Einführung in die Seelsorge bei der Evangelisation
Heute wollen wir uns ganz besonders mit dem Thema Seelsorge beschäftigen, und zwar mit einer speziellen Art davon: der Seelsorge in der Evangelisation beziehungsweise der Schulung von Seelsorgehelfern.
Vor euch liegt ein Arbeitsblatt, auf dem als Überschrift „Persönliche Evangelisation, Beratung von Nichtchristen“ steht. In der Evangelisationsarbeit begegnen uns nämlich zwei ganz verschiedene Arten von Seelsorge: die Seelsorge an Nichtchristen, die in der Literatur oft als Beratung von Nichtchristen bezeichnet wird, und die Seelsorge an Gläubigen.
Ich weiß nicht, ob wir diese beiden Formen so genau unterscheiden müssen. Wenn wir Seelsorge als die Sorge um die Seele eines Menschen verstehen – also darum, wo er seine Ewigkeit verbringt, dass er zu Gott kommt und in Frieden mit Gott und seinen Mitmenschen lebt – dann ist Seelsorge auch an einem Ungläubigen möglich.
Normalerweise wird die Beratung bei Nichtchristen jedoch nicht als Seelsorge, sondern als Beratung bezeichnet. Seelsorge bezieht sich streng genommen meist nur auf Gläubige.
Wir wollen uns nun mit der ersten Form, der Beratung von Nichtchristen, beschäftigen.
Auswahl und Schulung von Seelsorgehelfern
Lassen Sie uns zu Beginn einen Blick auf den Seelsorgehelfer werfen. Wenn eine Evangelisation geplant ist, stellt sich die Frage: Woher bekommen wir Seelsorgehelfer? Wo sind Brüder und Schwestern, die in der Evangelisation helfen können?
Wenn Menschen nach den Vorträgen und Botschaften angesprochen werden, offen sind und sich vielleicht bekehren möchten, wer kann ihnen dann helfen, den entscheidenden Schritt zu gehen? Wer unterstützt sie dabei, sich wirklich gründlich zu bekehren und Heilsgewissheit zu erlangen?
Kann man einfach in eine Gemeinde gehen und fragen: „Wer möchte gerne Seelsorgehelfer sein?“ Das kann man sicherlich tun, um Freiwillige zu finden. Doch ob dann auch immer die richtigen Personen kommen, ist fraglich. Oft melden sich diejenigen, die einfach gerne etwas tun wollen oder sich immer dann melden, wenn eine Aufgabe anfällt. Diese Menschen drängen sich nach vorne. Das ist jedoch nicht der beste Weg, denn meistens melden sich dabei die falschen Leute.
Bei einer solchen Schulung wie heute können viele kommen. Alle Geschwister der Versammlung hätten teilnehmen können. Doch wer im Einzelnen zum Einsatz kommt, sollten die Hirten der Gemeinde entscheiden.
Ich freue mich, dass heute eine große Zahl von Geschwistern hier ist und sich die Zeit nimmt. Sicher hättet ihr alle zu Hause am Haus, im Garten, auf dem Grundstück oder am Auto etwas zu tun gehabt. Trotzdem nehmt ihr euch die Zeit, um euch zurüsten zu lassen. Die Gemeindehirten, also die Ältesten dieser Gemeinde, werden später entscheiden, wer im Einzelnen zum Einsatz kommt.
Warum ist das so? Die Hirten kennen ihre Schafe am besten. Sie wissen, wer treu und bewährt ist, wer gereift und gestanden ist und wer vielleicht schon viele Erfahrungen gesammelt hat. Auf der anderen Seite erkennen sie auch, wer noch zu jung im Glauben ist oder wer vielleicht noch gebunden ist.
Es kommt vor, dass Menschen Seelsorge leisten möchten, die selbst noch gebunden sind, große Probleme haben und noch wackelig auf den Beinen stehen. Ebenso gibt es solche, die unverbindlich leben, nicht treu in den übernommenen Aufgaben sind oder deren Ego zu stark ausgeprägt ist.
Viele Dinge müssen geklärt sein, bevor jemand anderen wirklich in der Seelsorge helfen kann. Es ist gut, wenn sich viele zurüsten lassen, doch die Ältesten sollten die letzte Entscheidung treffen, wer an den Abenden zum Einsatz kommt.
Kriterien für Seelsorgehelfer
Nun stellen wir eine zweite Frage: Was sind eigentlich die Kriterien für einen Seelsorgehelfer?
Hier sehen wir das auf einen Blick, und ihr habt es auch auf dem Blatt. Der Seelsorgehelfer muss unbedingt wiedergeboren sein. Ihr sagt vielleicht: „Na, das ist doch eine Selbstverständlichkeit, das ist doch eine Binsenwahrheit.“ Das sollte man meinen, aber das ist gar nicht selbstverständlich. Es gibt heute Leute, die haben mal irgendwo während ihrer Ausbildung etwas von Psychologie gehört, etwa bei einer Erzieherinnenausbildung oder in einem anderen Bereich. Man wird ja überall mit Psychologie konfrontiert. Dann meinen sie, sie könnten Seelsorgehelfer sein, sind aber vielleicht gar nicht wiedergeboren.
In der Gemeinde, in der Evangelisationsarbeit, wer Menschen helfen will, dass sie errettet werden, der muss wiedergeboren sein. Sonst ist er ein blinder Blindenleiter, und sie fallen beide in die Grube. Es dürfen auch keine Halbbekehrten sein, die vielleicht schon eine Weile in die Gemeinde kommen, aber doch noch nicht durchgedrungen sind. Die vielleicht schon viel wissen, aber einfach nicht wiedergeboren sind, nicht den Geist Gottes haben, nicht wirklich von oben geboren sind. Das ist also ein unaufgebbares Kriterium: Er oder sie muss wiedergeboren sein. Bloß keine Halb- oder Unbekehrten, die an anderen herumdoktern wollen in der Seelsorge.
Dann muss er oder sie selbst eine aufgearbeitete Vergangenheit haben. Darunter verstehe ich, dass der Betreffende auch mit seinem Leben ganz ins Licht gekommen ist, dass er wirklich Frieden hat über seiner Vergangenheit. Dass da nichts mehr ist, was ihn anklagt aus seinem früheren Leben – auch nicht in den Träumen oder in Dingen, die immer wieder hochkommen. Sondern er muss selbst eine aufgearbeitete Vergangenheit haben.
Das ist sehr, sehr wichtig, gerade bei denen, die sich aus der Welt bekehrt haben. Da ist es nicht getan mit einem Übergabegebet. Da ist meistens auch noch gründliche, tiefe Seelsorge nötig, auch Lösung von alten Bindungen und Verhaltensweisen, von weltlichem Denken und weltlichem Leben. Er oder sie muss selbst eine aufgearbeitete Vergangenheit haben.
Ein weiteres Kriterium ist, dass er oder sie schweigen können muss. Das ist für manche nicht schwer, aber für manche sehr schwer. Uns Brüdern fällt es vielleicht insgesamt etwas leichter, und Schwestern vielleicht insgesamt etwas schwerer. Denn ich darf das so sagen: Schwestern haben oft ein tieferes Seelenleben als wir Brüder. Und diese Dinge, die man da hört in der Seelsorge, die belasten eine Seele.
Ich weiß es von meiner Frau, dass sie, wenn sie abends schwere seelsorgerliche Gespräche geführt hat, oft nicht einschlafen kann und lange wach liegt. Ich kann mich dann unter Umständen hinlegen, mich umdrehen und schlafen, auch wenn ich schwere Gespräche hatte. Aber das ist nicht jedem so gegeben. Und deswegen muss eine Person, die Seelsorge tut und da vielleicht auch mit schweren Lasten und Nöten konfrontiert wird, schweigen können.
Meine Frau und ich haben abgemacht, dass wir uns auch in der Ehe nicht erzählen, was ich in der Seelsorge höre oder was sie in der Seelsorge hört. Nicht mal als Ehepartner darf man das austauschen, wenn es Dinge sind, die wirklich unter dem Siegel der Verschwiegenheit anvertraut wurden.
Ihr wisst, dass die römisch-katholische Kirche an dem Punkt sehr genau ist mit ihrem Beichtgeheimnis. Jeder katholische Priester wird auch dahingehend belehrt, dass er Dinge nicht sagen darf, selbst wenn es unter Umständen Verbrechen sind. Er darf sie nicht weitergeben. So gibt es sogar viele Mörder oder andere Verbrecher, die zu katholischen Priestern in die Seelsorge gehen, um das aussprechen zu können, weil sie wissen, dass der Priester es nicht weitersagen darf.
Es hat aber auch schon Fälle gegeben, in denen Priester es doch weitergesagt haben, wenn sie den Eindruck hatten, dass das öffentliche Interesse größer ist als das persönliche dieses Menschen. Wenn ich das so nenne, will ich damit nicht sagen, dass ich mit der katholischen Lehre und Praxis übereinstimme. Aber an diesem Punkt hat die katholische Kirche etwas bewahrt: eben dieses ganz strikte Beichtgeheimnis.
Wenn wir Seelsorge tun und uns jemand etwas sagt, vielleicht sogar extra zurückfragt, ob wir das auch niemandem sagen, und wir sagen: „Nein, das sagen wir niemandem, das nehmen wir mit ins Grab“, dann müssen wir das auch so in der Verschwiegenheit behandeln. Wir dürfen nicht in der nächsten Gemeindestunde erzählen, was uns jemand in der Seelsorge anvertraut hat, oder auch nicht im persönlichen Gespräch mit jemandem.
Das ist schwer. In der Seelsorge werden wir manchmal mit dem Schmutz aus der untersten Lade eines Menschenlebens konfrontiert. Das weiß Erwin, und das wissen andere, die hier vielleicht in der Seelsorge stehen, das weiß besonders der, der in der Evangelisation tätig ist.
Ich kann mich erinnern an ein Gespräch mit einem Mann, das dauerte vier Stunden, weil er acht Seiten lang die Sünden seines Lebens aufgeschrieben hatte. Wir saßen vier Stunden lang zusammen, und da kamen Dinge zum Vorschein, die ich noch nie gehört hatte. Und damit muss man fertigwerden. Ich kann euch sagen: Der Herr hilft, diese Dinge zu tragen.
Er hat mir schon oft geschenkt, dass ich die Dinge bald wieder vergessen konnte. Das ist auch eine Gnade, wenn man solche Dinge wieder vergessen kann und sie nicht bis an sein Lebensende mit sich herumschleppen muss. Das kann einen ganz schön mitnehmen, manchmal bis in die Träume hinein. Aber wie gut, dass wir dem Herrn alles sagen können, was wir anderen Menschen nicht weiter erzählen dürfen. Ihm dürfen wir es sagen, bei ihm dürfen wir es abladen, und er kann uns helfen, wirklich verschwiegen zu sein an diesem Punkt.
Das heißt auch: In den Sprüchen an einer Stelle heißt es: Wer Geheimnisse weitersagt, dem ist es Torheit. Das sagt auch Gottes Wort, und das gilt besonders für die Seelsorge.
Ein vierter Punkt: Er oder sie muss bereit sein zur Nachbetreuung, besonders dann, wenn Menschen aus dem eigenen gemeindlichen Umfeld in die Seelsorge kommen. Es darf nicht dabei bewenden, dass sich ein Mensch eine halbe Stunde oder eine Stunde lang ausgesprochen hat und nun selber wieder klarkommen muss. Stattdessen muss man nachhaken: Wie geht es dir nach einer Woche oder nach drei Wochen? Wie geht es dir inzwischen? Ist es besser geworden? Hast du Hilfe erfahren?
Das gilt ganz besonders bei Seelsorge in der Evangelisation. Wenn sich Menschen bekehren und sie hier aus Schwäbisch Gmünd oder der Umgebung kommen, und sie uns ihre Adresse anvertrauen, wir ihre Personalien haben oder sie sogar kennen, dann ist es Pflicht der hiesigen Geschwister, diesen Jungbekehrten nachzugehen. Sie zu betreuen, anzurufen, einzuladen, zu besuchen und immer wieder zu ermuntern.
Jemand hat gesagt: Evangelisation ohne Nacharbeit heißt, dem Teufel Kinder zu gebären. Das ist ein harter Satz, aber er stimmt.
Evangelisation ohne Nacharbeit heißt unter Umständen, dem Teufel Kinder zu gebären. Es gibt auch Menschen, die kommen irgendwo ganz alleine zum Glauben, und der Herr bringt sie auch durch. Aber es ist auch manchmal so, dass Menschen bei einer Evangelisation sich zwar entscheiden und schon den ersten Schritt machen und Jesus ihr Leben anvertrauen, dass es aber noch nicht so tief geht, dass sie wirklich wiedergeboren sind und der Geist Gottes in ihnen ist.
Manchmal passiert das erst in der Nacharbeit, in den Gesprächen, die folgen.
Wir hatten im letzten Oktober vor einem Jahr eine Evangelisation über vier Abende, und da waren manche Menschen angesprochen. Aber wir durften bei keinem erleben, dass sie sich während dieser Evangelisationsabende bekehrt haben. Es war auch eine besondere Evangelisation, nicht so direkt, wie wir es jetzt vorhaben. Da sprach ein Bruder über Gartenbauvorträge und verkündete am Ende seiner Vorträge das Evangelium, aber nicht so direkt zur Bekehrung auffordernd, sondern einfach werbend für den Herrn Jesus, ihn groß machend, ihn wichtig machend.
Aber wir durften in diesem Jahr erleben, wie inzwischen zehn, elf, zwölf Menschen sich bekehrt haben, und es ist eine Frucht von dieser Evangelisation bei einigen. Sie waren bei der Evangelisation, sie waren in den Nacharbeitshauskreisen, die wir hatten, und jetzt haben sie sich bekehrt.
Es geht nicht immer so, dass man am selben Tag sät und am selben Abend erntet. Das geht nicht immer. Manchmal muss die Saat einfach wachsen.
Darum heißt es: nachgehen, Geduld haben, langen Atem haben und sich nicht entmutigen lassen, wenn sich nicht jemand gleich wirklich voll bekehrt, den Herrn bekennt und in die Gemeinde kommt. Am Ball bleiben.
Ein Seelsorgehelfer muss grundsätzlich dazu bereit sein, wenn er hier am Ort wohnt, wenn er die Leute kennt und wenn er sie in der Nähe hat. Das müsst ihr übernehmen. Das kann ich von Mannheim aus nicht tun, und das werde ich auch nicht tun. Ich werde alle Kontakte an euch abgeben, dafür seid ihr zuständig.
So, das sind vielleicht Grundlagen, die viele von euch kennen, bei denen ich jetzt nicht unbedingt etwas Neues gesagt habe. Aber man muss das einfach wiederholen, das muss wieder aufgefrischt werden, damit jedem von uns das ganz klar ist.
Biblisches Beispiel für Seelsorge: Der barmherzige Samariter
Nun wollen wir einen Bibelabschnitt aufschlagen, eine sehr bekannte Begebenheit im Lukasevangelium, Lukas Kapitel 10. Ich möchte hier an Lukas 10 zeigen, wie unser Herr in einzigartiger, meisterhafter Weise die Grundzüge der Seelsorge beschrieben hat – am Beispiel des barmherzigen Samariters. Dieser Samariter war ein Seelsorger, der sich um Leib und Seele des Menschen kümmerte, der unter die Räuber gefallen war.
In Lukas 10, Vers 25 und folgende finden wir diese Geschichte. Sie beginnt mit einem Gesetzeslehrer, der zu Jesus kam, ihn versuchte und fragte: „Lehrer, was muss ich tun, um ewiges Leben zu erben?“ Jesus antwortete: „Was steht im Gesetz geschrieben? Wie liest du?“ Der Gesetzeslehrer erwiderte: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben aus deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deiner ganzen Kraft und mit deinem ganzen Verstand, und deinen Nächsten wie dich selbst.“ Jesus sagte zu ihm: „Du hast recht geantwortet, tu dies, und du wirst leben.“
Doch der Gesetzeslehrer wollte sich rechtfertigen und fragte Jesus: „Und wer ist mein Nächster?“ Jesus antwortete mit einer Geschichte: „Ein Mensch ging von Jerusalem nach Jericho hinab.“ Hinab deshalb, weil Jerusalem etwa 800 Meter hoch liegt. Egal in welche Richtung man von Jerusalem aus geht – nach Norden, Süden oder sonst wohin – man geht immer hinab, weil die Stadt so hoch liegt. Dieser Mann ging also nach Jericho hinab und fiel unter die Räuber. Diese zogen ihn aus, versetzten ihm Schläge und ließen ihn halbtot liegen.
Von ungefähr kam ein Priester den Weg hinab. Als er den Verletzten sah, ging er auf der entgegengesetzten Seite vorüber und drehte seinen Kopf weg. Ebenso ein Levit, der an diesen Ort gelangte, sah ihn und ging auf der entgegengesetzten Seite vorüber. Aber ein Samariter, der auf der Reise war, kam zu ihm hin. Als er ihn sah, wurde er innerlich bewegt. Er trat hinzu, verband seine Wunden und goss Öl und Wein darauf. Dann setzte er ihn auf sein eigenes Tier, führte ihn in eine Herberge und sorgte für ihn.
Am folgenden Morgen zog er zwei Denare heraus, gab sie dem Wirt und sagte: „Trage Sorge für ihn, und was du noch dazu verwenden wirst, werde ich dir bezahlen, wenn ich zurückkomme.“ Jesus fragte: „Was meinst du, wer von diesen dreien der Nächste dessen gewesen ist, der unter die Räuber gefallen war?“ Der Gesetzeslehrer antwortete: „Der, der Barmherzigkeit an ihm übte.“ Jesus sagte zu ihm: „Geh hin und handle ebenso.“
Mir kommt es jetzt besonders auf die Verse 33 bis 35 an, wo wir, wie gesagt, die Prinzipien und Grundzüge echter Seelsorge beschrieben finden. Es heißt dort: „Er sah ihn.“ Dieses Sehen meint nicht nur das Wahrnehmen mit den Augen, sondern ein viel tieferes Sehen – so, wie unser Herr Jesus sieht. Es meint den ganzen Menschen, nicht nur die äußere Fassade.
Wie leicht lassen wir uns von der Fassade eines Menschen blenden! Wenn jemand gesund aussieht, schick angezogen ist oder einen guten äußeren Eindruck macht, meinen wir oft, er brauche keine Hilfe. Doch das ist oft nur Blendwerk. Ich erinnere mich, wie ich einmal eine Frau fragte: „Na Maria, wie geht’s dir?“ Sie antwortete: „Ach, gut!“ Im nächsten Moment wurde ich geleitet, zurückzufragen: „Wirklich?“ Und sofort brach sie in Tränen aus. So können wir manchmal sein – nach außen eine Fassade, vielleicht sogar ein Lächeln, doch innen drin heißt es in einem Lied: „Doch hör das Herz, es klagt und schreit, weil in ihm tiefe Not ist.“
Darum müssen wir mit den Augen Jesu sehen. Auch der Manager, der hier durch Schwäbisch Gmünd fährt mit seinem großen Auto, ist ein verlorener Mensch. Vielleicht hat er tiefe innere Nöte, weil er den Sinn seines Lebens nicht gefunden hat, vielleicht steht seine Ehe kurz vor dem Scheitern oder er hat andere Probleme.
„Er sah ihn“ – das Sehen mit den Augen Jesu ist nicht ein abschätziger Blick von oben herab: „Na, was ist denn das für einer oder eine?“ Wenn Menschen nicht so gekleidet sind, wenn sie heruntergekommen aussehen oder Punker mit rot-grün-violett gefärbten Haaren und Piercings, dann müssen wir die Not sehen.
Es gibt heute junge Leute, die zuhause in ihrem Zimmer in einem offenen Sarg schlafen und sich einen Grabstein ans Bett legen. Man könnte darüber lachen, aber wir sollten weinen. Wir sollten sehen, dass das Menschen sind, die in den überlieferten Werten ihrer Eltern eine Leere entdeckt haben. Dass ein bisschen Arbeit, ein bisschen Erfolg, ein schönes Haus und dreimal im Jahr Urlaub hohl und leer sind. Sie sind auf der Suche nach Sinn – und leider oft auf einem falschen Weg: in Gruftkult, Esoterik und Ähnlichem. Letztlich ist das ein Schrei nach Leben und Sinnerfüllung.
So sollten wir die Menschen sehen, wenn sie sich so geben, wenn sie auffallen wollen um jeden Preis, schwarz gekleidet sind oder sonst wie auffallen. Das Sehen mit den Augen Jesu sollte nicht fragen: „Was hat dieser Mensch gesündigt? Was für ein gottloses Leben hat er geführt?“ Sondern: „Was hat dieser Mensch gelitten? Wie muss er unter seinem Leben leiden, dass er sich so gibt oder so aufmacht?“ Er sah ihn – das Sehen mit den Augen Jesu.
Dann heißt es in Vers 33: „Er wurde innerlich bewegt.“ Dieser Samariter, ein Verachteter, wir würden heute sagen ein Ausländer, vielleicht ein Türke. Die anständigen Deutschen gingen an dem Verletzten vorbei, doch der verachtete Samariter half ihm. Damals hat kein Jude einen Samariter überhaupt angeschaut oder angesprochen.
Der Samariter wurde innerlich bewegt. Wir nennen das heute: Er hat sich identifiziert, er hat sich eins gemacht mit dem Verletzten, er stellte sich auf seine Stufe und fühlte mit ihm. Das ist das mitfühlende Element in der Seelsorge – das mitleidende Element. Ich nehme den Menschen wahr und werde innerlich ergriffen. Nicht nur kalt überlegen, was ich ihm jetzt sagen muss, sondern mich auf seine Stufe stellen.
Unter Umständen muss man in der Seelsorge auch mal mit jemandem weinen. Männer können das manchmal nicht so gut wie Frauen, aber es gibt Momente, da ergreift es einen innerlich so sehr, dass man mit der Not eines Menschen weinen muss. Es ist wichtig, dass wir uns mit dem Leidenden identifizieren.
Dann heißt es: „Er verband die Wunden und goss Öl und Wein darauf.“ Öl und Wein waren im Altertum oft Medikamente, die als Medizin benutzt wurden. Man hatte nicht so viele Salben und Pillen wie heute. Öl und Wein wurden bei Wunden verwendet, um zu desinfizieren und zu lindern.
Doch Öl und Wein haben in der Bibel oft auch eine geistliche Bedeutung. Öl ist zum Beispiel oft ein Symbol für den Heiligen Geist. Wenn hier steht, dass der Samariter Öl und Wein auf die Wunden goss, könnte das in der Seelsorge bedeuten: einem hilfesuchenden Menschen die Gegenwart Jesu bringen. Ihn zu Jesus führen und sagen: „Ich kenne den Herrn Jesus und möchte dich zu ihm bringen.“ Wie wir es vorhin von Philippus gehört haben: Jesus ist der große Arzt, der alle Wunden heilen kann.
Er ist bereit, alle Verletzungen anzunehmen und zu behandeln – vor allem aber die Hauptwunde, die Trennung von Gott. Das ist es, was der Mensch letztlich braucht: die Gegenwart Jesu. Er muss den Herrn als seinen Erlöser und Herrn kennenlernen.
Dann heißt es in Vers 34: „Er hob ihn auf sein eigenes Tier.“ Das erforderte Kraft, Zeit und Demut, den Verletzten auf dem eigenen Tier reiten zu lassen, während der Samariter nebenherlief. Das forderte Einsatz.
So müssen wir manchmal Menschen in unser Auto einladen, in unsere Wohnung oder in unsere Gemeinde. Es heißt weiter: „Er führte ihn in eine Herberge.“ Das ist die Gemeinde oder zumindest ein Kreis von Christen, die sich um den Verletzten kümmern. Dort müssen die Verletzten hingebracht werden – in eine Atmosphäre, wo sie angenommen werden, so wie sie sind. Das ist sehr wichtig.
Ich habe einmal erlebt, wie in einer Gemeinde in Karlsruhe ein Mann hereinkam, den niemand kannte. Er hatte sich offensichtlich verirrt, aber er wollte wirklich zum Gottesdienst kommen. Er setzte sich vor mich hin, trug einen Lederanzug von oben bis unten, mit auffälligen Sternen und Ohrschmuck, die Haare in einer auffälligen Form. Ich setzte mich neben ihn, reichte ihm die Bibel und das Liederbuch. Man darf einen Menschen nicht abschätzig von oben bis unten ansehen, sonst macht er auf dem Absatz kehrt und geht wieder hinaus. Er soll nicht so bleiben, wie er ist, aber zuerst müssen wir ihn annehmen, wie er ist.
Wir müssen sehen: Das ist ein geliebter Mensch, für den Jesus sein Blut als Lösegeld gegeben hat und den er erretten will. Darum müssen wir ihn in die Herberge führen und dort annehmen – sei es in der Gemeinde, im Bibelkreis oder zuhause in der Familie.
Interessanterweise heißt es in Vers 35, dass der Samariter den Verletzten dem Wirt übergab. Er blieb nicht drei Wochen bei ihm, sondern gab ihn ab und sagte: „Trag du für ihn Sorge!“ Das ist eine wichtige seelsorgerliche Weisheit. Es kommt der Zeitpunkt, an dem wir einen Menschen, den wir begleitet haben, abgeben müssen.
Wir dürfen Menschen nicht an uns binden. Das ist eine Gefahr in der Seelsorge: Menschen klammern, binden sich an uns. Dem müssen wir von Anfang an entgegenwirken und sagen: „Ich begleite dich eine Zeit lang, aber das Ziel ist, dass du alleine laufen kannst. Deshalb gebe ich dich ab.“ Aber nicht für immer, denn der Samariter machte Erfolgskontrolle. Einige Zeit später kam er zurück, um zu sehen, wie es dem Mann geht.
Das ist wichtig in der Seelsorge: abgeben, aber immer wieder rückversichern, ob der Betroffene gut versorgt ist.
Dies sind einige Grundzüge biblischer Seelsorge. Es ist Samariterdienst, den wir tun. Es gibt auch ein Lied, in dem es heißt: „Brüder, noch gilt es zu retten.“ Ich weiß nicht, ob es in eurem Liederbuch ist, aber dort heißt es in einer Strophe: „Lasst Samariter uns werden, anstatt vorüberzugehen.“
Das ist Samariterdienst, denn auch heute gibt es Menschen, die unter die Räuber gefallen sind – so wie der Mann, von dem hier berichtet wird. Dabei dürfen wir nicht nur an Alkoholsüchtige, Drogenabhängige oder Punker denken. Auch der gutbürgerliche Akademiker, der im Nadelstreifenanzug mit Silberkrawatte durch die Stadt läuft und das Christentum wie einen alten Mantel an den Nagel gehängt hat, der an hinduistische Reinkarnationslehren glaubt, liegt genauso unter den Räubern wie der Punker oder Alkoholiker. Nur weiß er es nicht oder will es nicht wahrhaben.
Soweit einige Grundzüge, entfaltet an Lukas Kapitel 10.
Geistliche Diagnose in der Seelsorge
Kommen wir heute Morgen zum zweiten Teil, nämlich zur geistlichen Diagnose. Jeder von uns weiß, dass ein Arzt seinem Patienten nur helfen kann, wenn er zuvor eine gründliche Diagnose gestellt hat. Er muss den Kranken sorgfältig untersuchen. Zum Beispiel: Machen Sie mal das Hemd auf, dann wird abgehorcht; machen Sie mal den Mund auf, dann wird hineingeleuchtet, und so weiter. Wir kennen das.
Heute gibt es die Apparatemedizin mit vielen Geräten wie Ultraschall, Computertomographie und Kernspintomographie. Wir haben einen Arzt in unserer Gemeinde, der eine solche Praxis mit modernsten Geräten hat. Dort wird man wirklich gründlich untersucht, bis in den letzten Winkel durchleuchtet. Aber das muss sein. Der Arzt muss den Kranken abhören, abtasten, durchleuchten – das ist notwendig. Erst die Diagnose, dann die Therapie.
Das Wort Diagnose stammt aus dem Griechischen und bedeutet „Durchschau“. Erst die Durchschau, die Diagnose, dann die Therapie. Therapie ist ebenfalls griechisch und bedeutet Heilung. Erst die Diagnose, dann die Therapie.
Genauso verhält es sich auch im geistlichen Bereich. In der Seelsorge muss zuerst eine geistliche Diagnose gestellt werden. Manchmal muss man gut zuhören. Jemand sagte einmal, man müsse mit dem „dritten Ohr“ hören – neben den beiden äußeren Ohren gibt es ein inneres Ohr. Man muss hören, was jemand sagt, aber auch, was er nicht sagt.
Leute, die zur Aussprache kommen, rücken nicht gleich mit der eigentlichen Not heraus. Wie oft habe ich erlebt, dass man mit kleineren, harmloseren Themen beginnt. Wenn man da nicht nachhakt, geht der Mensch vielleicht wieder weg, ohne seine eigentliche Not preiszugeben. Vielleicht ist das Beispiel von dem Afrikaner schon bekannt, aber ich möchte es trotzdem noch einmal erzählen:
Ein Afrikaner kam zum Missionar und bekannte, dass er einen Strick gestohlen hatte. Der Missionar sagte: „Nun gut, sprich es vor dem Herrn aus, dann bekommst du Vergebung und Frieden.“ Doch der Afrikaner bekam keinen Frieden und kam nach einiger Zeit wieder. Der Missionar fragte: „Was willst du denn? Du hast es doch bekannt, es ist doch in Ordnung.“ Der Afrikaner antwortete: „Nein, es ist noch nicht in Ordnung, an dem Strick hing noch eine Kuh.“ So machen wir das manchmal: Wir reden von dem Strick, den wir gestohlen haben, aber verschweigen die Kuh, die noch hinten dran hing.
Das müssen wir wissen: Menschen, die zu uns kommen, werden nicht gleich die tiefste Not ihres Lebens preisgeben. Man fängt außen an der Peripherie an und arbeitet sich meist erst zu den schweren Brocken vor, weil es schwerfällt und Überwindung kostet, wirklich innere Not zu offenbaren. Darum müssen wir mit dem dritten Ohr hören.
Ganz wichtig ist: Im seelsorgerlichen Gespräch müssen wir direkt fragen. Wir müssen gezielte Fragen stellen – direkt wie ein Arzt. Zuerst gilt es zu erkennen, wo der Hilfesuchende innerlich steht. Ist er errettet? Hat er die Vergebung seiner Lebensschuld erfahren? Ist er wiedergeboren? Ist er ein Kind Gottes? Hat er die Gewissheit des ewigen Lebens? Steht er in der Nachfolge oder nicht? Wenn nicht, gehört er noch dem Satan und lebt noch in seinen Sünden. Biblisch gesehen ist er dann noch ein Kind der Hölle.
Das müssen wir also als Erstes herausbekommen: Wo steht dieser Mensch innerlich, geistlich?
Ich habe hier eine kleine Skizze gezeichnet. Das ist nicht meine Stärke, aber vielleicht könnt ihr es trotzdem erkennen. Ihr seht auf dem Blatt eine Trennungslinie, eine Demarkationslinie. Auf der einen Seite ist das Reich Satans, auf der anderen Seite das Reich Gottes.
Die Bibel spricht davon, dass es nur diese beiden Möglichkeiten gibt. Der Apostel Paulus schreibt den Kolossern, dass sie versetzt worden sind aus dem Reich der Finsternis in das Reich des Sohnes seiner Liebe (Kolosser 1,13). Es gibt nur diese beiden Möglichkeiten: Entweder ist ein Mensch noch in der Finsternis, ein Sklave der Sünde und des Teufels, oder er ist errettet und ein Kind Gottes, ein Glied Jesu Christi an seinem Leib.
Zwischen diesen beiden Reichen gibt es eine Linie. Hier ist sie sichtbar gezeichnet, aber in der Seelsorge ist diese Linie natürlich unsichtbar. Es gibt eine Tür, durch die der Betreffende hindurch muss – die enge Pforte (Matthäus 7,13-14).
Nun müssen wir herausfinden, wo der Mensch steht: Ist er noch auf der Seite Satans? Es kann sein, dass Menschen nach einer Evangelisationsveranstaltung kommen, in die Aussprache, und ganz klar sagen: „Ich möchte mich bekehren, ich bin noch nicht errettet.“ Dann ist es leicht, dann wissen wir, wo sie stehen, und können ihnen den Weg durch die Pforte ins Reich Gottes zeigen.
Es kann aber auch sein, dass Leute kommen und sagen: „Ich weiß nicht, ob ich errettet bin. Manchmal meine ich ja, manchmal nein.“ Es gibt Menschen, die stehen so auf der Türschwelle. Ich hörte von jemandem, der sagte: „Ich bin genau hier in Position B, ich stehe in der Tür, aber ich habe den Eindruck, das ist so eine Drehtür.“ Kennt ihr solche Drehtüren? Manchmal vor Kaufhäusern oder großen Gebäuden gibt es sie. Manche Menschen wollen sich bekehren, verbringen aber eine ganze Weile auf der Schwelle und drehen sich hin und her. Hoffentlich kommen sie dann auf der richtigen Seite heraus und nicht wieder zurück, wo sie herkamen.
Oder es sind Menschen, die sagen: „Ja, ich bin schon bekehrt, ich bin ein Kind Gottes, aber ich habe Probleme in meinem Leben, Nöte in der Ehe oder Zweifel an meiner Heilsgewissheit.“ Über diese, die bekehrt sind, sprechen wir heute Nachmittag. Da geht es um Seelsorge an Gläubigen.
Heute Morgen geht es um die, die noch auf der anderen Seite stehen oder bis zur Schwelle gekommen sind. Das gilt es zunächst herauszufinden.
Wie finde ich heraus, wo ein Mensch steht, wenn er es nicht gleich sagt? Wenn er einfach vor mir sitzt und ich ihn nicht kenne, muss ich Fragen stellen, um seinen geistlichen Zustand zu erkennen.
Dazu gibt es zwei sehr hilfreiche Fragen, die ein Bruder aus den USA, James Kennedy, formuliert hat. Die erste Frage ist ganz einfach: „Haben Sie schon die Gewissheit erlangt, dass Sie in den Himmel kommen würden, wenn Sie heute noch sterben müssten?“ Das ist die Frage nach der Heilsgewissheit.
Vielleicht haben wir Menschen schon so gefragt: „Hast du schon Frieden mit Gott? Weißt du, wo du deine Ewigkeit verbringen wirst?“
Ich erinnere mich gut an eine Begebenheit: Ich bekam eine Adresse von einer jungen Frau, die früher einmal in einem Jugendkreis war, dann aber nicht mehr kam. Ich kannte sie nicht persönlich, wollte aber nachfragen. Ich klingelte an der Tür, sie stand oben auf der Treppe, ich unten. Ich fragte sie direkt: „Haben Sie schon die Gewissheit, dass Sie in den Himmel kommen, wenn Sie heute sterben müssten?“ Sie war einen Moment still und antwortete: „Nein, diese Gewissheit habe ich nicht, aber ich habe schon dafür gebetet, dass jemand kommt, der mir den Weg dahin zeigt.“
Wie mein Herz da gejubelt hat! Es hat nicht mehr lange gedauert, da war sie eine bekehrte, gläubige Christin und dient heute dem Herrn in einer Gemeinde.
So eine Frage trifft oft ins Schwarze, ins Zentrum. Natürlich kann man auch andere Fragen stellen, etwa: „Haben Sie schon einmal einen Gottesdienst besucht? Kennen Sie Christen?“ Aber diese Frage ist direkt und wichtig.
Natürlich können wir nicht jeden Menschen auf der Straße oder unseren Nachbarn so direkt fragen. Das wäre zu plump. Aber nach einer Evangelisationsveranstaltung, wenn jemand in die Seelsorge kommt, ist diese Frage angebracht. Derjenige ist angesprochen und will über diese Dinge reden. Da können wir direkt fragen, wie ein Arzt: „Haben Sie die Gewissheit, dass Sie errettet sind und die Ewigkeit bei Gott verbringen würden, wenn Sie heute Nacht sterben?“
Das ist eine ganz wichtige Frage.
Was machen wir, wenn jemand „Ja“ sagt? Glauben wir dem einfach so? Es gibt zum Beispiel Katholiken oder andere, die „Ja“ sagen, aber doch nicht wiedergeboren sind.
Dann müssen wir eine zweite Frage stellen, die tief unter die Haut geht, wirklich ins Zentrum: „Angenommen, Sie müssten heute Nacht sterben – ich wünsche Ihnen das natürlich nicht, aber keiner von uns weiß, wann die Stunde kommt – und Gott würde Sie fragen: ‚Warum soll ich dich in den Himmel lassen?‘ Was würden Sie ihm dann antworten?“
Merkt ihr, wie diese Frage ins Zentrum führt? Das ist die Frage nach der Rechtfertigung, nach dem Grund seiner Hoffnung. Worauf baut er, wenn er sagt: „Ich glaube, dass ich in den Himmel komme“?
Meint er das vielleicht, weil er so brav ist, anständig, noch nie im Gefängnis war oder zu einer Kirche gehört? Nun, da kommen die unterschiedlichsten Antworten.
Vielleicht darf ich mal in den Raum fragen: Was meint ihr, welche Antworten Menschen geben, wenn sie gefragt werden: „Warum soll ich dich in den Himmel lassen?“
Manche sagen: „Oh ja, ich habe doch so viel Gutes getan in meinem Leben, da wird Gott mich doch annehmen.“ Das hören wir tatsächlich.
Andere sagen: „Ich habe doch keine Sünden.“ Mir hat mal eine Frau gesagt: „Alles Schlechte, was ich in meinem Leben getan habe, passt unter meinen Daumennagel.“ Ich kannte sie nicht und konnte ihr das Gegenteil nicht beweisen. Ich sagte ihr: „Gute Frau, wenn Sie so von sich denken, kann es eine Stunde in Ihrem Leben geben, da werden Sie merken, dass das ein großer Trugschluss ist. Sie sollen wissen: Jesus ist für Sünder gestorben, nicht für Gerechte.“
Was gibt es noch für Antworten? „Ja, ich bin getauft, bin treuer Kirchgänger, ich bin Mitglied irgendwo.“ Da hört man schon Gegenargumente.
Warum soll Gott mich nicht in den Himmel lassen? Viele meinen heute, Gott sei so gnädig, er lasse am Ende alle in den Himmel und drücke ein Auge zu. Manche sagen: „Warum soll er mich denn nicht in den Himmel lassen?“
Ihr seht, wir sind auf der richtigen Spur, denn solche Antworten kommen: „Weil ich getauft bin, weil ich zu dieser oder jener Kirche gehöre, weil ich mich bemüht habe, christlich zu leben, ich habe nichts falsch gemacht.“
Diese Dinge müssen wir zertrümmern. Taufe rettet nicht, Kirchenzugehörigkeit rettet nicht, unsere Bemühungen sind nicht ausreichend.
Wenn jemand sagt: „Ich habe nichts Falsches gemacht“, können wir mit ihm die zehn Gebote durchgehen oder Aussagen aus der Bergpredigt besprechen, um zu sehen, was er dazu meint.
Manche sagen auch: „Ich hoffe auf die Gnade.“ Sie sagen: „Wenn Gott mich so fragt, werde ich wahrscheinlich verstummen müssen, aber ich hoffe, dass er mich annimmt.“ Viele verstehen das Gleichnis vom verlorenen Sohn falsch und meinen: „Der Vater hat doch den verlorenen Sohn angenommen. Wenn ich sterbe und vor Gott stehe, dann nimmt er mich auch an.“
Da muss man erklären: „Nein, hier in diesem Leben muss der verlorene Sohn umkehren, dann nimmt der Vater ihn an, nicht erst in der Ewigkeit.“
Manche sagen: „Jetzt wird es interessant, weil Christus für mich gestorben ist.“ Warum soll Gott mich in den Himmel lassen? „Weil Christus für mich gestorben ist.“ Das ist halb richtig.
Christus ist für jeden Menschen gestorben, aber kommt deswegen jeder Mensch in den Himmel? Nein.
Wir dürfen uns nicht zufrieden geben, wenn jemand sagt: „Christus ist für mich gestorben.“ Das ist erst die halbe Seite der Münze.
Manche sagen: „Weil ich an Jesus glaube.“ Das hört sich gut an, aber wir müssen nachfragen: „Wie meinen Sie, dass Sie an Jesus glauben?“ Manche sagen: „Ich glaube schon immer an Jesus, seit Kindesbeinen an. Ich glaube, dass er Gottes Sohn ist, dass die Bibel Gottes Wort ist, dass es Himmel und Hölle gibt.“ Ich darf euch sagen: Das habe ich auch von klein auf geglaubt, und ich war trotzdem nicht bekehrt, weil ein solcher Glaube nicht ausreicht. Wenn es nur ein oberflächlicher Glaube ist, müssen wir nachhaken, wie genau der Glaube aussieht.
Aber was ist die voll zufriedenstellende Antwort auf die Frage: „Warum soll ich dich in den Himmel lassen?“
Das Entscheidende ist: „Er hat meine Schuld auf sich genommen und mir meine Schuld vergeben.“ Das heißt, ich habe sie ihm auch gebracht.
Jetzt kommt nicht nur die objektive Seite, was Gott getan hat, sondern auch die subjektive, persönliche Seite. Ich muss zum Kreuz kommen, den Heiland annehmen, ihm meine Sünden bringen und ihn als meinen Erlöser und Herrn annehmen.
Wir dürfen nicht nur bei der objektiven Seite stehen bleiben. Das ist heute weit verbreitet, zum Beispiel in der evangelischen Kirche.
Da gab es einen Theologen, der nicht mehr lebt, Karl Barth. Er war ein frommer Mann und hat manches Gute gesagt. Aber er verbreitete auch eine verhängnisvolle Lehre, die heute viele evangelische Pfarrer vertreten.
Er sagte: „Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit sich selbst. Christus starb am Kreuz, und seitdem ist die ganze Welt erlöst, die Hölle leer. Er hat alle am Kreuz erlöst, fertig. Es gibt nur Leute, die das wissen, und andere, die es nicht wissen. Denen muss man sagen: ‚Weißt du nicht, dass du am Kreuz schon erlöst bist und schon lange ein Kind Gottes und errettet bist? Lebe auch so!‘“
Karl Barth wurde einmal gefragt, wann er sich bekehrt habe. Er antwortete: „Vor 1948 Jahren am Kreuz von Golgatha.“ Das ist Unsinn.
Dort wurde unsere Erlösung vollbracht, Gott hat alles für uns getan, aber die Bekehrung muss in unserem Leben stattfinden – die Umkehr.
Das ist eine verhängnisvolle Lehre, die man Objektivismus nennt. Alles wird auf Gottes Seite geschoben, der Mensch hat keine Verantwortung mehr, muss es nicht persönlich annehmen. Dann sei man ja ohnehin als Säugling getauft worden, und alles sei zugerechnet.
Darum sprechen heute viele Pfarrer ihre Zuhörer als Christen an, auch wenn viele unbekehrt sind und in Sünden leben.
Ich hatte einen Pfarrer, der 17 Jahre lang jede Predigt mit den Worten begann: „Liebe Mit-Christen.“ Da saßen viele unbekehrte Menschen in der Predigt, die in Sünden lebten.
Wenn jemand stirbt, wird gesagt: „Nun wollen wir unseren Bruder zur letzten Ruhestätte begleiten.“ So machen es heute die meisten Pfarrer und Pfarrerinnen.
Nur wenige unterscheiden noch zwischen echten Christen, wiedergeborenen Gläubigen und Namenschristen.
Das ist die Realität: Die meisten sind Namenschristen – ich war früher auch einer.
Aber meinem Pfarrer war das egal, er sah mich auch als Christen an.
Die voll zufriedenstellende Antwort müsste also lauten: „Weil Jesus Christus mich am Kreuz erlöst hat und ich seine Erlösung durch Umkehr und Glauben persönlich angenommen habe. Er ist jetzt meine Gerechtigkeit und Heiligkeit vor Gott.“
Wenn wir heute Nacht sterben müssten und vor Gott stünden, könnten wir ihm keine Antwort geben. Hiob sagt, dass wir auf tausend Fragen Gottes keine Antwort haben (Hiob 40,3).
Aber ich bin überzeugt, dass der Herr Jesus Christus in diesem Augenblick zwischen dem heiligen Gott und mir sündigen Menschen hintreten würde. Er würde sagen: „Vater, was ist er schuldig?“ Dann würde der Vater die Rechnung zeigen, und Jesus würde sagen: „Das habe ich mit meinem Blut am Kreuz bezahlt.“
Er hat es für sich angenommen, ich gehöre ihm, bin erkauft und gerettet. Er ist mein Mittler und Fürsprecher.
Dann darf ich mich in diesem Augenblick in Jesus Christus bergen, wie ein Kind, das sich in Gefahr unter den Mantel der Mutter flüchtet.
Ich darf mich ganz in den Schutz der Gerechtigkeit Jesu Christi bergen und sagen: „Christi Blut und Gerechtigkeit sind mein Schmuck und Ehrenkleid.“ Damit will ich vor Gott bestehen, wenn ich zum Himmel gehe.
So hat es Zinzendorf ausgedrückt, so ist es richtig. Das ist biblischer, evangelischer Glaube.
Ist das deutlich geworden? Das ist die voll zufriedenstellende Antwort.
Ich meine nicht, dass ein Mensch es genau so sagen muss, aber er würde es herausbringen, wenn er wiedergeboren ist. Er würde sagen: „Ich bin ein Kind Gottes, ich habe Jesus als meinen Erlöser und Herrn angenommen und weiß, dass ich sein Eigentum bin.“
Das ist die zufriedenstellende Antwort.
Also bitte nicht oberflächlich sein. Wenn wir herausfinden wollen, wo ein Mensch steht – ob er schon hindurchgegangen ist oder noch vor der Pforte steht –, müssen wir genau nachfragen.
Manche sind nicht mehr weit entfernt vom Reich Gottes, schon ganz nah dran, aber noch nicht hindurch.
Ich hörte einmal von jemandem, der sagte: „Ich stehe mit einem Bein im Reich Gottes.“ Da sagte ein Bruder zu ihm: „Dann zieh doch das andere Bein nach!“ Richtig, mit beiden Beinen müssen wir im Reich Gottes stehen.
Darauf kommt es an.
Wir sind bei der Diagnose, wir sind dabei, herauszufinden, wo ein Mensch geistlich steht.
Während wir das besprechen, muss sich auch jeder von uns diese Frage stellen. Ich hoffe, dass jeder von euch die Antwort von ganzem Herzen geben kann – von ganzem Herzen!
Das müssen wir wirklich felsenfest wissen. Bis zum Schwur dürfen wir wissen, dass unser Schuldbrief zerrissen ist, oder wie es in einem Lied heißt: „So war die Sonne am Himmel prangend, hab ich Sündervergebung erlangt.“
Das müssen wir wissen und dürfen wir wissen.
Gott schenkt uns Heilsgewissheit, das bietet er uns an. Das hatten auch die Männer und Frauen in der Bibel.
Also bei der Diagnose gründlich sein, nicht zu schnell zufrieden geben, nachhaken und nicht ruhen, bis klar ist, ob ein Mensch wirklich errettet ist, die Erlösung erfasst hat und darin lebt.
Dann weiß ich, er ist ein Kind Gottes und kann ihn weiterverweisen oder mit ihm über seine Probleme reden.
Wenn aber herauskommt, dass er es nicht ist, wenn er es offen sagt oder selbst weiß: „Nein, ich bin unbekehrt, nicht errettet, deswegen komme ich ja hierher, ich möchte mich bekehren“, dann ist das gut.
Oder wenn jemand meint, er sei Christ, aber erkennen muss, dass er es nicht ist, dann mache ich ihm das deutlich: „Du bist es nicht, du hast es dir eingebildet, aber du bist es nicht vor Gott.“
Jetzt sind wir bei dem Punkt: Wie führe ich ihn hindurch durch die Pforte? Wie erkläre ich ihm, wie er Christ wird und sich bekehren kann? Jetzt sind wir beim Weg der Rettung.
Der Weg der Rettung mit fünf Bibelstellen
Ihr lieben Geschwister, wusstet ihr, dass man einem Menschen mit fünf Bibelstellen den Weg der Errettung erklären kann? Mit nur fünf Bibelstellen. Man kann vielleicht auch andere nehmen als die, die ich jetzt hier verwende, aber ich habe diese fünf ausgewählt.
Stellt euch vor, jemand wird abends durch die Verkündigung bei einer Evangelisation angesprochen. Er kommt dann in den Seelsorgeraum und möchte sich bekehren. Mit ihm kann ich diese fünf Bibelstellen durchgehen. Ich kann die Bibel aufschlagen, sie ihm hinhalten, vorlesen oder ihn sogar selbst lesen lassen.
Johannes 3,16: So sehr hat Gott die Welt geliebt und die Sünde gehasst, dass er seinen einzigen geliebten Sohn dahingab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben. Gott liebt jeden Menschen. Aber hier muss ich zurückfragen: Glauben Sie das? Können Sie das wirklich auf sich beziehen? Wissen Sie, dass Sie von Gott geliebt sind?
Es gibt heute Menschen, die in großen Nöten aufgewachsen sind. Das hat es eigentlich schon immer gegeben. Vielleicht wurden sie von ihren Eltern nie geliebt, vielleicht abgelehnt, vielleicht waren sie unerwünscht, vielleicht wollten die Eltern gar kein Kind. Und nun ist es passiert, sie wurden schon abgelehnt seit der Schwangerschaft. Das ist ein schweres Lebensschicksal. Es liegt schwer auf einem Menschen, wenn er von den Eltern abgelehnt wurde. Wir wissen heute, wie das Menschen in der Seele zerstören kann.
Haben Eltern den Betreffenden nicht geliebt? Vielleicht hat er auch keine großen Freunde oder Bekannten, die ihn geliebt haben. Es gibt Menschen, die laufen durchs Leben, und ihnen ist wenig bis gar keine Liebe entgegengebracht worden. Sie haben es gar nicht erlebt, was es heißt, wirklich geliebt zu werden. Sie können nur ausgenutzt werden.
Darum müssen wir fragen: Glaubst du das? Glaubst du, dass du ein von Gott geliebter Mensch bist? Bodelschwing hat einmal gesagt: Es geht kein Mensch über die Erde, den Gott nicht liebt. Und das dürfen wir wissen, wenn wir in zwei Wochen Evangelisationsvorträge haben. Es wird kein Mensch in den Saal kommen, der nicht von Gott geliebt ist. Egal, ob Banker, Menschen, die im Alkohol verstrickt sind, oder Frauen, die zwei, drei Kinder abgetrieben haben – sie sind doch von Gott geliebt. Das dürfen wir jedem sagen: Es geht keiner über die Erde, den Gott nicht liebt.
Johannes 3,16: Diese Wahrheit ist ja noch relativ süß, aber jetzt kommt eine bittere Wahrheit. Die nächste Bibelstelle ist Römer 3,23, die wir eigentlich auswendig können sollten. Dort steht: Denn es ist hier kein Unterschied, sie sind alle ohne Ausnahme Sünder. Luther sagt, sie mangeln des Ruhmes. Ja, jeder Mensch ist ein Sünder. Es gibt keinen Unterschied, alle sind Sünder.
Wenn man das einem Menschen vorliest und sagt, muss man natürlich erklären, was das bedeutet: Sünder. Die Menschen kennen den Begriff „Sünder“, aber sie verbinden ihn heute entweder damit, wenn sie zu viel gegessen haben – „Kaloriensünde“ – oder aus der Verkehrssünderkartei in Flensburg, wenn man zu schnell gefahren ist. So ist der Begriff heute noch geläufig. Aber ansonsten wird kaum noch von Sünde gesprochen. In den Kirchen hört man kaum noch davon, und Psychologen reden nicht von Sünde.
Ich hatte erst vorgestern ein Gespräch mit einem Doktor der Psychologie. Ich fragte ihn, ob er an Gott glaubt, und er sagte: Ja, ich glaube schon an einen Gott, aber an einen personalen Gott, nicht an einen persönlichen Gott, also nicht an eine Person, sondern an eine Kraft oder eine ferne Gestalt, auf jeden Fall unpersönlich. Dann sagte er: Wissen Sie, mich fasziniert die Vorstellung der Griechen, Prometheus, Ikarus – das waren Leute, die gelebt und auch Dinge falsch gemacht haben, aber sie standen für ihre Schuld selbst gerade. So möchte ich auch meinen Weg gehen, und so sage ich es meinen Patienten.
Das sind jeden Tag Dutzende von Menschen in seiner Psychotherapie. Sie kommen vielleicht belastet mit schweren Gewissensnöten, und dann redet dieser Mann ihnen ihre Schuldgefühle aus. Die Psychotherapie kennt keine Schuld, nur Schuldgefühle. Der Mensch hat Schuldgefühle, und die muss man ihm ausreden.
Aber die Bibel sagt: Wir Menschen haben Schuld, konkrete Schuld, die zwischen einem heiligen Gott und uns sündigen Menschen steht. Die kann man nicht wegpsychotherapieren. Das mag eine Zeit lang gut gehen, aber es wird eine Auferstehung geben, vielleicht auf dem Sterbebett, spätestens aber vor dem großen weißen Thron. Dort werden die Dinge alle wieder hochkommen.
Deshalb: Jeder Mensch ist ein Sünder, verloren vor einem heiligen Gott. Wir müssen deutlich machen, was das heißt. Sünde bedeutet Trennung, Sünde heißt, geschieden sein von Gott – hier zeitlich und einmal ewig in der Ewigkeit.
Da müssen wir fragen: Bejahst du das? Bejahst du, dass Gott über dich sagt, du bist ein Sünder? Kein Unterschied, alle ohne Ausnahme. Bist du die einzige Ausnahme? Willst du die Ausnahme sein? Oder kannst du das bejahen, wenn Gott über dich seine Diagnose stellt? Hier ist der biblische Röntgenschirm: Schau, Sünder!
Dann kann man ihm Jesaja 1 vom Scheitel bis zur Sohle vorlesen: nichts Gutes an uns. Oder Römer 3, einige Verse zuvor: Keiner tut Gutes, alle sind abgewichen. Dann kann man fragen: Bist du die einzige Ausnahme? Wenn der Mensch das bejaht, können wir weitermachen.
Jeder Mensch ist ein Sünder, verloren vor einem heiligen Gott. Die dritte Stelle ist 2. Korinther 5,21, dort heißt es: Denn Gott hat den, der von keiner Sünde wusste, für uns zur Sünde gemacht, auf dass wir in ihm die Gerechtigkeit würden, die vor Gott gilt.
Was für eine wunderbare Aussage! 2. Korinther 5,21 – es wäre gut, sie auswendig zu können. Man kann sie auch lesen oder dem Betreffenden vorlesen, noch besser, wenn er selbst mitliest. Dann kann man ihm erklären: Schau, Christus war der einzige, der keine Sünde hatte, er wusste von keiner Sünde.
Man kann sagen: Selbst seine ärgsten Feinde konnten ihm keine Sünde nachweisen, obwohl sie ihn mit der Lupe angeschaut haben. Keine Sünde. Er wurde von Gott zur Sünde gemacht. Gott hat alle Schuld der Menschen, auch deine, auf Jesus geladen – am Kreuz.
Dann kann man dem Menschen sagen: Am Kreuz war drei Stunden lang Finsternis. Weißt du warum? Dort lag die ganze Schuld der Welt und das Gericht Gottes über unsere Sünden auf Jesus. Gott richtete die Sünde an seinem eigenen Sohn. Es war Finsternis.
In dieser Stunde konnte Jesus Gott nicht Vater nennen. Er betete zu Beginn: Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun. Am Schluss betete er: Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist. Aber als die Sünde auf ihm lag, musste er beten: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? Da konnte er nicht Vater sagen. Er war getrennt von dem heiligen Gott, die Sünde lag auf ihm und stand zwischen ihm und seinem Vater.
Die innigste Gemeinschaft, die es je gegeben hatte, war zerstört, zerrissen durch die Sünde. Jesus war in der Hölle, in der Gottestrennung, geschieden vom Vater. Dort ist er hingegangen, wo wir sonst alle hätten hinmüssen.
Er hat die Hölle für uns erduldet und das Gericht über unsere Sünden. Darum kann Paulus fortfahren: Er wurde von Gott zur Sünde gemacht, auf dass wir in ihm die Gerechtigkeit würden, die vor Gott gilt.
Er hat unsere Sünde getragen als der Sündlose. So hat er Gerechtigkeit gewirkt am Kreuz und sie hergeschenkt. So wie er buchstäblich seinen Rock, sein Kleid hergegeben hat, so hat er auch im übertragenen Sinn das Kleid seiner Gerechtigkeit hergeschenkt an die Leute unter dem Kreuz, die dort hinkommen.
Sie bekommen auch heute ein Stück von dem Kleid seiner Gerechtigkeit, die reine Leinwand der Heiligen, wie es in Offenbarung genannt wird. Was für ein wunderbares Evangelium! Es kann Menschen retten, froh machen und Trost geben auf dem Sterbebett – keine Psychotherapie.
Damit kann man leben und sterben, wenn man weiß: Christus war meine Sünde am Kreuz, und er ist jetzt meine Gerechtigkeit geworden. Martin Luther konnte sagen: Herr Christe, du bist meine Sünde, und ich bin deine Gerechtigkeit. Wir machen einen fröhlichen Tausch, so hat er das genannt. Ich gebe dir meine Sünde und nehme deine Gerechtigkeit.
Das ist wirklich ein fröhlicher Tausch. 2. Korinther 5,21: Christus, unser Stellvertreter. Auch hier muss man zurückfragen: Glaubst du das? Glaubst du, dass Jesus dort für dich und deine Schuld gestorben ist?
Mir hat mal eine Frau gesagt: Für mich hätte er nicht sterben brauchen, für meine Nachbarin, für mich nicht. So einem Menschen kann nicht geholfen werden. Die Gesunden brauchen den Arzt nicht, nur die Kranken.
Wenn man meint, man hat keine Sünde, Christus hätte nicht sterben brauchen, Stellvertretung sei unnötig – wie dieser Doktor der Psychologie mir sagte –, man wolle selber gerade stehen vor Gott mit seinem Leben, dann ist das oft die Not der Gebildeten.
Sie wollen diese schlichte, einfache Botschaft vom Kreuz nicht hören. Das ist ihnen zu einfach, zu unwürdig. Aber so geht es Menschen, die keine Sünder sind, gebildet oder ungebildet.
Dann eine vierte Stelle, zum Beispiel Markus 1,15. Man kann auch andere Stellen nehmen, die dasselbe ausdrücken. Diese Stelle sagt es klar:
Markus 1,15: Nachdem Johannes überliefert war ins Gefängnis, kam Jesus nach Galiläa und predigte das Evangelium Gottes. Er sprach: Die Zeit ist erfüllt, und das Reich Gottes ist nahegekommen. Tut Buße, kehrt um, glaubt an das Evangelium.
Das ist eine ganz wichtige Aussage. Jesus hat zuerst Umkehr gepredigt und dann Glauben. „Tut Buße, kehrt um“ heißt wörtlich: Das griechische Wort Metanoia meint Umsinnung, Umdenken und als Folge auch Umkehren, um 180 Grad einen neuen Weg einschlagen.
Jeder Mensch muss umkehren. Manche meinen: Ja, ich bin schon immer gläubig. Wenn man sie fragt: Bist du auch einmal umgekehrt von deinen Sünden? Ja, ich kehre jeden Tag um von meinen Sünden.
Dann wird Luther fälschlicherweise zitiert, der von der täglichen Reue und Buße sprach. Hier ist das nicht gemeint. Hier meint der Herr eine einmal grundsätzlich vollzogene Lebensumkehr.
Wir sind alle mit dem Rücken zu Gott geboren, wir gehen von Natur aus in die falsche Richtung. Wir müssen umkehren um 180 Grad, damit wir durch die enge Pforte hindurchkommen. Das ist hier gemeint.
„Tut Buße“ ist wichtig. Heute wird viel vom Glauben gesprochen, auch in den Kirchen überall, aber ganz selten hört man etwas von Umkehr, von Buße.
Gott hat vor der Erlangung des echten rettenden Glaubens die echte biblische Buße gesetzt. Ohne Buße kein Glauben. Dem echten biblischen Glauben geht die Buße voraus und folgt der Gehorsam nach.
Davon hört man heute nicht viel. Buße voran, gründliche Buße, aufrichtige Buße, dass ich erkenne, was ich dem Herrn angetan habe, dass ich jahrelang ohne ihn gelebt und gegen ihn gehandelt habe, dass meine Sünden ihm ins Gesicht geschlagen haben.
Dass es alle Schläge waren auf seine Nägel am Kreuz – das muss ich erst mal erkennen und darüber Buße tun und nicht noch angeben mit meinen Sünden, mit meinem früheren Leben.
Jeder Mensch muss umkehren. Da muss ich fragen: Willst du das? Vorher kann ich fragen: Glaubst du das? Bejahst du das? Glaubst du das? Aber jetzt muss ich fragen: Willst du das? Willst du wirklich umkehren von deinem bisherigen Leben? Willst du neu beginnen mit Christus im Herzen?
Wenn er ja sagt, ist das gut. Dann kommt der letzte Schritt.
Die fünfte Bibelstelle, eine wunderbare Aussage, ist Johannes 1,12. Das kennen viele von uns sicher auswendig. Dort heißt es:
Er kam in das Seine, und die Seinen nahmen ihn nicht an – seine Geschöpfe, aber auch seine Volksgenossen, die Juden, nahmen ihn nicht an.
Jetzt fährt Johannes fort: So viele ihn aber aufnahmen, denen gab er das Recht, Kinder Gottes zu werden, denen, die an seinen Namen glauben.
Das ist wunderbar. Hier heißt es: So viele ihn aber aufnahmen – das ist unsere Verantwortung, das müssen wir tun: Christus aufnehmen. Und das müssen wir erklären, was wir meinen.
Ein Katholik denkt bei „Christus aufnehmen“ vielleicht an die Eucharistiefeier, wenn die Hostie auf die Zunge gelegt wird. Ja, dann nimmt er Christus auf. Nein, hier meint es, ihn ganz persönlich aufzunehmen, willentlich im Gebet, ihn einzuladen in mein Herz und zu sagen:
Herr Jesus, ich habe bisher ohne dich und gegen dich gelebt. Vergib mir meine Sünden, nimm mich an als dein Eigentum, errette mich, mach mich zu einem Kind Gottes. Ich will dir gehören, ich nehme dich auf. Du sollst der Erlöser für meine Vergangenheit und der Herr für meine Zukunft sein.
Das möchte ich hier noch betonen. Christus aufnehmen hat immer diese zwei Aspekte, zwei Seiten:
Ich nehme ihn auf als Erlöser für mein gelebtes Leben bis zu diesem Augenblick. Danke, Herr Jesus, dafür bist du am Kreuz gestorben, du bist mein Erlöser.
Und ich nehme ihn auf als Herr für mein zukünftiges Leben.
Viele wollen Jesus als Erlöser. Wer will schon mit einem schuldbeladenen Leben herumlaufen? Ja, als Erlöser wollen ihn noch viele. Aber wir müssen sicherstellen, dass dieser Mensch auch bereit ist, Jesus Herr sein zu lassen.
Ich muss ihm erklären, was das meint: Herrschaft Jesu in meinem Leben. Dass Jesus der Herr ist, heißt, dass ich nach seinem Willen leben will, nach seinen Maßstäben, nach den Geboten und Weisungen des Neuen Testaments.
Ich muss bereit sein, mein Leben wirklich nach ihm auszurichten und in allen Lebensbereichen zu fragen: Herr, was willst du, dass ich tun soll? Du bist der Herr.
Wisst ihr, dass im Neuen Testament nur 24 Mal der Ausdruck „Erlöser“ vorkommt, aber 522 Mal der Ausdruck „Herr“ (Kyrios)? Dann merken wir die Gewichtung: 24 Mal Erlöser und 522 Mal Herr.
Christus will der Herr sein in unserem Leben, der Auferstandene, der lebt und Herr sein will.
Also darf ich noch mal so auf einen Blick zeigen – wenn es auf die Leinwand passt –, dass man mit fünf Stellen einem Menschen wirklich gründlich den Weg des Heils zeigen kann. Das nennen wir den Weg der Rettung oder den Heilsweg.
Das sollte jeder von euch, ihr lieben Geschwister, parat haben. Es soll Fleisch und Blut werden. Es kann sein, dass wir an eine Unfallstelle kommen und dort mit einem schwer verletzten Menschen das durchsprechen. Das durfte ich schon mal auf der Autobahn bei Salzburg erleben.
Bei einem schweren Unfall konnte ich dort mit Menschen an der Unfallstelle über das Heil sprechen.
Es kann sein, dass wir bei unseren Kindern oder Enkelkindern gefordert werden und sie sagen: „Papa, Opa, ich will mich bekehren, wie geht das?“ Dann müssen wir nicht erst einen Evangelisten rufen.
Das ist das Schönste für Eltern, wenn sie ihren Kindern selbst den Weg zum Herrn zeigen dürfen.
Das sollte eigentlich jeder Gläubige, jeder Christ können: einem anderen den Weg der Rettung zeigen. Das ist keine Spezialaufgabe für Evangelisten. Das sollte jeder Christ können.
Auch in den Gemeinden muss das gelehrt werden. Die Geschwister müssen zugerüstet und geschult werden. Heute könnten alle Geschwister der Gemeinde das hören und wissen: Hier ist der Weg der Rettung, so könnt ihr einem Menschen das zeigen.
Aber nicht nur so. Es gibt noch andere Hilfsmittel, auf die ich jetzt noch zu sprechen komme.
Zuerst aber will ich sagen: Wenn wir das mit einem Menschen durchsprechen, können wir uns vorstellen, wir sind im Universitätspark in Schwäbisch Gmünd. Dort war ein Abend, die Botschaft wurde verkündigt in Wort und Lied. Es wurde eingeladen zur Lebensübergabe, zur Bekehrung, zum Gespräch.
Jetzt kommt ein Mensch in die Aussprache, und wir fragen ihn: Warum kommen Sie? – „Ja, ich will mich bekehren.“ – Schön, wir freuen uns: Kommen Sie, nehmen Sie Platz!
Dann sprechen wir mit ihm den Heilsweg durch. Vielleicht zehn, vielleicht fünfzehn Minuten, je nachdem, wie viel Zeit da ist.
Dann frage ich ihn: Wollen Sie das? Wollen Sie das wirklich? Oder wollen Sie es sich noch einmal überlegen?
Jetzt ist jedes Drängen fehl am Platz. Jedes Drängen ist nicht vom Heiligen Geist. Das ist manchmal die große Gefahr der Evangelisten, die fleischlich werden können. Ich war das gewiss auch schon, das muss ich bekennen, weil man irgendwie unter Erfolgsdruck steht. Gerade als junger Evangelist ist man in großer Gefahr, zu drängen, dass sich ja ein paar bekehren.
Das dürfen wir nicht. Wir müssen den Menschen freigeben, nicht drängen.
Wenn sich der Gesprächspartner nicht sicher ist, sollte man ihn zum nächsten Abend einladen. Man sagt: Ich freue mich, dass Sie hier waren und wir das durchsprechen konnten. Aber ich habe den Eindruck, Sie sind sich noch nicht ganz sicher. Ich lade Sie ein, morgen Abend wiederzukommen. Können Sie morgen kommen? – Nein, morgen geht es nicht. Übermorgen? – Ja, übermorgen bin ich wieder da.
Dann kann man sagen: Hören Sie übermorgen noch einmal die Botschaft und kommen Sie wieder zum Gespräch. Dann ist es vielleicht so weit.
Nicht drängen! Und wenn es der letzte Abend ist, nicht mit der Brechstange jemanden durch die Pforte drängen. Das hat keinen Sinn. Es gibt keine Wiedergeburt so. Es gibt keine geistliche Missgeburt oder bestenfalls Frühgeburt, die dann noch Monate im Brutkasten aufgepäppelt werden muss, wenn ich das mal so sagen darf.
Darum nicht drängen, sondern anbieten und freigeben.
Wir sind nicht wie die Sektenleute. Wir müssen uns wohltuend vom Fanatismus der Sektenleute unterscheiden. Wir sind keine Zeugen Jehovas, keine Mormonen, auch keine Staubsaugerverkäufer, die unbedingt den Fuß in der Tür haben müssen.
Wir bieten an. Wenn der Geist Gottes einen Menschen vorbereitet hat, wird er auch annehmen. Wenn nicht, müssen wir ihn ziehen lassen.
Der Herr Jesus hat nicht mal seine Jünger an sich gebunden. Er konnte sagen, als viele weggingen, wollte er auch weggehen. Mit anderen Worten: Ich knechte euch nicht. Wollt ihr auch weggehen?
Das Evangelium ist gefüllte Liebe und heißt ohne jede Spur von Zwang. Mit Zwang arbeitet nur einer – der Teufel. Der macht das mit Zwang, Eisen, Kette, Bindung und Knechtschaft.
Auch Kinder nicht drängen, niemanden drängen. Der Heilige Geist muss sein Werk tun am Herzen der Menschen.
Ich habe mit Erwin abgesprochen, dass wir an den Abenden, wenn wir nicht anders geführt werden, die Menschen auch nicht nach vorne rufen zur Entscheidung. Wir rufen sie also nicht zum Podium.
Ich habe das früher auch gemacht, aber da ist zu viel Gefühl und Suggestion mitunter dabei. Es kann ein richtiger Sog entstehen. Wenn die Ersten nach vorne gehen, werden andere mitgezogen, die sich hinterher in der Nachversammlung wiederfinden und nicht wissen, wie sie dahin gekommen sind.
Ich stand als junger Evangelist bei einer Zeltmission, ich war 27 Jahre alt, und habe am vorletzten Abend die Menschen zur Entscheidung nach vorne gerufen. Danach saßen 40 Menschen im Nachversammlungszelt, die sich bekehren wollten – dachte ich.
Aber sie wollten sich nicht alle bekehren. Als ich später Einzelgespräche hatte und die Leute besuchte, die Adressen dagelassen hatten, waren z. B. Katholiken darunter. Entschuldigt, heute manchmal mit den Katholiken.
Das war in einer katholischen Gegend in der Nähe von Rastatt. Die wollten sich auch zu Jesus bekennen. Ich hatte aufgerufen, und sie gingen nach vorne.
Aber sie waren von der Wiedergeburt noch meilenweit entfernt.
Darum bin ich davon abgekommen. Ich mache es lieber so, wie ich es von Wilhelm Pahls gelernt habe: Nach der Aussprache rufen wir die Menschen herzlich und eindringlich ein, sich zu bekehren und in die Aussprache zu kommen, in einen Raum, den wir dort in der Halle als Nebenräume haben.
Wer das will, wer das wünscht, möchte dorthin kommen zum Nachgespräch. Die, die sich bekehren wollen und Hilfe brauchen, werden dorthin kommen.
Es werden sich vielleicht auch andere bekehren, die nicht dorthin gehen, sondern zuhause irgendwo niederknien. Wir werden dann dort ihr Leben dem Herrn übergeben. Das geht auch.
Ich war auch ganz allein, als ich mich bekehrt habe, und manche von euch vielleicht auch.
Das müssen wir dem Geist Gottes einfach zutrauen und überlassen. Auf jeden Fall nicht drängen, auch nicht nachher im Gespräch.
Ich erwähnte eben Hilfsmittel zur Erklärung des Heilsweges. Früher gab es die sogenannten vier geistlichen Gesetze. Sie sind inzwischen aus der Mode gekommen.
Das war eine gute Hilfe, mit der viele Menschen zu Christus geführt wurden. So ein kleines Heftchen, in dem vier geistliche Gesetze aufgezeigt waren. Wir haben eben fünf Bibelstellen, dort wurden es vier Bibelstellen erklärt, wie man sich bekehrt.
Das kann man verwenden, so ein kleines Heftchen als Hilfe.
Heute verwenden wir in der Gemeindearbeit hauptsächlich ein anderes Heft. Das darf ich euch jetzt mal zeigen oder, wenn ihr wollt, auch austeilen. Ihr dürft es gerne behalten, wenn genügend da sind.
Es wurde von einem Bekannten von mir, Herbert Masuch, geschrieben. Er ist Evangelist in Deutschland, inzwischen aber schon im Ruhestand aus gesundheitlichen Gründen.
Er zeigt hier in zehn Schritten den Weg des Heils wunderbar auf. Und was der Vorteil dieses Heftes ist, merkt ihr sofort, wenn ihr es durchblättert.