Einführung in die Berufung Moses
Ich habe heute als Predigttext für Sie den zweiten Mose 4, die Verse 10 bis 17, ausgesucht.
Mose war als Viehhirte an den Sinai geflohen, wo er die Schafe seines Schwiegervaters Jetro hütete. Dort begegnete ihm Gott im brennenden Dornbusch. Gott redete zu ihm und berief ihn, das Volk Israel zu retten.
Mose aber sprach zu dem Herrn: „Ach, mein Herr, ich bin von jeher nicht bereit gewesen, auch jetzt nicht, seitdem du mit deinem Knecht redest. Denn ich habe eine schwere Sprache und eine schwere Zunge.“
Der Herr antwortete ihm: „Wer hat dem Menschen den Mund geschaffen? Oder wer hat den Stummen, den Tauben, den Sehenden oder den Blinden gemacht? Habe ich das nicht getan, der Herr? So gehe nun hin, ich will mit deinem Munde sein und dich lehren, was du sagen sollst.“
Mose aber sagte: „Mein Herr, sende, wenn du senden willst.“
Da wurde der Herr sehr zornig über Mose und sprach: „Weiß ich denn nicht, dass dein Bruder Aaron, aus dem Stamm Levi, bereit ist? Siehe, er wird dir entgegenkommen. Wenn er dich sieht, wird er sich von Herzen freuen. Du sollst zu ihm reden und die Worte in seinen Mund legen. Ich will mit deinem und seinem Munde sein und euch lehren, was ihr tun sollt. Er soll für dich zum Volk reden, er soll dein Mund sein, und du sollst für ihn Gott sein. Nimm diesen Stab in deine Hand, mit dem du die Zeichen tun sollst.“
Die Herausforderung der Demütigung und Mutmachung
Schwestern und Brüder, nach der Predigt am letzten Sonntag gab es natürlich viele Gespräche. Wir haben uns Gedanken gemacht über die Demütigungen in unserem Leben. Das ist schwer und hart.
Für mich war es eine gewisse Demütigung, als ich festgestellt habe, dass manche am Ende der Predigt keine Freude empfunden haben. Es waren viele Menschen im Gottesdienst, die sehr unter ihren Lebensnöten leiden. Einige von ihnen gingen am Ende des Gottesdienstes ganz verzagt und mutlos davon.
Deshalb habe ich heute diesen Predigtabschnitt ausgewählt. Jetzt müssen Sie ganz genau zuhören, denn Gott macht Mut und befähigt auch Unbegabte, brauchbar zu sein.
Besonders bei jungen Menschen beobachte ich immer wieder etwas Merkwürdiges und Kritisches. Schauen Sie sich junge Menschen an: Wenn sie mit großer Freude und viel Energie beginnen, alle Aufgaben mutig und kühn anzugehen, stehen die Älteren manchmal etwas schüchtern daneben. Sie denken dann: „Übernehmen die sich nicht? Was wollen und können die alles?“
Doch kurz darauf schlägt das oft um in grenzenlose Verzagtheit – gerade bei unserer jungen Generation. Auf der einen Seite steht eine völlige Überschätzung ihrer Möglichkeiten und Gaben. Auf der anderen Seite kippen sie in Abgründe der Verzagtheit und sagen: „Ich habe überhaupt keinen Mut mehr zum Leben, ich kann nichts und bin nichts.“
Diese beiden Pole – die überschäumende, wilde Kritiksucht an anderen und die selbstverständliche Anmaßung „Ich kann alles“ auf der einen Seite sowie das verzagte Gefühl auf der anderen Seite – hängen zusammen. Sie entstehen daraus, dass man seine wirkliche Kraft nicht kennt. Man weiß nicht, welche Gaben man hat und wie schwach oder stark man in Wirklichkeit ist.
Ich möchte noch einmal festhalten: Gott stößt niemanden in die Tiefe. Das hat mir jemand nach der Predigt am Sonntag gesagt: „Das halte ich nicht aus, wenn Gott mich stößt.“ Aber Gott stößt Sie nicht in die Tiefe. Sie sind schon in der Tiefe. Gott zeigt Ihnen nur, wer Sie wirklich sind.
Gott deckt es auf und legt es bloß. Es kann sein, dass wir jahrelang in großen Träumen leben und Vorstellungen davon haben, wer wir sind. Aber wer wir wirklich sind, das muss uns Gott zeigen und aufdecken. Das tut Gott gerade durch die schweren Erlebnisse und durch die Demütigungen, die uns widerfahren.
Und das tut gut, weil er uns aufrichtet, stark macht, befähigt und Mut schenkt.
Über die Notwendigkeit, mit Gott über Schwächen zu sprechen
Zuerst möchte ich darauf hinweisen: Du musst mit Gott über deine Schwächen reden. Hast du überhaupt Schwächen? Vielleicht ist dir das am letzten Sonntag bei der Predigt gar nicht aufgefallen.
Ich wollte auch schon darauf hinweisen, dass in den Gebeten der meisten Christen kaum über ihre eigenen Schwächen gesprochen wird. Hast du Schwächen? Mose hatte auch Schwächen. Man denkt ja gar nicht daran. Er war der große Führer des Volkes Israel, ein Mann des Glaubens und mutig. Er konnte so vorwärtsstürmen.
Mose hatte ein besonderes Privileg: Er wurde Adoptivsohn der Tochter Pharaos. Er wuchs damals in großem Reichtum und Luxus auf, hatte Zugang zu den höchsten Bildungseinrichtungen in Ägypten und besuchte Akademien und Universitäten. Er war in Künsten und Wissenschaften gelehrt und gebildet. Das ist nie ein Nachteil, und das wird in der Bibel auch nie schlecht gemacht.
Aber was für Schwächen hatte Mose? Er hatte Probleme mit seiner Sprache und konnte schlecht reden. Das hat ihn tief gedemütigt. Wir wissen nicht genau, was es war – ein Sprachfehler, Stottern oder eine andere Hemmung? Wir Schwaben tun uns ja auch immer schwer, wenn neben uns ein flotter Norddeutscher oder Berliner Mund aufmacht und die anderen das gar nicht verstehen. Darüber reden wir in unserer Bescheidenheit nicht.
Aber wie das ist, wenn man gehemmt ist und das plötzlich zum Vorschein kommt – Gott deckt das auf. Und das ist gut, wenn man mit Gott über seine Schwächen redet. Wenn bei dir am letzten Sonntag Wunden wieder angerührt wurden, dann sprich doch mit Gott darüber. Das wollte ich sagen.
Gott allein kann deine Wunden verbinden und heilen. Es gibt viele Nöte, viele Schwächen und Böses, die uns viel Not und Kummer machen.
Moses Demütigung und Gottes Führung
Als Gott damals mit Mose redete, war all sein früherer Stolz verflogen. Das war der Anfang, an dem Gott ihn gedemütigt hat. Mose wäre sonst leicht eingebildet gewesen, mit seiner großen, glanzvollen Ausbildung. Er hatte den Gedanken, Israel durch eine mutige Einzelaktion politisch zu befreien. Deshalb ermordete er einen der Unterdrücker Israels.
Doch diese Einzelaktion stellte sich für Mose als großer Schaden heraus, der in seinem Leben nur ein Hindernis war. Das musste Gott ihm zuerst zeigen: Mit deinen Gaben bist du gar nicht tauglich. Mose hatte sich das in seinem Kopf so schön zurechtgelegt: Ich muss das Volk Israel befreien. Aber es hat nichts bewirkt.
So muss Gott uns manchmal zeigen, dass das, was wir uns einbilden oder vorstellen, nicht das Richtige ist. Als Gott mit Mose am Sinai sprach, fragte Mose sich: Wer bin ich denn? Ich soll das Volk Israel aus Ägypten führen? Mit welchen Gaben soll ich das tun? Ich habe ja nichts in meiner Hand, ich bin nicht stark, ich habe keine Freunde und keine Armee zur Seite.
Doch Gott zeigte ihm noch einmal: Der Gott wird mit dir sein. Ich habe einfach zu Gott gebetet, dass er ihnen heute das ins Herz schreibt: In ihrer Bedrängnis, in ihrer Not will er mit ihnen sein. Ich bin mit dir, und ich will es tun – in deiner Schwäche, in deiner Ohnmacht, in deinem Versagen.
Damals stand Mose barfuß vor Gott. Das ist für mich immer so ein Ausdruck der Erbärmlichkeit gewesen, wie er da steht, nicht einmal richtig angezogen. Aber vor Gott macht das gar nichts aus. Wenn wir vor Menschen so dastehen, ist das schlimm. Vor Gott aber stehen wir nie peinlich da. Gott will mit uns über unsere Schwächen reden.
Gott kannte Mose schon lange, bevor er seine Gaben entwickelt hatte und bevor er als Volksführer befähigt wurde. Gott kannte ihn schon als kleines Kind, das damals von seiner Mutter auf dem Nil ausgesetzt wurde, weil ihm das Lebensrecht abgesprochen wurde.
Kann das nicht auch für Sie ein Trost sein? Dass Gott Sie schon gekannt hat, als Sie im Mutterleib gebildet wurden, dass Gott Sie gewollt hat und Ihr Leben von Gott geplant war? Selbst wenn Sie einmal ein unerwünschtes Kind Ihrer Eltern waren, sind Sie von Gott gewollt und geplant.
Das ist Gottes Wort über Ihrem Leben. So, wie Sie heute leben und sind, so will Gott Sie. Sie dürfen sagen: Wir können lange vor dem Spiegel stehen und uns selbst fragen: Wer bin ich? Aber Sie werden nie eine so tröstliche und fröhlich machende Antwort bekommen, wie wenn Sie Gottes Wort über Ihrem Leben hören: Gott hat mich gewollt, er hat mich gemacht, Gott hat mich geplant. Und er kennt mich mit all meiner Schwäche, mit meinem Versagen und mit meiner Armseligkeit.
Umgang mit Schwächen und inneren Wunden
Und das kann bitter machen, wenn man an seine fehlenden Gaben denkt. Mose hat darunter gelitten, obwohl er nie ein Wort darüber gesprochen hat.
Das ist ja typisch: Wir sprechen selten über unsere fehlenden Gaben oder über unsere Schwächen. Ich bin überzeugt, dass die meisten von uns, die jetzt darunter leiden, es nicht einmal sagen. Nicht einmal im seelsorglichen Gespräch rücken sie damit heraus. Sie wollen gar nicht wahrhaben, dass sie an dieser Sache immer noch hängen.
Das sind Nöte, die oft weit zurückreichen. Vielleicht, weil die Eltern einem den Weg versperrt haben oder weil man Unrecht erfahren hat. Vielleicht hat ein Bruder oder eine Schwester einen immer vorgezogen. Das sind Wunden im Leben. Oder man leidet an einer Krankheit, die man tragen muss. Dann wird man bitter, kämpft mit Gott und ist dauernd in der Anklage.
Man kann im Gottesdienst singen, doch es liegt nicht zum Lobe. Die Wunde bleibt bestehen, sie schmerzt und schmerzt. Der Gottesdienst wird nicht zur Tröstung, sondern erst recht zur Unruhe. Man geht hinaus und fragt: Warum zerstört Gott mein Leben? Man versteht nicht, dass Gott mich gebildet hat. So hat er mich gemacht – mit all meinen Begrenzungen und Schwächen.
Auch Mose hatte die fehlende Redegabe. Rede doch mit Gott über deine Schwächen! Erst wenn du anfängst, Gott dafür zu danken, kann er dich segnen. Erst wenn du Gott für deine Schwächen danken kannst, öffnet sich der Weg zum Segen.
Den Blick von sich selbst abwenden
Mein zweiter Punkt: Blicke von dir weg. Das ist heute ein deutliches Merkmal unserer Zeit – dass wir alle Menschen geworden sind, die ihren eigenen Puls fühlen. Wir reden ständig darüber. Beobachte das mal in Gesprächen: Wie fühle ich mich? Wie meine ich das? Wie denke ich? Wie empfinde ich?
Auch im Glaubensleben wird das immer subjektiver. Man spürt sein eigenes Empfinden nach: Wie werde ich mit meinen Problemen fertig? Doch dann kommt der Punkt, an dem Gott uns befiehlt, nicht ängstlich auf unsere Schwächen zu starren.
Da, wo Gott mit Mose redet und ihm sagt: „Wer hat den Menschen den Mund geschaffen?“ – ja, der Schöpfergott, der mich gebildet hat. Das weiß ich. Aber gerade deshalb liege ich ja mit ihm im Streit: Warum hat er mir eine geringere Kraft gegeben als meinem Nebenmenschen? Warum hat er mir die Gaben versagt? Warum hat Gott meiner Seele so geringe Kraft gegeben? Warum sagt der andere, ich sei so leicht depressiv?
Dann beharrt Gott darauf: Ich habe alles gemacht, auch den Tauben, auch den Blinden, auch den Stummen. Das war anstößig – dass Gott mit uns rechnet und sagt: Auch die, die heute mit einer großen Behinderung leben müssen, habe ich gemacht.
Wir wollen die Hände über dem Kopf zusammenschlagen und sagen: Das kann doch nicht sein! Gott hat Menschen mit sehr begrenzter Kraft ins Leben gestellt. Und für diejenigen, die mehr Kraft haben, ist es eine Frage, warum sie nicht mehr von ihrer Kraft mit denen teilen, die weniger haben.
Doch wenn man einmal von den Leuten hört, die in Industriebetrieben arbeiten: Wie gehen doch unsere blinden Menschen mit ihren Gaben um, in ihren Telefonanlagen und Schreibmaschinen, wo sie ein Vielfaches von dem bewältigen können, was gesunde Sehende schaffen? Ganz wunderbar!
Dort, wo Menschen ihre Behinderung akzeptieren und vor Gott tragen können, kann Gott sie segnen und reich machen. Es ist so wichtig, dass ich nicht dauernd im Streit lebe, sondern dass Gott mich so will, wie ich bin.
Ich möchte nochmal unsere jungen Leute ansprechen, die gerade immer wieder auf der Suche sind: Wer bin ich wirklich? Sie hadern mit ihrer Haarfarbe, mit ihrem Aussehen, manche sogar mit ihrem Geschlecht. Warum bin ich Junge oder Mädchen? Warum bin ich allein und nicht verheiratet?
Ich möchte sagen: Nehmt das, was Gott euch gegeben hat, jetzt aus seiner Hand. Es ist seine Gabe. Warum hat Gott das so getan? Bleiben wir einmal bei Mose.
Gottes Wahl schwacher Menschen für große Aufgaben
Gott erwartet von seinen Predigern auf den Kanzeln keine wortgewaltigen Redner. Er will keine Menschen, die nur mit ihren eigenen Fähigkeiten glänzen. Vielmehr sucht er Menschen, die demütig sind und die Knie beugen. Das gilt nicht nur für Prediger, sondern auch für jeden, der einen Besuch macht oder eine Andacht hält. Gott möchte nicht, dass das Wirken durch menschliche Gaben geschieht, sondern immer durch die Kraft seines Wortes, die er selbst schenkt und wirken lässt – nicht durch Menschenkraft.
Deshalb braucht Gott einen Mose, der sich beschränkt. Nur so kann Gottes Wirken geschehen. Ein Mose, der auf diesem wesentlichen Gebiet Gott die Führung überlässt, weil er es selbst nicht im Griff hat und nicht aus eigener Kraft handeln kann.
Nun wird deutlich, was das größte Hindernis für Gott ist: unser Können. Dieses steht ihm oft im Weg. Wir meinen immer wieder, dass wir alles aus eigener Kraft regeln und zu Ende bringen können. Wenn wir dann vor Gott darüber klagen und fragen: „Lieber Gott, warum hast du mir diese Behinderung gegeben?“, könnten wir ebenso fragen: „Warum hast du mir ein untreues Herz gegeben? Warum bin ich ein so schlechter Mensch, der oft so weit von dir entfernt ist? Warum redet mein Mund so törichte Dinge? Warum habe ich so wilde Gedanken in meinem Kopf?“
Es sind nicht nur die äußeren Nöte, die uns belasten, sondern auch das gottlose Herz. Warum sind unsere Gedanken oft böse? Dann gibt Gott die Antwort: Weil er mit uns sein will. Die Voraussetzung für ein neues Leben ist, dass Gott selbst der Mittelpunkt unseres Lebens wird.
Jetzt dürfen wir ihn einlassen. Vielleicht war heute nur der Ausgangspunkt Ihre körperliche oder seelische Schwäche oder auch eine Depression, unter der Sie leiden. Gott will in Ihr Leben treten. Er möchte in all den Bereichen, in denen Sie am Ende sind und mit Ihrer Schwäche nicht mehr weiterkommen, selbst bestimmen und Herr sein.
„Lass mir doch Raum“, sagt er.
Ludwig Hofacker als Beispiel für Demut und Vertrauen
Wir sind hier in der Ludwig-Hofacker-Kirche zusammen. Und jedes Mal, wenn Sie diesen Namen hören, sollen Sie sofort umschalten und sagen: Aha, das war ja jener Prediger, der am Samstag nicht wusste, warum Sonntag auf der Kanzel steht – weil er körperlich so gepeinigt war. Mit diesen rasenden Kopfschmerzen, mit seinem frühen Leiden, das ihn beinahe sterben ließ. Ein Mann, der so geplagt war.
Sie müssen einmal seine Predigten lesen, wenn er vom Menschen redet. Er sprach davon, wie erbärmlich und sterblich wir Menschen sind, aber auch von der Gnade Gottes, die uns ergreift. Er hat einmal in einer seiner Predigten gesagt, er sei so wichtig, dass man unter sich wächst und nicht über sich. Was hat er damit gemeint? Man soll Wurzeln schlagen in Gott.
In einer Predigt sagte er: „Ich habe täglich Angst, ich könnte eingebildet und stolz werden, und dann wäre ich nichts als ein Luzifer, der andere mit sich in die Tiefe reißt. Ich will nicht groß sein, ich will klein sein vor Gott, aber ich will dem Herrn trauen und seiner Gnade.“ Das ist das Geheimnis von Ludwig Hofacker. Darum hat Gott ihn gebrauchen können.
Darum ist es so wichtig, dass Gott uns demütigt, damit wir nicht im falschen Stolz daherkommen. Und jetzt reden Sie nicht von Ihren Gaben und Ihrem Können oder von den fehlenden Gaben. Das ist für uns nicht wichtig.
Derjenige, der die Welt geschaffen hat und die Planeten auf ihre Bahn gebracht hat, der wird auch durch Ihren müden Leib wirken können. Wenn Sie Erziehungsnöte haben, Schwierigkeiten im Beruf oder vor einer Prüfung zittern – das ist für Gott ein Leichtes. Er hat die Welt geschaffen und wirkt durch die Kräfte der Natur auch durch Ihr schwaches Leben hindurch.
Hoffentlich vergessen Sie das nie mehr: Das, was Sie damals empfunden haben, als Sie mitten in der Prüfung steckten und sagten, das habe ich verhauen – dass das nie mehr über Ihre Lippen und in Ihre Gedanken kommt. Als ob Sie mehr wären, wo Sie doch vor Gott nur ein Hauch sind. Aber Gott will Sie, Gott sucht Sie, und er nimmt Sie in Dienst.
Das Kreuz als Zeichen der Demut und des Neuanfangs
Darum: Ist das Kreuz unser Zeichen in der Mitte unserer Kirche? Was soll das eigentlich bedeuten? Dieses Kreuz zeigt noch einmal, wie Jesus der Demütigste von allen war. Er wollte aus seinem Leben nichts Großes machen und verzichtete auf jedes menschliche Lob. Er brauchte es auch nicht.
Jesus hat gezeigt, dass dort, wo er sein Leben verleugnet und hingab, Gott etwas Neues geschaffen und aus dem Grab heraus geschenkt hat. Das können Sie auch erleben – selbst in großer körperlicher Schwäche oder in Demütigungen, die Menschen Ihnen zufügen. Wenn Gott von Ihnen diesen Weg verlangt, nimmt er Ihnen nichts weg. Im Gegenteil: Er macht Sie groß.
So gebrauchte Gott auch Mose und machte ihn gerade dadurch zum Führer. Aber er bindet sich an Mose, wenn Mose auf ihn schaut und sich die Worte in den Mund legen lässt. Später wurden auch die Propheten berufen, wie Jeremia, dem Gott sagte: „Ich will meine Worte in deinen Mund legen.“
Gideon sagte: „Ich bin schwach.“ Doch Gott antwortete: „Ich will selbst den Sieg schaffen.“ Es geht um den Sieg, aber nur in schwachen Gefäßen. Das ist genug.
Das sagte Mose auch noch. Mose rechnet weiter mit Gott, und das kann uns trösten. Doch es wird dadurch nicht besser, dass auch Mose so lange gebraucht hat, um endlich seine Schwäche anzunehmen. Er konnte sich immer noch nicht von sich selbst abwenden und auf den Gott vertrauen, der ihm dort begegnet ist: „Ich will mit dir sein.“
Die Bedeutung von Gemeinschaft und gegenseitiger Unterstützung
Und er sagt: Wenn jetzt irgendein Mensch da wäre, ein großer, auf den ich mich stützen könnte – sie suchen immer noch jemanden, der ihnen zur Seite geht. Einen, der für sie eintritt.
Gott lässt sich ganz allein stehen. Und Gott war zornig, heißt es hier mit Mose. Wer war da? Der Herr war sehr zornig über Mose. Gott ist unseres Redens müde, unserer fortwährenden Anklagen. Dabei hat er uns doch alle großen Zusagen so oft ins Ohr gerufen: „Ich will mit dir sein“, „Der Herr ist nahe bei denen, die zerbrochenen Herzens sind“, „Er hilft den Demütigen auf“.
„Jetzt komm doch!“ Da war der Herr sehr zornig, und doch geht er noch einen Schritt weiter und sagte: „Es ist richtig, ich habe das Geheimnis der Bruderschaft schon lange für dich bereit.“ Kennen Sie Bruderschaft? Mose wusste damals noch nichts davon.
Warum hat Jesus später seine Jünger zu zweit ausgesandt? Damit sie wissen, dass der eine den anderen stärkt. Er hat für Mose eine Stütze bereitgestellt – den Aaron. Eigentlich war Aaron gar keine große Stütze für Mose. Aaron hat in entscheidenden Stunden Mose mehr geschadet als genützt, weil er untreu war gegenüber Gott. Der Abfall des Volkes, später beim Bau des Goldenen Kalbs, geht auf Aaron zurück.
Und doch ist es so, dass sich zwei gegenseitig stärken müssen. Noch schöner ist es, wenn eine dreifache Schnur nicht leicht reißt. Noch schöner ist es, wenn gar drei zusammenfinden. Dann haben sie Freunde, die mit ihnen beten und die sie im Wort Gottes stärken.
Suchen Sie die Bruderschaft, denn das hilft in den Traurigkeiten des Lebens, dort, wo man leider seine Schwächen zeigt. Und dann ist es genauso: Der andere kann das, was ich nicht kann. Schade ist es, wenn unter Christen ein Vergleich beginnt, bei dem man auf den anderen blickt und sagt: „Ach, der kann das viel besser als ich.“ Dabei ist es doch so wunderbar von Gott bedacht, dass der andere dort Stärken hat, wo meine Schwächen liegen.
Das darf kein Konkurrenzkampf gegeneinander werden. Es ist furchtbar, wenn wir über andere sagen, sie seien schlecht hier und da oder psychisch so belastet. Dafür sind andere da, die ihnen in ihrer Schwäche beistehen können – wunderbar.
Wenn der mit der organisatorischen Gabe dazu kommt, genau dort, wo es fehlt, und der andere dafür andere Gaben einbringt, das Reden kann oder vielleicht die Entschlusskraft zur Hand hat. Gott bestimmt auch den Mose für Aaron. Wie heißt es? Aaron braucht einen, der ihn führt, gerade weil er so labil ist. „Du sollst ihm Autorität sein.“
Und jetzt darf ich meinen Platz einnehmen und die Gaben verwalten, die Gott mir gegeben hat. Die Demütigungen rauben mir nicht die Kraft. Sie machen mich froh.
Ermutigung zum Dienst in der Gemeinschaft
Und ich will heute zu denen sprechen, die müde und verzagt sind. Der Herr, der sie gemacht hat, ruft sie. Er zieht sie zum Dienst und sagt: „Bringt eure Gaben mit ein.“ Es gibt andere, die auf euch warten und euch brauchen.
Wir gehören zusammen in der Gemeinde, als eine große Schar, die zusammenhält und sich sucht. Denn wir können einander einen Dienst in dieser Welt tun, weil Gott uns dazu berufen hat.
Die entscheidenden und wichtigsten Wunder geschehen immer dort, wo ich auf den Herrn selbst blicke. Er will das tun. Und genau das fehlt so sehr bei Christen: Gott Raum zu geben, um zu wirken.
Armin.
