
Stell dir vor, du sitzt vor einem Schreibtisch, und hinter diesem Schreibtisch sitzt der Arzt und schaut dich an. Sein Gesicht ist ernst. Dann hörst du den Satz, den du gefürchtet hast: „Ihr Geschwür ist bösartig, Sie haben Krebs.“
Manche von uns haben so eine Situation schon erlebt. Plötzlich ist alles anders. Das, was vorher so wichtig war, wird von einem Moment auf den anderen völlig unwichtig. Viele Ziele, die du dir im Leben gesetzt hast, rücken in den Hintergrund, denn du weißt ja gar nicht, wie lange du noch lebst.
In der Medizin werden verschiedene Phasen beschrieben, die ein Patient gefühlsmäßig durchlebt, wenn er die Diagnose Krebs erhält. Denn mit dieser Diagnose muss man erst einmal klarkommen.
Gefühlsmäßig ähnlich ging es den Zeitgenossen Jesu, wenn sie mit einem unklaren Hautausschlag zum Priester gingen.
Wenn der Priester sich nicht sicher war, steckte er den Hautkranken zunächst sieben Tage lang in Quarantäne. Seit Corona kennen wir dieses Wort ebenfalls. Doch das Verfahren ist nicht neu; es wird bereits im 3. Mose 13 ganz ausführlich beschrieben.
Wenn die sieben Tage Quarantäne nicht ausreichten, um eine eindeutige Diagnose zu stellen, wurde der Hautkranke nochmals für sieben Tage in Quarantäne geschickt. Man kann sich vorstellen, dass diese Zeit von großer innerer Anspannung geprägt war. Denn es konnte sein, dass der Hautkranke, ähnlich wie ein Krebskranker, schließlich den gefürchteten Satz hörte: „Du bist aussätzig.“
Dieser Satz stellte das Leben des Kranken von einer Minute auf die andere komplett auf den Kopf. Aussatz ist ein Sammelbegriff für leichtere und mittlere Hautkrankheiten, kann aber auch Lepra bedeuten. Bei einem schweren Verlauf von Lepra können Geschwüre entstehen, und Körperteile faulen weg. Dagegen gibt es keine Heilung.
Sehr anschaulich wird das zum Beispiel in 4. Mose 12,12 beschrieben: „Lasst die Aussätzigen doch nicht sein wie ein Totgeborenes, dessen Fleisch, wenn es aus dem Mutterleib hervorkommt, zur Hälfte verwest ist.“ Wenn man eine lebhafte Vorstellungskraft besitzt, erkennt man, dass dies keine guten Aussichten sind.
Wir ahnen also, was Aussatz bedeutet. Das deutsche Wort „Aussatz“ beschreibt das Schicksal des Erkrankten. Du wirst „ausgesetzt“, das heißt, du lebst in sozialer Distanz, getrennt von Gesunden und Verwandten. Du lebst außerhalb der Stadt mit anderen Aussätzigen zusammen, in zerrissenen Kleidern und mit zerzausten Haaren. So steht es wörtlich in 3. Mose 13,45.
Wenn du als Aussätziger einen Gesunden siehst, musst du rufen: „Unrein, unrein!“, damit er dir nicht zu nahe kommt. Damit rufst du aus, was du bist: unrein. Deshalb bist du vom Gottesdienst ausgeschlossen. Du kannst kein Opfer für deine Schuld bringen, wie es andere zu der Zeit tun konnten. Du bist nicht dabei, wenn Gott angebetet wird, denn du bist – so sagt es der Name – ausgesetzt. Das ist dein Schicksal.
Außerdem kannst du in der Regel nicht arbeiten. Das bedeutet, dass du vom Almosen anderer abhängig bist. Von jetzt auf gleich sitzt du an der Straße, hältst die Hand auf und hoffst, dass dich irgendjemand unterstützt.
Und so begegnet ein hoffnungsloser Mann dem Herrn Jesus im Markus-Evangelium. Wir sind auf unserem Weg durch das Markus-Evangelium mit dabei. Diese Begegnung erleben wir in Markus 1, ab Vers 40. Ich möchte den Text lesen, von Vers 40 bis Vers 45. Dort heißt es:
„Und es kommt ein Aussätziger zu ihm, bittet ihn, kniet nieder und spricht zu ihm: ‚Wenn du willst, kannst du mich reinigen.‘
Jesus aber war innerlich bewegt, streckte seine Hand aus, rührte ihn an und spricht zu ihm: ‚Ich will, sei gereinigt!‘
Und sogleich wich der Aussatz von ihm, und er war gereinigt.
Jesus bedrohte ihn und schickte ihn sogleich fort und sprach zu ihm: ‚Sieh zu, sage niemand etwas, sondern geh hin, zeige dich dem Priester und opfere für deine Reinigung, was Mose geboten hat, ihnen zu einem Zeugnis.‘
Der aber ging weg und fing an, die Sache eifrig zu verkünden und auszubreiten, so dass er nicht mehr öffentlich in eine Stadt gehen konnte. Stattdessen war er draußen an einsamen Orten, und sie kamen von allen Seiten zu ihm.“
Weil dieser Tatsachenbericht in allen drei synoptischen Evangelien beschrieben wird, können wir davon ausgehen, dass dieser Mann einen schweren Krankheitsverlauf hatte – also nicht nur eine einfache Hautkrankheit.
Doch dieser Aussätzige erlebt, dass er aus seinem Abstand heraus in die Nähe des Herrn Jesus kommen darf.
Deswegen habe ich diese Predigt mit dem Satz überschrieben: Vom Abstand zur Nähe.
In Vers 40 erleben wir zunächst, wie der Aussätzige zu Jesus kommt und damit das vorgeschriebene Abstandsgebot durchbricht. Er sucht die Nähe des Herrn Jesus – und damit sucht er an der richtigen Stelle. Der Aussatz wird zu Recht immer wieder mit der Sünde verglichen, weil Aussatz abstossend und ansteckend ist.
Echter Aussatz hinterlässt Spuren der Zerstörung in meinem Leben. Und Sündenaussatz, wenn ich dieses Bild gebrauche, schafft ebenfalls einen großen Abstand zu Gott. Ich muss als Mensch immer wieder rufen: „Unrein, unrein!“, weil ich im Blick auf Gott auch unrein bin. Gott muss mich schuldig sprechen, weil ich mich selbst zum Mittelpunkt meines Lebens gemacht habe und Gott vor die Tür gesetzt habe.
Es geht mir darum, bewundert zu werden. Ich lebe für meine Ziele und nicht für die Ziele, die Gott für mein Leben hat. Gottes Ziel für mein Leben ist, so sagt es sein Wort, dass ich ihn anbeten soll. Ich soll ihm mein Leben zur Verfügung stellen. Es soll um seine Ziele in meinem Leben gehen und nicht um meine Wünsche.
Doch ich habe Gott aus meinem Leben entfernt und mich damit gleichzeitig ganz weit von ihm entfernt. Wenn ich jemanden aus meinem Leben wegschiebe, wächst logischerweise immer wieder die Distanz. Das ist auch der Grund für meinen gottlosen Lebensstil. Je nachdem, ob Karriere, Geld, Beziehungen oder Spaß im Mittelpunkt stehen – in jedem Fall steht nicht Gott im Mittelpunkt meines Lebens.
Wenn ich auf diesem Weg bleibe, sagt die Bibel sehr deutlich, dann bin ich auf dem direkten Weg in die Hölle. Denn ich verlasse mich auf mich selbst und nicht auf Gott.
Unser aussätzlicher Freund hier in Markus 1 macht es anders. Er kommt zu Jesus, fällt vor ihm nieder und sagt: „Wenn du willst, kannst du mich reinigen.“ So fängt Christsein an. Ich gebe Jesus die Stellung, die ihm gebührt. Ich falle vor Jesus auf die Knie und bete ihn an – mit einem ganz einfachen Gebet und der Überzeugung: Herr, wenn du willst, kannst du mich reinigen.
Das Faszinierende ist: Jesus will es tun. Er will mich reinigen, zum Beispiel von meiner Vergangenheit, in der ich ohne Gott gelebt habe. Jesus will mich reinigen von aller Schuld. Das kann der Herr Jesus, weil er sein Blut für mich gegeben hat.
So sagt er selbst ein paar Kapitel weiter im Markus-Evangelium: „Ich gebe mein Leben als Lösegeld für viele.“ Das heißt, er gibt sein Leben, um mich zu reinigen und zu retten.
Dass seine Aussage stimmt, wurde für alle spätestens sichtbar, als Jesus von den Toten auferstand. Denn klar war: Der Tod kann ihn nicht halten. Er hat keine eigene Schuld. Das heißt, er kann wirklich für meine Sünde sterben – so wie er es gesagt hat.
Deshalb kann ich sagen: Jesus ist für meine Schuld gestorben, er hat für meine Schuld bezahlt. Er will mir vergeben, wenn ich wie der Aussätzige zu ihm komme und ihn bitte: „Reinige mich!“
Wenn Jesus mich sauber gemacht hat, dann bin ich reif für den Himmel. Ich kann mich wirklich auf den Himmel freuen – nicht weil ich in meinem Alltag so perfekt bin, sondern weil Gott mir vergeben hat. Darauf kommt es an.
Die Begegnung mit dem Aussätzigen hilft mir zu verstehen, wie ich aus dem Abstand der Sünde in die Nähe des Herrn Jesus komme. Wie kann ich eine Beziehung zu ihm aufbauen? Unser Text gibt darauf eine sehr klare Antwort: Ich muss sagen, „Wenn du willst, dann kannst du mich reinigen.“
Wenn Sie das noch nicht für sich selbst sagen können, wenn Sie noch nicht erfahren haben, dass Jesus auch zu Ihnen sagt: „Sei gereinigt“, dann lade ich Sie ein, das Gespräch mit jemandem zu suchen, der Jesus bereits kennt. Diese Person kann Ihnen helfen, Jesus wirklich persönlich kennenzulernen.
Unser Text zeigt uns aber nicht nur, wie ich Jesus als meinen Erretter kennenlerne. Wenn ich diesen Text lese, werde ich zwangsläufig auch mit der Frage konfrontiert: Wie ist das eigentlich mit meiner Krankheit? Heilt Gott auch meine Krankheit? Darf ich wie der Aussätzige zu Jesus kommen und sagen: „Herr, du kannst mich reinigen“?
Die Antwort lautet: Ja, ich darf um meine körperliche Heilung bitten. Gott kann mich heilen. Die Bibel ermutigt Christen sogar dazu, die Ältesten ihrer Gemeinde zu rufen, damit sie mit ihnen beten – sehr konkret für die Heilung körperlicher Krankheiten.
Doch Gott lässt offen, ob er tatsächlich heilt. Das scheint dem Aussätzigen klar gewesen zu sein, denn er sagt: „Herr, wenn du willst, dann kannst du mich reinigen.“ Gott kann alles, aber er tut nicht alles, was er kann. Er tut nur das, was er will.
Ein Vers, der mir dabei weiterhilft, ist Jesaja 46,10: „Mein Ratschluss soll zustande kommen, und alles, was mir gefällt, führe ich aus.“ Es heißt nicht, dass Gott alles tut, was er kann, sondern nur das, was er will. Deshalb ist die Einstellung falsch, man müsse Gott nur sagen, was man will, und dann bekomme man es automatisch. Die Amerikaner nennen das „Name it and claim it“. Das lässt sich gut merken, ist aber grundfalsch.
Es kann sein, dass Gott mir meine Krankheit lässt. Das hat selbst der Apostel Paulus so erlebt, und er musste auch manche seiner Mitarbeiter krank zurücklassen. Gott hilft nicht nur durch Wunder – die tut er auch –, aber manchmal hilft er durch Wunden. Denn manchmal ist es ihm wichtiger, mir zu helfen, mich zu verändern, indem er meine Situation nicht verändert.
Manchmal benutzt Gott auch Krankheit, um mich zu verändern. Deshalb gibt die Bibel keine Heilungsgarantie. Ich weiß, dass manche Prediger so etwas versprechen und Scheine mit Heilungsgarantie verteilen. Aber diese sind nicht gedeckt. Das sind ungedeckte Schecks, die man sich an die Wand kleben kann, die im Leben aber nicht helfen.
Was für die Krankheit gilt – und wir sind ja jetzt bei dem Aussätzigen unterwegs –, gilt natürlich auch für alle anderen Fragen in meinem Leben.
Da bete ich: Herr Jesus, bitte hilf mir, die Prüfung zu bestehen. Ich bin ein vorbildlicher Schüler, ich lerne auch auf die Prüfung. Also sage ich nicht nur, ich lerne nicht und bete, sondern ich lerne und bete – und falle trotzdem mit Karacho durch die Prüfung, obwohl ich gebetet habe.
Oder ich bete: Herr Jesus, du siehst, ich brauche eine Arbeit, aber ich finde monatelang nichts, trotz zahlreicher Bewerbungen. Ich bete: Herr, du siehst, ich wünsche mir ganz dringend einen Partner, aber es taucht jahrelang niemand auf, obwohl ich dafür bete.
Zunächst einmal ist es in unserem Text sehr ermutigend, dass der Aussätzige zu Jesus kommt und sagt: „Herr, wenn du willst!“ Jesus antwortet ihm: „Ja, ich will!“ – und er tut es. Das erleben manche von uns ja auch so.
Aber was ist, wenn das ganz und gar nicht deine Alltagserfahrung ist? Ich weiß nicht, wie es dir damit geht, wenn du bestimmte Dinge von Gott sehr konkret erbittest und Gott es nicht macht. Ich kann dir nur sagen, wie es mir geht: Ich bin enttäuscht. Ich bin enttäuscht, dass Gott nicht so gehandelt hat, wie ich es mir gewünscht habe.
Gerade letzte Woche ging es mir so. Das ist eine Erfahrung, die ich häufiger mache. Und weißt du was? Diese Enttäuschung fühlt sich überhaupt nicht gut für mich an. Ich feiere dieses Gefühl nicht.
Vor allem weiß ich bei mir im Hinterkopf – vielleicht kennst du das auch – versucht eine Stimme, sich einzunisten: „Na, hat dein Gott dich wieder mal im Stich gelassen?“
Und weißt du, was ich mache, um nicht enttäuscht zu sein? Wenn ich mich selbst ganz kritisch beobachte, dann erwarte ich von Gott oft nichts Konkretes. Meine Gebete bleiben dann sehr allgemein. Ich bete dann: Herr, hilf mir an diesem Tag. Und ich bete nicht: Herr, hilf mir heute schon eine bestimmte Arbeit zu erledigen, von der ich weiß, dass es eigentlich unrealistisch ist, dass ich das heute schon schaffe.
Wenn ich so allgemein bete, merke ich in der Regel gar nicht, ob Gott meine Gebete erhört oder nicht. Das ist der Preis, den ich dafür zahle, nicht enttäuscht zu werden.
Aber ich muss sagen, ich merke, dass ich mit dieser Strategie – wenn ich ehrlich bin mir selbst gegenüber – Gott aus einem gewissen Abstand heraus nachfolge. Das ist nicht die Nähe, die ich mir wünsche.
Deshalb möchte ich hier von dem Aussätzigen im Markus-Evangelium lernen. Er kommt zu Jesus mit sehr konkreten Bitten. Nur wenn ich so komme, erlebe ich auch Gottes Handeln und sein Eingreifen.
Und wenn nicht, wenn ich es nicht erlebe, dann tut es immer noch weh. Aber eine Sache muss ich mir auch sagen, Thomas: Wenn es dir wehtut, dann zeigt das doch eigentlich, dass du von Gott etwas erwartest.
Wenn es dir gar nicht wehtun würde und du sagen würdest: „Ist auch egal, auch gut“, dann müsstest du dich fragen: Hast du von Gott überhaupt wirklich etwas erwartet?
Um nahe mit Gott unterwegs zu sein, muss ich konkret beten. Und ich muss damit rechnen, dass Gott mein Gebet erhört.
Dann ist es wichtig, auf Jesus zu schauen, wenn ich merke: „Hey, da kommt schon wieder das Gefühl der Enttäuschung.“ Das war für mich eine ganz große Ermutigung.
Jesus am Ölberg betet: Vater, ich wünsche mir, dass der Kelch deines Zornes an mir vorübergeht. Gott erhört dieses Gebet nicht.
Ich weiß, es gibt eine ganze Menge Auslegungen in der evangelikalen Welt, die beweisen wollen: Natürlich hat Gott dieses Gebet erhört. Ich muss ehrlich sagen, diese Auslegungen überzeugen mich nicht.
Ich glaube, es war Timothy Keller, der mir half, meinen Blick auf diese Situation zu verändern. Und ich kann euch sagen: Ich stehe ehrfurchtsvoll in den letzten Stunden, die der Herr Jesus auf dieser Erde verbringt, neben ihm und höre, wie er betet: „Vater, nicht mein Wille, sondern dein Wille geschehe.“
Ich begriff: So geht der Herr Jesus mit unerhörten Gebeten um. Das ist ein unerhörtes Gebet. Und trotzdem bleibt er nah dran bei seinem Vater und sagt: „Es kommt darauf an, dass dein Wille in meinem Leben geschieht, auch wenn meine Wünsche anders aussehen.“
Deshalb darf auch ich beten: „Auch wenn es wehtut, Herr, offensichtlich war dein Wille hier ein anderer. Ich gebe es zu, ich verstehe diesen Weg nicht, den du mit mir gehst. Ich weiß, ich habe es mir anders gewünscht, aber dein Wille geschehe.“
Ob Gott gütig ist, hängt nicht davon ab, ob mir ein Verkäufer einen guten Rabatt gewährt, sodass ich sagen kann: „Oh Herr, ich weiß, dass du gütig bist, denn das Ding wird normalerweise viel teurer verkauft.“
Gott ist auch dann gütig, wenn der Verkäufer mir den Akkuschrauber komplett überteuert verkauft und ich ihn später irgendwo anders sehe und denke: „Hey, da hätte ich 50 Euro weniger zahlen können.“ Das ändert nichts an der Güte Gottes. Gott meint es gut mit mir, auch wenn ich von der Leiter falle.
Dass Gott es gut mit mir meint, zeigt sich nicht an den Situationen meines Lebens, sondern das hat er auf Golgatha ein für allemal bewiesen. Ich erkenne nicht daran, dass in meinem Leben jetzt alles optimal läuft, dass Gott es gut mit mir meint.
Natürlich haben wir nur dieses eine Leben, und wir drehen uns logischerweise immer um uns selbst. Man kann sich auch schlecht in jemand anderen hineinversetzen. Aber ich glaube, wir müssen aufpassen, dass wir unser kleines Leben nicht zu wichtig nehmen.
Ich darf mich an Gottes Heilstatsachen festhalten, und das ist das, was mich wirklich hält. Ich sollte nicht damit zufrieden sein, Gott auf Abstand nachzufolgen, ihm nur nicht zu nahe zu kommen und nicht konkret zu werden, weil ich Angst habe, enttäuscht zu werden. Nein, mein Platz ist die Nähe bei ihm, und diese Nähe will ich suchen – auch auf die Gefahr hin, eine Enttäuschung zu spüren.
Deshalb will ich kommen wie der Aussätzige, mit konkreten Anliegen und nicht beim allgemeinen Stehenbleiben. Gott will mir helfen, dass ich durch konkrete Gebete wie der Aussätzige etwas von ihm erwarte.
Der Aussätzige wusste, dass ihn nur Gott heilen kann – das war klar. Es gibt keine andere Möglichkeit, vom Aussatz geheilt zu werden. Ich weiß nicht, ob ihr in der Bibel Stellen gelesen habt, in denen steht, dass jemand ein Feigenblatt nimmt oder eine Salbe benutzt und dadurch vom Aussatz geheilt wird. Dort steht das nicht. Aussatz kann nur Gott heilen.
Deshalb regt sich auch der israelische König so auf, als der syrische Oberbefehlshaber vor seiner Tür steht und sich von seinem Aussatz schnell heilen lassen möchte. Ihr habt die Reaktion wahrscheinlich in eurer Zeit, in der ihr die Bibel durchgeht, gelesen. Da sagt der König: „Bin ich Gott?“ – er hat verstanden, dass nur Gott die Macht hat, einen Menschen vom Aussatz zu befreien. Er sagt also: „Ich bin doch nicht Gott.“
Nein, niemand kann vom Aussatz heilen, das kann nur Jesus. Warum? Weil er Gott ist. Deshalb wird auf diese Heilung in allen drei synoptischen Evangelien sehr viel Wert gelegt. Sie zeigt, welche Macht Herr Jesus hat und macht deutlich, dass er der Messias ist.
Als Johannes der Täufer im Gefängnis von Zweifeln geplagt wird – ob Jesus wirklich der Messias ist oder nicht – hilft ihm Jesus, indem er in Lukas 7 zu den Boten sagt: „Sagt zu Johannes: Blinde sehen, Lahme gehen, Aussätzliche werden gereinigt, Taube hören, Tote werden auferweckt.“ Das ist ein ganz wesentlicher Punkt, um zu erkennen, ob Jesus der Messias ist oder nicht: Aussätzliche werden gereinigt.
Von Herrn Jesus selbst hören wir in Lukas 4, dass er sagt: „Es gab viele Aussätzige zur Zeit des Propheten Elisa in Israel, und keiner wurde von ihnen gereinigt als nur Naaman, der Syrer.“ Ist dir aufgefallen, was er hier sagt? Elia und Elisa – das ist eine der vier Perioden in der Bibel, in der Wunder wie in keiner anderen Zeit passiert sind. Es gab nirgendwo so viele Wunder wie in diesen vier Perioden, und Elia und Elisa ist eine davon.
Und von dieser Periode über Jahrzehnte sagte Herr Jesus: Wie viele Aussätzige wurden geheilt? Keiner, kein einziger. Was Heilung betrifft, nur Miriam, die nach sieben Tagen vom Aussatz gesund wurde. Sie hatte diesen Aussatz als Ausdruck des Gerichts Gottes bekommen.
Wir lesen auch von Mose, der für einige Minuten aussätzig war. Er streckt seine Hand aus, dann ist er aussätzig, dann zieht er sie zurück, und dann ist er nicht mehr aussätzig, weil Gott ihn ermutigt und sagt: „Du kannst zum Pharao gehen, weil ich wirklich jede Macht habe.“
Das sind die zwei Personen, die mir einfallen, die im Alten Testament Aussatz hatten und gesund geworden sind. Ich weiß sonst von niemandem im Alten Testament, der vom Aussatz gesund geworden ist.
Deshalb nehmen manche Ausleger an – und ich kann das sehr gut nachvollziehen –, dass das Dritte Mose Kapitel 13 nur angewandt wurde, um jemanden als Aussätzigen zu erklären, aber nie, um einen Aussätzigen als geheilt zu entlassen, weil es gar keine Heilung gab. Dieses riesige Szenario wurde nie eingesetzt.
Und jetzt passiert das Unglaubliche: Der Herr Jesus heilt einen Aussätzigen. Wir wissen im Verlauf der Evangelien, dass es mehrere Aussätzige waren, aber das hier in Markus 1 scheint der erste gewesen zu sein. Wenn das stimmt, dann hat Vers 44 natürlich ein sehr großes Gewicht: „Zeige dich dem Priester und opfere für die Reinigung.“
Wenn er um die Ecke biegt und sagt: „Ich war aussätzig und ich bin geheilt worden und ich will opfern“, dann hätten eigentlich die Priester vom Stuhl fallen müssen oder sie hätten begreifen müssen: „Was hast du gesagt? Habe ich einen Hörfehler? Du bist aussätzig gewesen und bist gesund geworden? Das bedeutet, der Messias ist da. Das kann nur der Messias.“
Deshalb schickt Jesus ihn zu den Priestern. Warum? Wir haben es gelesen: zu einem Zeugnis. Wenn immer wieder Leute gekommen wären, die gesagt haben: „Ja, ich bin gesund geworden“, und jemand hätte es ihnen geglaubt, wäre das bekannt gewesen. Nein, das ist etwas völlig Neues.
Und eins sollen die Priester auch noch verstehen: Der Messias hält sich an die Tora. Er handelt nach dem Gesetz, das Gott gegeben hat.
Ab Markus 2 beginnen fünf Streitgespräche mit den Pharisäern. Jesus führt fünf Streitgespräche mit ihnen, und jedes Mal geht es um die Frage oder Behauptung, der Messias halte sich nicht an die Tora. Doch das tut er.
Sehen wir hier ab Vers 40, wo er sagt: „Geht zu den Priestern, so hat Mose es gesagt, und daran halte ich mich.“ Er hält sich nicht an eure zusätzlichen Verpflichtungen, aber an das, was Gott gesagt hat.
Ein Hautkranker, der diese Stelle gelesen hat, sagte mir mal: „Weißt du, was mich besonders an diesem Bericht bewegt? Jesus fasst diesen Aussätzigen an.“ Obwohl diese Hautkrankheit, der Aussatz, als hochinfektiös galt, fasst Jesus ihn an – so als wenn du deinen Mundschutz abnimmst und jemanden anhaust und weißt, du hast Corona oder so.
Im Gegensatz zu Miriam und Naaman wird dieser Aussätzige sogar spontan geheilt, indem Jesus ihn einfach nur berührt. Jesus durchbricht diesen Abstand, er sucht die Nähe.
Auch hier gilt: vom Abstand zur Nähe. Jesus kommt mir in meiner Not entgegen. Und nur Markus erwähnt – kein anderer Evangelist –, dass Jesus innerlich berührt war. Du merkst, er kommt dem Mann nicht nur äußerlich entgegen, sondern auch innerlich.
Ab Vers 43 haben wir dann ein Phänomen, das man in der Theologie das Messiasgeheimnis nennt. Wenn du Theologiebücher durchblätterst, wirst du wahrscheinlich auf das Messiasgeheimnis stoßen.
Ein paar Verse vorher hat der Herr Jesus den Dämonen verboten, von ihm zu reden, und jetzt verbietet er dem Geheilten: „Sage niemandem etwas von deiner Heilung.“ Was soll das? Widerspricht das nicht dem Jüngerschaftsbefehl: „Geht hin, macht alle Nationen zu Jüngern“? Warum verbietet Jesus, dass er davon reden soll?
Hier geht es nicht um evangelistische Verkündigung, sondern darum, dass der Wunderglaube den Christusglauben verdeckt. Durch das Schweigegebot will der Herr Jesus den Blick auf sich und auf seine Botschaft stärken.
Jesus will nicht, dass der Nebel der Begeisterung über ihn und über spektakuläre Ereignisse, die man erlebt hat, den Blick auf ihn selbst nimmt.
Vielleicht sagt mir jemand: „Hey, in eurer Gemeinde ist doch nichts los, ihr sitzt da so schön auf Abstand.“ Gut, das müsst ihr auch, aber ihr sitzt da wie ausgestopft. Ihr lebt Gott doch nicht – merkt man schon nach eurem Singen oder was weiß ich.
Bei uns in der Gemeinde springen die Leute aus ihren Rollstühlen, da ist Power des Heiligen Geistes. Wenn das stimmt, dann kannst du dich mitfreuen. Es ist doch super, wenn Leute aus ihren Rollstühlen springen und wirklich gesund sind. Da muss ich gar nicht kritisch nachfragen. Nein, super!
Aber helfen mir diese Erlebnisse und Ereignisse, um Jesus innerlich näherzukommen? Hilft mir das? Darum geht es hier.
Da versucht Jesus, seinen Schwerpunkt daraufzusetzen: Ich kann viele Wunder erleben, aber das bringt mich nicht automatisch näher zu Jesus. Es kann mir helfen, ohne Frage, aber es bringt mich nicht näher zu ihm.
Das lesen wir auch in den Evangelien: Die Leute haben viel erlebt, aber das heißt nicht, dass es sie näher zu ihm gebracht hat.
Natürlich sind Dämonenaustreibung letzten Sonntag und Aussatzheilung diesen Sonntag spektakulär, aber sie können sehr schnell zum Mittelpunkt werden. Das will Jesus nicht.
Die Botschaft von ihm und er selbst sollen im Mittelpunkt stehen. Dieses Prinzip sollte ich mir merken: Es geht so schnell, dass andere Dinge im Mittelpunkt stehen und nicht Jesus.
Ich war mal längere Zeit in einer Gemeinde, in der Gemeinschaft im Mittelpunkt stand. Das war super, die Gemeinschaft. Ich habe nie so intensive Gemeinschaft erlebt wie in dieser Gemeinde.
Ich habe erst im Abstand kapiert, dass diese Gemeinschaft der Mittelpunkt war – und nicht Jesus. Das kann sehr schnell passieren, unter Predigten und unter allem anderen auch.
Es gibt Christen, die kämpfen gegen Charismatik und gegen Ökumene, und man sollte sich mit diesen Themen beschäftigen, damit einem niemand den Sand der Verführung in die Augen streuen kann und man nicht naiv ist und nichts sieht.
Aber weißt du, wenn es dann nur noch um diese Themen geht und Jesus nicht mehr im Zentrum steht, dann sagt Jesus zu mir: „Jetzt hör doch mal auf, diese Themen immer wieder auf die Tagesordnung zu setzen. Es geht um mich und darum, dass du für mich bist und nicht, wogegen du alles bist.“
Das muss ich wissen: Ich bin für Jesus, und in seiner Nähe will ich leben. Meine Nachfolge soll davon bestimmt werden, jeden Tag ihn besser kennenzulernen.
Das ist wie bei einer Freundschaft: Du lernst jemanden kennen, und am Anfang weißt du noch nicht viel über den anderen. Aber mit der Zeit lernst du ihn immer besser kennen.
Du stellst Fragen: „Hey, was magst du denn am meisten? Oder was magst du gar nicht? Was hast du?“ Weißt du das von deinem Freund oder deinem Ehepartner oder jemand anderem?
Wenn ich über den anderen nachdenke, dann werde ich auch darüber nachdenken, welche Eigenschaften der andere hat und was mich an seinen Eigenschaften freut.
Dieses Denken kann ich auf den Herrn Jesus übertragen. Schade, wenn ich Jesus kennengelernt habe und mit ihm unterwegs bin, aber ihn nicht jeden Tag neu besser kennenlerne.
Paulus sagt es mal in 2. Korinther 3: „Wenn ich Jesus anschaue“, so formuliert er es dort, „dann werde ich ihm ähnlicher.“ Deshalb sollte ich mir viel Zeit nehmen, Jesus anzuschauen, indem ich über ihn nachdenke und ihn anbeten.
Da kann zum Beispiel das Jesus-ABC sehr hilfreich sein. Ich gehe in Gedanken das ABC durch und finde für jeden Buchstaben etwas über den Herrn Jesus: A wie allmächtig, B wie barmherzig, C wie Christus, den Gott gesandt hat, D wie demütig, E wie … das dürft ihr dann selbst weiterdenken.
Das kann mir helfen, über Jesus nachzudenken und ihn dadurch besser kennenzulernen.
Das Interessante an unserem Markus-Bericht ist, dass der Geheilte Jesus als Heiler verkündet. Wahrscheinlich zieht das viele Menschen an, die dann zu Jesus kommen, weil sie die Sensation suchen, aber nicht ihn selbst.
Und Jesus macht hier deutlich, warum er es verboten hat, das zu tun. Er steht dafür nicht zur Verfügung. Deshalb predigt er nicht mehr auf dem Markt, sondern an einsamen Orten.
Das heißt, die Verkündigung des Aussätzigen hier hat den Predigtdienst des Herrn Jesus eingeschränkt.
Deshalb ist es wichtig, genau zu überlegen: Wenn ich von Jesus rede, was betone ich? Was sollen die Leute an Jesus beeindrucken? Seine Wunder oder er selbst? Das, was er gibt, oder das, was er ist?
Vom Abstand zur Nähe – das war mein Thema heute Morgen. Das hat der Aussätzige buchstäblich erlebt, den wir auf unserer Reise durch das Markus-Evangelium kennengelernt haben.
Er hat erlebt, wie Jesus ihn von einer Krankheit geheilt hat, die dem Aussätzigen jede Hoffnung genommen hatte. Möglicherweise war das die erste Berührungsheilung eines Aussätzigen überhaupt.
Damit war klar: Jesus ist der von Gott angekündigte Messias, denn Aussatz kann nur Gott heilen.
Deshalb macht mir dieser Tatsachenbericht sehr viel Hoffnung, wenn ich auf Abstand mit Gott lebe.
Ich darf auf Jesus zugehen und ihn bitten: „Reinige mich von meiner Sünde, so wie du den Aussätzigen gereinigt hast.“ Und Jesus sagt dann auch zu mir, wenn ich zu ihm komme: „Ja, das will ich tun.“
Es kann eine große Hilfe sein, mit jemandem anderen, der schon mit Jesus unterwegs ist, gemeinsam zu Jesus im Gebet zu kommen und zu sagen: „Herr, reinige du mich.“
Ich habe es in der Predigt gesagt: Wenn Sie jemanden kennen, der Christ ist, dann gehen Sie auf ihn zu. Oder Sie kennen die Leute, die hier den Gottesdienst mitgestaltet haben – gehen Sie auf sie zu. Oder wenn Sie am Livestream sitzen, können Sie auch Kontakt mit uns aufnehmen.
Wir haben aber auch durch Markus 1 verstanden, dass wir zu Gott gerade als Christen nicht auf Abstand bleiben müssen, sondern seine Nähe erleben dürfen, indem wir sehr konkret um Dinge bitten – auch auf die Gefahr hin, dass Gott uns manche Wünsche nicht erfüllt.
Das gilt für unsere Krankheiten. Gott heilt Sünde, das ist richtig, aber er heilt nicht jede körperliche Krankheit.
Und trotzdem bleibt er der Gott, der es gut mit uns meint, auch wenn ich ihn nicht verstehe.
Vom Abstand zur Nähe darf ich auch kommen, indem ich Jesus nicht zum Wunderheiler oder zum Sensationsmacher mache, sondern indem ich deutlich mache: Er ist der Retter, er ist der Erlöser.
Mir geht es nicht nur darum, was Jesus tut, sondern vor allem darum, was er ist.
Und wir machen es jetzt am Schluss so wie der Aussätzige: Wir bleiben nicht auf Abstand. Wir kommen in der Stille, jeder für sich, im Gebet in Gottes Nähe und reden mit ihm über die Punkte, die Gott heute Morgen in meinem Leben angesprochen hat.
Wenn ich gemerkt habe, dass er, wie wir in diesem Text gelesen haben, mein Leben berührt hat, schalte ich den Ton ab und bin nach dem persönlichen Gebet wieder da.
Ein Hautkranker, der diese Stelle gelesen hat, sagte mir einmal: Weißt du, was mich an diesem Bericht besonders bewegt? Jesus fasst diesen Aussätzlichen an.
Obwohl diese Hautkrankheit, dieser Aussatz, als hochinfektiös galt, berührt Jesus ihn. Das ist so, als würdest du deinen Mundschutz abnehmen und jemanden anatmen, obwohl du weißt, dass du Corona oder eine andere ansteckende Krankheit hast.
Im Gegensatz zu Miriam und Naaman wird dieser Aussätzliche sogar spontan geheilt, indem Jesus ihn einfach nur berührt. Jesus durchbricht den Abstand, er sucht die Nähe.
Auch hier gilt: Vom Abstand zur Nähe. Jesus kommt mir in meiner Not entgegen.
Und nur Markus erwähnt – kein anderer Evangelist – dass Jesus innerlich berührt war. Du merkst also, er kommt dem Mann nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich entgegen.
Ab Vers 43 haben wir ein Phänomen, das in der Theologie als Messiasgeheimnis bezeichnet wird. Wenn man Theologiebücher durchblättert, stößt man wahrscheinlich auf diesen Begriff. Einige Verse zuvor hat der Herr Jesus den Dämonen verboten, von ihm zu sprechen. Nun verbietet er dem Geheilten: „Sage niemandem etwas von deiner Heilung.“
Was soll das? Widerspricht das nicht dem Jüngerschaftsbefehl „Geht hin und macht alle Nationen zu Jüngern“? Warum verbietet Jesus, dass der Geheilte von ihm reden soll? Hier geht es nicht um evangelistische Verkündigung. Vielmehr will Jesus verhindern, dass der Glaube an die Wunder den Glauben an Christus selbst verdeckt.
Durch das Schweigegebot will der Herr Jesus den Blick auf sich und seine Botschaft lenken. Er möchte nicht, dass die Begeisterung über ihn und über spektakuläre Ereignisse, die man erlebt hat, den Blick auf Jesus selbst trübt.
Vielleicht sagt mir jemand: „Hey, in eurer Gemeinde ist doch nichts los, ihr sitzt da so schön auf Abstand.“ Gut, das muss man respektieren. Aber ihr sitzt da wie Ausgestopfte. Ihr lebt Gott doch nicht, das merkt man schon an eurem Singen oder was auch immer.
In unserer Gemeinde springen die Leute aus ihren Rollstühlen, da ist die Kraft des Heiligen Geistes spürbar. Wenn das stimmt, kann man sich mitfreuen. Es ist doch großartig, wenn Menschen aus ihren Rollstühlen springen und wirklich gesund sind. Da muss ich gar nicht kritisch nachfragen. Nein, super!
Aber helfen mir diese Erlebnisse und Ereignisse, um Jesus innerlich näherzukommen? Hilft mir das wirklich? Darum geht es hier. Jesus versucht, den Schwerpunkt darauf zu setzen. Ich kann viele Wunder erleben, aber das bringt mich nicht automatisch näher zu Jesus. Sicher kann es helfen, aber es ist keine Garantie, dass ich ihm näherkomme.
Das lesen wir auch in den Evangelien: Die Leute haben viel erlebt, aber das heißt nicht, dass es sie näher zu ihm gebracht hat. Natürlich sind Dämonenaustreibungen am letzten Sonntag und Aussatzheilungen an diesem Sonntag spektakulär, aber sie können sehr schnell zum Mittelpunkt werden. Das will Jesus nicht.
Die Botschaft von ihm und er selbst sollen im Mittelpunkt stehen. Dieses Prinzip sollte man sich merken: Es geht so schnell, dass andere Dinge im Mittelpunkt stehen und nicht Jesus.
Ich war einmal längere Zeit in einer Gemeinde, in der die Gemeinschaft im Mittelpunkt stand. Die Gemeinschaft war super. Ich habe nie so intensive Gemeinschaft erlebt wie dort. Erst im Nachhinein habe ich verstanden, dass die Gemeinschaft der Mittelpunkt war – und nicht Jesus.
Das kann sehr schnell passieren, auch unter Predigten oder bei anderen Themen. Es gibt Christen, die einen Kampf gegen Charismatik und Ökumene führen. Man sollte sich mit diesen Themen beschäftigen, damit einem niemand den Sand der Verführung in die Augen streuen kann und man nicht naiv bleibt.
Aber wenn es dann nur noch um diese Themen geht und Jesus nicht mehr im Zentrum steht, sagt Jesus zu mir: „Jetzt hör doch mal auf, diese Themen immer wieder auf die Tagesordnung zu setzen.“ Es geht um mich. Es geht darum, dass du für mich bist und nicht darum, wogegen du alles bist. Das muss ich wissen.
Ich bin für Jesus, und in seiner Nähe will ich leben. Meine Nachfolge soll davon bestimmt werden, jeden Tag ihn besser kennenzulernen.
Das ist wie bei einer Freundschaft. Du lernst jemanden kennen, und am Anfang weißt du noch nicht viel über den anderen. Mit der Zeit lernst du ihn aber immer besser kennen. Du stellst Fragen: „Hey, was magst du denn am meisten? Oder was magst du gar nicht? Was hast du?“ Weißt du das von deinem Freund, deinem Ehepartner oder jemand anderem?
Wenn ich über den anderen nachdenke, dann überlege ich auch, welche Eigenschaften der andere hat. Was freut mich an seinen Eigenschaften? Dieses Denken kann ich dann auf den Herrn Jesus übertragen. Es ist schade, wenn ich Jesus kennengelernt habe und mit ihm unterwegs bin, aber ihn nicht jeden Tag neu besser kennenlerne.
Paulus sagt es einmal im 2. Korintherbrief 3: „Wenn ich Jesus anschaue, dann werde ich ihm ähnlicher.“ Deshalb sollte ich mir viel Zeit nehmen, Jesus anzuschauen, indem ich über ihn nachdenke und ihn anbete.
Dabei kann zum Beispiel das Jesus-ABC sehr hilfreich sein. Ich gehe in Gedanken das ABC durch und finde für jeden Buchstaben etwas über den Herrn Jesus. A wie allmächtig, B wie barmherzig, C wie Christus, den Gott gesandt hat, D wie demütig, und E wie … das dürft ihr dann selber weiterdenken.
Das kann mir helfen, über Jesus nachzudenken und ihn dadurch besser kennenzulernen.
Das Interessante an unserem Bericht im Markus-Evangelium ist, dass der Geheilte Jesus als Heiler verkündigt. Wahrscheinlich zieht das viele Menschen an, die dann zu Jesus kommen, weil sie die Sensation suchen – nicht, weil sie ihn selbst suchen.
Jesus macht hier deutlich, warum er es verboten hat, das zu tun. Er steht dafür nicht zur Verfügung. Deshalb predigt er nicht mehr auf dem Markt, sondern an einsamen Orten.
Das bedeutet, die Verkündigung des Aussätzigen hat den Predigtdienst des Herrn Jesus eingeschränkt. Deshalb ist es wichtig, genau zu überlegen, wenn ich von Jesus rede: Was betone ich? Was sollen die Leute an Jesus beeindruckend finden? Seine Wunder oder ihn selbst? Das, was er gibt, oder das, was er ist?
Vom Abstand zur Nähe – das war mein Thema heute Morgen. Das hat der Aussätzige buchstäblich erlebt, den wir auf unserer Reise durch das Markus-Evangelium kennengelernt haben. Er hat erfahren, wie Jesus ihn von einer Krankheit heilte, die dem Aussätzigen jede Hoffnung genommen hatte.
Möglicherweise war das die erste Berührungsheilung eines Aussätzigen überhaupt. Damit wurde klar: Jesus ist der von Gott angekündigte Messias. So habe ich es gesagt: Aussatz kann nur Gott heilen. Deshalb macht mir dieser Tatsachenbericht sehr viel Hoffnung, wenn ich auf Abstand zu Gott lebe.
Ich darf auf Jesus zugehen und ihn bitten: „Reinige mich von meiner Sünde, so wie du den Aussätzigen gereinigt hast.“ Und Jesus sagt dann auch zu mir, wenn ich zu ihm komme: „Ja, das will ich tun.“ Es kann eine große Hilfe sein, gemeinsam mit jemandem, der schon mit Jesus unterwegs ist, zu Jesus im Gebet zu gehen und zu sagen: „Herr, reinige du mich.“
Ich habe es in der Predigt gesagt: Wenn Sie jemanden kennen, der Christ ist, dann gehen Sie auf ihn zu. Oder Sie kennen die Leute, die hier den Gottesdienst mitgestaltet haben – gehen Sie auf sie zu. Wenn Sie am Livestream teilnehmen, können Sie auch Kontakt mit uns aufnehmen.
Wir haben aber auch durch Markus 1 verstanden, dass wir zu Gott gerade als Christen nicht auf Abstand bleiben müssen. Wir dürfen seine Nähe erleben, indem wir sehr konkret um Dinge bitten – auch auf die Gefahr hin, dass Gott uns manche Wünsche nicht erfüllt. Das gilt für unsere Krankheiten. Gott heilt Sünde – das ist richtig –, aber er heilt nicht jede körperliche Krankheit. Trotzdem bleibt er der Gott, der es gut mit uns meint, auch wenn ich ihn nicht verstehe.
Vom Abstand zur Nähe darf ich auch kommen, indem ich Jesus nicht zum Wunderheiler oder zum Sensationsmacher mache, sondern indem ich deutlich mache: Er ist der Retter, er ist der Erlöser. Mir geht es nicht nur darum, was Jesus tut, sondern vor allem darum, was er ist.
Zum Schluss machen wir es so wie der Aussätzige: Wir bleiben nicht auf Abstand. Wir kommen in der Stille, jeder für sich, im Gebet in Gottes Nähe. Wir reden mit ihm über die Punkte, die Gott heute Morgen in meinem Leben angesprochen hat, wenn ich gemerkt habe, dass er, wie wir es in diesem Text gelesen haben, mein Leben berührt hat.
Wir schalten den Ton ab und sind nach dem persönlichen Gebet wieder da.