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Der Auftrag fordert persönliche Opfer

Der wichtigste Auftrag, Teil 1/3
26.08.2012Kolosser 1,24-25

Der Auftrag fordert persönliche Opfer

Reihe: Der wichtigste Auftrag (1/3)

Kolosser-Brief 1,24-25

Einleitende Gedanken

In dieser neuen Predigtreihe beschäftigen wir uns mit einem weiteren Abschnitt des Kolosserbriefes. Paulus beschrieb im vorhergehenden Abschnitt, wie einzigartig Jesus in jeder Hinsicht ist. Jesus existiert bevor die unsichtbare und sichtbare Welt geschaffen wurden. Er steht über der ganzen Schöpfung. Er ist das Haupt der Gemeinde und am Kreuz bezahlte er für unsere Schuld. Man spürt Paulus die Begeisterung für diese Tatsachen ab. Für ihn, so wie vermutlich für die meisten von uns, ist das die wichtigste Botschaft, die je auf dieser Erde verkündigt wurde und sie ist über die Jahrtausende gleich aktuell und bedeutungsvoll geblieben. Diese Botschaft müssen die Menschen hören und deshalb beauftragte Jesus seine Jünger bevor er zu seinem Vater zurückging: „Geht zu allen Völkern und macht die Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.“ Mt 28,19 Das ist der wichtigste Auftrag, den Jesus seinen Jüngern gab. Ein Auftrag, den Paulus zu seinem eigenen Auftrag gemacht hat und das ist der Auftrag, der auch für uns als Gemeinde der wichtigste Auftrag ist. Im Kolosserbrief 1,24-29 spricht Paulus über diesen Auftrag. Er spricht darüber, wie er diesen Auftrag ausführt und was ihm dabei begegnet. Deshalb habe ich dieser Predigtreihe den Titel „Der wichtigste Auftrag“ gegeben. Heute beginnen wir mit dem ersten Teil: Der Auftrag fordert persönliche Opfer. Ich lese uns die Verse aus Kolosser 1,24-25: „Angesichts von all dem freue ich mich auch über die Nöte, die ich durchmachen muss, denn sie kommen euch zugute. Sie gehören zu den Bedrängnissen um Christi willen, die nach Gottes Plan noch ausstehen, und was ich davon an meinem eigenen Körper erleide, nehme ich damit dem Leib von Christus ab, der Gemeinde, zu deren Diener Gott mich gemacht hat. Er hat mir nämlich in Übereinstimmung mit seinem Plan die Aufgabe anvertraut, euch seine Botschaft in ihrem ganzen Umfang bekannt zu machen.“ Kol 1,24-25

I. Sinnvolle Opfer machen Freude

Zuerst werden wir sehen, dass sinnvolle Opfer Freude machen. Paulus hat ein handfestes Problem. Er, der grosse Apostel der Heiden ist – wenigstens äusserlich betrachtet – blockiert. Er sitzt im Gefängnis. Diesen Brief schreibt er als Häftling. Es ist anzunehmen, dass die Kolosser über diese Situation nicht erfreut waren. Der grosse und bekannte Botschafter des Königs aller Könige sitzt im Gefängnis fest. Vielleicht sorgten sich die Christen um ihren Leiter, der im Gebiet von Kleinasien grossen Einfluss ausübte und der indirekt an der Gründung der Gemeinde in Kolossä beteiligt war. „Wie geht es Paulus im Gefängnis?“ mögen sich die Christen gefragt haben. Wird er nun aufgeben? Ist er traurig und frustriert, dass Jesus das zugelassen hat? Nein – nichts von dem trifft zu! Paulus ist weder frustriert noch zweifelt er an der Allmacht Gottes. Sonst hätte er nicht einige Sätze vorher gesagt: „Jesus war vor allem anderen da, und alles besteht durch ihn.“ Kol.1,17. Paulus lässt sich durch diese Situation nicht niederdrücken. Er sitzt im Gefängnis und freut sich! „Angesichts von all dem freue ich mich auch über die Nöte, die ich durchmachen muss, denn sie kommen euch zugute.“ Kol 1,24 Paulus will kein Mitleid von den Kolossern. Es ist typisch für ihn, dass er nicht seine Person zum Thema macht, sondern immer den wichtigsten Auftrag vor Augen hat. Was mit ihm persönlich geschieht, ob er im Gefängnis sitzt, geschlagen oder gar gesteinigt wird, das ist ihm nicht so wichtig. Das kann ihn in seinen Fundamenten nicht erschüttern. Er zweifelt deswegen nicht an der wichtigsten Botschaft und schon gar nicht an der Allmacht Gottes. Paulus ist in seiner Überzeugung gefestigt, wie er nach Rom schreibt: „Ich bin überzeugt, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch unsichtbare Mächte, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, noch gottfeindliche Kräfte, uns je von der Liebe Gottes trennen kann, die uns geschenkt ist in Jesus Christus, unserem Herrn.“ Röm.8,38-39. Also auch diese Gefangenschaft wird Paulus nicht von der Liebe Gottes trennen. Schliesslich hat er Grund zur Freude, denn „angesichts von all dem freue ich mich auch über die Nöte, die ich durchmachen muss, denn sie kommen euch zugute.“ Kol.1,24. Angesicht der Einzigartigkeit von Jesus und was er für uns getan hat, freut sich Paulus, dass er mit seinem ganzen Leben an diesem Auftrag beteiligt ist. Er freut sich darüber, dass die Opfer, die er bringt, schlussendlich der Gemeinde zugutekommen. Hätte Paulus nämlich bei der ersten Verfolgung aufgegeben, so wäre das Evangelium nicht nach Kolossä gekommen. Die Gemeinde profitiert von seinen Opfern. Paulus weiss, der wichtigste Auftrag fordert persönliche Opfer, er sagt: „Sie gehören zu den Bedrängnissen um Christi willen, die nach Gottes Plan noch ausstehen, und was ich davon an meinem eigenen Körper erleide, nehme ich damit dem Leib von Christus ab, der Gemeinde.“ Kol.1,24. Leiden und Bedrängnisse lassen sich nicht vermeiden. Schliesslich behauptete Jesus nie, seine Nachfolger würden vor Verfolgung verschont bleiben – im Gegenteil: „Ein Diener ist nicht grösser als sein Herr. Wenn sie mich verfolgt haben, werden sie auch euch verfolgen.“ Joh.15,20. Paulus kennt die Verfolgung sogar von der anderen Seite, von der Seite des Verfolgers, denn er gehörte zu den eifrigsten und fanatischsten Verfolgern der Christen. Er freute sich, wenn Christen getötet wurden, denn er wollte diese Jesusbewegung ausrotten. Als Jesus später Paulus begegnete, änderte sich sein Leben und Jesus sagte über seine Zukunft: „Ich will ihm zeigen, wie viel er von jetzt an um meines Namens willen leiden muss.“ Apg.9,16. Mit dem Gedanken des Leidens weil wir Jesus folgen, tun wir uns schwer. Wir sind es uns gewohnt, möglichst alle Schmerzen zu beseitigen. Wir wollen möglichst schmerzlos sterben – auch ich. Wer leidet denn schon gern?! Wir sind lieber gesund, frei und glücklich. Gerne hören wir, dass Jesus unser Leben bereichert, dass unser Leben in jeder Hinsicht besser wird. Jesus, der uns erfolgreich werden lässt und uns vor Gefahren schützt. Wenn uns dann trotzdem etwas zustossen sollte, wird er uns wieder raushelfen – Jesus mein Freund und Helfer. Und wenn Jesus nicht hilft? Wenn ich krank bleibe? Wenn ich keine Arbeit finde? Was bedeutet mir Jesus dann? Wir definieren unser Leid über persönliche Einbrüche in unserem Leben wie Krankheit, Arbeitslosigkeit, gescheiterte Beziehungen usw. Das sind tatsächlich leidvolle Erfahrungen. Doch Paulus und Jesus sprechen nicht von diesen Leiden, die jedem Menschen zustossen, ob Christ oder nicht. Das sind Leiden und Nöte, die einfach zum Leben gehören. Jesus und Paulus sprechen von Leiden und Einschränkungen im Leben, die wir erfahren, weil wir Christen sind. Leiden, die wir nicht hätten, würden wir Jesus nicht nachfolgen. So ermutigte Paulus die Christen in einer für uns vielleicht befremdend klingenden Weise: „In allen drei Städten (Lystra, Ikonion, Antiochia) stärkten sie die Jünger in ihrem Vertrauen auf Jesus und ermutigten sie dazu, unbeirrt am Glauben festzuhalten. „Nach Gottes Plan“, so sagten sie zu ihnen, „müssen wir viel Schweres durchmachen, ehe wir in sein Reich kommen.“ Apg.14,22. Wie würden wir auf diese Verkündigung reagieren? Hat diese Tatsache in unserem Denken überhaupt einen Platz? Oder würde ich Jesus verlassen, wenn mir etwas zustossen würde einzig und allein weil ich an Jesus glaube? Vielleicht ist das für den einen oder anderen eigenartig, dass sich Paulus im Gefängnis freuen kann. Ist das nicht extrem und fanatisch? Nein, das ist weder extrem noch fanatisch, sondern das ist selbstverständlich und normal. Ich möchte das an einem einfachen Beispiel deutlich machen. Da ist ein Vater, der für seinen Sohn eine Niere spendet, damit dieser überleben kann. Der Vater nimmt Schmerzen und zukünftige Einschränkungen auf sich, er muss damit rechnen, dass sein Leben durch diesen Eingriff verkürzt wird, aber er freut sich, dass er damit seinem Sohn helfen kann. Viele Menschen bringen grosse Opfer und freuen sich, weil sie darin einen Sinn sehen. Grosse Leistungen und Errungenschaften sind meistens mit grossen Opfern verbunden. Viele Menschen haben mit Überzeugung ihr Leben für eine grössere Sache gegeben. Das sind doch die Helden, die wir bewundern – ohne Opfer keine Helden! Die Freude des Paulus ist gross, denn er sieht in den Strapazen, die er durchmacht einen Sinn, der über diese Welt hinausreicht. Er freut sich darüber, dass er bei der Ausbreitung des Reiches Gottes nicht nur Zuschauer ist, sondern sich aktiv beteiligen kann. Er freut sich darüber, dass sein Leben sinnerfüllt ist und er an einem Projekt beteiligt ist, das weit über ihn hinausreicht und Auswirkungen bis in die Ewigkeit haben wird. Das ist doch Grund zur Freude! Die Frage, die sich uns stellt ist, ob wir diese Sicht vom Reich Gottes haben oder ob wir der Meinung sind, dass der Glaube an Jesus zuerst einmal mein Leben komfortabel machen muss, dass Jesus zuerst meine persönlichen Probleme lösen muss. Ein Glauben, bei dem nicht Jesus, sondern wir im Zentrum stehen.

II. Der Gemeinde dienen ist sinnvoll

Nun entwickelt Paulus den Gedanken des Leidens noch weiter – viele wissen gar nicht, wie sie das verstehen sollen: „Die Nöte gehören zu den Bedrängnissen um Christi willen, die nach Gottes Plan noch ausstehen, und was ich davon an meinem eigenen Körper erleide, nehme ich damit dem Leib von Christus ab, der Gemeinde.“ Kol.1,24. Heisst das Paulus müsste das Leiden von Jesu vervollständigt? Müssen wir durch unser Leiden noch etwas zu unserer Rettung hinzufügen? Das kann Paulus unmöglich so gedacht haben, denn was Jesus durch Tod und Auferstehung getan hat ist vollständig und ausreichend für unsere Rettung. Es geht hier nicht um das Leiden von Jesus, dem wir noch etwas hinzufügen könnten, sondern er spricht von dem Leiden, das der Leib Christi, also die Gemeinde zu ertragen hat. Dieses Leiden dauert bis Jesus wieder kommt und sein Reich sichtbar aufrichtet. Diese Nöte, die Paulus erleidet, gehören einfach zur Nachfolge von Jesus. Was er an seinem Körper erleidet, leidet er für den Leib Christi, also für die Gemeinde. Immer wenn ein Christ wegen seines Glaubens leidet, leidet er für den Leib Christi, für die Gemeinde. So schreibt Paulus den Christen in Korinth: „Wenn ein Teil des Körpers leidet, leiden alle anderen mit, und wenn ein Teil geehrt wird, ist das auch für alle anderen ein Anlass zur Freude.“ 1.Kor.12,26. Das Leiden des Paulus betrifft also auch die Gemeinde, denn die Gemeinde ist, wie Paulus eingangs des Briefes erklärt, der Körper von Jesus. Und wie gesagt, Schmerzen und Verfolgung gehören zum Körper von Jesus. Paulus schreibt: „Verfolgungen sind etwas, womit alle rechnen müssen, die zu Jesus Christus gehören und entschlossen sind, so zu leben, dass Gott geehrt wird.“ 2.Tim.3,12. Paulus bezieht die Gemeinde in Kolossä in sein Leiden mit ein. Er leidet auch für sie, denn sie sind der Leib von Jesus. Was Paulus an Verfolgung erlebt, ist im Plan Gottes vorgesehen. Bemerkenswert finde ich, wie Paulus seinen Auftrag versteht. Er sieht sich als Diener der Gemeinde. „Die Gemeinde zu deren Diener Gott mich gemacht hat.“ Kol.1,25. Gott machte ihn zum Diener der Gemeinde. Von daher verstehen wir auch, warum Paulus die Gemeinden so am Herzen liegen: er ist ihr Diener. „Gott hat mir nämlich in Übereinstimmung mit seinem Plan die Aufgabe anvertraut, euch seine Botschaft in ihrem ganzen Umfang bekannt zu machen.“ Kol.1,25. Spitzfindige Leute könnten Paulus vorwerfen, er würde die Gemeinde zu wichtig nehmen. Eigentlich sei er ein Diener Christi, die Gemeinde sei einfach auch noch da. Leider gibt es viele Christen, die ihren Glauben so verstehen. Sie freuen sich an der Beziehung zu Jesus und sehen die Gemeinde, also die Kirche vor Ort, der Leib Christi, als ein Anhängsel, das es auch noch gibt. Diese Christen haben den Eindruck, sie würden mit Jesus der Gemeinde gegenüberstehen. Wenn in der Gemeinde nicht alles rund läuft – und das wird es nie – ziehen sie sich zurück auf Jesus. Sie leben dann nach dem Motto: Jesus allein genügt mir, die Gemeinde brauche ich nicht unbedingt. Ich kann ja mal da und dort hineinschauen. Das ist die absolute Individualisierung des Glaubens, das ist „Zeitgeist“ pur. Und das ist ein fundamentales Missverständnis. Ich will es mal ganz unmissverständlich sagen: Jesus ohne die Gemeinde gibt es nicht! Die Gemeinde ist der Leib Christi, der Körper von Jesus. Die Gemeinde ist der Körper und Jesus ist das Haupt (Kol.1,18). Wer sich also der Gemeinde und damit ist eine existierende Gemeinschaft von Gläubigen gemeint, entzieht, der entzieht sich Christus. Paulus versteht sich als Diener der Gemeinde und ganz und gar zum Leib Christi gehörend. Er trennte sich auch nicht von den schwierigen Gemeinden, sondern er setzte sich mit ganzer Kraft für sie ein. Er verstand sich auch dann als Teil dieser Gemeinde, als Christen ihn persönlich angriffen. Das finde ich sehr bemerkenswert und verdient höchste Beachtung: Paulus versteht den Leib Christi ganz praktisch. Es sind die Menschen, die Jesus nachfolgen. Es sind die Christen, mit denen er sprechen kann, also lebende Menschen und nicht verstorbene Christen. Sind wir bereit für und mit der Gemeinde zu leiden? Sind wir bereit uns für die Gemeinde aufzureiben und Opfer zu bringen, damit der wichtigste Auftrag erfüllt wird? Sind wir uns bewusst, dass wir uns genau dann für Christus einsetzen, wenn wir der Gemeinde, dem Leib Christi dienen? Der Gemeinde dienen und Opfer zu bringen, das ist eine sinnvolle Investition. Dafür lohnt es sich zu leben!

Schlussgedanke

Mir ist bewusst, dass das, was Paulus in diesen beiden Versen anspricht uns nicht unbedingt beflügelt. Wir fragen uns vielleicht, ob wir wirklich in der Lage wären für Jesus und die Gemeinde zu leiden. Ob wir bereit sind Einschränkungen und sogar Schmerzen zu ertragen, die wir nicht hätten, würden wir Jesus nicht treu sein. Doch eines müssen wir wissen, wie Paulus können wir das mit Freude ertragen. Vielleicht haben wir grösste Zweifel, ob wir das, wenn es ernst wird, ertragen könnten. Aber wenn wir heute Jesus treu sind, dann werden wir auch morgen eine Verfolgung ertragen. Die Kraft dazu bekommen wir dann, wenn wir sie brauchen. Corrie ten Boom, die in einem Konzentrationslager gefangen war und dort ihre Schwester verlor erzählt: Als ich ein kleines Mädchen war, sagte ich zu meinem Vater: "Papa, ich habe Angst, ich werde nie stark genug sein, um für Jesus zu leiden." Da fragte mich der Vater: "Sag mal, wann gebe ich dir das Fahrgeld, wenn du eine Reise machst? Drei Wochen früher?" "Nein, Papa, an dem Tag, an dem ich verreise!" "Genau. Und siehst du, deshalb gibt dir dein himmlischer Vater nicht heute die Kraft, Verfolgung zu ertragen, wenn dich niemand verfolgt und du diese Kraft gar nicht brauchst. In dem Augenblick, wo du für Jesus leiden musst, wird er dir die nötige Kraft geben. Im Augenblick brauchst du sie nicht." Ich war getröstet und spielte wieder mit meinen Puppen. Später gab mir Gott die Fahrkarte: als ich leiden musste, strömte die Kraft – nicht früher, nicht später. Er gab sie zur rechten Zeit. Paulus schreibt darüber den Korinthern eine Wahrheit, die alle bestätigen können, die schon solche Situationen erlebten: „Wie wir in ganz besonderem Mass an den Leiden von Christus teilhaben, erleben wir durch Christus auch Trost und Ermutigung in ganz besonderem Mass.“ 2.Kor 1,5