Er hat vorhin gesagt: Aller Sinn des Lebens ist erfüllt, wo Liebe ist. Das ist das, was Dietrich Bonhoeffer gesagt hat.
Zum Abschluss unserer Glaubensgrundlage-Serie „Get the Faith“ zum Titel „Let There Be Love – Lass da Liebe sein“ möchte ich eine letzte Predigt halten, die wahrscheinlich die wichtigste ist. Wenn ihr irgendwelche Predigten aus der Reihe vergessen könnt – und das sind ungefähr 26 – dann dürft ihr diese nicht vergessen. An diese müsst ihr euch den Rest eures Lebens erinnern.
Warum? Weil alle anderen Themen eigentlich aus diesem Thema herauswachsen. An einer Stelle in der Bibel heißt es, dass wer liebt, alle Gebote erfüllt hat. Wenn du die Lektion heute richtig verstehst, machst du eigentlich die anderen Lektionen alle richtig.
Meine Sorge ist nun folgende: Ich sage, wir reden heute über Liebe. Wir hatten es vorhin am Mittagstisch fast ein bisschen so, dass ich an einen Witz dachte. Der handelt von einer Frau, die in den Gottesdienst geht, dann nach Hause kommt. Sie steht in der Küche, und der Mann sitzt im Wohnzimmer. Er fragt sie: „Sag mal, wie war es denn?“ Sie schreit zurück: „War gut.“ „Worüber hat er gepredigt?“ „Über Sünde.“ „Was hat er denn gesagt?“ „Er war dagegen.“
Meine Sorge ist, dass ihr nach Hause geht und fragt: „Worüber hat er denn gepredigt?“ „Über Liebe.“ „Was hat er denn gesagt?“ „Er war dafür.“ Das wäre mir ein bisschen zu wenig.
Deshalb habe ich ein Doppelthema gewählt. Auf der einen Seite werden wir uns unterhalten über die Frage: Wie wichtig ist die Liebe? Wir werden uns auch die Frage stellen: Was ist Liebe eigentlich?
Ihr könnt euch vorstellen, man kann das Thema nicht erschöpfend behandeln. Deswegen werde ich einfach ein paar Schlaglichter auf dieses Thema werfen, von denen ich denke, dass sie uns gut tun, sie mal wieder zu hören.
Also, der erste Punkt: Wie wichtig ist eigentlich das Thema Liebe? Die Antwort lautet: Liebe ist tatsächlich das Wichtigste. Die Bibel ist Gottes Liebesbrief an die Menschen. Das habe ich gehört, als ich Christ geworden bin, und habe es zunächst nicht verstanden. Je länger ich dabei bin und je mehr ich mir über die Dinge Gedanken mache, desto mehr sage ich: Ja, das stimmt. Liebe ist tatsächlich das Thema der Bibel.
Das gilt auch für Stellen, bei denen man allgemein sagt: „Jürgen, wie kriegst du das eigentlich mit der Liebe so zusammen?“ Ich greife mal richtig tief in die Vollen. Ein Beispiel, das gerade gestern beim Frühstück lustigerweise aufkam, ist die Frage: Wie erklärst du denn die Ausrottung der Kanaaniter im Alten Testament? Da sagt Gott doch, die sollen diese Kanaaniter ausrotten. Da sieht man doch, das ist ein Rachegott.
Obwohl man das immer wieder hört, geht es mir darum, dass wir begreifen: Egal, wo wir in die Bibel reinschauen, wir haben es tatsächlich überall mit Liebe zu tun. Auch an dieser Stelle, wenn wir genau hinschauen, stellen wir fest, dass Gott nicht einfach so zuschlägt und sagt: „Weg mit dem Volk!“ Gott ist kein brutaler Rachegott, der einfach alles plattmacht. Ganz im Gegenteil.
Gott handelt erst, wenn ein Volk sich nicht mehr retten lässt, wenn es gerichtsreif ist. Bis dahin ist er geduldig. Das ist auch ein Aspekt von Liebe. Wenn er handelt, dann tut er das nicht ohne Grund.
Ich möchte mit euch kurz zwei Stellen anschauen, um die es mir dabei geht. Schlagt mal auf: 5. Mose, Kapitel 7, die Verse 1-3.
Dort heißt es: „Und der Herr, dein Gott, der dich in das Land bringt, in das du jetzt hineinkommst, um es in Besitz zu nehmen, und wenn er dann viele Nationen vor dir hinaustreibt – da kommt eine ganze Reihe von Nationen: die Hethiter, die Girgasiter, die Amoriter, die Kanaaniter, die Perisiter, die Hewiter und die Jebusiter, sieben Nationen, größer und stärker als du – und wenn der Herr, dein Gott, sie vor dir dahingibt und du sie schlägst, dann sollst du unbedingt an ihnen den Bann vollstrecken. Du sollst keinen Bund mit ihnen schließen, noch ihnen gnädig sein, und du sollst dich nicht mit ihnen verschwägern. Deine Tochter darfst du nicht seinem Sohn geben, und seine Tochter darfst du nicht für deinen Sohn nehmen.“
Das klingt ziemlich grob, oder? Wenn man so eine Stelle zum ersten Mal liest, denkt man: „Ist das nicht zu hart? Wie kann Gott sagen, er sei ein Gott der Liebe, und dann kommt so etwas?“ Die Antwort findet sich natürlich nicht hier, sondern viel früher – über 400 Jahre, bevor das hier gesagt wird. Dort steht eine ganz andere Geschichte, die wir dazulesen müssen, um Gottes Geduld besser zu verstehen.
Im Ersten Buch Mose, Kapitel 15, lesen wir ein Gespräch zwischen Gott und Abraham. Erste Mose 15, Verse 13 bis 16:
„Und er sprach zu Abram: Ganz gewiss sollst du wissen, dass deine Nachkommenschaft Fremdling sein wird in einem Land, das ihnen nicht gehört, und sie werden ihnen dienen, und man wird sie unterdrücken vierhundert Jahre lang. Aber ich werde die Nation auch richten, der sie dienen, und danach werden sie ausziehen mit großer Habe. Du aber wirst in Frieden zu deinen Vätern eingehen, wirst in gutem Alter begraben werden. Und in der vierten Generation werden sie hierher zurückkehren, denn das Maß der Schuld des Amoritas ist bis jetzt noch nicht voll.“
Gott prophezeit Abraham die Zukunft des Volkes Israel. Ein Teil dieser Prophezeiung ist, dass sie von vornherein vierhundert Jahre als Sklaven leben werden. Aber warum? Warum können Abraham und seine Nachkommenschaft das Land nicht gleich einnehmen, wenn Gott das so will? Die Antwort lautet: „Das Maß der Schuld des Amoritas ist bis jetzt noch nicht voll.“
Gott ist nicht launisch. Er wartet – in diesem Fall auf Kosten Israels – 400 Jahre. Er gibt den Amorittern eine Chance zur Umkehr. Erst wenn das Maß voll ist, übt er Gericht. Das müssen wir immer begreifen. Wenn Gott sagt, er sei gütig, langmütig und liebevoll, dann steckt dahinter, dass er vor dem Gericht wirklich wartet, geduldig sein kann.
Das Zweite, was wichtig ist zu verstehen: Wenn Gott liebt, kann er im Blick auf das Böse nicht einfach sagen, das interessiert mich nicht. Er muss dem Bösen entgegentreten. Das gehört einfach dazu. Ein Vater, der den Trotz seines Kindes einfach stehen lässt, ist nicht liebevoll. Ein Richter, der sagt: „Du bist schuldig, aber ich lasse dich heute laufen, weil ich so liebevoll bin“, ist nicht liebevoll. Er hat den Auftrag, die Schuldigen zu bestrafen. Ein Gott, der ein Volk, das sich im Bösen verstrickt, einfach gewähren lässt, ist im Blick auf das, was weltweit geschieht, auch nicht liebevoll.
Deshalb richtet Gott Völker. Es ist keine Willkür, sondern Liebe dahinter. Liebe, weil Gott das Ganze im Blick hat. Das war auch im Alten Testament nicht anders. Gott möchte sein ganzes Liebeswerk voranbringen. Er möchte ein Volk schaffen, aus dem der Messias kommt.
Dieses Volk wird in eine Situation hineingestellt, in der Götzendienst, Menschenopfer – das Stichwort Moloch steht hier im Hintergrund – und Kultprostitution an der Tagesordnung sind. Gott muss an dieser Stelle tatsächlich einen Schnitt machen, damit sein Volk überhaupt eine Chance hat. Und er macht diesen Schnitt aus Liebe. Deshalb richtet er, nachdem er lange gewartet hat, dieses Volk.
Wie heißt es in 5. Mose 7 weiter? Was ist der Grund, warum diese Völker gerichtet werden müssen? Zum einen ist ihre Schuld voll, zum anderen – und das ist eine zweite Seite der Liebe – heißt es in 5. Mose 7, Vers 4: „Denn er wird deinen Sohn von mir abwenden, dass er anderen Göttern dient.“
Wenn die Israeliten in dieser Umgebung als Volk groß geworden wären, wären sie sehr schnell vom Glauben abgefallen. Wer ein wenig die Geschichte Israels kennt, weiß, dass sie sowieso schnell abgefallen sind. Aber wenn hier nicht ein klarer Schnitt gemacht worden wäre, hätten sie überhaupt keine Chance bekommen.
Für uns bedeutet das: Es ist keine Liebe, wenn wir Sünde in der Gemeinde nicht richten und einfach sagen: „Ist doch egal, lass laufen.“ Im Gegenteil: Es besteht immer die Gefahr der Kontamination. Es besteht die Gefahr, dass man dem, der sündigt, gar nicht hilft.
Es ist nicht liebevoll, auf der einen Seite zu schnell hart durchzugreifen, aber es ist genauso wenig liebevoll, wenn man sagt: „Ach, lass ihn doch laufen, er wird schon merken, was er davon hat.“ Beides ist falsch.
Und wenn jemand Probleme hat mit dem Gott des Alten Testaments und sagt: „Ja, wo ist denn da die Liebe?“, dann möchte ich auf einen ganz profunden Kenner dieses Gottes hinweisen.
Es gibt jemanden im Alten Testament, der Gott richtig gut kennt und den Charakter Gottes einmal völlig frustriert so ausgedrückt hat: „Ich wusste, dass du ein gnädiger und barmherziger Gott bist, langsam zum Zorn und groß an Güte, und einer, der sich das Unheil gereuen lässt.“
Wer hat das gesagt? Genau, du hast richtig hingehört, das war Jona. Jona soll nach Ninive gehen, Jona soll dort Gericht predigen. Doch Jona denkt sich: „Nein, das mache ich nicht, weil wenn ich da hingehe und die wirklich böse tun, ich kenne doch meinen Gott: Er ist barmherzig, langsam zum Zorn und lässt sich das Unheil bereuen. Das will ich nicht.“
Jona kennt die Geschichte Israels. Immer wenn das Volk umgekehrt ist, hat Gott sofort wieder seinen Segen daraufgelegt. Sie sind erstickt im Segen. Und jetzt soll Jona nach Ninive gehen. Er denkt sich: „Ich bin doch nicht blöd. Ich will, dass die Nineviten endlich mal eins auf den Deckel kriegen.“
Bisher wohnten in Ninive die Assyrer, bekannt für ihre Grausamkeit. Und Jona sagt: „Ich möchte nicht, dass die eine Chance kriegen. Gott, du bist mir an der Stelle ein Stückchen zu weichherzig, du bist mir da viel zu lieb. Ich will das nicht.“ Und er rennt in die andere Richtung los.
Ihr kennt die Geschichte, dass Gott ihn dazu bringt, dann doch nach Ninive zu gehen. Dann zieht er da völlig unmotiviert durch die Stadt und predigt das Evangelium. Die Leute tun Buße in Sack und Asche, ja, ihre armen Kühe müssen gleich mit Buße tun.
Und Jona, als frustrierter Prophet, setzt sich an den Stadtrand, schaut zu, wartet, merkt, dass das Gericht nicht kommt, und denkt sich: „Hab ich’s doch gleich gewusst. Gnädig und barmherzig, langsam zum Zorn und groß an Gnade, vielen herzlichen Dank!“
Das ist wichtig, dass wir das verstehen. Man kann manchmal durch das selektive Lesen von Bibelversen ganz falschen Eindruck bekommen. Dann hört man so Sachen wie: „Altes Testament, Rache-Gott; Neues Testament, Liebes-Gott.“ Vergesst es! Altes Testament, Liebes-Gott; Neues Testament, Liebes-Gott.
Wir treffen immer wieder auf Stellen, die an der Stelle eine Spannung erzeugen.
Ich möchte mit euch zusammen eine Stelle aus dem Neuen Testament lesen, die uns das Konzept der Liebe verdeutlicht. Der erste Johannesbrief enthält sehr viele Aussagen über die Liebe, und wir können bei weitem nicht alles lesen.
Wir wollen uns eine einzige Stelle anschauen: 1. Johannes 4,16. Wer die grünen Bibeln verwendet, findet diese Stelle auf Seite 444.
Der Vers lautet: „Wir haben jeweils erkannt, dass Gott uns liebt, und wir glauben an seine Liebe. Gott ist Liebe, und wer in der Liebe lebt, der lebt in Gott, und Gott lebt in ihm.“
Aus diesem Vers möchte ich drei Dinge ableiten.
Das Erste, was ich ableiten möchte, ist: Wir haben jedenfalls erkannt, dass Gott uns liebt, und wir glauben an seine Liebe. Wer gläubig ist, hat verstanden, dass Gott ihn liebt. Ich glaube an Gottes Liebe.
Bevor ich gläubig geworden bin, bevor ich mein Leben Gott anvertraut habe, bevor er die Nummer eins in meinem Leben geworden ist, musste ich eines verstanden haben: Gott hat mich lieb. Das klingt vielleicht ein bisschen platt, aber ich denke, bei wirklich wichtigen Dingen kommt das manchmal etwas holprig rüber.
Ich schaue ans Kreuz und sehe, dass Gott am Kreuz für mich stirbt. Auch wenn unsere Vorstellungen von Liebe heutzutage ziemlich verzerrt sind: Wenn einer für einen anderen stirbt, dann gilt das auch heute noch viel. Gott stirbt, und Gott liebt mich.
Jetzt kommt der Alltag, mit den Ängsten, den Problemen, den Sorgen. Mein Kopf wird von allem Möglichen bedrängt, und ganz langsam verschwindet das Zentrum meines Glaubenslebens, das, was ich einmal verstanden habe. Aus einem „Gott liebt mich“ wird dann ganz schnell ein „Liebt Gott mich? Kann Gott mich noch lieben?“
Ich weiß nicht, wo du genau in diesem Moment stehst. Ich würde das gerne wissen – so ein Punkt auf der Stirn, grün, gelb oder rot, damit man sehen kann, wo jeder steht. Wenn ich dir sage „Gott liebt dich“, ist das etwas, worauf du antwortest: „Ja, das weiß ich ganz genau“? Oder sagst du: „Das ist im Moment zugeschüttet von Sorgen und anderen Dingen, das ist ganz weit weg. Theoretisch ja, aber ich kann es gerade nicht greifen. Sorry, im Moment ist das nicht möglich.“
Wenn das so ist, dann möchte ich es jetzt gerne mal hervorholen, von ganz unten rausholen und dir hinstellen und sagen: Hey, Gott liebt dich! Es ist ganz wichtig, dass du das festhältst. Das hast du am Anfang, als du gläubig geworden bist, verstanden. Sonst wärst du nie zu Gott umgekehrt. Und das darf dir nicht verloren gehen.
Es kann sein, ihr erlebt das in der Kindererziehung. Dort gibt es Momente, in denen meine Kinder meine Liebe nicht gespürt haben. Vielleicht, weil ich sie bestrafen musste oder weil ich nicht da war, weil ich woanders Vorträge gehalten habe. Oder weil ich sie dazu gebracht habe, Dinge zu lernen, die sie eigentlich noch gar nicht lernen wollten – wie Ordnung im Kinderzimmer.
Rückblickend können sie sagen: „Papa hat mich lieb gehabt. Jedes Mal, wenn er mir Grenzen gesetzt hat, hat er mich lieb gehabt. Da, wo er nicht da war, hat er andere Leute lieb gehabt, weil er Vorträge gehalten hat. Da, wo er mir etwas beigebracht hat, wollte ich das nicht, aber eigentlich hat er mich lieb gehabt, weil es heute gut ist, dass ich das kann.“
Rückblickend sehen wir oft diese Liebe. So geht es uns mit Gott auch manchmal. In der konkreten Situation sieht man die Liebe Gottes nicht mehr, man spürt sie nicht. Und trotzdem – ob Gott uns Grenzen setzt, ob er manchmal weg zu sein scheint oder ob er uns einfach Dinge lernen lässt, bei denen wir nicht wissen, warum wir sie gerade lernen sollen – eines dürfen wir wissen: Gott liebt mich ganz einfach.
Ich muss das nicht immer spüren, ich muss das, was er tut, nicht immer begreifen. Aber ich darf wissen: Gott liebt mich. Wenn der Gedanke hochkommt „Liebt Gott dich wirklich?“, dann darfst du wissen, dass das einfach eine Lüge ist.
Gott liebt dich. Die Frage ist irrelevant: Gott liebt dich.
Ich möchte dich als Erstes aus diesem Vers bitten, genau das festzuhalten: Gott liebt dich. Ich weiß, wie schwer das ist, wenn man es nicht spüren kann. Gerade diejenigen unter uns, die schwierige Erfahrungen im Elternhaus gemacht haben, wo Väter sich nicht so verhalten haben, wie es richtig gewesen wäre, haben es oft schwer, dass dieser Gedanke so schnell verschwindet.
Ich möchte einfach sagen: Gott liebt dich.
Das Zweite, was wir auf Seite 444 in dem Text lesen, möchte ich noch einmal vorlesen, damit wir es besser vor Augen haben. Es ist aus 1. Johannes 4,16:
„Wir haben jedenfalls erkannt, dass Gott uns liebt, und wir glauben an seine Liebe. Gott ist Liebe, und wer in der Liebe lebt, der lebt in Gott, und Gott lebt in ihm.“
Der zweite Punkt ist: Gott ist Liebe. Er ist nicht nur liebevoll, sondern er ist Liebe selbst.
Wenn wir in dieser etwas verrückten und verkehrten Welt wissen wollen, was Liebe wirklich bedeutet, dann müssen wir uns anschauen, was Gott sagt und tut.
Habt ihr euch schon einmal die Frage gestellt, warum Gott Gebote gibt? Ich finde diese Frage sehr interessant. Warum gibt Gott eigentlich Gebote?
Sie sind keinesfalls dazu da, uns zu gängeln – also nicht nach dem Motto: Gott hat Spaß an Regeln, die eigentlich blöd und falsch sind, aber er will sie trotzdem durchsetzen, damit wir uns nicht so frei entfalten können, wie wir eigentlich könnten.
Das stimmt nicht. Ganz im Gegenteil ist das Gegenteil der Fall.
Ich habe euch ein Zitat auf die Predigtnotizen gedruckt, aus einem Buch mit dem Titel „Ethik“ von Thomas Schirmacher. Dort heißt es:
„Weil die Liebe Sinn und Inhalt des Gesetzes ist, bedeutet Liebe automatisch auch das Ernstnehmen der Gebote Gottes. Gott selbst hat uns offenbart, was Liebe konkret heißt. Deswegen entscheiden nicht Menschen darüber, was sie jeweils für Liebe halten, sondern Gott offenbart, was echte Liebe ist. Wer von Liebe oder von Nächstenliebe spricht und gleichzeitig die Gebote Gottes missachtet, meint nicht Gottes Liebe, sondern seine eigene.“
Gott ist Liebe, und da, wo er uns begegnet, begegnet uns Liebe. Es ist ganz wichtig, dass wir das nicht vergessen.
Dort, wo wir sündigen, ist das immer ein Angriff auf Gottes Charakter. Es ist letztlich immer ein Vergehen am Gebot der Liebe.
Weil Gott Liebe ist, will er dich persönlich prägen. An einer Stelle im Neuen Testament heißt es, wir sind sein Kunstwerk.
So wie ein Bildhauer eine wunderschöne Statue formt, hat Gott uns ganz persönlich gemacht – als ein Kunstwerk.
Und wisst ihr wozu? Damit wir lieben. Dazu sind wir da.
Gott hat dich als etwas ganz Besonderes geschaffen, damit du lieben kannst. Das ist deine persönliche und auch meine persönliche Herausforderung.
Und noch etwas, was hier steht: Der dritte Punkt aus Johannes 4, Vers 16 – ich lese noch einmal vor – ist einfach so schön. Wir haben jedenfalls erkannt, dass Gott uns liebt, und wir glauben an seine Liebe. Gott ist Liebe, und wer in der Liebe lebt, der lebt in Gott, und Gott lebt in ihm.
Ich möchte auf diesen letzten Punkt noch einmal eingehen. „Gott in ihm und er in Gott“ – so beschreibt Johannes diese persönliche, intime Beziehung zwischen dem Gläubigen und seinem Gott. Eine intakte und intime Beziehung zu Gott setzt voraus, dass wir Liebe leben. Liebe muss die treibende Kraft in unserem Leben sein. Sie soll unser Erkennungszeichen werden, die Motivation hinter allem, was wir tun.
Ich möchte euch nur zwei Beispiele bringen, um zu zeigen, dass das wirklich so ist. Gott setzt seinen Schwerpunkt einfach auf dieses Thema. Der Rest ist ihm fast ein Stück weit egal.
Dann nehmen wir mal Petrus. Petrus ist einer, ja, wir kennen ihn – das mit dem Hahnenschrei, oder? Der arme Kerl. Jesus sagt zu ihm: „Du wirst mich verleugnen.“ Und er antwortet: „Oh, niemals! Wo denkst du hin? Ich doch nicht.“
Okay, eine halbe Nacht später sitzt er an einem Feuer im Hof des Hohenpriesters. Jemand fragt: „Hey, gehörst du auch zu diesen Jüngern von Petrus, zu diesen Jüngern von Jesus?“ Und Petrus sagt: „Ich? Nein, wo denkst du hin?“ Doch die Person beharrt: „Ich habe dich doch gesehen.“ Petrus verneint weiter: „Nein, wo denkst du hin? Du hast doch auch was mit diesem Jesus zu tun.“ „Nein, niemand.“ Das ist Petrus. Er verleugnet schlichtweg: „Ich habe nichts mit diesem Jesus zu tun.“
Was würdest du mit jemandem machen, der sagt, er habe mit der Sache nichts zu tun? Der dich verleugnet, der dich vor anderen Leuten einfach ignoriert? Wohlgemerkt, Jesus ist im gleichen Hof. Er sieht ihn noch. Was machst du mit so einem Kerl?
Nun, lesen wir einen Dialog, der zwischen dem auferstandenen Jesus und Petrus stattfindet. Dieser Dialog steht im kleinen Grünen auf Seite 214, im Johannes-Evangelium, Kapitel 21, Verse 15-17:
Als sie gefrühstückt hatten, sagte Jesus zu Simon Petrus: „Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich mehr als die anderen?“
„Gewiss, Herr“, antwortete Petrus, „du weißt, dass ich dich lieb habe.“
„Dann weide meine Lämmer“, sagte Jesus.
Jesus wiederholte die Frage: „Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich?“
„Ja, Herr“, antwortete Petrus, „du weißt, dass ich dich lieb habe.“
„Dann hüte meine Schafe“, sagte Jesus.
Noch einmal fragte er ihn: „Simon, Sohn des Johannes, hast du mich lieb?“
Petrus wurde traurig, weil Jesus ihn zum dritten Mal fragte, ob er ihn lieb habe, und sagte:
„Herr, du weißt alles, du weißt, dass ich dich lieb habe.“
„Dann sorge für meine Schafe“, sagte Jesus.
Merkst du, worauf Jesus den Schwerpunkt legt? Was ihn interessiert? Er möchte eine Sache wissen: „Sag mal, Petrus, hast du mich lieb?“ Er möchte diesen Mann als den Fels für seine Gemeindegründungsarbeit einsetzen.
Sechs, sieben Wochen später wird Petrus an Pfingsten eine Predigt halten, durch die dreitausend Menschen zum Glauben kommen und die Gemeinde Gottes entsteht – die neutestamentliche Gemeinde Gottes.
Und was interessiert Jesus an dieser Stelle? Interessiert es ihn, ob Petrus sündlos war? Nein! Das ist genau derjenige, der ihn ein paar Tage vorher verleugnet hatte.
Interessiert es ihn, ob Petrus gut reden kann? Ob er so ein Verkäufercharakter ist, der die Sachen an den Mann bringt? Wer die Geschichte von Petrus kennt, weiß, dass es niemanden im Neuen Testament gibt, der mehr Blödsinn redet als Petrus unter den Jüngern. Er hat immer als Erster den Mund aufgemacht und mal war es gut, öfter mal nicht so gut.
Worauf kommt es Jesus an? Auf genau einen Punkt. Und den bringt er so tief, dass er auch uns treffen darf: Hast du Jesus lieb?
Denn das ist die Frage, die du mit „Ja“ beantworten musst. Wenn du sie das dritte Mal hörst, musst du innerlich merken: „Jetzt hör bitte auf, ich kann die Frage nicht mehr hören, ja, ich habe dich wirklich lieb.“
Möchtest du, dass Gott dich gebraucht? Ein Punkt ist wichtig: Du musst den Herrn lieb haben. Das ist entscheidend.
Das ist das, was ich hier aus diesem einfachen, simplen Text herauslese. Und...
Das andere gilt auch. Ich möchte es mal etwas flotter formulieren: Wann wird Gott besonders ärgerlich? An welcher Stelle macht er überhaupt nicht mit? Immer dann, wenn es an Liebe mangelt.
Im Johannes-Evangelium lese ich euch die Stelle einfach mal vor. Dort spricht Jesus zu seinen Jüngern darüber, woran man sie erkennen soll – diese Jesusnachfolger. Da heißt es: „Ich gebe euch jetzt ein neues Gebot: Liebt einander! Genauso, wie ich euch geliebt habe, sollt ihr einander lieben. An eurer Liebe zueinander werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid.“ (Johannes 13)
An der Liebe, die wir untereinander haben, werden die Leute erkennen, dass wir Jünger Jesu sind.
Okay, wir kommen alle aus einem Hintergrund, aus einer Gesellschaft, in der das gilt, was in Matthäus 24 steht: Die Liebe der meisten erkaltet. Gefühllosigkeit, Grausamkeit und ein Mangel an natürlicher Liebe, so wie die Bibel es prophezeit hat, breiten sich tatsächlich aus.
Das, was uns Hollywood-mäßig als Liebe verkauft wird, hat mit wirklicher Liebe nicht mehr viel zu tun. Wenn wir uns nicht daran machen, Liebe von der Bibel her zu lernen, werden wir wahrscheinlich gar nicht mehr verstehen, was Liebe eigentlich ist.
Und jetzt, in so einer Situation, sagt Jesus: Ich möchte aber, dass ihr diesen miesen Weg nicht mitgeht. Ich möchte, dass ihr einen Gegenentwurf lebt, sodass man euch an der Liebe zueinander erkennt.
Und jetzt zu meinem Negativbeispiel:
Stellt euch eine Gemeinde vor, in der es zwei Arten von Christen gibt: die, die etwas mehr haben, und die, die etwas weniger besitzen. Ich nenne sie mal die Oberschicht und die Unterschicht. Diese wollen gemeinsam Abendmahl feiern oder Brotbrechen. Man hat sich also verabredet, an einem bestimmten Tag zusammenzukommen und das Brotbrechen zu feiern.
Die Reicheren kommen ein bisschen früher, denn sie müssen weniger arbeiten. Sie haben ja ihre Angestellten. Jeder bringt so seinen Picknickkorb mit. Da man ohnehin schon beieinander ist, lässt man sich das Essen ganz gut schmecken.
Als dann die Armen kommen, die gerade noch auf die letzte Minute hereinschlüpfen, sind die, die früher da waren, schon satt, zufrieden und leicht angeheitert. Sie haben vielleicht ein Glas Wein zu viel getrunken. So feiert man also das Brotbrechen.
Auf der einen Seite sitzen die armen Geschwister, die nichts haben, deren Magen knurrt und die es gerade so geschafft haben, pünktlich zu kommen. Auf der anderen Seite sitzen die wohlgenährten, zufriedenen und schon etwas glasigen Gäste.
Wisst ihr, was Gott dazu sagt, wenn so etwas passiert? Die von mir geschilderte Situation finden wir in der Bibel. Wenn das passiert, beurteilt Gott die Lage folgendermaßen: Er richtet die Reichen und wirft ihnen vor: Verachtet ihr die Gemeinde Gottes und wollt die beschämen, die nichts haben?
In 1. Korinther 11 heißt es: „Verachtet ihr die Gemeinde Gottes? Ihr kommt zum Brotbrechen zusammen, wo ihr so schön zum Ausdruck bringt, wir sind alle eins, wir nehmen alle von dem Brot, Jesus ist für uns alle gestorben, wir gehören alle zum selben Leib, wir sind eine Gemeinde. Aber ich werde meine Gedanken, ich werde nichts abgeben von meinem Picknickkorb. Ich werde auch dafür sorgen, dass nichts übrig bleibt. Ich weiß ja, dass du immer später kommst, aber ich kümmere mich nicht darum.“
Gott sagt: Wer so lebt, ganz praktisch so lebt, der verachtet die Gemeinde Gottes.
Was mich erschreckt, ist, wie Gott an dieser Stelle vorgeht. Ich lese euch mal aus demselben Kapitel den Vers 30 vor, 1. Korinther 11,30: „Aus diesem Grund sind ja so viele von euch schwach und krank, und nicht wenige sind schon gestorben.“
Gott will Liebe. Wenn eine Gemeinde Liebe nicht lebt, wenn in einer Gemeinde so ein Schichtendenken herrscht – ich bin besser als die anderen –, wenn die Reichen, die Unabhängigen, mit den anderen nichts zu tun haben wollen und das nur an einer Stelle zum Ausdruck bringen, indem sie nicht bereit sind, ihren Picknickkorb zu teilen, dann ist das ein Problem.
Es gibt tausendundeine Variante, wie man mangelnde Liebe oder, neudeutsch ausgedrückt, Gleichgültigkeit zeigen kann. Gott sagt: Ich bin nicht bereit, in meiner Gemeinde Gleichgültigkeit und einen Mangel an Liebe zu dulden. Gott wird immer sein Gericht über das Haus Gottes bringen. Dort gibt es Schwäche, Krankheit und Tod.
Für uns ist 1. Korinther 11 ein starker Tobak. Wir kommen aus einer Zeit, in der der Individualismus großgeschrieben wird. Wenn du nur dich selbst verwirklichst und nicht grob die Gebote übertrittst, ist alles in Ordnung, und alle finden dich toll.
Jetzt kommt Gott und dreht das um. Er sagt: Ich finde das nicht toll. Ich finde es nicht gut, wenn du deinen Individualismus lebst und dein Ding einfach durchziehst. Ich möchte, dass du dir ein anderes Vorbild nimmst.
Wir alle sind froh, dass Jesus, als er auf die Erde kam, nicht seinen Individualismus durchgezogen hat und gesagt hat: „Ich mache hier meins.“ Wir sind alle froh, dass er für uns gestorben ist, dass er für die Schuld der Menschheit ans Kreuz gegangen ist, um einen Neuanfang für jeden Menschen zu schaffen. Das gefällt uns.
Jetzt kommt Jesus und sagt: Wenn dir das gefällt, dann möchte ich persönlich, dass du genau so lebst. Dass dein Blick sich nicht mehr um dich dreht, sondern dass dein Blick weg von dir sich um die anderen dreht.
Wahnsinn, oder? Wie wichtig ist Liebe? Liebe ist absolut das Wichtigste. Gott will Liebe, Gott sucht Liebe, und Gott wird es nicht dulden, dass in seiner Gemeinde Lieblosigkeit und Gleichgültigkeit einziehen.
Auf der ganz praktischen Ebene wird er es einfach nicht dulden.
Und deswegen noch ganz kurz die zweite Frage: Was ist denn jetzt Liebe? Die Antwort lautet: Liebe ist Tat, einfach Tat.
Ohne Liebe heißt es im Neuen Testament: Bin ich mit meinem Dienst, mit meinen Begabungen, mit meinem Einsatz, mit meinem Erfolg ohne Liebe, bin ich, auch wenn ich all das habe, nichts. Du kannst vielleicht ein toller Prediger sein, ein genialer Seelsorger, du kannst deinen Job aufgeben, um Missionar zu werden. Du kannst Menschen vielleicht die Bibel so gut erklären, dass sie sich sogar bekehren. Doch wenn deine Motivation nicht Liebe ist, gilt das vor Gott gar nichts.
Ohne Liebe ist dein Dienst, deine Begabungen, dein Einsatz, jeder Erfolg, den du vorweisen kannst, nichts. Deswegen ist dieses Thema so wichtig. Wir schauen doch ganz schnell darauf, wie jemand lebt und was hintenheraus dabei herauskommt – so dieses Erfolgsdenken. Aber Gott interessiert das überhaupt nicht.
Gott stellt eine ganz andere Frage: Sag mal, wie sieht es in deinem Herzen aus? Warum machst du das eigentlich alles? Ich weiß nicht, ob ihr noch bereit seid, diese Frage wirklich an euch heranzulassen. Boris, warum machst du Kleingruppenleiterarbeit? Guido, warum machst du Technik? Jörg, warum spielst du Gitarre? Renate, warum backst du Kuchen? Ich habe hier mal willkürlich einige Beispiele herausgegriffen.
Wenn diese Frage uns nicht mehr antreibt, wenn wir uns nicht mehr ehrlich fragen dürfen, warum wir das tun, dann haben wir nicht verstanden, worum es im Christsein geht. Dann ist Christsein für uns eine Philosophie geworden, bei der wir Regeln haben, die wir einhalten und hinter denen wir Häkchen setzen. Und dann fühlen wir uns vielleicht toll, weil wir zu einer Gruppe dazugehören. Aber das interessiert Gott nicht.
Gott will Liebe. Gott will dein Herz. Gott will, dass du dich von der Liebe, die Gott für dich hat, anstecken lässt. Ich habe es nicht gemacht, dieses Ding angesteckt, weil es hier das gehört uns nicht, insofern wäre das jetzt wirklich peinlich. Aber Gott möchte quasi mit so einer Fackel herangehen, und dieser Ständer, das ist dein Herz. Er möchte es anstecken, damit es lichterloh brennt – damit die Liebe, die er hat, in deinem Herzen brennt. Das ist sein Ziel.
Und das ist viel wichtiger, als dass du ständig darauf schaust: Was kann ich? Wer bin ich? Welche Begabungen habe ich? Welche Erfolge kann ich vorweisen? Um es anders auszudrücken: Dein Charakter interessiert Gott viel mehr, viel mehr als die Ergebnisse deines Lebens. Gott will zuerst dein Herz und deinen Charakter formen.
Was ist Liebe? Liebe ist konkret. Sie ist keine Gefühlsduselei oder eine nebelige Blase. Liebe ist Verpflichtung, Liebe ist eine Willensentscheidung, Liebe ist Tat. Liebe hat auch etwas mit Gehorsam zu tun. Doch Liebe ist viel mehr als das bloße Halten von Geboten, weil sie den anderen als Person im Blick hat. Das hat mit Verzicht und Opfer zu tun. Wer liebt, der hasst das Böse.
Liebe ist das Gegenstück zu Egoismus oder einem Leben nach dem Lustprinzip. Auch wenn ich bei eurer Hochzeit schon einmal den 1. Korinther 13 gepredigt habe, möchte ich diesmal ganz kurz darauf eingehen. Es ist einfach wunderbar, in 1. Korinther 13,4-7 zu sehen, wie Gott sich Liebe vorstellt.
Ich bringe die elf Punkte, die dort genannt werden, einfach mal stakkatomäßig hintereinander:
Erstens, 1. Korinther 13,4-7: Liebe hat Geduld. Wer liebt, ist geduldig. Sie gibt dem anderen Zeit, sich zu entwickeln. Sie ist langmütig und geht nicht sofort in die Luft.
Zweitens, echte Liebe, so wie Gott sie sich vorstellt, ist gütig. Sie kümmert sich und sucht nach Möglichkeiten, dem anderen Gutes zu tun. Sie heißt ihn willkommen, schenkt ihm Nähe, Wärme und Herzlichkeit.
Dritter Punkt: Liebe kennt keinen Neid. Sie ignoriert und bekämpft das Gefühl der Eifersucht und freut sich an dem, was der andere besser kann.
Echte Liebe macht sich nicht wichtig. Das ist der vierte Punkt. Sie prahlt nicht, spielt nicht den Angeber und brüstet sich nicht mit eigenen Leistungen. Eigentlich macht sie genau das Gegenteil: Sie stellt den anderen ins Rampenlicht.
Fünfter Punkt: Liebe bläht sich nicht auf, sie ist nicht hochmütig. Sie denkt nicht höher von sich, als es gut ist. Sie sollte auch keine Duckmäuserin sein, aber hier geht es darum, dass jemand größer von sich denkt – das macht Liebe nicht. Anders ausgedrückt: Ein Wichtigtuer ist jemand, der nicht liebt.
Sechster Punkt: Liebe ist nicht taktlos. Sie ist höflich, rücksichtsvoll und weiß, wie man sich benimmt.
Siebter Punkt: Die Liebe sucht nicht sich selbst. Sie dreht sich nicht um die eigenen Interessen, um den eigenen Selbstwert, die Selbstverwirklichung oder den eigenen Gewinn. Echte Liebe dreht sich um den anderen.
Achter Punkt: Liebe lässt sich nicht erbittern. Sie lässt sich nicht zum Zorn reizen. Sie stellt nicht die Fragen: „Wie konntest du mir das antun?“, „Wie konntest du mich so enttäuschen?“, „Hätte ich nicht von dir gedacht!“, „Wie kannst du so…?“ Solche Fragen sind kein Ausdruck von Liebe.
Neunter Punkt: Die Liebe trägt das Böse nicht nach. Sie führt kein Sündenkonto, um es irgendwann wieder aufzuschlagen und zu sagen: „Ich habe da auch noch etwas, was ich schon immer mal sagen wollte.“
Zehnter Punkt: Die Liebe freut sich nicht, wenn Unrecht geschieht, sondern freut sich, wenn die Wahrheit siegt. Sie empfindet keine Schadenfreude und zieht keinen Vorteil daraus, dass ein anderer einen Fehler macht. Liebe kann den bösen Dingen keine guten Seiten abgewinnen.
Elfter Punkt: Die Liebe erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie erduldet alles. Anders gesagt: Für echte Liebe gibt es keine Situation, in der sie überfordert wäre oder in der sie nicht gewachsen wäre.
Ich verbinde bei Liebe Beharrlichkeit und Hartnäckigkeit in der Gegenwart mit absolutem Zutrauen in die Zukunft. An solcher Liebe kann sich nichts entgegenstellen. Lebensumstände können sie nicht in die Knie zwingen, sie verliert nie den Glauben und gibt nie auf.
Und wenn ich das vorlese, dann rutscht mir selbst das Herz in die Hose, weil ich an meine letzte Woche denke. Konkret denke ich an einen Streit mit meiner Frau. Ich weiß nicht, wie viele von diesen Punkten ich an dieser Stelle mit meinem Leben durchgestrichen habe.
Ich kann doch nicht hier vorne stehen und das predigen, ohne zu sagen: Wir alle haben in der letzten Woche an dieser Liebe versagt.
Wenn ich das jetzt predige, dann hört das bitte nicht als einen Zeigefinger, von wegen „du musst“. Lass es mich so sagen: So lieben kann nur der, der Gott in sich trägt. Wenn der Gott der Liebe nicht in uns wohnt, wenn er uns seine Liebe nicht geschenkt hat, wenn das nicht Realität ist, wenn diese Beziehung zu Gott nicht da ist, wenn Vergebung der Sünden nicht da ist, wenn es nicht Gottes Liebe in uns ist, werden wir aus eigener Kraft niemals in der Lage sein, so zu lieben.
Aber wenn das der Fall ist, wenn Gott in uns lebt, wenn, wie es in Römer 5 heißt, er seine Liebe in unsere Herzen ausgegossen hat durch den Heiligen Geist, dann ist diese Liebe hier auf der einen Seite natürlich ein Ideal – so leben wir noch nicht.
Aber dann darf ich euch Mut machen, in der nächsten Woche diese Liebe wieder zum Vorbild zu nehmen und zu sagen: Ich mache das heute neu fest. Ich werde auf diese Liebe, auf diesen Charakter weiter zuwachsen. Ich werde es Gott zulassen, dass er in mir das hervorbringt, dass es wirkt, dass Jesu Charakter – Jesus hat diese Liebe gehabt – in mir Gestalt gewinnt.
Ich wünsche euch, dass ihr das ein Stück froh lesen könnt, nicht als dieses „Boah, da bin ich ja noch so ewig weit weg“, sondern dass ihr sagt: Ja, in der nächsten Woche möchte ich ein besserer Liebender werden. Ich möchte jemand sein, der das wirklich besser lernt.
Und ich werde in meinen Beziehungen hinschauen, ich werde es mir anschauen und überlegen, an welcher Stelle ich meine Beziehungen besser und anders leben kann.
Und wir haben heute einen Auftrag. Das ist mein letzter Gedanke: Wir haben einen Auftrag im Hebräerbrief, Kapitel 10. Auf Seite 415, in dem kleinen Grün, heißt es in Vers 24 und Vers 25:
„Und lasst uns aufeinander Acht haben und uns gegenseitig zur Liebe und zu guten Taten anspornen. Deshalb ist es wichtig, unsere Zusammenkünfte nicht zu versäumen, wie es sich leider einige schon angewöhnt haben.“
Wenn wir heute hier zusammen sind, dann habe ich einen Wunsch. Wir werden das in den kleinen Gruppen, denke ich, auch machen. Aber ich wünsche mir, dass wir zusammenkommen mit der Idee im Kopf: Ich kann dir helfen, mehr zu lieben. Du musst nicht nach Hause gehen, so wie du hergekommen bist. Und andersherum: Du kannst einem anderen helfen, mehr zu lieben.
Nochmal, deshalb – nein, davor: „Und lasst uns aufeinander achten und uns zur gegenseitigen Liebe anspornen.“ Lasst uns anspornen.
Wenn du dich jetzt mit Leuten unterhältst, kannst du an der Stelle tatsächlich sagen: „Hey, wie kann ich dir helfen? Wie kann ich dich anspornen, mehr zu lieben? An welcher Stelle hängt das bei dir?“ Wir sind nicht dazu verdammt, belanglose Gespräche nach dem Gottesdienst zu führen. Wir können einander helfen.
Ich glaube, an diesem Punkt kommt es massiv darauf an. Wenn wir das nicht schaffen: Mitten in dieser Streitsituation mit meiner Frau ist Markus zu uns gekommen. Er hat einfach den Fokus wieder zurechtgerückt, nicht viel gesagt, einfach nur gezeigt: „Hey, worum geht es eigentlich?“ Es war gut, einfach richtig gut.
Und das ist das, was wir machen können: Wir können einander den Fokus wieder gerade rücken. Wenn du das Problem hast, dass du Gottes Liebe gerade nicht spürst und gar nicht weißt, ob Gott dich liebt, dann lass dich von niemandem entmutigen.
Wenn du sagst: „Ich hänge an der und der Stelle. Ich weiß gar nicht, wie ich – was weiß ich – meine Arbeitskollegin, meinen Nachbarn, ach was weiß ich – wie ich da rangehen soll, wie sieht denn da Liebe aus?“ Dann frag mal jemanden. Vielleicht hat jemand Erfahrungen gemacht.
Aber lasst uns an der Stelle aufpassen: Liebe ist das Zentrum. Und deswegen müssen wir an der Liebe arbeiten.
Ich werde noch beten.
Vater im Himmel, wir danken dir dafür, dass du eine Welt geschaffen hast, in der Liebe regieren soll. Heute Nachmittag wollen wir dir das bekennen. Wir möchten an dieser Aufgabe mitarbeiten. Wir wollen Menschen werden, die lernen zu lieben – so zu lieben, wie du es möchtest. Menschen, die ihre eigenen Vorstellungen von Liebe über Bord werfen. Menschen, die lernen, Liebe zu geben und es auch zulassen, dass sie geliebt werden. Menschen, deren Charakter von Liebe geprägt ist.
Wir bitten dich, dass du uns aufzeigst, an welchen Stellen wir mit falschen Motiven vielleicht die richtigen Dinge tun. Hilf uns zu erkennen, ob wirklich Liebe uns antreibt. Wo das nicht der Fall ist, oder letzte Woche nicht der Fall war, bitten wir dich um Vergebung, Herr. Wir bitten dich, uns neu Gnade zu schenken, damit wir den Blick auf die Liebe haben.
Hilf uns, Herr, auch mit dem, was bei den Korinthern passiert ist – diese Spaltungen innerhalb der Gemeinde, die Lieblosigkeit im Umgang miteinander, die Gleichgültigkeit. Wenn es bei uns Ansätze dazu gibt, dann bitte ich dich, dass wir diese überbrücken. Bitte gib uns Gnade und weise uns darauf hin.
Amen.
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