Einführung und Grundverständnis der Zeitabschnitte
Wir sind jetzt also an dem Punkt, an dem ich ein bisschen wiederholen darf. Es tut mir leid, dass immer wieder etwas abgeschnitten wurde. Ich bin auch nicht darauf gekommen, wie man das verhindert. Wahrscheinlich liegt es an den Einstellungen.
Wir haben jetzt schon einige Punkte geklärt. Mittlerweile wissen wir, dass es sich um drei Zeitabschnitte handelt und nicht um zwei. Diese Zeitabschnitte bilden eine Einheit; es gibt keine Lücken dazwischen. Der Text erlaubt keine zeitlichen Lücken. Solche Annahmen wären reine Spekulation.
Auch bei den siebzig Jahren werden keine Lücken eingeschoben. Wenn gesagt wird, dass 70 Jahre über Jerusalem vergehen und das Volk danach zurückgeführt wird, bedeutet das nicht 700 Jahre mit mehreren hundert Jahren Lücken dazwischen. Das ist nicht zulässig. So dürfen wir nicht mit Gottes Wort umgehen.
Dasselbe gilt für die 70 Wochen: Wenn von 70 Wochen die Rede ist, dann sind es genau 70 Wochen und keine längere Zeit. Es dürfen keine Lücken eingeschoben werden. Oft wird zwischen der neunundsechzigsten und der siebzigsten Woche gerne eine Pause von zweitausend Jahren eingefügt, aber das ist nicht erlaubt.
Die erste Zeit, die sieben Wochen, wird nicht gebaut. Sobald der Fürst kommt, wird gebaut – 62 Wochen lang, das sind Jahrwochen. Dann folgt der zweite Abschnitt, der als schwere Zeit beschrieben wird. Die Bauzeit ist schwierig, es gibt ständig Baustopps, und es geht nicht voran.
Man denkt sich vielleicht, dass nach einiger Zeit Jerusalem doch fertig gebaut war, zum Beispiel nach hundert Jahren. Aber bitte nicht Jerusalem, wie es Gott versprochen hat.
Die Bedeutung des Jerusalems und der Bauzeit
Vergessen wir nicht: Es geht um ein Jerusalem, das nie mehr zerstört werden wird. Es geht um ein Jerusalem, in dem ein Allerheiligstes gesalbt wird. Es geht um ein Jerusalem, in dem ewige Gerechtigkeit eingeführt wird. Das ist jedoch noch nicht erreicht. Das bedeutet, die Bauzeit geht weiter.
Das Ende dieser 62 Wochen endet mit der Ermordung eines Gesalbten. Darauf beziehen wir uns jetzt in Daniel Kapitel 9, Vers 25: Die 62 Wochen werden genutzt, um Jerusalem wiederherzustellen und zu bauen – den Marktplatz und den Graben oder Wall, wie es auch übersetzt wird. Dies geschieht in der Bedrängnis der Zeiten. Die Straße und der Graben werden also wiederhergestellt, und zwar unter schwierigen Bedingungen.
Nach den 62 Wochen wird ein Gesalbter ausgerottet werden, und niemand wird für ihn sein. Im zweiten Abschnitt geschieht das Bauen, doch die Zeiten sind beengt. Das heißt, es gibt feindselige Nachbarn.
Sowohl in der persischen Zeit als auch unter Alexander dem Makedonier sowie unter den Ptolemäern und Seleukiden blieb Judäa eine kleine Provinz. Es war immer wieder bedrängt. Judäa wurde hin und her geworfen zwischen den Mächten der Könige des Südens und der Könige des Nordens. Von der Blütezeit, die die Propheten vorausgesagt hatten, ist keine Rede.
Zeitliche Einordnung und die Ermordung des Hohen Priesters
Wenn ich das jetzt hier so darstellen darf: Wir haben etwa den Beginn entweder 605, 597 oder 587. Dies ist die Zeit vor dem Bauen. 538 ist die Zeit, in der die 62 Wochen beginnen. Zu dieser Zeit fand die Rückführung der Juden statt, und nun wird gebaut.
Dann kam dieser Hohepriester Joshua. Am Ende dieser langen Zeit wird ein Hoherpriester ermordet. Das kann nicht derselbe sein, denn Priester leben nicht so lange, sie leben nicht 400 Jahre. Es muss also ein anderer sein, der dann ermordet wird.
Anschließend folgt eine Woche voller Bedrängnis. In dieser Bedrängnis heißt es, der Fürst, der die Stadt verwüstet, nimmt das Opfer weg – und zwar in der Hälfte dieser Bedrängniswoche. Das bedeutet: Der zweite Abschnitt ist die Bauzeit, der dritte Abschnitt ist die Katastrophe, die Verwüstungszeit. Es ist eine furchtbare Drangsalzeit für Israel.
In der Mitte dieser letzten Woche kommt ein Fürst, der die Stadt verwüstet. Derselbe Fürst, dessen Soldaten die Stadt verwüsteten, nimmt das tägliche Opfer weg. So weit, also das ist hier der dritte Abschnitt.
Auslegung der Verse 26 und 27 im Kapitel 9
Wenn ich noch etwas zum Text sagen darf, ist für uns besonders wichtig, was in Kapitel 9, Vers 26 steht: Nach den 62 Wochen wird ein Gesalbter ausgerottet. Der Ausdruck "es wird keiner für es sein" ist schwierig zu verstehen. So steht es im Hebräischen, und wir müssen das übersetzen, was dort tatsächlich steht.
Also: Irgendein Gesalbter wird ausgerottet – wer auch immer das sein mag. Das Ergebnis dieser Ausrottung ist, dass "es wird keiner mehr für es sein". Wer ist "es"? Es wird keiner mehr für "es" sein. Jetzt muss man überlegen, wer damit gemeint sein könnte. Es muss ein Bezugswort sein, das vorher genannt wurde und das auch das richtige Geschlecht im Hebräischen hat. Hier ist es feminin. Moment, ich muss kurz nachschauen, wie es im Hebräischen genau steht, damit ich nichts Falsches sage.
Im Hebräischen ist es maskulin, Entschuldigung. Es heißt also "es wird keiner für es sein" im Maskulinum. Das Bezugswort muss also männlich sein. Es könnte sich um eine Person handeln, oder um das Volk. Das Volk ist maskulin, also könnte sich der Ausdruck darauf beziehen. Auch der Tempel könnte gemeint sein, denn er ist ebenfalls maskulin. Es heißt also "für ihn" oder "für es", wir müssen beides in Betracht ziehen.
Am logischsten wäre es, wenn der Gesalbte, der ausgerottet wird, der Hohepriester ist. Dann gibt es keinen mehr für das Volk, das heißt, es gibt keinen rechtmäßigen Hohenpriester mehr. Nun stellt sich die Frage: Könnte sich das auf den Herrn Jesus beziehen? Mit der Tötung des Herrn Jesus gäbe es dann keinen Hohenpriester mehr für das Volk. Aber kam der Herr Jesus als Hoherpriester nach Israel? Das passt einfach nicht.
Es gibt noch etwas, das ich nicht ganz verstehe: Ob es sich dabei um ein Opfer handelt, das in diesem Zusammenhang genannt wird. Ist es das rechte Opfer, das dann auch gestanden hat? Ist es das Opfer des Hohenpriesters? Und es gibt keinen mehr für das Opfer. Das könnte auch sein. Aber wir haben kein Opfer erwähnt, das vorher genannt wurde. Wir müssen ein Bezugswort finden, das im Text genannt wird.
In Vers 24 werden das Volk, die Stadt und das Heiligtum genannt. Für mich passt es am logischsten, dass es sich auf das Volk bezieht: Wenn der Hohepriester getötet wird, dann hat das Volk keinen Hohenpriester mehr. Das passt jedoch nicht auf den Herrn Jesus, denn gerade durch seinen Tod wurde er der Hohepriester für sein Volk. Gerade dadurch hatte man einen Hohenpriester – und zwar für alle Ewigkeit.
Zeitliche Schwierigkeiten und verschiedene Theorien
Wir schauen uns das einmal an. Auch von der Zeit her ist es ganz schwierig. Wenn wir wirklich rechnen würden, beginnend im Jahr 538, und dann 62 Wochen, das sind 434 Wochen, in die Zukunft gehen, kommen wir einfach nicht auf Jesus Christus. Es fehlen uns einfach hundert Jahre. Und hundert Jahre sind relativ viel für uns.
Die Ausleger tun sich daher sehr schwer. Wenn man die verschiedenen Kommentare liest, merkt man, wie sie mit allen möglichen Theorien hin- und her ringen. Ich werde euch nachher, wenn wir noch ein bisschen Zeit haben, sechs verschiedene Theorien zeigen, die aufgestellt wurden, um irgendwie das Ganze hinzukriegen. Aber keine davon funktioniert.
Gehen wir jetzt vorher wieder zurück. Es gibt eine sehr einfache Lösung. Mir imponieren immer die Lösungen, die einfach sind. Überlegen wir mal den Zusammenhang: Wo befinden wir uns? Es sind die Juden, die aus der Gefangenschaft zurückgekehrt sind. Ihnen wurde von vier Königreichen erzählt. Wir wissen, dass es das babylonische, das medopersische, das geeinte griechische unter Alexander und das geteilte griechische Reich war, vor allem das Seleukidenreich, das letzte davon.
Von diesem Reich haben wir zweimal gehört, in Kapitel 2 und in Kapitel 7. Dann haben wir von dem kleinen Horn gehört, in Kapitel 7, von Antiochus. In Kapitel 8 wird ebenfalls vom kleinen Horn, also von Antiochus, berichtet, was er gemacht hat. Die Stadt wurde verwüstet, also das kleine Horn war Antiochus. Er hat die Stadtmauern geschleift – nicht alles, aber zerstört –, hat die Häuser verbrannt. Die Bevölkerung musste fliehen und baute dann eine eigene Festung in Jerusalem.
Die Stadt wurde wirklich verwüstet, und der Tempel wurde auch durch eine Entweihung von fürchterlichster Art zerstört. Das Ganze dauerte dreieinhalb Jahre, in denen er das Opfer verboten hat. Das heißt, es durfte nichts mehr geschlachtet werden.
Wenn man den Text so liest, dann steht dort: Nach den 62 Wochen wird ein Gesalbter ausgerottet, ein hoher Priester wird getötet. Es wird keiner mehr für das Volk oder für das Heiligtum sein, also kein hoher Priester mehr, kein rechtmäßiger. Die Stadt und das Heiligtum werden verdorben und verwüstet durch das Volk eines Fürsten, also durch die Soldaten eines Fürsten, der heranrückt.
Sein Ende, das Ende dieses Fürsten, ist in einer Überflutung. Das ist ein bildhafter Ausdruck für ein Gericht, das über ihn kommt. Bis zum Ende ist Krieg. Es geht immer noch um Israel und Jerusalem. Bis zum Ende dieses Fürsten, der in der Überflutung ein Gericht bekommt, gibt es Krieg.
Bis zu dem Zeitpunkt, an dem dieser Fürst stirbt, gibt es Krieg und ein fest beschlossenes Maß an Verwüstung.
Details zur letzten Woche und historische Daten
Und dann wird ein Detail in Vers 27 genannt: Stark machen wird er einen Bund mit den Vielen eine Woche lang. Dieser Fürst wird also ein Bündnis schließen mit vielen Juden, mit der Masse des Volkes.
Eine halbe Woche lang wird er Opfer und Gaben ruhen lassen. Das bedeutet, dass er dreieinhalb Jahre lang die Opferdarbringungen und Speisopfer im Tempel verbietet. Über dem Flügel der Gräuel wird ein Verwüster sein. Ein Gräuel wird aufgestellt, über irgendwelchen Flügeln, und zwar bis Vernichtung und Festgibt beschlossen ist. Dies wird sich auf den zu Verwüstenden ergießen, bis dieser Fürst schließlich selbst erlegt wird.
Alles deutet auf das Vierte Reich hin, das Seleukidenreich. In Kapitel 7 geht es ebenfalls um das Vierte Reich, das Seleukidenreich, und das kleine Horn ist Antiochus. Er ist immer der Fokus der Prophetie. In Kapitel 8 geht es auch um diesen Antiochus. Und Kapitel 9? Was wäre, wenn dieser Fürst niemand anderes ist als Antiochus? Der Fürst, der die Stadt verwüstet und das Opfer wegnimmt, ist derselbe. Der hohe Priester, der ermordet wird, ist niemand anderes als Onias III.
Diese Auslegung oder Deutung der Weissagung ist schon sehr, sehr alt. Sie wird oft von bibelkritischen Leuten aufgegriffen, das heißt von bibelkritischen Theologen, die nicht an die Prophetie glauben. Sie bringen genau diese Lösung. Warum kommen sie darauf? Sie sagen, die Prophezeiung sei so eindeutig, dass sie keine echte Prophetie sein kann. Sie sei im Nachhinein geschrieben worden, nicht von Daniel, sondern von irgendeinem Akkabäer, der das als nachträgliche Prophetie verfasst hat, weil alles so gut passt.
Nur in einem Punkt haben sie sich geirrt, sagen sie, nämlich in der Zeitfolge. Die bibelkritischen Theologen liegen natürlich falsch mit ihrer These, dass das alles später geschrieben wurde. Aber in einem Punkt haben sie Recht: Es trifft so viel von diesen Details auf Antiochus zu, dass man wirklich nur staunen kann.
Das würde auch in den Zusammenhang von Kapitel 2, 7, 8 und 9 passen, ebenso in Kapitel 11 und 12, wie wir noch sehen werden. Das ist eine These, die wir prüfen müssen. Wir dürfen sie nicht zu schnell akzeptieren.
Die Daten dieser letzten Woche sind interessant: Die Ermordung des Hohen Priesters geschah irgendwann im Jahr 171 v. Chr. Das Aufhören der Opfer beziehungsweise der Gräuel der Verwüstung geschah im Dezember 168 v. Chr. Die Wiedereinweihung des Tempels fand im Dezember 165 v. Chr. statt, also drei Jahre später. Der Tod Antiochus’ geschah etwa im Februar oder März des Jahres 164 v. Chr.
Das heißt, insgesamt kämen wir auf etwa sechseinhalb Jahre, von 171 bis Dezember 165 oder Februar 164, also ungefähr 2300 Tage. Hier steht eine ganze Woche, aber was heißt eine Woche jüdisch gezählt? Bei den Juden gilt der Anriss eines Jahres schon als Jahr. Das heißt, es muss nicht sieben Jahre sein, es können auch sechs Komma zwei Jahre sein.
Wenn es ein bisschen über das eine Jahr und das andere Jahr drübergeht, hätten wir schon acht Jahre. Hier sind es aber sieben Jahre, weil ein Jahr nur angerissen ist. Wir haben also sechseinhalb Jahre, die aber für sieben Jahre zählen, also für eine Woche. Das wäre eine typische jüdische Zählweise, wie Gott uns ja auch öfter zeigt, wie die Juden zählen. Das würde sehr gut hineinpassen.
Das Einzige, was nicht passt, und darüber sprechen wir später noch, ist der Mittelteil. Der ist ein bisschen zu kurz, denn von 38 bis 171 sind es nicht 434 Jahre, sondern 367 Jahre. Es fehlen also etwa 60 bis 70 Jahre. Das heißt, sie sind zu kurz.
Aber auch hier müssen wir vorsichtig sein: Der erste Teil sind auch nicht exakt 49 Jahre, der letzte Teil sind nicht exakt sieben Jahre. Warum sollte also der mittlere, lange Teil exakt 434 Jahre sein? Muss er gar nicht.
Das heißt, sobald wir zugeben, dass wir nicht exakt mathematisch rechnen müssen, haben wir eine sehr einfache Lösung. Wenn wir das nicht tun und sagen, es muss mathematisch exakt passen, gibt es überhaupt keine Lösung. Ich zeige euch später die verschiedenen Wege, die Ausleger gegangen sind, um weiterzukommen.
Deshalb ist das für mich persönlich die plausibelste Lösung für diese 70 Jahrwochen: Es ist einfach nicht exakt gezählt. Es wird hier ein bisschen mit symbolischen Zahlen gespielt. Gott tut das gerne, dass er ganz bewusst bestimmte Zahlen nennt, die einen Symbolwert haben.
Wenn wir von 605 v. Chr. bis 164 v. Chr. rechnen, kommen wir schon fast dorthin. Von 605 bis 164 sind es ungefähr 440 Jahre, knapp unter 440 statt 490. Trotzdem fehlen wieder etwa 50 Jahre. Aber es muss nicht exakt genau gezählt sein.
Was aber nicht passt, ist, dass wir 2000 Jahre einschieben. Das ist wirklich zu viel. Da kann man nicht mehr von Symbolik sprechen. Das Verhältnis muss schon noch passen, sonst verliert jegliche Symbolik ihren Sinn. Man kann nicht sagen, die letzten dreieinhalb Jahre dauern einfach zweitausend Jahre. Das sprengt alle Proportionen und geht nicht.
Aber wenn ich statt sieben Jahre sechseinhalb oder sechs Komma zwei Jahre rechne, ist das durchaus möglich. Das war jetzt nur ein Vorschlag. Jetzt schauen wir uns die Einzelheiten noch genauer an.
Die siebzigste Woche im Detail
Wir haben diese siebzigste Woche, und wenn wir uns den Text jetzt betrachten, sehen wir, dass nach den 62 Wochen der Gesalbte ausgerottet wird. Das markiert den Beginn dieser siebzigsten Woche.
Am Anfang dieser siebzigsten Woche erfolgt also die Ausrottung des Gesalbten. Dann, in der Mitte, heißt es: „Die Stadt aber samt dem Heiligtum wird das Volk eines Fürsten verderben, welcher kommt, und sein Ende ist in der Überflutung.“ Am Ende wird es Krieg geben. Das ist der zweite Teil der Woche.
Wir wissen nicht genau, wann die Stadt zerstört wird, aber es ist ein wichtiges Detail, dass sowohl die Stadt als auch der Tempel verderbt werden. Irgendwann wird es ein Ende geben über diesen Fürsten, diesen bösen Fürsten, der so viel Verwüstung angerichtet hat – geistlich gesehen.
Im Vers 27 folgen die Details. Dieser Fürst wird einen Bund schließen mit den Vielen eine Woche lang. Jetzt überlegen wir: Was hat Antiochus gemacht? Er hat sich die Juden gekauft, Bündnisse geschlossen und gesagt: Wenn ihr auf meine Seite tretet, gebe ich euch Ländereien und Geld. Er hat also die Masse des Volkes durch ein Bündnis für seine Seite gewonnen. Das passt haargenau auf Antiochus.
Die Dauer ist eine Woche, denn nach dieser Woche stirbt er. Zur Hälfte der Woche, also in der Mitte, etwa im Jahr 168 v. Chr., wird er das Schlacht- und Speisopfer aufhören lassen. Auf den Flügeln von Gräueln wird Verwüstung sein, und zwar bis zur Vernichtung. Das Festbeschlossene wird sich auf den Verwüster ergießen.
Das Aufhörenlassen des Opfers muss irgendwann im Jahr 168 geschehen sein. Es könnte gut sein, dass es im Herbst war, aber wir können nicht genau feststellen, wann. Dann wurde ein Gräuel der Verwüstung aufgestellt, ganz sicher am 15. Dezember, dem 15. Chislev im Jahr 168.
Dieser Gräuel der Verwüstung steht so lange, bis Vernichtung und Festbeschlossenes sich auf den Verwüster ergießen – also über den König Antiochus. Noch einmal zusammengefasst: Was geschieht in der siebzigsten Woche?
Der Gesalbte wird getötet, das war im Jahr 171 v. Chr. Das Volk des Antiochus verdirbt die Stadt und das Heiligtum. Ab 169 v. Chr. begann er mit seinen Aggressionen gegen die Stadt und ihre Bevölkerung. Das Ende von Antiochus ist in der Überflutung, das heißt, ein Gericht kommt über ihn, etwa im Februar 164 v. Chr. Bis zu diesem Ende, also etwa bis Februar 164, sind Krieg und Verwüstungen beschlossen. So war es tatsächlich. Es herrschte die ganze Zeit Krieg, bis Antiochus starb.
Antiochus schloss mit der Masse des jüdischen Volkes einen Bund für eine Woche. Dieser Bund begann bereits im Jahr 171, als sich die ersten Hohenpriester kaufen ließen, denn Menelaos gab ihm Geld, damit er als Hoherpriester eingesetzt wurde. Das geht bis etwa 165 v. Chr., also bis zum Tod Antiochus’.
Eine halbe Woche lang, also etwa dreieinhalb Jahre, ließ er das Schlacht- und Speisopfer aufhören – von etwa Mitte 168 bis Dezember 165. Hier ist zu beachten, dass der genaue Zeitpunkt des Verbots der Schlachtopfer nicht bekannt ist. Wir wissen eigentlich nicht genau, wann er die Schlachtopfer verboten hat.
Der Text sagt: „Auf Flügeln von Gräueln wird Verwüstung sein.“ Ich habe das lange Zeit nicht verstanden, bis ich gelesen habe, dass der Adler der Vogel des Zeus ist und dass Zeus-Statuen auf Adlern stehen. Das heißt, in vielen Abbildungen steht der Zeus-Götze auf den Flügeln des Adlers. So steht also der Zeus-Götze auf „Gräuel-Flügeln“ oder Götzenflügeln.
Ich habe ein Bild dazu im Internet gefunden, indem ich nach „Zeus Statue“ oder „Zeus und Adler“ gesucht habe. Das Bild zeigt, dass Zeus auf dem Adler steht. Es ist also keine Erfindung, sondern allgemein bekannt, dass Zeus auf dem Adler thront.
Wenn eine ähnliche Statue mit dem Adler auf dem Brandopferaltar aufgestellt wurde, versteht man das Bild: Auf den Flügeln des Gräuels steht ein Verwüster. Auch das passt sehr gut auf Antiochus.
Der Zusammenhang, die Geschichte und die geschichtlichen Ereignisse passen genau. Es macht auch Sinn, dass es gerade um etwas geht, das in relativ naher Zukunft für jene Israeliten geschieht, die das neue Jerusalem erwarteten, nachdem sie aus der Gefangenschaft zurückgekehrt waren.
Doch die Botschaft lautet: Nein, es kommt noch eine schwere Zeit.
Berechnung der Wochen und symbolische Bedeutung der Zahlen
Und jetzt gehen wir zur Berechnung dieser Wochen und schauen uns das nochmals an: sieben Wochen, zweiundsechzig und eine. Wenn wir jetzt exakt rechnen, also mit exakten Jahren, dann entsprechen zweiundsechzig Wochen 434 Jahren. Das geht natürlich nicht auf, das ist klar. Denn mathematisch gezählt vergehen von 538 bis 171, bis zum Tod des Onias, 367 Jahre. Das heißt, es fehlen exakt 67 Jahre.
Aber vergessen wir nicht: Ich habe nirgends in der Bibel eine echte Prophetie über eine lange Zeitdauer gefunden. Wo gibt es sonst meines Erachtens keine einzige Prophetie in der Bibel über lange Zeiträume, in der uns exakte Jahreszahlen angegeben werden? Es wird dann und dann genau geschehen. Das wäre eine Ausnahme in der gesamten Prophetie der Bibel, dass wir mathematisch etwas vorausberechnen könnten, was geschieht.
Ansonsten ist es immer so, dass Gott, wenn er etwas voraussagt, nicht die exakte Zeit nennt, wann es geschieht. Prophetie ist nämlich nicht Rechnen, sondern oft ein Zahlenspiel mit symbolischer Bedeutung. Und das würde hier sehr gut passen: Die sieben plus zweiundsechzig plus eine – die sieben würden in etwa passen, aber auch nicht ganz. Die zweiundsechzig passen nicht und die eine Woche passt eigentlich auch nicht. Es sind nicht sieben Jahre, sondern sechseinhalb oder sechs.
Die klaren, deutlichen Angaben in Tagen nehmen wir so, wie sie sind: 2300 Tage, das sind 6,2 Jahre. Aber hier sagt er eine Woche, das beweist uns, dass diese 6,2 Jahre eine Woche sind, eine ganze Jahrwoche, also sieben. Statt 6,2 rechnet er sieben oder statt 6,3 rechnet er sieben. Statt 67 rechnet er siebzig. Schon bei der babylonischen Gefangenschaft. Und statt der ersten 49 – die ersten 49 sind nicht exakt 49, könnten auch 59 sein, wir wissen es nicht. Der erste Teil, die ersten sieben Wochen, muss auch nicht exakt 49 sein.
Das heißt, wir haben von den drei Zeitangaben keine exakte Zeitangabe. Wenn das so ist, dann leuchtet mir das sehr ein, dass wir hier eine Symbolik in den Zahlen haben. Er möchte also bewusst auf die Zahl siebzig kommen. Siebzig Jahre in Daniel Kapitel 2 – siebzig Jahre werden über Jerusalem hinweggehen, heißt es dort. Statt siebzig steht siebzig mal sieben, ein ganz typischer Ausdruck, der öfter vorkommt, dreimal in der Bibel.
Siebzig mal sieben bedeutet nicht genau exakt 490-mal vergeben, sondern einfach oft vergeben. Wenn der Herr Jesus sagt, wie oft soll man vergeben, und Petrus fragt: „Siebenmal?“ und er antwortet: „Siebzig mal sieben“, dann hat das eine Symbolbedeutung. Oder 1. Mose 4, Vers 24: In der griechischen Übersetzung heißt es übrigens auch „siebzig mal sieben“, in der hebräischen Version „siebenundsiebzig mal“ soll der Laban gerecht werden. Wenn man nach dem Griechischen geht, heißt es „siebzig mal sieben mal soll der Laban gerecht werden“. Auch hier haben wir diesen Ausdruck „siebzig mal sieben mal“.
Und da gibt es noch etwas ganz Wichtiges für uns: Gott hat gesagt, dass wenn die Israeliten keine Buße tun, wie viel mal mehr er die Plagen verlängern wird. Wie viel mal mehr wird die Strafe sein, wenn sie keine Buße tun? Kennt jemand die Stelle? Wenn ihr Buße tut, gibt es eine Strafe – und dann ist Schluss. Wenn ihr keine Buße tut, wird die Strafe verlängert werden, wie viel mal? Siebenmal mehr, sagt er. Siebenmal mehr, siebenfach werde ich euch schlagen.
Das wird dreimal erwähnt in 3. Mose 26, Vers 21, Vers 24 und Vers 28. Das heißt, auch hier haben wir ein „siebenmal mehr“ – also eine totale Verlängerung. Denken wir zurück: 70 Jahre Gefangenschaft, und er sagt nicht 70 Jahre Gefangenschaft, sondern es wird sieben mal siebzig Jahre dauern, bis Israel wiederhergestellt wird. Auch das hat eine symbolische Kraft, diese Ausdrücke.
Also gerade „siebenmal mehr“ statt aus den siebzig werden sieben mal siebzig – das würde gut passen, dass es bis auf die Zeit von Antiochus geht. Wenn das überstanden ist, wenn ihr diesen Kampf überstanden habt, dann ist das vierte Reich fertig, das Seleukidenreich, und dann kommt nur noch der Messias.
Und was war? Nachdem die Makkabäer den Sieg errungen und das überstanden hatten, war nur noch zu warten auf den Messias. Und er kam. Es waren noch hundert, wie viel? Hundertsechzig Jahre zu warten, aber trotzdem verfiel das Seleukidenreich zusehends, und der Messias kam.
Wie er dann sein Reich aufrichtete und wie er das neue Jerusalem aufrichtet und so weiter, das ist eine Sache des Neuen Testaments, nicht des Alten Testaments. Da schickt er uns ins Neue Testament und sagt, das wird dort erklärt, wie das geht. Das ist ganz typisch alttestamentliche Prophetie.
Das ist also für mich, als ich das las – ich habe das auch bei einem ganz alten Kommentar vor zweihundert Jahren gelesen – sehr einleuchtend. Das sind keine neuen Gedanken, die hier zu hören sind, sondern ganz, ganz alte Gedanken.
Das andere habe ich schon erwähnt: Dreimal vierzehn Geschlechter in Matthäus 1 ist auch eine Symbolkraft. Es geht um symbolische Zahlen hier. Er will unbedingt auf die vierzehn kommen, das habe ich schon gesagt.
Kann ich zur nächsten Folie? Nein, ich glaube, ich habe das, aber ich habe es doch – ich habe darüber geschrieben, ich habe es nicht so in der Folie, aber im Manuskript. Man kann es finden unter dem Titel „Zur Berechnung der siebzig Wochen“.
Dann kann ich zur nächsten Folie oder gibt es noch Fragen dazu? Ja, bitte.
Diskussion über die zeitliche Perspektive und prophetische Verkürzung
Ich verstehe das nicht. Vers 24 sagt, dass die Ziffern bestimmt sind, und danach folgt die Rede von ewigem Frieden, ewiger Gerechtigkeit usw. Diese Ereignisse schieben sie also auf unbestimmte Zeit hinaus, statt sie direkt anschließend anzusetzen.
Wie ist das in Daniel 2, in Daniel 7 und in Daniel 12? In Daniel 2 wird das vierte Reich zerstört, und was kommt dann? Das Messiasreich. Mit dem Ende des vierten Reiches beginnt das Messiasreich – das ist die Aussage in Daniel 2.
In Daniel 7 wird das vierte Tier getötet. Was folgt danach? Der Menschensohn und sein Reich. In Daniel 12 ist es ähnlich: Dort wird der König des Nordens getötet, und was geschieht dann? Die Auferstehung der Toten.
Das ist nicht nur in Daniel so, sondern auch bei anderen Propheten. Sobald der Feind, der große Feind, vernichtet ist und die Treuen des Gottesvolkes ihre Arbeit getan und treu geblieben sind, folgt der Ausblick auf das Reich.
Siebzig Wochen sind bestimmt, heißt es. Das bedeutet, dass noch siebzig Wochen vergehen müssen. Der Text sagt nicht, dass mit dem Abschluss der siebzig Wochen genau der Messias erscheinen wird. Das steht da nicht. Er sagt nur: Siebzig Wochen sind bestimmt über dein Volk und über deine heilige Stadt. Das heißt, siebzig Wochen wird es euch noch schwer ergehen, bis dieses herrliche Ziel erreicht werden kann – nämlich die Abtrünnigkeit zu verschließen.
Das sind Infinitive, und Infinitive haben ein Ziel und einen Zweck. Um das zu erreichen – die Abtrünnigkeit zu verschließen, die Sünde zu versiegen, die ewige Gerechtigkeit einzuführen und das Allerheiligste zu salben – müssen vorher noch siebzig Wochen vergehen. Es werden schwere siebzig Wochen sein. Das ist eigentlich die Aussage der Prophetie selbst.
Es ist ein Ausblick auf die Zukunft, auf das herrliche Reich, aber wieder mit verkürzter Perspektive, wie wir das oft im Alten Testament finden. Auch in Jesaja, besonders in den Kapiteln 40 bis 66, sehen wir, dass nachdem die Babylonier überwunden sind, der Ausblick auf das neue Jerusalem folgt. Dann kommt das neue Jerusalem.
So ist die Art der Prophetie: eine verkürzte Perspektive. Gott gibt uns nicht die genauen Zeitangaben. Das würden wir gerne haben, ich weiß, aber es geht nicht.
Ich habe hier jetzt noch einmal alles aufgeschrieben, ja, das habe ich schon gesagt. Vielleicht ist es hier besser dargestellt: Die Zeit vor dem Bauen liegt zwischen 67 und 49 Jahren. Wir wissen ja gar nicht genau ab welchem Wort – aber welches Wort denn? Das von Jeremia 30 oder das von Jeremia 50? Es gibt verschiedene Worte.
Die Zeit vor dem Bauen dieser sieben Wochen könnte also 67 bis 49 Jahre betragen. Die Zeit des Bauens sind 367 Jahre statt der erwarteten 434 Jahre, wenn wir mathematisch genau rechnen. Die sieben Jahre sind in Wirklichkeit 6,3 oder 6,4 Jahre. Zweitausenddreihundert Tage sind diese letzte Woche.
Diese letzte Woche ist die gleiche Zeitspanne, die auch in Daniel Kapitel 8 erwähnt wird – nämlich zweitausenddreihundert Tage.
Dadurch wird das ganze Studium von Daniel um einiges einfacher, und vieles wird klarer. Die vielen Fragen, die sonst entstehen, sind dann nicht mehr vorhanden.
Praktische Bedeutung und Umgang mit unterschiedlichen Auffassungen
Gute Frage. Aber ist es nicht doch eine Weissagung auf Jesus Christus? Wenn das eine Weissagung auf Jesus Christus wäre, Geschwister, dann ist es doch eigenartig, dass die Apostel nichts davon erwähnen. Es gibt keine Rede von 70 Jahrwochen, weder irgendwo noch nirgends. Keine Rede davon.
Sag mal, ja, aber in der Offenbarung kommt doch irgendwas vor von dreieinhalb Jahren? Ja, dreieinhalb Jahre, aber nicht durch 70 Jahrwochen. Gerade dieses auffällige Schweigen im Neuen Testament sollte zu denken geben. Bei der Kreuzigung gibt es keine Rede, keinen Hinweis auf Daniel, Kapitel 9.
Alle Prophezeiungen im Danielbuch beziehen sich immer auf Antiochus. Das werden wir auch in Kapitel 11 und Kapitel 12 sehen. Es ist die Zeit des Endes, es geht um das Ende des vierten Reiches. Danach kommt das Messiasreich, dargestellt in verkürzter Perspektive.
Die verkürzte Perspektive bedeutet, was ich gestern, glaube ich, erklärt habe. Ich habe hier mal ein Bild gezeigt, das ich gerade noch einmal zeigen kann: Wenn ich von der Schweiz aus, von Zürich, Richtung Berge schaue, sehe ich die Berge als einen Block. Man meint, man kommt da überhaupt nicht drüber. Aber wenn man hinfährt, merkt man, dass es gar keinen Block gibt. Dieser ganze Block entpuppt sich als eine Kette von verschiedenen Bergen.
Das heißt, von der Ferne sieht es so aus, als wäre alles auf einer Ebene. Aber diese Ebene gibt es nicht. Durch die Perspektive, durch die große Ferne, kommt es meinem Auge so vor, als ob zwischen dem vorderen Berg und dem hinteren Berg nichts dazwischen wäre. Genauso sieht der Prophet in die Ferne und sieht Antiochus und das Messiasreich direkt aufeinanderfolgend, als ob nichts dazwischen wäre. Das ist hier mit verkürzter Perspektive gemeint.
Zwei oder mehrere zukünftige, aber zeitlich auseinanderliegende Ereignisse werden als zusammenfallend gesehen. Fernes und Nahes werden in einem einzigen Bild dargestellt. Die zeitliche Komponente tritt zurück.
Delitzsch sagt, das Prinzip der prophetischen Zusammenschau weit auseinanderliegender Ereignisse, geschaut in verkürzter Perspektive, erlaubt es, dass der Prophet ein künftiges, zukünftiges Ereignis mit einem Ereignis der gegenwärtigen oder nahe in der Zukunft liegenden Zeit zusammen in einem einzigen Bild sieht, obwohl sie zeitlich nicht zusammengehören.
Das ist hier so gemeint. Zurück zu meinem Bild: Wo waren wir zu diesen Tagen noch einmal? In Kapitel 8, Vers 14. Dort wurde gefragt, wie lange denn die ganze Zeit des Dahingebens des Heeres und des Heiligtums dauert. Auch das Aufhören der Opfer und das Aufrichten des Frevels wurden erwähnt.
Dort haben wir gesagt, es sind 2300 Tage. Die Antwort lautet: Das sind umgerechnet sechs Jahre, vier Monate und zwanzig Tage. Wenn man aber die Schaltmonate einrechnet, müssen das zwei Schaltmonate gewesen sein. Dann sind es sechs Jahre, zwei Monate und zwanzig Tage. Das zählt als sieben Jahre.
Sechs Jahre, zwei Monate und zwanzig Tage – dazu kann ein Jude sagen, das ist eine Jahrwoche. Die zweite halbe Woche dauert exakt 1090 Tage, das sind dreieinhalb Jahre. Folglich haben wir also nicht exakt die Mitte. Die erste halbe Woche muss ungefähr 1010 Tage sein, das sind zwei Jahre, acht Monate und zwanzig Tage, wenn man den Schaltmonat einberechnet.
Die Jahrwoche insgesamt, die 2300 Tage sind, ist also nicht exakt in der Mitte geteilt, sondern ungefähr in der Mitte. Es sind auch nicht exakt sieben Jahre, sondern etwa 6,3 Jahre.
Das ist die Zeit vom Herbst 171 bis zum Tod von Antiochus, das ist Februar 164. Knapp, nicht einmal 6,5 oder 6,4 Jahre sind es. Das heißt, nichts ist exakt. Keiner von den drei Abschnitten ist exakt – nicht der erste, nicht der zweite und nicht der dritte.
Aber es sind symbolische Zahlen mit kräftiger Symbolbedeutung. Sie haben überhaupt nichts mit exakten Zeitangaben zu tun. Das sind nur Anspielungen. Natürlich werden die Bilder aufgegriffen. Die Offenbarung nimmt ja viele Bilder aus dem Alten Testament auf.
Diese Bilder werden übernommen, aber die Auslegung, die Deutung, gehört in die Geschichte der Offenbarung hinein, also in die dortige Geschichte. Meines Erachtens betrifft das exakt dreieinhalb Jahre. Das ist ein anderes Thema, aber es hat nichts mit Daniel zu tun.
Gemeinsames Singen und Überleitung zu weiteren Modellen
Können wir jetzt ganz kurz wieder ein Lied singen? Ja. Neunundvierzig, wir singen eins, drei und fünf, und dann neunundvierzig, eins, drei und fünf, und wieder stehen.
Jetzt möchte ich noch ein bisschen Zeit für die anderen Modelle verwenden. Ich habe ja versprochen, sechs Modelle zu zeigen, die alle nicht aufgehen. Man merkt, wie die Ausleger über Jahrhunderte hinweg ringen. Also das ist nicht alles aus der gleichen Zeit.
Das bekannteste Modell, das wir wahrscheinlich am besten kennen, ist die sogenannte dispensationalistische Deutung. Das ist ein furchtbares Wort, ich weiß, aber vergessen Sie es einfach. Es ist einfach eine gewisse lehrmäßige Richtung, die dadurch angedeutet wird.
Wie geht das? Die sagen, die ganze Zählweise beginnt mit Nehemia, mit der Erlaubnis, zurückzukehren, um die Mauer zu bauen. Der Anfang liegt im Jahr 440 vor Christus, und die neunundvierzig Jahre, die sieben, gehen dann bis zum Jahr 395. Dort hat man ein großes Fragezeichen, denn mit diesem Datum kann man nichts anfangen, es wird einfach gar nicht erwähnt.
Gut, aber dann zählt man weiter und kommt tatsächlich auf das Jahr der Kreuzigung Jesu Christi. Man zählt also die 434 prophetischen Jahre dazu, kommt dann auf Christus, und dann stoppt man die Zählung der Jahre für zweitausend Jahre. Es wird einfach aufgehört zu zählen und dann irgendwann am Tag X weitergezählt, und dann zählt man noch einmal sieben Jahre.
Der Herr Jesus kommt zweimal: einmal am Anfang der sieben Jahre und einmal am Ende der sieben Jahre. Diese sieben Jahre nennt man die sogenannte Drangsalzeit, und die Lücke dazwischen heißt die Zeit der Gemeinde.
Das ganze System hat dermaßen viele Probleme. Ich habe jetzt einmal fünf Probleme aufgeschrieben, aber es gibt noch mehr. Ich zeige einmal, wo die Probleme sind.
Das erste Problem ist: Um auf die Zahl der Kreuzigung Jesu zu kommen, muss man die prophetischen Jahre in Sonnenjahre umrechnen. Das heißt, man rechnet von diesen 360 Tagen pro prophetischem Jahr und muss diese 360 Tage in Sonnenjahre umrechnen. Man sagt 360 mal 483 – das sind diese 69 Jahrwochen, 69 mal 7 gibt 483. 483 mal 360 geteilt durch 365 rechnet man aus und kommt auf 476.
Dann rechnen wir von 444 vor Christus 476 Jahre dazu und siehe da, man kommt exakt ins Jahr 32 nach Christus. Die Vertreter sagen, das Jahr 32 nach Christus war das Todesjahr Jesu Christi. Nun, das ist auch nicht ganz richtig, denn es war nicht das Todesjahr Jesu Christi, das Jahr 30 war das Todesjahr. Aber lassen wir es mal so.
Erstes Problem: Man darf das nicht tun. Ich habe das schon erwähnt, weil die Juden alle zwei bis drei Jahre einen Schaltmonat eingeschoben haben, und diese Schaltmonate sind schon eingerechnet in die 70 Jahrwochen. Das heißt, wenn von 70 Jahrwochen die Rede ist, dann sind das nicht 70 mal 360 Tage, sondern 70 mal sieben Jahre. Das heißt, die Schaltmonate sind schon dabei.
Würden wir jetzt noch einmal alles rückrechnen von prophetischen Jahren in Sonnenjahre, dann tun wir eigentlich etwas, was gar nicht erlaubt ist. Bei allen Jahresangaben in der Bibel sind die Jahre mit Zusatzmonat schon eingerechnet. Würden wir die prophetischen Jahre in Sonnenjahre umrechnen, so würden wir die Schaltmonate doppelt zählen, und das darf man nicht.
Christus starb nicht im Jahr 32, sondern im Jahr 30 nach Christus, das kann ich biblisch belegen. Warum? Im Lukas 3, Vers 23 steht, dass der Herr Jesus, als er auftrat, dreißig Jahre alt war. Lukas sagt, er war etwa dreißig Jahre alt.
Dann sagen sie, na ja, wenn er etwa dreißig Jahre alt war, dann könnte er auch zweiunddreißig oder achtundzwanzig gewesen sein. Nein, kann er nicht, weil wenn Lukas „etwa“ sagt, dann meint er genau. Lukas ist ein so exakter Mensch, dass er sagt, er war etwa dreißig, das bedeutet, er war dreißig Jahre und zwei Monate vorher oder zwei Monate nach dem Geburtstag. Das heißt, das „etwa“ meint eine kleine Schwankungsbreite.
Zum Beispiel beim zwölfjährigen Mädchen, der Tochter des Jairus: Wie alt war die? Zwölf. Und was sagt Lukas? Etwa zwölf. Wieso etwa zwölf? Weil er den Geburtstag nicht weiß. Versteht ihr? Lukas ist so genau, dass er beim Zwölfjährigen „etwa“ sagt, weil der Geburtstag unbekannt ist. Und beim Herrn Jesus wusste er nur, dass er dreißig Jahre war, aber nicht den genauen Geburtstag, also war er etwa dreißig.
Für unsere Begriffe war er dreißig. Der Herr Jesus war tatsächlich dreißig, als er auftrat. Gut, wenn er auftrat und dreißig war, dann hat er drei Jahre gedient, dreieinhalb Jahre, und dann ist er gestorben. Das heißt, als er gestorben ist, war er ungefähr dreiunddreißig einhalb Jahre alt.
Wenn er dreieinunddreißig einhalb war, müssen wir jetzt rechnen, wann er geboren wurde. Nun, er muss vor dem Jahr vier vor Christus geboren worden sein. Warum? Weil Herodes im Jahr vier vor Christus gestorben ist, und zur Zeit der Geburt Jesu lebte Herodes noch.
Als Herodes dann den Herrn Jesus töten wollte, hat er die Kinder von Bethlehem getötet, die alle bis zwei Jahre alt waren. Das heißt, er wollte auf Nummer sicher gehen und alle Babys bis zum zweiten Lebensjahr töten. Das heißt, ein gewisser Zeitraum war schon verflossen, aber er wusste nicht genau, wie lange.
Ungefähr ein Jahr oder vielleicht weniger als ein Jahr. Um auf Nummer sicher zu gehen, hat er alle Kinder bis zum zweiten Lebensjahr töten lassen. Das heißt, der Herr Jesus ist ungefähr im Jahr vier oder fünf vor Christus geboren.
Wenn wir jetzt rechnen: Das Jahr Null existiert nicht, oder? Wir rechnen jetzt rückwärts. Zum Beispiel sagen wir, er ist ungefähr im Jahr fünf vor Christus geboren. Das Jahr fünf vor bis vier vor Christus sind ein Jahr oder ein halbes Jahr, je nachdem. Dann kommt das Jahr von vier bis drei, von drei bis zwei, von zwei bis eins. Dann kommt das Jahr Null, das es nicht gibt. Dann kommt das Jahr eins.
Das heißt, wir müssen ein Jahr abziehen. Also sind es nicht fünfunddreißig Jahre bis zum Jahr dreißig, sondern nur vierunddreißig Jahre bis zum Jahr dreißig. Vom Jahr fünf vor Christus bis zum Jahr dreißig verlaufen 34 Jahre.
Wann ist er dann gestorben? Es kann nur im Jahr dreißig gewesen sein. Im Jahr zweiunddreißig wäre er schon um zwei Jahre zu alt gewesen. Also das Jahr zweiunddreißig ist zu spät. Jahr dreißig ist tatsächlich das Todesjahr Jesu Christi.
Aber da kommt ein wirkliches Problem: Wenn wir in jenem Modell nicht genau genommen haben, dann dürfen wir es nur so sehen. Es gibt ja keine Angaben von Jahreszeitspannen, das ist ja ein Zeitalter, ein Menschenalter, das hier angegeben wird.
Es ist ein Unterschied, ob in der Prophetie eine Zeitspanne von siebzig Jahrwochen angegeben wird oder ob gesagt wird, dieses Mädchen war zwölf Jahre alt. Es ist schon ein Unterschied. Sie war tatsächlich zwölf Jahre alt.
Oder wenn zum Beispiel gesagt wird, diese Zeitspanne geht 1290 Tage, das ist exakt, da kann man nichts mehr schieben oder so. Aber wenn von siebzig Jahrwochen die Rede ist, dann ist das keine exakte Angabe. Das ist schon ein Unterschied.
Drittens: 444 vor Christus war nicht das Ausgehen des Wortes, Jerusalem zu bauen. Es wäre auch schwer denkbar, dass die Antwort auf das Gebet im Jahr 538 erst 94 Jahre später kommt. Schon schwierig.
Viertens: Lücken einzuschieben ist nicht erlaubt. Auch die Exiljahre waren ohne Lücken. Man darf nicht Lücken in diese siebzig Jahre einschieben. Diese Lücke hier zwischen dem Kreuz und dieser letzten Woche ist nicht erlaubt, die gibt es nicht.
Und noch etwas: Die Vertreter dieser Auffassung sagen, die Lücke ist deshalb, weil er von der Zerstörung Jerusalems im Jahr siebzig nach Christus spricht. Jerusalem wurde verwüstet, und das war doch schon vierzig Jahre nach der Kreuzigung Jesu. Also sie laufen schon von der 69. Jahrwoche bis zur Zerstörung Jerusalems 40 Jahre weiter. Da ist dann eine Lücke, da wird nicht gezählt. Das ist das Argument.
Nun, das Problem ist, es ist eine ganz falsche Voraussetzung. Es geht ja gar nicht um die Zeit von Jesus Christus, es geht um die Zeit von Antiochus. Es passt hinten und vorne nicht zusammen.
Die Zerstörung der Stadt fand in der siebzigsten Woche statt? Nein, sie fand am Ende, nach den 62 Wochen statt. Das heißt, im Zusammenhang mit der Tötung des Hohen Priesters fand auch die Zerstörung der Stadt statt und liegt vierzig Jahre später.
Es passt auch hier nicht, es passt hinten und vorne nicht zusammen. Die ganze Theorie, je mehr man sich hineinüberlegt, merkt man, das geht nicht auf. Und das wissen die Theologen auch, deshalb haben sie nach anderen Lösungen gesucht.
Die Zerstörung Jerusalems im Jahr 70 fiel dann in die Lücke hinein. Dann sagt man, ja, aber von der Lücke wird ja nichts berichtet, die Lücke ist die prophetielose Zeit. Ja, und die 70 nach Christus werden aber schon berichtet? Das fällt ja in die Lücke, das geht auch nicht.
Also auch in sich hat das ganze Lehrsystem so viele Probleme, dass man schon sehr große Fragezeichen bekommt.
Lassen wir die Tausende Jahre gleich mal bitte aus dem Spiel, das macht alles komplizierter. Wir sind ja bei Daniel, und so viel ich gelesen habe, bei Daniel habe ich nicht ein einziges Mal von Tausend ... Ah, auf der Folie, gut, ja, ich habe es gesehen. Aber im Buch Daniel kommt es nicht vor, zum Glück.
Dann zweite Deutung oder zweiter Lösungsvorschlag: Teilung der siebzigsten Woche. Man sagt, wir machen das einfacher, wir beginnen bei Esra, das passt ja auch. Esra, und dann zählen wir ohne Umrechnung in prophetische Jahre. Dann geht es nämlich tatsächlich auf das Jahr 26 ungefähr, also das Kommen Jesu Christi. Da passt es, da passt mit den 69 Jahren alles.
In der Mitte der Woche wird Jesus gekreuzigt und das Opfer hört auf, also geistlich gesehen hört das Opfer auf, sagt man dann. Die Israeliten haben ja weiter geopfert, aber das gilt dann nicht mehr, sagt man.
Dann kommt die zweite Hälfte der Woche, da ist die Lücke. Ab der Kreuzigung Jesu kommt die Lücke, und zum Schluss kommen noch mal dreieinhalb Jahre, und dann kommt das Ende.
Das ist genauso künstlich wie die andere, es ist nur ein bisschen mit den dreieinhalb Jahren verschoben. Die Zerteilung der Woche in der siebzigsten Woche ist gar nicht zulässig vom Text her. Man darf die siebzig, die dreieinhalb plus dreieinhalb, nicht einfach auseinanderreißen, um zweitausend Jahre dazwischenzuschieben. Das ist absolut verboten vom Text her.
Außerdem passt der Ausgangspunkt Esra eigentlich nicht, denn Esra war nicht der Zeitpunkt, an dem das Wort ausging, um Jerusalem wieder aufzubauen.
Der Text sagt nicht, dass der Gesalbte in der Mitte der letzten Woche ausgerottet wird. Es steht gar nicht im Text. In der Mitte der Woche hört das Opfer auf, nicht der Gesalbte wird ausgerottet. Wir haben ja gelesen: 26 nach den 62 Wochen wird der Gesalbte ausgerottet, nicht in der Mitte der siebzigsten Woche, da hört nur das Opfer auf.
Und die 70 nach Christus fallen auch wieder in die Lücke, von der nichts berichtet werden darf. Aber gerade da würde berichtet werden, die Zerstörung der Stadt Jerusalems.
Dritte Deutung: Die adventistische Deutung, auch von einem gläubigen Mann Auberlehn. Ich weiß nicht, ob jemand den kennt. Das war ein Schweizer. Auberlehn hat ein Buch geschrieben über Daniel und über die Offenbarung.
Er kommt auf folgende These: Er war der Erste, der mir begegnet ist, der sagt, die siebzig Jahre gehören zusammen. Das ist schon sehr sympathisch, das ist keine Lücke, wunderbar.
Er beginnt auch bei Esra zu zählen, kommt natürlich auf den Herrn Jesus und auf die Kreuzigung in der Mitte der Jahrwoche. Dann rechnet er noch drei Wochen weiter, dann kommt er also zum Ende. Das Ende ist also dann im Jahr 33 oder 34 nach Christus.
Was ist hier? Passt doch gut, oder? Passt alles zusammen.
Aber der Text sagt nicht, dass der Gesalbte in der Mitte der letzten Woche ausgerottet wird. Das steht nicht, sondern nach den 62 Wochen. Das heißt, er ist leider hier um dreieinhalb Jahre zu spät. Er müsste schon im Jahr 26 getötet werden, nämlich am Ende der 69. Woche, am Ende der 7 plus 62 Wochen.
Im Jahr 34 ergoss sich keine Verwüstung über den Verwüster. Das passt nicht. Da steht ja, am Ende der 70. Woche kommt die Verwüstung über den Verwüster. Geschah aber nichts im Jahr 34.
Und Jerusalem sollte noch in der 70. Woche verwüstet werden. Nach den 72 Wochen wird die Stadt zerstört. Das passt nicht. Da muss man noch 35 Jahre warten, bis Jerusalem zerstört wird. Das passt auch nicht.
Das ist alles gut gemeint. Man versucht, irgendwie das hinzukriegen, es geht nicht auf.
Der Fürst macht, dass man das Opfer aufhört. Der Fürst macht, dass man aufhört, das Opfer im Tempel darzubringen. In diesem Sinne beseitigt er es, er tut dies, um den Gräuel der Verwüstung aufzustellen.
Wenn in Daniel 12, Vers 11 von der Zeit an, da das beständige Opfer beseitigt wird, um den Verwüstungsgräuel aufzustellen, sind es 1290 Tage. Wir kommen dann in Kapitel 12 noch darauf zurück.
Das heißt, zuerst wird das Opfer aufgehört, und dann wird der Verwüstungsgräuel aufgestellt. Also zuerst müssen die Opfer aufhören, um den Gräuel aufzustellen.
Das passt hier überhaupt nicht. Passt nicht rein. Der Gräuel, wo wäre der Gräuel? Passt nicht hin.
Der Gräuel müsste dann irgendetwas sein, das im Jahr 70 nach Christus geschieht. Aber 70 nach Christus passt hier in dieses Schema von Auberlehn nicht hinein.
Das ist die adventistische Deutung. Die Adventisten sind hier sehr vehement, sie sagen, das ist die einzige Lösung für Daniel 9. Aber es geht nicht auf.
Ja, für das andere, ja klar. Aber die dispensationalistische Deutung würde sagen, das ist dann halt zum Schluss der Tod des Antichristen. Siehst du? Von daher.
Vierte Deutung – ja, das ist jetzt geklärt. Entschuldigung, zurück, zurück, zurück, jetzt bin ich falsch. Da haben wir zwei Lücken. Die ist jetzt ganz besonders interessant.
Sie fangen bei 538 an, dann haben sie die ersten sieben Wochen, und dann wissen sie nicht, wie es weitergeht. Dann schieben sie mal hundert Jahre dazwischen als Lücke ein, weil sonst passt ja nichts. Sonst kommt man nicht auf Christus.
Also in hundert Jahren kommen jetzt mal rein. Dann kommen die nächsten 434 Jahre, damit wir auf Christus kommen.
Und dann kommt keine Zerstörung Jerusalems. Dann schiebt man wieder eine Lücke ein, und das schiebt man dann einfach in die Endzeit, also 2000 Jahre dazwischen. Und dann haben wir die letzte Woche.
Das hat riesige Probleme: unerlaubte Lücken, und 70 nach Christus fällt die Zerstörung der Stadt wieder in die Lücke hinein. Es geht auch nicht auf.
Fünfte Deutung: Sehr sympathisch die präteristische symbolische Deutung. Was heißt das? Die sagen, das Ganze ist gar nicht zu zählen, es ist alles symbolisch. Aber symbolisch ziemlich stark gedehnt.
Die erste Woche, die ersten sieben Siebeneinheiten sind undefiniert, irgendwann. Gut, das kann man ja noch gelten lassen.
Die zweiten 62 sind undefiniert, irgendwann ein bisschen länger. Also statt 430 sind es halt dann 500, statt 430 sind es vielleicht 470. Das könnte man auch noch irgendwie gelten lassen.
Aber das Problem kommt jetzt: Die letzte halbe Woche wird auf 2000 Jahre gedehnt. Das ist ein Riesenproblem, oder?
Die dreieinhalb Jahre, dann kommt die Kreuzigung Jesu, und von der Kreuzigung Jesu bis heute – nein, nicht bis heute, Entschuldigung, von 30 nach Christus bis 70 nach Christus – die zweite Hälfte der Woche wird von dreieinhalb Jahren auf vierzig Jahre gedehnt.
Das ist aber auch unverhältnismäßig, das ist zu lang. Man kann nicht eine Woche in der Mitte halbieren und sagen, die Mitte ist, ja, da sind dreieinhalb Jahre, und da kommen vierzig Jahre, da ist genau die Mitte.
Das geht nicht, das ist nicht die Mitte, versteht ihr? Also auch das ist hier schon schwierig.
Und bitte vergessen wir nicht: Im Jahr 70 nach Christus wurde zwar Jerusalem zerstört, aber das war nicht die Erfüllung von Daniel 9, Vers 24.
Die Opfer wurden nicht abgeschafft, um den Gräuel aufzustellen. Die Opfer wurden nämlich im Juli abgeschafft, im August ist die Stadt gefallen. Also sie haben nur einen Monat vor dem Fall der Stadt aufgehört zu opfern, nicht dreieinhalb Jahre. Das passt auch nicht.
Und die Opfer wurden nicht deshalb abgeschafft, um den Gräuel der Verwüstung aufzustellen, denn im Jahr 70 wurden die Opfer abgeschafft, weil man keine Kraft mehr hatte, kein Geld mehr hatte und nichts mehr hatte. Man war ja am Verhungern in der Stadt.
Deshalb hörten die Opfer in Jerusalem auf.
Auf die Vergangenheit bezogen, auf das erste Jahrhundert bezogen.
Die klassische Deutung, das ist ja die eigentlich sehr bekannte, die über lange Jahrhunderte auch gehalten wurde, war so: alles ist symbolisch, das kann man ja noch gelten lassen bis zur Kreuzigung Jesu.
Aber dann wird es schwierig. Nach der Kreuzigung Jesu dauern die ersten dreieinhalb Jahre bis 70 nach Christus. Also von 30 bis 70 wird die Zeit gedehnt. Die dreieinhalb Jahre werden auf vierzig Jahre gedehnt, und die zweite Hälfte wird auf zweitausend Jahre gedehnt.
Und das geht nicht. Also das ist wirklich nicht erlaubt, bei aller Symbolik und bei aller Liebe zur Symbolik.
Man kann nicht sagen, das ist die Hälfte der Woche, die eine Hälfte dauert vierzig Jahre, die andere Hälfte dauert zweitausend Jahre.
Das heißt, jeder hat wirklich seine Mühe, um diese ganzen Jahre unterzubringen.
Die Opfer darzubringen hörten im römisch-jüdischen Krieg am 17. Juli 70 nach Christus auf, aber nicht, um den verwüstenden Gräuel aufzustellen.
Das vergisst man auch.
Die Opfer hörten auf, sagen sie, 70 nach Christus. Ja, natürlich hörten sie auf, aber nicht, um den verwüstenden Gräuel aufzustellen.
In Daniel steht, die Opfer hörten auf, um den verwüstenden Gräuel aufzustellen.
Da wurde kein Verwüstungsgräuel aufgestellt im Jahr 70 nach Christus.
Titus schloss keinen Bund mit den Juden, er drängte ihnen keinen auf, Titus wurde nicht 70 nach Christus getötet, und auch die römischen Heere nicht.
Das ist ein ganz starkes Argument.
Oder?
Und die letzte halbe Woche von zweitausend Jahren ist unverhältnismäßig stark gedehnt, ist nicht erlaubt.
Das waren die sechs Deutungen, keine geht auf.
Und es gibt keine weiteren, die wirklich sonst irgendwie Sinn machen würden.
Also wir gehen zurück zu der Deutung auf Antiochus, die meines Erachtens die ist mit den wenigsten Problemen.
Das einzige Problem haben wir, dass wir nicht ganz exakt mathematisch zählen können. Das stimmt, das gebe ich zu.
Aber wie gesagt, diese Zahlen haben schon einen Symbolwert.
Das ist für die Deutschen ein Problem, das gebe ich zu.
Für Juden wäre es interessant, wenn Juden darüber nachdenken.
Dann wären mal schöne Juden da, wenn man da Judenchristen hätte, die jetzt wirklich jüdisch denken.
Gut, ich bin jetzt so ziemlich fertig mit diesem Text, ich schaue gerade. Ihr seid auch fit. Das ist gut für die Frage.
Danke für die Frage, auf die soll ich doch noch kurz eingehen.
Der Herr Jesus hat doch Daniel erwähnt.
In Matthäus 24, Vers 15 sagt der Herr Jesus: Wenn ihr seht den Gräuel der Verwüstung aufgestellt an heilige Städte, wer das liest, wie bei Daniel geschrieben steht, der merke auf, dann sollen sie fliehen.
Schauen wir uns die Stelle an: Matthäus 24, Vers 15:
„Wenn ihr also den Gräuel der Verwüstung, von dem durch Daniel den Propheten geredet wurde, an heiligem Orte oder heiliger Stätte werdet aufgestellt sehen, der, der es liest, bedenke es, dann sollen die, die in Judäa sind, auf die Berge fliehen.“
Wichtig ist, dass wir uns merken: Wenn Matthäus sagt und zeigen möchte, dass sich eine Stelle aus dem Alten Testament im Neuen Testament erfüllt, wenn Matthäus da berichtet, wie der Herr Jesus darüber spricht, dann leitet er es immer ein mit den Worten: „auf dass erfüllt würde, was in den Propheten so und so geschrieben steht.“
Und gerade hier haben wir nicht diese Formel, sondern hier haben wir nur einen Hinweis auf Daniel.
Der Herr Jesus sagt: Wenn ihr den Gräuel der Verwüstung seht, von dem Daniel auch geredet hat, das heißt, es wird sich etwas wiederholen, was bei Daniel damals geschah.
Was denn? Ein Gräuel wird sich wiederholen.
Ein Gräuel kann sich sehr oft wiederholen.
Ein Verwüstungsgräuel ist etwas Ekelhaftes.
Und wenn dieser Gräuel, wie er damals bei Antiochus geschah, sich wieder ereignet, bei euch da in Jerusalem, dann, bitte, dann denkt daran.
Wer das bei Daniel liest, der soll mal gut aufpassen, wie es damals ergangen ist, was damals geschehen ist und wie es dann jetzt geschehen wird.
Das heißt, der Herr Jesus spricht hier von einer Wiederholung der Geschichte, nicht von einer Doppelprophetie, bitte.
Die Geschichte wiederholt sich sogar sehr oft.
Er sagt aber, dass das, was jetzt geschehen wird über Jerusalem, schlimmer sein wird.
Als die Drangsal, die dann kommen wird, über Jerusalem, wird schlimmer sein.
Es wird eine Drangsal sein, wie sie noch nie gewesen ist, also schlimmer als die unter Antiochus.
Das heißt, er sagt: Bei Antiochus habt ihr sozusagen eine Vorgeschichte erlebt von dem, was jetzt kommt.
Es wird jetzt schlimmer kommen.
Und bei Daniel ist es schon berichtet, da gab es unter Antiochus einen Gräuel der Verwüstung, das heißt, es gab eine Entweihung des Heiligen.
Und jetzt zur Zeit, wenn dieses geschieht, gibt es nochmals eine Entweihung des Heiligen.
Wie genau und was genau, sagt er nicht. Er sagt nur „Gräuel der Verwüstung“, das heißt ein verwüstender Ekel.
Und wenn das dann geschieht, dann müssen sie fliehen, das ist das Zeichen für sie.
Ja, 70 nach Christus.
Ja, das heißt, das ist aber nicht die Daniel-Prophetie, die sich erfüllt, sondern es ist eine Parallelsituation wie bei Daniel.
Der Gräuel, der bei Daniel geschehen ist, wird sich wiederholen.
Das heißt, der Ekel, dieser Frevel, der bei Daniel geschehen war, nämlich dass das Heiligtum betreten wird, dass das Heiligtum oder der heilige Ort von unheiligen Füßen betreten wird, so etwas wird kommen, aber es wird schlimmer werden.
Nun, es kam ja dann auch so, und es kam schlimmer als zur Antiochus-Zeit.
Es war eine Totalzerstörung, eine Totalverwüstung.
Die Doppelerfüllung kennt die Bibel nicht.
Es gibt nicht eine Aussage, eine Prophezeiung von einem Ereignis, das sich dann zweimal erfüllt.
Das geht nicht, das macht Gott nicht.
Da würde er die Leute in die Irre führen, das macht Gott nicht.
Es gibt ganz deutliche Anweisungen, ganz deutliche Kennzeichen und Hinweise, und dies erfüllt sich einmal.
Aber Geschichte kann sich wiederholen.
Also Parallelen gibt es immer wieder in der Geschichte.
Gut, ich weiß, das war jetzt schon ein sehr anstrengender Nachmittag.
Aber vielleicht ist ein bisschen was in unseren Gedanken hängen geblieben.
Wichtig ist, dass wir darüber nachdenken.
Es geht nicht darum, was ich glaube, das ist überhaupt nicht wichtig.
Es ist viel wichtiger, dass wir lernen, wie wir mit der Bibel umgehen, wie wir mit schwierigen Stellen umgehen, wie wir herangehen und nicht zu schnell irgendwelche fertig vorgefassten Systeme übernehmen.
Vielmehr schauen wir, was am besten in den Zusammenhang passt und was am wenigsten Fragen aufwirft oder am wenigsten Probleme hat.
Das ist ein besserer Weg, so zu gehen.
Übrigens, das sind nicht wichtige Fragen, das sind nicht heilsentscheidende Fragen.
Wenn Leute jetzt etwas anderes glauben, ist das überhaupt kein Problem.
Das wirkt sich im praktischen Leben überhaupt nicht aus.
Deshalb können Christen ruhig miteinander leben, die ganz verschiedene Auffassungen über Daniel 9 haben.
Ich habe das leider einmal erlebt, ich habe gehört, dass jemand die Versammlung verlassen hat von Geschwistern, weil diese eine andere Position zu Daniel 9 einnahmen als er.
Wie kann das überhaupt geschehen, dass man wegen so einer Frage die Gemeinschaft aufgibt?
Das ist schon eine ziemlich ernste Sache.
Wegen solchen Fragen darf man nie Gemeinschaft aufgeben.
Da hat man dann die Prioritäten wirklich verwischt und vertauscht.
Gut, dann wollen wir jetzt hier noch abschließen mit Gebet.
Zweite Deutung: Teilung der siebzigsten Woche
Der zweite Deutungsvorschlag betrifft die Teilung der siebzigsten Woche. Man sagt, wir machen das einfacher und beginnen bei Esra. Das passt ja auch. Wir zählen dann ohne Umrechnung in prophetische Jahre weiter. So kommt man tatsächlich ungefähr auf das Jahr 26, also das Kommen Jesu Christi. Das passt mit den 69 Jahren zusammen, alles stimmt.
In der Mitte der Woche wird Jesus gekreuzigt, und das Opfer hört geistlich gesehen auf. Man sagt, die Israeliten haben zwar weiterhin geopfert, aber das gilt dann nicht mehr. Danach kommt die zweite Hälfte der Woche. Hier entsteht eine Lücke ab der Kreuzigung Jesu. Zum Schluss folgen noch einmal dreieinhalb Jahre, und dann kommt das Ende.
Diese Deutung ist genauso künstlich wie die erste. Sie ist nur ein wenig mit den dreieinhalb Jahren verschoben. Die Zerteilung der siebzigsten Woche ist vom Text her nicht zulässig. Man darf die siebzig Wochen, also die dreieinhalb plus dreieinhalb, nicht einfach auseinanderreißen und auf zweitausend Jahre verteilen. Das ist absolut verboten vom Text her.
Außerdem passt der Ausgangspunkt Esra eigentlich nicht. Denn zu Esras Zeit ging nicht das Wort aus, um Jerusalem wieder aufzubauen. Der Text sagt auch nicht, dass der Gesalbte in der Mitte der letzten Woche ausgerottet wird. Das steht gar nicht im Text. In der Mitte der Woche hört nur das Opfer auf, nicht der Gesalbte wird ausgerottet. Wir haben ja gelesen: Nach den 62 Wochen wird der Gesalbte ausgerottet, nicht in der Mitte der siebzigsten Woche. Dort hört nur das Opfer auf.
Siebzig Wochen nach Christus fällt der Text auch wieder in die Lücke, von der nichts berichtet werden darf. Gerade in dieser Lücke würde aber die Zerstörung der Stadt Jerusalem berichtet werden.
Dritte Deutung: Adventistische Sichtweise
Dritte Deutung: Die adventistische Deutung und auch die eines gläubigen Mannes namens Auberlehn. Ich weiß nicht, ob jemand ihn kennt – er war ein Schweizer. Auberlehn hat ein Buch über Daniel und die Offenbarung geschrieben. Er kommt zu folgender These: Er ist der Erste, der mir begegnet ist, der sagt, dass die siebzig Jahre zusammengehören. Das ist sehr sympathisch, denn es gibt keine Lücke, wunderbar.
Er beginnt auch bei Esra zu zählen, kommt natürlich auf den Herrn Jesus und auf die Kreuzigung in der Mitte der Jahrwoche. Dann rechnet er noch drei Wochen weiter, sodass er zum Ende kommt. Das Ende liegt also im Jahr 33 oder 34 nach Christus. Was ist hier? Passt das doch gut, oder? Passt alles zusammen.
Aber der Text sagt nicht, dass der Gesalbte in der Mitte der letzten Woche ausgerottet wird. Das steht nicht da, sondern nach den 62 Wochen. Das heißt, er ist leider hier um dreieinhalb Jahre zu spät. Er müsste schon im Jahr 26 getötet werden, nämlich am Ende der 69. Woche, also am Ende der 7 plus 62 Wochen.
Im Jahr 34 ergoss sich keine Verwüstung über den Verwüster. Das passt nicht. Da steht doch, am Ende dieser 70. Woche kommt die Verwüstung über den Verwüster. Geschah aber nichts im Jahr 34. Und Jerusalem sollte noch in der 70. Woche verwüstet werden. Nach den 72 Wochen wird die Stadt zerstört. Das passt nicht. Da müsste man noch 35 Jahre warten, bis Jerusalem zerstört wird. Das passt auch nicht.
Das ist alles gut gemeint, man versucht irgendwie, das hinzukriegen, aber es geht nicht auf. Der Fürst bewirkt, dass das Opfer aufhört. Der Fürst bewirkt, dass man aufhört, das Opfer im Tempel darzubringen. In diesem Sinne beseitigt er es. Er tut dies, um den Gräuel der Verwüstung aufzustellen.
Wenn in Daniel 12, Vers 11 von der Zeit an die Rede ist, da das beständige Opfer beseitigt wird, um den Verwüstungsgräuel aufzustellen, sind es 1290 Tage. Wir kommen in Kapitel 12 noch darauf zurück. Das heißt, zuerst wird das Opfer aufgehört, und dann wird der Verwüstungsgräuel aufgestellt.
Also müssen zuerst die Opfer aufhören, um den Gräuel aufzustellen. Das passt hier überhaupt nicht. Passt nicht rein. Der Gräuel – wo wäre der Gräuel? Passt nicht hin. Der Gräuel müsste dann irgendetwas sein, was im Jahr siebzig nach Christus geschieht. Aber das Jahr 70 nach Christus passt hier in dieses Schema von Auberlehn nicht hinein.
Das ist die adventistische Deutung. Die Adventisten sind hier sehr vehement und sagen, das ist die einzige Lösung für Daniel, für Daniel 9. Aber es geht nicht auf. Ja, für das andere, ja klar. Aber die dispensationalistische Deutung würde sagen, das ist dann halt zum Schluss der Tod des Antichristen. Siehst du? Von daher.
Vierte Deutung: Lücken in der Zeitrechnung
Vierte Deutung – ja, das ist jetzt geklärt. Zurück, zurück, zurück – jetzt bin ich falsch. Da haben wir zwei Lücken, die besonders interessant sind. Sie beginnen bei 538.
Dann folgen die ersten sieben Wochen, und danach weiß man nicht, wie es weitergeht. Deshalb wird eine Lücke von hundert Jahren eingeschoben, weil sonst nichts passt. Ohne diese Lücke kommt man nicht auf Christus. Also werden diese hundert Jahre eingefügt.
Anschließend folgen die nächsten 434 Jahre, damit wir auf Christus kommen. Doch dann gibt es keine Zerstörung Jerusalems. Stattdessen wird wieder eine Lücke eingefügt. Diese Lücke wird einfach in die Endzeit geschoben, also 2000 Jahre dazwischen.
Dann kommt die letzte Woche. Dieses Modell hat viele Probleme, insbesondere unerlaubte Lücken. Die Zerstörung der Stadt im Jahr 70 nach Christus fällt wieder in diese Lücke hinein. Das Ganze geht so nicht auf.
Fünfte Deutung: Präteristische symbolische Deutung
Die fünfte Deutung ist sehr sympathisch: die präteristische symbolische Deutung. Was bedeutet das? Diese Deutung sagt, dass das Ganze gar nicht wörtlich zu verstehen ist, sondern alles symbolisch ist – allerdings ziemlich stark gedehnt symbolisch.
Die erste Woche, also die ersten sieben Siebeneinheiten, sind undefiniert. Das kann man noch gelten lassen. Die zweiten 62 Siebeneinheiten sind ebenfalls undefiniert, aber etwas länger als die ursprünglichen 430 Jahre. Statt 430 Jahre werden es dann etwa 470 oder 500 Jahre. Auch das könnte man noch akzeptieren.
Das Problem entsteht jedoch bei der letzten halben Woche, die auf 2000 Jahre gedehnt wird. Das ist ein großes Problem. Die dreieinhalb Jahre, dann die Kreuzigung Jesu, und von der Kreuzigung bis zum Jahr 70 nach Christus – nicht bis heute, Entschuldigung – wird die zweite Hälfte der Woche von dreieinhalb Jahren auf vierzig Jahre gedehnt.
Das ist unverhältnismäßig lang. Man kann eine Woche nicht in der Mitte halbieren und sagen, dass die Mitte aus dreieinhalb Jahren und dann aus vierzig Jahren besteht. Das ist nicht die Mitte, das funktioniert nicht.
Bitte vergessen wir nicht: Im Jahr 70 nach Christus wurde zwar Jerusalem zerstört, aber das war nicht die Erfüllung von Daniel 9,24. Die Opfer wurden nicht abgeschafft, um den Gräuel der Verwüstung aufzustellen. Die Opfer wurden nämlich im Juli abgeschafft, also einen Monat vor dem Fall der Stadt im August.
Das passt nicht zu der Vorstellung, dass die Opfer dreieinhalb Jahre vorher aufgehört hätten. Außerdem wurden die Opfer nicht abgeschafft, um den Gräuel der Verwüstung aufzustellen. Im Jahr 70 n. Chr. wurden die Opfer eingestellt, weil man keine Kraft, kein Geld und keine Mittel mehr hatte. Die Stadt war am Verhungern, deshalb hörten die Opfer in Jerusalem auf.
Diese Ereignisse beziehen sich auf die Vergangenheit, also auf das erste Jahrhundert. Die klassische Deutung, die sehr bekannt ist und über lange Jahrhunderte gehalten wurde, sieht alles symbolisch. Das kann man bis zur Kreuzigung Jesu noch gelten lassen. Doch danach wird es schwierig.
Nach der Kreuzigung Jesu dauern die ersten dreieinhalb Jahre bis zum Jahr 70 nach Christus. Diese Zeitspanne wird von dreieinhalb Jahren auf vierzig Jahre gedehnt. Die zweite Hälfte der Woche wird sogar auf zweitausend Jahre gedehnt.
Das ist nicht zulässig. Bei aller Liebe zur Symbolik darf man nicht sagen, dass die eine Hälfte der Woche vierzig Jahre dauert und die andere Hälfte zweitausend Jahre. Jeder hat Mühe, diese ganzen Jahre irgendwie unterzubringen.
Die Opferdarbringung hörte im römisch-jüdischen Krieg am 17. Juli 70 nach Christus auf, aber nicht, um den verwüstenden Gräuel aufzustellen. Das wird oft vergessen. Die Opfer hörten zwar 70 n. Chr. auf, aber nicht, um den verwüstenden Gräuel zu setzen.
In Daniel steht jedoch, dass die Opfer aufgehört haben, um den verwüstenden Gräuel aufzustellen. Im Jahr 70 nach Christus wurde kein Verwüstungsgräuel aufgestellt. Titus schloss keinen Bund mit den Juden, drängte ihnen keinen auf, und er wurde auch nicht 70 n. Chr. getötet – ebenso wenig wie die römischen Heere. Das ist ein starkes Argument.
Die letzte halbe Woche von zweitausend Jahren ist unverhältnismäßig stark gedehnt und nicht zulässig.
Das waren die sechs Deutungen, keine von ihnen passt wirklich. Es gibt keine weiteren Deutungen, die sonst Sinn machen würden.
Deshalb kehren wir zurück zur Deutung auf Antiochus, die meines Erachtens die wenigsten Probleme aufweist. Das einzige Problem ist, dass wir nicht ganz exakt mathematisch zählen können – das stimmt, das gebe ich zu.
Aber diese Zahlen haben auch einen Symbolwert. Für Deutsche ist das ein Problem, das gebe ich zu. Für Juden wäre es interessant, wenn sie darüber nachdenken würden. Es wäre schön, wenn es Judenchristen gäbe, die wirklich jüdisch denken.
Ich bin jetzt so gut wie fertig mit diesem Text. Ich schaue gerade, ihr seid auch noch da. Das ist gut für die Frage. Danke für die Frage, auf die ich noch kurz eingehen soll.
Bezug auf Matthäus 24 und die Wiederholung des Gräuels
Der Herr Jesus hat Daniel erwähnt. In Matthäus 24, Vers 15 sagt der Herr Jesus: „Wenn ihr den Gräuel der Verwüstung aufgestellt an heiligen Städten seht, wer das liest, wie bei Daniel geschrieben steht, der merke auf, dann sollen sie fliehen.“
Schauen wir uns die Stelle an: Matthäus 24, Vers 15. Dort heißt es: „Wenn ihr also den Gräuel der Verwüstung, von dem durch Daniel den Propheten geredet wurde, an heiligem Orte oder heiliger Stätte aufgestellt sehen werdet, der, der es liest, bedenke es, dann sollen die, die in Judäa sind, auf die Berge fliehen.“
Wichtig ist, dass wir uns merken: Wenn Matthäus sagt und zeigen möchte, dass sich eine Stelle aus dem Alten Testament im Neuen Testament erfüllt, wenn Matthäus berichtet, wie der Herr Jesus darüber spricht, dann leitet er es immer ein mit den Worten „auf dass erfüllt würde, was in den Propheten so und so geschrieben steht“.
Gerade hier haben wir nicht diese Formel. Stattdessen gibt es nur einen Hinweis auf Daniel. Der Herr Jesus sagt: „Wenn ihr den Gräuel der Verwüstung seht, von dem Daniel auch geredet hat.“ Das heißt, es wird sich etwas wiederholen, was bei Daniel damals geschah. Was denn? Ein Gräuel wird sich wiederholen.
Ein Gräuel kann sich sehr oft wiederholen. Ein Verwüstungsgräuel ist etwas Ekelhaftes. Und wenn dieser Gräuel, wie er damals bei Antiochus geschah, wieder bei euch in Jerusalem geschieht, dann bitte denkt daran: Wer das bei Daniel liest, der soll gut aufpassen, wie es damals ergangen ist, was damals geschehen ist und wie es jetzt geschehen wird.
Das heißt, der Herr Jesus spricht hier von einer Wiederholung der Geschichte, nicht von einer Doppelprophetie. Die Geschichte wiederholt sich sogar sehr oft. Er sagt aber, dass das, was jetzt geschehen wird über Jerusalem, schlimmer sein wird. Die Drangsal, die dann kommen wird, wird schlimmer sein als alle zuvor. Es wird eine Drangsal sein, wie sie noch nie gewesen ist – also schlimmer als die unter Antiochus.
Das heißt, er sagt: Bei Antiochus habt ihr sozusagen eine Vorgeschichte erlebt von dem, was jetzt kommt. Es wird jetzt dicker kommen, es wird schlimmer kommen.
Bei Daniel ist es schon berichtet: Da gab es unter Antiochus einen Gräuel der Verwüstung. Das heißt, es gab eine Entweihung des Heiligen. Und jetzt, zur Zeit, wenn dieses geschieht, gibt es nochmals eine Entweihung des Heiligen.
Wie genau und was genau er sagt, weiß er nicht. Er sagt nur „Gräuel der Verwüstung“, das heißt ein verwüstender Ekel. Und wenn das dann geschieht, dann müssen sie fliehen. Das ist das Zeichen für sie.
Ja, siebzig nach Christus. Das heißt, das ist aber nicht die Daniel-Prophetie, die sich erfüllt, sondern es ist eine Parallelsituation wie bei Daniel. Der Gräuel, der bei Daniel geschehen ist, wird sich wiederholen.
Das heißt, der Ekel, dieser Frevel, der bei Daniel geschehen war – nämlich dass das Heiligtum betreten wird, dass das Heiligtum oder der heilige Ort von unheiligen Füßen betreten wird – so etwas wird kommen, aber es wird schlimmer werden.
Nun, es kam dann auch so und es kam schlimmer als zur Antiochus-Zeit. Es war eine Totalzerstörung, eine Totalverwüstung.
Schlussbemerkungen zum Umgang mit unterschiedlichen Meinungen
Die Bibel kennt keine Doppelerfüllung. Es gibt keine Aussage oder Prophezeiung über ein Ereignis, das sich dann zweimal erfüllt. Das ist nicht möglich, und Gott würde das auch nicht tun. Er würde die Menschen nicht in die Irre führen.
Es gibt ganz deutliche Anweisungen, Kennzeichen und Hinweise, die sich jeweils nur einmal erfüllen. Allerdings kann sich Geschichte wiederholen. Parallelen in der Geschichte kommen immer wieder vor.
Ich weiß, das war heute ein anstrengender Nachmittag. Doch vielleicht ist etwas in unseren Gedanken hängen geblieben. Wichtig ist, dass wir darüber nachdenken. Es geht nicht darum, was ich glaube. Das ist überhaupt nicht wichtig.
Viel wichtiger ist, dass wir lernen, wie wir mit der Bibel umgehen, insbesondere mit schwierigen Stellen. Wir sollten nicht zu schnell vorgefasste Systeme übernehmen. Stattdessen sollten wir prüfen, was am besten in den Zusammenhang passt und am wenigsten Fragen oder Probleme aufwirft. Das ist ein besserer Weg, um voranzukommen.
Übrigens: Diese Fragen sind nicht heilsentscheidend. Wenn Menschen etwas anderes glauben, ist das kein Problem. Im praktischen Leben wirkt sich das nicht aus. Deshalb können Christen ruhig miteinander leben, auch wenn sie ganz verschiedene Auffassungen über Daniel 9 haben.
Leider habe ich einmal erlebt, dass jemand die Versammlung von Geschwistern verlassen hat, weil diese eine andere Position zu Daniel 9 einnahmen als er. Wie kann das passieren? Wie kann man wegen einer solchen Frage die Gemeinschaft aufgeben? Das ist eine ernste Sache.
Wegen solcher Fragen darf man niemals Gemeinschaft aufgeben. Dann sind die Prioritäten wirklich verwischt und vertauscht.
Gut, dann wollen wir jetzt hier mit einem Gebet abschließen.