Verehrte Schwestern, liebe Brüder, herzlichen Dank für die ehrenvolle Einladung. Es kommt mir vor, als sei es erst vorgestern gewesen, dass ich in einer etwas zweideutigen Kaschemme in Frankfurt zusammen mit Peter Beierhaus an der Endredaktion der Frankfurter Erklärung gearbeitet habe. Diese Erklärung wurde ja zur Grundlage für die Arbeitsgemeinschaft evangelikaler Missionen.
Wir können Gott nur dankbar sein für das, was er in Ihrer Gemeinschaft und durch Ihre Gemeinschaft gewirkt hat. Ebenso danke ich Ihnen, dass Sie mich auf dieses Thema angesetzt haben. Es war für mich sehr interessant, auch wenn es mich einige graue Haare gekostet hat. Die Frage war, ob ich wenigstens einigermaßen das getroffen habe, was Sie sich mindestens im Vorstand bei diesem Thema „Heilsverständnis zur Trilogie im Kontext der Traditionskirchen“ vorgestellt haben.
Diese Gedanken trösteten mich: Ich erinnerte mich an einen Ulmer Posauntag, bei dem wir den Bischof Lilje als Festredner eingeladen hatten. Danach fragte ich die Posaunengläser, wie die Festansprache war. Sie antworteten, dass sie selten zuhören, weil es für sie nicht so wichtig sei. Sie müssten das Wasser aus den Instrumenten lassen und die nächsten Noten vorbereiten.
In diesem Stellenwert dachte ich, könnte es auch bei uns sein, die wir alle die Bibel auslegen und deren Andachten wichtig sind. Wir müssen in der Lage sein, manchmal zu merken, wie wir selbst abschalten, wenn wir nicht predigen oder nicht verkündigen dürfen.
Wenn Sie gelegentlich den Stand nach einer Diskussion aufnehmen, bin ich dankbar, wenn Sie mir Rückmeldungen geben. Das war die erste Vorbemerkung.
Respektvolle Haltung gegenüber Traditionskirchen
Vorbemerkung zwei: Bitte niemals überheblich über Traditionskirchen sprechen. Man wird schneller alt, als man selbst möchte oder bemerkt. Die Korrosionserscheinungen fallen meist den anderen auf.
Wir wissen aus dem Neuen Testament, dass selbst sogenannte junge Kirchen, also Kirchen der ersten Generation, bereits verschlafen und alt waren. In Korinth gab es die Tradition eines Sakramentalismus. Paulus musste sagen: Das macht es noch nicht. Das Volk Israel wurde im Roten Meer getauft und hat vom Manna gegessen.
Der Gemeinde in Laodizea musste gesagt werden: Wach auf! Ich stehe vor der Tür. Du bist jämmerlicher, als du selbst meinst. Und der Gemeinde von Ephesus, die uns in diesen Tagen immer wieder beschäftigen wird, musste gesagt werden: Merkst du denn nicht, dass du aus der ersten bräutlichen Liebe deines Herrn herausgefallen bist?
Übrigens, zum Thema: Wie kommen wir eigentlich dazu, das Bild von der ersten Liebe immer so zu deuten, als sei das unsere erste Liebe? Hier merkt man schon eine Akzentverschiebung, denn die Tat des Herrn wird usurpiert und uns zugemessen. Die Gemeinde von Ephesus ist aus der bräutlichen Liebe ihres Herrn gefallen. Es war ja gleichgültig.
Also gibt es schon in jungen Gemeinden und vielleicht sogar in Missionsgesellschaften, die sich sehr vital vorkommen, Korrosionserscheinungen, Ermüdungen, Verschlagenheit und erstarrte Traditionen. Apostel Paulus sagt einmal: Solange wir uns an uns selbst prüfen, können wir Lob haben. Das ist ja verhältnismäßig gut.
Die eigentliche Prüfung aber, wie in 2. Korinther 13 beschrieben, ist: Prüft euch selbst, ob ihr im Glauben steht, ob der Herr in euch wirkt. Es kann sein, dass der Herr in einer Traditionskirche wirkt und in einer jungen Bewegung ausgeschlossen ist.
Das einzige Maß des Neuen Testaments gilt nicht Tradition oder Nicht-Tradition, sondern dass der Herr lebendig ist.
Wertschätzung und Differenzierung von Tradition
Vorbemerkung drei: Bitte niemals negativ über Tradition sprechen. Israel war eine Glaubensgemeinschaft, die auf Tradition basierte. Die Väter gaben den Glauben an ihre Söhne weiter; es war sogar ihre Pflicht.
Es gab heilvolle Traditionen in Israel. Der Apostel Paulus erwähnt in Römer 9 wunderbare Traditionen wie den Gottesdienst, die Väter, die Kindschaft, den Bund, das Gesetz und die Propheten. Gleichzeitig gab es eine unheilvolle Tradition: Israel ist immer wieder vom Segen Gottes abgefallen.
Es gab aber auch die heilvolle Tradition, dass Gott in dieses abgefallene Israel seine Propheten sandte. Andererseits gab es die unheilvolle Tradition, dass diese Propheten, wie im Evangelium nach Markus erwähnt, abgestoßen, abgeblockt und ausgegrenzt wurden.
So entstand ein Gewirr von Traditionen – von heilvollen und unheilvollen. Unser Herr sagt, dass das Heil aus Israel kommt, dass das Heil von den Juden kommt, trotz der unheilvollen Tradition.
Überall dort, wo es eine Geschichte Gottes mit Menschen gibt, existieren gute und schlechte Traditionen. Oft ist es eine Gemengelage. Ich möchte jetzt nicht der Doktor Hahn sein. Wir nehmen ihm schon so viele Brocken weg, die er gar nicht zu erzählen weiß. Aber er ist so begabt, dass er das alles macht.
Es gibt also eine Gemengelage, ähnlich wie in unserer evangelischen Kirche. Wir schätzen das, was uns von Augustinus überkommen ist. Wir haben die Arbeit der Reformatoren, aber auch Erstarrungen der Orthodoxie. Gleichzeitig gibt es gläubige Väter der Orthodoxie, wie Paul Gerhardt.
Wir kennen den Pietismus, den separatistischen Pietismus und den Pietismus, der die Kirche, die Gemeinde Jesu, aufgebaut hat. Wir stehen in einer Tradition der Erweckung. Unser lieber geistlicher Vater Hans Brandenburg hat manchmal gesagt: „Betet nicht so sehr um eine Erweckung, denn eine Erweckung ist wie ein Sturzbach, der auch viel Schutt mit sich führt. Und wenn das Wasser verlaufen ist, bleibt nur noch der Schutt.“
Das zeigt die Gemengelage, selbst wenn es um Erweckung geht. Deshalb sollte man niemals zu negativ von Tradition sprechen. Die entscheidende Frage ist, was von der Tradition transportiert wird.
Herausforderungen und Einflüsse von Traditionen
Ich wohne in Korntal in der Hoffmannstraße. Wir ziehen so oft um, dass selbst Ihre Adressenliste nicht mehr ganz mithalten kann. Die Straße ist nach dem Gründer von Korntal, Christian Wilhelm Hoffmann, benannt. Sein Sohn hieß ebenfalls Wilhelm Hoffmann. Er war ein begabter Missionsinspektor der Basler Mission, der sich stets damit brüstete:
In Basel haben wir eine Mission, die über die engen Grenzen der Denominationen hinausgeht. Wir fragen nicht nach anglikanisch, reformiert oder lutherisch. Wir sind die Kirche von morgen, nicht rückwärtsgewandt. Und wir sind auch nicht national ausgerichtet. Wir fragen nicht danach, ob jemand Elsässer, Schweizer, Badener oder Württemberger ist. Wir sind das Feuer Gottes, das auf dem Weg zu seiner Wiederkunft ist.
Später wurde derselbe Wilhelm Hoffmann Generalsuperintendent der Kurmark und Domprediger in Berlin. Plötzlich entwickelte er die Idee einer germanischen Kirche. Deutschland sei mit so viel Segen betraut, deshalb solle eine germanische Kirche, eine vom Deutschtum geprägte Kirche des Kaiserreichs, das Europa Kaiser Wilhelms segnen.
Es gibt Traditionen, denen man geistesgeschichtlich nicht so schnell entkommt, selbst wenn man es möchte. Traditionen können wie eine Vogelfalle sein, die harmlos aussieht und plötzlich zuschnappt. Wir wissen zum Beispiel, dass Evangelisten besonders gefährdet sind, weil sie auf Zeitströmungen eingehen wollen. Dabei werden sie manchmal selbst von diesen Strömungen mitgerissen. Sie reden dann plötzlich grüner als die Grünen oder nationalsozialistischer als die Nazis.
Wir müssen uns nur fragen: Ist es die Stimme unseres Herrn, die in den Traditionen spricht?
Einführung in das Urbekenntnis der Christenheit
Nun möchte ich den Blick auf eines der großen Urbekenntnisse der Christenheit lenken. Wir wollen ja eine Bibelarbeit machen. Ich bitte Sie, den Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Ephesus aufzuschlagen.
Die großartige Formulierung lautet: „Der Gott unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Herrlichkeit, gebe euch den Geist der Weisheit und der Offenbarung, ihn zu erkennen. Er gebe euch erleuchtete Augen des Herzens, damit ihr erkennt, zu welcher Hoffnung ihr von ihm berufen seid, wie reich die Herrlichkeit seines Erbes für die Heiligen ist und wie überschwänglich groß seine Kraft an uns ist, die wir glauben. Denn die Macht seiner Stärke ist bei uns wirksam geworden, mit der Gott in Christus gewirkt hat.“
Diese gleiche Macht der Stärke hat uns zum Glauben gerufen und Jesus auferweckt. Durch sie, durch diese Macht der Stärke, hat er ihn von den Toten auferweckt und eingesetzt zu seiner Rechten im Himmel – über alle Reiche, Gewalt, Macht, Herrschaft und alles, was sonst einen Namen hat, nicht allein in dieser Welt, sondern auch in der zukünftigen.
Er hat alles unter seine Füße getan und hat ihn gesetzt der Gemeinde zum Haupt über alles, welches sein Leib ist, nämlich die Fülle dessen, der alles in allem erfüllt.
Jetzt lese ich Epheser Kapitel 2, Vers 5: „Gott, der reich ist an Barmherzigkeit, hat auch uns, die wir tot waren in Sünden, mit Christus lebendig gemacht. Aus Gnaden seid ihr selig geworden. Er hat uns mit auferweckt und mit eingesetzt im Himmel in Christus Jesus.“
Hier haben wir eines der Zeugnisse für das grundlegende Urbekenntnis der Christenheit: Er sitzt zur Rechten Gottes, des Vaters. Dieses Bekenntnis zieht sich durch alle neutestamentlichen Stimmen, Gruppen und Frömmigkeitstypen hindurch.
Dabei wird deutlich gemacht, wer der Herr im Haus der Kirche ist: Er, der auf dem Thron des Vaters sitzt. Nicht nur als Throngenosse des Vaters, sondern er nimmt den Thron, den Sitz dort zur Rechten Gottes ein – als Ausführungsorgan Gottes.
Die Bedeutung von Psalm 110 im Neuen Testament
Lassen Sie mich einen Augenblick innehalten. Bruder Schröder weiß schon, was kommt.
Ich bin in den letzten Monaten fasziniert von einem Aufsatz von Martin Hengel, einem Neutestamentler aus Tübingen. Er weist darauf hin, dass das meist zitierte alttestamentliche Zitat im Neuen Testament Psalm 110, Vers 1 ist: „Der Herr sprach zu meinem Herrn: Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde zum Schemel deiner Füße lege.“
Ein paar Erinnerungen: Wenn Jesus von Pharisäern und Sadduzäern gefragt wird, etwa zum Thema Zoll oder zur Auferstehung, antwortet er oft mit einer Gegenfrage. So auch bei der Stelle, an der David sagt: „Der Herr sprach zu meinem Herrn, setze dich zu meiner Rechten.“ Wen meinte David mit „seinem Herrn“? Die Fragenden konnten ihm darauf keine Antwort geben.
Dieses Wort war Jesus wichtig. Es spielt eine Rolle im Prozess, in dem Jesus gefragt wird: „Bist du der Christus?“ Jesus antwortet: „Ja, wir werden den Menschensohn zur Rechten Gottes sitzen sehen und mit der Wolke des Himmels in Kraft kommen.“ (Markus 16)
Jesus hat sich zur Rechten Gottes gesetzt (Apostelgeschichte 2). Wenn Petrus fragt, woher die Gaben kommen, die die Jünger empfangen, vergleicht er es mit einer Königskrönung: Dort erhält das Volk Gaben. In Württemberg war es üblich, dass bei der Krönung des Königs oder Herzogs jeder ein Brötchen bekam. Bei der Einsetzung eines neuen Bürgermeisters gab es sogar noch eine rote Wurst dazu. Die Gaben kommen also von dem, der jetzt zur Rechten Gottes sitzt.
Hier hat Gott wahrgemacht, was David vorausgesagt hat: „Setze dich zu meiner Rechten.“ Deshalb sagt Petrus: „Wisse gewiss, ganz Israel, dass Gott diesen Jesus zum Herrn gemacht hat.“
Von hier aus können wir weitermachen bis hin zur Offenbarung, wo Jesus sagt: „Ich habe mich gesetzt auf den Thron meines Vaters.“ Auch im Kolosserbrief heißt es: „Sucht, was droben ist, da Christus ist, sitzend zur Rechten Gottes.“
Im Epheserbrief kommt dieses Bild mehrfach vor, besonders in Kapitel 4: „Er ist aufgefahren in die Höhe.“ Vor allem das Johannesevangelium ist durchzogen von diesem Bekenntnis. Es beginnt mit einer Kritik an Mose: Niemand ist gen Himmel gefahren, denn Mose ist am Berg Nebo gestorben. Er ist nicht, wie man in Israel sagte, gen Himmel gefahren. Nur der ist gen Himmel gefahren, der vom Vater herabgekommen ist.
Bis hin zu Johannes 20,21: „Fahre auf zu meinem Vater und zu eurem Vater, wenn ich jetzt auffahre zu meinem Vater.“
Durch alle Stimmen des Neuen Testaments zieht sich dieses Bekenntnis: „Er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters.“
Das ist eine große Hilfe, auch für uns, die wir in diesen Tagen überlegen, wie es um die Traditionskirchen steht. Ist geistliches Leben dort versandet oder erstickt? Oder gibt es noch geistliches Leben, wie wir es in unseren Missionsgesellschaften erleben?
Dieses Bekenntnis könnte ein Ruf zur Sache sein: Ist der lebendige Jesus uns nur als Garnierung wichtig, oder ist er unser Herr?
Reflexion über Leitung und Herrschaft Christi
Ich war in diesen Tagen bei einer privaten Bibellese zur Davidgeschichte. David überlegt: Soll ich den Tempel bauen? Er fragt den Propheten Nathan, seinen religiösen Berater: Soll ich? Nathan antwortet nur: Tu, was dir ins Herz kommt, der Herr ist mit dir.
Doch des Nachts kommt die Stimme des Herrn zu Nathan: Nein, David soll das nicht bauen.
Sind wir bereit, nachdem wir Mehrheitsbeschlüsse in unseren Entscheidungsgremien gefasst haben, zu fragen: Herr, war es denn richtig? Oder ist unser Gebet eher: Herr, segne ab, was wir beschlossen haben?
Dies ist die Frage an uns – nicht in erster Linie an Traditionskirchen – wer wirklich Chef ist, wer Herr ist.
Und dieses Bekenntnis „Er sitzt zur Rechten Gottes“ könnte auch für uns ein Ruf zur Sache sein: Wer ist Nummer eins? Sind wir sein Haus, oder ist er der Hausherr? In der Sprache des Epheserbriefs gesprochen: Sorma, Leif – das ist nichts anderes als ein Rumpf, ein Rumpfparlament ohne das Haupt.
Auch unsere Beschlussgremien sind höchstens Rumpfparlamente ohne das Haupt.
Es könnte ein Ruf zur Sache sein. Ich denke jetzt zurück an jenen denkwürdigen, vorab schändlichen Tag in Neu-Delhi 1961, als der doch wohl unglückselige Beschluss gefasst wurde, den Internationalen Missionsrat in den Ökumenischen Rat der Kirchen zu integrieren.
Es lohnt sich doch immer, die Rede nachzulesen, die damals Bischof Leslie Newbigin als noch amtierender letzter Generalsekretär des Internationalen Missionsrates gehalten hat. Er sprach davon, dass diese Integration segensreich sein wird.
Die Frage ist, dass die Missionen, die eigentlich von Haus aus – abgesehen von der Church Missionary Society der anglikanischen Kirche – freie Werke waren, sich plötzlich mit den Kirchen verschmelzen.
Und wir haben ja die ganzen Turbulenzen, die dann auch zur Arbeitsgemeinschaft Missionarische Dienste (AM) hier in Deutschland in der Folge jenes Beschlusses geführt haben.
Dabei kommt es darauf an, dass erkennbar bleibt der grundlegende Ruf, auch bei der neuen Verschmelzung all dieser Gesellschaften und Kirchen: „Don't look on us, look on him.“ Schaut doch nicht auf uns, schaut auf ihn.
Wir sind höchstens Hilfsgruppen dieses großen Herrn.
Also ein Ruf zur Sache: „Er sitzt zur Rechten Gottes, er ist der Herr.“
Zwei gegensätzliche Tendenzen in der Auslegung des Epheserbriefs
Im Epheserbrief und in der Geschichte seiner Auslegung bis heute lassen sich zwei Tendenzen erkennen, die einander zu widersprechen scheinen. Michael Hahn aus Württemberg hat einmal gesagt: „Der Feind versucht immer, mich da zu packen und mich von dir zu entführen.“ Er probiert es an verschiedenen Stellen und verfolgt eine vielfältige Strategie.
Die erste Strategie besteht darin, dass es starke Tendenzen gibt, die Ehre Jesu nach unten zu ziehen. Die Ehre Jesu wird usurpiert, also weggenommen, geraubt und der Kirche zugemessen beziehungsweise zu Erbpacht übergeben. Im letzten Herbst stand ich erneut beeindruckt vor den großen Pantokratordarstellungen im Dom von Pisa und Florenz. Dort hat die katholische Kirche die Darstellungen der großen Pantokratoren aus den Chorräumen der orthodoxen Kirchen übernommen. Jesus ist als Herr eindrücklich dargestellt, als Triumphator. Doch im Nu wurde daraus die Ecclesia Triumphans – die Ehre Jesu wurde geraubt und der Kirche zugeschrieben.
Diese Tendenz liegt in der Natur unserer Welt. Schon unser schwäbischer Landsmann Schiller hat gesagt, die Welt liebt es, das Strahlende zu schwärzen und das Erhabene in den Staub zu ziehen. Die Tendenz besteht darin, sich das anzueignen, was eigentlich Jesus als Ehre gebührt. Das zeigt sich nicht nur im anglikanischen, katholischen und orthodoxen Raum, wo man Prädikate wie „allein selig machend“, „Mittler“, „unüberwindbar“ und „Hort der Wahrheit“ auf Jesus bezieht. Die Kirche wird höchstens als Säule der Wahrheit verstanden, wie es in den Pastoralbriefen heißt. Doch wir neigen schnell dazu, diese Prädikate auf die Kirche und auf uns selbst zu beziehen.
Nun möchte ich dies selbstkritisch im Blick auf die Ludwig-Hofacker-Vereinigung sagen, in der ich mitarbeiten darf. In sämtlichen Prospekten betonen wir, dass unsere Arbeit glaubensweckend und glaubensstärkend sein soll. Unsere Arbeit – warum glauben wir? Weil die Macht seiner Stärke groß ist, nicht die Macht der Hofacker-Vereinigung oder der Glaubensweckenschaft. Es ist die Würde unseres Lebens, wenn er uns als Mitarbeiter benutzt. Aber glaubensweckend ist Jesus in seiner Auferstehungskraft und glaubensstärkend. Denken Sie daran, was Jesus zu Petrus gesagt hat: „Ich habe für dich gebeten, dass dein Glaube nicht aufhöre.“ Das können wir mit einem ganzen Netz von Bibelschulen und Aktivitäten nicht erreichen, sondern nur Jesus.
Wir Evangelikale laufen auch Gefahr, Würdeprädikate und Eigenschaften, die Jesus gebühren, zu schnell für uns zu beanspruchen, sie bei uns in Erbpacht zu nehmen. Denken Sie an die schlimmste Gruppe in Korinth, die Spaltungen verursacht hat. Diese Gruppe sagte: „Ich bin christlich, bei mir ist Christus gut aufgehoben.“
Ganz anders verhält es sich, wenn man das Lied „Jesus Christus herrscht als König“ betrachtet. Sie können es hoffentlich auswendig. Das Lied nimmt im Grunde auf, dass Jesus zur Rechten Gottes sitzt und als König herrscht. In der letzten Strophe heißt es: „Ich auch auf der tiefsten Stufe will glauben, reden, rufen: Jesus Christus herrsche du!“ Hier wird die Ehre Jesu nicht auf den armen Philipp Friedrich Hinner oder auf alle übertragen, die es ihm nachgesungen haben.
Zwischen diesen Punkten steht einiges von der Gemeinde. Christus ist der Eine, der die Gemeinde gegründet hat, die ihn als teures Haupt ehrt. Er hat sie mit Glut erkauft. Wir erwarten irdische Monarchen, die dieses Herdlein anzuschauen, doch der Hirte lacht dazu. Er lässt diese kleinen Großen sich die Köpfe blutig schlagen, und den Schafen gibt er Ruhe.
Man nennt das theologisch den eschatologischen Vorbehalt: Die geheiligte Gemeinde weiß, dass eine Zeit kommen wird, in der sie ihren König grüßt. Jetzt bin ich noch auf der tiefsten Stufe. Hier wird das Verhältnis von Distanz und Nähe vom Pantokrator Triumphans zur armseligen Gemeinde durchgehalten.
Christologie und Ekklesiologie im Epheserbrief
Wir beschäftigen uns heute Morgen mit einigen Stellen aus dem Epheserbrief. In der Auslegung dieses Briefes sieht man Ähnliches. Die Theologen sind sich einig, von konservativ bis liberal, dass der Epheserbrief in erster Linie ein ekklesiologischer Brief ist. Karl Barth bezeichnet ihn als die Magna Charta der Gemeinde, der Kirche.
Ja, im Epheserbrief steht einiges darüber, dass wir Bürger mit den Heiligen werden. Das ganze Ziel der Arbeit Jesu besteht darin, dass wir der heilige Tempel werden, in dem er der Grundstein ist. Wir sollen würdig wandeln nach der Berufung, mit der wir berufen sind, und wach werden, damit Christus uns erleuchten kann. Aber er muss es tun.
Wie kommen die Exegeten dazu, zu sagen, das sei ein ekklesiologischer Brief, nur weil ein bisschen was über die Gemeinde drinsteht? In erster Linie ist es ein christologischer Brief. Ich erinnere mich noch gut an meinen verehrten Lehrer und Chef, Bischof Martin Haug. Wenn er den Epheserbrief ausgelegt hat, musste er gar nicht viel dazu sagen, sondern las den Text vor: "Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns gesegnet hat mit allerlei geistlichem Segen in den himmlischen Gütern, in ihm haben wir eine Hoffnung, in ihm haben wir die Erlösung, in ihm sind wir zum Erbe gekommen. Durch das Opfer seines Leibes hat er die Mauer abgerissen. Er ist der Grundstein."
Es ist ein christologischer Brief mit einer Christologie, die durch und durch soteriologisch gefärbt ist. Es geht nicht nur um die Ehre Jesu, sondern darum, was dieser erhabene Heiland für uns bedeutet und was er an uns tut. Die erste Bewegung, die erste Sogkraft, zieht nach unten, sodass wir die Ehre Jesu sofort auf die Gemeinde beziehen.
Leonhard Fendt, ein Name, der Ihnen vielleicht noch vertraut ist, war ein ehemaliger katholischer Professor, hochgelehrt, der im Dritten Reich zum Glauben kam, evangelisch wurde und als Missionslehrer in Bad Liebenzell viele Klassen und Jahrgänge prägte. Auf dem Sterbebett in Augsburg konvertierte er wieder zur katholischen Kirche. Das ist auch eine Frage von Traditionskirchen und Evangelikalen.
Fendt hat gesagt: In der ganzen Geschichte des Epheserbriefs ist offenkundig die Tendenz, dass die herrlichen, großen Aussagen über die Gemeinde Jesu, über den Leib Jesu, sofort zur Stützung der vorfindlichen Kirche genommen werden. Die vorfindliche Kirche wird sofort mit jenen großartigen Aussagen identifiziert, die im Epheserbrief stehen, anstatt dass die bestehende Kirche oder Missionsgesellschaft sich selbst kritisch prüft. Man sollte den Epheserbrief als Beichtspiegel nehmen und fragen: Sind wir denn so? Was fehlt an der Herrlichkeit Jesu, die er uns zugedacht hat?
Das ist die erste Sogbewegung: Die Herrlichkeit Jesu wird heruntertransponiert und sofort der Gemeinde übergeben.
Die zweite Sogkraft zieht nach oben. Segelflieger sprechen, glaube ich, vom "Bart", wenn man einen Bart erwischt, der einen plötzlich wie einen Lift nach oben befördert. Offenbar war das damals schon so. Die Exegeten streiten zwar noch immer darüber, wie es mit der Gnosis damals war. Wir lassen sie ruhig streiten und konzentrieren uns auf das, was wir heute vorfinden.
Die Evangelikalen werden heute in ihrer Jesusverehrung von einer ökumenischen Theologie überboten, die so hoch über Jesus denkt, dass man etwa vor ein paar Wochen in Salvador de Bahia sagen konnte: Wir können es diesem erhabenen Jesus doch nicht verbieten, auch in anderen Religionen und Kulten zu wirken.
Das war im Grunde die Gnosis vor zweitausend Jahren: Die Vorstellung, Jesus sei der Herr der gesamten Weltwirklichkeit. Wenn wir uns unter die Mächte und Gewalten begeben, begeben wir uns letztlich unter Jesus.
Das Transpirieren ist für mich dabei immer gesund.
Das Problem heute ist, dass uns längst rechts ökumenische Theologen überholt haben, die so groß über Jesus denken, wie wir gar nicht denken können. Sie haben längst die irdischen Spuren des Offenbarers weit hinter sich gelassen. Nämlich, dass Jesus, der auf unsere Welt gekommen ist, Wert darauf gelegt hat, dass es Glauben gibt.
Wir haben vorher eine Stelle gelesen: Die Macht seiner Stärke zielt darauf ab, dass bei uns Glauben entsteht, Glauben als Verbundenheit mit Jesus.
Meinst du, wenn der Menschensohn kommen wird, dass er Glauben finden wird auf Erden? Das ist die große Sorge Jesu. Sein Staunen über den Hauptmann von Kapernaum, über die Frau von Tyrus und Sidon zeigt das. Solchen Glauben habe ich in Israel nicht gefunden.
Man gehört nicht automatisch zu jenem großen Jesus, dem Weltherrscher, der in allen Religionen und Kulten wirkt. Die Konsequenz ist, dass es nicht mehr auf den Glauben ankommt. Man muss nicht mehr zum Glauben rufen, denn irgendwie gehören ja alle dazu.
Neuerdings hat mir ein Verantwortlicher der Presse, der aber nicht zum Laden von Wolfgang Bake gehört, gesagt: "Mensch, ich bin umgeben von Leuten, die überhaupt nichts mehr glauben und nicht überzeugt sind, dass in der Kirche der Glaube wichtig ist."
Eberhard Stammler hat mir kürzlich gesagt, die Kirche werde daran zugrunde gehen, dass sie gar nicht mehr merkt, dass Glaube wichtig ist.
Eine ganz primitive Allversöhnungstheologie bricht sich Bahn: In allen Religionen und Kulten sind sie ja letztlich doch unter dem einen Herrn Jesus.
Der Apostel Paulus hat im Epheserbrief zwei Stellen, zwei Keile, die er in diese falsche Religiosität hineintreibt.
Einmal: Jesus kommt auf den Glauben an. Die Macht Gottes, die Jesus aus dem Grab geholt hat und zur Rechten Gottes gesetzt hat, ist jetzt darin wirksam, dass sie durch Glauben schafft.
Und zum anderen: Durch das Opfer seines Leibes hat er die Feindschaft abgetan (Epheser 2,14). Durch seinen Leib hat Jesus versöhnt. Es hat ihn sein Blut gekostet.
Ich habe in diesen Tagen etwas bei Ludwig Hofacker gearbeitet, weil nächstes Jahr sein zweihundertster Geburtstag wäre. Schade, dass er es nicht mehr erlebt hat. Er hat es immer so nüchtern in seinen Predigten gesagt: Wann ist Jesus am anbetungswürdigsten? Wenn er sein Haupt neigt und stirbt, wenn seine Züge sich im Tod entstellen und er ausruft: "Es ist vollbracht." Da ist er anbetungswürdiger als wenn der Vater zu ihm sagt: "Setze dich zu meiner Rechten."
Soteriologie als Grundlage christlicher Verkündigung
Ist, dass ich deine Feinde lege zum Schemel deiner Füße. Anbetungswürdiger ist er in seinem Todesleiden als in seiner Lebensherrlichkeit. Hier erkennt man, dass Hofacker eine neutestamentliche Bewegung aufgenommen hat.
Wir wollen Christologie nicht anders verstehen als Soteriologie. Und Soteriologie bedeutet nicht nur, dass Jesus uns hier und dort hilft, sondern dass er uns armen Sündern hilft. So heißt es ab Kapitel 2, Vers 1: Aus Kindern des Zorns und des Todes werden Bürger mit den Heiligen. Das ist Soteriologie, denn er hat seinen Leib gegeben, damit verdammte Menschen mit ihm in die Herrlichkeit Gottes kommen können.
Der Erhöhte ist und bleibt das Lamm, das erwirkt ist, und verdient darum den Lobpreis der Gemeinde. Denken Sie an den Hebräerbrief. Überlegen Sie, ob Jesus, der Anfänger und Vollender des Glaubens, der höchste Ehre verdient hätte, nicht die Schmach erduldet hätte. In einem Vers, in einem Satz findet sich das, was im Neuen Testament quer durch wichtig ist: Erhöhter Jesus, Anfänger und Vollender des Glaubens, verdient alle Ehre, aber er duldete die Schmach.
Das ist Soteriologie, die auf dem Boden bleibt und nicht in himmlische Höhen abhebt. Der Epheserbrief setzt den Schwerpunkt darauf, dass Jesus der ist, der mit dem Opfer seines Leibes seine Gemeinde erlöst hat. Das bleibt im Kontext des Neuen Testaments.
Ich habe am Anfang darauf hingewiesen, dass Psalm 110 sagt: „Setze dich zu meiner Rechten.“ Bis dahin spielt die Aussage, dass Feinde zum Schemel deiner Füße gelegt werden, im Neuen Testament eine große Rolle. Psalm 110: Wir werden geboren wie der Tau aus der Morgenröte – das ist, was wir in unserer Missionsarbeit erbitten.
Tau aus der Morgenröte kann man nicht einfach erklären. Wie kommt er? Er ist plötzlich da. Gott schenkt uns die Frucht unserer Arbeit. Ludwig Krapf sagte nach fünfzig Jahren Missionsdienst, es sei vergeblich, nichts sei passiert. Doch nach hundert Jahren sagt die gesamte ostafrikanische Erweckungsbewegung: Das verdanken wir Ludwig Krapf und dem Herrn, der ihn durchgetragen hat.
Wie Tau aus der Morgenröte lässt sich keine Traditionskette feststellen. Aber irgendwie hat Gott das Fragment benutzt, um etwas daraus zu machen.
Eine interessante Beobachtung ist, dass bei dieser Würdigung von Psalm 110 nicht das sieghafte Herrschen Jesu die große Rolle spielt – nur an zwei Stellen. Erstens in 1. Korinther 15, wo es heißt, er muss herrschen, bis er seine Feinde zum Schemel seiner Füße legt, und der letzte Feind ist der Tod. Und zweitens in Epheser 6: Sei stark im Herrn und in der Macht seiner Stärke.
Warum wird hier die sieghafte Stärke Jesu betont? Damit wir am bösen Tag Widerstand leisten und das Feld halten können, damit wir nicht aus unseren Verstecken vertrieben werden.
Von großen Siegeszügen ist hier überhaupt nicht die Rede. In der Macht seiner Stärke können wir uns festklammern in unserem Zweimannloch, damit wir nicht überrollt werden.
Das ist die Gemeinde Jesu: anfechtbar, sie sieht aus wie eine geschlagene Armee, aber in der Macht seiner Stärke bleibt sie und hält die Position. Was für ein Bild von der Gemeinde Jesu!
Jesus als Hoher Priester und Fürsprecher
Im Neuen Testament wird vor allem die zweite Hälfte von Psalm 110 aufgenommen. Darin heißt es, dass Jesus ein Priester nach der Ordnung Melchisedeks ist.
Ich erinnere an drei Stellen:
Römer 8,34: Christus ist hier, der gestorben ist, ja, vielmehr, der auferweckt ist und zur Rechten Gottes sitzt. Was macht er dort? Er tritt für uns ein.
1. Johannes 2,1: Wenn wir sündigen, haben wir einen Fürsprecher beim Vater, Jesus, der gerecht ist und für uns eintritt.
Hebräer 8,1: Das ist nun die Hauptsache, von der wir reden, die Hauptsache unseres Glaubens. Wir haben einen Hohenpriester, der sich gesetzt hat zur Rechten der Majestät.
In Kapitel 7, Vers 25 heißt es außerdem, dass er für uns eintritt und für uns bietet.
Das Leitbild des Neuen Testaments sind Missionsgesellschaften, die so schwach sind, dass sie sagen, der einzige Grund, warum wir noch drei Spender haben, sei groß. Nein, nein, nein, nicht einmal das.
Trost ist es, dass der Herr Jesus vor dem Tod des Vaters an uns denkt und für uns Schwache eintritt. Er spricht das erste Gebet, bevor ich früh morgens mein Gebet spreche.
Gemeinde als Hospital unter der Leitung Christi
Soteriologie, die ernst genommen und richtig gelehrt wird, kann auch zu einer gut verstandenen Ekklesiologie führen. Walter Plach, der einst als Basler Missionslehrer in Wuppertal in den Nachkriegsjahren tätig war, hat uns bereits vor vielen Jahren gelehrt, dass die Kirche nur als ein Hospital verstanden werden kann, das einen großartigen Arzt hat.
Die Gefahr, dies zu vergessen, besteht nicht nur bei Traditionskirchen, sondern ebenso bei evangelikalen Aktionen, Werken und Missionswerken. Wir sind ein Hospital mit vielen Fußkranken, doch wir haben einen großartigen Arzt.
Zusammenfassung der theologischen Erkenntnisse
Was wir lernen können, lässt sich in wenigen Sätzen zusammenfassen, um all das, was ich versucht habe zu sagen, klarer darzustellen.
Erstens: Der zu Gottes Thron erhöhte Christus bleibt in Ewigkeit das geschlachtete Lamm, der Hohepriester, der Fürbitter und der Pfleger seiner bedürftigen Gemeinde. Denken Sie dabei an den Epheserbrief. Er sorgt für die Gemeinde, auch wenn sie Runzeln und Flecken hat. Die ganzen Begriffe einer Wochenbettpflege – wie Windeln und Ganzkörperpflege – sind hier passend. Paulus nennt das nicht explizit, aber wir können uns vorstellen, was für ein Geschäft es ist, der Pfleger seiner Gemeinde zu sein.
Zweitens: Der himmlischen Würde des erhöhten Christus entspricht, ekklesiologisch gesehen, die ganze Bedürftigkeit der Gemeinde Jesu, seines Leibes.
Drittens: Die Besonderheit und die Unüberwindlichkeit der Gemeinde Jesu sind allein durch die Verbundenheit mit dem Haupt garantiert. Alle Formen von geistlicher Querschnittlähmung machen den Einfluss des Hauptes, des erhöhten Christus, unmöglich. Die Größe der Gotteskraft und die Hauptfunktion sind nicht einfach irgendeiner Gemeinde oder Aktion zur Erbpacht übergeben.
Viertens: Die eigentliche Gemeinde- und Kirchenleitung geschieht durch Jesus Christus in höchstinstanzlicher Entscheidung. Wir dürfen damit rechnen, dass der lebendige Jesus da ist, leitet, redet, mahnt und korrigiert.
Fünftens: Wir sollten uns bemühen, das Zeugnis von der Einzigartigkeit Christi auch in Worten und Begriffen auszudrücken, die heute verstanden werden. Großartig hat Heinemann gesagt: „Eure Herren gehen, unser Herr kommt.“ Der Begriff „Herr“ ist heute nicht klar, aber indem Heinemann nur den Vordersatz „Eure Herren gehen“ sagte, setzte er diesen Begriff plötzlich in Beziehung zu den Machthabern dieser Welt. Wie können wir heute die Einzigartigkeit Jesu bezeugen? Lydia sagte: „Er hält die Welt im Innersten zusammen.“ Dabei sollten wir aus dem Neuen Testament diese Denkbewegung lernen. Stephanus sagte: „Ich sehe den Menschensohn sitzen zur Rechten Gottes.“ Menschensohn zur Rechten Gottes – das Lamm, das erwirkt hat, dass wir vom erhöhten, mächtigen Herrn so reden, dass zugleich die Rettung und das Erkauftwerden von der Sünde mit eingeschlossen sind.
Sechstens: Da in unseren Zeiten eine Verkündigung üblich geworden ist, die ohne den Ruf zum Glauben auskommt, sollten wir umso deutlicher und herzlicher dazu einladen, dass es im Glauben Gemeinschaft mit diesem erhöhten Christus, diesem erhöhten Fürbitter, gibt. Dieselbe Kraft, die Jesus von den Toten auferweckt hat, wirkt darauf hin, uns zum Glauben zu führen. Und dieser Glaube kann nicht durch die formale Zugehörigkeit zu irgendeiner Gemeinde, Aktion oder Kirche ersetzt werden.
Schlusswort mit einer persönlichen Geschichte
Jetzt danke ich Ihnen, dass Sie so lange ausgehalten haben. Ich möchte mit einer Geschichte schließen. Ich war ziemlich aufgeregt, als Bruder Büsing mir das Thema gegeben hat.
Das, was Sie gerade erlebt haben, erinnert mich an eine Geschichte einer unserer Kinderschwestern. Sie war eine Großhepperhardiakonisse, die 40 Jahre lang Kinder in Ulm erzogen hat – noch nach der alten Methode. Wenn ein Kind ein bisschen frech war, bekam es auch mal ein paar auf den Allerwertesten.
Eines dieser Kinder hat seinen Weg gemacht und wurde ein begabter Zahnarzt. Die Kinderschwester ist später in die Zahnarztpraxis gekommen. Der Zahnarzt kam herein und sagte: „Jetzt kommt Revanche.“
Das war die Revanche für ihr schwieriges Thema. Danke.