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Unser Glaube braucht Erdung

Kolosserbrief, Teil 9/10
06.01.2024Kolosser 3,17-4,1
SERIE - Teil 9 / 10Kolosserbrief

Einführung: Beziehungen im Alltag und ihre Bedeutung

Ja, manche von euch haben einen Chef. So bei der Arbeit meine ich. Und ich habe keine Ahnung, wie gut ihr euren Chef kennt. Sami, wie lange hast du deinen Chef? Etwas mehr als drei Jahre. Etwas mehr als drei Jahre. Warst du schon mal bei ihm zu Hause? Ja, der Sami war …

Okay, also Sami hat einen Chef, den er seit drei Jahren hat, und er war einmal bei ihm zu Hause. Ihr könnt euch ungefähr vorstellen, wie gut Sami seinen Chef kennt, denn er weiß, wie dieser bei der Arbeit ist.

Ich sage euch was: Die Katrin hat auch einen Chef. Sie hat ihn noch nicht so lange. Wer das nicht weiß: Der Chef von Katrin ist der Konstantin, der sitzt da hinten. Katrin hat Kolleginnen, die diesen Chef schon viel länger haben. Da ist die Situation ein klein bisschen anders.

Heutzutage ist es wahrscheinlich relativ getrennt – Apotheke und Familie. Aber ich vermute mal, als die Kinder kleiner waren und ab und zu mal reingestürzt kamen, Papa, Papa, wenn das eine Einheit ist zwischen Wohnen und Arbeit, dann bekommt man schon viel mehr mit.

Also ich vermute, dass die Angestellten von Konstantin viel mehr von ihm mitbekommen haben, wie er eigentlich ist, wie er mit seinen Kindern umgeht, was für ein Verhältnis er zu seiner Frau hat, als Sami das jemals von seinem Chef wissen wird.

Trotzdem gehen selbst Konstantins Angestellte abends nach Hause. Na ja, keine Ahnung, vielleicht sagt Konstantin auch: „Du musst die Nacht durcharbeiten, so viel zu tun.“ So gut kenne ich ihn jetzt auch nicht als Chef.

Wenn du, wie früher, manche Leute gucken solche Serien wie Downton Abbey, wenn du Diener hast, die im Haus wohnen, gell Steffi, wenn du Diener hast, die im Haus wohnen, die dein Schlafzimmer aufräumen – nein, du nicht, ich meine die Serie – die dein Schlafzimmer aufräumen, die beim Tisch bedienen, während du mit deiner Familie isst und die ganze Zeit da stehen, gell, und alle Gespräche mitkriegen.

Ich will euch was sagen: Die wissen alles von dir. Und wenn deine Freunde auch solche Diener haben, wissen die Diener deiner Freunde auch alles von dir.

Hintergrund und Kontext der biblischen Texte

Ich möchte heute mit euch noch einmal einige Verse aus dem Kolosserbrief lesen. Vor etwa einem halben Jahr haben wir das zuletzt gemacht und dabei kurz in den Philemonbrief geschaut, in dem es um Onesimus geht.

Der Philemonbrief ist sozusagen ein Begleitschreiben zum Kolosserbrief. Er richtet sich an Philemon, einen Menschen mit einem großen Haushalt, in dem Diener und damals auch Sklaven lebten – was immer das im konkreten Fall genau bedeutete. Es war sicher nicht vergleichbar mit der Sklaverei in den amerikanischen Südstaaten. Onesimus, der Sklave, war von Philemon weggelaufen – warum auch immer. Vielleicht fühlte er sich schlecht behandelt oder wollte einfach seine Freiheit, um eigene Ziele zu verfolgen.

Onesimus hatte sich bei Paulus im Gefängnis bekehrt, und Paulus schickte ihn nun zurück. Paulus schrieb auch einen Brief an die Gemeinde in Kolossä, die Epaphras gegründet hatte. Epaphras hatte sicher viele persönliche Gespräche mit den Gemeindemitgliedern geführt. Überlegt mal, was Paulus alles über diese Gemeinde wusste. Er kannte Onesimus und wusste, was in den Häusern der Gemeinde geschah. Er kannte das Privatleben der Menschen, denn Onesimus, der Sklave, war in einem der Häuser der Gemeinde und wusste alles.

Stellt euch vor, wir würden heute Morgen hier einen Brief von Paulus an die Gemeinde in Offenbach vorlesen, und ihr wüsstet, Paulus weiß alles über euch. Ich weiß nicht, wie ihr euch fühlen würdet. Was kommt jetzt? Jeden Satz würdet ihr genau betrachten und euch fragen: Ist das vielleicht eine Anspielung auf mein Leben? Spannend!

Heute soll es um Kolosser 3,17 bis 4,1 gehen. In diesem Abschnitt geht es darum, dass der Glaube ganz praktische Auswirkungen auf das alltägliche Leben haben muss – auf die Beziehungen, in denen wir leben. Ihr kennt solche Abschnitte. Ähnliche Passagen gibt es auch im Epheserbrief, dort fast wortgleich.

Im Epheserbrief ist dieser Abschnitt viel länger. In meiner Bibelübersetzung umfasst er ungefähr eine halbe Seite, also etwa 21 Verse – wobei die Verse natürlich unterschiedlich lang sind. Im Kolosserbrief findet man die gleichen Themen in nur neun Versen, also viel komprimierter. Das zeigt, dass Paulus diese Themen damals sehr wichtig waren. Er hat den Epheserbrief und den Kolosserbrief wahrscheinlich gleichzeitig oder kurz hintereinander geschrieben und verschickt. Offensichtlich lagen ihm diese Themen sehr am Herzen.

Die zentralen Themen christlicher Ethik im Alltag

Um welche Themen geht es hier? In diesen Themen geht es um die Ehebeziehung, um die Beziehung von Eltern zu ihren Kindern und von Kindern zu ihren Eltern. In diesem Abschnitt geht es um die Beziehung von Sklaven zu ihren Herren und von Herren zu ihren Sklaven.

Man kann einige dieser Aspekte wahrscheinlich auch auf unser Berufsleben übertragen. Auch unsere Chefs – auch wenn die meisten von uns keine Sklaven sind, manche vielleicht schon. Es geht um die Beziehungen, die wir in unserem Alltag haben, und diese sind wichtig.

Ethik ist wichtig, christliche Ethik ist wichtig. Christliche Ethik ist aber nicht die Grundlage. Die Bibel ist nicht dazu da, um aus einem schlechten Menschen einen besseren oder angepassteren Menschen zu machen. Christus ist gekommen, um Menschen zu retten, für die Ewigkeit, um ihnen eine Beziehung zu Gott zu ermöglichen.

Wenn diese Grundlage aber da ist, dann ist Ethik wichtig. Paulus sagt, diese Themen sind wichtig. Die Themen, wie wir in der Ehe miteinander umgehen, sind wichtig. Wie Kinder mit ihren Eltern umgehen und Eltern mit ihren Kindern, das ist wichtig. Wie wir unseren Chefs begegnen und wie die Chefs mit uns umgehen, oder wenn wir Chefs sind, wie wir mit unseren Angestellten umgehen, das ist wichtig.

Er sagt das den Kolossern, weil vielleicht der eine oder andere noch im Hinterkopf hat, worum es im Kolosserbrief geht und welche Probleme sie hatten. Sie haben sich hauptsächlich mit religiösen und philosophischen Themen beschäftigt. Sie fragten, ob Askese wichtig ist, sie beschäftigten sich mit Visionen und dachten viel über intellektuelle und esoterische Dinge nach.

Manchmal ist unser Christsein auch so, und unsere Themen sind ähnlich. Es sind wichtige Themen, sich mit Gott und mit der Ewigkeit zu beschäftigen. Aber Paulus sagt: Leute, ich habe mich mit euren seltsamen Ideen auseinandergesetzt. Ich habe euch gesagt, wie es wirklich ist, wie es richtig ist und welchen Blick ihr haben solltet.

Aber ich befürchte, dass ihr oft vergesst, dass euer Glaube Erdung braucht. Wisst ihr, wie viel Zeit ihr in eurem normalen Alltag in der Gemeinde verbringt? Wie viel Zeit in stiller Zeit, Bibelstudium oder Gebet? Und wie viel Zeit verbringt ihr in einem normalen Alltag wie jeder andere Mensch auch, der geprägt ist von Beziehungen – von Beziehungen in der Familie und am Arbeitsplatz?

Er sagt: Diese Themen sind wichtig. Wenn ihr heute gar nichts anderes aus diesem Vortrag mitnehmt außer das, dass das wichtig ist, dann ist das schon viel. Und manchmal vergessen wir das: Dass es wichtig ist. Echtes Christsein zeigt sich auch in den ganz praktischen Beziehungen unseres Alltags.

Vielleicht sind das hier nur Beispiele, die er aufführt. Die wichtigsten oder wesentlichen Beispiele für die meisten Leute. Die meisten Menschen auf dieser Erde haben Eltern. Hier spricht er Kinder an, aber nicht alle sind noch Kinder. Viele Menschen haben Kinder, manche nicht, und bei manchen sind die Kinder schon groß. Viele haben einen Ehepartner, manche nicht. Viele Menschen stehen im Beruf, manche vielleicht nicht.

Vielleicht gehörst du zu der Schnittmenge, die sagt: Ich habe weder Kinder noch einen Ehepartner noch gerade einen Beruf. Dann sind das nur Beispiele. Ich glaube aber, du kannst trotzdem etwas lernen: Dass Beziehungen im Alltag wichtig sind.

Die Grundhaltung im Alltag: Alles im Namen Jesu tun

Aber fangen wir an mit Vers 17, Kolosser 3, Vers 17: „Und alles, was ihr tut, im Wort oder im Werk, das tut alles im Namen des Herrn Jesus und sagt Gott, dem Vater, Dank durch ihn.“

Tut alles im Namen des Herrn Jesus, auch in eurem Alltag. Was heißt das? Das bedeutet, dass es etwas gibt, was unseren Alltag durchzieht. Etwas, das unser Denken prägt und grundlegend dafür ist, wie wir Dinge beurteilen, welche Dinge wir tun und welche nicht, welche Dinge wir sagen, wie wir sie sagen und welche wir lieber nicht sagen. Es gibt etwas, das all das bestimmt.

Paulus sagt: „Tut alles im Namen des Herrn Jesus Christus.“ Im Englischen gibt es dafür ein tolles Wort, das ich schwer zu übersetzen finde. Es heißt „to be committed to something“ oder „to be committed to someone“. Ein passendes deutsches Wort dafür habe ich nicht gefunden. Wenn man es umschreibt, bedeutet es: Ich habe mich entschieden, für eine Person oder eine Sache zu leben. Ich habe mich entschieden, dass dies die oberste Priorität, eine sehr hohe Priorität in meinem Leben hat – vielleicht weil ich einer Person so dankbar bin.

Es gibt Menschen, die haben sich entschieden, ihr Leben zu investieren, um das Andenken ihres Vaters hochzuhalten und zu verbreiten oder um das Andenken ihres Vaters von Anschuldigungen reinzuwaschen, die sie für unberechtigt halten. Sie haben sich entschieden, dass das ihr Lebensinhalt oder ein wesentlicher Teil ihres Lebensinhalts ist.

Andere wiederum haben sich entschieden, ihr Leben dem Umweltschutz zu widmen. Das durchzieht ihr Leben. Wenn du ihr Leben beobachtest – worauf sie Prioritäten legen, wie sie Entscheidungen treffen, was sie essen, was sie kaufen, an welchen Demonstrationen sie teilnehmen – dann siehst du, dass das ein Thema ist, das ihr Leben prägt. Die Engländer würden sagen, sie sind „committed to environmental protection“, also sie haben sich entschieden, ihr Leben in den Umweltschutz zu investieren.

Und ich glaube, das ist ein Teil dessen, was Paulus hier in Vers 17 meint. Er sagt, wir Christen sollten uns entschieden haben, unser Leben für Jesus und seine Sache zu investieren. Wir sind ihm hingegeben – wobei „hingegeben“ ein schlechtes Wort in diesem Zusammenhang ist, weil es nur einen kleinen Teil dieses Gedankens wiedergibt. „Sich widmen“ trifft es besser, denn darin steckt diese Entschiedenheit, die am Anfang steht. Die Entscheidung selbst ist jedoch nicht ganz enthalten.

Jedes deutsche Wort hat immer nur einen Teil der Bedeutung; man kann es nur umschreiben. Die Engländer haben manchmal weniger Wörter als die Deutschen, dafür steckt in einem Wort oft mehr Bedeutung. Manchmal funktioniert das besser.

Okay, ich wollte heute Morgen keinen Englisch- oder Deutschunterricht geben. Paulus sagt: Christus soll unser Leben prägen, auch unseren Alltag. Alles, was wir in unserem Alltag und in unseren alltäglichen Beziehungen tun, soll irgendwie mit Jesus zu tun haben – mit der Entscheidung, dass wir für Jesus leben wollen.

Wenn wir die Dinge im Namen Jesu tun, sind wir auch Repräsentanten seines Namens. Das sind die beiden Aspekte, die, glaube ich, in diesem Vers stecken: Wir wollen, dass Jesus unser Leben prägt, und wir wollen dadurch ihn auch in unserer Umgebung repräsentieren.

Dann fängt Paulus an und nennt ganz praktische Beispiele. An diesen Details wird es deutlich. Diese Details wollen wir jetzt durchgehen.

Ehe: Unterordnung und Liebe als Grundprinzipien

Vers 18
Ihr Frauen, seid euren Männern unterwürfig oder untergeordnet, wie es sich im Herrn gehört. Das ist alles, was Paulus zu diesem Thema sagt. Das ist nicht viel, oder? Wenn ihr parallel den Epheserbrief lesen würdet, säht ihr, dass er dort das Verhältnis in der Ehe mit dem Verhältnis von Christus zur Gemeinde vergleicht. Die Gemeinde soll sich Christus so unterordnen, wie es nur geht, und Frauen sollen sich ihren Männern so unterordnen, wie Christus sich der Gemeinde unterordnet.

Paulus begründet das ziemlich ausführlich und schreibt noch viele Dinge, die vielleicht gar keine Begründung sind. Es ist ein langer Abschnitt im Epheserbrief, ein sehr interessanter Abschnitt, über den man vielleicht irgendwann einmal sprechen kann. Hier aber macht Paulus es ganz kurz und bringt es auf den Punkt. Er sagt: „Ihr Frauen, ihr Ehefrauen“ – grammatikalisch würde man es im Deutschen wahrscheinlich ungefähr so ausdrücken, um das Griechische möglichst deutlich zu treffen – „Ihr Frauen, ihr solltet euch euren Ehemännern unterordnen.“

Für die Kinder heißt es: „Ihr Kinder, gehorcht euren Eltern in allem!“ – ein knallharter Befehl, ein klarer Imperativ. Für die Sklaven gilt das ebenso. Bei den Frauen ist es etwas anders formuliert. Es ist kein harter Befehl, aber eine klare Aufforderung mit einem Ausrufezeichen dahinter. Ich würde es übersetzen: „Ihr Frauen, ihr solltet euch euren Männern unterordnen.“

Die Begründung ist kurz: Denn so gehört es sich im Herrn. Die Begründung ist ganz einfach – das ist christlich. Mehr Begründung braucht Paulus nicht. Es ist egal, ob eure Umgebung sich anders entwickelt und es nicht mehr üblich ist, denn das ist christlich.

Es ist auch egal, ob ihr euch manchmal euren Männern religiös überlegen fühlt, weil ihr die Spirituellen in eurer Beziehung seid. Vielleicht hattet ihr damals in Kolossä mehr Visionen als eure Ehemänner. Paulus sagt, eure Philosophie, die Lehren, die zu euch kommen, machen euch vielleicht nicht demütig. Wer besondere Erfahrungen oder Erkenntnisse hat, wird vielleicht eher übermütig oder hochmütig.

Aber wisst ihr, was christlich ist? Christlich ist, dass ihr Ehefrauen euch euren Männern unterordnet.

Man kann dazu viel sagen. Es werden wochenlange Eheseminare gehalten – nicht am Stück, aber wenn man sie zusammenzählt, etwa von Teil eins bis vierzehn. In diesen Seminaren geht es um Kommunikation in der Ehe, darum, wie man miteinander umgeht, wie man herausfindet, was der andere wirklich meint, wenn er etwas sagt, wie man ihm ein Geschenk macht, wie man gemeinsam Entscheidungen trifft und Kinder erzieht. Das alles ist sehr wichtig.

Aber Paulus macht in diesem Abschnitt weder ein Eheseminar noch ein Erziehungsseminar oder ein Seminar für Christen am Arbeitsplatz. Er macht es kurz. Er sagt nicht einmal, was „sich unterordnen“ genau bedeutet.

Ich könnte jetzt einen Vortrag halten über das, was ich denke, was „sich unterordnen“ heißt und was es nicht heißt. Aber ich bleibe beim Text: Ihr Frauen, ihr solltet euch euren Männern unterordnen, denn das gehört sich im Herrn. Die Kolosser mussten mit diesem Satz umgehen, und ihr auch.

Vers 19
Ihr Ehemänner, liebt eure Frauen! Ihr Ehemänner, liebt eure Frauen!

Wenn man den Epheserbrief kennt, gehen einem da sofort viele Lichter auf. Dort heißt es: „Ihr Ehemänner, liebt eure Frauen, wie Christus die Gemeinde geliebt hat.“ Und dann gibt es noch viele weitere Ausführungen. Wer den Epheserbrief noch nie gelesen hat, sollte das unbedingt tun, damit auch bei ihm etwas „blinkt“.

Im Kolosserbrief ist der Satz kurz, aber interessant. Paulus schreibt: „Ihr Männer, liebt eure Frauen.“ Punkt. Ausrufezeichen. Fertig. Ohne Begründung, ohne „weil Christus die Gemeinde geliebt hat“, ohne irgendetwas.

Dann fügt er einen kleinen Nebensatz hinzu, der cool und spannend ist: „Und seid nicht bitter gegen sie.“

Wenn du nur einen Satz an Ehemänner schreiben würdest, wäre das vielleicht nicht der Satz, den du wählen würdest – es sei denn, du weißt ganz genau, was in dieser Gemeinde los ist. Ich glaube, Paulus hatte Insiderwissen.

Man kann diesen Satz übersetzen mit: Seid nicht bitter gegen sie, seid nicht hart, nicht unnahbar. Das würde das Griechische hergeben. Aber ich vermute, wenn Paulus nur das gemeint hätte, hätte er ein anderes Wort verwendet.

Man kann es so übersetzen, aber in diesem Wort steckt mehr. Es steckt eine gewisse Verletzung drin. Bitter sein – woher kommt Bitterkeit?

Es ist nicht einfach nur: Seid nicht hart und rüde gegen sie, weil das in der Gesellschaft üblich ist. Hier spielt etwas anderes mit.

„Seid nicht bitter gegen sie“ bedeutet: Lasst nicht eure Verletzung an ihnen aus, bleibt nicht in euren Verletzungen stecken.

Wir wissen nicht, was passiert war. Vielleicht waren die Frauen nicht so geübt darin, sich ihren Männern in einer guten Weise unterzuordnen. Vielleicht hatten sie durch ihr geistliches Wachstum manchmal das Gefühl, sich ihren Männern überlegen zu fühlen und das deutlich machen zu müssen.

Vielleicht waren die Männer nicht so geübt darin, selbstlos zu lieben. Vielleicht hat der eine oder andere versucht, patriarchalisch über die Familie zu herrschen, wie es damals in der Gesellschaft üblich war.

Vielleicht haben einige Männer versucht, ihre Frauen selbstlos zu lieben, waren aber nicht so geübt und deshalb empfindlich, wenn die Reaktionen nicht so waren, wie sie sich das gewünscht hatten.

Paulus sagt nur diesen einen Satz: Ihr Männer, liebt eure Frauen und lasst euch von Bitterkeit und Verletzungen nicht davon abbringen.

Vielleicht gilt das auch für den einen oder anderen heute.

Ich stelle mir vor, dass Paulus damals kein Eheseminar gehalten hat, bei dem er den Brüdern alles erklärt hat. Es war ein Brief, der vor der Gemeinde vorgelesen wurde.

Überlegt mal: Paulus würde uns heute schreiben: „Wir Männer, seid nicht verletzt durch das Verhalten eurer Frauen.“

Ich glaube, dass nicht nur die Männer rote Ohren bekommen haben, wenn der Brief vorgelesen wurde, sondern auch die Frauen haben sich überlegt, woher Paulus wusste, dass ihr Mann verletzt ist und was sie tun könnten, damit das nicht so ist.

Das ist spannend. Ich finde es spannend, wenn der Autor etwas über seine Empfänger weiß.

Das war alles zur Ehe: Ihr Frauen, ihr solltet euch euren Männern unterordnen, weil das christlich ist. Und ihr Männer, liebt eure Frauen und seid nicht bitter gegen sie. Überwindet eure Verletzungen, liebt sie weiter und investiert weiter.

Das ist das Ganze, was Paulus hier zur Ehe schreibt. Er war der Meinung, dass das für die Kolosser reicht. Und vielleicht reicht es auch für uns – zumindest heute.

Erziehung und Umgang zwischen Kindern und Eltern

Vers 20: Ihr Kinder, gehorcht euren Eltern in allem, denn das ist wohlgefällig im Herrn.

Ich finde diesen Satz wirklich süß. Ich stelle mir dabei immer vor, dass hier eher jüngere Kinder gemeint sind – oder Kinder, die innerlich jung geblieben sind. Manche werden ja früher erwachsen, innerlich abgeklärter und selbständiger, andere eben etwas später. Das lässt sich ja nicht einfach an einer Altersgrenze festmachen. Natürlich gibt es Regeln, ab wann man wählen darf, aber ich denke hier im Kolosserbrief sind eher jüngere Kinder angesprochen.

Im Epheserbrief stelle ich mir dagegen eher ältere Kinder vor, weil dort zum Beispiel nicht „in allem“ steht. Es ist ja so: Wenn ich kleine Kinder habe, müssen die Eltern ihnen erst in allem gehorchen. Wenn die Kinder größer und jugendlicher werden, müssen sie ihren Eltern prinzipiell gehorchen, vielleicht nicht mehr in allem, aber grundsätzlich schon. Dann wird man erwachsen. Paulus benutzt im Epheserbrief den Satz „Ihr Kinder, ehrt Vater und Mutter“. Er spricht damit wohl die älteren Kinder an, die irgendwann dieses Stadium erreichen – und natürlich sind sie teilweise schon dort –, dass sie ihre Eltern ehren und nicht mehr in allem gehorchen müssen.

Erwachsene Menschen gehorchen ihren Eltern also nicht mehr in allem oder prinzipiell, aber sie ehren ihre Eltern weiterhin. Und darauf ist eine Verheißung gelegt. Ich habe das irgendwo schon mal gepredigt, nicht ganz so ausführlich, und dann hat eine ältere, demente Schwester ihrer Tochter gesagt: „Jetzt weißt du, wer wem gehorchen muss.“ Okay, das ist Unsinn, aber Paulus sagt eben den Kindern – wahrscheinlich eher den jüngeren Kindern –, er wusste, welche Kinder in der Gemeinde in Kolossä herumliefen: „Kinder, gehorcht euren Eltern in allem!“

Und dann sagt er diesen netten Satz: „Denn das ist wohlgefällig im Herrn.“ Im Epheserbrief sagt er: „Das ist richtig.“ Vielleicht haben sich die Teenager damals darüber unterhalten, wie weit sie ihren Eltern noch gehorchen müssen. Im Kolosserbrief spricht Paulus aber Kinder an, die sagen: „Wir möchten dem Herrn gehören, Kind Gottes sein, einfach Gott gefallen.“ Und er sagt: „Wisst ihr, wenn ihr euren Eltern in allem gehorcht, dann gefällt ihr Gott.“ Das finde ich einfach einen süßen Satz.

Ich stelle mir jemanden vor, so aus der Kinderstunde, der sagt: „Ich habe mich zum Herrn bekehrt und möchte ihm gefallen.“ Paulus sagt dann: „Weißt du, wenn du dem Herrn gefallen möchtest, gehorche deinen Eltern in allem.“ Irgendwie nett.

Damals hatten sie ja keine Kinderstunden. Ich glaube nicht, dass es damals Kinderstunden gab. Ganz ehrlich, sie hatten wahrscheinlich keine Nebenräume. Die Kinder waren die ganze Zeit beim Gottesdienst dabei. Und dann wird ein Brief des großen Apostels Paulus vorgelesen. Die Kinder sitzen da, nicht erst ab vierzehn, sondern schon etwas jünger. Und dann schreibt der große Apostel Paulus: „Ihr Kinder, gehorcht euren Eltern in allem, denn das gefällt dem Herrn.“ Das war bestimmt spannend, im Gottesdienst plötzlich mal direkt angesprochen zu werden.

Vers 21: Ihr Väter, reizt eure Kinder nicht.

Hier werden speziell die Väter angesprochen. „Ihr Väter, reizt eure Kinder nicht.“ Interessanterweise steht genau derselbe Satz auch im Epheserbrief: „Ihr Väter, reizt eure Kinder nicht.“ Womit reizen wir unsere Kinder? Ich denke, zwei Dinge reizen Kinder ganz besonders.

Das eine ist, wenn wir sie überfordern. Nein, manches reizt sie auch, obwohl es richtig ist. Wir sprechen jetzt nicht von subjektiven Reaktionen. Wir können ja nicht aufhören zu erziehen, nur weil unsere Kinder gereizt reagieren. Es geht um die Dinge, bei denen wir Spielraum haben.

Paulus sagt zu den Ephesern, bei denen er wahrscheinlich ältere Kinder vor Augen hat: „Ihr Väter, reizt eure Kinder nicht.“ Und zu den Kolossern sagt er das auch. Ich denke, wir reizen sie hauptsächlich, wenn wir sie entweder überfordern oder ungerecht behandeln.

Ungerecht behandeln heißt, wir haben nicht genug zugehört, Dinge falsch beurteilt oder sind einfach mit schlechter Laune von der Arbeit gekommen. Das reizt Kinder. Und wenn wir zwar gute Absichten haben, sie aber überfordern, ohne einzuschätzen, was sie gerade leisten können, reizt das auch. Das sind zwei wesentliche Punkte. Vielleicht fallen euch noch mehr ein.

Interessant finde ich den Unterschied zwischen Kolosser- und Epheserbrief. Im Epheserbrief schreibt Paulus: „Ihr Väter, reizt eure Kinder nicht zum Zorn.“ Das ist auch ein Grund, warum ich glaube, dass Paulus im Epheserbrief eher ältere Kinder im Blick hat – diese aufmüpfigen Pubertierenden. Wenn ich sie überfordere oder ungerecht behandle, was erzeuge ich dann? Zorn.

Manche haben auch eine Trotzphase, die geht schon früher los, aber prinzipiell fordert man so eine Reaktion heraus. Man provoziert, dass sie sich auflehnen, zornig sind und es ihnen schwerfällt, sich unterzuordnen.

Ist das hier im Kolosserbrief auch so? Ich finde es nett, wie Paulus im Kolosserbrief schreibt: „Ihr Väter, reizt eure Kinder nicht, damit sie nicht mutlos werden.“ Ob sie wirklich jünger waren oder einfach nur ein anderer Typ Mensch, hier geht es nicht um Auflehnung.

Er sagt nicht: „Reizt eure Kinder nicht, damit sie sich nicht auflehnen“, sondern „tut es nicht, damit sie nicht entmutigt werden.“ Hier waren junge Leute, die dem Herrn dienen wollten. Sie standen nicht an der Schwelle zur Rebellion gegen ihre Eltern.

Das gleiche Verhalten der Väter konnte bei ihnen etwas anderes auslösen als Zorn und Auflehnung: Entmutigung. Und es ist schade, wenn wir unsere Kinder entmutigen, weil wir sie überfordern oder ungerecht sind.

Ich finde es so schön, wie Paulus das formuliert. In dieser Gemeinde, in der er persönlich nie war und die er doch offensichtlich so gut kannte, schreibt er: „Ihr Kinder, gehorcht euren Eltern in allem, denn das gefällt dem Herrn. Ihr Väter, reizt eure Kinder nicht, damit sie nicht entmutigt werden.“ Ich finde es cool, dass das so in der Bibel steht.

Arbeitsverhältnisse: Sklaven und Herren als Beispiel für heutige Beziehungen

Ja, und jetzt kommt der größte Abschnitt. Das hat er ja ganz kurz gemacht: über Ehe, über Kinder und über Elternschaft. Und jetzt geht es um Sklaven und ihre Herren.

Wie gesagt, man kann manches auf moderne Arbeitsverhältnisse übertragen, manches bestimmt nicht. Von diesem ganzen Komplex, den es in der Bibel zu diesem Thema gibt, müssen wir uns nicht in allem so verhalten, wie Sklaven sich verhalten sollten. Aber vieles können wir einfach daraus lernen.

Wir fangen mal an, Vers 22: „Ihr Knechte oder ihr Sklaven, gehorcht euren Herren nach dem Fleisch“, also euren irdischen Herren. Und dann sagt er: „nicht in Augendienerei als Menschengefälliger, sondern in Einfall des Herzens, den Herrn fürchtend.“

Das ist schon mal ein interessanter Satz. Für mein Berufsleben ist das ein wichtiger Satz. Eigentlich sind es zwei Begriffspaare, die hier kommen. „Nicht in Augendienerei“, der Gegensatz ist „sondern in Einfall des Herzens“.

Augendienerei ist leicht erklärt: Augendienerei bedeutet, ich arbeite anders, wenn der Chef zuschaut, als wenn er weg ist. Wenn er zuschaut, bin ich ganz eifrig, und wenn er weg ist, dann ist alles locker. Uns ist schon klar, warum wir das tun oder dazu neigen. Wir wollen irgendwie gut angesehen sein, vielleicht ein gutes Zeugnis bekommen, vielleicht einen guten Bonus oder Lob und nicht immer Kritik.

Wir Menschen neigen dazu, anders zu arbeiten, wenn jemand zuschaut, als wenn niemand zuschaut. Ich persönlich arbeite schlechter, wenn jemand zuschaut, weil mich das nervös macht, aber das ist nicht das Thema.

In den Achtzigerjahren gab es in der IT, also in der Computerbranche, ein Prinzip, das ganz hoch gehalten wurde. Es ging um Drucker. Der Slogan lautete: „What you see is what you get.“ Das war von den damaligen Druckerherstellern wie HP oder anderen, die das als Erste aufgebracht haben. Es bedeutete: Was du am Bildschirm siehst, ist genau das, was du ausgedruckt bekommst.

Für uns heute ist das relativ selbstverständlich, außer wenn wir versuchen, irgendwelche Seiten aus dem Internet auszudrucken. Aber das war damals ein großer Slogan. Vorher war der Zeilenumbruch ganz anders, und man hat 15 Mal versucht, bis man einigermaßen das auf dem Bildschirm so hinbekommen hat, dass der Druck gut aussah.

Der große Werbeslogan lautete also: „What you see is what you get“ – was du siehst, ist genau das, was du bekommst auf deinem Ausdruck. Und das ist es, was Paulus hier sagt: Wenn du arbeitest, soll es für deinen Chef so sein, dass das, was du siehst, genau die Leistung ist, die du gibst – und zwar auch, wenn du gerade nicht hinguckst.

Das ist eine Herausforderung im Arbeitsalltag. Es ist ja nicht nur einmal; wir arbeiten ja nicht nur einen Tag. Da würden wir das vielleicht gut durchhalten. Manche von uns arbeiten aber 40, 50 Jahre ihres Lebens für irgendeinen Chef. Das ist schwierig durchzuhalten.

Wir sollen nicht nur für den Anschein arbeiten, nicht nur, wenn uns jemand beobachtet, sondern treu, transparent und konstant. Paulus formuliert es so: „in Einfall des Herzens“, mit einer Einstellung, dass wir unsere Arbeit einfach konstant und gut machen wollen.

Nicht besonders toll – er steckt auch drin, dass man nicht besonders toll arbeitet, wenn der Chef zuschaut, in dem Maße, wie man es vielleicht gar nicht durchhalten könnte. Ich soll weder, wenn der Chef kommt, die Leistung hochschrauben, noch wenn der Chef weg ist, sie runterschrauben. Ich sollte so arbeiten, dass ich konstant arbeiten kann. So viel kann ich erwarten.

Und es kommt aus dem Herzen, aus „Einfall des Herzens“. Wir tun das einfach, weil wir so sind, weil es für uns als Gläubige so gehört.

Dann ist das zweite Begriffspaar zwar ganz ähnlich und parallel: „nicht als Menschengefälliger, sondern den Herrn fürchtend“. Und das ist eine Herausforderung.

Denn was Menschen von uns denken, ist uns oft so wichtig. Mir ist es total wichtig, was Menschen von mir denken. Manche stehen da drüber, ich weiß das, manche haben das Problem nicht so, aber ich glaube, viele haben es.

Was uns total wichtig ist, ist, was Menschen von uns denken. Paulus sagt, das soll nicht das Wichtigste für uns sein. Wir sollen den Herrn fürchten. Es soll uns wichtig sein, was Gott darüber denkt.

Aber hier steht nicht nur „nicht als Menschengefälliger“, also als Menschen, die Gott gefallen wollen, sondern er formuliert: „die Gott fürchten“.

Warum? Was steckt im „Fürchten“ drin? Ich glaube ein wenig, dass da nicht so sehr Angst drinsteckt, vielleicht ein bisschen. Aber „fürchten“ in diesem Zusammenhang heißt, ich bin überzeugt, dass Gott es sieht und dass Gott handeln wird, je nachdem, was er sieht.

Gott ist nicht nur einer, der beobachtet, dann kann ich sagen, um Gott zu gefallen. Sondern Gott ist einer, der handelt, der eingreift, je nachdem, wie ich arbeite.

Und dann muss ich den Herrn fürchten, weil: Was wird er tun?

Es gibt positive und negative Motivation, oder? Bei der Arbeit. Und hier in diesem Abschnitt gibt es beides: positive und negative Motivation.

Motivation und Perspektive bei der Arbeit

Paulus beginnt mit dem Positiven. In Vers 23 heißt es: "Was irgendwer tut, das tut von Herzen, als für den Herrn und nicht für Menschen." Natürlich arbeiten wir auch für Menschen, aber Paulus sagt, ihr sollt den Blick darauf haben, dass ihr eigentlich für Gott arbeitet – auch in eurem Beruf, selbst wenn ihr nur Sklaven seid. Ihr sollt eure Arbeit so tun, als ob ihr sie für Gott macht, sogar wenn ihr Schüler seid.

Wann hast du es zum letzten Mal gemacht, dass du montags zur Arbeit gegangen bist und gesagt hast: „Heute mache ich meine Arbeit für den Herrn, nicht für meinen Chef“? Paulus sagt, das soll der normale Arbeitsalltag sein. Ob er es jeden Tag wiederholt oder nicht, diese Haltung soll unsere gewohnte Einstellung sein: „Ich mache meine Arbeit heute für Gott.“ Darum mache ich sie so ordentlich, wie ich kann, und halte durch, so gut es geht, eine ganze Woche lang. Ich arbeite heute für Gott.

Dann folgt ein besonders schöner Satz, mein Lieblingssatz in diesem Abschnitt: „Da ihr wisst, dass ihr vom Herrn als Belohnung und Erbe empfangen werdet, dient ihr dem Herrn Christus.“ Wer sagt noch mal, dass ihr dem Herrn Christus dient? Paulus sagt, ihr solltet es tun, und dann stellt er fest: Ihr tut es. Paulus erklärt: Wisst ihr, was es bedeutet, wenn ihr Christus dient? Wenn er euer Chef ist, wenn ihr für ihn arbeitet? Ihr sagt, ihr werdet vom Herrn als Belohnung ein Erbe empfangen.

Stellt euch mal einen Sklaven vor: Wofür hat er gearbeitet? Er hat gearbeitet, aber egal wie viel, er bekam immer nur das Gleiche – eine Übernachtungsmöglichkeit, Essen und Trinken. Ein Sklave konnte nie etwas sparen, weil er keine Bezahlung erhielt. Er hatte keine Chance auf ein eigenständiges Leben, konnte sich nicht selbständig machen oder sich etwas leisten. Das war die Perspektive der Sklaven.

Freie Arbeiter, die sich verdingt haben, hatten eine andere Sicht. Sie fragten: Wer bezahlt am meisten? Wie viel brauche ich für meinen Lebensunterhalt? Wie viel kann ich zur Seite legen? Kann ich mir irgendwann mal einen eigenen Acker oder ein Haus kaufen? Oder vielleicht einen kleinen Laden eröffnen? Das glauben wir heute oft nicht mehr so. Sie arbeiteten für Kost und Logis. Für manche war das sogar ein Vorteil, weil sie nicht mit Selbständigkeit umgehen konnten. Aber es gab keine langfristige Perspektive.

Ich vermute, dass bei Onesimus genau diese Perspektivlosigkeit ein Problem war. Paulus sagt deshalb: Manche arbeiten wie Sklaven, wenn du einen Job hast, bei dem du nie die Chance hast, den Arbeitgeber zu wechseln, weil es kaum Alternativen gibt. Du bekommst gerade so viel, dass es zum Wohnen und Essen reicht, plus ein paar Klamotten. Das entspricht dem klassischen Leben eines Sklaven.

Wenn du so lebst, dass du dir etwas leisten kannst und auch etwas zur Seite legen kannst, dann arbeitest du nicht als Sklave. Moderne Sklaverei gibt es auch ohne Ketten. Aber Paulus sagt hier zu Sklaven und Angestellten: Überlege mal selbst, wenn du so arbeitest, dass es nur für Essen, Trinken und ein Dach über dem Kopf reicht, und du das als ungerecht empfindest – weißt du, was passiert, wenn du bewusst für den Herrn arbeitest?

Der Herr sagt: Dann bekommst du ein Erbe. Du wirst irgendwann eigenen Besitz von ihm empfangen, weil du dem Herrn Jesus dienst. Und der Herr Jesus ist nicht ungerecht, sondern er bezahlt gerecht. Ich glaube, das war für viele ein Perspektivwechsel. Nicht nur: Mach deine Arbeit ordentlich, weil du sie für den Herrn tust, sondern Paulus sagt: Es gibt eine ewige Gerechtigkeit.

Diese ewige Gerechtigkeit bedeutet nicht nur, dass alle Menschen irgendwann gerichtet werden. Sie heißt auch, dass du, wenn du deine tägliche Arbeit für den Herrn tust, von ihm gerecht bezahlt und belohnt wirst. Das ist besonders schön, wenn du dich ungerecht behandelt fühlst bei deiner Arbeit. Und du sagst: „Ich arbeite hier, aber eigentlich für den Herrn.“ Dann kannst du sicher sein, dass du irgendwann von ihm eine gerechte Bezahlung bekommst.

Ich finde das großartig. So ist Gott: gerecht.

Aber es gibt auch eine andere Seite – die Furcht vor dem eingreifenden Gott. Vers 25: „Denn wer Unrecht tut, wird das Unrecht empfangen, das er getan hat, und das ist kein ansehender Person.“ Paulus sagt: Nur weil du gläubig bist und sagst, du gehörst Jesus, heißt das nicht, dass du von Gott bevorzugt wirst. Wenn du deine Arbeit nicht ordentlich machst, sondern nur so tust, als ob, dann besteht das Risiko, dass es eher auffällt als bei Ungläubigen, die das Gleiche tun.

Gott bevorzugt nicht Gläubige gegenüber Ungläubigen. Wahrscheinlich fällt es schon auf dieser Erde auf dich zurück. Es gibt also eine positive Motivation: Wenn du für den Herrn arbeitest, sorgt er für gerechte Belohnung. Und es gibt eine negative Motivation: Paulus sagt, bei Gott gibt es keinen Ansehensunterschied. Er wird dich nicht bevorzugen, wenn du schlechte Arbeit machst.

Natürlich geht es hier nicht um schlechte Arbeit, weil du es nicht besser kannst, sondern um die Situation, in der du es besser könntest, es aber nicht tust.

Verantwortung der Arbeitgeber

Letzter Satz, Kapitel vier, Vers eins:
Ihr Herren, gebt euren Knechten oder Sklaven das, was recht und billig ist, denn ihr wisst, dass auch ihr einen Herrn im Himmel habt.

Als Letztes richtet er sich an die Vorgesetzten und sagt:
„Und ihr gläubigen Vorgesetzten, gebt euren Leuten das, was ihnen zusteht, das, was sie verdienen. Behandelt sie fair und bezahlt sowie belohnt sie gerecht.“

Warum? Eine kurze Begründung:
Ihr seid nicht die Spitze der Pyramide. Selbst wenn du selbstständig bist, wie Konstantin – und er hat keinen Chef –, bei uns hat mein Chef immer noch einen Chef. Und dieser Chef hat wiederum einen Chef, und so geht es weiter bis zu sechs Ebenen über mir, bis zum Chef der Firma.

Manchmal gibt es auch flachere Hierarchien, und da denken Menschen leicht, sie seien die Spitze der Pyramide in ihrer Firma. Paulus sagt jedoch: Du bist nicht die Spitze der Pyramide. Du hast deinen Herrn im Himmel.

Behandle deshalb deine Angestellten gerecht, denn du hast einen Herrn, der beurteilt, wie du mit deinen Angestellten umgehst.

In Epheser formuliert Paulus das etwas anders. Dort sagt er: Du als gläubiger Arbeitgeber und du als gläubiger Angestellter, ihr habt beide den gleichen Chef. In dieser Beziehung steht der eine nicht über dem anderen.

Hier macht Paulus es etwas anders: Er sagt, ihr als Chef habt Untergebene, aber ihr habt immer noch einen Chef. Gott ist der Chef, und er wird beurteilen, wie du mit deinen Angestellten umgehst.

Schlussgedanken: Die Bedeutung christlicher Ethik im Alltag

Okay, das war ein kurzer Einblick in christliche Ethik – neun Verse, ganz kurz. Egal, wie es dir geht oder ob dich etwas davon heute direkt oder nur sehr indirekt berührt hat: Nimm eins mit.

Unser Verhalten im Alltag ist Gott sehr wichtig. Unser Verhalten als Ehefrauen gegenüber unseren Ehemännern ist Gott wichtig. Ebenso ist unser Verhalten als Ehemänner gegenüber unseren Ehefrauen Gott wichtig.

Auch unser Verhalten als Kinder gegenüber unseren Eltern liegt Gott am Herzen. Ebenso ist unser Verhalten als Eltern – speziell hier als Väter – gegenüber unseren Kindern für Gott wichtig.

Unser Verhalten bei der Arbeit ist Gott wichtig. Ebenso unser Verhalten gegenüber Menschen, die Gott uns anvertraut hat, ist ihm wichtig. Wahrscheinlich gäbe es noch viele weitere Beispiele.

Unser Leben im Alltag ist Gott wichtig. Es geht nicht nur um Erkenntnis und geistliche Erfahrung. Unser Glaube braucht Erdung und muss sich im Alltag auswirken. Das ist Gott wichtig. Amen.

Vielen Dank an Gerald Dippell, dass wir seine Ressourcen hier zur Verfügung stellen dürfen! Ein empfehlenswertes Buch des Autors über das Leben von Paulus ist bei CLV erschienen: Paulus persönlich