gerne macht und nie ein Ende findet. Aber wie kann ich trotzdem meine Familie und die Menschen, die mir wichtig sind, nicht aus den Augen verlieren? Wie kann ich das integrieren, um eine richtige Balance zu haben?
Zum einen muss ich sagen, wir reden hier von ganz verschiedenen Jobs. Es gibt Jobs, bei denen man an der Maschine steht und die Zeit genau getaktet ist. Da hat man nicht die Freiheit, wie ich sie habe. Ich spreche also aus einer privilegierten Position heraus. Das darf man differenzieren. Nicht jeder kann alles machen.
Wie kriegt man das hin? Ich glaube, es gibt Phasen, in denen man wirklich mal durchackern darf. Wir haben gerade ein neues Buch herausgebracht, „What’s Best Next“ von Perlman. Er schreibt, dass es durchaus Phasen gibt, in denen man Tag und Nacht durchackert. Aber das darf niemals der Dauerzustand sein.
Jede Familie muss individuell schauen, was zumutbar ist. Jede Frau ist anders, jeder Mann ist anders, und die Bedürfnisse der Kinder sind unterschiedlich. Daher kann man nicht einfach sagen: „Mach das so, fertig.“ Für manche Familien ist eine 35-Stunden-Woche eine echte Herausforderung, weil die Kinder vielleicht mehr Zeit brauchen oder gehandicapt sind.
Wir sollten die Freiheit haben zu sagen: „Was brauchen wir als Familie?“ Das müssen wir vor Gott bewegen, denn wir haben verschiedene Rollen und Verantwortungen, auch von der Schöpfungsordnung her.
Wir haben uns für „Permission“ eigentlich drei Themen auf die Fahne geschrieben: Anbetung, also die Beziehung zu Gott; Gemeinschaft, denn wir sind zur Gemeinschaft geschaffen. In Familie, Gesellschaft und Gemeinde sollten wir Gemeinschaft leben und Communities schaffen. Und dann den praktischen Teil: bebauen, bewahren und Kultur schaffen.
Wir brauchen alle drei Bereiche und müssen immer darauf achten, dass wir diese drei Teile wie einen Dreifuß stabil halten, um maximale Stabilität im Leben zu erreichen.
Ich finde es humorvoll, dass wir vielleicht mit „Famata“ angefangen haben, um zur Ruhe zu kommen. Unser Motto war „Ruht ein wenig“ – von Markus, wo Jesus seine Jünger zur Seite nimmt und sagt: „So Leute, lasst uns mal ein bisschen ruhen.“ Faszinierenderweise wartet dort, wo sie Ruhe suchen, schon wieder Arbeit auf sie. Deshalb heißt es ja auch nur „ein wenig“ ruhen.
Aber genau das brauchen wir: zur Ruhe kommen vor Gott, körperlich und geistlich, den Sabbat bewusst zu heiligen, den Sonntag zu heiligen und zu sagen: „An diesem Tag versuchen wir nicht, schon die nächste Woche zu planen.“ Wir versuchen nicht, am Sonntag schon gedanklich zu überlegen, was am Montag alles zu tun ist.
Das macht Jordan Rayner meines Erachtens sehr gut in seinen Büchern. Er sagt, man soll am Ende der Arbeitswoche alles so vorbereiten, dass man den Ruhetag wirklich ruhen kann. An diesem Tag kann man zurückschauen, Gott danken und feiern, was man erlebt oder überlebt hat. Aber das Planen und Sorgen für morgen soll an diesem Tag ruhen.
Man lebt an diesem Tag vor Gott, freut sich am Leben, genießt das Miteinander und lässt dann den Montag wiederkommen. Ich denke, das ist weise – diesen Wechsel wirklich hinzukriegen. Es ist nicht immer leicht, manche Jobs lassen das schwerer zu als andere. Dennoch sollten wir uns das bewusster vornehmen und sagen: „Jetzt ruhe ich, weil ich dem Herrn vertraue, dass er für mich sorgt.“
Dieses Glaubensbekenntnis sollten wir offensichtlicher und bewusster feiern. Thomas, vielen Dank, das war ein schönes Schlusswort.
Thomas, ich habe noch drei Fragen.
Welches Buch kannst du uns empfehlen?
Es gibt viele Bücher, die ich empfehlen könnte. Am besten einfach mal auf die Permission-Webseite gehen. Das kann ich absolut für alle Familien empfehlen.
Ich meine, das hier ist die Erwachsenenversion für alle Leute, die kreativ tätig sein wollen, Entrepreneurship feiern und unternehmerisch sein möchten. Das muss man unbedingt lesen. Musst du lesen. Ist das für mich das Exemplar? Ja, das darfst du behalten. Danke.
Dann haben wir auch eine Kinderversion davon. Das heißt „Der kreative Schöpfer in dir“. Dort hat der Autor die Quintessenz dieses Buches in Reimform auf wenigen Seiten zusammengefasst. Ein wunderschönes Buch, ich feiere das total.
Das Buch hat gerade bei sogenannten Kreativmamis wirklich Reichweite bekommen. Einige Influencerinnen haben es entdeckt. Es ist so ein tolles Buch, das den Kindern zeigt: Du baust jetzt Sandburgen, eines Tages vielleicht Städte. Und wenn du etwas Neues schaffst, dann zeigst du den anderen den kreativen Schöpfer in dir. Dann freut sich die Welt und der Schöpfer an dir. Also wirklich ein total tolles Buch, das ich definitiv empfehle.
Was ist deine eigene größte Herausforderung beim Thema Kreativität als Berufung, Kreativität in deiner Alltagsmission?
Ja, ich habe ja, meine ich, vorhin gesagt, ich bin Tausendsassa. Meine große Herausforderung ist, damit klarzukommen, dass man sich nicht so sehr in die Kreativität der Kreativität verliert. Dass ich nicht alles perfekt können muss.
Ich bin ganz bewusst auch in die Permission-Arbeit gestartet mit dem Wissen, dass ich Hilfe brauchen werde. Ich kann hier etwas anschieben, aber ich kann das nicht alleine schaffen. Wir sind zur Gemeinschaft geschaffen. Wir sind als Gemeindeglieder eines Leibes, jeder hat unterschiedliche Aufgaben und Talente. Und es braucht das Miteinander, wenn irgendetwas funktionieren soll.
Von daher ist meine Herausforderung immer wieder, damit klarzukommen. Da kommt der kleine Perfektionist vielleicht durch, und ich sage: Okay, Herr, ich will zufrieden sein mit dem, was ich kann. Da möchte ich das Beste geben und mich dann nicht verzetteln oder verrennen. Fokus zu haben, definitiv.
Dritte und letzte Frage: Welchen Tipp hast du für unsere Hörer, den sie gleich diese Woche umsetzen können, passend zum Thema?
Den Tipp, den sie gleich umsetzen können? Boah, ich liebe es ja, mich hier und da mal hinzusetzen und alle Ideen aufzuschreiben, die mir so im Kopf rumschwirren.
Wir haben von unseren Kindern in Italien solche Nafir-Hefte. Die sind ein bisschen dicker als unsere deutschen Schulhefte, und das finde ich cool. Die schreibe ich dann regelmäßig voll, seitenweise, wo ich einfach Ideen herunterschreibe, Dinge, die ich sehe. Das Ganze tue ich dann vor Gott mit der Frage: Herr, möchtest du irgendetwas davon gebrauchen?
In dem Heft, in meinem, da sind viele Ideen, die nie etwas werden. Aber die eine oder andere Idee hat sich nach ein paar Jahren hier und da dann plötzlich realisiert. Ich finde, das ist eine tolle Sache. Also ich feiere das: eine Kreativliste zu machen. Und das ist vielleicht auch gleich eine Gebetsliste, um zu fragen: Herr, was möchtest du? Dann lässt man sie eine Weile liegen und schaut später nochmal drauf.
Genau, hier sind meine Gaben, hier sind meine fünf Brote, zwei Fische.
Sehr gut, vielen Dank, Thomas. Danke auch an euch fürs Zuhören und Zuschauen. Ich sage einfach: Bis zum nächsten Mal!