Liebe im Neuen Bund. Zwei Predigten. Theologie, die dich im Glauben wachsen lässt, Nachfolge praktisch – dein geistlicher Impuls für den Tag.
Mein Name ist Jürgen Fischer. Zwei Wochen lang möchte ich mit dir über Jesu Vorstellung von Liebe nachdenken.
Ausgangspunkt: Liebe und Heiligung im Glauben
Also, wenn du jetzt sagst: „Oh ja, da habe ich mich wiedererkannt, ich bin so jemand, der all das macht“, dann würdest du sagen, ich habe ein Problem mit Gott, ich habe ein Problem mit dem Thema Heiligung.
Was wir jetzt gemacht haben, ist Folgendes: Wir haben gesagt, das ist Liebe, und das ist richtig oder falsch. Wenn du an diesem Punkt ankommst, dann bist du einfach deutlich falsch unterwegs gewesen. Dort wollen wir nicht hin.
Jetzt müssen wir uns aber daran erinnern: Du sollst nicht morden. Was ist das Gegenteil von Mord? Naja, ich habe jemanden erschlagen.
Jesus hat jedoch deutlich gemacht, dass, wenn du jemanden erschlagen hast, du viel früher schon Sünde auf dich geladen hast – nämlich dort, wo du ungerechtfertigten Zorn hattest.
Einfach nur zu sagen: „Ich lese etwas, was ich nicht tun soll, und jetzt suche ich mal das Gegenteil, um zu wissen, was ich tun soll“, hilft mir nur bedingt, um zu verstehen, wo mein Problem eigentlich anfängt.
Seid ihr noch bei mir? Beim Mord ist es so: Es fängt bei ungerechtfertigtem Zorn an. Dort beginnt das Problem.
Zwischenstufen zwischen richtig und falsch
Wenn es an dieser Stelle mit dem Zorn anfängt, stellt sich natürlich die Frage: Wo beginnt eigentlich die Liebe?
Ich habe mir überlegt, dass es interessant wäre, nicht einfach nur in richtig und falsch zu unterscheiden, sondern zwei weitere Kategorien dazwischen einzuführen. Ich zeige euch diese beiden Gruppen auf der nächsten Folie.
Auf der einen Seite haben wir „richtig“, auf der anderen Seite „voll falsch“. Dazwischen gibt es zwei neue Kategorien, die ich euch vorstellen möchte: „fast richtig“ und „verdeckt ungehorsam“.
Ich habe sie für euch definiert: „fast richtig“ bedeutet, dass etwas halbwegs ehrlich gemeint ist, aber ethisch noch nicht ganz richtig umgesetzt wird. Es ist also gut gemeint, aber schlecht gemacht. Auf den ersten Blick wirken diese Dinge noch halbwegs tugendhaft. Wenn man jedoch die genaue Motivation oder die Ausführung betrachtet, liegt es schon nicht mehr im grünen Bereich. Zum Beispiel: „Ja, ich habe noch keinen umgebracht, aber zornig bin ich schon.“
Dann gibt es „verdeckt ungehorsam“. Übertragen auf das Beispiel Mord heißt das: „Ich habe noch keinen umgebracht, aber ich habe schon angefangen, ihn mit Worten zu erschlagen.“ Solche Dinge. Hier ist man schon einen Schritt weiter, und andere bekommen das auch mit.
„Verdeckt ungehorsam“ bedeutet, dass man an dieser Stelle schon ziemlich destruktiv ist, aber es noch so macht, dass es nicht zu sündhaft erscheint. Man will nicht, dass andere denken, man sei ein Schlimmer, aber man möchte trotzdem ein bisschen schlimm sein.
Diese Menschen bleiben äußerlich oft im Rahmen. Aber wenn es darum geht, wirklich Rechte aufzugeben, liebevolle Hingabe zu praktizieren oder Freude an der eigenen Veränderung zu entwickeln, dann fehlt da ganz, ganz viel.
Konkrete Beispiele für „fast richtig“ in der Liebe
Und ich möchte an dieser Stelle tatsächlich mal die Frage stellen: Okay, hier ist Liebe, und hier ist das Gegenteil. Aber wenn wir uns das mal genauer anschauen – nächste Folie bitte – dann sehen wir Folgendes.
Die Liebe ist langmütig. Aber wo fängt es eigentlich an, dass ich auf eine kleine Weise nicht mehr liebe? Kennt ihr diese Leute, die zwar noch nicht ausrasten, aber schon mal mit den Augen rollen? Die sind ein bisschen genervt, dulden das gerade noch so, aber eigentlich ... ja, da fängt Ungeduld an. Wir sind noch nicht grob, noch nicht bei Intoleranz angekommen. Aber bei Liebe sind wir auch nicht mehr, merkt ihr?
Oder die Liebe ist gütig. Du kannst auch Gutes tun, nachdem dich jemand darum bittet oder weil du denkst: „Eine Hand wäscht die andere.“ Du tust das Gute, aber die Motivation dahinter ist eine andere. Es ist nicht ganz rein, so dass du sagen würdest, es ist pur aus Liebe.
Oder die Liebe neidet nicht. Du kannst dich auch für den anderen freuen, weil du etwas davon hast – so ein bisschen Opportunismus. Versteht ihr? Das sieht noch keiner, das fühlt sich fast noch nach Mitfreuen an, aber in deinem Herzen steckt eine andere Motivation. „Schön, dass der ein großes Auto hat, das hilft mir für meinen nächsten Umzug.“ Ich freue mich mit.
Die Liebe tut nicht groß. Na ja, vielleicht tust du auch nicht groß, aber hast in deinem Herzen die Idee: Wenn ich mich jetzt ein bisschen zurückhaltend präsentiere, nimmt das jemand wahr, dass ich so sehr zurückhaltend bin.
Oder sie ist nicht unanständig. Der erste Schritt Richtung Respektlosigkeit ist noch nicht, dass du dem anderen scheu gegenüberstehst. Der erste Schritt ist, dass du so ein bisschen oberflächlich bist. So dieses Förmliche, eine Herzlichkeit ohne Herz. Man macht schon das Richtige: „Hallo, schön, dass du da bist.“ Und du denkst dir, der ist mit seinen Gedanken woanders, schaut mir gar nicht in die Augen, ist gar nicht wirklich da. Er macht das jetzt nur, weil man es halt machen muss.
Oder sie sucht nicht das Ihre, sie ist selbstlos. Da haben wir wieder dieses Phänomen: Ich kann auch Selbstlosigkeit spielen, und in Wirklichkeit diene ich mit der stillen Erwartung, dass ich etwas davon habe.
Sie sieht nicht, sie sucht nicht das Ihre – das hatten wir. Sie lässt sich nicht erbittern. Ah, das ist cool. Sie lässt sich nicht erbittern. Das Gegenteil hatten wir: Da ist jemand zornig, grollig, bitter, redet schlecht. Aber der erste Schritt dahin – vielleicht ist es auch schon der zweite, ich weiß es gar nicht – für mich ist es von „Sie lässt sich nicht erbittern“ zu so ein bisschen gekränkt, ein bisschen empfindlich, ein bisschen negative Gedanken. Nicht viel, aber halt so ein bisschen, wo du sagst: Das kann doch jetzt nicht so schlau sein.
Liebe in der Praxis: Vergebung und Versöhnung
Doch wir reden über Liebe, über die Liebe, wie Jesus sie vorgelebt hat. Eine Liebe, die am Kreuz für den anderen stirbt. Sie rechnet Böses nicht zu und vergibt gerne.
Auch hier gibt es ein oberflächliches Vergeben ohne Herz, Vergebung als bloßen Formalismus. Diese Liebe freut sich nicht über Ungerechtigkeit.
Es war schwierig, den ersten Schritt zu finden, aber ich fand ihn gut. Kennt ihr das? Ich freue mich noch nicht über Ungerechtigkeit, aber dieses „Ich habe es dir doch gesagt.“ Das ist so der erste Schritt. Es hilft ja keinem, wenn man dem anderen sagt, dass man es ihm gesagt hat. Aber das ist eine fiese, ganz subtile Art, bei der man sich doch ein bisschen darüber freut, dass es beim anderen irgendwie nicht so klappt.
Und das Letzte: Sie gibt den anderen nicht auf. Es ist dieses Gefühl, auf Distanz zu gehen, sich abzugrenzen. Ich habe mir überlegt, wo das in meinem Leben sichtbar wird. Es wird sichtbar, wenn ich Leute nicht mehr einlade, wenn ich sie quasi aus dem Kreis derer ausschließe, mit denen ich Gastfreundschaft praktizieren würde. Das wäre so der erste Schritt.
Ich bin noch nicht ganz weit weg, okay, aber ich habe den ersten Schritt getan, um zu sagen: Ich bin voll für den anderen, ich habe ihn nicht einfach aufgegeben.
Fazit: Vom Zorn zur Versöhnung
Was mache ich mit euch? Jesus sagt: Du sollst nicht morden, denn das ist das Böse. Das Gute hingegen ist, dass du Beziehungen aufbaust.
Wenn man weiterliest in Matthäus 5, wird er sagen: Geh hin und versöhne dich. Ja, und wenn jemand etwas zu Recht gegen dich hat, dann geh gar nicht zum Gottesdienst. Bringe erst einmal die Sache mit demjenigen in Ordnung, der etwas gegen dich hat. Dann komm und bringe deine Opfer dar.
Bevor du also das nächste Mal beten gehst, kläre das mit den Leuten. Das ist das Gute: Versöhnung und Gemeinschaft.
Dazwischen gibt es aber auch das ein bisschen zornig Sein. Diesem Zorn soll man schon mit Worten, Gesten oder Brummen Raum geben – lange bevor man den anderen umbringt.
Das war's für heute. Das Skript zur Predigt mit den wichtigsten Folien findest du auf www.frogwords.de.
Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.
