Die Lehre der Apostel: Der zweite Korintherbrief, Vers für Vers
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Mein Name ist Jürgen Fischer. Heute geht es um den zweiten Korintherbrief, Kapitel 8, die Verse 5 bis 15.
Einführung in das Thema der Sammlung für Jerusalem
Paulus ist zu einem anderen Thema übergegangen: der Sammlung für die Heiligen in Jerusalem.
Dabei stellt er den Korinthern die armen Gemeinden in Mazedonien vor. Er hebt besonders ihre Bereitschaft hervor, sich an dieser Sammlung zu beteiligen.
Das Vorbild der mazedonischen Christen
2. Korinther 8,5: „Und nicht nur so, wie wir hofften, sondern sie gaben sich selbst zuerst dem Herrn und dann uns durch Gottes Willen.“
Ein ganz toller Vers und ein großartiges Vorbild. Hier sind Christen, die etwas Wesentliches verstanden haben. Zuerst verschenke ich mich an den Herrn Jesus und mache mich zu seinem Eigentum. Ich gehöre ihm und lasse mich von ihm gebrauchen. So lebe ich nach Gottes Willen.
Großzügigkeit im Spenden muss ein Ausfluss meiner Hingabe an Christus sein. Dann bin ich auch gern bereit, den Dienern Christi das zu geben, was ich habe – und sogar darüber hinaus. Selbst die Apostel sind darüber überrascht, weil Gott so sehr wirkt.
Weil Gott bei den Mazedoniern so viel gewirkt hat, heißt es in 2. Korinther 8,6: „So dass wir Titus zugeredet haben, er möge bei euch ebenfalls dieses Gnadenwerk auch so vollenden, wie er es früher angefangen hatte.“
Anscheinend hatte Titus bei seinem letzten Besuch eine Sammlung für die Heiligen in Jerusalem begonnen. Nun soll er, gestärkt durch das Vorbild der mazedonischen Christen, diese Sammlung vollenden, wenn er den zweiten Korintherbrief überbringt.
Ermutigung an die Korinther zur Großzügigkeit
Zweiter Korinther 8,7
Aber so, wie ihr in allem überreich seid – im Glauben, im Wort, in der Erkenntnis, in allem Eifer und in der Liebe, die von uns in euch geweckt wurde – so sollt ihr auch in diesem Gnadenwerk überströmend sein.
Absolut herrlich! Paulus hätte sie auch tadeln können, doch stattdessen macht er ihnen einfach Mut. Bitte versteht das richtig: Das ist keine Ironie.
2. Korinther 8,8
Nicht befehlsweise spreche ich, sondern um durch den Eifer anderer auch die Echtheit eurer Liebe zu prüfen.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass Paulus nicht den Eindruck erwecken möchte, Befehle zu geben. Das hat er ja schon am Anfang des Briefes klargestellt: Er will nicht über ihren Glauben herrschen.
Vielmehr möchte er einladen, ermutigen und Prinzipien aufzeigen, damit Herzen, die vom Evangelium befreit und von der Gnade Gottes angefeuert sind, freiwillig reagieren.
Gleichzeitig ist die Situation für die Korinther natürlich ein Test. Der Eifer der Mazedonier prüft die Echtheit ihrer Liebe. Am Ende ist Liebe nämlich nicht nur eine Sache der Worte, sondern auch des Geldbeutels.
Das Beispiel Jesu als Motivation zur Großzügigkeit
2. Korinther 8,9: Denn ihr kennt die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, dass er, obwohl er reich war, um eureretwillen arm wurde, damit ihr durch seine Armut reich wurdet.
Paulus möchte die Geschwister aus Korinth weiterhin dazu gewinnen, die Sammlung für die Christen in Jerusalem zu einem vernünftigen Abschluss zu bringen. Nachdem er ihnen die armen Christen aus Mazedonien als Vorbild präsentiert hat, nimmt er nun den Herrn Jesus selbst als Beispiel.
Das Argument läuft folgendermaßen: Wenn wir von Gott völlig unverdient so viel Gnade empfangen haben, wie können wir dann weniger großzügig den Bedürfnissen unserer Geschwister begegnen? Wie passt halbherziges Spenden zum vollen Einsatz des Herrn Jesus für uns?
Jesus war reich – damit ist die Herrlichkeit gemeint, die der Sohn hatte, bevor er sich auf das Himmelfahrtskommando der Schöpfung eingelassen hat. Es heißt in Johannes 17,5: „Und nun verherrliche du, Vater, mich bei dir selbst mit der Herrlichkeit, die ich hatte, ehe die Welt war.“
Wenn hier gesagt wird, dass Jesus arm wurde, ist damit nicht das Finanzielle gemeint. Er war wahrscheinlich nicht ärmer als andere Juden seiner Zeit. Ökonomisch ging es ihm vermutlich durchschnittlich. Aber er wurde arm im Blick auf seine Herrlichkeit, vor allem durch die Inkarnation, also durch die Menschwerdung.
In Philipper 2,6-8 heißt es: „Der in Gestalt Gottes war und es nicht für einen Raub hielt, gottgleich zu sein, entäußerte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an, indem er den Menschen gleich geworden ist. Und der Gestalt nach wie ein Mensch befunden, erniedrigte er sich selbst und wurde gehorsam bis zum Tod, ja zum Tod am Kreuz.“
Gott, das Wort, wählt die absolute Niedrigkeit menschlicher Existenz bis hin zum Tod am Kreuz. Doch gerade durch diese Armut werden wir reich.
Dieser Reichtum hat nichts mit Geld zu tun. Die Mazedonier blieben arm, auch nach ihrer Bekehrung. Wahrscheinlich haben sie materiell durch ihre Bekehrung sogar verloren. Aber durch Jesus sind sie reich geworden.
Es heißt hier: „damit ihr durch seine Armut reich wurdet.“ Wir sind schon geistlich reich. Wenn wir sehen, wie Gott selbst sich entleert und alles gibt, damit Menschen gerettet werden können, dann dürfen auch wir für andere Christen unsere Geldbeutel öffnen. Das wäre doch irgendwie logisch.
Lob und Ermutigung zur Vollendung der Sammlung
2. Korinther 8,10
Und ich gebe hierin eine Meinung ab, denn das ist euch nützlich, die ihr nicht allein das tut, sondern auch das Wollen vorher angefangen habt seit dem vorigen Jahr.
Es ist bemerkenswert, wie Paulus einfach das lobt, was lobenswert ist, und es ihnen ein Stück weit überlässt, selbst zu überlegen, wie ihnen das ganze Projekt der Sammlung, das sie ja schon begonnen hatten, noch zum Nutzen werden kann.
2. Korinther 8,11-12
Nun aber vollendet auch das Tun, damit wie die Bereitwilligkeit des Wollens, so auch das Vollbringen da ist nach dem, was ihr habt. Denn wenn die Bereitwilligkeit da ist, so ist sie willkommen nach dem, was sie hat, und nicht nach dem, was sie nicht hat.
Hier ist der einzige Imperativ: vollendet auch das Tun. „Bringt zu Ende, was ihr angefangen habt, damit nicht am Ende die langsame Ausführung der Sammlung die Echtheit eurer ursprünglichen Bereitwilligkeit in Frage stellt.“
Interessant ist, dass Paulus von ihnen dabei nur verlangt, dass sie spenden nach dem, was sie haben. Er verlangt nicht, dass sie, wie die Mazedonier, über das hinausgehen, was sie besitzen. Am Ende geht es Gott ohnehin um das Herz.
An dieser Stelle wird außerdem schön deutlich, dass es im Neuen Bund den Zehnten nicht gibt. Man gibt nach dem, was man hat. Die Frage im Neuen Bund lautet nicht: Was muss ich Gott geben? Sondern: Wie viel will ich für mich behalten?
Wir sind Verwalter. Es geht um die Frage, wie ich mit meinen Möglichkeiten – und dazu gehört eben auch Geld – das Reich Gottes voranbringen kann.
Jetzt liegt es an den Korinthern, sich zu fragen, was ihre Bereitwilligkeit wert ist. Denn Bereitwilligkeit ohne Vollbringen, also der Vorsatz ohne die Umsetzung, das ist etwas, was niemand gut findet.
Man kann sagen: „Ich wollte ja mein Zimmer aufräumen – super!“, aber wenn du es nicht gemacht hast, bleibt es unvollendet.
Das Prinzip der Gleichheit in der Sammlung
Denn das sage ich nicht, damit andere Erleichterung haben und ihr Bedrängnis leidet, sondern nach Maßgabe der Gleichheit in der jetzigen Zeit: Euer Überfluss soll dem Mangel der anderen dienen, damit auch der Überfluss der anderen für euren Mangel dient. So entsteht Gleichheit.
Wie geschrieben steht: Wer viel sammelte, hatte keinen Überfluss, und wer wenig sammelte, hatte keinen Mangel.
Paulus weiß wahrscheinlich, was den Korinthern gerade durch den Kopf geht. Vielleicht fragen sie sich: Soll ich jetzt hungern und mein hart verdientes Geld spenden, damit andere im Luxus leben können? Hier wird noch einmal deutlich, was bereits gesagt wurde: Paulus möchte, dass sie nach ihren Möglichkeiten spenden. Es geht nicht darum, dass sie Bedrängnis leiden.
Die Mazedonier sind zwar großartige Christen, aber die Korinther müssen sich an ihrer Spendenfreudigkeit kein Vorbild nehmen. Das zugrunde liegende Prinzip der Sammlung ist Gleichheit. Wer seinen Überfluss als Christ mit anderen Christen teilt, die Mangel leiden, handelt nach einem göttlichen Prinzip. Dieses Prinzip findet sich bereits im Alten Testament.
Dort heißt es: Wer viel sammelte, hatte keinen Überfluss, und wer wenig sammelte, hatte keinen Mangel. Hier zitiert Paulus 2. Mose 16. Das ist die Erfahrung, die die Israeliten beim Sammeln des Manna gemacht hatten. Er überträgt diese Erfahrung auf den neuen Bund.
So wie Gott dafür sorgte, dass jeder Israelit so viel zu essen hatte, wie er brauchte, sollen sich die Christen in Korinth in der jetzigen Zeit an Gottes Fürsorge ein Beispiel nehmen.
Bitte versteht das richtig: Gottes Gerechtigkeit verlangt in gewissem Maße Ausgleich. Der Leib Christi ist mehr als eine zufällige Ansammlung von Menschen, die ähnlich über Jesus denken. Er ist auch eine Versorgungsgemeinschaft.
Bei der Sammlung treffen also zwei Prinzipien aufeinander: Jeder gibt, was er hat, und am Ende sollen alle genug haben. Es ist biblisch völlig in Ordnung, dass einige mehr besitzen. Der Reiche darf ein eleganteres Leben führen. Wichtig ist nur, dass er seinen Reichtum nicht auf Kosten der Armen hortet. Niemand soll hungern.
Es geht nicht um Gleichmacherei, sondern darum, existenziellem Mangel zu begegnen – ein Geben und Nehmen. Der materielle Überfluss der Korinther soll den Christen in Jerusalem dienen, so wie deren geistlicher Überfluss der spirituellen Armut der Korinther zugutekommt.
Die Motivation hinter der Sammlung für Jerusalem
Frage: Warum ist Paulus so darauf bedacht, dass die Sammlung ein Erfolg wird? Und warum organisiert er keine Sammlung für die Christen in Mazedonien? Die hätten doch auch Unterstützung gebraucht.
Paulus sammelt ausschließlich für Jerusalem. Dabei muss er mehr im Blick haben als nur Almosen oder Armenfürsorge. Mir fallen zwei Dinge besonders auf.
Zum einen ist da der Auftrag, den die Apostel in Jerusalem ihm gegeben haben. In Galater 2,9-10 heißt es: „Und als sie die Gnade erkannten, die mir gegeben worden ist, gaben Jakobus und Kephas und Johannes, die als Säulen angesehen werden, mir und Barnabas den Handschlag der Gemeinschaft, damit wir unter die Nationen gingen, sie aber unter die Beschnittenen. Nur sollten wir der Armen gedenken, was zu tun ich mich auch befleißigt habe.“
Der Auftrag der Apostel und Gemeindevorsteher in Jerusalem an Paulus war also: „Kümmere dich um die Armen in Jerusalem.“ Paulus kann rückblickend sagen, dass er sich genau darum gekümmert hat.
Zum anderen gibt es noch eine weitere Stelle, die interessant ist: Römer 15,30 und 15,31. Paulus schreibt: „Ich ermahne euch aber, Brüder, durch unseren Herrn Jesus Christus und durch die Liebe des Geistes, mit mir zu kämpfen in den Gebeten für mich zu Gott, damit ich von den Ungehorsamen in Judäa gerettet werde und mein Dienst für Jerusalem den Heiligen angenehm ist.“
Hier formuliert Paulus eine merkwürdige Angst. Er fürchtet, dass den Christen in Jerusalem der Dienst – also die Sammlung – unangenehm sein könnte. Das ist eine spannende Aussage, weil sie zeigt, dass der Konflikt zwischen den mehr traditionellen, das Gesetz schätzenden Christen in Jerusalem und den unbeschnittenen Heidenchristen noch nicht ausgestanden ist.
Wenn die Jerusalemer Geschwister das Geld ihrer heidenchristlichen Brüder und Schwestern annehmen, dann ist das so etwas wie ein Schulterschluss. Es entsteht eine Verbindung.
Ich denke, an dieser Stelle finden wir die hauptsächliche Motivation von Paulus: Er will Solidarität zwischen Heidenchristen und Judenchristen fördern. Er will durch die Sammlung Einheit schaffen. Er will, dass das ganz praktisch eins wird, was Gott eins gemacht hat.
Das war’s für heute. Morgen geht es mit dem Zweiten Korintherbrief weiter. Das Skript zum Vortrag findest du auf frogwords.de oder in der App.
Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.