Lieber Herr, du sprichst oft ganz anders zu uns, als wir es uns vorstellen – und manchmal genau dann, wenn es uns gar nicht passt. Nicht so, wie unser Fleisch es will, das immer wieder gestreichelt und zärtlich behandelt werden möchte, sondern du kannst auch hart mit uns reden.
Dann merken wir unsere Ohnmacht, ähnlich wie Jakob, der hinkte. Doch wir dürfen durch deine segnende Hand Halt finden und erfahren, dass du da bist und mit uns gehst.
Zeige uns heute Abend auch wieder unter deinem Wort, wo in unserem Leben die Weichenstellungen sind. Lass uns verstehen, wo du uns heute zurückrufst zur Umkehr und zu einem erfüllten Leben. Amen.
Einführung in die Geschichte von Manasse
Zweiter Chronik 33. Wir haben ja immer das Parallel im Königsbuch, aber wir lesen das aus guten Gründen jetzt in der Chronik, weil in der Chronik etwas Wesentliches festgehalten ist, was in den Königsbüchern nicht überliefert ist.
Wir haben den König Manasse in 2. Chronik 33. Manasse war 12 Jahre alt, als er König wurde, und er regierte 55 Jahre zu Jerusalem. Man sollte ja den Kindern auch solche biblischen Geschichten erzählen, besonders wenn sie im Alter von etwa elf oder zwölf Jahren sind. Die Buben hören da gewaltig zu. Gerade das ist so plastisch und anschaulich. Ich bedaure immer wieder, wenn ich von Kindern höre, sie hätten die Geschichte schon so oft gehört. Das ist ja oft nur eine Ausrede. Es gibt in der Bibel so viele Geschichten, die sie nicht kennen und die für sie doch sehr verständlich sind.
Einen König, der im Alter von zwölf Jahren den Thron besteigt, das interessiert jeden Jungen. Und er regierte fünfundfünfzig Jahre zu Jerusalem – eine unglaublich lange Regierungszeit. Man sagt immer, der Gänzer sei der am längsten dienende Außenminister, aber ich glaube, der hat nur etwa 20 Jahre gedient. Manasse jedoch regierte 55 Jahre und tat, was dem Herrn missfiel, nach den gräulichen Sitten der Heiden, die der Herr vor den Israeliten vertrieben hatte.
Wenn wir von Heiden hören, dann denke ich wie immer: Das sind Leute, die bei uns nur so mit dem Namen Christen leben. Wer aber im Israel-Museum in den oberen Stock gestiegen ist, wo die kanonische Religion dargestellt wird, der sagt: Das ist ja eine Ausgeburt der perversen Fantasie, was sich dort allein an den Darstellungen zeigt. Das sind Heiden – Leute, die sich bewusst nicht von Gott, sondern von dämonischen Mächten leiten lassen.
Manasses Abkehr von Gott und seine Götzendienste
Er baute die Opferhöhen wieder auf, die sein Vater Hiskia zerstört hatte. Außerdem errichtete er den Balenaltar, machte Bilder der Aschera und betete das ganze Heer des Himmels an. Er diente ihnen.
Weiterhin baute er Altäre im Haus des Herrn, obwohl der Herr gesagt hatte: „Zu Jerusalem soll mein Name sein, ewiglich.“ Er errichtete Altäre für das ganze Heer des Himmels in beiden Vorhöfen im Haus des Herrn.
Er ließ auch seine Söhne durchs Feuer gehen, das heißt, er brachte Menschenopfer dar. Dabei handelt es sich nicht um ein Feuer, das wie früher beim Johannesfeuer im Tal Ben Hinnom durchgesprungen ist.
Er achtete auf Zeichen und Vogelgeschrei, trieb Zauberei und bestellte Geisterbeschwörer und Zeichendeuter. Er tat vieles, was dem Herrn missfiel, um ihn zu erzürnen.
Zudem stellte er das Bild des Götzen, das er machen ließ, im Haus Gottes auf. Gott hatte zu David und zu seinem Sohn Salomo gesagt: „In diesem Haus zu Jerusalem, das ich erwählt habe vor allen Stämmen Israels, will ich meinen Namen wohnen lassen ewiglich. Ich will nicht mehr den Fuß Israels weichen lassen von dem Land, das ich ihren Vätern bestimmt habe, sofern sie halten und alles tun, was ich ihnen durch Mose geboten habe, nach dem ganzen Gesetz, den Geboten und Rechten.“
Die Herausforderung des Kampfes um Gottes Herrschaft
Ich unterbreche mal hier. Hiskia war ja ein großartiger, frommer Mann. Sie kennen noch die Geschichte, wie er den Tempel von all den Heiligtümern säubern ließ.
Ich habe darüber nachgedacht: Warum ist es eigentlich immer ein Kampf, wenn man etwas zurückerobern will – für die Königsherrschaft Gottes? Wenn man einmal versucht hat, in einer Familie darum zu ringen, dass wieder allein Gottes Ordnung gilt, dann weiß man, wie wahnsinnig schwer dieser Kampf ist. Man kommt fast nicht durch.
Wenn Sie versuchen, auch eine Jugendgruppe oder Ähnliches wieder zurückzuführen, dann sehen Sie auf der anderen Seite, dass es kampflos und in wenigen Augenblicken geht, dass ein ganzes Gottesvolk ins Heidentum verführt wird. Das passiert immer kampflos.
Diese Mächte, diese dunklen Mächte, liegen uns so nahe und entsprechen uns so – oder wie es im Heidelberger Katechismus heißt: Das Menschenherz ist von Natur aus dem Bösen zugeneigt. Es braucht überhaupt keinen Kampf und keine Entscheidung bei jedem von uns, damit wir im Nu alles Heidnische, Dämonische und Teuflische übernehmen können.
Jeder gläubige Mensch steht dauernd in Gefahr. Es ist fast unmöglich, Menschen wieder herauszureißen aus den Bindungen der Finsternis, wenn Gott nicht ein großes Wunder tut. Den meisten Menschen ist nicht bewusst, dass das natürlich Machtbereiche sind.
Sie müssen daran denken, wie Paulus sprach: Wir haben nicht mit Fleisch und Blut zu kämpfen. Es geht auch nicht nur um Neigungen unseres Wesens, sondern um die Gewaltigen dieser Welt. Diese beherrschen auch die Gemeinde.
Schon der Sohn von Hiskia öffnet sich dem wieder, wenn wir dieses Problem nicht selbst erleben würden – auch in Familien. Gerade bei familiengläubigen Eltern reißt der Teufel besonders stark junge Menschen heraus und bindet sie so fest, dass man verzweifeln muss.
Die Kraft des Gebets und die Hoffnung auf Umkehr
Ich muss Ihnen später sagen: Das Gebet Hiskias für seinen kleinen Sohn war nicht vergebens. Auch das Gebet für Manasse war es nicht. Das ist ein großer Trost. Das Gebet gläubiger Eltern ist nicht vergebens.
Schon Bischof Ambrosius gab diesen Trost einst der Mutter Monika mit, als sie den Rechtsanwalt Augustin begleitete. Die Gebete einer frommen Mutter gehen nicht verloren. Deshalb betrachten wir die Geschichte von Manasse so gründlich. Er ist ein Musterbeispiel dafür, dass Gott selbst bei einem völlig verlorenen, gottlosen Menschen noch zum Sieg kommen und ihn zurückführen kann.
Doch uns interessiert auch, wie es überhaupt möglich war, dass Manasse trotz des Einflusses eines frommen Elternhauses eine so dunkle Entwicklung durchmachte. Ich denke, gerade das Königshaus war eine besondere Gefahr für ihn. Wer Kinder kennt, weiß, wie leicht sie durch eine solche Welt verführt werden.
Was zieht sie dort an? Luxus, Pracht, Macht und Ehre. Stellen Sie sich vor: Für Kinder, die das erleben, ist es beeindruckend, wenn sie sehen, wie stramm die Wachen stehen und der Vater so viel befehlen kann. Das gibt ihnen einen völlig falschen Blick auf die Welt, und das steigt ihnen schnell zu Kopf. Das hat den jungen Manasse sicher sehr früh verführt.
Ein weiterer Faktor war der Hof selbst. Dort gab es viele Höflinge. Und diese Höflinge sind das Allerschlimmste. Sie kannten die alten königlichen und kaiserlichen Höfe nicht mehr. Die Höflinge sind die vielen im Hintergrund, die letztlich die Geschäfte machen und die Politik bestimmen.
Wir wissen auch, dass unsere Kinder heute mit ähnlichen Einflüssen konfrontiert sind. Wenn unsere Kinder auf die Straße gehen, was hören und sehen sie dort? Oft erfahren wir erst später, was unsere größeren Kinder erlebt haben. Viele Dinge haben sie uns nie anvertraut.
Wie begegnen ihnen die Menschen? Mit Schmutz und Dreck, manchmal auch von Kameraden. Eltern können das kaum beeinflussen, höchstens entfernt. Was nehmen sie auf? Was lesen sie in Zeitungen oder an Plakaten? Was wird vor ihnen gesprochen? Welche Ängste erleben sie?
Schon wenn sie auf die Straße gehen, donnert ein riesiger Lastwagen vorbei, der wie ein Ungeheuer aus einer anderen Welt wirkt. Ständig müssen sie aufpassen. Die Eltern reden von Naturkatastrophen, Vergiftungen und vielem mehr. Wie wachsen unsere Kinder in einer Welt auf, die für sie unheimlich und gefährlich ist?
Die Bedeutung von Geborgenheit und Gottesfrieden für Kinder
Ich wollte Ihnen nur ans Herz legen: Geben Sie diesen Kindern die Geborgenheit des Gottesfriedens. Das wird ihnen bleiben, auch wenn es nur eine Großmutter ist, die sich für eine Stunde still zu einem Kind setzt. Die einfach zuhört, über seine Probleme spricht, einem Kind Liebe und Zärtlichkeit zeigt und Ruhe und Stille schenkt. So kann ein Kind irgendwo aufatmen.
Heute Mittag habe ich darüber gesprochen, dass so etwas in unserer Gemeinde fehlt. Wenn es einmal entstehen würde, dass man sagt: Nur nachmittags für solche Schlüsselkinder oder ausländische Kinder, die da niemanden haben, dass man eine Gruppe beginnt, in der man mit ihnen Hausaufgaben macht und alles Weitere. Damit sie mal wieder aufatmen können und ein Stück der Liebe Jesu hören. Denn sie wissen gar nicht, dass Jesus bei ihnen ist und sie hält.
Wer so aufwächst wie Manasse, der letztlich nur fasziniert ist von der Welt – von der Welt mit ihrem ganzen Machtrauschen und ihrem Flitterglanz – der ist verloren und rutscht hinein. Man wird barmherzig mit Menschen, die bloß so aufwachsen und schon als Kinder nichts anderes kennen als Geld oder Vergnügen oder was auch immer. Sie wissen ja gar nichts anderes. Woher sollen sie es auch kennen?
Selbst ein frommes Elternhaus kann wenig ausrichten, weil die Einflüsse so stark sind, dass nur Gott beschützen und bewahren kann. Dass Gott das zulässt, ist immer wieder ein Rätsel. Gerade in die frommen Familien kann der Teufel besonders stark einbrechen. Das ist eine harte Sache.
Es ist ein ganz, ganz großes Wunder, dass jedes einzelne Kind einer frommen Familie bewahrt bleibt. Das hat man nicht in der Hand, und es kann nie die Schuld der Eltern sein. Manchmal muss man Dinge geben, die man vielleicht kritisch beurteilen würde. Man sagt, da ist vielleicht auch ein Fehler gemacht worden – das kann man immer lernen. Aber das Entscheidende ist doch, dass man anhalten soll mit Wachen und Beten.
Der Teufel geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlinge. Gerade das Haus Siskias, dieses gottesfürchtigen Mannes, war nicht verschont.
Die schwierige Entwicklung Manasses und seine Verführung am Hof
Man muss sich daran erinnern, wenn man das nachrechnet: Manasse wurde geboren, nachdem sein Vater so schwer krank war. Hiskia, der Vater, war im Sterben, zumindest nach meiner Rechnung. Er war so traurig, weil er dachte, er müsse sterben. Für ihn war es eine Freude und er sagte: „Jetzt darf ich noch einmal ein Kind haben.“
Hätte er nicht eigentlich sagen müssen, dass es besser gewesen wäre, wenn Manasse nie geboren worden wäre? Denn was bei Manasse so schlimm war, ist, dass er andere verführt hat. Das ist das Allerschlimmste. Nicht nur, dass jemand selbst verloren ist – und das sagt die Bibel, wenn er sich an Gott versündigt –, sondern dass er andere noch mit hineinzieht auf diesen Weg.
Manasse hat alle seine Positionen dazu benutzt, um andere zu verführen. Es ist besonders schlimm, wenn Gott uns Vertrauensstellungen anbietet und wir Leiter des Volkes Gottes sind. König in Israel oder Juda zu sein, war etwas ganz Besonderes. Doch Manasse hat diese Position nur dazu benutzt, um den widergöttlichen Mächten Raum zu schaffen. Das ist schwer zu begreifen.
Man kann kaum sagen, wie furchtbar das sein muss. Hiskia hat das nicht mehr miterlebt, aber es ist schwer zu sehen, wie der Teufel gerade das Gottesvolk verdrängen kann. Das bewegt uns immer wieder. Wir tragen Sorge und verstehen, dass wir immer kritisch sein müssen, wo Gemeinde ist, wo Gott seinen Tempel hat.
Der Bau des Teufels ist seine Synagoge – direkt dort. Die Probleme kommen nicht immer, wie wir meinen, aus der gottlosen Welt, sondern am meisten dort, wo Gott Segen gestiftet hat. Das kann ich nicht irgendwo absichern, sondern ich muss es wissen, wachsam sein und immer wieder fragen: Wie können wir auf die Spur Gottes zurückkommen, was er alles tut?
Die Suche Manasses nach dämonischen Mächten
Das ist merkwürdig. Er erstellt wieder so eine Rekordliste und nimmt alles mit. Warum genügt eigentlich nicht das eine Heidentum? Es muss dann das Letzte noch her, weil es im Heidentum – das ist auch in der dämonischen, teuflischen Welt – keine Gewissheit gibt.
Und dann sucht man immer Neues und immer mehr. Wenn jemand meint, er hätte genug, der irgendwo ohne Gott dahinlebt, wird er sich für Neues öffnen. Er wird sich neuen dämonischen Kräften weihen. Hier geht es um die Wahrsager, um die Zeichendeuter und um das ganze Heer des Himmels.
Er hat geforscht und gesucht, wo noch irgendwo diese Sternenkräfte Einfluss auf sein Leben haben könnten. Das sind die ganzen Horoskop-Weissagungen. Damals wurden auch Tiergedärme untersucht, um daraus die Zukunft herauszulesen.
Was hier an abscheulichen Dingen passiert ist, wird in der Bibel sorgsam überschlagen. Es hing immer auch mit den Triebkräften zusammen, wo man die Kraft Gottes suchte und verehrte. So ging es in einem Stück weiter.
Genau dort, wo sogar Gott wollte, dass sein Name wohnt und wo er sich offenbarte, war es am allerschlimmsten. Er hat im Tempel noch die Altäre aufgestellt. Es ist merkwürdig, dass die Schändung Gottes am schlimmsten dort stattfindet, wo eigentlich Gott sich offenbart hat.
Man muss das immer wieder sehen und wissen. Manche Leute meinen, es sei etwas entschuldigend, wenn sie Gott lästern und sagen: „Ich habe ja auch einen frommen Vater gehabt.“ Aber ich sage nur, was ich weiß.
Dann kann sich das oft noch ungehemmter entladen als es jeder andere tolerante und humane Mensch tun würde. Dann ist es ein Hassen, bitterer Hass.
Die menschlichen Konflikte und der leidenschaftliche Kampf gegen Gott
Wir müssen darauf achten, dass wir auch die Nöte, die wir mittragen, nicht übersehen. Es gibt keinen Menschen, der nicht sagt, er sei von seinen Eltern ungerecht behandelt worden. Ebenso gibt es niemanden, der nicht berichten kann, im Religionsunterricht viel Unrecht erfahren zu haben. Das sind unsere frühkindlichen Eindrücke, und jedes Kind durchlebt seine Nöte. Dabei hat man oft auch von den Eltern viel Unrecht erfahren, ebenso von Geschwistern. Darüber könnte man lange sprechen.
Das Schwierige ist jedoch, wenn diese Erfahrungen nicht verarbeitet werden. Besonders belastend wird es, wenn man sagt: „Mein Vater war fromm, er wollte beten, und doch hat er mich so...“ Man muss die Probleme, die rein in den zwischenmenschlichen Beziehungen der Generationen liegen, irgendwie anpacken.
Es ist klar, dass Jungen immer wieder Konflikte mit ihren Eltern haben. Das ist ein normaler Ablösungsprozess. Wenn es dabei in Glaubensfragen Schwierigkeiten gibt, kann das den Zugang zu Gott verbauen.
Nun führt Manasse einen leidenschaftlichen Kampf gegen Gott. Es ist ein intensiver Kampf. Es gibt eine Überlieferung, die zwar nicht in der Bibel steht, aber im Judentum hartnäckig überliefert wird. Sie beruht auf frühen Traditionen und besagt, dass Manasse den Propheten Jesaja getötet habe, indem er ihn in zwei Teile zerstückeln ließ. Diese Überlieferung interessiert uns jetzt nicht besonders, aber sie passt in das Bild, dass Manasse den Sprecher des heiligen Gotteswillens mit seiner klaren Botschaft ausgerottet hat.
Manasse hat sich vielfach versündigt. Im Königsbuch steht, dass in seiner Zeit viel unschuldiges Blut vergossen wurde. Man weiß, dass seine Herrschaft mit allem Unrecht verbunden war. Wo wir von Gott wegkommen, verlieren wir auch die Maßstäbe für den Menschen. Denn Gott ist der Anwalt des Menschen.
Ich wundere mich immer, dass heute oft so getan wird, als würde die Bindung an Gott uns blind machen für soziale oder menschliche Missstände. Tatsächlich ist es genau umgekehrt: Gerade wer sein Herz bei Gott hat, kann mitfühlen für die Nöte der unterdrückten Menschen. Er wird sensibel für Ungerechtigkeit.
Doch Manasse verführte Juda und die Einwohner Jerusalems dazu, es schlimmer zu treiben als die Heiden. Das ist, was ich schon sagte: Gläubige werden oft schlimmer, wenn sie sich zur Gottlosigkeit hinziehen lassen, die der Herr vor den Israeliten verurteilt hatte.
Gottes Gericht und Manasses Gefangenschaft
Und wenn der Herr zu Manasse und seinem Volk reden ließ, merkten sie nicht darauf. Darum ließ der Herr über sie kommen die Obersten des Heeres des Königs von Assur. Diese nahmen Manasse gefangen, legten ihm Fesseln an und brachten ihn in Ketten nach Babel.
Als er in Angst war, flehte er zu dem Herrn, seinem Gott, und demütigte sich vor dem Herrn, dem Gott seiner Väter. Als er bat, ließ sich der Herr erbitten, erhörte sein Flehen und brachte ihn wieder nach Jerusalem in sein Königreich. Da erkannte Manasse, dass der Herr ist.
Jetzt kommt eine interessante Erfahrung: Gott kann seine Hand abziehen – auch von Jerusalem, auch von Manasse, auch von einem Sohn Hiskias. Nicht, dass sie meinen, Gott gehe jetzt hinterher und bombardiere ihn. Das war ja der Ablauf der Geschichte. Das, was da passiert ist, ist eine zwangsläufige Sache.
Der König von Babel hatte ja schon zu Hiskias Zeiten – nein, der König von Babel nicht, das waren die Assyrer. Und jetzt ist der König von Babel an der Macht. Damals hatte Manasse die Gesandten eingeladen. Das war eben die politische Macht, die dort in der Nähe war. Und er gerät in den Strudel der Weltgeschichte. So, wie wir sagen: Da kommen in unserem Leben plötzlich Ereignisse, und die nehmen uns mit.
Es gibt ein Bild, das bei Babel ausgegraben wurde, auf dem ein zweifellos jüdischer König dargestellt ist, mit rechts und links an Händen und Füßen in Ketten gebunden. Das könnte auch Zedekia sein, das interessiert uns jetzt nicht. Aber was an diesem Bild erschütternd ist: An Händen und Füßen gebunden und dann auch Holzpflöcke dazwischen gespannt.
Ich kann mir vorstellen, dass diese Babylonier, wie es damals Mode war, ihn grausam gefoltert haben. Folterung war ja früher ein bewährtes Mittel, um die Geständnisse zu erzwingen, die man brauchte.
Und da war dieser Mann plötzlich wie ein Babywindel weich. Dieser Manasse, den sieht man als ängstlichen Menschen. Sein ganzes Suchen nach diesen unheimlichen dämonischen Mächten war letztlich nur ein Zeichen seiner grenzenlosen Schwäche.
Er ist in Babel und jetzt schreit er um sein Leben. Die Bibel freut sich nicht an diesem Bild. Aber es ist eine Tatsache: Wenn man uns alles wegnimmt, was bleibt? Was bleibt, wenn man uns sagt, du wirst nicht mehr gesund? Was bleibt, wenn man sagt, du musst sterben? Welche Hoffnung hast du als Mensch heute?
Da sollte uns viel mehr klar werden: Will ich wirklich darauf leben und sterben?
Die Bedeutung von Glauben und Seelsorge in der Not
Wo waren plötzlich seine Sterndeutungen? Über religiöse Fragen kann man viel diskutieren. Ich weiß, das beschäftigt mich mein ganzes Leben: Manche Leute sagen, du diskutierst nicht gern, aber ich diskutiere wahnsinnig gern. Ich will nur sagen, ich komme einem Menschen nicht näher. An den entscheidenden Fragen kann man nur durch die Geschichte lernen, die Gott mit einem geht.
Wichtig ist mir, dass wir da sind, wenn Menschen leiden. Ich höre das so oft auch von Ihnen: In der Nachbarschaft ist es ganz erschütternd, wenn jemand sterbenskrank ist und keine Seelsorge bekommt. Die Leute sagen: Wo ist Gott? Und da kommt kein Pfarrer, der weiterhilft. Und da müssen Sie ran!
Bei mir ist es immer schwierig, außerhalb meiner Pfarrei Besuche zu machen. Ich möchte Kollegen nicht ins Handwerk pfuschen, aber damit Sie es wissen: Das ist der Punkt, wo wir reden müssen. Denn da haben die Menschen keine Hoffnung, wenn es ums Sterben geht, zum Beispiel in Krankenhäusern. Nicht, dass wir das ausnutzen – das wird ja oft so dargestellt –, sondern ich biete einem Menschen nur an, ihm das Evangelium zu verkündigen und mit ihm zu beten.
Ich glaube, in dieser Situation erkennen Menschen, dass sie nichts mehr haben von ihrem Geld, ihrem Luxus und all dem, was sie bisher so stolz gemacht hat. In meinem Büchlein "Kein Tag wie jeder andere" erzähle ich, wie eine Frau aus dem Bibeltraining das erlebt hat mit ihrem Mann, der auch heute Abend hier ist. Er ist ein Chessfan, der nichts anderes von Gott kannte und nie etwas gesucht hat. Bis dorthin, in der Not eines Krankenzimmers, über der Leere seines vergehenden Lebens.
Das war so imposant, wenn wir da miteinander waren. Das benutze ich gern, wenn ich weiß, jemand bittet um meinen Besuch und ist wirklich offen. Verstehen Sie, es ist immer töricht, was auch jetzt wieder passiert.
Jemand hat in großer Liebe eine Kassette einem völlig atheistischen Diplompsychologen oder so in die Hand gegeben. Er meinte, wenn der den Gottesdienst hört – ich freue mich ja, wenn Sie angerührt waren – dann sinkt der auf die Knie und bekehrt sich. Der Psychologe hat natürlich jetzt ein Gutachten über meine Psyche erstellt, was da alles sei.
Jetzt hat er ganz ängstlich gefragt, ob ich es ihm übel nehme, wenn er es mir zuschickt. Ich sage, Sie können es mir gerne zuschicken. Aber wie kann man so einen Wahnsinn machen, jemandem eine Kassette in die Hand zu geben?
Es gab schon liebe Leute, die unserem Statiker eine Kassette gegeben haben mit der Aufforderung: Das müsst ihr hören, dann sei er auch anders. Das ist natürlich toll, wenn Sie verstehen, was ich meine. Ich freue mich, wenn Sie Kassetten hören und wenn Sie sie auch Menschen, die offen sind, weitergeben.
Aber Sie können nicht erwarten, dass Sie einfach rein psychologisch durch das Erlebnis, das Sie hatten, einen anderen mitnehmen. Es ist nicht so, dass man sagt: Gehen Sie mal dorthin und klingeln an der Tür, dann wird er plötzlich Halleluja rufen, wo er vorher ein Lästiger war.
Ich gehe gerne zu Menschen, die offen sind, wenn ich weiß, sie suchen Trost. Niemand kann einen verschlossenen Menschen öffnen, das kann nur der Heilige Geist tun. Wir können letztlich nur reden und wirken, wo Gottes Herz geöffnet ist.
Aber es gibt in dieser Stadt Tausende von Menschen, die sich im Grunde nach jemandem sehnen, der ihnen den Weg zum Heil zeigt. Das ist unsere Position: Wir sollen nicht an verschlossenen Türen drücken. Das wirkt immer so fanatisch. Aber wir sollten offen und sensibel sein und uns vom Herrn erbitten lassen: Wo ist jemand?
Die Umkehr Manasses als Zeichen der Gnade Gottes
Hier steht, dass Gott das Gebet des Manasse erhört hat. Das ist keine bloße Geschichte, sondern eine wichtige Lektion, die Sie den Kindern erzählen sollten. Es ist ähnlich wie beim verlorenen Sohn: Nach fast 55 Jahren Schreckensherrschaft, in denen viele Menschen ins Verderben geführt wurden, kehrt Gott um.
Gott kann auch einen Stalin noch bekehren. Die Gnade ist so mächtig, dass nichts ausgeschlossen ist. Ich wollte eigentlich die ganze Bibelstunde darüber halten, wie groß die Gnade ist. Vor Jahren habe ich nur über diese Verse gepredigt, die zeigen, dass die Gnade so mächtig und groß ist, dass niemand ausgeschlossen ist – auch nicht, weil jemand ein Massenmörder war.
Wenn jemand Gott sucht, ist Gott in diesem Moment da, als wäre nichts gewesen. Wenn deine Sünde auch blutrot ist, soll sie doch schneeweiß werden – das ist das Evangelium. Wer sich darüber entrüstet und sagt: „Das ist doch nicht der Gott der Gerechtigkeit“, der weiß nicht, dass wir alle dieselbe Gnade brauchen. Ohne sie sind wir verloren.
Manasse demütigte sich vor dem Gott seiner Väter. Das ist auch für die modernen Menschen nötig: zu erkennen, dass wir stolze Menschenkinder arme Sünder sind und eigentlich nicht viel wissen. Das fällt den modernen Menschen sehr schwer.
Als Manasse bat, ließ sich der Herr erbitten – ohne Wartezeit, ohne Bewährung. Sofort war der Herr da, hörte sein Flehen und brachte ihn zurück nach Jerusalem in sein Königreich. Es wäre nicht unbedingt nötig gewesen, aber Gott ist ein barmherziger Gott, der uns nicht heimzahlt, was in unserem Leben Sünde war.
Das ist ein Beispiel für die ungeheuer große Barmherzigkeit Gottes und ein Beispiel für uns, was Gott tun will. Jetzt macht Manasse echte Buße – das lesen wir weiter.
Manasses Buße und Wiederherstellung
Danach baute er die äußere Mauer an der Stadt Davids, westwärts zum Gihon hin.
Ach, liebe Leute, ich habe euch doch kurz noch einmal gesagt, wo er jetzt dabei war. Schwester Anneliese ist noch da. Im jüdischen Viertel sieht man die breite Mauer, die in 2. Chronik 33 beschrieben wird. Diese Mauer, die ums Eck herum läuft, hat Manasse gebaut.
Das sind die Steine, die man dort sieht, wenn man aus dem Kato herauskommt – die einzige große freigelegte Stelle. Sie verläuft westwärts zum Gihon in dem Tal, wo man zum Fischtor hineingeht. Er führte die Mauer um den Ofel und machte sie sehr hoch. Außerdem setzte er Hauptleute in alle festen Städte Judas ein.
Er entfernte die fremden Götter und die Götzen aus dem Haus des Herrn sowie alle Altäre, die er auf dem Berg des Hauses des Herrn gebaut hatte. Dabei war immer ein Zeugnis dabei, das sagte, dass alles radikal falsch war. Er hat es nicht vor den Menschen verschwiegen, sondern gesagt: „Ich muss bekennen, es ist nicht richtig.“
Das ist ja so wichtig: Buße ist nicht nur ein innerer Vorgang, sondern auch, dass ich mich öffentlich dazu bekenne. Er warf die fremden Götter hinaus vor die Stadt und stellte den Altar des Herrn wieder her. Darauf opferte er Dankopfer und Lobopfer und befahl Juda, dem Herrn, dem Gott Israels, zu dienen.
Doch das Volk opferte weiterhin auf den Höhen, aber dem Herrn, ihrem Gott.
Die Bedeutung von Seelsorge und Gebet in Manasses Leben
Was aber mehr von Manasse zu sagen ist, sein Gebet zu seinem Gott und die Reden der Seher, die zu ihm im Namen des Herrn, des Gottes Israels, sprachen – all das steht in den Geschichten der Könige von Israel. Sicher war dabei sehr viel Seelsorge und Evangelisation im Spiel. Das ist nämlich wichtig: Man muss einem Menschen das auch sagen. Es stellt sich immer wieder die Frage, ob man solche evangelistischen Bemühungen überhaupt braucht.
Man kann es nennen, wie man will, man kann es auch vornehm ausdrücken, doch es muss einem Menschen gesagt werden. Ich vermute, dass gerade bei Manasse die Gebete seiner frommen Eltern Wirkung zeigten. Einmal habe ich am Muttertag über diese Geschichte gepredigt und die Vermutung geäußert, dass vielleicht die Mutter Hiskias längere Zeit als Beterin lebte.
Es gab ja auch in der württembergischen Geschichte die Herzogenmutter, die eine Beterin war. Das war für das Volk damals im entstehenden Pietismus ganz wichtig. Gerade im Schloss, wo oft wüstliches Treiben herrschte, gab es eine Beterin. Das darf man nicht unterschätzen, und die Bibel zeigt es.
Ich möchte hier nicht lange ausschweifen, wie es war mit Hefzibah oder wie sie hieß – eine fromme Frau, die Hiskia sehr geprägt hat. Und wir Männer sind ja auch sehr zu prägen. Doch dass dann etwas aufging, das waren diese Seher, also auch Verkündiger wie die Propheten. Leider haben wir die Reden dieser Leute nicht mehr, aber man soll wissen: Bei Gott ist nichts vergeblich, was wir für ihn tun und wagen.
Sein Gebet und wie der Herr ihn erhörte, ebenso alle seine Sünden und Missetaten, die Orte, an denen er Opferhöhen baute, und die Bilder der Aschera sowie Götzenbilder, die er aufstellte, bevor er sich demütigte – all das steht geschrieben in den Geschichten der Seher.
Diese fremde Religion ist auch heute noch deshalb sehr geeignet, weil sie den Menschen nicht demütigt. Mir fällt immer wieder auf, wenn ich etwa Moslems treffe: Wenn sie beten, sind sie oft stolz. Sie können das mitten unter Leuten tun. Zum Beispiel in Conakry oder an der Universität, mitten im Trubel, da beben sie plötzlich, und sie wirken sehr erhaben.
Bei uns ist es dagegen so, dass unser Glaube uns oft sehr bescheiden macht, fast schamhaft. Ich bin froh, dass mein Glaube mich demütigt und mich nicht stolz auf andere Menschen macht. Ich weiß, ich bin nicht besser als andere, sondern ich lebe nur von der Gnade.
Manasse aber war immer demütig vor dem lebendigen Gott. Vor ihm stand er klein – woher sollte er groß sein?
Manasses Tod und die Nachfolge seines Sohnes Ammon
Und Manasse legte sich zu seinen Vätern, und man begrub ihn in seinem Haus. Sein Sohn Ammon wurde König in seiner Stadt. Wir lesen dies weiterhin, denn beim nächsten Mal setzen wir mit Josia fort. Erklärungen dazu sind nicht mehr notwendig.
Ammon war zweiundzwanzig Jahre alt, als er König wurde. Er regierte zwei Jahre in Jerusalem und tat, was dem Herrn missfiel. Das verbreitet sich schnell und leicht, wie es auch sein Vater Manasse getan hatte.
Amon opferte allen Götzen, die sein Vater Manasse gemacht hatte, und diente ihnen. Doch er demütigte sich nicht vor dem Herrn, wie es sein Vater Manasse getan hatte. Stattdessen häufte er noch mehr Schuld auf.
Seine Großen schmiedeten eine Verschwörung gegen ihn und töteten ihn in seinem Haus. Das Volk des Landes erschlug die Verschwörer. Dies ist das Am Haaretz, das Volk des Landes, das sich immer wieder in der Königszeit meldete. Das sehen wir bereits bei David, wenn das Volk des Landes eingriff und auch die Beteiligten brandmarkte.
Das Volk des Landes erschlug alle, die die Verschwörung gegen König Ammon gemacht hatten. Danach machte das Volk seinen Sohn Josia zum König in seiner Stadt.
Das Volk erkennt das Unrecht und das Schlimme, das hier geschieht. Nur Ammon selbst merkt es nicht – und er stirbt.
Abschluss: Die unermessliche Gnade Gottes
Was uns heute am Ende bleiben soll, ist die ungeheure Gnade und Barmherzigkeit Gottes. Er will niemanden verstoßen, sondern jeden retten – wirklich jeden.