Einleitung und biblischer Text: Die Prüfung Abrahams
Unser Predigttext steht in 1. Mose 22,1-13. Sie können ihn in den ausgelegten Bibeln mitlesen.
Nach diesen Geschichten versuchte Gott Abraham und sprach zu ihm: „Abraham!“ Er antwortete: „Hier bin ich.“ Da sprach Gott: „Nimm Isaak, deinen einzigen Sohn, den du lieb hast, und geh hin in das Land Moria. Opfere ihn dort zum Brandopfer auf einem Berg, den ich dir sagen werde.“
Abraham stand früh am Morgen auf. Er gürtete seinen Esel, nahm zwei Knechte und seinen Sohn Isaak mit sich und spaltete Holz zum Brandopfer. Dann machte er sich auf den Weg zu dem Ort, den Gott ihm gesagt hatte.
Am dritten Tag hob Abraham seine Augen auf und sah die Stätte von ferne. Er sprach zu seinen Knechten: „Bleibt ihr hier mit dem Esel. Ich und der Knabe wollen dorthin gehen. Wenn wir angebetet haben, wollen wir wieder zu euch kommen.“
Abraham nahm das Holz zum Brandopfer und legte es auf seinen Sohn Isaak. Isaak aber nahm das Feuer und das Messer in seine Hand, und die beiden gingen miteinander.
Da sprach Isaak zu seinem Vater Abraham: „Mein Vater!“ Abraham antwortete: „Hier bin ich, mein Sohn.“ Achten Sie auf diese genauen Beschreibungen, denn Gott lässt uns manchmal das Leid bis zur Tiefe auskosten.
Isaak fragte: „Siehe, hier ist Feuer und Holz, wo ist aber das Schaf zum Brandopfer?“ Abraham antwortete: „Mein Sohn, Gott wird sich ersehen ein Schaf zum Brandopfer.“ Und die beiden gingen miteinander weiter.
Als sie an die Stätte kamen, die Gott ihm gesagt hatte, baute Abraham dort einen Altar und legte das Holz darauf. Dann band er seinen Sohn Isaak, legte ihn auf den Altar oben auf das Holz und reckte seine Hand aus, um das Messer zu fassen, um seinen Sohn zu schlachten.
Da rief ihn der Engel des Herrn vom Himmel und sprach: „Abraham, Abraham!“ Er antwortete: „Hier bin ich.“ Der Engel sprach: „Lege deine Hand nicht an den Knaben und tu ihm nichts! Denn nun weiß ich, dass du Gott fürchtest und deinen einzigen Sohn nicht verschont hast um meinetwillen.“
Da hob Abraham seine Augen auf und sah einen Widder hinter sich in der Hecke mit seinen Hörnern hängen. Er ging hin, nahm den Widder und opferte ihn zum Brandopfer anstelle seines Sohnes.
Herr, dieses Wort musst du uns erklären. Amen.
Die Suche nach Sicherheit und Selbstbewusstsein in der heutigen Zeit
Heute spielt die Selbstverwirklichung eine wichtige Rolle. Dazu gehört auch, wie man zu einem Selbstbewusstsein findet, sodass man betont und bewusst „ich“ sagen kann.
Ich meine, dass dies heute eine große Zeitströmung ist, die vielleicht durch die große Zukunftsangst verursacht wird. In den letzten Jahren ist das fast überraschend gekommen, nachdem zuvor noch ein grenzenloser Optimismus herrschte. Man meinte, die Zukunft sei so golden, bedingt durch die vielen technischen Möglichkeiten.
Doch immer mehr Menschen, die täglich damit konfrontiert werden, werden pessimistisch. Sie sagen, in der Zukunft gehe alles zugrunde, und die ganzen technischen Entwicklungen seien teuflisch. Es werde unheimlich.
Deshalb suchen die Menschen offenbar Halt und Sicherheit. Wichtig ist, dass man irgendwo wieder einen festen Boden hat. Und wo sollte man ihn anders finden als in sich selbst?
Dieser Rückzug, der heute in die Innerlichkeit beobachtet werden kann, ist, so würde ich meinen, ein Symptom unserer Zeit. Aber wie gewinnt man richtig für sich selbst Gewissheit und Sicherheit?
Viele sagen, man müsse an sich selbst glauben. Doch wie macht man das? Wie glaubt man an sich selbst? Man kann sich immer wieder einreden: „Du bist der Beste, niemand ist so gut wie du, und die anderen sind alle schlechter als du.“
Oder wie schafft man es, sich selbst ein neues Selbstbewusstsein zu geben? Es gibt verschiedene Trainingsprogramme und heute ganze Übungen, wie man das für sich selbst gewinnen kann.
Abraham als Beispiel für gelebtes Vertrauen
Ich möchte Ihren Blick auf Abraham lenken. Was für ein Mann war das, der mit sicheren Schritten in die Zukunft geht? Er wankt nicht und ist nicht erschrocken, sondern geht fröhlich seinen Weg.
Wir können Abraham fragen und ihn ganz einfach danach erkundigen: Wie ist das bei dir? Glaubst du an dich selbst? Hast du so ein Selbstbewusstsein? Abraham würde bestimmt abwinken und sagen: Über mich selbst kann ich mich nur grün und blau ärgern. Ich erliege nicht der Illusion, dass ich mir selbst so vertrauen kann.
Ich weiß auch nicht, ob das Wort „Selbstannahme“ so gut ist, das heute auch in christlichen Kreisen immer mehr gebraucht wird. Kann Abraham sich selbst annehmen? Abraham ärgert sich über sich, weil er in seinem Leben viel falsch macht. Und weil er sicher, wenn er manches noch einmal neu anpacken könnte, es völlig anders machen würde.
Er kann sich nicht selbst annehmen, weil er traurig ist über so viel Untreue, über so viel Schwäche und über so viel Versagen. Also ist auch das mit der Selbstannahme nicht richtig.
Was ist dann das Geheimnis Abrahams? Woher hat er seine Sicherheit? Er hat sich an Gott gebunden. Das heißt: Sein ganzes Vertrauen liegt auf Gott, nicht mehr auf ihm. Genau umgekehrt.
Während heute die meisten Menschen Sicherheit suchen, geht Abraham seinen Weg. Er sagt: Ich schaue von mir weg auf Gott, ich übertrage die ganze Verantwortung auf ihn, ich lasse mich von ihm führen, von ihm leiten. Er weiß dann, wie es richtig wird, und das macht mich ruhig.
In unserer Zeit ist die Achtung vor Autorität sehr weit fortgeschritten. Nun geht es auch uns nicht um menschliche Autorität, sondern um eine Autorität – um die Autorität Gottes. Nur wenn ich mich unter ihn beuge, nur wenn ich mich ganz auf ihn stützen kann, habe ich Sicherheit. Dann kann ich gewiss meinen Weg gehen.
Nur wenn mein Leben ganz mit Gott gelebt ist, dann kann ich beruhigt sein. Nur dann, darum ist das entscheidend wichtig.
Die Herausforderung der Loslösung von Gott und die wahre Quelle der Sicherheit
Ich meine, das ist jetzt eine Weichenstellung: Will ich mein Selbstbewusstsein heute gewinnen, indem ich mich gerade von Gott löse?
Es kann sein, dass viele unter uns heute angekränkelt sind von dem Versuch, sich Sicherheit zu verschaffen, indem sie sich von der Abhängigkeit von Gott lösen. Sie wollen frei werden und sagen: „Gerade ich möchte mich selbst verwirklichen.“ Das heißt doch, ich will meinen Kinderglauben ablegen und nicht mehr so Gott vertrauen wie bisher.
Da muss ich Ihnen sagen: So kommen Sie nicht zur Sicherheit, so werden Sie nicht gewiss. Nur umgekehrt, wenn Sie sagen: „Ich will aus den Enttäuschungen meines Lebens heraus mich ganz an Gott binden, ihm ganz vertrauen.“
Dieser Abraham war ein schwacher Mensch wie wir, ein unsicherer Mensch wie wir, ein fehlbarer Mensch wie wir. Aber er legt seine Hand im Glauben in die Hand Gottes. Nicht einmal, dass er die Hand Gottes festhalten kann, sondern Gott hält ihn fest.
Und das ist das Geheimnis dieses Geradenweges Abrahams: Er geht seinen Weg fröhlich. Darüber will ich heute zu Ihnen sprechen: Gott kann man trauen. Das soll so ein Leitsatz sein, den Sie mitnehmen – Gott kann man trauen.
Darum kann man auch sicher durchs Leben gehen, darum kann man Angst weglegen, darum kann man große Zuversicht haben.
Und das Leben Abrahams hat so eine Weite, eine Ausstrahlung, eine Tiefe bekommen, eine Bedeutung über die ganzen Generationen hinweg, weil er Gott vertraut hat. Das Einzige, was man von ihm rühmen kann: Er hat Gott vertraut.
Gott kann man trauen. Dazu will ich Ihnen Mut machen, und das ist die Lösung Ihrer eigenen Unsicherheit.
Die Dunkelheit des Lebens und die Prüfung des Glaubens
Gott kann man trauen, auch wenn alles dunkel ist. Heute hört man oft, wie dunkel die Zeiten sind. Man hört es in den großen Zukunftsprognosen: Aufrüstung, Öl, Energie, Arbeitsplätze und Überbevölkerung. Doch ich möchte hier nicht die ganze Litanei anstimmen.
Auch wenn es in der Führung Gottes dunkel ist und auch im Glauben Dunkelheit herrscht, sollte das niemand überraschen. Auch glaubende Menschen werden schwere Wege gehen. Abraham hat viele Prüfungen Gottes durchgemacht. Er wurde auf schweren Wegen geführt und musste Geduld lernen, wie wohl nur wenige andere.
In all der Dunkelheit seines Lebens hatte er nichts anderes als die Zusage Gottes: „Ich bin mit dir.“ Gott nahm ihn aus seiner Freundschaft und Verwandtschaft, aus seiner Heimat, und stellte ihn in die Fremde. Dort war er isoliert von seiner Heimat. Auf diesem Weg lief er einer unsicheren Zukunft entgegen. Doch er hatte nur die Zusage Gottes: „Ich bin mit dir.“ Das ist ein dunkles Leben.
Nach diesen Geschichten versuchte Gott Abraham noch einmal. Es war, als ob das, was Abraham bereits durchgemacht hatte, nicht genug gewesen wäre. Gott setzte bei Abraham noch einmal an und testete ihn.
Ich sage Ihnen ehrlich: Glauben ist nicht leicht. Glauben ist nie selbstverständlich. Wie schwer wurde es Abraham, und dann kam noch diese Prüfung hinzu. Gott versucht niemals zum Bösen. Was will Gott also mit diesen Prüfungen?
Gott will immer nur, dass unser Glaube reift. Das bedeutet, dass unser Vertrauen zu ihm immer stärker wird und mitten im Dunkel dieser Welt immer heller leuchtet. Gott hat ein Ziel. Es ist nicht, dass wir gesund sind. Es ist nicht, dass wir reich werden. Es ist nicht, dass wir Glücksgefühle haben. Sondern es ist, dass wir das Vertrauen in ihn stärken. Alles zielt auf dieses eine ab: dass der Glaube wächst.
Darum muss auch Abraham noch in diese weitere Prüfung hinein. Je mehr er mit Gott erlebt hat, desto mehr nimmt Gott ihn noch heran. Er muss noch die schlimmsten Stürme durchstehen, weil der Glaube reifen und stark werden muss.
Die unbegreifliche Forderung Gottes und Abrahams Gehorsam
Und dann sagt Gott zu ihm: „Nimm deinen Sohn, deinen Einzigen.“ Das ist, als würde die Wunde noch einmal aufgerissen. Auf diesen Sohn hat er so lange gewartet. Dieser Sohn war für ihn eine Bestätigung; durch ihn hat er Gottes Liebe erfahren. Und nun nimmt Gott ihm noch einmal diese wunderbare Erfahrung weg.
Darauf hatte er sich doch so oft verlassen. So dunkel, ja so dunkel kann es sein. Und das soll für uns alle gesprochen sein, weil wir oft fragen: Warum? Warum müssen wir durch solches Dunkel hindurch? Weil dadurch das Vertrauen auf Gott gestärkt werden soll.
Was von Abraham verlangt wird, ist ja ganz unverständlich. Er soll seinen Sohn opfern. Das kann man einfach nicht verstehen, das ist für Menschen unmöglich. Sie können darüber nachdenken, wie sie wollen, es ist außerhalb des Begreifens.
Und da will uns Gott doch sagen, dass unser Verstehen in den Stunden, wenn Gott uns Unbegreifliches und Schweres auferlegt, versagt. Unser Denken kann das nicht fassen. Wenn Abraham sagt: „Ich begreife das nicht“, dann ist das mehr, als man verstehen kann.
Gott fordert es von ihm – und er fordert nicht nur, dass sein Sohn geopfert werden muss, sondern dass Abraham es auch tun soll. Wie soll der Vater das noch tun können? Das ist doch barbarisch, abscheulich, unheimlich. Haben Sie das nicht schon oft gedacht, wenn Sie schwere Lebenssituationen durchlebt haben?
Die Bibel ist so offen, dass unser ganzes Denken in solchen Momenten meint, Gott sei abscheulich und barbarisch mit uns. Warum muss jemand so leiden? Das kann doch gar nicht sein! Warum muss jemand so viel Böses und Schweres ertragen? Diese bittere Pille kann man gar nicht schlucken, kein Mensch kann sie tragen.
Es ist völlig unverständlich, was Gott da von Abraham verlangt. Und dennoch geht Abraham seinen Weg ruhig und getrost. Er kann Gott trauen, auch wenn es ganz dunkel ist. Er folgt nicht seinem Gefühl, auch nicht seinen väterlichen Gefühlen.
Wie oft ist dieses Missverständnis für Menschen schon zum Verhängnis geworden, wenn sie meinen, Glauben hätte mit Gefühl zu tun. Glaube geht noch weiter, auch wenn das Gefühl es nicht mehr versteht und nicht mehr mitsprechen kann.
Es geht gegen alle Vatergefühle Abrahams, es geht gegen den Verstand. Natürlich brauchen sie Verstand zum Glauben, aber auch dann, wenn sie es nicht mehr verstehen, können sie Gott trauen.
Das will dieser eindrückliche Bericht aus dem Leben Abrahams sagen: Gott kann man trauen. Abraham hat sich einmal Gott verschrieben und will ihm folgen. Darum geht er diesen Weg und sagt: „Ich traue Gott. Ich weiß, er führt mich zum Licht, und seine Wege sind lauter Segenswege. Deshalb gehe ich diesen Weg, auch wenn ich es nicht verstehe und nicht fühle. Ich will nur Gott treu sein und Gott gehorchen.“
Das Vertrauen Abrahams auf Gottes Wort als Grundlage des Glaubens
Woher weiß Abraham das? Er besitzt ein Wissen von Gott, das weder aus seinem Gefühl noch aus seinem Verstand stammt. So wie Gott zu ihm gesprochen hat, vertraut er ihm. Gott hatte ihm am Anfang zugesagt: „Ich bin dein Schild und dein sehr großer Lohn.“ Daran hält Abraham sich jetzt fest. Dieses Wort ist ihm gewisser als alles andere. Es ist seine Ermutigung und sein Trost.
In diesem Moment gibt Abraham auch das auf, was ihm bisher eine Stütze war. Er konnte sagen: „Gott hat mir diesen Isa gegeben, das ist die Geschichte Gottes in meinem Leben.“ An dieser Sache muss es ja weitergehen. Gott hat versprochen, mit seinen Nachkommen zu handeln. Abraham kann seinen Sohn nicht preisgeben, ohne dass die ganze Sache Gottes Schaden nimmt.
Wissen Sie, dass das bei mir sofort Wunden anrührt? Wie oft haben wir vor Gott den Gehorsam verweigert, weil wir sagten: „Wir können diese Sache Gott nicht hingeben, denn sie gehört zu einer ganz wichtigen Angelegenheit seines Reiches. Er hat mir das gegeben. Ich kann diese Position nicht aufgeben. Ich habe so großen Einfluss, und es ist doch viel besser, ich bleibe dabei. Das Wort Gottes kann ich vielleicht auch anders verstehen.“ Nein! Wenn Gott will, dann kann er alles aufs Spiel setzen. Wenn Gott will, folgt Abraham ihm bedingungslos.
Was Autorität Gottes im Glauben bedeutet, müssen wir heute, am Ende des 20. Jahrhunderts, vielleicht völlig neu lernen. Denn sonst werden wir nie zum Frieden kommen. Abraham hätte nie Frieden gefunden und nie die gerade Linie seines Lebensweges, wenn er nicht an den Stellen seines Lebens bedingungslos gehorcht hätte, an denen er versucht hätte, das Wort Gottes nur ein wenig seiner Situation anzupassen. Dabei ist er kläglich gescheitert.
Nun hat er sich ganz Gott verschrieben. Er will nur noch gehorchen. Ich bin froh, dass ich an unsere Predigt vom letzten Sonntag über das Gesetz des Herrn anknüpfen kann, indem wir heute über den Gehorsam sprechen. Denn unter Christen ist Gehorsam oft verpönt, als wäre es etwas Negatives.
Doch durch den Gehorsam kommt Frieden und Sicherheit in Abrahams Leben. Er sagt: „Ich will mich nicht mehr selbst führen. Du sollst als Hirte mich regieren.“ Was soll das anderes bedeuten, als dass wir unsere Gefühle und unser Denken unter den Gehorsam Christi stellen? Er will sagen: „Ich will mich ganz bedingungslos ihm zu eigen geben.“
Abraham als Vorbild für mutigen Glauben und Gehorsam
Abraham handelt wie Kolumbus, der einfach aufbrach und losfuhr. So wagte auch Abraham den Schritt und erlebte, dass er Neuland betreten konnte. Dabei machte er Erfahrungen, die zuvor undenkbar waren und weit über das hinausgingen, was man begreifen und verstehen konnte.
Abraham wagte es, und Gott bestätigte seinen Weg. Er fand heraus, dass das Dunkel nicht wirklich dunkel ist. Das Finstere ist nicht finster. Diese Erkenntnis soll uns ermutigen, wenn Gott uns unbegreiflich Schweres auferlegt.
Dann können wir sagen: Ich gehe diese Wege im Namen Gottes und will alles hingeben. Es gibt ein schönes Lied von Paul Gerhardt, das darüber schreibt, wie Eltern ein Kind hergeben müssen. Dieses Lied steht in unserem Gesangbuch. Dort heißt es: „Ich gebe es willig her, ohne zu murren, ich lege es auf den Brandopferaltar.“
Viele Dinge im Leben werden so konkret, weil Gott am Ende meine Finsternis in Licht verwandelt. Das ist sein Weg und nicht mein Weg. Ob ich es verstehe oder fühle, ist dabei nicht wichtig.
Wichtig ist nur, dass es sein Weg ist, dass es unter seinem Ja geschieht und dass er mich führt – auch wenn es ganz dunkel ist. Gott kann man trauen, auch wenn es ganz dunkel ist.
Die Verlässlichkeit des Wortes Gottes und die Bedeutung des Gehorsams
Anderer Leitsatz: Gott kann man trauen, weil er uns sein Wort gesagt hat.
Das ist gar nicht so schwer, wie es von außen für den ungläubigen Betrachter vielleicht aussieht, was da erzählt wird. Gott sprach zu Abraham – schon wenn Gott ihn anredet, da hört man den Namen „Vater vieler Völker“. In diesem Namen liegt bereits die Verheißung. Wenn Gott anfängt, mit uns zu reden, dann schenkt er uns damit auch Trost.
Das verstehen andere nie. Sie meinen immer, das Wort Gottes sei nur irgendein Menschenwort. Sie halten es für Trostsprüche oder Bibelsprüche – und meinen das meist negativ. Wenn wir das Wort Gottes in dunklen Stunden vernehmen, dann hören wir schon in den ersten Klängen: Da redet der lebendige Gott, mein Vater, mit mir.
Das macht es Abraham leicht. Wir haben doch sein Wort. Wir sind nicht auf Gefühle angewiesen, weil wir Gewissheit haben. Wir sind nicht auf Erfahrungen oder Verstehensmöglichkeiten angewiesen, weil wir sein Wort besitzen.
Darum steht der Gehorsam jetzt im Mittelpunkt: Gehorsam sein. Wir haben alle schlechte Erfahrungen gemacht, aber wir meinen damit nicht, man solle Kadavergehorsam leisten, wie im Spieß auf dem Kasernenhof. Das meinen wir nicht.
Vielmehr kommen wir in den schweren Prüfungen des Lebens nur durch, wenn wir Gottes Wort genau kennen und daran festhalten. Wenn Sie selbst nicht klarkommen, dann brauchen Sie eben einen Seelsorger.
Dabei dürfen Sie sich nicht entschuldigen. Ich biete Ihnen meine Dienste hier an. Viele Schwestern und Brüder hier bieten Ihnen ebenfalls ihre Dienste an, damit Sie das Wort Gottes konkret verstehen. So können Sie erfahren, wie es für Sie gilt und wie es Ihnen Gewissheit und Sicherheit geben kann.
Abrahams entschlossener Weg und die Kraft des Glaubens
Wenn Sie in Ihren Lebensentscheidungen fragen müssten: Was ist gut, meinem Urteil nach, meinem Eindruck nach? Dann werden Sie ganz bestimmt scheitern. Viele sind schon an dieser Stelle gescheitert.
Abraham, Sie müssen ihn sich vorstellen: Drei Tage geht er. Er weiß nicht, was am Ende auf ihn zukommt. Es ist ein langer Weg, und doch geht er sicheren Schrittes. Er läuft nicht im Kreis herum, sondern geht direkt auf sein Ziel zu. Das ist ein Bild für Glaubende, die nichts wissen und nichts verstehen, und doch ihren Weg gehen.
Ich wünsche mir, dass Sie in Ihren Berufsentscheidungen so gehen. War das nicht einmal die Kraft der Kirche? In der Reformationszeit stellten sich Einzelne gegen Kaiser und Reich, gegen alle Stimmen, und sagten: „Keinen Kompromiss! Ich will nur das tun, was Gottes Wort mich heißt. Allein das, was sich auf das Wort der Bibel gründen kann, will ich leben.“ Warum heute nicht?
Wenn wir gesegnete Menschen sein wollen, dann müssen wir diesen Weg wieder gehen – ganz gewiss ohne das Ziel zu kennen. Es gab schon viele, die auf wichtige Plätze im Beruf verzichteten und arbeitslos wurden – um des Segens Gottes willen. Andere zogen in die Fremde und verließen ihre Heimat – um ihres Glaubens willen. Sie sagten: „Lieber verlieren wir alle unsere Güter, als dass wir nur an einer Stelle sündigen.“
Gehorchen um meines Friedens willen, um meines Glücks willen. Abraham geht seinen Weg und wankt nicht. Paulus hebt dies im Römerbrief besonders hervor: Er war nicht wankend, er schwankte nicht hin und her, er versuchte nicht, alles andere noch zu probieren. Stattdessen ging er entschlossen diesen Weg, weil er sich auf das Wort Gottes gründete.
Er schob es nicht auf die lange Bank. Er stand früh auf – was ihm so schwerfiel wie uns in der Sommerzeit – und dann packte er seinen Esel, nahm seinen Sohn Isaak und das Feuer mit und sagte: „Es muss sein.“ Wie viele schieben das lange vor sich her, was Gott von ihnen fordert, statt dass sie es rasch tun, so wie Gott es von ihnen will.
Er feilscht nicht mit Gott um Prozente und sagt vielleicht doch ein bisschen anders. Er weiß: Wenn Gott mich ruft, will er mich ganz haben. Dann muss ich entschlossen ihm folgen. Und er will keinen einzigen Schritt abseits von dieser Führung, abseits von diesem Befehl gehen.
Wie kann Abraham das tun? Er hat das Wort Gottes. Das ist für uns die Basis: Gott redet zu uns. Es gibt keine andere Grundlage des Glaubens als das, was Gott uns sagen lässt – sein Wort, auf das wir uns gründen können. Er hat gesagt, und darauf wagt mein Herz es froh und unverzagt und lässt sich gar nicht grauen.
Wenn mein Glaube von Gefühlen abhängig wäre, wäre ich hin und her gerissen. Wenn mein Glaube von meiner Vernunft abhängig wäre, würde ich überhaupt nicht mehr klar sehen. Aber Glaube ruht auf den Zusagen Gottes in seinem Wort. Darum kann man glauben, und darum hat auch unser Handeln eine Basis.
Sie spüren, wie das ansetzt an die letzte Sonntagspredigt. Darum ist es ein Segen, dass uns Gott den Weg gewiesen hat. Wir sagten am Sonntag: Wir müssen nicht dauernd so tun, als ob wir erst die ethischen Entscheidungen finden müssten, die wir gehen sollen. Gott hat schon so klar zu uns gesprochen.
Gott kann man trauen. Er überfordert nie.
Die Belohnung des Glaubens und die erneute Bundesbestätigung
Letzter Leitsatz: Ist es nicht doch zu schwer? Das ist ja wahnsinnig, was Abraham hier tun soll. Nein, am Ende ist Abraham der Beschenkte.
Man sagt, das ging ja ganz anders aus, als man dachte. Es geht immer ganz anders aus, als man dachte. Wenn Sie auf ein Leben des Glaubens zurückblicken, verspreche ich Ihnen, dann können Sie nur mit Tränen in den Augen Gott loben und danken. Sie sagen: Gott war viel größer, als ich je dachte, er war viel wunderbarer und viel mächtiger.
Am Ende steht eine erneute Bestätigung des Bundes. Da sagt Gott: Ja, Abraham, durch dich will ich großes Heil machen. Und da steht der Segen Gottes ganz neu über diesem Leben. Gott versucht niemand zum Bösen. Er will, dass wir ihm trauen – viel mehr als vorher. Er will, dass wir uns noch viel mehr an ihn binden und uns ganz verlassen darauf, dass das gut wird, was er mit uns vorhat.
Man meint oft, man könne Gott Gaben schenken und Gott etwas darbieten. Aber man kann Gott nichts schenken. Selbst Abraham bringt es nicht fertig, Gott irgendetwas zu opfern. Wenn wir Geld opfern, ist das ein falsches Wort. Und wenn wir Zeit opfern, ist es ebenfalls ein falsches Wort. Es kommt vielfach zu uns zurück.
Wo wir in einem konkreten Schritt des Gehorsams meinen, wir würden auf viel verzichten, verzichten wir gar nie. Am Ende würde uns Gott noch viel mehr schenken. Wer sich ihm hingibt, dem gibt sich Gott ganz. Und dem gibt Gott Frieden und Gewissheit.
Das Opfer als Vorausbild auf Christus und die Zusage des Friedens
An dieser Stelle muss noch erwähnt werden, dass das Opfer bereits im Bild gesprochen ist auf das, was kommt. Du hast deinen Sohn nicht verschont, und Gott hat seinen Sohn nicht verschont. Gott hat ihn festbinden lassen auf diesen Altar und ihm Nägel in die Hände treiben lassen.
Darum gehört diese Geschichte in die Passionszeit. Gott wusste, wie schlimm die Schuld ist und dass sie nicht einfach bloß weggewischt werden kann. Deshalb hat er seinen Sohn hingegeben, damit unser Leben Befreiung empfängt. Er hat ihn zermalmen lassen und auf diesem Altar verbluten lassen. Dieses Opfer war nötig.
Jesus hat diesen Weg durch das Dunkel noch auf eine ganz andere Weise durchgemacht. Bei ihm ist es nicht so wie bei uns. Er geht hinein in die letzte Verlassenheit, wir aber nicht mehr. Um des Opfers Jesu willen erhalten wir heute seinen Frieden, seinen Segen und seine Bewahrung. Das ist ein Pfand, das wir haben.
Darum wissen wir, dass es bei uns nicht mehr in die Nacht geht – um Jesu willen. Das müsste uns ganz anders ermutigen, uns entschlossen und völlig auf diesen Weg einzustellen, wenn Jesus gegangen ist. Sein Weg ist nicht mehr so dunkel wie der Weg Jesu; er führt wirklich zum Licht.
Was wäre das für unser Stuttgart, wenn es hier nur hundert entschlossene Leute gäbe, die sagen: „Ich denke nicht an andere, ich will meinem Herrn ganz nachfolgen, auch durch Leiden, auch auf dem Kreuzesweg, weil ich ganz teilhaben will an seinen Segnungen.“ Und ich weiß, dass dies ein Pfand ist. Er hat seinen eigenen Sohn nicht verschont. Wie sollte er uns in ihm nun nicht alles schenken?
Das Letzte muss ich ja nicht mehr durchmachen. Durch die letzte Verlassenheit muss ich gar nicht mehr hindurch. Das Letzte ist geklärt. Ich bin in Gott geborgen, was auch kommen mag. Es gibt nichts Schweres, es gibt keine Höllentiefe mehr, die ich durchstehen muss, weil Jesus sie für mich schon ausgehalten hat.
Das ermutigt uns, uns ganz ihm hinzugeben. Gott gebe uns allen einen solchen entschlossenen Glauben. Ein anderer Glaube hat keinen Wert als dieses entschlossene Ja. Amen.