Wir wollen uns heute wieder etwas intensiver mit dem Römerbrief beschäftigen. Ich habe die Verse angegeben, die am Dienstag unsere Bibelarbeit begleiten sollen. Das Thema lautet: "Abrahams Vertrauen als Erfolgsrezept". Dazu habe ich die Verse aus Kapitel 4, Verse 1 bis 5, und dann aus Kapitel 5, Vers 5 angegeben.
Bevor wir diese Verse gemeinsam lesen, möchte ich darauf hinweisen, dass ich hier vorne eine Übersicht über den Römerbrief ausgelegt habe. Darin enthalten sind die Gliederung des Römerbriefs sowie die sechs roten Fäden, die sich durch den Brief ziehen. Diejenigen, die sich gestern gemeldet haben und gerne ein Exemplar davon möchten, können sich hier gerne eines abholen.
Außerdem möchte ich die Gelegenheit nutzen, um auf etwas hinzuweisen, das nicht jedes Mal vorkommt. Gestern hatten mich zwei Personen wegen der Punkte angesprochen, die ich erwähnt habe – Sie erinnern sich, es ging um die Gefahren für gute Menschen. Ich hatte dazu einige Punkte genannt und diese jetzt auf einem Blatt zusammengefasst.
Bevor ich zwei Exemplare davon fotokopiere, möchte ich nachfragen, ob noch weiteres Interesse daran besteht. Dann kann ich gleich entsprechend mehr Kopien anfertigen. Darf ich dafür um ein Handzeichen bitten, wer das auch gerne haben möchte? So bekomme ich ungefähr einen Überblick.
Ich glaube, ich habe jetzt gezählt und werde einige Kopien machen. Diese werde ich dann morgen mitbringen und auslegen.
Einführung in das Thema und Lesung der Bibelstellen
Wir lesen nun gemeinsam aus dem Römerbrief, beginnend im vierten Kapitel, Römer 4, Verse 1 bis 5, und anschließend Vers 15.
Kapitel 4, Vers 1: Was wollen wir denn sagen? Hat Abraham, unser Vater, nach dem Fleisch etwas gefunden? Denn wenn Abraham durch Werke gerechtfertigt worden wäre, hätte er einen Grund zum Rühmen, aber nicht vor Gott.
Was sagt die Schrift? Abraham aber glaubte Gott, und es wurde ihm zur Gerechtigkeit gerechnet. Dem, der Werke tut und dem der Lohn nicht angerechnet wird, wird der Lohn nicht nach Gnade, sondern nach Schuldigkeit angerechnet. Dem dagegen, der nicht Werke tut, sondern an den glaubt, der die Gottlosen rechtfertigt, wird sein Glaube zur Gerechtigkeit gerechnet.
Ich überspringe einige Verse und lese weiter ab Vers 15: Denn das Gesetz bewirkt Zorn; wo aber kein Gesetz ist, da ist auch keine Übertretung. Darum geschieht es aus Glauben, damit es nach Gnade geschehe und die Verheißung der ganzen Nachkommenschaft sicher sei.
Nicht allein der vom Gesetz, sondern auch der vom Glauben Abrahams, der unser aller Vater ist, wie geschrieben steht: „Ich habe dich zum Vater vieler Nationen gesetzt“ vor dem Gott, dem er glaubte, der die Toten lebendig macht und das Nichtseiende ruft, als ob es wäre.
Gegen Hoffnung auf Hoffnung hin glaubte er, damit er ein Vater vieler Nationen werde, nach dem, was gesagt ist: „So soll deine Nachkommenschaft sein.“ Und nicht schwach im Glauben sah er nicht seinen eigenen, schon fast toten Leib an, da er fast hundert Jahre alt war, noch das Absterben des Mutterleibes der Sarah.
Er zweifelte nicht durch Unglauben an der Verheißung Gottes, sondern wurde im Glauben gestärkt und gab Gott die Ehre. Er war voller Gewissheit, dass er das, was ihm verheißen worden war, auch zu tun vermochte.
Darum wurde es ihm zur Gerechtigkeit gerechnet. Es ist aber nicht allein um seiner selbst willen geschrieben, dass es ihm zugerechnet wurde, sondern auch um unseretwillen. Uns soll es zugerechnet werden, die wir an den glauben, der Jesus, unseren Herrn, aus dem Tode auferweckt hat.
Dieser wurde unserer Übertretungen wegen hingegeben und unserer Rechtfertigung wegen auferweckt.
Ich lese noch bis Vers 5 aus Kapitel 5: Da wir nun gerechtfertigt worden sind aus Glauben, haben wir Frieden mit Gott durch unseren Herrn Jesus Christus.
Durch ihn haben wir mittels des Glaubens auch Zugang zu dieser Gnade erhalten, in der wir stehen und uns der Hoffnung der Herrlichkeit Gottes rühmen.
Nicht nur das, sondern wir rühmen uns auch der Trübsal, weil wir wissen, dass die Trübsal Ausharren bewirkt, das Ausharren aber Bewährung, die Bewährung aber Hoffnung.
Die Hoffnung aber beschämt nicht, denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben worden ist.
Die Bedeutung des Glaubens Abrahams im Kontext des Römerbriefs
In diesem Kapitel, das schon zu Beginn deutlich wird, geht es um Abraham. Das wird uns besonders klar, wenn wir es zum ersten Mal lesen.
In den vergangenen Kapiteln hatte sich Paulus in seinem Brief an die Gemeinde in Rom mit zwei Typen von Menschen auseinandergesetzt, die es gibt. Man könnte sogar sagen, mit vier Typen von Menschen. Zum einen sind da diejenigen, die nach dem Gesetz der Werke leben. Sie wollen ihre Gerechtigkeit vor Gott durch ihre guten Taten und ihr gutes Leben erreichen.
Darüber haben wir uns ja gestern und vorgestern auch beschäftigt. Dabei haben wir gesehen, dass vor Gott gute Werke anerkannt werden. Wir haben gelesen, dass Gott sich darüber freut, wenn wir gute Werke tun. Auch wenn ein Ungläubiger gute Werke tut, freut sich Gott darüber. Paulus sagt jedoch, dass das nicht ausreicht, um zu Gott zu kommen.
Das ist nicht der Punkt, an dem wir uns den Zugang zum Himmelreich Gottes, zur Heiligkeit Gottes, erkaufen oder erzwingen können. Gute Werke sind gut, aber sie sind nicht gut genug, um das zu erreichen. Sie sind nicht das Mittel, um Zugang zu Gott zu bekommen.
Man kann es so vergleichen: Apfelsaft schmeckt vielleicht an einem warmen Sommertag sehr gut. Aber um mit meinem Auto nach Frankfurt zu fahren, taugt Apfelsaft nichts. Wenn ich Apfelsaft in den Tank schütte, fährt mein Auto trotzdem nicht, auch wenn es noch so guter Apfelsaft ist.
Genauso will Paulus in den Versen und Kapiteln, die wir vorher gelesen haben, sagen: Es ist gut, wenn Menschen sich nach den Geboten Gottes richten. Aber um vor Gott Gerechtigkeit zu erlangen, um Zugang zu Gott zu bekommen, taugen gute Werke nicht. Wer sich auf seine guten Werke beruft und sagt: „Ich bin doch ein guter Mensch“, wird einmal vor Gott stehen. Gott wird ihn verurteilen, nicht für das Gute, sondern für die Sünde in seinem Leben.
Dann haben wir die andere Gruppe von Menschen gesehen. Diese richten sich auch nach einem Gesetz, aber nach dem Gesetz der Gnade, nach dem Gesetz des Glaubens. Diese Menschen vertrauen darauf, dass Gott ihnen ihre Sünden und Übertretungen nicht anrechnet. Das geschieht, weil Jesus Christus an ihrer Stelle gestanden hat. Er hat gesagt: „Ich lasse mich für diese Sünden bestrafen.“
Man kann sagen, Jesus ist wie ein Stellvertreter oder ein Austausch. Hier stehe ich, belastet von der Sünde und dem Tod. Jesus ist rein und sündlos und müsste eigentlich nicht sterben. Er geht an meine Stelle, stirbt für mich, und ich kann sozusagen mit ihm tauschen. Dadurch werde ich an seiner Stelle gereinigt.
Paulus hat diese beiden Gruppierungen aufgezählt. Wir erinnern uns: die Heiden und die Juden, oder die Griechen und die Juden. Dabei haben wir uns auch damit beschäftigt, dass beide Gruppen sowohl unter dem Gesetz der Werke als auch unter dem Gesetz des Evangeliums des Glaubens stehen.
Die Juden wissen schon sehr viel vom Glauben. Sie haben das Alte Testament bekommen und viel mit Gott in der Geschichte ihres Volkes erlebt. Die Heiden hingegen kennen das alles nicht. Ihnen ist es fremd, aber Gott spricht durch ihr Gewissen zu ihnen. Sie erkennen durch die Natur, dass es einen Schöpfer, einen Gott geben muss, dem sie Gehorsam schuldig sind.
Wir haben also diese Typen gesehen und wie Menschen auf den Anspruch Gottes reagieren. Heute führt uns Paulus ein Beispiel vor Augen: einen Menschen, bei dem er zeigen will, wodurch Abraham vor Gott gerechtgesprochen wurde.
In 1. Mose 15,6 lesen wir: „Abraham glaubte dem Herrn, und das wurde ihm zur Gerechtigkeit gerechnet.“
Die Kontroverse um Abraham als Vorbild des Glaubens
Ein Rabbi zur Zeit Jesu, Rabbi Shemir, schrieb zu dem Glauben Abrahams: Der Glaube, mit dem Abraham, euer Vater, an mich, also an Gott, glaubte, reichte aus, damit ich das Meer vor ihm teilte, wie es heißt. Er glaubte Gott, und es wurde ihm am Meer angerechnet, so dass seinen Kindern Gnade widerfuhr.
Das ist die Anwendung, die auch die Juden damals in der Zeit, in die Paulus hineinspricht, gemacht haben.
Es gab jedoch eine andere Gruppe von Juden, die sagten: Nun, Abraham ist doch das typische Beispiel von jemandem, der durch seine Taten, durch seine Werke gerecht geworden ist. Denn was hat er nicht alles getan? Was hat er nicht für Gott eingesetzt? War er nicht ein guter Mensch gewesen?
Paulus führt hier den Hinweis, den Versuch und den Beweis, auch gerade mit der Stelle aus 1. Mose 15, Vers 6, wo geschrieben steht: „Abraham glaubte dem Herrn, und das wurde ihm zur Gerechtigkeit gerechnet.“ Für die Menschen, an die Paulus schreibt, war das ein wichtiger Punkt, besonders für die Juden.
Denn für die Juden war Abraham der Stammvater des Volkes Israel, nicht nur das Vorbild im Glauben, sondern auch derjenige, durch den Israel überhaupt entstanden ist: Abraham, Isaak und Jakob, die Söhne und Enkel Abrahams.
Paulus setzt sich damit auseinander und versucht aufzuzeigen, dass, wenn Abraham tatsächlich durch Werke gerecht geworden wäre, er sich vor Gott hätte rühmen können. Er hätte ein Anrecht gehabt, von Gott errettet zu werden.
Doch wie bereits erwähnt, bezieht er sich auf den Vers aus 1. Mose 15, wo deutlich zu lesen ist, dass Abraham aus Glauben vor Gott gerechtfertigt wurde.
In Galater 3,6 greift Paulus das ähnlich auf. Dort schreibt er: „Ebenso wie Abraham Gott glaubte und es ihm zur Gerechtigkeit gerechnet wurde, so sollen auch wir glauben.“
Es gibt noch weitere Verse, in denen Paulus Abraham ebenfalls als Vorbild zitiert. In Römer 4,4 heißt es: „Dem aber, der Werke tut, wird der Lohn nicht nach Gnade angerechnet, sondern nach Schuldigkeit.“
Hier versucht Paulus ganz deutlich, die beiden Seiten aufzuzeigen: Wenn Abraham durch seine Werke gerechtfertigt wurde, dann würde das bedeuten, dass es möglich ist, durch Werke und das Gesetz der Werke zu Gott zu kommen und Gerechtigkeit vor Gott zu finden – also von Gott angenommen zu werden.
Weiter lesen wir in Vers 5: „Dem dagegen, der nicht Werke tut, sondern an den glaubt, der den Gottlosen rechtfertigt, wird sein Glaube zur Gerechtigkeit gerechnet.“
Hier sehen wir die Gegenüberstellung der beiden Positionen, die Paulus am Beispiel Abrahams zeigt: Entweder habe ich das Recht, zu Gott zu kommen, durch meine guten Werke, oder ich bin auf die Gnade angewiesen, die mir Gott zuteilwerden lässt, wenn ich darauf vertraue, dass Jesus Christus an meiner Stelle gestorben ist.
Abraham als Beispiel für Glauben und Vertrauen
Wir wollen einen Blick in das Leben Abrahams werfen und dabei einzelne Punkte prüfen, die auch Paulus aufführt. Die Frage ist: Wie und wodurch wurde Abraham eigentlich gerechtfertigt?
Wir beginnen mit der Berufung Abrahams, mit dem ersten Ruf an ihn. Das lesen wir in 1. Mose 12,1. Abraham war mit seinem Vater Terach aus Ur in Chaldäa nach Haran gezogen. Dort heißt es in Vers 1: „Und Yahweh, Gott, der Herr, sprach zu Abraham: Gehe aus deinem Land und aus deiner Verwandtschaft und aus deines Vaters Haus in das Land, das ich dir zeigen werde. Ich will dich zu einer großen Nation machen und dich segnen. Ich will deinen Namen groß machen, und du sollst ein Segen sein. Ich will segnen, die dich segnen, und wer dir flucht, den werde ich verfluchen. In dir sollen alle Geschlechter gesegnet werden“, oder wie Paulus es zitiert, „alle Völker der Erde“.
Abraham ging hin, wie Gott zu ihm gesprochen hatte, und Lot ging mit ihm. Abraham war 75 Jahre alt, als er aus Haran zog. Das ist der Anfang der Geschichte Abrahams, wie sie in der Bibel niedergeschrieben ist.
Nun stellt sich die Frage: Was ist hier das Besondere an Abraham? Wird gesagt, er war ein vorbildlicher moralischer Mensch? Hat er viel Geld für die Armen gespendet oder jeden Tag gebetet? Wahrscheinlich hat er das getan, aber hier finden wir davon nichts.
Das Entscheidende bei Abraham ist, dass er die Stimme Gottes gehört hat und vertraute, dass das, was Gott ihm verheißen und den Auftrag gegeben hatte, stimmt. Hatte er einen Beweis dafür? Hatte er etwas, woran er sich festhalten konnte? Gar nichts. Er hatte nur die Stimme Gottes gehört, darauf vertraut und jahrelang nichts weiter gehört.
Er hatte keine Bibel, in der er nachlesen konnte, wie wir sie heute mit über tausend Seiten haben, die den Willen und das Wort Gottes enthalten. Er hörte einfach auf Gottes Stimme und vertraute darauf.
In Ur in Chaldäa, das wissen wir heute, lebten die Chaldäer, die später die Sumerer und Babylonier beeinflussten. Sie hatten mehrere Götter. Das war also etwas ganz Außergewöhnliches: Abraham erkannte, dass es nicht irgendeine Stimme war, nicht irgendein Gott, der zu ihm sprach, sondern der Gott des Himmels und der Erde.
Wir müssen etwas tiefer in die Geschichte Israels eintauchen, um zu sehen, dass es immer wieder Verführungen gab – schon in dieser frühen Zeit und auch später im Volk Israel. Es war nicht richtig, Hausgötter anzubeten. Gott missbilligte es, andere Götter anzubeten, auch wenn das damals noch nicht in den Zehn Geboten so festgeschrieben war.
Diese Gefahr, statt des einzigen Schöpfers und Gottes andere anzubeten, war schon damals präsent. Paulus warnt uns auch davor. Das haben wir im Römerbrief gelesen: Es ist eine menschliche Tendenz, leichter anderen Dingen zu vertrauen, weil man Gott nicht sehen, anfassen oder sicher in der Hand halten kann. Deshalb setzen Menschen oft etwas anderes an seine Stelle.
Das ist nicht erst seit Paulus’ Schriften so, auch nicht erst seit den Zehn Geboten. Paulus schreibt, dass dies sowohl bei den Heiden als auch bei den Juden der Fall ist – bei denen, die von Gott wussten, und bei denen, die keine Bibel hatten. Diese Situation gab es schon damals.
Vor diesem Hintergrund können wir sagen: Es war sogar noch schwieriger für Abraham. Er lebte in einer Umgebung voller Abgötterei. Es gab keine Kirche, keine Gruppe von Christen, mit denen man regelmäßig zusammenkommen konnte. Trotzdem hörte Abraham Gottes Stimme und vertraute ihm.
Was hier erzählt wird, was Abraham angerechnet wird, ist das Vertrauen. Er hat nichts Außergewöhnliches getan, das wir als vorbildlich bezeichnen würden – außer dass er vertraut hat. Vertrauen kann man als Tat verstehen, denn Vertrauen zeigt sich auch im Handeln.
Handeln ist ein Beweis für Vertrauen. Wenn ich zum Beispiel zu meiner Frau sage, ich vertraue dir beim Autofahren, aber ständig korrigiere und anweise, ob sie bremsen oder lenken soll, ist das eigentlich kein echtes Vertrauen. Dann kann ich zwar sagen, ich vertraue dir, aber in Wirklichkeit tue ich es nicht.
Genauso ist es bei Abraham. Er sagt Gott, dass er ihm vertraut, aber er bleibt nicht in Haran sitzen. Er zieht tatsächlich los.
Das ist das erste Beispiel aus Abrahams Leben, das uns zeigt, was das Besondere an ihm ist: Es sind nicht seine Werke, sondern sein Glaube, sein Vertrauen zu Gott.
Die Bedeutung von Gesetz und Glaube im Römerbrief
In Vers 14 aus dem vierten Kapitel springe ich wieder zurück zum Römerbrief. Dort lesen wir: „Wenn nämlich die vom Gesetz Erben sind, so ist der Glaube zunichte gemacht und die Verheißung aufgehoben.“
In diesem einen Satz weist Paulus darauf hin, worum es im ganzen Römerbrief geht, was er hier argumentieren will und wo der entscheidende Punkt liegt. Ich lese noch einmal: „Wenn nämlich die vom Gesetz Erben sind, so ist der Glaube zunichte gemacht und die Verheißung aufgehoben.“
Wenn diejenigen, die sich nach dem Gesetz richten und versuchen, durch das Gesetz gerecht zu werden, die Erben Gottes sind und in der Herrlichkeit Gottes einmal sein werden, dann ist der Glaube zunichtegemacht worden. Dann ist es überflüssig, Gott zu vertrauen und an ihn zu glauben. Dann kommt es nur darauf an, möglichst kein Gebot Gottes zu übertreten.
Und dann ist die Verheißung, die Gott gegeben hat – und ja, auch die Verheißung, die wir hier im zwölften Kapitel der Genesis, des ersten Buches Mose, gelesen haben –, hinfällig. Dort steht nämlich, dass Gott durch Abraham alle Völker, alle Nationen segnen will.
Wie kann das sein? Die anderen Völker wissen doch gar nichts von den Geboten Gottes, sie können demnach auch nicht gehorsam sein. Dann wären doch nur die Juden diejenigen, die den Willen Gottes voll erfasst haben und sich danach richten können, wenn es tatsächlich nur auf die Werke ankommt.
Und genau das will Paulus hier sagen: Gerade der Hinweis, dass durch Abraham alle Völker gesegnet werden, zeigt, dass es eben nicht nur um die Erfüllung der Werke geht.
Die Verse, die ich jetzt auslasse, beschäftigen sich mit der Beschneidung. Wir wissen ja, dass die Beschneidung der männlichen Juden ein Zeichen war, dass sie zum Bundesvolk gehörten. Die Juden zur Zeit Jesu hatten das sogar als Merkmal genommen und gesagt: Wenn einer als Jude geboren ist und nicht beschnitten wurde, dann ist er kein Jude. So radikal war das ein Merkmal: Man gehörte entweder zum Volk Israel oder nicht.
Paulus versucht hier, sich auseinanderzusetzen und nachzudenken. Ich fasse das Ganze etwas zusammen: Er fragt sich, wie es mit der Beschneidung ist. Werde ich tatsächlich Mitglied des Volkes Gottes durch die Beschneidung, oder bin ich Mitglied des Volkes Gottes und die Beschneidung ist nur ein Zeichen dafür?
Dann versucht er, das wieder an der Geschichte Abrahams festzumachen und zu fragen: Wann hat Gott Abraham kennengelernt? Wann hat Abraham Gott kennengelernt? Wann war er Gott gehorsam? Wann hat er an Gott geglaubt? Bevor er beschnitten wurde oder nachdem er beschnitten wurde? Vorher schon!
Und Paulus sagt hier: Wenn das bei Abraham schon der Fall ist, dann gilt das doch auch für uns. Wenn Abraham schon gerecht war, schon geglaubt hat, schon Gott vertraut hat, bevor er beschnitten wurde, dann sehen wir daran, dass die Beschneidung nur ein äußerliches Zeichen ist.
Es kommt also nicht darauf an, dass das Zeichen stimmt, sondern dass der Glaube, das Vertrauen Gott gegenüber, da ist. Das ist der wesentliche Punkt, sagt Paulus.
Dann wirft er den Juden vor und sagt: Wenn ihr beschnitten seid, heißt das noch lange nicht, dass ihr Kinder Gottes seid. Kinder Gottes sind diejenigen, die Gott vertrauen und glauben. Und diese können am Herzen beschnitten sein, wie Paulus das auch in anderem Zusammenhang noch sagt.
Und da sagt er, dass auch die Heiden, die Nationen, die Völker die wahren Kinder Gottes sein können, wenn sie am Herzen beschnitten sind, also innerlich Gott vertrauen.
Diejenigen, die äußerlich dazugehören, müssen nicht unbedingt die Erben dieser Verheißung sein. Denn Erben meint hier die Erben der Verheißung Abrahams, die wir eben gerade in Vers 14 gelesen haben.
Hier zeigt sich also der Unterschied: Wer ist wirklich Kind Gottes? Derjenige, der beschnitten ist und äußerlich dazugehört, oder derjenige, der innerlich glaubt?
Ein bisschen haben wir das ja auch heute. In den großen Volkskirchen ist zumindest die Taufe scheinbar das Zeichen. Derjenige, der als Kind getauft wurde, ist Mitglied der Kirche und kann sich recht sicher sein, von Gott angenommen zu werden.
So ähnlich denken viele Menschen, mit denen ich an der Haustür gesprochen habe oder auf der Straße. Und das ist etwas ganz Ähnliches.
Schauen wir, was Paulus dazu sagt: Er sagt im Grunde genommen, dass die Taufe gar keine Rolle dabei spielt, ob wir zu Gott kommen. Nicht durch die Taufe erwerben wir uns ein Anrecht, zu Gott zu kommen. Die Taufe ist, so wie die Beschneidung für das Volk Israel, ein Zeichen für die Christen.
Aber nicht die Taufe ist das Wesentliche, das uns errettet, sondern der Glaube, der vor der Taufe da ist. Die Taufe ist nur ein Zeichen dieses Glaubens.
Nicht durch das Wasser, mit dem wir besprengt werden oder in das wir untergetaucht werden, werden wir errettet. Nein, sondern durch das Vertrauen, durch den Glauben, den wir Gott entgegenbringen aufgrund seines Versprechens und seiner Verheißung.
Abraham als Vater vieler Nationen und das Wunder des Glaubens
Wir lesen ein Stück weit in Vers 17, wo Paulus das noch etwas ausführlicher darlegt. Er schreibt: "Ich habe dich zum Vater vieler Nationen gesetzt vor dem Gott, dem er glaubte, der die Toten lebendig macht und das Nichtseiende ruft, als wäre es." Abraham glaubte gegen Hoffnung auf Hoffnung hin, damit er ein Vater vieler Nationen werde, nach dem, was gesagt ist: "So soll deine Nachkommenschaft sein."
Er wurde nicht schwach im Glauben, obwohl er seinen eigenen schon erstorbenen Leib sah, da er fast hundert Jahre alt war, und auch das Absterben des Mutterleibes der Sarah. Er zweifelte nicht durch Unglauben an der Verheißung Gottes, sondern wurde gestärkt im Glauben, weil er Gott die Ehre gab. Er war voll Gewissheit, dass er tun würde, was Gott verheißen hatte. Darum ist ihm auch zur Gerechtigkeit gerechnet worden.
Soweit dazu. Wir wollen die Verse etwas genauer anschauen. Zunächst haben wir die Verheißung, dass Abraham Vater vieler Nationen sein soll. Und "Nation" war gerade für die Ohren der Juden ein Begriff, der sich anhörte wie: Das sind die Hunde, das sind die, mit denen man nichts zu tun haben soll, das sind die, von denen man sich distanzieren soll. Denn es wurde immer unterschieden zwischen Juden und den Nationen, den Heiden, den Griechen, den Barbaren – eben jene, die nichts von Gott wissen.
Diesen Stolz greift Paulus hier auf und sagt: Ja, Gott hat Abraham schon gesagt, er solle nicht nur Vater Israels werden, sondern er solle Vater der Nationen genannt werden und werden. Abraham glaubte Gott, dass er die Toten lebendig machen würde und das Nichtsein ins Dasein ruft. Dabei bezieht er sich zuerst auf die Nachkommenschaft: Abraham war hundert Jahre alt, seine Frau neunzig Jahre alt.
Nun, ich weiß nicht, einige sind hier schon fast in diesem Alter – ob sie sich vorstellen könnten, noch ein Kind zu gebären? Die meisten würden sagen: Medizinisch unmöglich, ich bin körperlich gar nicht mehr in der Lage dazu. Genau das hat sich auch Sarah gedacht, die anfing zu lachen, als die Engel ihr die Verheißung brachten, weil sie es gar nicht glauben wollte.
Aber Abraham hielt daran fest und sagte: Wenn Gott das gesagt hat, auch wenn es menschlich unmöglich ist, vertraue ich darauf, dass Gott es erfüllen wird. Und tatsächlich war es so: Da war keine Nachkommenschaft. Wo ist das Volk, wo sind die Söhne? Doch Gott rief aus dem Nichtsein Leben hervor und ließ Isaak geboren werden.
Dann ist es sogar so, dass Isaak fast getötet werden sollte – er war fast tot, als Abraham ihn opfern sollte. Doch dann wurde ihm das Leben noch einmal neu geschenkt, als Gott zu Abraham sprach und sagte: "Ich wollte nur prüfen, ob du mir ganz vertraust." Wieder rief Gott Leben aus dem Nichtsein und dem Tod hervor.
Ich lasse das jetzt einmal weg, aber wir könnten sicherlich, wenn wir noch mehr in das Leben Abrahams hineinschauen, sehen, dass Abraham eben nicht immer nur durch seine Werke gerechtfertigt war. Auch dort, wo er Sarah als seine Schwester ausgab und offen log. Es gibt einige Punkte, wo man sagen kann: Nach seinen Werken hätte Gott Abraham eigentlich verurteilen oder verlieren müssen.
Das ist ein Zeichen. Trotzdem hat Abraham, obwohl er versagt hat, es gemerkt und Gott weiter vertraut. Diese Verse sagen aber noch mehr, wenn wir hören: "der die Toten lebendig macht und das Nichtseiende ins Dasein ruft." Woran denken wir da noch, wenn Paulus das schreibt? Ganz genau: An den Tod und die Auferstehung Jesu.
Denn auch Jesus war tot und wurde von Gott wieder ins Leben zurückgerufen. Paulus schreibt, dass genauso wie Jesus gestorben und auferstanden ist, so werden auch wir mit ihm sterben und mit ihm auferstehen. Das müssen wir bedenken, wenn wir diese Verse lesen.
Aus Vers 19 nehmen wir noch diese Gegenüberstellung: "Er wurde nicht schwach im Glauben und sah seinen eigenen erstorbenen Leib." Abraham hatte ganz klar realisiert, was war. Er hatte sich nichts vorgemacht, nichts eingebildet. Er wusste: Wenn ich mir das stark vorstelle – denn Glauben ist ja keine Selbstsuggestion –, dann wird sich das nicht einfach einstellen.
Darum geht es nicht. Vertrauen ist etwas ganz anderes, es ist keine Einbildung. Abraham hat sich nicht eingebildet, plötzlich wieder zwanzig zu sein und dass jetzt alles klappen würde. Nein, er wusste, er ist hundert Jahre alt, das geht gar nicht. Aber er vertraute darauf, dass Gott es irgendwie machen wird. Er wusste nicht wie, und er konnte es nicht durch Einbildung bewirken.
Er wurde nicht schwach im Glauben – das heißt, er hatte sich ganz Gott ausgeliefert. Da war kein Rückhalt mehr, sondern er vertraute darauf, dass es Gott möglich ist, auch wenn er nicht wusste, wie es geschehen sollte. Weil es ihm dann zu lange dauerte und er nicht wusste, wie es laufen würde, änderte er sich nicht. Hinterher merkte er, dass es doch der falsche Weg war, und Gott bestätigte ihm, dass es auch anders geht.
Vers 20 sagt: "Und zweifelte nicht durch Unglauben an der Verheißung Gottes, sondern wurde gestärkt im Glauben, weil er Gott die Ehre gab." Hier sehen wir eine Gegenüberstellung: Abraham wird beschrieben, wie er geglaubt hat. Er zweifelte nicht durch Unglauben – und Unglauben heißt so viel wie Nichtvertrauen – auch wenn es mal eine Phase zwischendurch gegeben haben mag.
Er hielt an diesem Vertrauen und an der Verheißung Gottes fest. Hier sehen wir, worauf sich dieser Glaube stützt. Der Glaube beruht nicht auf eigenen Wünschen oder Vorstellungen, sondern darauf, dass Gott ein Versprechen gegeben hat, eine Verheißung, an die Abraham festhalten konnte.
Dann sehen wir, dass die beiden Worte "Glaube" und "gestärkt durch Glauben" zusammengenommen werden. Wenn wir auf Gott vertrauen und merken, dass wir uns ganz Gott ausliefern können, werden wir gestärkt. Denn wir werden nicht mehr von Unglauben und Zweifel zerfressen.
Wenn ich ständig unsicher bin, ob es klappen wird, wie es morgen ausgeht, was im nächsten Jahr passiert, ob ich im Krankenhaus liege oder sterbe, dann werde ich ständig ängstlich sein. Ich muss mich immer absichern – wie das ja gerade in Deutschland und der Schweiz der Fall ist.
Ich glaube, nirgendwo gibt es so viele Versicherungen wie in Deutschland und der Schweiz. Es gibt Fußballspieler, die ihre Füße und Beine versichern, Models, die ihr Gesicht versichern, und viele weitere Versicherungen. Das zeigt, dass die Menschen in Unsicherheit leben und nicht diese vertrauensvolle Hingabe an Gott kennen.
Sie wissen nicht, was es heißt, sich ganz loszulassen und zu wissen: Gott wird sorgen. Selbst wenn ich krank werde, im Krankenhaus liege oder sterbe, Gott ist da. Es passiert nichts, was an Gott vorbeigeht, ohne dass er es wüsste und gebilligt hätte.
Dieses Vertrauen, diese Hingabe hatte Abraham. Deshalb wird gesagt, er wurde gestärkt im Glauben, weil er der Verheißung Gottes vertraut hatte. Auf der anderen Seite hatte er nicht diesen ständigen Zweifel, diesen Unglauben, der das Leben unruhig macht und innerlich kaputt macht.
Die Rechtfertigung durch den Glauben an Jesus Christus
Ja, wir wollen in den letzten Minuten noch einmal die Verse 25 und die ersten Verse aus dem fünften Kapitel vor Augen führen. Ich beginne mit Kapitel 4, Vers 23. Einen Moment, Kapitel 4, Vers 23:
„Es ist aber nicht allein seinetwegen geschrieben, dass es ihm zugerechnet worden ist, sondern auch um unseretwegen, denen es zugerechnet werden soll, die wir an den glauben, der Jesus, unseren Herrn, aus den Toten auferweckt hat, der unserer Übertretungen wegen dahingegeben und unserer Rechtfertigung wegen auferweckt worden ist.“
Das habe ich schon vorher kurz zusammengefasst, hier steht es noch einmal. Gott ruft aus dem Tod heraus und kann diesen Jesus sogar wieder lebendig machen. Weil wir das wissen, wissen wir auch, dass er unser Leben in der Hand hat. Er wird uns aus dem Tod herausrufen und wieder lebendig machen.
Hier sehen wir eine Gegenüberstellung und Fortführung der Argumentation mit Abraham. Abraham hat geglaubt, und wir sind langsam beim zweiten Teil des Titels angekommen, den ich genannt habe: „Abraham – Vertrauen als Erfolgsrezept“. Ich denke, es ist tatsächlich so, dass heute viele Dinge angeboten werden, wie man erfolgreich sein kann – im Beruf, im Alltag.
Ich habe neulich in einer Buchhandlung ein Buch gesehen mit dem Titel „Die Kunst, ein Egoist zu sein“. Das war ein Anleitungsbuch, wie man im Leben erfolgreich wird. Der Autor wollte den Leuten Mut machen: „Denk nur möglichst an dich, denk gar nicht an die anderen, dann wirst du erfolgreich sein.“ Solche Ansichten gibt es heute auch.
Das widerspricht natürlich völlig dem, was wir in der Bibel lesen. Aber es ist die letzte Konsequenz, wenn ich für mein Glück allein verantwortlich bin und alles selbst in die Hand nehmen muss, um es aufzubauen. Bei Abraham sehen wir dagegen das Vertrauen zu Gott.
Schauen wir uns an, wo der Erfolg bei Abraham in seinem Leben liegt. Nehmen wir ganz konkret das, was wir aus seinem Leben in Erinnerung haben: Wo war der Erfolg seines Lebens mit Gott? Ganz bestimmt auch darin, dass Gott ihn durch materiellen Reichtum gesegnet hat – ganz sicher.
Hier wurde auch gesagt, dass er durch seinen Sohn gesegnet war. Gott hat in besonderer Weise seine Stärke erwiesen und sein Versprechen gehalten. Noch weiter: Wo war Abraham noch erfolgreich? Das ist sehr wichtig, und darauf kommen wir gleich noch zu sprechen, denn Paulus sagt uns das auch gleich in Kapitel 5.
Ja, Gott hat ihn bewahrt. Wir können sagen, er hat ihm ein hohes Alter geschenkt. Ganz irdisch gesehen hat sich Gott zu ihm gestellt. Tatsächlich ist ein Volk aus ihm hervorgegangen. Obwohl Abraham schon lange tot war, hat Gott sein Versprechen bewahrt und bis heute sein Volk Israel beschützt – angefangen mit dem Glauben, den Abraham erwiesen hat.
Da ist also eine ganze Menge. Wenn wir rein menschlich fragen: Kennen Sie irgendeinen anderen Menschen mit Namen, der zur Zeit Abrahams gelebt hat? Ja gut, Lot, aber ich meine außerhalb der Bibel. Da sehen wir doch, dass viele Menschen heute sich anstrengen und sagen: „Ich will einmal berühmt werden.“
Ich habe mal jemanden erlebt, der gesagt hat: „Ich will Bundeskanzler werden.“ Ob er es wird, weiß ich nicht, noch ist er nicht so weit. Aber es gibt viele, die sich einen Namen machen wollen, wie wir es auch im ersten Buch Mose lesen beim Turmbau zu Babel. Sie wollten etwas Großes tun, damit sie in Erinnerung bleiben.
Dann überlegen wir mal: Nennen Sie mir einen deutschen König, der vor dreihundert Jahren gelebt hat. Das ist schon schwierig. Vielleicht erinnern sich manche noch an die Frühzeit, an Preußen, Friedrich den Großen und so weiter. Aber wir sehen, wie schnell das Vergessen über die Menschen hinweggeht.
Wenn wir aber in der Hand Gottes sind und mit Gott zusammenleben, dann ist unser Leben von Bestand. Dann sind wir, wie wir vorher im Römerbrief gelesen haben, nicht der Vergänglichkeit und dem Verfaulen anheimgegeben. Stattdessen lebt die Ewigkeit in uns, mit der wir weiterleben werden.
Frieden mit Gott und die Hoffnung in der Herrlichkeit Gottes
Ich möchte einige Verse ab Vers 5 ansprechen, in denen Paulus uns vor Augen führt, was wir davon haben, wenn wir im Leben mit dem Vertrauen auf Gott leben.
Vers 5: „Da wir nun gerechtfertigt worden sind aus Glauben, so haben wir Frieden mit Gott durch unseren Herrn Jesus Christus.“ Das ist das, was Sie gerade gesagt haben: Frieden mit Gott. Und das ist das Höchste, was der Mensch haben kann.
Ich habe ja, als wir die erste oder zweite Stunde hatten, das Wort „Frieden“ etwas erklärt. Frieden heißt nicht nur Waffenstillstand, sondern Frieden bedeutet, genug zu haben, sich ganz zurücklehnen zu können und zu wissen: Ja, da ist eine vertrauensvolle Beziehung, alles zu haben, was ich brauche. Anita hatte einmal gesagt: Nicht alles, was ich mir wünsche, aber alles, was ich brauche. Das ist ein Unterschied, auf den wir achten sollten.
Hier geht es um Frieden mit Gott zu haben. Das ist auch das, was Billy Graham, ich denke, in seinem Buch „Frieden mit Gott“ herausgestellt hat. Viele haben dieses Buch gelesen, und es hat vielen weitergeholfen. Billy Graham hat das als den zentralen Punkt herausgestellt, auf den es ankommt.
Wir leben in einem Kriegszustand mit Gott – das steckt dahinter. Denn Menschen, die selbstgerecht sein wollen, hören nicht auf Gott. Wir haben gestern gelesen, dass sie störrisch gegenüber Gott sind und seine Gnade verachten, weil sie sagen: Das brauche ich nicht, mach du, was du willst, ich werde selbstgerecht. Das ist Kriegszustand mit Gott.
Und hier lesen wir: Derjenige, der auf Gott vertraut, wird in Frieden mit Gott leben können.
Dann lesen wir in Vers 2: „Durch den wir im Glauben auch Zugang haben zu dieser Gnade, in der wir stehen, und rühmen uns aufgrund der Hoffnung der Herrlichkeit Gottes.“ Wir haben Zugang bekommen. Dieses Zugangbekommen zur Gnade müssen wir uns wieder etwas zurückversetzen in die damalige Zeit.
Heute gibt es ja nicht mehr so viele Könige und Kaiser, und diejenigen, die es noch gibt, haben nicht viel zu sagen. Aber früher bedeutete „Zugang bekommen“ eine Audienz vor dem König zu bekommen. Und wie bekam man so etwas? Ganz genau: Da musste irgendjemand am Hof des Königs oder Kaisers sein, der einen kannte – irgendein Offizier, der Sohn des Königs oder ein Beamter –, der sagte: Also, da ist einer, der gerne mit dir sprechen will. Denn wenn da jemand kommt, warum sollte der König ihn vorlassen?
Und wer macht denn diese Fürsprache bei uns? Ganz genau: Wir haben auch eine Audienz bei einem König, aber bei dem höchsten König, den es überhaupt geben kann. Bei dem König aller Könige, könnte man sagen. Und auch das Wort wird heute schon so oft gebraucht für andere Leute. Haben Sie das mal gehört? Manche bezeichnen sich selbst als „König aller Könige“. Zum Beispiel wurde der Kaiser von Äthiopien eine Zeit lang so genannt. Aber das trifft nicht zu. König aller Könige ist Jesus Christus.
Er ist der Schöpfer der Welt, der mit einem Wort, nicht mal mit einem Finger zeigen muss, die Welt vernichten könnte, wenn er es wollte – und es auch einmal tun wird, wie er gesagt hat.
Und bei ihm haben wir eine Privataudienz. Zu ihm können wir kommen, und wir können sogar jeden Morgen zu ihm kommen, in seiner Gegenwart stehen und mit ihm sprechen. Er hört uns zu und nimmt sich Zeit für uns.
Das ist das, was wir haben können: Durch das Vertrauen auf Gott, durch das Leben mit Gott haben wir ein Recht bekommen. Durch die Fürsprache Jesu haben wir die Möglichkeit erhalten, mit Gott ganz persönlich zu sprechen.
Wir haben einen Zugang bekommen zu dem Herrn dieser Welt und dadurch auch zu seiner Gnade, wie wir das in Vers 2 lesen.
Dann können wir uns rühmen. Aber wir rühmen uns nicht mehr darüber, was wir selbst alles Gutes getan haben – so wie sich Abraham auch nicht gerühmt hat, was für ein toller Mann er war. Sondern wir rühmen uns, wie hier steht, der Hoffnung und der Herrlichkeit Gottes. Nicht uns, sondern Gott verherrlichen und rühmen wir, wenn wir Gott kennengelernt haben und wissen, dass wir selbst nichts an unserer Rettung beitragen können.
Vers 3: „Nicht allein aber das, sondern wir rühmen uns auch in den Bedrängnissen, da wir wissen, dass die Bedrängnis Ausharren bewirkt, das Ausharren aber Bewährung, die Bewährung aber Hoffnung. Die Hoffnung aber lässt nicht zu Schanden werden, denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben worden ist.“
Hier haben wir noch einige weitere Punkte, die unseren Erfolg im Leben ausmachen – Erfolg, wenn wir mit Gott im Vertrauen leben.
Selbst was Menschen als totale Niederlage betrachten, nämlich wenn wir in Bedrängnis sind, wenn es uns schwer geht, wenn wir zusammengedrückt werden – das Wort „Bedrängnis“ bedeutet Not. Das deutsche Wort „Enge“ hat etwas damit zu tun, nicht wahr? Wir werden in die Enge getrieben.
Selbst in dieser Situation dient es uns noch zum Vorteil, sagt Paulus hier. Da, wo andere Menschen sagen, das ist doch die größte Niederlage, sagt Paulus: Wenn wir im Vertrauen auf Gott leben – wie wir das ja auch kennen –, dann werden alle Dinge zum Besten dienen, so wie wir das an anderer Stelle lesen.
Die Bedrängnis bringt uns weiter, weil wir wissen: Gott steht dahinter. Das kommt nicht willkürlich und zufällig. Und weil wir durch die Bedrängnis wachsen und Gott ähnlicher werden können, Jesus ähnlicher werden können, mit Gott etwas erfahren und erleben können.
Ich weiß nicht, wie es Ihnen gegangen ist, aber ich habe in meinem Leben oft in Situationen, in denen es schwer lief, in denen ich Angst hatte und nicht wusste, wie es weitergeht, ganz besonders das Eingreifen und die Nähe Gottes gespürt. Im Nachhinein kann ich sagen: Ich hätte zwar gerne auf die Bedrängnis, auf die Schwierigkeiten verzichtet, aber nicht auf das Erleben des Trostes und der Nähe Gottes.
Ich erinnere mich an das einzige Mal, wo ich in meinem Studium bei einer Prüfung durchgefallen bin. Das war bei der ersten griechischen Prüfung. Denn mich hatten die anderen Sachen des Studiums schon so sehr interessiert, dass ich viel mehr Zeit dort hineingesteckt hatte und nicht genügend gelernt hatte, muss ich dazu sagen.
Dann kam die Prüfung, und ich hatte gehofft: Na, es genügt wohl doch noch. Und dann bin ich durchgefallen. Zunächst war ich erschrocken, denn so etwas war mir noch nie passiert. Ich war vorher noch nie in einer Prüfung durchgefallen – das war erst einmal ein Schock.
Hinterher weiß ich nicht, wie es gekommen ist, aber ich saß wieder in meinem Zimmer in Basel und überlegte: Was ist das? Und plötzlich merkte ich innerlich, ich kann mich freuen, trotz der durchgefallenen Prüfung. Ich musste mir auch keine Sorgen machen, wie es weitergeht, sondern innerlich wusste ich irgendwie: Das ist doch von Gott.
Später habe ich gemerkt, dass ich es gebraucht habe, um andere Studenten verstehen zu können, denen das Lernen schwerer fällt. Für die hatte ich vorher gar kein Verständnis. Ich dachte, das Lernen macht doch Spaß, das geht doch leicht und gut.
Erst dadurch, dass ich selbst mal erlebt habe, wie es ist, wenn man durchfällt, konnte ich sie verstehen und sehen, wie schwer es für sie ist und wie viel sie dafür einsetzen müssen.
Da habe ich gemerkt: Gott hat mich weitergebracht, hat mir geholfen, auch da, wo es unangenehm war. Das ist nur ein Beispiel unter vielen anderen, die Sie sicherlich auch anführen könnten.
Das Ausharren in der Bedrängnis, auch wenn es längere Zeit braucht, wirkt. Bewährung wirkt, und Bewährung wirkt die Hoffnung.
Wenn wir mit Gott leben und in Schwierigkeiten kommen und dort ausharren, wächst die Hoffnung darauf, dass Gott uns erlösen wird. Die Hoffnung darauf, dass es einmal bei Gott anders sein wird. Und die Hoffnung ist das feste Vertrauen darauf, dass Gott trotzdem noch alles in der Hand hat.
Durch den Heiligen Geist, den Gott in uns hineingibt, haben wir ein innerlich verändertes Leben. Wir erfahren die Liebe Gottes, wir werden getröstet.
Jesus nennt es ja auch mal: „Ich werde euch den Tröster senden.“ Gerade hier, wo Paulus von Bedrängnis spricht, wird uns der Tröster beistehen. Er wird bei uns sein, unseren Glauben stärken.
Wir müssen den Glauben nicht selbst produzieren, sondern können darauf vertrauen, dass der Heilige Geist den Glauben in uns erhält und uns kräftigt.
Zusammenfassung: Abraham als Vorbild des Glaubens und Vertrauens
Ich fasse zusammen: Wir haben Abraham gesehen, der auf Gott vertraut hat. Nicht seine Werke haben ihn errettet, sondern sein Vertrauen in Gott. Das zeigte sich, als er aus Haran weggerufen wurde und als ihm sein Sohn verheißen wurde, obwohl er bereits über hundert Jahre alt war.
Dann haben wir die Auswirkungen dieses Vertrauens betrachtet. Wie ich es genannt habe, gab es ein Erfolgsrezept: Abraham war innerlich gestärkt. Er konnte auf Gott vertrauen, selbst in schwierigen Situationen. Er ergab sich nicht dem Zweifel oder dem inneren, ihn zerfressenden Unglauben.
Durch den Heiligen Geist erhielt er die Gewissheit, dass das, was Gott ihm versprochen hatte, auch wirklich stimmt. Darüber hinaus fand er Frieden mit Gott – das Höchste, was wir haben können. Dieser Friede umfasst die Welt und möchte auch uns in die Gegenwart Gottes hineinnehmen.
Wir haben die Möglichkeit, ständig in Verbindung mit Gott zu stehen und zu treten. Gott hört uns zu, erfüllt das, was wir brauchen, und hält uns an der Hand. Abraham hat eine Audienz bei Gott erfahren. Er hat Gnade empfangen und muss nicht ständig in der Sorge leben: Bin ich genug vor Gott? Muss ich noch etwas tun, oder genügt es?
Wir sind nicht allein in unserer Bedrängnis. Wenn es uns schlecht geht, wissen wir, dass Gott seine Hand darüber hält und an unserer Seite steht. Wir beten.