119 fährt 71. Es ist gut für mich, dass du mich gedemütigt hast, damit ich deine Gebote lerne.
Freude an Gottes Wirken und die Herausforderung des Losungswortes
Ich bin heute fröhlich, denn in den letzten Tagen habe ich viele schöne Erfahrungen gemacht. Am liebsten würde ich heute und morgen überall von den großen Erlebnissen mit Gott sprechen. Ganz persönlich möchte ich teilen, was ich in den letzten Tagen erlebt habe und wie ich Bestätigungen erfahren habe, dass Gott durch sein Wort zu uns spricht.
Ich finde es auch sehr schön, wenn Gemeindeglieder sich im Gottesdienst beteiligen. Am schönsten wäre es, wenn wir jetzt keine Predigt hätten, sondern einfach mit dem Nebenmann austauschen könnten, was jeder mit Gott erlebt hat. Wenn man hört, was andere mit Gott erfahren haben, dann merkt man, wie viel Wunder Gott tut und wie mächtig er wirkt. Darüber muss man sprechen, denn es sind große Dinge.
Man kann erfahren: „Schmeckt und seht, wie freundlich der Herr ist.“ Wohl dem, der darauf vertraut. Doch heute Morgen wurde uns ein bestimmtes Wort gegeben. Beim Losungsbüchlein ist es so, dass man das Wort nicht selbst suchen kann. Es wird einem nicht von uns gewählt oder bestimmt, sondern es wird uns gegeben.
Solche Worte können manchmal besonders wirken, weil sie auf den ersten Blick überhaupt nicht zu passen scheinen.
Die Herausforderung der Demütigung als Gottes Weg zur Erkenntnis
Demütigung – Was hat das mit mir heute Morgen zu tun? Das sind Worte, bei denen Gott uns zunächst etwas eröffnet. Das ist mein erster Punkt.
Eine schöne Bescherung! Viele sind heute Morgen zum Gottesdienst gekommen, doch sie suchen genau das Gegenteil. Sie sind innerlich schon in Gefahr, sich zu sträuben und zu sagen: „Verschone mich!“ Sie denken: „Wenn du wüsstest, wie angefochten ich bin, wenn du wüsstest, wie wund alles in meinem Leben ist. Ich brauche heute Morgen ein Trostwort, ich brauche Ermutigung, ich brauche Freude.“
Vielleicht sagen manche: „Suche doch einen anderen Text!“ Ja, das verstehe ich. Man braucht ein anderes Wort, das uns aufrichtet.
Dann könnte jemand sagen: „Wenn du schon von Demütigungen sprichst, dann sag doch wenigstens das, was auch in der Bibel steht: Der Herr richtet auf, die niedergeschlagen sind. Den Demütigen gibt er Gnade.“ Richtig, das steht in der Bibel. Aber das ist nicht unser Losungswort heute Morgen.
Lassen Sie mich heute Morgen über dieses Losungswort sprechen, weil es widersprüchlich ist. Dieses Losungswort beißt sich, es reibt sich mit dem, was wir wollen. Es ist ein ärgerliches Wort: Wenn Gott uns demütigt.
Kennen Sie Demütigungen? Demütigungen sind schlimm. Demütigungen sind grausam.
Die Realität und Wirkung von Demütigungen
Wenn Menschen erzählen, wie Frauen von ihrem Mann gedemütigt wurden, dann sind das oft Geschichten, die tief berühren. Es handelt sich dabei häufig um Frauen, die eigentlich nicht aus meinem Umfeld stammen. Die Demütigungen, die sie erlebt haben, waren so schlimm, dass sie kaum in Worte zu fassen sind.
Oder wenn jemand sein Arbeitsverhältnis kündigt, obwohl er nicht weiß, ob er wieder Arbeit finden wird, weil die Demütigungen am Arbeitsplatz so unerträglich waren. Solche Berichte erinnern uns an Erzählungen aus dem Konzentrationslager (KZ).
Wir denken an die Wachmannschaften, die dort Professoren und andere hochgebildete Menschen gedemütigt haben. Diese Szenen bleiben unvergesslich. Ein besonders eindrückliches Beispiel stammt aus einer Zeit der Revolution. Dort haben die Revolutionäre Geiseln verspottet. Unter ihnen war auch ein russisch-orthodoxer Erzbischof, der großen Wert auf seine kostbaren Gewänder legte.
Um ihn zu demütigen, befahlen die Wachmannschaften ihm, einen stinkenden Klo-Eimer herauszustrecken. Ein Mitgefangener flüsterte ihm zu: „Um Jesu willen, trage die Demütigungen.“
Warum treffen uns Demütigungen so tief? Das kann nicht nur ein gedankenlos dahingesagtes Wort sein. Die Demütigung verletzt und trifft uns tief. Oft weiß derjenige, der demütigt, gar nicht, was er sagt, aber er trifft eine Wunde.
Hier zeigt sich, wie verletzlich unsere Persönlichkeit ist. Außen herum haben wir nur eine ganz dünne Schale. Diese Schale besteht aus einem Stück Kulturschutz, das man sieht, wenn man mit jemandem spricht. Man sagt höflich „Herr“ oder „Frau“. Doch durch diese vornehme Art des Umgangs kann eine Verletzung hindurchbrechen und uns tief treffen.
Diese Verletzung sitzt ganz tief und wirkt tatsächlich. Ich bin verwundbar, das stimmt. Ich bin verletzlich. Die Anerkennung und Ehre, die ich von anderen Menschen bekomme, hilft oft wenig. Die Demütigungen sind kaum auszuhalten. Sie sind so schlimm, dass man manchmal nicht mehr weiterleben kann.
Menschen, die uns demütigen, tun dies oft mit Absicht. Sie mögen es, uns niederzudrücken und an den Rand zu stellen.
Die besondere Bedeutung der Demütigung durch Jesus
Und heute? Morgen soll das Thema im Gottesdienst Demütigungen sein. Nicht die von Menschen, sondern die, die Jesus schickt. Der Jesus, der sagt: „Lernt von mir, ich bin sanftmütig und demütig.“ Wenn er uns Demütigungen zulässt, dann sind diese ganz anders als die von Menschen. Dann können Sie selbst die Demütigungen von Menschen ertragen und sagen:
Die Seelsorge Jesu trifft mich endlich da, wo ich so verwundbar bin – in meinem innersten Personenkern, meinem Ich. Dort, wo ich nur noch Sumpf sehe, in dem ich zu versinken drohe. Eigentlich sprechen wir ja jeden Sonntag, in jeder Bibelstunde, in jedem Hauskreis und bei jeder Bibellese von dieser Demütigung, die Gott uns zumutet. Wenn er nämlich plötzlich alle Etikette und Formen des menschlichen Anstands und der Ehre durchbricht und mit uns über unser Herz redet.
Wissen Sie, dass Ihr Herz ein unheimlicher Schlund ist, aus dem das Böse herauskommt? Dort werden die ganzen schrecklichen Entscheidungen geboren, und es kommen so viele schlimme Gedanken. Wie konnte Jesus sagen, dass aus dem menschlichen Herzen böse Gedanken, Eifersucht, Neid, Hass und Betrug kommen? Das steckt alles in mir drin.
Und wenn Sie manchmal von Menschen gedemütigt werden, dann können Sie das gut aushalten. Sie brauchen nicht darüber zu erschrecken. Sie müssen sagen: „Mir hat mein Herr und Meister noch viel grässlichere Bilder gezeigt, was in mir wohnt.“
Ich möchte heute Morgen eine gewagte Formulierung probieren, damit Sie es nicht vergessen: Die Demütigungen Gottes in Ihrem Leben sind Gnadengaben, Charismen, Segensgaben. Preisen Sie Gott dafür! Preisen Sie ihn darüber, wenn Sie in die Tiefe geführt werden, wenn Sie über sich selbst erschrecken und sagen: „Ich hätte gar nicht geahnt, was da in mir drin stecken kann.“
Die Notwendigkeit der Demütigung für geistliches Wachstum
Für Not und für Leiden? Zweitens: Das muss sein. Das muss wirklich sein.
Das Erste war die merkwürdige Bescherung, dass uns Gott Gnade als Gnadengabe schenkt – gerade durch diese Demütigungen. Das muss sein.
Warum muss das so sein? Sie werden im Gottesdienst und in ihrem persönlichen Glauben erst dann etwas mitnehmen, wenn Gott sie demütigen kann. Davor nicht. Vielleicht meinen Sie, dass die Predigt sie angesprochen hat und dass sie tief beeindruckt waren? Ich glaube das nicht. Erst wenn sie gedemütigt sind, erst dann. Wenn sie ihr eigenes Herz kennen und wissen, was sich unter dem Wort Sünde ganz konkret in ihrem Leben verbirgt.
In unseren Tagen gibt es viele Christen, die große Pläne haben: was sie alles tun, schaffen und machen wollen. Sie reden dauernd von den Aktionen, die sie planen. Aber sie sprechen kaum über ihre eigene Not. Über die Sünde und die Ungerechtigkeit ihres Lebens. Und das ist schlimm.
Ich möchte, dass an jedem Sonntag und in jedem Augenblick, in dem Sie Gottes Wort lesen, eines im Mittelpunkt steht: Wenn wir Gott nahen, müssen wir uns bewusst sein, dass wir gar nicht zu ihm kommen können. Nein, wir sind Menschen von Staub und Asche.
Wir werden uns bewusst, was wir sind. Wir, die wir heute mit großem Mundwerk auftreten, sind doch kleine Leute, die bald hinausgetragen und im Grab bestattet werden. Wer sind wir denn vor dem ewigen Gott?
Da heißt es in einem Psalmwort: Wenn du mich demütigst, machst du mich groß. Die Demütigungen Gottes sind anders als die von Menschen. Menschen demütigen, um uns zu verletzen, zu entwaffnen und willfährig zu machen. Aber wenn Gott uns demütigt – und Gottes Wort demütigt uns immer – dann soll kein Platz mehr sein für Hochmut und Prahlerei.
Warnung vor Hochmut und falschem Selbstbewusstsein
Vor ein paar Tagen wurde in den USA eine Fälscherwerkstatt ausgehoben. Dort wurden Dollar gedruckt – insgesamt 25.000.000 Stück. Alles Falschgeld. Die Täter dachten, sie könnten dieses falsche Geld unter die Leute bringen, weil es täuschend ähnlich aussieht.
Die Falschmünzerei, die Christen betreiben, ist jedoch noch viel schlimmer. Wenn jemand Dollar druckt, ist er einfach ein Betrüger. Doch wenn Christen im geistlichen Bereich fälschen, ist das schlimmer, denn sie tun es im Namen Jesu und geben vor, in der Kraft Jesu zu wirken.
Sie tun so, als ob sie aus Glauben handeln, doch das stimmt nicht. Wir tun so viele Dinge in unserem Leben aus eigenem Können und sind stolz auf unser Wissen. Wir packen die Aufgaben an, ohne wirklich auf Gott zu vertrauen. Vielleicht ist es bei Ihnen ähnlich: Jemand, der sehr stolz auf sich ist, sagt: „Ich mache keinen Unfall mit meinem Auto.“ Und schon beim nächsten Einparken bleibt er hängen. So geht es uns allen.
Wir richten oft lieblos über schlechte Menschen. Doch wenn wir in unser Herz schauen, sehen wir Gedanken an Ehebruch und Unreinheit. Wir werden von Gier nach Macht und Geld getrieben. Das sollte bei Christen nicht einmal über die Lippen kommen.
Doch genau das tun wir oft: Wir handeln leichtfertig, als ob wir alles selbst könnten. Wir betrügen den heiligen Gott und tun so, als könnten wir alles aus eigener Kraft bewältigen – so wie es heute viele tun.
Lasst uns die Aufgaben mutig anpacken. Wir sind die Evangelische Kirche in Deutschland, und wir machen das jetzt. Das soll die Welt sehen: Wir kommen! Und wir wollen zeigen, wie Gläubige die Dinge richtig anpacken. Wir wollen ein Beispiel geben, an dem man sich orientieren kann.
Wundern Sie sich nicht, wenn Ihr Christenleben nur aus Stroh, Holz und Heu besteht – also nichts Dauerhaftes und nichts, was Bestand hat. In der Bibel steht überall, wie Gott gegen die Hochmütigen und Stolzen kämpft.
Wir entschuldigen uns oft mit den Worten: „Das war doch gut gemeint.“ Oder: „Das war nur ein Stück Selbstbewusstsein.“ Heute ringen viele um ihr Selbstbewusstsein und betonen die Stärkung der eigenen Persönlichkeit, um sich zu stabilisieren.
Doch ich sage: Lass doch dein Ich von Gott erneuern und stabil werden. Darum geht es in der Seelsorge Jesu – damit wir uns nicht dauernd mit unserem schwachen Ich brüsten müssen.
Die biblische Warnung vor Hochmut und die Notwendigkeit der Demut
Ganz am Anfang der Bibel steht, wie Eva und Adam sein wollten wie Gott. Welch ein Hochmut, sein wie Gott zu wollen. Es gibt auch Menschen, die gut sein wollen, als könnten sie es wirklich. Doch wann sind sie denn gut? Sind sie nicht vermessen?
Darum macht Gott ihnen bewusst, dass sie sterblich sind, und er vertreibt sie vor seinem Angesicht. Das sind die Menschen, die eine Stadt bauen wollen und einen Turm errichten, und sagen: „Einen Namen müssen wir diesem vergänglichen Geschlecht machen.“ Doch der Herr zerstreut sie vor seinem Angesicht.
Jedes Mal, wenn ich in fremden Ländern die vielen Sprachen höre, die man nicht verstehen kann, werde ich daran erinnert, wie Gott uns klein hält. Das Menschengeschlecht kann nicht einmal die babylonische Sprachenverwirrung überwinden. Sprachforscher wissen nicht einmal genau, wie viele Sprachen auf dieser Erde gesprochen werden.
Dann kommt der Pharao mit seinen Rossen und Wagen und jagt den Israeliten nach. Er sagt: „So die Kriege ich!“ Und er kommt bis zum Toten Meer.
Da war Nebukadnezar, König über Babylon, stolz. Wer liegt dann draußen, bei dem im Freien, wie ein Tier? Weil der Herr ihn verstoßen hat.
In der Apostelgeschichte steht von einem König Herodes, der sich auf seinen Thron setzen lässt. Das ist ein anderer Herodes als der aus der Weihnachtsgeschichte. Dieser andere Herodes sitzt auf seinem Thron, und das Volk schreit begeistert: „Das ist nicht eines Menschen Stimme, das ist Gottes Stimme!“ Doch alsbald wird er von Würmern gefressen.
Die Nüchternheit der Bibel zeigt: Da kommt eine scheußliche Krankheit, und Herodes stirbt elend.
Aber das Schlimme ist, dass Gott auch mit seinen Leuten Macht hat, mit denen, die ihm dienen. Da war David, jener gesegnete Mann, der so viel von der Stärke Gottes reden konnte und die Gnade Gottes besungen hat. Doch auch er war nicht davor gefeit, eines Tages sein Volk zu zählen, weil er stark sein wollte – selber stark sein: „Ich habe doch meine eigene Armee.“
Gott lässt das nicht zu, und es kommt zu einem schrecklichen Sterben in Jerusalem, sodass seine ganzen Zahlen nicht mehr stimmen.
Ganz ähnlich war es mit König Hiskia. Ich könnte fortfahren, Ihnen von ihm zu erzählen. Er war ein König, der stolz war. Er hatte ein Schatzhaus, Devisenreserven, mit denen er überbrücken konnte. Als die Gesamtnote Ägypten kam, führte er sie in seinen Schatz und sagte: „Ich habe ja auch was auf die Kante gelegt.“
Doch Gott, der Herr, sagt zu Hiskia: „Weil du stolz warst in deinem Herzen ...“
Wissen Sie, gegen die Lästerungen unternimmt Gott gar nicht viel. Gegen den Spott der Gottlosen tut Gott wenig. Da ist doch viel geschehen in dieser Welt. Aber gegen stolze und hochmütige Menschen, besonders die, die seinen Namen tragen, kämpft Gott mit der ganzen Macht seines Armes.
Gottes Wirken in Zeiten des Scheiterns und der Demütigung
Und jetzt wundern Sie sich nicht, wenn Gott wieder mit uns streitet. Ich habe das so oft erlebt: Wenn Schulstunden misslungen sind, wenn man in disziplinarischen Fragen nicht weiterkam und wenn man mit vielen Aktionen gescheitert ist – zum Beispiel bei Baugesuchen. Im Domgarten hängt seit Monaten etwas, und kein Mensch weiß, warum es nicht vorwärtsgeht.
Das sind überall Dinge, bei denen Gott uns den Weg versperrt. Man merkt, dass nichts aus meiner Hand kommt, sondern immer nur von ihm. Es gibt viele Situationen, in denen Gott uns demütigt. Und dann fragen die Menschen: Warum? Warum? Sie lehnen sich auf, sie regen sich auf.
Da muss man mal die Bibel lesen, zum Beispiel die Klagelieder. Dort steht: „Er versperrte mir meinen Weg“, sagt der Herr selbst. Es ist, als ob ich auf einen Kieselstein beiße, sagt Jeremia. Gott schießt Pfeile, und ich bin das Ziel, auf das die Pfeile geschossen werden. So fühlt er sich.
Doch diese Demütigungen dienen nur einem Zweck: dass ich vor Gott einmal meine Not und mein Elend ausspreche. Dieser eine Punkt ist wichtig. Und dann kann ich Gnade ergreifen. Kann man das wirklich lange wegschieben?
Petrus, der so viel von Demut spricht, hat das selbst erlebt. Wir haben es vorhin in der Schriftlesung gehört: Den Demütigen gibt Gott Gnade. Petrus hat in der Nacht des Verrats erfahren, was Demütigung bedeutet. Er stolperte hinein, war voller Verzweiflung über sein Versagen.
Darum hat Jesus ihm den Schurz umgebunden und ihm die Füße gewaschen, weil er den Demütigen mit unendlicher Gnade begegnet.
Liebe Schwestern und Brüder, das eint uns hier als Gemeinde: Wir sitzen alle nur vor Jesus und lassen uns die Füße putzen. Und wir brauchen das jeden Tag, jede Stunde bitter nötig. Niemand sollte mehr denken, er habe etwas Eigenes darin, etwas vom eigenen Können oder Machen. Sonst ist alles nur das Erbarmen Jesu und seine Gnade, die mich trägt, wenn ich glauben kann oder wenn ich etwas wirken kann.
Alles ist nur sein großes Signal, nicht mein Können und Wissen, nicht dein großes Planen. Darum müssen die Demütigungen sein. Das ist ganz wichtig für uns.
Wenn Sie die Stellen alle aufschlagen, die die Konkordanz Ihnen zeigt, zum Beispiel Seite 57, wo Gott sagt: „Ich wohne in der Höhe und im Heiligtum“ – wo hat er seine Gegenwart? Bei denen, die zerschlagen und demütig im Geist sind.
Ach halt mal! Nicht bei den Treuen, nicht bei den Guten, sondern bei den Demütigen. Dort ist Gottes Gegenwart.
Und ich kann Gottes Nähe nur haben, ob Sie jetzt einen Hauskreis leiten, für eine Jungschar verantwortlich sind oder in Ihrer Familie und im Beruf wirken. Gott kann Sie nur segnen, wenn Sie demütig sind und alles aus seinen Händen empfangen.
Das ist wunderbar: Gott widersteht den Hochmütigen, aber den Demütigen gibt er Gnade und erhebt sie aus dem Staub. Dann nimmt er sie in seinen Dienst und hat seine ganze Geschichte immer nur mit solchen Leuten gemacht, die alles aus seiner Gnade empfangen haben. Ohne die läuft gar nichts.
Wenn Sie meinen, Sie könnten Christentum ohne diese Gnade Jesu leben, ohne dass Sie vollständig von ihr abhängig sind, dann ist das der verrückteste Hochmut, der größte Betrug und eine Falschmünzerei.
Die Bedeutung der Demütigung für das Lernen der Gebote Gottes
Noch ein letztes: Dafür danken. In Psalm 119 heißt es: „Es ist gut für mich, dass du mich gedemütigt hast, damit ich deine Gebote lerne.“
Bevor ich gedemütigt wurde, irrte ich. Bevor Gott mich durch die Demut darauf gestoßen hat, was Gnade in meinem Leben bedeutet, war ich auf vielen falschen Wegen unterwegs. Jetzt bin ich auf dem richtigen Weg.
Was ist denn der richtige Weg? Ich lerne deine Gebote. Die Gebote Gottes sind nichts, das uns einengt. Im Gegenteil: Sie sind der Rahmen, in dem Gott uns segnen kann. Die Gebote sind beglückende Wegmarkierungen, durch die ich weiß, wohin der Weg in die Zukunft führt.
So kann ich erkennen, wo Gott mich hinführt und wie seine Pläne mit mir sind. Darum ist auch die alte Lutherübersetzung nicht schlecht gewesen: „Es ist mir lieb, dass du mich demütigst.“
Man muss von Herzen ja zu den Demütigungen sagen und dabei das Bild Jesu vor Augen haben. Er wollte nichts erzwingen und suchte keine Ehre von Menschen.
Beispiele aus dem Leben für die Kraft der Demut
Karl Hilti war ein bedeutender Staatsrechtsprofessor in der Schweiz im letzten Jahrhundert. Seine Schriften wirken bis heute nach. Wenn man irgendwo in einer alten Bibliothek ein Büchlein von Carl Hilty findet und seine Gedanken darin liest, spürt man die bleibende Relevanz seiner Werke.
Ein Beispiel dafür ist Konrad Adenauer, der bis ins hohe Alter regelmäßig Hilti las. War Hilti nur ein Jurist? Nein, er war auch ein treuer Jünger Jesu. In seinen Gedanken schreibt Carl Hilty das Beste, was einem Menschen passieren kann: die Demütigung durch andere Menschen.
Zunächst hat man lange Zeit Angst davor, was andere einem antun können. Doch man muss einmal ganz tief hindurchgehen. Dann ist man endgültig frei. In dieser Tiefe fragt man sich: Würde ich alle meine Freunde verlassen? Würde ich nicht mehr auf Menschen bauen? Dann rechtfertigt Gott dich, spricht dich gerecht und du erkennst, was Jesus dir schenkt – dass er niemals von dir weicht. Gott ist für dich. Wer kann dann noch gegen dich sein?
Dann wirst du tapfer, mutig und niemals ein Mensch, der sich von Angst beherrschen lässt. Gott braucht keine Menschen, die nur an Demut und Bescheidenheit denken. Ja, Bescheidenheit ist wichtig, wie es in den Sprüchen steht, aber wir wollen für Gott auch etwas Tapferes wagen. Das sind Menschen, die für ihr Leben große Ziele haben und sagen: „Ich möchte in der Weite meines Lebens wirken.“
Ludwig Richter erzählt von dem Maler Schnorr von Carolsfeld. Auch er war mit seinen Plänen als Maler zeitweise gescheitert. Sie kennen sicher die schönen Bilder von Schnorr von Carolsfeld, die viele schon in ihrer Jugend bewundert haben. Und er sagte einmal, dass er ganz ruhig wurde bei dem Gedanken, Steinmetz in einem großen Dom zu werden.
Ludwig Richter meint, die Größe von Schnorr von Carolsfeld zeigt sich darin, dass er nicht ehrgeizig seine eigenen Pläne verfolgte, sondern sagte: „Es genügt mir, an einem großen Bauwerk, an einem Dom, ein kleiner Steinmetz zu sein.“
So wie uns oft ganz unwichtig erscheint, ist es doch wunderbar, wenn Gott uns in seinem Wort den Weg weist und uns einsetzt. Dass er uns zum Dienst ruft, ist ein großes Geschenk. Die Demütigungen lassen uns auf sein Wort hören, und dann spüren wir: Gott hat einen Auftrag für mich, und ich darf ihm dienen. Er gebraucht solche Menschen.
Gott gießt alle seine Gaben in Gefäße der Demut. Sind Sie solch ein Gefäß? Dann kann Gott Sie wunderbar gebrauchen. Sie dürfen zu seiner Ehre wirken. Amen.