Schriftlesung: Kolosser-Brief 1, 15-23
Einleitende Gedanken
Dankmar Fischer, der über viele Jahre im Milieu von Hamburg arbeitete, berichtet, wie er einen Anruf eines Vertreters der Jugendbehörde von Hamburg bekam. Der Mann sagte: "Herr Pastor, wir haben von Ihrer Arbeit gehört und möchten Sie gern einmal kennen lernen." Er besuchte also diese Behörde. Kaum hatte er das Amt betreten, kommt ihm der Beamte entgegen, steckt seine Hand aus und fragt ihn, so dass es alle hören konnten: "Herr Fischer, warum reden Sie immer von Jesus?" Ein bisschen überrascht sagt Fischer: Wieso? Ich habe doch noch gar nichts gesagt." Der Beamte meinte: "Ja, mir nicht, aber Ihre Klienten erzählen mir: 'Der Fischer und seine Leute reden immer von Jesus. 'Wieso eigentlich?" [1] Ja, wieso reden Christen immer von Jesus? Würde es nicht reichen, wenn sie von Gott sprächen? Warum immer Jesus? Christen können gar nicht anders, denn Jesus hat unser Leben dermassen verändert, dass wir nicht über Gott sprechen können, ohne Jesus zu erwähnen. Als Petrus und Johannes im Tempel festgenommen und verhört wurden, sagten sie über Jesus: "Bei niemand anderem ist Rettung zu finden; unter dem ganzen Himmel ist uns Menschen kein anderer Name gegeben, durch den wir gerettet werden können." (Apostelgeschichte 4, 12)Darauf hin wollten sie den beiden verbieten, weiterhin über Jesus zu sprechen. Doch Petrus und Johannes wehrten sich, sie weigerten sich, dieses Verbot zu befolgen. Sie sagten: "Uns ist es auf jeden Fall unmöglich, nicht von dem zu reden, was wir gesehen und gehört haben.(Apostelgeschichte 4, 20)Christen wollen von Jesus reden! Sie können es nicht lassen! Ich hoffe, dass diese Predigtreihe dazu beiträgt, dass wir noch viel lieber von und über Jesus sprechen. Wir orientieren uns in dieser Reihe am Abschnitt im Kolosserbrief, Kapitel 1, den Versen 15-23. Heute betrachten wir die drei ersten Verse, die ich mit "Jesus – die Quelle allen Lebens" überschrieben habe. Bibelstellen zum Nachschlagen: Apostelgeschichte 4, 1-22
I. Jesus – sichtbarer Gott
Gott wohnt in einem Licht, zu dem kein Mensch vorstossen kann. Wir können Gott mit unseren eigenen Augen nicht sehen, wir würden sterben. Weil wir Gott nicht sehen können, unterliegen wir Menschen immer wieder der Versuchung, Gott sichbar zu machen, ihn abzubilden. Weil man Gott nicht sehen kann, entstehen die verschiedensten Bilder und Vorstellungen über ihn. Der Prophet Jesaja erklärt, wie eigenartig wir Menschen uns in religiösen Dingen verhalten. Er sagt, dass wir einen Baum fällen und mit der einen Hälfte des Holzes kochen und uns aufwärmen und mit der anderen Hälfte uns einen Götzen basteln: "Aus dem anderen Teil macht er sich einen Gott und wirft sich davor nieder. Er betet zu dem Holz und sagt: »Rette mich! Du bist doch mein Gott." Jesaja 44, 17Wie lächerlich, verblendet und bedauernswert ist solches Verhalten und trotzdem wiederholt sich das immer wieder. Gestern berichtet der Tages-Anzeiger über einen ausgegrabenen Baumstumpf. Ein Arbeiter meinte in der Struktur des Holzes die Jungfrau Maria zu sehen. Nun ist der Ort zu Pilgerstätte für tausende von Leuten geworden. Ein Ladenbesitzer, der jetzt gute Umsätze macht meint: "Wenn die Leute in solchen Zeiten nach Hoffnung suchen, und sie finden diese in einem Stück Holz, dann ist das doch, weiss Gott, keine schlechte Sache." Klar ist das eine schlechte Sache, denn es ist wirklich nur ein Holz, es wird im Leben der Menschen nicht's bewirken. Jede Wirkung ist rein Psychologisch. Sie könnten auch eine Telefonzelle heilige sprechen und sie verehren, es hätte dieselbe Wirkung. Der örtliche Priester, Pater Willie Russel, sagt es richtig: "Da ist absolut nichts. Es ist nur ein Baum. Einen Baum kann man nicht anbeten. Ein Baum ist ein Baum." Weil solches Verhalten uns in die Irre führt, hat Gott verboten von ihm irgendein Bild zu machen. Er sagt: "Du sollst keine anderen Götter neben mir haben." 2. Mose 20, 3 "Du sollst dir kein Gottesbild anfertigen. Mach dir überhaupt kein Abbild von irgendetwas im Himmel, auf der Erde oder im Meer." 2. Mose 20, 4 "Wirf dich nicht vor fremden Göttern nieder und diene ihnen nicht." 2. Mose 20, 5Es bleibt für uns trotzdem schwierig, einem Gott zu dienen, den wir nicht sehen. Es ist auch so, dass weil wir Gott nicht sehen, können wir auch an ihm zweifeln und ihn sogar leugnen. Wir können einem Gottesleugner nicht sagen: "Komm ich zeig Dir Gott." Auch die Jünger hätten Gott gern gesehen. Philippus sagt zu Jesus: "Herr, zeig uns den Vater; das genügt uns." (Johannes 14, 8)Das ist die tiefe Sehnsucht des Menschen. Gott kennt diese Sehnsucht und er ist in der Gestalt eines Menschen in Erscheinung getreten. Gott wurde Mensch, damit wir in fassen können. Deshalb antwortet Jesus dem Petrus: "Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen. Wie kannst du da sagen: Zeig uns den Vater ?" (Johannes 14, 9)Die Antwort ist deutlich: Wer wissen will wie Gott ist, muss auf Jesus sehen. Wie grundlegend unterscheidet sich diese Botschaft von allen philosophischen Spekulationen! Gott hat sich für uns in der Person von Jesus fassbar gemacht. Dasselbe bezeugt auch der Hebräerbrief: "Er (Jesus) ist das vollkommene Abbild von Gottes Herrlichkeit, der unverfälschte Ausdruck seines Wesens." (Hebräer 1, 3)Deshalb können wir nicht anders: Wenn wir von Gott sprechen, müssen wir auf Jesus zu sprechen kommen. Wer behauptet Gott zu kennen, der wird auch Jesus lieben. Jesus sagte einmal seinen Gegnern, die meinten, sie würden Gott kennen folgendes: "Wenn Gott euer Vater wäre, würdet ihr mich lieben." (Johannes 8, 42)Es ist so, wie es Paulus den Kolossern schreibt: "Der Sohn (Jesus) ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes." Kolosser 1, 15. Bibelstellen zum Nachschlagen: 2. Mose 20, 3-5; 2. Mose 33, 20; Jesaja 44, 13-17; Johannes 1, 8; Johannes 8, 41-42; Johannes 14, 8-9; 1. Timotheus 6, 14; Hebräer 1, 3
II. Jesus – Schöpfer des Universums
Jesus ist das Ebenbild Gottes. Wer Jesus sieht, der sieht den Vater. Wer Gott kennen lernen will, der muss Jesus kennen lernen. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass Jesus eine einzigartige Sonderstellung hat: "Der Sohn (Jesus) ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes, der Erstgeborene, der über der gesamten Schöpfung steht." Kolosser 1, 15. Jesus steht über der gesamten Schöpfung, das bedeutet auch, dass er nicht zu dieser Schöpfung gehört. Er existierte schon bevor die unsichtbare und sichtbare Welt entstand. Jesus existierte schon, bevor das Universum geschaffen wurde. Jesus ist sogar bei der Erschaffung und Gestaltung des Universums massgeblich beteiligt: "Denn durch ihn (Jesus) wurde alles erschaffen, was im Himmel und auf der Erde ist, das Sichtbare und das Unsichtbare, Könige und Herrscher, Mächte und Gewalten. Das ganze Universum wurde durch ihn geschaffen." Kolosser 1, 16. Jesus nimmt also eine absolute Sonderstellung ein. Er ist nicht Teil der geschaffenen unsichtbaren und sichtbaren Welt, NEIN! Er hat diese Welt geschaffen! Er ist ihr Schöpfer. Wenn Paulus Jesus in diesem Abschnitt als Erstgeborenen bezeichnet, so hat das überhaupt nichts mit einer Geburt zu tun. Es gibt nämlich keinen "Zweitgeborenen", der dann vielleicht Adam gewesen ist. Nein! Paulus versucht mit diesem Begriff die einzigartige Stellung von Jesus zu erklären. Johannes beschreibt die Sonderstellung von Jesus in seiner eigenen speziellen Art: "Amos Anfang war das Wort; das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott." (Johannes 1, 1) "Durch ihn ist alles entstanden; es gibt nichts, was ohne ihn entstanden ist." (Johannes 1, 3)Er ist also nicht Teil der Schöpfung, sondern er steht der Schöpfung gegenüber, so wie wenn ich ein Aquarium einrichten würde, so stehe ich ausserhalb dieses Aquariums. Ich bin sozusagen der Schöpfer dieser Aquariumswelt. Jesus steht über der Schöpfung. Er ist nicht Teil davon. Seine Stellung ist unbeschreiblich erhaben. Deshalb ist die Menschwerdung Gottes das grossartigste, historische Ereignis in der Menschheitsgeschichte – Gott wird Mensch! "Er, der das Wort ist, wurde ein Mensch von Fleisch und Blut und lebte unter uns. Wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit voller Gnade und Wahrheit, wie nur er als der einzige Sohn sie besitzt, er, der vom Vater kommt." (Johannes 1, 14)Mancher mag sich gefragt haben: Sind die majestätischen Wesen und Mächte, die in der unsichtbaren Welt leben, nicht ausserordentlich wichtig für den Menschen? Muss man nicht zu geistigen Wesen in der unsichtbaren Welt ein Verhältnis aufbauen, ja ihnen gar Anbetung zukommen lassen? Also nicht "Jesus allein", sondern "Jesus und die Engel"? Heiligenkulte, Konfessionen Das ist alles nicht nötig und ein Mensch, der sich dazu verleiten lässt, begeht einen grossen Unsinn, denn Jesus steht über allem. Er hat alles erschaffen. Es macht einfach keinen Sinn, wenn wir das Verehren, was Jesus geschaffen hat, statt direkt Jesus zu verehren. Es ist doch viel besser den Urheber aller Dinge zu verehren. "Denn durch ihn (Jesus) wurde alles erschaffen, was im Himmel und auf der Erde ist, das Sichtbare und das Unsichtbare, Könige und Herrscher, Mächte und Gewalten. Das ganze Universum wurde durch ihn geschaffen." Kolosser 1, 16. Das ist für uns tröstlich, denn wenn Jesus alle Throne, Herrschaften, Fürstentümer und Gewalten geschaffen hat, dann steht er über Ihnen, er ist stärker als sie und wir brauchen uns vor ihnen nicht zu fürchten. Bibelstellen zum Nachschlagen: Sprüche 8, 22-31; Johannes 1, 1-3.10.14; Johannes 17, 5.8.14.16.24, Hebräer 1, 2
III. Jesus – Ursprung und Ziel des Lebens
Jesus hat also alles geschaffen. Er ist sozusagen der Ursprung allen Lebens, aber ist gleichzeitig auch das Ziel des Lebens. "Das ganze Universum wurde durch ihn geschaffen und hat in ihm sein Ziel." Kolosser 1, 16. Alles zielt auf Jesus hin. Die ganze Schöpfung weist auf Jesus hin. Deshalb schreibt Paulus den Christen in Rom: "Seit der Erschaffung der Welt sind seine Werke ein sichtbarer Hinweis auf ihn, den unsichtbaren Gott, auf seine ewige Macht und sein göttliches Wesen. Die Menschen haben also keine Entschuldigung." (Römer 1, 20)Durch die Schöpfung entdeckt jeder Mensch, wenn er will, den Schöpfer. Alles weist auf ihn hin, er ist das Ziel, auf das unser Leben hinführt. Alles trägt seine Handschrift, so wie man an bestimmten Kleidern den entsprechenden Modeschöpfer erkennen kann. Von allem, was Jesus geschaffen hat, ist der Mensch die Krönung. Deshalb können wir das, was Paulus sagt auf uns persönlich anwenden. "Das ganze Universum wurde durch ihn geschaffen und hat in ihm sein Ziel." Kolosser 1, 16. Wir sind durch ihn, durch Jesus, geschaffen und unser Leben hat auch ihn, Jesus, zum Ziel. Dieses Wissen ist ganz wichtig für Mission u. Evangelisation. Wenn wir Menschen zu Jesus rufen, so rufen wir sie nicht zu einem Fremden. Wenn wir ihnen Jesus bezeugen, drängen wir ihnen nicht künstlich eine fremde Gestalt auf. Wir rufen sie zu dem, dem sie schon von Schöpfung und Rechtes wegen gehören, und bringen ihnen den, der als Ursprung und Ziel ihres Daseins schon ihre eigentliche Heimat ist. [2] Die Tatsache, dass Menschen aller Rassen u. Entwicklungsstufen Jesus erkennen und sich von Herzen ihm anvertrauen konnten, bestätigt und bezeugt, dass Jesus der ist, durch den und zu dem wir geschaffen sind. [3] Bibelstellen zum Nachschlagen: Johannes 1, 10-11; Römer 1, 20;
IV. Jesus – Erhalter allen Lebens
Jesus ist über allem. Er ist nicht Teil dieser Schöpfung, sondern er steht der Schöpfung gegenüber – über der Schöpfung – über dem Universum. "Deshalb schreibt Paulus dem Timotheus auf Jesus bezogen: "Der König über alle Könige und der Herr über alle Herren" (1. Timotheus 6, 15)Jesus ist nicht nur über allem, was geschaffen ist, sondern es ist immer noch alles von ihm abgängig. Er ist der, der das Leben erhält. "Er war vor allem anderen da, und alles besteht durch ihn." Kolosser 1, 17. Wir alle leben aus seiner Kraft! Alle Energien dieser Welt, sind von Jesus abhängig. Würde Jesus sie nicht erhalten, würde alles in sich zusammenfallen. Er – Jesus – erhält den Lauf dieser Welt. Der Hebräer beschreibt das so: "Durch die Kraft seines Wortes trägt er das ganze Universum." (Hebräer 1, 3)Wir leben, ob uns das gefällt oder nicht – immer aus der Kraft Gottes. Leider können wir aus der Kraft Gottes gegen Gott leben, wie das der verlorene Sohn gemacht hat. Bibelstellen zum Nachschlagen: Lukas 15, 11-24; 1. Timotheus 6, 15; Hebräer 1, 3
Schlussgedanke
Jesus ist in jeder Hinsicht die Quelle allen Lebens! Er ist der sichtbar gewordene Gott, der das Universum erschaffen hat. Er ist Ursprung und Ziel allen Lebens und er ist der, der unser Leben erhält. Ist das nicht grossartig, dass es möglich ist, mit Jesus in Verbindung zu kommen! Er hat nämlich sogar dafür gesorgt, dass wir in den Himmel kommen. Deshalb sagten Petrus und Johannes bei dem Verhör: "Bei niemand anderem (als bei Jesus) ist Rettung zu finden; unter dem ganzen Himmel ist uns Menschen kein anderer Name gegeben, durch den wir gerettet werden können." (Apostelgeschichte 4, 12)Die Kolosser und natürlich auch wir, sollen wissen, dass Jesus der wahre Gott ist und nichts mit den Göttern der damaligen Welt gemeinsam hat. Wie gross ist Dein Jesus? So gross wie der, den Paulus uns vor Augen malt? Jesus ist die wahre Majestät! ----------------------- [1]Dankmar Fischer: Mit Jesus auf der Reeperbahn (Wetzlar, Schulte, 1978), S. 54.
[2]Werner de Boor: Der Brief des Paulus an die Kolosser, Wuppertaler Studienbibel (Wuppertal, Brockhaus, 1989), S. 181-182.
[3]Ebd.