Gott wird Mensch: Leben und Lehre des Mannes, der Retter und Richter, Weg, Wahrheit und Leben ist.
Episode 342: Die Speise zum ewigen Leben, Teil 8.
Die Herausforderung des Glaubensverständnisses
Wir waren bei der Frage stehen geblieben, die sich die Zuhörer Jesu stellen.
In Johannes 6,52 heißt es: Die Juden nun stritten untereinander und sagten: „Wie kann dieser uns sein Fleisch zu essen geben?“
Das ist eine gute Frage, eine wirklich gute Frage: Wie kann dieser uns sein Fleisch zu essen geben?
Wenn man normalerweise vom Glauben spricht und die Frage stellt: „Woran glaubst du?“, dann hat man meist ein Glaubensbekenntnis im Sinn, das man hören möchte – einen Katechismus.
Zum Beispiel: Ich glaube, dass es nur einen Gott gibt, dass dieser Gott sich aus menschlicher Perspektive als Gott der Vater, Gott das Wort und Gott der Geist offenbart. Dass dieser eine Gott das Universum geschaffen hat, gerecht, heilig, barmherzig und liebevoll ist, rettet und richtet, dass Gott das Wort in Jesus Mensch wurde, und so weiter.
Wenn ich frage: „Woran glaubst du?“, dann antworte ich in der Regel mit einem Glaubensbekenntnis.
Doch nun vergleicht Gott das Glauben damit, dass man ihn isst und trinkt. Nicht wörtlich, aber das Bild muss trotzdem etwas bedeuten. Das Essen und Trinken steht für eine geistliche Realität.
Das Bild vom Essen und Trinken im Kontext des Glaubens
Steht das vielleicht für das Abendmahl? Schließlich geht es dort auch um Essen und Trinken, Brot und Kelch. Ist das vielleicht gemeint? Ich denke nicht. Dafür habe ich drei Gründe.
Erstens würde man dem Abendmahl damit viel zu viel Bedeutung geben. In Johannes 6,53-54 sagt Jesus: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr nicht das Fleisch des Sohnes des Menschen esst und sein Blut trinkt, habt ihr kein Leben in euch selbst. Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, hat ewiges Leben, und ich werde ihn am letzten Tag auferwecken.“
Wenn Jesus vom Essen und Trinken spricht und damit das Abendmahl meint, müsste man sagen: Weil ich am Abendmahl teilnehme, habe ich ewiges Leben, und weil ich am Abendmahl teilnehme, werde ich am letzten Tag von Jesus auferweckt. Das wäre ein zutiefst sakramentales Verständnis des Abendmahls.
Vielleicht kennt ihr das Wort „Sakrament“ nicht? Ein Sakrament ist ein Ritus, also eine Handlung, etwas, das ich tue und das mich – weil ich es tue – an einer unsichtbaren Handlung Gottes teilhaben lässt. Ich vollziehe das Sakrament, und deshalb wirkt Gott an mir.
Zurück zur Frage: Steht das Fleischessen und Bluttrinken für das Abendmahl? Nein. Ich feiere das Abendmahl, um mich an den sterbenden Jesus zu erinnern. Ich erinnere mich daran, dass ich mit den anderen Gläubigen aus meiner Gemeinde ein Leib bin – und darüber hinaus mit allen Gläubigen weltweit.
Das ist die geistliche Bedeutung des Abendmahls. Ich feiere es zum Gedächtnis an das, was Jesus getan hat. Aber ich feiere das Abendmahl nicht, wie Jesus es hier formuliert, um ewiges Leben zu erhalten und auferweckt zu werden.
Gründe gegen die Abendmahlsdeutung
Noch einmal Johannes 6, die Verse 53 und 54:
Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr nicht das Fleisch des Sohnes des Menschen esst und sein Blut trinkt, habt ihr kein Leben in euch. Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, hat ewiges Leben, und ich werde ihn am letzten Tag auferwecken.
Ein zweiter Grund, warum ich nicht glaube, dass der Herr Jesus hier auf das Abendmahl anspielt, ist folgender: Seine Zuhörer hätten ihn nicht verstanden und auch nicht verstehen können. Wir heute kennen das Abendmahl, weil der Herr Jesus es am letzten Abend, den er mit seinen Jüngern vor der Kreuzigung verbringt, einsetzt. Wir verbinden das Abendmahl als ein Gedächtnismal mit der Kreuzigung. Nur in Verbindung mit dem Kreuz ergeben die Zeichen des Abendmahls – Brot und Kelch – einen Sinn.
Hier an dieser Stelle, viele Monate vorher, ergeben sie für die Zuhörer einfach keinen Sinn. Das ist mein zweiter Grund, warum ich nicht denke, dass es hier beim Fleischessen und Bluttrinken ums Abendmahl gehen kann.
Drittens: Der Begriff Fleisch wird im Neuen Testament nirgends im Blick auf das Abendmahl verwendet. Die Begriffe Fleisch und Blut stehen als Hebraismus, also als typisch hebräische Formulierung, für den ganzen Menschen. Es geht Jesus darum, dass man ihn ganz und ohne Abstriche in sich aufnimmt.
Wenn vom Abendmahl die Rede ist, lesen wir nie davon, dass wir Jesu Fleisch essen sollen. Es ist immer vom Leib Jesu die Rede, der für uns gegeben wird.
So, das sind meine drei Punkte, warum ich nicht glaube, dass Jesus hier auf das Abendmahl anspielt: Erstens ist das viel zu viel Sakramentalismus; zweitens hätten die Zuhörer ihn nicht verstehen können; drittens passt die Formulierung nicht.
Die tiefere Bedeutung des Bildes vom Fleischessen und Bluttrinken
Bleibt die Frage: Warum verwendet er dann das Bild vom Essen seines Fleisches und vom Trinken seines Blutes? Die Antwort lautet: Weil er auf eine zutiefst dramatische Weise etwas klar machen möchte.
Jesus möchte nicht nur mein geistlicher Lehrer oder mein Guru sein, dessen Worte ich höre. Er möchte eins mit mir werden. Er will, dass ich ihn in mir wiederfinde. Es reicht ihm nicht, ein weiterer Bestandteil meines Lebens zu sein.
Eben nicht: Hier ist mein Job, hier ist mein Mann, hier ist mein Musikgeschmack und, ach ja, hier ist mein spiritueller Meister – darf ich vorstellen: Jesus aus Nazaret. Versteht ihr, das wäre Jesus zu wenig, wenn er nur ein weiterer Aspekt meines Lebens wäre. Er will mehr.
Dieses Mehr ist gar nicht so leicht zu greifen. Aber hören wir ihn selbst, in Johannes 6, die Verse 55 und 56: "Denn mein Fleisch ist wahre Speise und mein Blut ist wahrer Trank. Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, bleibt in mir und ich in ihm."
Das Geheimnis der Gemeinschaft im Glauben
Da haben wir es: Bleibt in mir und ich bleibe in euch. Das ist das Geheimnis des Glaubens – jedenfalls des Glaubens, wie Jesus ihn versteht. Es ist das Geheimnis von Gemeinschaft.
Ich glaube, und in der Folge bleibe ich in ihm, und er bleibt in mir. Durch den Glauben entsteht eine unauflösbare Beziehung. Christsein bedeutet, mit Jesus so eng verbunden zu sein, dass die Grenzen zwischen uns verschwimmen.
Deshalb lesen wir auch an anderer Stelle im Neuen Testament, dass Jesus in mir Gestalt gewinnen möchte. Ich soll ihn anziehen, oder der Geist Gottes will mich in sein Bild verwandeln.
Versteht ihr? Jesus geht es um viel mehr als nur um ein Glaubensbekenntnis, eine Kirchenzugehörigkeit oder einen Ritus. Es geht darum, sich selbst zu verlieren. Es geht darum, immer mehr Gemeinschaft mit Jesus zu wagen.
Es geht darum, mich an ihn zu verlieren – so wie es Liebende tun. Oder wie Salomo es formuliert: Hohelied 2,16 – „Mein Geliebter ist mein und ich bin sein.“
Einladung zur persönlichen Reflexion und Ausblick
Was könntest du jetzt tun? Du könntest noch ein wenig darüber nachdenken, inwieweit dein Leben von der Idee geprägt ist, immer mehr wie Jesus werden zu wollen.
Das war's für heute? Das Jahr neigt sich dem Ende zu. Es ist Zeit für Vorsätze – neue, gute Vorsätze.
Wie wäre es, wenn du im nächsten Jahr einmal die ganze Bibel oder zweimal das Neue Testament durchlesen würdest?
Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.