Gott wird Mensch – Leben und Lehre des Mannes, der Retter und Richter, Weg, Wahrheit und Leben ist.
Episode 141
Einführung in die Szene am Schaftor
Eine Heilung am Schaftor. Johannes 5,1-4.
Danach war ein Fest der Juden, und Jesus ging hinauf nach Jerusalem. In Jerusalem, bei dem Schaftor, befindet sich ein Teich, der auf Hebräisch „Betesda“ genannt wird. Dieser Teich hat fünf Säulenhallen.
In diesen lagen viele Kranke, Blinde, Lahme und Dürre. Wir können uns die Szene gut vorstellen: ein Teich, genau genommen eine Zisterne, mit fünf Säulenhallen außen herum. Dort lagen Kranke, Blinde, Lahme und Dürre.
Warum lagen sie genau dort? Ganz logisch, weil sie gesund werden wollten. Dem Teich wurden heilende Kräfte zugeschrieben. Spätere Handschriften ergänzen unseren Text deshalb mit einer Erklärung: „In diesen lag eine Menge kranker, blinder, lahmer und dürre Menschen, die auf die Bewegung des Wassers warteten.“
Denn ein Engel des Herrn stieg zu bestimmter Zeit in den Teich herab und bewegte das Wasser. Wer nun nach der Bewegung des Wassers zuerst hineinstieg, wurde gesund – ganz gleich, an welcher Krankheit er litt.
Eine coole Sache, oder? Alle starren auf das Wasser. Wenn es sich bewegt, gibt es einen großen Ansturm. Wer zuerst hineinstiegt, wurde völlig gesund – egal welche Krankheit er hatte.
Herausforderung der Chancengleichheit
Nun zum Problem. Ich nenne es mal Chancengleichheit. Bewegt sich das Wasser, dann haben die Blinden und Lahmen nämlich einen echten Nachteil. Die einen sehen es nicht, und die anderen können sich nicht bewegen.
In Johannes 5,5-6 heißt es: Es war aber ein Mensch dort, der achtunddreißig Jahre mit seiner Krankheit behaftet war. Als Jesus diesen daliegen sah und wusste, dass es schon lange Zeit so mit ihm stand, spricht er zu ihm: „Willst du gesund werden?“
Wir wissen nicht genau, was der Mann hatte, der da lag. Aber was wir erfahren, ist, dass er bereits achtunddreißig Jahre lang krank war. Keine Ahnung, wie lange er schon in der Säulenhalle lag, aber es dürfte lange gewesen sein.
Jetzt kommt Jesus. Er betritt die Säulenhalle, schaut sich um, sieht den Mann daliegen, weiß, dass er schon sehr lange krank ist, und fragt ihn: „Willst du gesund werden?“ Komische Frage, oder? Natürlich will er das. Deshalb liegt er doch in der Säulenhalle.
Die innere Haltung zum Heilungswunsch
Aber bevor wir weiterlesen, möchte ich einen Einschub machen. Einerseits klingt die Frage wirklich merkwürdig. Andererseits erlebe ich genau das häufig.
Ich sehe ältere Christen, die sich so sehr an eine Sünde oder eine Eigenart gewöhnt haben, dass sie kaum noch damit rechnen, von der verändernden Kraft des Heiligen Geistes an dieser Stelle berührt zu werden. Das tut mir persönlich sehr leid, denn es sind vor allem die älteren Geschwister, die diese Haltung einnehmen.
Man kann grundsätzlich daran glauben, dass Heilung und Heiligung möglich sind, ohne persönlich noch etwas vom Heiligen Geist zu erwarten. Vielleicht liegt das daran, dass man schon zu lange wartet, sich mit bestimmten Charakterzügen arrangiert hat oder aufgehört hat, die spezielle Sünde zu bekennen und Menschen um Vergebung zu bitten.
Am Ende glaubt man der Lüge: Ich bin halt so. Dann bin ich eben der Grantler oder die Mimose und verbreite schlechte Laune. Dann bin ich schnell unzufrieden, könnte liebevoller mit meiner Frau umgehen, bin süchtig nach Pornografie, Alkohol, Besitz oder Arbeit, kaufe unnötige Dinge. Oder es fehlt mir eine gesunde Distanz zu sozialen Medien, Filmen und Serien – you name it.
Wenn ich aufgehört habe zu kämpfen, steckt dahinter meist die Lüge: Ich bin halt so. Und wenn dann Jesus vorbeischaut und fragt: Willst du gesund werden? Dann müssen wir aufpassen – und ich spreche jetzt bewusst ältere Geschwister an.
Wir dürfen nicht vorschnell sagen: Klar, natürlich, was denkst du denn? Wenn unser ganzes Leben doch schreit: Lüge! Er hat schon lange aufgehört zu kämpfen und an Veränderung zu glauben.
Bitte lasst uns im Alter liebevolle, reife Geschwister werden und ernsthaft daran glauben, dass Heiligung auch jenseits der sechzig möglich und nötig ist.
Begegnung zwischen Jesus und dem Gelähmten
Aber kommen wir zurück zu unserem Gelähmten in Jerusalem. Willst du gesund werden? Ja, er will. Aber so einfach ist die Sache nicht – Chancengleichheit gibt es hier nicht.
Der Mann weiß, dass er keine Chance hat. Mit der Idee, irgendwann einmal geheilt zu werden, hat er innerlich schon abgeschlossen. Er liegt zwar noch da, aber er erwartet nichts mehr. Ich würde es so formulieren: Er liegt noch da, weil er keinen Plan B hat. Seit Jahren, vielleicht seit Jahrzehnten, ist er dort. Das ist sein Leben. Er hat sich daran gewöhnt, kennt sich aus, dort sind seine Freunde. Heilung – das war früher sein Traum.
Johannes 5,7: Der Kranke antwortete ihm: „Herr, ich habe keinen Menschen, der mich, wenn das Wasser bewegt worden ist, in den Teich wirft. Während ich aber komme, steigt ein anderer vor mir hinab.“
Mit meinen Worten: Herr, ich habe keine Chance. Ich kann nicht laufen, ich brauche jemanden, der mich trägt und in den Teich wirft. Und selbst wenn das jemand tun würde, bis ich Huckepack am Teich bin, sind andere dort schon längst hineingesprungen.
Dieser Mann ist ein Realist. Er weiß, dass er keine Chance hat. Willst du gesund werden? Ja, will er. Er weiß zwar nicht, wie das noch gehen soll, aber zumindest der Wunsch ist noch da. Und für Jesus scheint das genug zu sein.
Das Wunder der Heilung und seine Bedeutung
Und Jesus spricht zu ihm: Steh auf, nimm dein Bett auf und geh umher! Sofort wurde der Mensch gesund, nahm sein Bett auf und ging umher. Es war aber an jenem Tag Sabbat.
Wie unspektakulär ist das denn beschrieben! Geht es euch auch so, dass ihr manchmal erstaunt seid, wie wenig Brimborium in der Bibel um Jesu Wunder gemacht wird? Achtunddreißig Jahre lang krank – wahrscheinlich ein Lahmer, jedenfalls jemand, der selbst nicht mehr laufen konnte.
Weißt du, was passiert, wenn du jahrelang liegst? Was das mit deinen Muskeln und Gelenken macht? Die Muskelmasse bildet sich rapide zurück, die Gelenke versteifen.
Ich mag die Wunder Jesu, sie sind so radikal! Sofort wurde der Mensch gesund – also ohne monatelange Physiotherapie. Er nahm sein Bett, in dem Fall eher eine Matratze, und ging umher. Bang!
Ich weiß, wie ich drei Tage nach meiner Herz-OP nur wenige Schritte mit dem Rollator durch den Flur im Krankenhaus machen konnte, weil meine Muskeln so schwach geworden waren. Nach achtunddreißig Jahren ist dann nichts mit Matratze schnappen und umhergehen, es sei denn, Gott tut ein Wunder und macht dich gesund.
Und warum macht Gott diesen Mann gesund? Ich meine, es liegen fünf Säulenhallen voller Kranker, Blinder, Lahmer und Dürrer. Warum wird nur einer geheilt? Die Antwort mag uns überraschen: Gott braucht nur einen Geheilten.
Diese Heilung ist Auftakt für einen Konflikt. Der Vater wirkt durch den Sohn, und er tut das, obwohl der Tag der Heilung super problematisch ist. Es war an jenem Tag Sabbat.
Und jetzt beginnen für den Herrn Jesus Probleme.
Abschluss und Ausblick
Aber dazu morgen mehr.
Was könntest du jetzt tun? Du könntest dir deine drei wichtigsten Sünden aufschreiben. Bete täglich für sie und höre nicht auf, sie vor Gott und Menschen zu bekennen.
Das war's für heute. Bete für ältere Geschwister, die ihre Eigenheiten nicht als Problem sehen. Bete für sie um Ehrlichkeit, Mut und einen Geist der Offenbarung.
Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.
