Das Gebet im Angriff des Feindes
Eine Predigt, gehalten von C. H. Spurgeon, über den Vers: „Damit euer Gebet nicht verhindert werde“, 1. Petrus 3,7.
In dieser Predigt spricht Spurgeon darüber, wie wichtig das Gebet gerade in Zeiten der Bedrängnis und des Angriffs durch den Feind ist. Er betont, dass das Gebet eine mächtige Waffe im geistlichen Kampf darstellt und dass es von großer Bedeutung ist, dass es nicht behindert oder verhindert wird.
Spurgeon erklärt, dass der Feind alles daran setzt, das Gebet der Gläubigen zu unterbinden. Er versucht, Zweifel, Angst und Ablenkungen zu säen, um die Verbindung zu Gott zu stören. Doch gerade wenn der Feind am stärksten angreift, ist das Gebet der Schlüssel, um festen Halt zu finden und Gottes Hilfe zu erfahren.
Der Prediger ermutigt die Zuhörer, trotz aller Schwierigkeiten beharrlich im Gebet zu bleiben. Er weist darauf hin, dass Gott die Gebete seiner Kinder hört und erhört, wenn sie im Glauben und in der Demut zu ihm kommen. Dabei ist es wichtig, in der Gemeinschaft mit anderen Gläubigen zu stehen und sich gegenseitig im Gebet zu unterstützen.
Spurgeon hebt hervor, dass das Gebet nicht nur eine Bitte um Hilfe ist, sondern auch ein Ausdruck des Vertrauens und der Hingabe an Gott. Es ist ein Zeichen dafür, dass der Gläubige seine Abhängigkeit von Gott anerkennt und sich seiner Macht und Liebe anvertraut.
Abschließend mahnt Spurgeon, wachsam zu sein und sich nicht vom Feind einschüchtern zu lassen. Er erinnert daran, dass das Gebet eine göttliche Kraftquelle ist, die den Gläubigen stärkt und schützt. Wer im Gebet standhaft bleibt, wird erleben, dass Gottes Segen und Frieden ihn begleiten, selbst in den schwierigsten Zeiten.
Diese Predigt ist eine eindringliche Aufforderung, das Gebet als festen Bestandteil des geistlichen Lebens zu pflegen, besonders wenn der Feind versucht, es zu verhindern. Sie zeigt auf, wie wichtig es ist, im Gebet zu bleiben, um den Angriffen des Feindes zu widerstehen und Gottes Beistand zu erfahren.
Einleitung: Die Bedeutung des Gebets und seine Gefährdung
An viele Menschen kann sich diese Rede kaum wenden, weil sie nicht beten. Es gibt andere, fürchte ich, deren Gebete so wertlos sind, dass es fast ohne Belang wäre, wenn sie verhindert würden. Vielleicht würden sie sogar aus ihrem selbstgerechten Schlummer erweckt, wenn sie gezwungen wären, ihr Beten zu unterlassen.
Nur äußerlich das Kniebeugen und in sorgloser oder halbherziger Manier eine Formel hersagen heißt eher, Gott zu verspotten, als ihn zu verehren. Wollten wir darüber sprechen, wie sehr der Herr von Tag zu Tag durch viel Plappern und herzlose Gebete ermüdet wird, würden wir wohl selbst ermüden, so viel und so Furchtbares wäre zu sagen.
Ich möchte indes mit freilicherem Ernst diejenigen, die nicht wahrhaft beten, daran erinnern, dass der Zorn Gottes über ihnen bleibt. Wer nie Gnade gesucht hat, hat sie wahrlich nie gefunden. Unser Gewissen erkennt es als gerecht, dass Gott denen nicht gibt, welche nicht bitten wollen.
Es ist das Geringste, was von uns erwartet werden kann, dass wir demütig um die Gaben bitten, die wir nötig haben. Wenn wir uns weigern, dann ist es nur recht, dass die Gnadentür verschlossen bleibt, solange die Menschen nicht anklopfen wollen.
Wenn sie eines Tages in äußerster Not ihre Torheit beklagen, wenn sie die Stimme Gottes hören, die zu ihnen spricht: »Weil ich denn rufe und ihr weigert euch, ich recke meine Hand aus und niemand achtet darauf«, so will ich auch lachen in eurem Unfall und euer Spotten, wenn da kommt, dass ihr fürchtet.
Die Bedeutung des Gebets in der Ehe und im Familienleben
Es gibt eine alte Erzählung von einer Fürstin, die einem Günstling einen Ring gab. Er sollte ihr diesen Ring senden, falls er jemals in ihre Ungnade fallen sollte. Sie überreichte ihn mit dem Versprechen, dass er beim Anblick des Ringes ihre Gunst wieder erhalten würde.
Jener Ring wurde jedoch niemals vorgezeigt, obwohl lange darauf gewartet wurde. Man konnte sich nicht sehr wundern, dass schließlich das Todesurteil vollzogen wurde. Man hielt den Angeklagten für einen hartnäckigen Empörer.
Den Gläubigen ist das Gebet so unschätzbar, dass Petrus ihnen empfahl, sich in ihren ehelichen und häuslichen Verhältnissen mit großer Weisheit zu verhalten. Andernfalls drohte die Gefahr, dass das Gebet verhindert würde. Er gebietet dem Mann, mit Vernunft bei seinem Weibe zu wohnen und ihm seine Ehre zu geben, damit ihr gemeinsames Gebet nicht verhindert werde.
Alles, was das Gebet verhindert, ist unrecht. Wenn irgendeine Ordnung der Familie oder ein Mangel an Ordnung unserer Kraft dem Gebet Abbruch tut, so ist eine Änderung dringend geboten. Mann und Weib sollten zusammenbeten als Miterben der Gnade. Jede Stimmung oder Gewohnheit, die dies verhindert, ist böse.
Der Text wäre sehr geeignet, Christen zum Eifer im häuslichen Gebet anzuspornen. Wenn ich ihn bei dieser Gelegenheit nicht brauche, so nicht, weil ich diese Einrichtung unterschätze. Im Gegenteil: Ich achte sie so hoch, dass ich keine Worte habe, die mein Gefühl von ihrem Wert hinreichend ausdrücken könnten.
Das Haus, in dem kein Familienaltar ist, kann kaum den göttlichen Segen erwarten. Wenn der Herr unsere Wohnung nicht mit seinen Flügeln bedeckt, ist unsere Familie wie ein Haus ohne Dach. Wenn wir die Leitung des Herrn nicht suchen, ist unser Haushalt ein Schiff ohne Steuermann. Wenn unsere Familie nicht durch Andachten eingehegt wird, ist sie ein Feld ohne Zaun.
Das traurige Betragen vieler Kinder christlicher Eltern rührt hauptsächlich von der Vernachlässigung oder der Kälte der Familienandacht her. Ich zweifle nicht daran, dass manches Gericht über unsere Häuser gekommen ist, weil der Herr nicht gebührend darin geehrt wurde.
Elias’ Sünde führt noch immer die Heimsuchung eines eifernden Gottes herbei. Das Wort des Jeremias trifft zahllose Familien hart: „Schütte deinen Zorn über die Geschlechter, die deinen Namen nicht anrufen.“ Seine Barmherzigkeit aber ist über jedem Haus, in dem Abend- und Morgengebete gehört werden. Ein Haus, das diese versäumt, lädt Sünde auf sich.
In der guten alten Zeit der Puritaner sagte man: Wenn ihr die Cheapside, das war die Hauptstraße in der City von London, hinuntergeht, hört ihr zu einer bestimmten Stunde des Morgens und Abends in jedem Haus das Singen eines Psalms. Denn damals gab es kein Christenhaus ohne Familiengebet.
Ich glaube, das Bollwerk des Protestantismus gegen das Papsttum ist die Hausandacht. Nehmt diese hinweg oder gebt den Unterricht der Kinder in der Furcht Gottes auf, und ihr gebt dieses Land wiederum dem leeren Preis. So entsteht die Vorstellung, dass das Gebet Gott am angenehmsten in der Pfarrkirche sei, und man kehrt zurück zu der Heiligkeit gewisser Örter.
Würde die Vernachlässigung der häuslichen Andacht allgemein in unseren Gemeinden zunehmen, so würden dunkle Tage für unser Land kommen. Kinder, die sehen, dass ihre Eltern im häuslichen Leben ohne Gebete hingehen, werden in Gleichgültigkeit gegen die Religion aufwachsen und in vielen Fällen ganz weltlich werden, wenn nicht gar zu völligen Gottesleugnern.
Dies ist eine Sache, in der die Gemeinde keine inquisitorische Nachforschung anstellen kann. Sie muss dem gesunden Verstand und dem christlichen Geist der Familienhäupter überlassen bleiben. Ich spreche deshalb umso stärker und bitte, im eigenen Haus alles so einzurichten, dass das Familiengebet nicht verhindert wird.
Die Hindernisse für das Gebet des Einzelnen
Diesmal möchte ich den Text für einen anderen Zweck verwenden und ihn auf die Hindernisse anwenden, die dem Gebet des Einzelnen entgegenstehen. Unsere Gebete können aus verschiedenen Gründen verhindert werden: Erstens können wir am Gebet gehindert werden. Zweitens kann es sein, dass wir im Gebet selbst gehindert werden. Drittens kann die Wirkung unseres Gebets verhindert werden.
I. Was hindert uns am Gebet?
I. Was hindert uns am Gebet?
Das kann die Folge einer allgemeinen Laxheit und Lauheit in Bezug auf göttliche Dinge sein. Wird jemand kalt, gleichgültig und sorglos, so ist eines der ersten Dinge, die darunter leiden, seine Andacht.
Wenn bei einem Kranken die Kräfte abnehmen, leiden seine Lunge und seine Stimme. Wenn bei einem Christen geistliche Abnahme der Kräfte eintritt, wird der Atem des Gebets angegriffen und die Stimme des Flehens wird schwach. Das Gebet ist der wahre Maßstab der geistlichen Kraft. Hemmung des Gebets ist gefährlich und führt zum Tode – verlasst euch darauf.
Was ihr auf euren Knien seid, das seid ihr in Wahrheit vor eurem Gott. Was der Pharisäer und der Zöllner im Gebet waren, das war der wahre Ausdruck ihres Seelenzustandes. Ihr könnt euren guten Ruf unter den Menschen aufrechterhalten, aber es ist wenig wert, von Menschen beurteilt zu werden. Menschen sehen nur die Oberfläche, während die Augen des Herrn ins Innerste der Seele dringen.
Wenn er sieht, dass ihr ohne Gebet seid, wird er wenig darauf geben, dass ihr religiöse Versammlungen besucht oder viel von eurer Bekehrung redet. Wenn deine Gebete verhindert werden, dann ist etwas in deiner geistlichen Natur, das hinweggetan werden muss, oder es fehlt etwas, das augenblicklich ergänzt werden muss.
Behüte dein Herz mit allem Fleiß, denn daraus geht das Leben. Und lebendiges Gebet gehört mit zum Leben.
Das Gebet kann ferner dadurch verhindert werden, dass wir zu viel zu tun haben. In unserer Zeit ist dies etwas sehr Gewöhnliches. Wir können zu geschäftig in unseren eigenen Sachen sein. Die ruhigen Tage der zufriedenen Vorfahren sind vorüber, und die Menschen bürden sich immer mehr Arbeit auf.
Nicht damit zufrieden, so viel zu verdienen, wie für sie und ihre Familie notwendig ist, müssen sie mehr haben, als sie selbst zu genießen imstande sind oder zum Nutzen anderer verwenden können. „Genug ist so gut wie ein Fest“, sagt ein altes Sprichwort. Aber heutzutage befriedigt weder das Genug noch ein Fest die Menschen.
Mancher Mann, welcher der Gemeinde Gottes von großem Nutzen hätte sein können, wird nutzlos, weil er sein Geschäft ausweitet, sodass es alle seine freie Zeit in Anspruch nimmt. Statt dass seine erste Sorge ist: Was kann ich zu Gottes Ehre tun? – verschlingt alles sein Streben, seine Arme auszustrecken wie das Meer und das ganze Ufer einzuziehen.
Tausende, Hunderttausende und Millionen Goldstücke können die Gier nicht zum Schweigen bringen, die beständig schreit: Meer, Meer! Manche kaufen Haus auf Haus, Feld auf Feld, und die Christen werden von demselben Fieber angesteckt.
Der reiche Mann im Gleichnis hatte keine Zeit zum Gebet. Er arbeitete Pläne aus für seine neuen Scheunen, um seine Güter darin zu sammeln. Aber zum Sterben musste er Zeit finden, als der Herr sprach: „Diese Nacht wird man deine Seele von dir fordern.“ Hütet euch!
So bitte ich vor dem Verlangen nach mehr, dem Krebs des Reichtums, der unersättlichen Gier, welche die Menschen in die Schlingen des Satans treibt. Denn selbst wenn es kein anderes Unglück brächte, so wird es Schaden genug tun, wenn euer Gebet dadurch verhindert wird.
Wir können selbst im Hause Gottes zu viel zu tun haben und so unsere Gebete hindern, indem wir uns wie Martha viel Sorge und Mühe machen. Ich habe nie von jemandem gehört, der sich sorgte und mühte mit vielem Beten.
Je mehr wir tun, desto mehr sollten wir beten. Das Gebet sollte unserem Dienen das Gleichgewicht halten oder besser: Es sollte das Herzblut jeder Handlung sein und unser ganzes Leben durchdringen, wie der Tau des Himmels Gideons Fell durchdrang.
Wir können nicht zu viel arbeiten, wenn das Gebet im Verhältnis dazu steht. Aber ich fürchte, manche unter uns würden viel mehr tun, wenn wir weniger unternehmen und mehr dafür beteten.
Ich fürchte sogar, dass einige den öffentlichen religiösen Übungen gestatten, ihrem Umgang mit Gott Abbruch zu tun. Sie besuchen zu viele Predigten, zu viele Konferenzen, zu viele Bibelstunden, zu viele Komitees, ja sogar zu viele Betstunden. Die alle an sich gut sind, aber schädlich wirken, wenn sie das Gebet im Kämmerlein verkürzen.
Eine christliche Dame sagte, wenn ein Apostel zu der Zeit predigte, die sie für ihr einsames Gebet festgesetzt hätte, würde sie dies dennoch nicht versäumen, um hinzugehen und um ihn zu hören.
Es muss besser sein, bei Gott zu weilen als bei Petrus oder Paulus. Besser bei dem Meister als bei seinen Jüngern. Das Gebet ist der Zweck des Predigens, und wehe dem Mann, der die Mittel höher schätzt als den Zweck und durch irgendeine andere Form des Gottesdienstes seine Gebete beiseite drängen lässt.
Es kann auch kein Zweifel darüber bestehen, dass das Gebet verhindert wird dadurch, dass wir zu wenig zu tun haben. Wenn ihr etwas gut ausgerichtet haben wollt, so müsst ihr zu dem gehen, der viel zu tun hat, denn er ist der Mann, der es tun kann.
Die Leute, die nichts zu tun haben, machen gewöhnlich mehr Aufhebens davon als nötig. Vom Morgen bis Abend vergeuden sie anderer Leute Zeit. Sie sind es, die Visiten machen, Zusammenkünfte halten, frappierende Artikel über Personen des öffentlichen Lebens schreiben, die oftmals in ihren eigenen dummen Hirnschalen erfunden sind.
Sie sind es, die Verleumdung aushecken, die in purem Übermut den Ruf guter Menschen verunglimpfen. Da sie nichts zu tun haben, werden sie vom Satan gedungen, andere zu hindern und ihnen zu schaden.
Wenn solche Leute je beten, so bin ich gewiss, dass ihre Trägheit ihnen sehr hinderlich sein muss.
Der Mann, der in einer Schule für verwahrloste Kinder lehren soll, findet, dass er um Hilfe flehen muss, um diese jungen, wilden Naturen zu bemeistern. Für die junge Lehrerin, die ein Dutzend Mädchen um sich sitzen hat, welche sie gerne zum Heiland führen möchte, ist es gebieterische Pflicht, für Johanna oder Helene zu beten, dass sie zu Gott bekehrt werden möchten.
Der Prediger, dessen Hände voll heiliger Arbeit sind und dessen Augen müde von heiligen Wachen sind, findet, dass er nicht fertig werden kann, ohne seinen Gott zu nahen und ihn zu bitten, dass er seine Arbeit segnen möchte.
Wenn diese Diener Jesu weniger zu tun hätten, würden sie weniger beten, aber heilige Arbeit ist die Pflegerin der Andacht.
Ich sagte, wir können zu viel zu tun haben, aber um der Wahrheit gerecht zu werden, muss ich hinzufügen, dass ein sehr großer Teil der Christen zu wenig tut. Gott hat ihnen so viel Reichtum gegeben, dass sie sich vom Geschäft zurückziehen könnten.
Sie haben freie Zeit genug und müssten Selbstmittel erfinden, um diese nur auszufüllen. Und doch gibt es Unwissende zu unterrichten, Kranke zu trösten und Arme zu besuchen, die Hilfe nötig haben. Sollten sie nicht ihre viele Muße in den Dienst Gottes stellen?
Würde ihr Gebet nicht dadurch lebendiger werden? Ich möchte, sie könnten mit jenem heiligen Gott sagen: Beten ist mein Geschäft und Preisen mein Vergnügen. Aber sicherlich werden sie dahin nie kommen, bis der Eifer um das Haus des Herrn sie vielleicht doch einmal verzerrt.
Einige Leute hindern ihre Gebete durch einen Mangel an Ordnung. Sie stehen ein wenig zu spät auf, haben deshalb den ganzen Tag hinter ihrem Werk herzujagen und holen es doch nicht ein. Sie sind beständig in Hast, da eine Pflicht nach der anderen auf den Versen folgt.
Sie haben keine bestimmte Zeit, um sich zurückzuziehen, kein Plätzchen, das eingehegt ist für die Gemeinschaft mit Gott. Folglich fällt dies oder das vor, und das Gebet wird vergessen.
Nein, ich hoffe nicht ganz vergessen, aber es wird so leicht und eilig darüber hinweggehuscht, dass wenig daran ist und es ihnen keinen Segen bringt.
Ich wünschte, jeder von euch führte nächste Woche ein Tagebuch über sein Gebet und sähe, wie viel oder vielmehr wie wenig Zeit von den vierundzwanzig Stunden er mit Gott zubrachte. Wie viel Zeit wird bei Tisch verbracht, wie viel am Gnadenstuhl? Wie viele Stunden sind den Menschen gewidmet, wie viele eurem Schöpfer?
Ihr gebt euren Freunden auf Erden etwas von eurer Muße, wie viele Minuten eurem Freund im Himmel? Ihr gestattet euch eine Weile zur Erfrischung, aber wie viel nehmt ihr euch für die Übung, welche in Wahrheit die Seele frisch macht?
„Einen Platz für jedes Ding und jedes Ding an seinem Platz“ ist eine gute Regel für Schulen und Geschäftslokale, und sie wird in geistlichen Dingen ebenso nützlich sein.
Andere Pflichten müssen erfüllt werden, aber das Gebet sollte nicht unterlassen werden. Es muss einen Platz und einen genügend großen haben.
Sorge müssen wir tragen, dass unsere Gebete nicht verhindert, nicht versäumt oder abgekürzt werden.
Zweitens: Was hindert uns im Gebet?
II. Was hindert uns im Gebet?
Lasst uns beachten, dass einige im Gebet gehindert werden, weil sie Zeit und Ort unpassend wählen. Es gibt Zeiten, in denen ihr ein Klopfen an der eigenen Tür erwarten könnt. Klopft nicht gerade dann an Gottes Tür. Es gibt Stunden, in denen eure Briefe ankommen, Kunden kommen, Handwerker euch in Anspruch nehmen oder Arbeiter Anweisungen brauchen. Es wäre töricht, gerade in diesen Momenten in euer Kämmerlein zu gehen.
Wenn ihr im Dienste anderer arbeitet, so bietet Gott nicht die Stunden an, die eurem irdischen Herrn gehören. Ihr ehrt Gott besser durch Fleiß und treues Arbeiten in eurem Beruf. Die Bedürfnisse des Hausstandes und eures rechtmäßigen Berufes erfordern gewisse Zeit. Diese Zeit ist schon des Herrn, jedoch auf eine andere Weise. Nutzt sie, wozu sie da ist. Befleckt nie eine Pflicht durch die Verkürzung einer anderen. Widmet Gott und dem Gebet die passende Zeit, in der ihr vernünftigerweise erwarten könnt, allein zu sein.
Natürlich könnt ihr bei eurer Arbeit beten, in Ausrufungen oder stillen Seufzern, und ihr sollt den ganzen Tag über in der Stimmung des Gebets sein. Aber ich spreche jetzt von den Zeiten, die ihr speziell dem Gebet widmet. Und da sage ich: Wählt Zeit und Ort so, dass ihr frei von Unterbrechungen seid.
Ein frommer Knabe, der im Hause keinen Ort hatte, wo er beten konnte, ging in den Stall und stieg auf den Heuboden. Doch sehr bald kam jemand die Leiter hinauf und unterbrach ihn. Das nächste Mal zog er die Leiter hinter sich weg – ein sehr nützlicher Wink für uns. Es wäre in der Tat gut, wenn auch wir die Leiter hinaufziehen könnten, damit weder der Teufel noch die Welt in unsere heilige Einsamkeit eindringen könnten.
Wenn du aber betest, so geh in dein Kämmerlein, schließe die Tür zu und bete zu deinem Vater im Verborgenen. Dein Vater, der ins Verborgene sieht, wird es dir öffentlich vergelten. Wählt also Zeit und Ort passend, damit euer Gebet nicht verhindert wird.
Weltliche Sorgen sind häufige Hindernisse des Gebets. Ein Christ sollte der sorgenste Mensch in der Welt sein und doch ohne Sorgen. Versteht ihr das Paradox? Er sollte Sorgen nicht sündigen, aber in anderen Dingen sollte er seine Sorgen auf den werfen, der für ihn sorgt. Alles aus Gottes Hand zu nehmen und alles in Gottes Hand zu lassen, macht das Leben glücklich und fördert das Gebet.
Hat nicht euer Meister euch von den Raben in Lukas 12,24 und den Lilien gesagt? Euer himmlischer Vater nährt und kleidet sie. Sollte er das nicht vielmehr mit euch tun? Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit. Der Glaube gibt Frieden, und Frieden macht die Seele frei fürs Gebet.
Aber wenn die Sorge kommt, verwirrt sie das Gemüt und zieht das Herz vom Beten ab. Ein Herz, das mit Sorgen belastet ist, ist wie ein Mann, der in schweren Kleidern zu schwimmen versucht. Er muss sie abwerfen, wenn er das Ufer erreichen will. Mancher Seemann hat seine Kleider in Stücke geschnitten, weil er fühlte, dass er sinken würde, wenn er sich nicht von ihnen befreite.
Ich möchte wünschen, dass manche Christen sich von ihren übermäßig vielen weltlichen Geschäften losrissen. Sie haben eine solche Menge Sorgen auf sich liegen, dass sie kaum den Kopf über Wasser halten können. Oh, dass wir mehr Gnade hätten und weniger Plage, mehr Beten und weniger Schätze sammeln, mehr heißes Flehen und weniger Spekulation, irdische Vergnügen!
Besonders die von zweifelhafter Art sind das schlimmste aller Hindernisse. Einige, die sich Christen nennen, erlauben sich Amüsements, die, da bin ich gewiss, sich mit dem Gebet nicht vertragen. Sie gleichen den Fliegen, die in den Honig tauchen, bis die Süßigkeit an ihren Flügeln und Füßen klebt und sie nicht mehr fliegen können.
Wie könnt ihr nach Hause kommen, von Frivolität und Sünde, und dann in das Angesicht Jesu blicken? Wie kann man den Sitten der Welt folgen und Gemeinschaft mit Gott aufrechterhalten? Ihr könnt euch nicht im Schlamm wälzen und danach mit reinen Gewändern den Gnadenstuhl betreten. Wie könnt ihr vor dem Thron Gottes mit Bitten kommen, wenn ihr eben den Namen des Allerhöchsten entehrt habt?
O Christen, haltet euch fern von allem, bei dem ihr zweifelt, ob es recht oder auch nur schicklich sei, denn was nicht aus dem Glauben kommt, ist Sünde und wird eure Gebete hindern.
Ferner kann das Gebet ebenso sehr durch weltliche Traurigkeit gehindert werden. Manche überlassen sich der Traurigkeit so sehr, dass sie nicht einmal beten können. Die Tränen des aufrührerischen Murrens feuchten das Pulver des Gebets, so dass der Christ seine Wünsche nicht himmelwärts senden kann, wie er sollte.
Die Traurigkeit, die das Gebet eines Menschen hindert, ist offene Empörung gegen Gottes Willen. Unser Herr war betrübt bis in den Tod. Aber da betete er, nein, darum betete er. Es ist recht traurig zu sein, denn Gottes Absicht ist, dass die Trübsal uns schmerzlich sein soll und nicht angenehm. Aber wenn die Traurigkeit rechter Art ist, wird sie uns zum Gebet treiben und nicht davon weg.
Wenn wir finden, dass unser Kummer beim Verlust eines lieben Kindes oder bei der Abnahme unseres Vermögens unsere Gebete hindert, so meine ich, sollten wir uns sagen: Nun muss ich beten, denn es kann nichts anderes als Unrecht sein, so aufrührerisch gegen meinen Vater zu sein, dass ich nichts von seiner Hand erbitten will.
Wenn dein Kind sich weigerte, irgendetwas von dir zu bitten, weil es seinen Willen nicht bekommen hat und schmollend im Haus umherginge, würdest du es für sehr halsstarrig halten. Doch benehmen sich manche Trauernde so. Wir würden sicher Mitgefühl für ihren Schmerz haben, aber wir können ihr Murren nicht entschuldigen, denn die Traurigkeit der Welt wirkt den Tod und ist unziemlich für ein Kind Gottes.
Mit all eurem Kummer, in den Staub gebeugt vor Betrübnis, ruft dennoch mit eurem Herrn und Meister: „Nicht wie ich will, sondern wie du willst!“ Dann werden eure Gebete gefördert, nicht gehindert.
Es gibt Fälle, in denen das Gebet sehr durch eine heftige Gemütsart verhindert wird. Ich weiß nicht, wo dies trifft. Aber wo immer, da hoffe ich, dass es zu Herzen gehen wird.
Ihr könnt nicht beständig scharf mit den Dienstboten und Kindern sprechen, ihr könnt euch nicht in üble Laune versetzen, ihr könnt euch nicht bei einem großen Streit oder bei kleinen Zänkereien beteiligen und dann hingehen und mit allen Kräften beten.
Mein Gebet steigt nicht empor, wenn ich zornig bin, und ich glaube nicht, dass eures dazu imstande ist. Steht auf, geht und bringt die Sache in Ordnung, ehe ihr versucht, mit Gott zu reden. Denn das Gebet zorniger Menschen macht Gott zornig.
Ihr könnt nicht mit dem Engel kämpfen, wie in Hosea 12,5, wenn ihr unter der Macht des Teufels seid. Ist es nicht so? Ich berufe mich auf euer eigenes Gewissen, ihr sollt selbst Richter sein.
Es ist eine gute Vorschrift unseres Herrn: „So lass alsdar vor dem Altar deine Gabe und gehe zuvor hin und versöhne dich mit deinem Bruder.“ Wenn das nicht getan wird, kann das Opfer nicht angenommen werden. Und ich sehe nicht, wie ihr wagen könnt, es dazu zu bringen.
Ich habe von zwei guten Männern gehört, die einen Streit miteinander hatten. Ich weiß nicht, wer Schuld hatte, vielleicht keiner. Es mag ein Missverständnis gewesen sein. Der eine aber sah, während er sehr erbittert nach Hause ging, die Sonne untergehen, und der Spruch fiel ihm ein: „Lasset die Sonne nicht über eurem Zorn untergehen.“
Er dachte: „Ich will umkehren und mich entschuldigen, denn ich glaube, ich habe zu scharf gesprochen.“ Er ging zum Büro seines Freundes zurück und begegnete auf dem halben Weg dem anderen, der in derselben Absicht zu ihm kam. Glückliche Christen, die so der Ermahnung des Heiligen Geistes eingedenk sind und dem Herrn Jesus so ähnlich!
Es müssen ja Ärgernisse kommen, aber selig sind die, welche sie zuerst entfernen. Ach, Menschen von einer gewissen Art können das nicht tun. Sie hegen einen Groll, bis er fault und ihre ganze Natur mit seinem widerwärtigen Geruch anfüllt.
Sicherlich können sie nicht erwarten, dass ihre Gebete erhört werden, solange ihre unbegrabenen Feindschaften ihre Seele verunreinigen. Versucht, liebe christliche Freunde, soweit ihr könnt, nicht zu sündigen, wenn ihr zürnt. Es ist möglich, denn es steht geschrieben: „Zürnet und sündigt nicht.“
Ein Mann, der keinen Zorn in sich hat, ist kaum ein Mann und gewiss kein guter Mann, denn wer nicht über die Sünde zürnt, liebt nicht die Tugend. Man sagt von einigen, dass sie so bequem und gefügig sind wie ein alter Schuh. Gewöhnlich sind diese Leute nicht mehr wert als ein solcher.
Der Zorn gegen Ungerechtigkeit ist recht, aber jener Zorn gegen die Person, der so ausartet, dass er ihr Böses wünscht, ist sündlich und bläst das Feuer des Gebets aus. Wir können nicht um Vergebung bitten, wenn wir nicht anderen ihre Schuld gegen uns vergeben.
Weiter kann das Gebet auf dreierlei furchtbare Weise verhindert werden: wenn wir den Vater verunehren, zu dem wir beten, oder den Sohn, in dem wir beten, oder den Heiligen Geist, durch den wir beten.
Ich sage, wir können den Vater verunehren. Dies kann geschehen durch Abweichen von seinem Gebot. Wenn Kinder Gottes dem Willen des Vaters nicht gehorsam sind, so müssen sie sich nicht wundern, wenn es ihnen schwerfällt, zu beten. Es wird etwas in ihrer Kehle sein, was ihr Gebet hemmt.
Ihr könnt nicht euer Herz in erhörlicher Weise ausschütten, wenn ihr nicht an euren himmlischen Vater glaubt. Wenn ihr bittere Gedanken über Gott hegt, wenn ihr ein kaltes Herz gegen ihn habt und Mangel an Ehrfurcht vor seinem Namen, auch wenn ihr nicht an das große, gütige Herz glaubt, das nur darauf wartet, euch zu segnen, wird euer Mangel an Liebe, Glauben und Ehrfurcht euer Gebet ersticken.
Aber wenn ein Mensch völlig eins ist mit dem Vater, mit dem großen Vater, wenn „aber, lieber Vater“ der wahre Ausdruck seiner Seele ist, wenn er mit Gott redet wie mit einem, in dem er unbedingtes Vertrauen setzt, dessen Willen er sich vollkommen übergibt und dessen Ehre seiner Seele Freude ist, dann ist im Gebet der Vorteil auf seiner Seite. Er wird von Gott erreichen, was er will.
Ebenso, Brüder, wenn wir nicht richtig zu Jesus stehen, indem wir beten, wenn wir in irgendeinem Maße selbstgerecht sind, wenn wir an uns selber Freude haben und unseren Geliebten vergessen, wenn wir uns einbilden, dass wir ohne den Heiland fertig werden können, wenn wir deshalb wie selbstgerechte Pharisäer bitten, dann werden unsere Gebete verhindert.
Wenn wir nicht dem Heilande gleichen, wenn wir ihn nicht unser Vorbild sein lassen, wenn wir nichts von seiner liebevollen Gesinnung haben und besonders wenn wir ihn wiederum kreuzigen und für Spott halten und undankbar für die Güte sind, die wir schon empfangen haben, dann werden unsere Gebete verhindert.
Ihr könnt nicht vor Gericht eure Sache führen, wenn ihr mit eurem Anwalt im Streit seid. Wenn euer Gebet nicht von dem großen Fürsprecher in die Hand genommen und von ihm euch zugutegebracht wird, so werdet ihr kein Herz für die heilige Übung haben.
So wiederum mit dem Heiligen Geist: Gott nimmt kein Gebet an, das nicht der Heilige Geist zuerst in unser Herz geschrieben hat. Wahres Gebet besteht eben nicht darin, dass wir unsere Sache vertreten, sondern dass der Geist Gottes uns vertritt.
Wenn wir aber den Geist betrüben, wird er uns nicht helfen zu flehen. Und wenn wir versuchen, um etwas zu bitten, das der Heiligen, gütigen, lieben Natur des Geistes zuwider ist, können wir nicht erwarten, dass er uns fähig macht, im Widerspruch mit Gottes Willen zu beten.
Nehmt euch in Acht, dass ihr den Heiligen Geist nicht erbittert, auf irgendeine Art, besonders indem ihr eure Ohren seinen leisen Warnungen, seinem lieben Ruf, seinen ernsten Mahnungen und seinen sanften Erinnerungen verschließt. Denn wenn ihr für den göttlichen Tröster taub seid, so wird er für euch stumm sein.
Er wird euch nicht beten helfen, wenn ihr ihm in anderen Dingen nicht folgt.
Drittens: Was verhindert die Wirkung unseres Gebets?
III. Was verhindert die Wirkung unseres Gebets?
Ich bitte nun um eure ernste Aufmerksamkeit für den wichtigsten Teil von allem. Wir mögen beten, aber das Gebet wird vielleicht nicht erhört.
Lasst mich hier eine Bemerkung einschieben: Der Herr erhört das Gebet eines jeden, der um Gnade bittet durch die Vermittlung Jesu. Er verachtet nie das Geschrei der Bußfertigen, denn er ist bereit, alle zu erhören, die Versöhnung suchen.
Es ist aber auch wahr, dass Gott die Sünder nicht hört – das heißt, solange sie Sünder bleiben wollen. Er will ihnen ihre Wünsche nicht gewähren, denn wenn er es täte, würde er sie in ihren Sünden bestärken. Wenn sie Buße tun und um Gnade durch Christus schreien, will er sie hören und selig machen. Aber wenn sie nicht erst mit ihm versöhnt sind, so ist ihr Beten leerer Wind.
Ein Mann erhört seines Kindes Bitten, aber nicht das der Fremden. Er hört Freunde an, aber nicht Feinde. Es gebührt sich nicht, dass der goldene Schlüssel zu des Himmels Juwelenkästchen an des Empörers Gürtel hänge.
Ja, noch mehr: Gott hört nicht ein Kind wie das andere oder gleich zu allen Zeiten. Nicht jeder Gläubige ist nur mächtig im Gebet. Lest den neunundneunzigsten Psalm, ihr werdet dort Worte finden wie diese: Mose und Aaron unter seinen Priestern und Samuel unter denen, die seinen Namen anriefen. Sie riefen an den Namen des Herrn, und er erhörte sie, denn sie hielten seine Zeugnisse und seine Gebote, die er ihnen gab. Ja, er erhörte sie – Moses, Aaron, Samuel – weil sie seine Zeugnisse hielten.
Wenn Kinder Gottes finden, dass ihr Beten fruchtlos ist, sollten sie nachforschen. Sie werden bald eine Ursache entdecken, warum ihre Gebete verhindert sind.
Zuerst muss der Gläubige ein heiliges Leben führen, wenn seine Gebete Frucht schaffen sollen. Hört: Des Gerechten Gebet vermag viel, wenn es ernstlich ist. Bemerkt diesen Punkt des Gerechten.
Hört auf unseren Heiland: In Johannes 15,7 steht: „Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, werdet ihr bitten, was ihr wollt, und es wird euch widerfahren.“ Es ist ein „Wenn“ hier. Wenn ihr Christi Willen nicht tut, wird er nicht euren Willen tun.
Das hat nichts mit dem Gesetz zu tun, sondern ist die evangelische Regel in Christi Haus: Der Gehorsam soll als sein Lohn Macht im Gebet haben.
Genau wie ihr es mit euren Kindern macht: Ihr haltet sie unter Zucht, ihr werft sie nicht aus dem Haus oder überweist sie der Polizei, wenn sie fehlen. Aber ihr habt die Mittel, die Eigensinnigen zu bestrafen und die Gehorsamen zu belohnen. Das ist rechte Zucht und eine solche, wie Gott sie an uns übt.
Er verwirft nicht seine Kinder um ihrer Sünden willen und verleugnet sie nicht. Aber er züchtigt sie in Liebe, und eins ihrer Zuchtmittel ist der Ausschluss ihrer Gebete.
Wenn mir jemand von einem Mann erzählte, dessen Gebete Gott oft erhörte, und mir dann mitteilte, dass er in großer Sünde lebe, würde ich es nicht glauben. Es ist unmöglich, dass Gott einen, der seinen Namen bekennt und doch solcher Sünden schuldig ist, begünstigt, indem er seine Gebete erhört.
Der Blinde, den Jesus heilte, sagte sehr richtig: „So jemand seinen Willen tut, den höret er.“
Zweitens muss mit dem Gehorsam der Glaube verbunden sein. Wer zu Gott kommen will, der muss glauben, dass er sei und denen, die ihn suchen, ein Vergälter sein werde.
Er bitte aber im Glauben und zweifle nicht, denn wer da zweifelt, der ist wie die Meereswoge, die vom Wind getrieben und geworfen wird. Solcher Mensch denke nicht, dass er etwas von dem Herrn empfangen werde.
Der Glaube erlangt die Verheißung, der Unglaube geht leer aus. Der Herr mag vielleicht einem Zweifler ein Gut geben, aber das ist über die Verheißung hinaus, und er hat kein Recht, es zu erwarten.
Das Gebet, das am meisten bei Gott vermag, ist das Gebet dessen, der glaubt, dass Gott ihn hören wird und der deshalb mit Zuversicht bittet. Ohne Glauben ist es unmöglich, Gott zu gefallen – im Gebet oder in irgendetwas anderem. Es ist der wahre Nerv, die Sehne und der Muskel unserer Fürbitte.
Drittens muss ein heiliges Begehren da sein, sonst ist das Gebet verfehlt. Dieses Begehren muss sich auf eine Verheißung gründen.
Wenn ihr nicht finden könnt, dass Gott den Segen versprochen hat, habt ihr kein Recht, darum zu bitten. Es nützt nichts, von einem Bankier Geld zu verlangen ohne eine Anweisung. Sie kennen dich nicht am Zahlungstisch, sie kennen nur das Versprechen auf der Anweisung. Wenn du das vorzeigst, wirst du den Betrag erhalten, aber anders nicht.
Du musst Gottes eigene Verheißung vor den Gnadenstuhl bringen, der der Zahlungstisch des himmlischen Schatzmeisters ist. Dann wirst du erlangen, was du brauchst – aber nur auf diesem Wege.
Beachte daher, dass der Glaube der Bogen ist, und das starke Verlangen legt den Pfeil auf die Sehne, der aufwärts gesandt werden soll. Kein Pfeil kann in den Himmel abgeschossen werden als der, welcher vom Himmel her niedergekommen ist.
Christen nehmen ihre Pfeile aus Gottes Köcher, und wenn sie diese abschießen, haben sie auf ihren Lippen das Wort: „Tue, wie du gesagt hast! Gedenke deines Knechtes nach deinem Wort, auf welches du mich hoffen lässt!“
So ist das wirksame Gebet: das Verlangen eines heiligen Herzens, bekräftigt durch die Verheißung.
Wahre Gebete sind gleich jenen Brieftauben, die ihren Weg so gut finden, dass sie nicht anders können, als zum Himmel zu gehen. Denn sie kennen den Himmel, sie gehen nur heim.
Ferner: Wenn das Gebet hinaufsteigen soll, muss Ernst und Dringlichkeit da sein. Es steht geschrieben: „Das Gebet des Gerechten vermag viel, wenn es ernstlich ist.“
Nicht das halbtote, halblebendige Gebet des bloßen Namenschristen, nicht das Gebet dessen, dem es einerlei ist, ob er erhört wird oder nicht. Eifer und Inbrunst müssen da sein, das Ausschütten des Herzens vor Gott.
Der Pfeil muss auf die Bogensehne gelegt und der Bogen mit all unseren Kräften gezogen werden. Der beste Bogen ist nichts nütze, bis du ihn spannst.
Wenn du den Bogen des Glaubens spannst und nach dem Ziel im Himmel schießt, wirst du erlangen, was du willst. Aber du musst entschlossen sein, es zu erreichen.
Nur eine einzige Schranke setzen: des Herrnwille geschehe – und es wird dir gelingen.
Wir müssen aber auch Gottes Ehre wünschen, denn dies ist das Weiße in der Scheibe. Wenn wir nicht darauf zielen, wird der Pfeil nichts vermögen.
Wir müssen ernstlich wünschen, was wir bitten, weil wir glauben, dass es zu Gottes Preis sein wird, wenn er es uns gibt.
Wenn wir ganz dem Herrn leben, werden unsere Gebete mit seinen Absichten parallel laufen, und keines wird vergeblich sein.
„Habe deine Lust am Herrn, und er wird dir geben, was dein Herz wünscht.“
Wir müssen auch voll heiliger Erwartung sein, sonst hindern wir unser Gebet. Wer das schießt, muss sehen, wohin sein Pfeil geht.
Wir müssen unser Gebet zu Gott richten und hinaufsehen. In allem auf Jesus blickend müssen wir hoffen, um seines Verdienstes willen erhört zu werden.
Wenn wir glauben, dass er uns höret, so wissen wir, dass wir die Bitte haben, die wir vor ihm gebetet haben.
Der Eigendünkel schießt ein Gebet mit dem Bogen des Selbstvertrauens, nicht zur Ehre Gottes, sondern zur Befriedigung seiner selbst. Deshalb misslingt es ihm.
Einige haben die Idee, sie könnten von Gott bitten, was ihm gefiele, und wären sicher, es zu erhalten. Aber ich frage sie: Wer seid ihr? Um was wollt ihr bitten? Welches Recht habt ihr, es zu erwarten?
Diese Fragen müssen klar beantwortet werden, sonst kann das Gebet eine Beschimpfung Gottes sein.
Ich möchte einige Christen ansprechen, die um irdische Dinge beten. Achtet ein wenig darauf, wie sie handeln.
Wenn sie durch Verschwendung in Not geraten, hoffen sie, dass Gott ihnen heraushilft. Ich erinnere mich an eine Bemerkung von Müller in Bristol.
In einer Gebetsstunde las er den Brief eines Bruders vor, der ihm für eine Gabe von zwanzig Pfund dankte, die ihm wie von der Vorsehung geschickt war, denn er hätte die halbjährige Miete zu bezahlen gehabt.
Müller bemerkte: „Ja, unser Bruder muss sehr dankbar sein, aber ich habe die Absicht, ihm zu schreiben und ihm zu sagen, dass er nicht einer halbjährigen Miete schuldig sein müsse, ohne für die Zahlung zu sorgen. Er handelt unvernünftig und ungerecht, indem er nicht etwas zurücklegt, um die Forderung zu decken.“
Als ich ein Haus mietete, sagte ich: „Dieses Haus gehört einem anderen, ich bin verpflichtet, ihm die Miete zu zahlen, und deshalb lege ich wöchentlich etwas dafür zurück.“ Ich vertat nicht das Geld und erwartete dann am Ende des Quartals, dass der himmlische Vater mir etwas schicken würde.
Dies war rechte Moral und gesunder Menschenverstand. Und ich bitte euch, danach zu handeln.
Betet ja, aber seid niemandem etwas schuldig. Um das tägliche Brot sollt ihr bitten, aber von Spekulationen, die euren Ruin herbeiführen oder euer Glück machen können, darf nicht die Rede sein.
Wenn ihr das Spielen anfangt, könnt ihr ebenso gut das Gebet aufgeben. In ehrlichen Geschäften möget ihr beten. Aber bringt den Herrn nicht in euer Glücksspiel hinein.
Ich werde ersucht, für einen jungen Mann zu beten, der eines Defizits in der Kasse wegen seine Stelle verloren hat, damit er eine andere Stelle bekäme. Aber statt das zu tun, rate ich, dass er für sich selbst betet, dass Gott ihn ehrlich mache.
Ein anderer, der tief in Schulden steckt, will, dass ich für ihn um Hilfe bete. Aber mein Rat ist, dass er seinen Gläubigern einen Teil bezahlt, solange er noch etwas hat.
Ich werde nicht von Gott erbitten, was ich nicht von Menschen erbitten möchte.
Zum Gnadenstuhl zu kommen heißt, auf heiligen Boden zu treten. Damit sollen wir nicht spielen oder der Sünde damit dienen.
Ihr bittet und kriegt nicht darum, dass ihr übel bittet, nämlich dahin, dass ihr es mit euren Wollüsten verzehret.
Wenn wir „dem Herrn entgegenwandeln, so wird er uns entgegenwandeln“ (3. Mose 26,27-28).
Und ich sage zu jedem hier, der sich in Not befindet und ein Christ ist: Geht den geraden Weg heraus, tut das Recht, und wenn es euch Leiden bringt, tragt es als ein Mann.
Dann geht zu Gott und sprecht: Herr, ich habe durch deine Gnade einen ehrlichen, geraden Weg gewählt, nun hilf mir.
Und er wird es tun.
Schlusswort: Die Kraft des Gebets und der Wunsch nach Gottes Nähe
Gott gebe uns Gnade, dass wir als Christen mit Gott in der Kraft seines Geistes wandeln und allein auf Jesus vertrauen. Er möge jeden von uns mächtig im Gebet machen.
Ein Mann, den Gott gelehrt hat, mit Kraft zu beten, ist eins mit Gottes Sinn. Er ist Gottes Hand, die sich unter den Menschenkindern bewegt. Wenn er wirkt, wirkt Gott in ihm.
Er muss jedoch sorgsam und wachsam sein, denn der Herr ist ein eifersüchtiger Gott. Besonders dort, wo er am meisten liebt, ist seine Eifersucht am stärksten.
Gott gebe euch, Brüder, demütig vor Gott zu wandeln und in seiner Nähe zu leben, damit eure Gebete nicht verhindert werden! Amen!
