Gott wird Mensch – Leben und Lehre des Mannes, der Retter und Richter ist, Weg, Wahrheit und Leben.
Episode 234: Vom Richten, Teil I.
Einführung in das Thema des Richtens
Heute kommen wir zu einem ganz neuen Thema in der Bergpredigt und zu einem Vers, von dem ich denke, dass fast jeder ihn kennt – auch wenn nicht jeder ihn richtig auslegt.
Matthäus Kapitel 7, Vers 1: "Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet."
Was bedeutet dieser Vers nicht? Er bedeutet nicht, dass ich niemals kritisch über einen anderen Menschen denken darf. Dieser Vers ist keine Aufforderung, ignorant oder naiv durchs Leben zu gehen.
Insbesondere in der Gemeinde ist es wichtig, dass wir uns trauen, einander zu richten – und zwar immer dann, wenn es um echte, grobe Sünde geht. Das ist aus zwei Gründen wichtig.
Erstens, weil Sünde immer dazu neigt, sich auszubreiten: Einer fängt damit an, und andere lassen sich anstecken.
Zweitens, weil Sünde ein Leben immer zerstört.
Es ist kein Akt von Liebe, wenn ich einfach dabei zuschaue, wie meine geistliche Schwester oder mein geistlicher Bruder ihr Leben wegschmeißen.
Die Notwendigkeit des Richtens in der Gemeinde
Ein Beispiel für das, was ich eben gesagt habe, findet sich in 1. Korinther 5. Es geht um einen Mann, der ein Verhältnis mit der Frau seines Vaters hat. Paulus tadelt die Gemeinde in Korinth dafür, dass sie diesen Mann nicht aus der Gemeinde ausgeschlossen hat.
Anschließend beschreibt er die Gefahr, die von grober Sünde ausgeht, wenn sie nicht gerichtet wird. Diese Gefahr betrifft die ganze Gemeinde.
In 1. Korinther 5,6 heißt es: „Euer Rühmen ist nicht gut. Wisst ihr nicht, dass ein wenig Sauerteig den ganzen Teig durchsäuert?“ Sauerteig ist hier ein Bild für Sünde. Ein bisschen Sünde kann eine ganze Gemeinde zerstören. Deshalb soll der unbußfertige Sünder ausgeschlossen werden.
Weiter heißt es in 1. Korinther 5,11: „Nun aber habe ich euch geschrieben, keinen Umgang zu haben, wenn jemand, der Bruder genannt wird, ein Unzüchtiger ist oder ein Habsüchtiger oder ein Götzendiener oder ein Lästerer oder ein Trunkenbold oder ein Räuber, mit einem solchen nicht einmal zu essen.“
Wir merken uns: Kein Umgang mit einem Sünder, und zwar um ihn zu gewinnen. Er soll merken, was er tut. Er soll das Nein der Gemeinde zu seiner Sünde spüren und Buße tun.
Dazu ist es nötig, dass Christen andere Christen richten – im Sinn von „Sünde erkennen und ansprechen“.
Wir haben keine Verantwortung für das Verhalten von Heiden, aber sehr wohl für die Sünde im Leben von Geschwistern.
Die Verantwortung der Gemeinde beim Richten
Paulus fragt deshalb in 1. Korinther 5,12-13: „Denn was habe ich zu richten, die draußen sind? Richtet ihr nicht die, die drinnen sind? Die aber draußen sind, richtet Gott. Tut den Bösen von euch selbst hinaus!“
Man erkennt hier zwei Seiten: Paulus hat nicht die Aufgabe, die draußen sind zu richten. Damit sind die Heiden außerhalb der Gemeinde gemeint. Die Heiden richtet Gott. Paulus soll jedoch die richten, die drinnen sind, also die Gemeindeglieder.
Wenn jemand eine grobe Sünde nicht bereinigen will, gilt der Auftrag: „Tut den Bösen von euch selbst hinaus!“ Das bedeutet einen Gemeindeausschluss. Dies geschieht aus Liebe zu dem Unbußfertigen.
Es ist wichtig, das gut zu verstehen. Sünde zu übersehen ist keine Liebe, sondern Hass. Das zeigt auch das mosaische Gesetz in 3. Mose 19,17: „Du sollst deinen Bruder in deinem Herzen nicht hassen; du sollst deinen Nächsten ernstlich zurechtweisen, damit du nicht seinetwegen Schuld trägst.“
Dieser Vers ist sehr bedeutend. Wer seinen Bruder hasst, verzichtet darauf, ihn ernstlich zurechtzuweisen. Wenn ich das tue, also nichts unternehme und ihn nicht ermahne, dann ist mir seine Sünde und er selbst egal.
Mit meinem Schweigen lade ich Schuld auf mich. Diese Schuld entsteht, weil es meine Pflicht gewesen wäre, ihn zu warnen.
Die richtige Haltung beim Richten
Fassen wir diesen Punkt zusammen: Wenn Jesus sagt „Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet“, formuliert er keine allgemeingültige Regel. Vielmehr hat er ein bestimmtes Verhalten vor Augen, das zu seiner Zeit üblich war.
Worauf könnte Jesus abzielen? Ich denke, er beschreibt eine Haltung, die er bei den religiösen Menschen seiner Zeit beobachtet. Hilfreich ist in diesem Zusammenhang die Verbform von „richtet nicht“. Die griechische Zeitform drückt aus, dass es sich dabei um eine Praxis handelt, eine Haltung, etwas, das für die betreffenden Menschen normal ist.
Es geht also nicht darum, dass jemand genau dann richtet, wenn es angemessen und hilfreich ist, sondern dass jemand die Haltung eines Richters einnimmt, der ständig alles und jeden beurteilt – aber dabei einen übersieht, nämlich sich selbst. Hier werden Menschen beschrieben, die überkritisch und kleinlich sind, aber ihre eigenen Sünden geflissentlich ignorieren. Menschen, die in ihren Augen weitgehend fehlerlos sind, dafür aber jeden noch so kleinen Fehler bei anderen entdecken.
Und das eben nicht, um dem anderen zu helfen. Sie genießen es, Menschen zu verurteilen, aber wirklich helfen wollen und können sie nicht. Diese Haltung, von oben herab andere zu verurteilen, ist sehr gefährlich.
Matthäus 7,1-2 sagt: „Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet. Denn mit welchem Gericht ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden, und mit welchem Maß ihr messt, wird euch zugemessen werden.“
Das klingt zunächst merkwürdig. Warum sollte Gott mich mit dem Gericht, also nach dem Standard, den ich an andere Menschen anlege, richten? Gibt es bei Gott keinen allgemeinen Standard?
„Mit welchem Maß ihr messt, wird euch zugemessen werden“ – heißt das, wenn ich überkritisch bin, wird Gott auch überkritisch mit mir umgehen? Wenn ich jeden noch so kleinen Fehler zum Anlass nehme, schlecht über andere Menschen zu denken, wird Gott dann auch bei mir jeden kleinen Fehler ahnden? Geht Gott mit mir so um, wie ich mit anderen Menschen umgehe? Die Antwort lautet: Ja.
Achtung: Es ist keine Lösung, gar nicht mehr zu richten. Wir sollen helfen, wir sollen lieben, und es ist wichtig, grobe Sünde anzusprechen. Aber wenn wir es mit dem Richten übertreiben und vor lauter Fehlern, die wir bei anderen sehen, gar nicht mehr unsere eigenen wahrnehmen, dann läuft etwas gehörig schief.
Was will der Herr Jesus uns hier beibringen? Zuerst einmal Großzügigkeit. Es ist falsch, grobe Sünde zu übersehen, aber es ist genauso falsch, jede Kleinigkeit wahrzunehmen. Man kann es mit dem Beurteilen und Kritisieren übertreiben. Und genau dabei sollten wir sehr vorsichtig sein, weil Gott uns mit dem Maß an Barmherzigkeit begegnet, das wir selbst an andere anlegen.
Lukas 6,36-37 sagt: „Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist, und richtet nicht, und ihr werdet nicht gerichtet werden. Verurteilt nicht, und ihr werdet nicht verurteilt werden. Lasst los, und ihr werdet losgelassen werden.“
Wenn wir diese Parallelstelle lesen, wird noch klarer, worum es geht: Es geht darum, so barmherzig mit Menschen umzugehen, wie unser Vater im Himmel mit uns umgeht. Wo sich bei uns eine falsche Haltung des Richtens, Verurteilens oder des Festhaltens an Vorurteilen findet, gilt es, schleunigst damit aufzuhören.
Was könnte man jetzt tun? Man könnte sich die Frage stellen, ob man dazu neigt, bei anderen Menschen jeden Fehler zu finden, obwohl man selbst keinen so strengen Maßstab an sich anlegt.
Das war’s für heute. Wenn du noch nicht damit angefangen hast, lass dich anregen, jede Woche neue Bibelverse auswendig zu lernen. Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.
Die Balance zwischen Barmherzigkeit und Korrektur
Was will der Herr Jesus uns hier beibringen? Zuerst einmal Großzügigkeit. Es ist falsch, grobe Sünde zu übersehen, aber genauso falsch, jede Kleinigkeit wahrzunehmen. Man kann es mit dem Beurteilen und Kritisieren übertreiben.
Genau dabei sollten wir sehr vorsichtig sein, denn Gott begegnet uns mit dem Maß an Barmherzigkeit, das wir selbst an andere anlegen. In Lukas 6,36-37 heißt es: „Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist. Richtet nicht, so werdet ihr nicht gerichtet; verurteilt nicht, so werdet ihr nicht verurteilt; vergebt, so wird euch vergeben.“
Wenn wir diese Parallelstelle lesen, wird noch klarer, worum es geht. Es geht darum, so barmherzig mit Menschen umzugehen, wie unser Vater im Himmel mit uns umgeht. Wo sich bei uns eine falsche Haltung des Richtens, Verurteilens oder Festhaltens an Vorurteilen zeigt, gilt es, schleunigst damit aufzuhören.
Abschluss und praktische Anregung
Was könntest du jetzt tun? Du könntest dir die Frage stellen, ob du dazu neigst, bei anderen Menschen jeden Fehler zu finden, obwohl du an dich selbst keinen so strengen Maßstab anlegst.
Das war's für heute? Falls du noch nicht damit angefangen hast, lass dich dazu anregen, jede Woche neue Bibelverse auswendig zu lernen.
Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.
