
Wir gehen einmal ein Evangelium entlang und haben letztes Mal einiges zu Markus sowie zur Prophetie gesagt. Wir hatten entdeckt, dass der Heilsweg in der Ewigkeit begann. Gottes Plan war es, Heil und Rettung zu senden.
Dann hatten wir Johannes den Täufer, diese Gestalt am Jordan. Nun kommen wir zu Markus 1,9-13:
„Und es begab sich zu der Zeit, dass Jesus aus Nazaret in Galiläa kam und sich taufen ließ von Johannes im Jordan. Und alsbald, also aus dem Wasser stieg, sah er, dass sich der Himmel auftat, und der Geist wie eine Taube herabkam auf ihm. Da geschah eine Stimme vom Himmel: ‚Du bist mein lieber Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen.‘ Und alsbald trieb ihn der Geist in die Wüste. Er war in der Wüste vierzig Tage und wurde versucht von dem Satan. Er war bei den wilden Tieren, und die Engel dienten ihm.“
Die Gefahr beim Bibellesen ist immer, dass man sagt: „Das habe ich ja schon ein paar Mal gelesen, das kenne ich jetzt eigentlich.“ Doch ob wir tiefer in das Wort des Evangeliums eindringen und besser gegründet werden, das ist das Problem.
Deshalb möchte ich so beginnen: Gibt es überhaupt einen Menschen in dieser Welt, der sich der Gestalt Jesu entziehen kann? Ich habe immer gemerkt, dass selbst Leute, die bewusst gottlos leben wollen, sich sehr gründlich mit Jesus beschäftigt haben. Sie vertreten dann ihre Meinung über Jesus.
Sie kennen ja die Meinungen: Jesus war ein guter Mensch, Jesus war ein weiser Mann, Jesus war sehr liebenswürdig. Vielleicht erkennen viele gottlose Menschen sogar an und sagen: Jesus war der beste Mensch von allen, die je gelebt haben.
Aber es fällt immer wieder auf, dass sie leugnen, dass Jesus Gottes Sohn ist. Und genau darum geht es heute Abend. Wir wollen einfach mal ganz klar dahin kommen: Warum sagt man, dass Jesus Gottes Sohn ist?
Vorstellen können wir es uns kaum: Wenn Sie mit Moslems reden und ihnen von Jesus erzählen, werden Sie erleben, dass Moslems mit ganz billigen Sprüchen angreifen. Sie sagen dann zum Beispiel: „Wie willst du dir das vorstellen, dass Gott jemanden gezeugt hat? Das steht in der Bibel doch gar nicht drin.“ Dabei kommen wir mit unseren menschlichen Begriffen an unsere Grenzen.
Die Bibel sagt, Jesus ist Gottes Sohn. Wir wissen, dass unser Verstehen bei Gott aufhört und wir Gott nicht vollständig begreifen können. Trotzdem müssen wir uns anschauen, wie es dazu kommt, dass im Evangelium und in unserem Glaubensbekenntnis ein wesentlicher Satz lautet: Jesus ist der Sohn Gottes.
Wir erinnern uns, dass Markus 1,1 mit den Worten beginnt: „Jesus, der Messias, der Sohn Gottes.“ Das ist wie eine Überschrift, die zeigt, worüber berichtet werden soll – warum Jesus der Sohn Gottes ist.
Jetzt kommt ein ganz wichtiger Punkt: Wenn heute Christen, Kirchen oder Theologen von Jesus reden, aber nicht mehr davon überzeugt sind, dass er der Sohn Gottes ist, dann wäre es meiner Meinung nach ehrlicher, den Dienst einzustellen und die Kirche zu schließen. Denn die ganze Kraft des Evangeliums hängt daran, dass Jesus der Sohn Gottes ist.
Wenn es nur darum geht, moralische Werte zu vertreten, kann ich auch einem Arbeitskreis einer politischen Partei beitreten oder in ein Volksbildungswerk gehen. Im Evangelium und in der Sendung der Jünger Jesu geht es aber darum, Jesus zu erkennen: Wer ist Jesus wirklich?
Wir singen so gern das Lied „Schönster Herr Jesu, Herrscher aller Herren, Gottes und Marien Sohn.“ Das zeigt, wie wesentlich dieser Punkt für den Glauben ist.
Heute gibt es viele unterschiedliche Auffassungen. Viele Theologen sagen, man müsse sich das mit der Gottessohnschaft bloß bildhaft vorstellen, das sei nur ein Symbol. Das sei Quatsch, denn die Menschen damals waren ernsthaft und wollten etwas Wichtiges übermitteln.
Vielleicht hat an dem Begriff der Gottessohnschaft die ganze moderne Theologie ihre Wurzeln.
Für diejenigen, die sich mit solchen Fragen beschäftigen, sei gesagt: Hauptsächlich war es Professor Buzet im letzten Jahrhundert, der behauptete, in den ersten Jüngerkreisen wurde Jesus gar nicht als Sohn Gottes verehrt, sondern er war nur ein Mensch.
Heinz Zahnd hat das immer so schön gesagt: Die Gemeinde habe Jesus erst später „emporgejubelt“. Das ist das frechste und unverschämteste, was man je tun kann.
Jesus wird von der Gemeinde oft als ein großer Betrüger dargestellt. Ich habe darauf immer nur eine Antwort: Die Gemeinde Jesu hat Jesus zu allen Zeiten nie hochgejubelt, sondern ihn oft entwertet. Schon am Ostertag haben die Jünger nicht sofort geglaubt. Die Gemeinde ist dabei oft die Letzte, die an Jesus glaubt. Es sind eher Menschen, die Jesus nicht groß machen können. Stattdessen hat Jesus immer wieder seine müden Jünger aufgerüttelt und sich ihnen als der Auferstandene erwiesen.
Schauen Sie sich heute einmal die leblose, tote Kirche an. Dort muss der auferstandene Herr immer wieder neu erwecken. Er ist der lebendige Herr, doch das wird oft genau umgekehrt dargestellt. Trotzdem wird diese Sichtweise verbreitet und scheint in unseren Gemeinden gut anzukommen, weil die Menschen gern ihren eigenen Gedanken folgen.
Nun wollen wir zurück zur Bibel gehen und sehen, was das Testament, das Evangelium von Jesus, dazu sagt. Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass Markus wichtige Dinge aus dem Leben Jesu nicht erwähnt? Warum erzählt er nichts von der Geburt Jesu in Bethlehem? Warum berichtet er nicht von den Weisen aus dem Morgenland? Warum fehlt die Geschichte vom zwölfjährigen Jesus im Tempel?
Manche sagen, Markus habe diese Dinge nicht gewusst – das ist Unsinn. In den vielen Jahren, in denen Jesus wirkte, gab es zahlreiche Berichte darüber. Die Apostel haben sich in der Urgemeinde viel erzählt. Es ist ganz einfach: Johannes hat ein bestimmtes Thema, das er verkünden will. Und was ist dieses Thema? Die Kreuzigung und Auferstehung Jesu.
Alle Evangelien sind letztlich Berichte über den Sühnetod Jesu für uns und seine Auferweckung. Die Evangelisten haben vorne noch einige ergänzende Dinge hinzugefügt, um wichtige Aspekte zu erzählen. Sie beschränken sich also auf das Wesentliche und zielen immer auf die Mitte des Evangeliums ab.
Für uns ist es sehr wichtig, dass der Dienst des Evangeliums stets auf den Gekreuzigten und den Auferstandenen Jesus hinweist.
Es war schon in den einleitenden Versen so. Markus hat sich kurz gefasst und gesagt, er möchte nur das Wesentliche bringen. Auch hier merkt man das bei den Geschichten, die in anderen Evangelien viel ausführlicher erzählt werden. Zum Beispiel die Versuchung: Bei Matthäus umfasst sie elf Verse, bei Lukas ähnlich viele. Markus hingegen drückt sie auf drei Verse zusammen. Die zweite Versuchungsgeschichte, die bei Matthäus elf Verse lang ist, fasst Markus auf zwei Verse zusammen.
Er will ganz kompakt das Wichtigste darstellen. Und daran wollen wir uns auch halten, um die wichtigsten Säulen des biblischen Glaubens zu erkennen.
Die erste große Tat des Weltheilands, die Markus erzählt, betrifft den Messias, den Sohn Gottes. Was ist die erste große Tat des Messias-Königs? Dass er große Reden hält? Dass er im Triumphzug als Herr einmarschiert? Dass er hunderte von Kranken heilt und eine riesige Rallye veranstaltet mit dem Motto: „Kranke aller Völker, vereinigt euch, ich mache euch alle gesund“? Ein solcher Prachtsauftritt? Ganz im Gegenteil.
Er tritt am Jordan auf, vor eine Menge von Männern und Frauen, deren Gewissen erschüttert ist. Diese Menschen brechen unter der Last ihrer Schuld zusammen. Dort stehen Männer und sagen: „Wir haben die Ehe gebrochen.“ Dort stehen Kaufleute und sagen: „Wir haben gestohlen und kommen mit der Last unseres Lebens nicht mehr zurecht.“ Dort stehen Frauen und sagen: „Wir haben Blut an unseren Händen.“ Die Tränen laufen ihnen herunter.
Johannes hat in seiner Predigt diese Last aufgedeckt, die über einer ehrenwerten bürgerlichen Gesellschaft liegt. Jesus steht nicht da und sagt: „Du, du, du!“ Stattdessen steht er als der Bruder der sündig gewordenen Menschen da – das ist die größte Heilungstat.
Ich möchte, dass Sie einmal innehalten und darüber nachdenken, was Markus uns hier erzählt. Das wird oft überlesen. Jetzt verstehen Sie auch, warum er sagt: Die Geschichte vom Stall in Bethlehem ist zwar schön, aber eigentlich will er etwas viel Wichtigeres zeigen. Denn die Leute sehen noch nicht, dass dieser Jesus als der namenlose Mann aus Nazaret kommt und mitten unter der Schar verlorener Menschen steht.
Diese Menschen hören, dass es noch eine Wendung gibt: Gott will Schuld wegnehmen. Jesus muss selbst keine Schuld wegnehmen lassen, aber er steht unter ihnen, weil seine unendliche Liebe zu verkehrten und falschen Menschen hier sichtbar wird. Wie ein Magnet sucht er die Stahlspäne. So sucht er Menschen, die mit ihrer Schuld nicht mehr fertig werden.
Karl Heymann hat es in seinem Buch „Jesus der Weltveränderer“ treffend formuliert. Er sagt, Jesus ist der Einzige unter allen großen Weltreligionen, der das Urthema aller Weltgeschichte offenlegt: Schuld. Alle anderen Religionen leugnen das.
Der Buddhismus zum Beispiel sagt, man müsse Geduld lernen, und das sei das Problem. Doch tatsächlich geht es um Schuld. Kein Mensch kann zu Gott kommen, weil Schuld ihn trennt. Bevor Schuld nicht vergeben ist, kann niemand Gott sehen. Es muss eine Versöhnung stattfinden.
Karl Heim entfaltet dieses Thema auf über hundert Seiten – ein großer Lehrer der Christenheit. Seine Bücher sind für jeden lesenswert, besonders wenn man sie zu Hause hat. Er zeigt, wie sich dieses Thema im Vergleich zu anderen Religionen darstellt und legt es ausführlich dar.
Das ist die Kraft des Evangeliums. Dort, wo Erweckung geschieht und Menschen zum Glauben kommen, geschieht dies genau an dieser Stelle. Alle anderen Wege führen nicht weiter, denn dies ist der Punkt, an dem Gott sich finden lässt: über das zerbrochene Gewissen und das Erkennen der eigenen Schuld.
Darum tritt Jesus am Jordan unter diese Menschen.
Ich bin innegehalten: 18 Jahre hat Jesus allein gewartet nach der Geschichte vom zwölfjährigen Jesus im Tempel, die auch bei Markus nicht berichtet wird. Insgesamt waren es 30 Jahre von seiner Kindheit an.
Am Sonntag habe ich bei der syrophenitischen Frau gesagt, Jesus hat es ja getrieben. Er will handeln, auch in der Mission. Wie hat Jesus dieses Drängen zum Handeln gespürt, obwohl er krank war? Er muss doch in der Vollmacht Gottes wirken, denn er ist der Heiland der Welt. Gleichzeitig hat er Geduld und Gehorsam gelernt. Alles andere schiebt er beiseite und geht hinunter dorthin, wo Johannes steht.
Interessant ist auch, dass Johannes und Jesus Verwandte waren – Maria und Elisabeth. Lukas hat schön erzählt, wie sie sich begegnet sind, als beide hochschwanger waren. In der Bibel steht nichts darüber, dass sie sich später noch einmal getroffen haben. In der großen Volksmenge sieht man Johannes in der ganzen Leidenschaft eines Bußpredigers. Übrigens ist Buße eine Freudenpredigt. Bekehrung ist immer eine Freudenbotschaft. Es kann alles heil werden, jeder Schaden im Leben, egal wie schlimm oder kaputt dein Leben ist, kann neu werden.
Johannes steht mittendrin und sieht Jesus. In diesem Augenblick erkennt er sofort, was los ist. Es ist eine Theorie, die sich allerdings mit manchen anderen Aussagen bricht: Ich behaupte, Johannes hat auch im Gefängnis nie gezweifelt. Für ihn war es völlig klar, dass Jesus der Heiland ist. Darum hat der Finger vom Grünewald im Isenheimer Altarbild Jesus richtig gemalt.
Im Johannes-Evangelium wird beschrieben, dass seine Jünger nicht geglaubt haben, aber Johannes war immer der Zeuge. Als er Jesus zum ersten Mal in dieser Menschenmenge sieht, ist er fasziniert. Es ist nichts Äußeres, sondern eine Schau des Geistes Gottes. Johannes erkennt: Das ist der, der kommt, der mit dem Heiligen Geist die Menschen taufen wird.
Offenbar war es in dem Augenblick, als Jesus sich im Jordan untertauchte, dass das Urproblem der Menschheit sichtbar wurde. Dabei geschieht etwas, das wir materiell nicht beschreiben können. Unser Problem ist, dass wir alles immer materiell im Glauben fassen wollen. In der Bibel steht nur, dass der Geist Gottes wie eine Taube herabkam. Also war es keine wirkliche Taube. Es war etwas, woran Johannes sofort erkannte, dass auf Jesus die Gegenwart des ewigen Gottes liegt.
Das ist ein Geheimnis, das man nicht materiell sichtbar machen kann. Man sollte es so akzeptieren, wie es in der Bibel steht. Der Evangelist beschreibt es, und für Johannes war es eine ungemeine Glaubensstärkung. Von diesem Augenblick an wusste er: Jetzt kann ich abnehmen, und Jesus muss wachsen. Jetzt ist meine Mission zu Ende, und das Neue kann kommen.
Viel ausführlicher wird diese Begebenheit in den anderen Evangelien erzählt. Wir wissen nicht genau, wer die Stimme hörte und ob das Volk sie noch wahrnahm. Aus den Berichten der anderen Evangelien können wir dies noch ein wenig untersuchen. Ich möchte mich jetzt jedoch nicht darin verlieren, denn das ist keine wesentliche Frage.
Für den Evangelisten Johannes war es jedenfalls völlig klar: Er hört die Stimme, und auch Jesus hört sie. Es ist die Bestätigung des Vaters: „Du bist mein Sohn.“ Wer die Gottessohnschaft leugnet, der leugnet das Zeugnis des ewigen Gottes – das ist etwas Furchtbares. Diese Aussage ist in allen Evangelien so eindeutig, dass Gott dies nicht nur hier, sondern auch an unzähligen anderen Stellen gesagt hat.
Nun kommen wir noch einmal zum Problem der Leugner der Gottessohnschaft. Manche Theologen fragen, warum wir das überhaupt sagen. Sie verweisen darauf, dass auch der Augustus sich als Gottessohn bezeichnet habe. Doch das ist etwas ganz anderes.
Lesen Sie doch, was die griechischen Göttersöhne auf dem Olymp trieben. Das ist doch wie bei Schneewittchen oder Hänsel und Gretel – etwas völlig anderes, als das, was das Evangelium beschreibt. Das Evangelium hat mit dieser ganzen Geschichte nichts zu tun.
Für die Theologen unter Ihnen, die weiterforschen möchten: Es wird oft behauptet, dass erst mit dem Eintritt des Evangeliums in die griechische Welt durch die Mission des Paulus die Gottessohnschaft überhaupt bekannt wurde. Alle, die mit uns nach Israel reisen, schleppe ich nach Sepphoris, sieben Kilometer von Nazaret entfernt. Dort können Sie mit mir die Mosaikböden betrachten, die zur Zeit Jesu dort waren. Die schönsten griechischen Mythen waren alle vertreten, und das schon zu Jesu Zeiten.
Das Griechentum war durchmischt, die Hellenisten waren überall im Gebiet der Zehn Städte. Die ganze Kultur von Herodes war eine hellenistische Kultur. Sie wussten also sehr wohl, was in der griechischen Welt unter Göttersöhnen verstanden wurde.
Wenn vom Sohn Gottes die Rede ist, was ist dann gemeint? Es ist immer nur ein Anklang an das Hebräische, an das alttestamentliche Judentum. Sie können die Bibel nur von dort aus verstehen. Was Gott sagt, bedeutet, dass Jesus der Sohn ist – und das ist ganz anders.
Der griechische Augustus oder wen auch immer man so bezeichnet hat, ist etwas völlig anderes. Es gibt zwar Begriffe, die in anderen Religionen oder in der Esoterik wieder auftauchen. Man findet ähnliche Vorstellungen in der iranischen Mystik oder in Persien. Aber es geht doch nur darum, dass Jesus in einer ganz engen Beziehung zum Vater lebt.
Im Begriff des Gottessohnes steckt im Evangelium niemals die Vorstellung einer strahlenden, leuchtenden Person. Wo der Begriff im Evangelium vorkommt, wird Jesus immer als ganz bescheiden dargestellt.
Ich darf Ihnen ein paar Beispiele nennen, zum Beispiel Caesarea Philippi. Die Jünger stehen um Jesus herum, an dem Panheiligtum bei den Jordanquellen. Jesus fragt sie: „Wer bin ich?“ Die Leute antworten: „Du bist Elija, du bist ein Prophet“ und so weiter. Dann sagt Petrus: „Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.“ Ganz schlicht, ohne Wunder oder Himmelserscheinung – das gibt es im Griechentum nicht.
Jesus antwortet darauf: „Das hast du nicht von dir selbst erkannt, sondern der Heilige Geist hat es dir offenbart.“ Das steht in Matthäus 16.
Oder nehmen wir ein anderes Beispiel aus dem Markus-Evangelium, ganz am Schluss, in Markus 14. Sie können das gerne nachschlagen. Dort, im Verhör Jesu, etwa in Markus 14, Vers 61, gibt es eine dramatische Szene. Der Hohepriester verhört Jesus, noch bevor ihm die Dornenkrone aufgesetzt wird. Jesus ist gefesselt, gefoltert und gequält.
Der Hohepriester fragt ihn: „Ich frage dich noch einmal, lass die Katze aus dem Sack: Was bist du? Bist du der Christus, der Messias, der Sohn des Hochgelobten?“ Und Jesus antwortet: „Ich bin es.“
Wissen Sie, was Markus damit sagen will? In seinem ganzen Evangelium möchte er die Gottessohnschaft Jesu betonen. Das ist nicht nur ein Titel, den er anhängt, sondern das wichtigste Thema für ihn.
Deshalb steht im ersten Kapitel, Vers 1, ganz am Anfang des Evangeliums: „Dies ist die Geschichte, die frohmachende Botschaft von Jesus, der Christus ist, der Messias und der Sohn Gottes.“
Und jetzt fragen wir uns: Woran erkennt man den Gottessohn? Ganz einfach: Man muss immer nur nach biblischen Parallelen suchen.
Als Abraham auf dem Berg Moria seinen Sohn Isaak auf den Altar legt, ist der Sohn das Opfer. Das ist doch klar, 1. Mose 22: „Dies ist mein lieber Sohn, der sein Leben gibt zur Erlösung für viele.“ Das finden wir auch wieder in Markus 10,45. Das ist doch der Messias, der Gottessohn.
Das Kennzeichen im Neuen Testament für den Gottessohn sind nicht die Wunder, sondern der Gehorsam, das völlige Übereinstimmen im Gehorsam. Am schönsten hat Johannes die vielen Worte Jesu über seine Gottessohnschaft ausgedrückt. Würde ich Ihnen heute Abend alle sagen, säßen wir noch zwölf Stunden hier.
Im Johannesevangelium kommen die Jünger im Gespräch mit der samaritischen Frau zu Jesus und sagen: „Du musst doch essen, wir haben Essen mitgebracht, du hast doch gar nichts gegessen.“ Jesus antwortet: „Ich brauche nichts zu essen. Meine Speise ist, den Willen dessen zu tun, der mich gesandt hat.“
Im Johannesevangelium heißt es wunderbar: So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn hingab, damit diese Welt nicht verloren geht. Niemand kennt Gott so wie der eingeborene Sohn. Er verkündigt ihn. Jesus ist nicht einfach ein griechischer Wundertäter, sondern der gehorsame Sohn, der die ganze Fülle Gottes unter uns bringt.
Das zeigt sich in Johannes 5, Johannes 6 und Johannes 7 überall dort, wo Jesus sagt: „Wer mich sieht, der sieht den Vater.“ Und am allermeisten im ersten Johannesbrief: „Wer bekennt, dass Jesus der Gottessohn ist, der hat das Leben. Wer es ausspricht und glaubt, hat das Leben. Ohne diesen Glauben hat er den Tod.“
Diese Evangelisten haben uns etwas ganz Wichtiges mitgeteilt: Das Erkennen der Gottessohnschaft Jesu ist für uns der Schlüsselpunkt des Glaubens.
Verstehen Sie die Taktik des Teufels und was er in unserer Christenheit im zwanzigsten Jahrhundert zerstört hat? Kinder im Religions- und Konferenzunterricht haben bereits mitbekommen, dass manche angeblich altgriechischen Vorschläge gar nicht wirklich altgriechisch sind.
Es wird mit vermeintlicher Wissenschaftlichkeit gearbeitet, die aber nichts mit der Wahrheit zu tun hat. Dennoch wird dies als Glaubenssatz angenommen, weil unsere Vernunft es nicht verstehen kann. Wie soll Jesus ein Gottessohn sein?
Ich weiß auch nicht, was es bedeutet, wenn ein Muslim lächelt. Streiten Sie niemals mit Andersgläubigen oder Muslimen darüber. Alle Muslime, die zum Glauben kommen, tun dies über die Erkenntnis von Jesus. Aber nicht, indem sie über Jesus diskutieren, sondern indem sie ihn einfach erkennen – den, der die Sünden vergibt. So ist es auch bei uns gewesen.
Man kann die rationalen Probleme nicht einfach wegdiskutieren. Die Vorstellung ist schwierig: Wie soll ich mir das vorstellen? Ich kenne ihn doch nicht. Wie soll ich mir vorstellen, dass die Welt aus dem Nichts geschaffen wurde? Das kann ich mir auch nicht vorstellen.
Ich kann mir auch nicht vorstellen, wie lange die Ewigkeit dauert. Und wenn die Ewigkeit aufhört, dann hört sie wirklich auf – und was kommt dann? Es kommt überhaupt nichts mehr. Wenn sie aber überhaupt nicht aufhört, kann man die Ewigkeit auch nicht entdecken. Das ist verrückt.
Verstehen Sie, wir können uns vieles gar nicht denken. Wir müssen einfach sein, denn wir sind begrenzt. Aber im Evangelium wird uns gezeigt: Hier, dieser Jesus ist der, der dir Leben vermittelt. Gott kommt zu dir, und in ihm ist das Leben.
Wir können hier nicht alles ausführlich erklären, aber das genügt uns.
Wo finden sich entsprechende Vorstellungen noch im Alten Testament? Psalm 2 ist hier ein bekanntes Beispiel. Dort heißt es: „Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt.“ Außerdem gibt der Herr ihm die Völker der Welt.
Was für eine Prophetie ist das? Ist hier im Geheimnis schon etwas angedeutet? Dieses Thema kennen viele auch aus der Weihnachtszeit.
Die Bewohner Galiläas waren damals verzweifelt, weil sie aus dem Staatsgebiet Israels herausgefallen waren und unter der assyrischen Besetzung litten. Jesaja gibt ihnen eine Botschaft: Es wird nicht dunkel bleiben über denen, die in Angst sind. Das Land Galiläa wurde geringgeschätzt, doch gerade dort wird der Heiland später besonders wirken.
Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht. Was ist dieses Licht? „Uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben.“ Die Herrschaft ruht auf seiner Schulter, und es wird wunderbarer Rat, ewige Kraft, Vaterfrieden geben. Diese wunderbare Verheißung enthält die Sohnschaft. Darin liegt die prophetische Verheißung.
Jesus kommt, doch die Jünger konnten das zunächst nicht verstehen. Erst nach der Auferstehung erkannten sie, was wirklich in Jesus gegeben war. Es war Petrus, der als Erster dies erkannte und aussprach. Er sagte zu Jesus, dass er diese Erkenntnis nicht aus eigenem Verstand gewonnen hatte.
Dieses Verstehen ist ein Wunder des Heiligen Geistes. Niemand kann Jesus Christus als seinen Herrn bekennen, ohne durch den Heiligen Geist dazu befähigt zu sein. Das ist ein Glaubenswunder.
Für uns ist die Person Jesu als Heiland und Sohn Gottes der Kernpunkt unseres Glaubens. Ich freue mich, dass Sie heute Abend gekommen sind. Wann sprechen wir schon wieder so systematisch über einen solchen Punkt?
Sie wissen, dass dies unauflöslich für das ganze Leben ist. Darauf steht alles, daran hängt alles. Und das steht auch ganz eng im Zusammenhang mit dem erfüllten Heiligen Geist.
Das Einzigartige an sich hat nichts mit irgendwelchen Geisterfahrungen zu tun, die Menschen hier machen. Denn das verweist wieder auf eine messianische Stelle, die Sie alle auswendig kennen: Jesaja 11.
Diese herrliche Adventsverheißung zitieren wir immer wieder. Es geht um den abgehauenen Stamm Isaias, das Davidshaus. Es wird ein Reis hervorgehen. Auf diesem Davidspross wird ruhen der Geist des Herrn. Der Heilige Geist wird ganz auf ihm sein – der Geist der Weisheit, des Verstandes, des Rates, der Erkenntnis und der Furcht des Herrn.
Diese Verheißung hat sich bei der Taufe erfüllt. Man kann das Neue Testament überhaupt nur vom Alten Testament her verstehen. Sie müssen immer diese Parallelen suchen. Der größte Teil unserer evangelischen Theologie tut das nicht. Otto Michel war einer, auch Hengel in Tübingen und Stuhlmacher haben es noch gemacht. Dabei sind sie zu guten Ergebnissen gekommen.
Man kann das Neue Testament nur vom Alten erkennen. Es gibt keine andere Kulturwurzel, in der die Tatbestände erkennbar sind. Die ganze Irreführung kommt aus völlig verschiedenen Dingen. Rudolf Bultmann zum Beispiel bezieht die meisten seiner Erklärungen aus dem persischen, iranischen Mythos, wie die Brücke laufen soll. Das ist völlig undenkbar.
Und dann noch eine kleine Sache, die ich Ihnen auch als Hintergrund geben möchte, weil sie interessant ist.
Wir sprechen bei den herrlichen Jesusverheißungen im Buch Jesaja oft von den Knecht-Gottesliedern, also von Gottesknecht. Zum Beispiel heißt es: „Fürwahr, er trug unsere Krankheit und lud auf sich unsere Schmerzen.“ Das sind herrliche Lieder über den Knecht Gottes. Ebenso gibt es die Verheißung, dass er zum Licht der Heiden gesetzt ist – eine wunderbare Jesusverheißung.
In der griechischen Bibelübersetzung des Alten Testaments, der Septuaginta, wird das Wort „Knecht“ jedoch nicht mit „Doulos“ übersetzt, sondern mit dem Wort „Pais“. Ich lerne gerade Griechisch, und „Pais“ bedeutet „Sohn“. In der Septuaginta, die etwa hundert Jahre vor Jesus entstand, wird der Knecht also als Sohn übersetzt. Das ist im Griechischen natürlich möglich, denn jeder, der übersetzt, weiß, dass Begriffe oft vielschichtiger sind.
Hier schwingt also schon ganz deutlich mit, dass der Knecht auch als Sohn verstanden wird. Das zeigt sich auch im griechischen Neuen Testament: Wenn Jesus der Sohn ist, dann ist er zugleich der gehorsame Knecht, der die Sünden der Welt trägt. Das wird besonders in Jesaja 53 deutlich – eine Stelle, über die seit Jahrhunderten in der Synagoge nicht mehr gesprochen wird.
Dort heißt es: „Fürwahr, er trug unsere Krankheit und lud auf sich unsere Schmerzen. Er ist um unserer Missetat willen verwundet.“ Über diese Stelle wird in keiner Synagoge seit Jahrhunderten gesprochen. Dennoch steht dort auch: „Du bist mein Sohn, in dir ist Erfüllung.“
Natürlich war Jesus seit seiner Geburt der Sohn Gottes, ein Wunder durch Maria. Das ist kein Widerspruch. Markus hat es konzentriert auf den Punkt gebracht, und von dort aus wird alles für uns noch einmal klar und bedeutsam.
Jesaja 42 habe ich mir ebenfalls aufgeschrieben. Bei den Gottesnamen muss ich noch einmal nachsehen, was ich genau meinte. Jesaja 42, Vers 1 lautet: „Siehe, das ist mein Knecht, mein Sohn, den ich halte, mein Auserwählter, an dem meine Seele Wohlgefallen hat. Ich habe ihm meinen Geist gegeben, und er wird das Recht unter die Heiden bringen.“
Das ist die Jesusverheißung, die mit der Taufe erfüllt wird.
Ich breche hier einfach ab. Man könnte noch viel mehr sagen. Ich habe fast Bedauern, dass wir die zwei Geschichten hier mit drin haben. Aber ich denke, es soll für Sie ein Anstoß sein, auch in Ihrem Leben wieder die große Freude zu finden.
Heute Nacht wacht der über Ihnen, der Sie bei Namen gerufen hat. Er will Ihr Heiland sein. Er ist bei Ihnen als ein starker Held, der Gottessohn, dem der Vater alles übergeben hat. Er sitzt zur Rechten des Vaters und ist Ihr Herr.
Wir haben einen so großen Heiland, den können Sie überhaupt nie erahnen. Und Sie haben bisher nur winzige Anteile von ihm in Ihrem Glauben entdeckt. Von seiner Liebe haben Sie nur ganz wenig geschmeckt, von seinem Erbarmen, von seiner Größe.
Und er sucht Sie. Er will neben Ihnen stehen um Ihrer Sünde willen. Er stößt den Sünder nicht weg, sondern zieht ihn wie magnetische Späne wieder an.
Und das Nächste: Jetzt machen wir das noch weiter. Der Geist Gottes führt. Und der Geist Gottes führt wieder. Jetzt sind wir wie am Sonntag bei der Syrophenizerin. Oft handelt er für uns unverständlich. Er führt in die Wüste – von unserem Bild her, meine ich.
Der Geist Gottes führt nicht wie ein Superstar, der groß vor der Welt auftreten will. Jesus wurde ja den Weg der Demut geführt – durch den Geist Gottes.
Es stellt sich mir auch die große Frage, ob sie nicht manchmal erscheinen und fragen können: Ist das der Geist der Welt oder ist es der Geist Gottes? Der Geist Gottes ist niemals prahlerisch, er verherrlicht niemals Menschen und macht keine großen Worte. Ich weiß, Gott wirkt immer leise. Auch wenn er in unserem Leben wirkt, hält er uns sehr demütig.
Wenn du mich demütigst, machst du mich groß, weil ich dann von mir wegfliege und auf den Heiland schaue. Er führt uns in die Wüste. Was ist die Wüste? Die Wüste ist wüst. Sie kann einmal wieder bezaubernd sein, aber nicht, wenn man im klimatisierten Bus fährt und abends wieder ein schönes Hotel hat. In Wirklichkeit ist die Wüste ein Ort, an dem man nicht leben kann, ein lebensfeindlicher Ort.
Jesus geht in die Wüste, weil der Geist Gottes ihn einem furchtbaren, brachialen Test unterzieht. Diese Versuchungsgeschichte steht immer auch in anderen Evangelien als Antwort auf die Offenbarung der Gottessohnschaft Jesu. Der Teufel versucht zum letzten Mal, Jesus zu Fall zu bringen.
Dostoevsky, der russische Dichter, hat einmal gesagt: Wenn man nur diese eine Geschichte aus dem Evangelium hätte und sonst nichts, hätte man das Größte, was man überhaupt finden könnte. Die Entscheidungsschlacht ist geschlagen: die furchtbare Versklavung der gesamten Weltgeschichte unter die teuflischen, höllischen Mächte. Kein Mensch kann sie aus dieser Verstrickung der Dunkelheit, der dämonischen Mächte, befreien. Hat Dostoevsky etwas geahnt? Jesus hat die Schlacht für uns alle geschlagen.
Das ist die mögliche Erneuerung, das mögliche Wunder der Versuchung. Jesus hat in seiner Stille durchgeschlagen, obwohl er vom Fleischlichen her gar keine Kraft mehr hatte. Vierzig Tage zu fasten und nicht zu trinken, ist für uns überhaupt nicht vorstellbar. In dieser totalen Schwäche hat Jesus eine Schlacht geschlagen.
Ist das Kreuz noch nötig? Schließlich zielt doch alles bereits auf das Kreuz hin. Die Passionsgeschichte wird schon im ersten Kapitel deutlich. Jesus geht auf diese eine große Entscheidungsschlacht zu: die Macht des Teufels soll ganz und völlig gebrochen werden. Es soll ein neues Leben entstehen, eine Gemeinde – eine Jesusgemeinde –, in der der Teufel nichts mehr zu sagen hat.
Es ist schlimm, dass der Teufel manchmal auch noch in der Gemeinde wirken kann und sogar im Leben von gläubigen Christen. Doch sie dürfen dem Teufel unter die Füße treten, weil Jesus stärker ist – nicht, weil sie selbst stärker sind. Sie werden nie stärker sein. Beim kleinsten Versuch Satans könnten sie wieder umkippen. Aber Jesus ist nicht mehr umzustoßen. Darum hat er das gemacht und wurde vom Geist in die Wüste geführt.
Hier zeigt sich wieder eine alttestamentliche Parallele. Wenn Sie so etwas sehen, ist oft nicht direkt angegeben, woher es stammt. Zum Beispiel Fünfter Mose 8. Das haben wir auch einmal in unserer Bibelstunde betrachtet. Das Buch Deuteronomium, also Fünfter Mose, ist ein grandioses Buch. Ich lese aus Fünfter Mose 8, Vers 2, für diejenigen, die es gerade nicht aufgeschlagen haben:
"Gedenke des ganzen Weges, den dich der Herr, dein Gott, geleitet hat in der Wüste, vierzig Jahre lang."
Diese 40 Tage erinnern an die 40 Jahre Wüstenwanderung Israels. Warum hat Gott sein Volk durch die Wüste geführt? Weil er es demütigen und prüfen wollte, damit sich zeigen würde, was im Herzen ist – ob man seine Gebote halten würde oder nicht.
Wie schrecklich hat das Volk Israel versagt! Wie schrecklich versagen auch wir in diesen Probetests, in die der Geist Gottes uns hineinführt. Doch wie wunderbar hat Jesus für uns die Schlacht gewonnen!
Sie kennen jetzt die Versuchungen, die der Teufel Jesus auferlegte. Das können wir in den anderen Evangelien schnell nachvollziehen. Was war eine der Versuchungen des Teufels? Zuerst verlangte er Brot. Danach kam die andere Versuchung: „Wenn du Gottes Sohn bist, dann zeig es doch. Tritt auf wie ein Star im Fernsehen, und die Welt wird dir zu Füßen liegen. Du musst nur einen großen Knüller machen, so wie es der Antichrist am Ende der Tage tun wird.“
Diese Frage stellt sich auch immer wieder für uns: Mit welchen Mitteln wollen wir die Welt bezwingen? Wollen wir ihr immer imponieren? Wenn Christen etwa einem großen Sportler nachschauen, der Jesus bekennt, dann müsste doch die Welt dadurch überführt werden. Aber Gott will durch törichte Predigt selig machen und nicht durch tolle Geschichten, die wir erzählen.
Meist prallt das auch ab. Obwohl es mich freut, wenn ein Golfer oder jemand anderes Christ ist, glaube ich nicht, dass dadurch viele bekehrt werden. Es gibt ja auch Menschen in der Esoterik oder Ehebrecher, und nur weil ein Golfer Christ ist, ist das nicht sehr überzeugend. Unsere Argumentation sollte nicht sein, dass wir immer irgendwelche Größen suchen, mit denen wir auftreten wollen.
Denn die Versuchung ist, dass Jesus nicht die Schau machen will. Die Welt sucht nur nach großen Dingen. Jesus sagt: „Du sollst Gott, deinen Herrn, nicht versuchen.“ Wie weist er diese Versuchung zurück? Mit Gehorsam und dem Wort Gottes.
Am Ende heißt es: „Da wich der Teufel von ihm, und die Engel dienten ihm.“
Es ist für uns ganz wichtig, dass es den Sieg über diese furchtbaren Mächte gibt. Was Teufels Macht ist, das wissen viele gar nicht. Schauen Sie sich einmal Filme über Konzentrationslager an. Was dort an schrecklichen Dingen möglich war, versteht man rational oft gar nicht mehr.
Betrachten Sie auch andere Ereignisse, zum Beispiel die Kriegsgeschichten aus Jugoslawien. Dort sieht man, was alles in Menschen vorgehen kann. Dann schauen Sie auf Ihr eigenes Leben und sagen: Meine Sünde ist genauso. Ich verstehe mich selbst nicht mehr, wenn ich darüber nachdenke, wie mein Leben voll ist von Dingen, die mich weder reich gemacht noch schöner gemacht haben.
Die Versuchungen hat Jesus für uns bestanden und gleichzeitig offenbart, was Gottessohnschaft wirklich bedeutet. Ich habe Ihnen schon gesagt: Wenn Sie in Ruhe weiterlesen wollen, lesen Sie heute Abend noch ein wenig im ersten Johannesbrief. Dort finden Sie nur ein Thema – das Bekenntnis zum Gottessohn. Wenn der Sohn frei macht, dann ist man wirklich frei. In dem Gottessohn liegt unser Heil, unser Leben, in ihm ruht der Glaube.
Jesus hat schon sehr harte Worte gebraucht: Wer andere im Glauben irre macht, dem wäre es besser, dass ein Mühlstein um den Hals gehängt und er in der Tiefe des Meeres versenkt würde. Wenn jemand einen anderen im Glauben irre macht, dann ist das ein schwerwiegendes Problem.
Die Gottessohnschaft Jesu ist der Dreh- und Angelpunkt des christlichen Glaubens. Ich habe mir zur Gewohnheit gemacht, nicht zu diskutieren und nicht zu protestieren. Man wird nur verlacht. Aber man sollte wenigstens nicht dort sitzen, wo die Spötter sitzen.
Das müssen wir wissen. Mehr wollen wir dazu hier nicht sagen, denn das sind ganz wichtige Aussagen.
Noch ein Wort zu den Engeln und den Tieren, insbesondere den wilden Tieren. Die Tiere der Wüste werden in der Bibel oft als unheimlich dargestellt, weil sie gefährlich sind. Beispiele dafür sind die Schlange, die Otter, der Skorpion, der Löwe und andere, die umherstreifen.
In diesem Zusammenhang wird eine neue Harmonie sichtbar. Jesus war bei den wilden Tieren. Frau Riga, heute Abend sind Sie wieder zufrieden, jetzt sind Sie wieder bei den Tieren angekommen.
Ich möchte nicht zu viel hineininterpretieren, aber es wäre problematisch, eine ganze Theologie darauf aufzubauen. Dennoch klingt hier etwas an vom großen Friedensreich, in dem diese schreckliche Disharmonie aufgehoben wird. Paulus spricht davon, dass die Kreatur auf die Erlösung der Kinder Gottes harrt. Ganz klar zeigt sich das hier in der Versuchungsgeschichte: Jesus war bei den wilden Tieren, und der Versucher konnte bei ihm nicht durchgreifen.
So beginnt das öffentliche Wirken Jesu, so beginnt seine Offenbarung.
Jesus tut auch Wunder, so wie er in ihrem Leben Wunder wirkt. Diese Wunder sind jedoch meist nur von kurzer Dauer. Wenn wir jedoch die Gesamtzahl betrachten und zählen, wie viele Heilungen er vollbracht hat, sind es leider nicht sehr viele gewesen. Dabei hätte er es gekonnt.
Am Sonntag musste ich im Kinderwerk Lima über den sozialdiakonischen Auftrag sprechen. Dabei wurde es mir wieder wichtig, die Frage zu stellen, warum Jesus eigentlich nicht alle Nöte seiner Zeit geheilt hat. Die Menschen litten doch unter großer Armut und Hunger. Er heilte zum Beispiel einen Aussätzigen, doch es blieb auch in seiner Zeit viel Krankheit und Not bestehen – so wie heute.
Heute habe ich in einem Prospekt gesehen, dass Frau Polzin von englischen Büchern weggeschoben wurde. Darin steht: „Ich kann die Welt verändern, ich kann sie leider nicht verändern, ich kann immer nur mein eigenes Herz verändern.“ Denn wir sind doch so ohnmächtig.
Jesus hat sich auch so beschränkt. Doch er ist einzig groß geworden durch den Sieg über die Mächte der Hölle. Am Ende steht das Kreuz. Jesus legt seine ganze Macht in das Wirken seiner Boten, die Gemeinde zu bauen: schwache Männer und Frauen, die Zeugnis geben. So bildet sich Gemeinde – wie in der Apostelgeschichte. Das ist der Lauf des Reiches Gottes durch unsere Welt. Es ist anfechtbar, nicht in den Schlagzeilen der Zeitung, doch ganz wunderbar.
Dort, wo das Reich Gottes hinkommt und in der Kraft Jesu wirken darf, gibt Jesus seinen Boten Vollmacht. Das werden sie morgen erleben. Er hat viel mit ihnen vor und braucht sie für seinen Dienst.
Jetzt ist aber höchste Zeit, dass wir aufhören. Wir singen noch ein Lied.