Unterschiedliche Rollen im Dienst: Gemeindegründer und Ältester
Vielleicht kann er noch ein paar Fragen beantworten.
Eine Frage: Kann ein Gemeindegründer Ältester werden und dann weitergehen, wenn andere Älteste noch gefunden werden oder so? War Paulus Ältester?
Ja, ich persönlich glaube, dass wir manchmal vielleicht ein wenig zu komplexe Wege suchen. Ich glaube, ein Missionar, der zur Gemeindegründung berufen ist oder der da ist, um Menschen Jesus zu bringen, ist vor allem mit Ungläubigen beschäftigt. Ein Ältester hingegen ist mit der lokalen Gemeinde beschäftigt, in der er als Ältester gewählt wurde. Ich glaube, das sind zwei verschiedene Ziele im Leben.
Es besteht immer die Tendenz, dass, wenn man Missionar ist und Gläubige gewinnt, man dann plötzlich Ältester oder Pastor wird. Man bleibt dann sitzen oder stehen, hat verschiedene Rollen und geht vielleicht später doch wieder weiter.
Mir scheint, dass wir manchmal die verschiedenen Gaben und Ämter zu fest voneinander trennen wollen. Ich glaube, am Anfang eines Gemeindegründungsarbeiters ist der Gemeindegründer einfach ein Diener. Er macht alles, auch das, was er nicht sehr gut kann. Aber da niemand anderes es macht, tut er es einfach. Er dient und ist gleichzeitig Evangelist, Seelsorger, Begleiter, Kinderarbeiter, Gitarrenspieler, Volleyballspieler und vieles mehr.
Er tut alles, was möglich ist und was notwendig ist, um mit Menschen in Kontakt zu kommen und das Evangelium weiterzugeben. Oft wirst du im Dienst Verschiedenes tun, wobei du immer wieder sagen musst: „Ich mache das jetzt, weil es erledigt werden muss.“ Du machst es so gut, wie du kannst, und wirst immer wieder merken, wie Gott wunderbar hilft, dass es noch besser wird, als du denkst.
Die geistliche Haltung und Verantwortung eines Ältesten
Älteste in einer Gemeinde – du weißt, was das ist, nicht wahr? Du kennst die Briefe an Timotheus und Titus, du kennst das Neue Testament. Dort geht es vor allem um eine geistige Haltung, um einen Charakter, der diese geistige Haltung trägt. Es geht um Verantwortung, um ein gewisses Familienleben und auch um verschiedene Gaben, die dazu dienen, die Lehre in der Gemeinde weiterzugeben.
Ich glaube, es ist wichtig, so wenig wie möglich verschiedene Ämter auf einmal zu übernehmen. Ich war immer dankbar, dass ich nie Ältester war. Für mich war es eine Freude als Missionar, Älteste schulen zu können und ihnen den Raum zu geben, während ich mich zurückziehen konnte. Das Schönste für einen Missionar ist es, im Gemeindeleben als ganz normales Gemeindeglied zu sein, zu sehen, wie alle zusammenkommen, wie sie leiten, führen und weitermachen. Vorwärts gehen und sich immer wieder zurückziehen.
Ich glaube nicht, dass Paulus nur Ältester war. Ich sehe nicht genau, wo das in den Briefen steht. Vielleicht hat das jemand anders gesehen, dann kann er mir helfen. Aber ich finde keine klare Stelle, an der Paulus als Ältester bezeichnet wird. Eher könnte man das von Petrus sagen, weil er einen regionalen Dienst hatte, mit seiner Familie, und dort mehr diesen Dienst ausübte.
Man könnte es vielleicht auch eher im gewissen Sinne von Jakobus sagen. Er war ja Vorsteher in Jerusalem und praktisch der Ratgeber für die Gemeinde. Das ist ziemlich interessant, wenn man an Apostelgeschichte 15 denkt, wo Probleme auftauchen und man den Herrn Jakobus fragt, was er dazu meint. Was er sagt, wird unterstrichen als das, was wir miteinander tun sollen. Das ist bemerkenswert.
Aber es waren immer Männer, die nicht versucht haben, einen Platz zu beanspruchen, sondern Männer, die durch ihre Haltung, ihren Charakter und ihre Geistlichkeit einfach zu Seelsorgern und Ratgebern geworden sind.
Die Komplexität theologischer Fragen und die Spannung in der Bibel
Okay, ich hoffe, die Frage ist etwa beantwortet. Dann gibt es eine theologische Frage, bei der ich zugeben muss, dass ich ein schlechter Theologe bin. Es geht um das Menschenbild: Ist der Mensch dreiteilig, also Geist, Seele und Körper, oder ist er nur zweigeteilt, nämlich Seele unter Geist und Körper? Was ist richtig? Und ist diese Frage überhaupt wichtig? Das steht da, ich habe nicht weiter dazu gelesen. Für diesen letzten Satz bin ich dankbar.
Ich habe nicht den Mut zu antworten, weil ich nicht möchte, dass wegen solchen Fragen Streit entsteht. Ja, ich glaube, ich habe geantwortet. Auf alle Fälle scheint es mir, dass es verschiedene Gebiete gibt. Vielleicht muss ich das sagen: Es gibt verschiedene Fragen in der Bibel, die sehr kompliziert werden, wenn wir eine systematische Theologie entwickeln, das heißt, wenn wir versuchen, ein Glaubenssystem aufzubauen. Dann können wir nicht immer alle Texte verwenden, weil sie nicht genau ins System passen.
Gute Theologen lassen diese Texte dann einfach beiseite, so dass man gar nicht merkt, dass sie ausgelassen wurden. Das ist das Problem der systematischen Theologie. Ich glaube, der biblische Text ist ein Text voller Spannungen. Und all diese Spannungen sind ganz, ganz nötig, denn sie geben uns Dynamik und Kraft, um zu Gott zu kommen.
Blaise Pascal, unser Philosoph und Mathematiker aus Frankreich, hat gute Gedanken geschrieben. Er sagte in einem seiner Gedanken, dass Gott dem Geist nicht die nötige Klarheit gegeben hat, damit der Mensch seinen Willen einsetzen kann, um Gott zu finden. Gut, oder? Er war Franzose, ja?
Und das ist so. Schau mal: Du kannst nächsten Sonntag eine Predigt über das Gebet halten. Am Ende der Predigt wissen alle, dass man Tag und Nacht beten muss. Du hast nur Bibeltexte genommen. Alle gehen raus und beten Tag und Nacht, ununterbrochen. Deine Predigt war biblisch.
Nächsten Sonntag predigst du über Texte, in denen Gott sagt: „Bevor ihr redet, kenne ich eure Gedanken. Ich habe schon alles für euch bereit. Ich bin euer Vater, ihr sollt euch keine Sorgen machen, denn ich kenne eure Gedanken, bevor ihr sie äußert.“ Alle gehen raus und denken: Wir brauchen ja gar nicht zu beten, Gott weiß ja alles.
Und beide Predigten sind biblisch. Das ist doch ein Problem. Mir scheint, das ist so wie der Strom. Du hast ein Auto, vielleicht keinen Ferrari, aber ein Auto. An diesem Auto ist eine Batterie – wie heißt das? Strombatterie, ja. Dort sind Plus und Minus. Und weil Plus und Minus da sind, kann diese Kraft deinen Anlasser drehen lassen, und dein Motor startet.
Aber da ist eine Spannung zwischen Plus und Minus. Diese Spannung braucht es, damit die Kraft deinen Motor anlassen kann. Genau das findest du in verschiedenen Prinzipien in Gottes Wort: diese Spannung. Ich bin nicht der Typ, der in der Bibel fertige Schemata sieht, so einfach, wie man sie vielleicht in der systematischen Theologie findet.
Eine der Spannungen, die immer wieder da ist, ist die Frage: Was hat Gott vorgesehen, und was muss ich tun? Wie weit zeigt er mir seinen Willen, und was darf ich selbst überlegen? Wie breit ist der Weg des Plans Gottes für mein Leben? Ist das ein Faden oder eine Autobahn, auf der ich spazieren kann?
Diese Fragen sind da, damit ich in dieser Spannung bleibe, um mit ihm zu reden. Für mich ist die Bibel das wunderbare Gotteswort, das so klar ist, dass ich es nötig habe, immer wieder Licht von ihm zu bekommen – täglich. Das heißt: Sie ist nicht klar genug für mein Wissen, aber klar genug, um eine Beziehung zu ihm zu haben.
Das ist für mich tröstlich. Denn bevor ich zum Glauben kam, als ich in der Opposition war, kann man sagen, was mich bewahrt hat, war natürlich Gott. Aber neben Gott war es die Philosophie von Blaise Pascal. Ich habe diesen Philosophen durchgedacht, normal darüber nachgedacht, nicht nur darüber gesprochen oder seine Gedanken auswendig gelernt.
Gott hat das gebraucht, um mir zu zeigen, dass der Unglaube eigentlich das Unlogischste ist. Das musste ich verstehen. Ich bin ein bisschen Mathematiker, aber das ist eine Krankheit, die man auch heilen kann. Mir hat es geholfen zu verstehen, dass die Logik akzeptieren muss: Der Tag, an dem ich Gottes Gedankengang ganz verstehe, ist der Tag, an dem er nicht mehr Gott ist.
Denn dann ist er nicht mehr größer als ich. Also muss ich zugeben: Wenn ich einen Gott will, der der Gott der Bibel ist und über alles geht, dann muss ich akzeptieren, dass ich als Geschöpf Gottes ihn nie ganz verstehen werde. Das müssen wir einfach annehmen.
Für mich ist das wirklich wichtig. Es scheint mir immer gefährlicher zu werden, wenn wir in der Theologie versuchen, alles so genau hinzubekommen, dass alles passt. Denn meistens entstehen dann Streitigkeiten. Das ist so wie bei allen, die versuchen, zu wissen, wann Jesus zurückkommt – ob vor, nach, während, in der Mitte des Millenniums oder irgendwann dazwischen.
Da muss ich manchmal sagen: Jesus hat wahrscheinlich am Ende selbst noch Probleme, denn er liebt alle seine Kinder. Er muss zurückkommen, wenn es niemanden stört. Da braucht er wirklich ein Komitee, um die Theologen zu verstehen und zu sagen: „Wann komme ich jetzt, damit keiner Unrecht hat?“
Gott liebt seine Kinder, und wir müssen aufpassen, dass unsere Schemata nicht zu unnötigen Trennungen führen. Du darfst deine Überzeugung haben, du hast ein Gehirn, das nachdenkt. Du darfst überlegen und deine Überzeugung haben. Aber du darfst nie denken, dass andere Menschen weniger logisch sind, nur weil sie anders denken. Sie sind auch Geschöpfe Gottes.
Vielleicht gibt es sogar Menschen, die gescheiter sind als ich. Und das gibt es viele, viele, viele. Ich glaube, diese Spannung müssen wir mit Freude behalten. Auch wenn wir den Menschen zeigen, was die Bibel ist, ist es für mich immer wieder schön, sagen zu können: Bis zum Letzten muss ich euch sagen, dass man Gottes Wort nicht alles verstehen kann, denn Gott ist größer, als wir sind.
Gott ist größer, als wir sind.
Umgang mit theologischen Differenzen und praktischen Fragen im Glauben
Habt ihr dazu Kommentare oder Fragen? Zum Thema Millennium kann ich auch sagen, wie es wird – zumindest für diejenigen, die keine Millenaristen sind. Ansonsten kann ich nichts Weiteres sagen.
Man sagt ja, die Bibel sei logisch und man könne sie erklären. Werner Gritt sagt, er sei gläubig geworden, weil er die Bibel als logisch empfand. Deshalb glaubt er daran. Wenn jemand sagt, die Bibel sei für ihn logisch, ist das gut. Aber wenn man bestimmte Dinge nicht versteht – zum Beispiel die Gerechtigkeit Gottes, wie wir sie auch fragen –, und das für einen nicht logisch ist, dann fragt man sich, ob man das glauben kann. Das betrifft nicht nur Nichtchristen, sondern auch Christen.
Ich glaube, es ist sehr wichtig, dass wir die Dreieinigkeit Gottes nicht vollständig verstehen. Wenn wir versuchen, Gott in ein Schema unseres Wissens zu pressen, ist das für ungläubige Menschen vielleicht kein großes Problem. Es wird erst zum Problem, wenn wir versuchen, sie auf diesem Gebiet zu überzeugen.
Ich habe einmal auf der Straße mit einem Doktor der Mathematik und Philosophie gesprochen. Er begann sehr großspurig, und ich merkte schnell, dass ich auf seinem Wissensgebiet nicht mithalten konnte. Plötzlich kam mir innerlich der Gedanke, das Gespräch auf ein anderes Gebiet zu lenken. Also fragte ich ihn mitten in den hochphilosophischen Fragen: „Wie läuft es bei Ihnen im Familienleben, in der Ehe?“ Das war ein Wendepunkt, ohne dass wir Zeit verloren hätten.
Dann musste ich staunen – bestimmt war es der Heilige Geist, der mich inspirierte –, denn er schwieg und begann zu weinen. Er sagte: „Kennen Sie meine Frau? Wir kennen uns. Sie wissen ja, wie meine Situation ist.“ So kamen wir auf einen ganz anderen Boden, den Boden der Realität. Dort konnte ich auf der Straße mit diesem Mann beten. Er öffnete sein Herz mit seiner Not und musste entdecken, dass Wissen nicht der Weg ist, der zu Gott führt.
Wissen ist nur einer der Kanäle, die Gott uns gegeben hat, damit wir verstehen und wissen können. Aber eigentlich hat Gott etwas in uns hineingesetzt: das Gewissen und die Realität der Ewigkeit. Das steht im Prediger 3, ungefähr Vers 10. Dort steht geschrieben, dass Gott den Gedanken der Ewigkeit in uns gelegt hat. Das ist wie eine Festplatte in unserem Gewissen – fest verankert.
Darum haben alle Religionen und Sekten etwas mit dem Tod zu tun. Hast du das bemerkt? Das liegt daran, dass dieser Gedanke der Ewigkeit in der „Festplatte“ unseres Gewissens gespeichert ist. Gott hat das Gewissen so geschaffen, dass Menschen über den Sinn des Lebens nachdenken. Oft versuchen wir mit Wissen Wege zu gehen, die eine Flucht sind. Eine Flucht, weil wir nicht ertragen, was eigentlich in unserem Gewissen liegt.
Nichts gegen diejenigen, die mit Wort und Wissen arbeiten, mit wissenschaftlichen Zeitschriften und so weiter – alles gut. Ich habe nichts gegen die Wissenschaft und die, die alles belegen können, was richtig ist. Das ist prima und kein Problem. Aber es scheint mir, dass dieser Kanal nicht der einfachste Weg ist, um Menschen zu erreichen und zu überzeugen.
Es ist immer wieder interessant, wenn man mit großen Denkern zusammenkommt. Mein ältester Sohn ist Doktor der Mathematik, spezialisiert auf Wahrscheinlichkeitsrechnung. Während seines letzten Jahres in Berlin, wo er mit seiner Frau und seinen Kindern in der Forschung war, veröffentlichte er neue Formeln, die jetzt nach Hermann benannt sind. Das klingt vielleicht simpel, aber es ist bedeutend.
Ich traf mich mit dem ersten Mathematiker Frankreichs bei einer Feier, um das zu feiern. Da fragte mich dieser Mathematiker: „Was haben Sie mit Ihrem Sohn gemacht? Warum ist er so?“ Er verstand nicht, wie mein Sohn so einfach sein konnte und dass er von Gott sprach. Er merkte, dass mein Sohn etwas mit Gott lebt.
Dann öffnete dieser Mathematiker sein Herz und sprach von seinen erwachsenen Kindern, deren Ehen gescheitert sind. Da wurde mir klar, was diese Menschen wirklich brauchen: etwas, das ganz nah am Leben ist, ganz praktisch.
Es scheint mir sehr wichtig, dass auch wenn du viel Wissen hast – und wenn Gott dir diese Kapazität gegeben hat, finde ich das großartig –, dann bitte noch eine doppelte Portion Demut dazu. Dann kann Gott dich weiterhin gebrauchen, auch mit deinem Wissen, denn Er hat dir das Wissen gegeben und kann durch dein Zeugnis andere Menschen erreichen.
Dieser Mathematiker erzählte mir auch, dass er mit meinem Sohn im Flugzeug saß, als dieser nach Amerika ging, um weitere Forschungsarbeiten zu machen. Mein Sohn Sami hat ihm gesagt, wie er im persönlichen Leben oft Angst hat, seine Kinder zu erziehen. Sami hat zwei Kinder mit Claire Lieskell. Er erzählte ihm, wie dankbar er ist, Gott zu haben, um seine Kinder in Gottes Hand zu geben.
Das blieb diesem Mann im Gedächtnis. Wie kann man heute als Wissenschaftler seine Kinder Gott anvertrauen? Das erscheint unlogisch. Aber genau das hat ihn beeindruckt. Und darüber wollte er bei diesem „Vin d'honneur“ sprechen: Was bedeutet es, seine Kinder Gott zu geben?
Ich glaube, das sind wunderbare Möglichkeiten. Und ich glaube nicht, dass wir die Dreieinigkeit Gottes bis zum Ende erklären können, ohne den Verstand zu verlieren. Das ist ähnlich wie mit der Prädestination – das überlasse ich Calvin, der hat genug darüber geschrieben.
Umgang mit Herausforderungen im Team und Motivation von Mitarbeitern
Ok, habt ihr noch andere Fragen? Ich glaube, ich habe die, die da waren, so etwa durchgenommen. Eine Frage ist noch: Christliche Mitarbeitende werden oft zu groß, also wahrscheinlich zu groß, um zu dienen. Wie gehst du mit solchen Mitarbeitenden im Team um, wenn sich Motivation, Anerkennung oder das Verhalten verändert haben? Nur durch Vorbild leben?
In der Teamarbeit ist man natürlich ziemlich direkt miteinander, in Liebe, aber direkt. Wenn ich von Team spreche, dann sind das Menschen, die gemeinsam einen Dienst haben. Und wenn ich von Team in der Missionsarbeit spreche, dann ist es ein Team, das nicht wie eine kleine Gemeinde funktioniert, denn die Gemeinde funktioniert als Organismus mit Gliedern.
Ein missionarisches Team funktioniert für mich wie eine Mannschaft, in der es einen Teamleiter gibt. Jeder hat ein Gebiet, für das er verantwortlich ist, und gleichzeitig ein Gebiet, in dem er Zweiter ist und sich dem anderen unterstellt. Ich glaube nicht, dass es echtes Teamwork gibt, wenn es keinen Leiter gibt.
Das ist eine schöne Vorstellung, so ein Team zu haben, in dem es gut miteinander läuft. Aber wenn man als Mannschaft zusammenarbeiten will, braucht es eine Organisation. Und in dieser Organisation sind Zielsetzungen und Methodik wichtig.
Ich treffe immer wieder Teams, die das anders leben wollen. Die versuchen, das Ganze mehr zu vergeistlichen, damit alles gut läuft. Ich glaube, das ist eine gewisse Illusion. Wenn man so leben will, wird am Ende immer der stärkste Charakter Recht haben.
Wenn man weiß, wer Leiter ist, welcher Dienst jedem zugeordnet ist, wo er Priorität hat und wo er der Erste ist, und wenn jeder weiß, wo er dem anderen hilft, dann kann das Teamleben gut funktionieren.
Wenn im Team jemand hochmütig wird, ist das menschlich und kein Problem. Dann haben wir die Freiheit, miteinander zu reden. Das machen wir auch gegenseitig: Wir sagen uns die Dinge offen und ehrlich. Zum Beispiel: „Du, ich habe das Gefühl, du bist jetzt schon fast der Papst geworden. Kannst du mal ein wenig runtersitzen?“ Das kann man mit viel Liebe sagen.
Dann merkt man gemeinsam, dass man vielleicht etwas umsetzen oder umschalten muss. Es gibt immer wieder Zeiten im Dienst, in denen jeder innerlich das Gefühl hat, etwas tun zu müssen, um anerkannt zu werden. Das ist menschlich.
Wir versuchen immer wieder, Anerkennung für das, was wir tun, zu bekommen. Das ist in einem Team schwierig, denn oft arbeiten wir in Bereichen wie Evangelisation, wo keine direkten Resultate sichtbar sind. Man weiß nie genau, ob die eigene Arbeit wertvoll ist oder nicht.
Darum ist es in einem Team sehr wichtig, dass der Leiter ein positiver Motivator ist. Er muss sehen können, was die anderen tun, und ihnen sagen: „Du, das hast du gut gemacht.“ Das muss natürlich wahr sein, nicht nur gesagt werden, wenn alles falsch läuft.
Der Leiter hat die Verantwortung, mit jedem Kontakt zu haben, zu wissen, was jeder tut, wo er steht, und nachzufragen, wie es gelaufen ist.
Jede Nacht von Sonntag auf Montag schickt mir jeder im Team sein Wochenprogramm von der vergangenen Woche – was wir getan haben oder nicht – und das Programm für die kommende Woche. So bekomme ich in der Nacht von Sonntag auf Montag die Programme des ganzen Teams, und sie haben auch mein Programm.
Wenn ich sehe, dass jemand vielleicht Schwierigkeiten hat oder zu viel im Büro sitzt oder zu wenig Zeit für die Familie hat, dann nehme ich am Montagmorgen das Telefon und frage: „Ich habe dein Programm angeschaut. Hast du wirklich genug Zeit für deine Frau? Wie siehst du das? Wo hast du in der Woche Zeit dafür? Wie geht es deinem Kind? Wie lebt es jetzt?“ So versuchen wir, uns gegenseitig Mut zu machen.
Ich weiß, wann sie Besuche machen, habe das Programm im Zimmer nebenan und weiß, was sie heute tun. So kann ich zwischendurch ins Zimmer gehen, nachschauen und für das Team beten.
Ich telefoniere auch nach Hause und frage Ursula: „Der und der hatte diesen Besuch, wie ist es gelaufen? Hast du eine Antwort bekommen?“ Sie sagt dann: „Ja, es ging gut, Alexandre war dort, es hat geklappt.“ Dann sage ich: „Tschüss, alles okay.“
Diese Verantwortung zu wissen, wie es dem anderen geht und was er tut, ist wichtig. Nur wer mutmachend ist, kann auch sagen, wenn etwas falsch läuft. Wenn wir den anderen nicht ermutigen, sollten wir schweigen, wenn etwas schiefgeht. Denn dann sind wir nicht die richtige Person, um es zu sagen.
Aber wenn man mutbar ist, kann man immer wieder ins Team hineinkommen.
Es gibt im Team immer wieder Zeiten, in denen jemand bedrückt ist, ein anderer keinen Mut mehr hat, jemand müde ist oder Probleme in der Ehe oder mit kranken Kindern hat. Das sind alles Situationen, in denen wir aufeinander achten und uns gegenseitig Mut machen müssen.
Es gibt auch Zeiten, in denen Hochmut hereinkommt, weil wir immer noch das alte Herz haben. Dann müssen wir uns helfen und sagen: „Wollen wir nicht wieder etwas runterschrauben? Wir müssen nicht so bekannt sein oder überall dabei sein. Es ist nicht nötig, dass wir vorne stehen.“
Manchmal sind es kleine Dinge, zum Beispiel wenn eine Gemeinde anfängt und man im Team merkt, dass jemand fast immer die Gemeindeleitung am Sonntag übernehmen will. Dann muss man ihm sagen: „Es gibt andere Brüder, die das auch machen können. Brauchst du das jetzt wirklich? Es wäre gut, wenn du es jetzt den anderen überlässt. Du machst es so gut, dass andere davon lernen können. Jetzt können es andere tun.“
So können wir uns gegenseitig helfen.
Die Bedeutung des christlichen Zeugnisses im Berufsleben
Vielleicht noch ein Wort zu einer Frage, die vorher in der Pause aufkam und die ich sehr wichtig fand: Beruf und Gemeindegründungsarbeit.
Ich hoffe, du hast in deinem Berufsleben gemerkt, dass du als Christ im Berufsleben viel wichtiger bist, als du vielleicht denkst.
Nur ein Beispiel: Ich habe Straßenversammlungen gemacht in Rémirmont, einer Ortschaft in den Vogesen. Dort war ein Mann, der hat zugehört. Nach der ersten Versammlung mit Liedern und meiner Botschaft ging er an einen anderen Ort. Und dieser Mann kam auch zu einem zweiten, dritten und vierten Platz. Ich musste jedes Mal die Botschaft ändern, weil er immer wieder da war.
Das passiert sonst nicht. Meistens gibt es eine Botschaft, die Leute hören zu und gehen dann wieder. Ich bin zu ihm gegangen und habe gefragt: „Warum hören Sie mir noch zu? Es ist doch gar nicht interessant. Was bewegt Sie, dass Sie immer wieder kommen?“
Da sagte er: „Ich kenne Sie nicht, ich weiß nicht, wie Sie leben, aber was Sie sagen, stimmt genau mit einem meiner Arbeitskollegen überein.“ Da habe ich gedacht: Wer ist das? Er antwortete: „Das ist Piero.“
Piero war Kommunist und Leiter im Kommunismus in einer großen Textilfabrik in den Vogesen. Er hat sich radikal bekehrt. Piero hatte nicht die Gabe des Redens, aber in seiner ganzen Art und seinem Charakter hat Jesus ihn verändert.
Gott hat Piero gebraucht, um diesen Mann zum Glauben zu führen. Zwei, drei Wochen später kam dieser Mann zum Glauben. Ich habe ihn zu Piero geführt und gesagt: „Du, da hast du einen Jünger, mit dem wirst du die Bibel lesen, deinen Arbeitskollegen.“ Piero sagte: „Du hast ihn zu Jesus geführt.“ Und so war es auch.
Piero hat nicht geredet, aber in seinem Wesen mit Christus hat er die Grundlage gelegt, die der Heilige Geist gebraucht hat, damit dieser Arbeitskollege so aufmerksam beim Predigen zuhörte.
Der Mann hatte Recht: „Ich kenne Sie nicht, Sie können leben, wie Sie wollen.“ Aber er merkte, dass das, was ich sagte, mit Pieros Leben übereinstimmte.
Ich sage immer wieder: Christen im Berufsleben bahnen eigentlich den Weg in der Gesellschaft – ohne Lärm. Sie bereiten Herzen vor, wo dann andere kommen, vielleicht evangelisieren und meinen, sie hätten Menschen erreicht. Aber eigentlich wurde der Weg durch die Haltung am Arbeitsplatz gebahnt.
Also bitte, wenn du in einem Beruf bist, sieh das nicht als nebensächlich an. Du bist in einem wichtigen Dienst.
In all den menschlichen Beziehungen, die du hast – ich weiß, es ist schwer. Ich war immer wieder in meinem Dienst. Ich habe keine Berufung als Vollzeit-Mitarbeiter, sondern ein Ziel. Und das Ziel kann durch Handlangerarbeit sein, durch Vollzeit oder anderes. Das erkläre ich gleich.
Ich muss jetzt aufhören, aber es ist wichtig, ganz bewusst zu wissen, dass du lebst. Es ist schwer am Arbeitsplatz, denn du musst immer wieder mit denselben Menschen leben und ausharren. Das ist nicht einfach. Aber Gott hilft dir.
Sei weiter ein Zeuge für ihn. Das ist so schön, wie dann auch Gemeinden gegründet werden.
Danke.