Einladung zum Zeltgottesdienst als Chance für Glaubensbegegnung
Alte Nachbargemeinden, dass Sie den Mut gehabt haben, diese Einladung auszusprechen, ist uns in unserer evangelischen Landeskirche sehr wichtig. Es ist uns ein Anliegen, dass solche Zeltwochen stattfinden – um der Menschen willen.
Es gibt ja viele, die getauft, konfirmiert oder kirchlich getraut sind, aber den Kontakt zum Gottesdienst verloren haben. Viele haben Angst, außer am Heiligen Abend, wenn sie, obwohl ihr Herz sie eigentlich ziehen würde, in den Gottesdienst gehen. Sie denken dann: „Was tut denn der da? Ist der religiös wahnsinnig geworden?“ und trauen sich nicht.
Bei einem Zelt, wo man nicht genau weiß, wer da ist – kommen die von Laupheim neben mir oder von Dietenheim, von Ersingen oder Wein? Sogar Biebracher sind da, sogar zwei Lehrer, also Leute aus Leer. Ich hoffe, dass noch mehr Lehrer kommen, die hätten es erst recht nötig.
Da hat man nicht diese Angst, auch in einem Zelt. Das Zelt ist sonst bloß wieder Zirkus. Da kann man sich ja ganz hinten hinsetzen, wenn man sehen will, was da überhaupt passiert. Im Zelt ist es günstig, da kann man auch mal so reden, wie einem der Schnabel gewachsen ist, so wie man sonst normal spricht.
Wenn man nicht ganz schriftdeutsch in der Kirche redet, gibt es genug Gemeindeglieder, die sagen: „Aber so schwätzt man in der Kirche nicht.“ Im Zelt können wir jetzt ganz normal reden, so wie wir unter Menschen reden. Auch die Grundfragen aufnehmen, die heute Menschen bewegen.
All die Themen, die Sie für diese Abende haben, sind wichtig. Aber eins ist für Sie besonders wichtig – und da bitte ich Sie herzlich darum, auch als Prälat für diesen Sprengel Ulm: Lassen Sie kein Auto fahren, in dem auch noch ein Platz frei ist!
Das ist jetzt die Chance, dass Sie auch Leute, die sonst mit der Kirche nicht viel am Hut haben, einladen: „Komm doch mal ins Zelt, geh doch mit!“ Wenn Sie sie mitnehmen, haben sie weniger Angst, dass irgendwas passiert, dass sie gleich getauft werden oder niederknien müssen oder so etwas.
Ihnen trauen Sie zu, dass sie die Einladung Jesu hören. Denn um Jesus soll es an diesen Abenden gehen.
Erfahrungen mit Zeltmission und die bleibende Gegenwart Jesu
Ich erinnere mich an einen Abend am Gardasee. Dort hat das evangelische Jugendwerk seit 25 Jahren Jahr für Jahr eine Zeltmission, eine Campingmission, auf über 40 Zeltplätzen veranstaltet.
Wir haben vom Mittwochabend an, wenn die Hitze etwas erträglicher wurde, von Zelt zu Zelt eingeladen zu unseren offenen Volksliedersingen. Diese endeten meist in einer Abendandacht. Nun wollen wir die läutende Abendglocke benutzen, so wie es unsere Vorväter gehalten haben, um den Abendsegen zu erbitten.
„Ach, bleib bei uns, Herr Jesu Christ, weil es nun Abend geworden ist! Dein göttlich Wort, das helle Licht, lass ja bei uns auslöschen das Licht in dieser schwer betrübten Zeit. Verlei uns, Herr, Beständigkeit, dass wir dein Wort und Sakrament behalten rein bis an das End. Gib, dass wir leben in deinem Wort und darauf ferner fahren fort von hinnen aus dem Jammertal zu dir in deinen Ehrensaal. Amen.“
Am Gardasee haben wir versucht, die Gäste in ihren Zelten zu Gottesdiensten, Bibelgruppen, Kinderstunden und zum offenen Volksliedersingen einzuladen. Dies mündete immer wieder in eine evangelistische Abendandacht. Ich sehe noch Fritz Geisser, der bei unserem Team war, an einem modernen westlichen Caravan stehenbleiben. Merkwürdigerweise hatte dieser ein jugoslawisches Kennzeichen. Fritz war ein stämmiger Mann.
Er sah die Einladung mit Ekel an und fragte: „Was ist das?“ Fritz Geisser antwortete: „Da geht es um Jesus, der ist nicht von gestern.“ Der jugoslawische Parteifunktionär, denn ohne diese Verbindung wäre er nicht aus Jugoslawien herausgekommen und hätte keinen solchen Caravan besessen, entgegnete: „Aber er ist von vorgestern.“
Ich denke oft daran, was aus diesem Mann geworden ist. Er glaubte, die Zukunft liege in der Einheit der blockfreien Staaten, im Sozialismus unter Tito, in der Einheit der sieben verschiedenen Nationalitäten im jugoslawischen Staat. Die Einheit des Sozialismus verband sie. Doch all das ist zerfallen.
Aber Jesus ist heute noch da, selbst in Ländern, wo wir meinten, er müsste klein beigeben, in Russland und China. Die christliche Mission konnte nach etwa hundert Jahren Mission in China um 1949 etwa zwei Millionen Chinesen taufen. Heute, nach den furchtbaren Verfolgungen während der Kulturrevolution, in der das Christentum ausgerottet werden sollte, sind es etwa fünfzig Millionen. Jesus ist nicht nur von gestern oder vorgestern, er ist heute da.
Das Thema lautet: Religion, Ideologien und Jesus. Es ist merkwürdig, dass die Zeit der Ideologien vorbei zu sein scheint. Unsere junge Generation kann kaum noch verstehen, dass wir Älteren einmal auf Parolen hereingefallen sind wie „Du bist nichts, das Volk ist alles“. Millionen junger Leute sahen es als Ehre an, für Führer, Volk und Vaterland zu sterben. Das ist doch Wahnsinn – das verstehen unsere jungen Leute nicht.
Damals gab es die Ideologie vom großdeutschen Volk: ein Volk, ein Reich, ein Führer. Die große Ideologie des Sozialismus – wenn uns vor vier Jahren jemand gesagt hätte, dass der Sozialismus, der in Mosambik, Tansania, Chile, Lateinamerika, Nicaragua, von China bis Frankfurt an der Oder so faszinierend war, einmal weggespült sein würde, hätten wir gesagt: „Du spinnst, das gibt es nicht, das ist die Ideologie der Zukunft!“
Ich vermute, der Sozialismus wird noch einmal aufstehen. Die Idee ist zu stark. Die Mächtigen, die klassenlose Gesellschaft – das sind Ideale, die nie verwirklicht wurden. Wir wissen, dass es weder in Russland, noch in China, noch in Nicaragua eine klassenlose Gesellschaft gab. Es gab genauso Bonzen, Großverdiener und Unterdrückte. Aber die Idee ist faszinierend: Unsere Welt könnte noch einmal gerecht und gleich werden.
Heute ist der Sozialismus vorbei, sogar die Idee in der westlichen Welt. Demokratie? Ich gehe nicht zu den Wahlen. Das ist doch alles nichts. Keine der Parteien überzeugt. Es herrscht ein großes Misstrauen gegen die Parteien. Noch vor Monaten stand Präsident Busch hoch im Kurs, heute sind die Hochrechnungen im Keller. Werden die Mächtigen der westlichen freien Wirtschaft die Probleme bewältigen? Werden die Politiker den Herausforderungen gerecht, die von der Dritten Welt, den Ländern des Ostens bis zu uns reichen – Sozialversicherungsprobleme, Gesundheitsreform?
Wir leben doch alle mit eingezogenem Genick, nicht nur die Zahnärzte. Was kommt noch auf uns zu? Werden die Renten wieder gekürzt? Es herrscht großes Misstrauen in Verwaltung, Staat, Parteien und sogar in der Kirche. Die bringen doch auch nichts fertig.
Wir erleben weltweit einen Rückzug – weg von den großen Ideologien, von den großen Träumen hin zur kleinen Einheit. Sie sehen es in Jugoslawien: sieben Sprachgruppen, nochmals aufgeteilt in kroatische Orthodoxe, kroatische Katholiken, einige Evangelische, bosnische Katholiken, Mohammedaner – eine Zersplitterung.
Das gilt nicht nur für Jugoslawien. In England, einst Great Britain, dem Stolz der Nation, sagen die Iren: „Wir wollen frei sein.“ Die Schotten sagen: „Wir haben mit London nichts zu tun, Edinburgh ist die Mitte der Welt.“ Und in Wales sagt man: „Wir haben unsere eigene Sprache.“ In jedem Dorf in Wales merkt man das Auseinanderdriften.
„Ich gehöre zum Verein, ich bin bei den Keglern, der ist Fußballer, der bei den Schützen.“ Jeder sucht sich eine eigene Nische. Im März hatten wir eine Tagung in Bad Boll, wo aus ganz Europa gesagt wurde, man sammelt sich in den Neighborhoods, in kleinen Nachbarschaften, in kleinen Einheiten.
Aber so kann man nicht leben. Der Mensch braucht für sein Leben einen großen Rahmen. Wenn man gerade erst aufs Feld kommt, konfirmiert wird und jetzt über sechzig ist, ist das Leben schnell vorübergegangen. Wofür lebe ich? Der Sinn meines Lebens muss irgendwo in einem Zusammenhang stehen. Wenn die Ideologien nicht mehr tragen – weder Sozialismus, Kapitalismus noch Rassismus – vielleicht trägt die Religion.
Nun kommen wir zu den Religionen. Vor zehn Jahren hätte man nicht für möglich gehalten, dass das Religiöse wieder so aktuell wird. Wir haben es im Anspiel gehört. Schauen Sie mal in eine Bahnhofsbuchhandlung: Ein Drittel dessen, was angeboten wird, ist New Age, Esoterik, Okkultismus. Die Anbieter wissen genau, was heute gekauft wird.
Als ich zur Schule ging, dachte man, der Islam sei nur noch eine Religion einiger Völker, nicht eine Weltmacht. Doch hinter dem Islam stehen alle Ölmilliarden. Es ist eine der einflussreichsten Religiositäten. In jedem kleinen Städtchen Afrikas steht als größtes Gebäude eine Moschee, finanziert aus Kuwait und dem Irak.
Die Naturreligionen, von denen man meinte, sie seien längst vergangen, in denen Steine oder Baumstümpfe angebetet werden, die vom Blitz getroffen werden, sind in Ländern wie Nigeria, Angola oder Zaire mit einer Macht präsent, die wir uns nicht vorstellen konnten. Das Religiöse ist wieder modern geworden.
Haben Sie bei Sportübertragungen bemerkt, wie oft die Reporter „toi toi toi“ sagen? Das ist eine Beschwörung, die wieder Mode geworden ist. Deshalb stellt sich die Frage: Warum kann sich unsere christliche Kirche nicht an diesen Strom anschließen, wenn Religiosität wieder modern ist? Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute so nah liegt? Wir haben doch längst etwas.
Aber wir müssen ernst nehmen, dass unsere Gottesdienste, unsere Kirche, unsere Kirchenorganisation bei vielen Menschen nur noch Enttäuschungen hervorrufen. Die ganze Latte: „Mir hat mal im Konfirmantenunterricht der Pfarrer eine runtergebrüllt.“ „Ich war mal im Gottesdienst, der war so langweilig.“ „Bei der Taufe hat der Mesner uns geschimpft, weil wir nicht an der richtigen Stelle standen.“ Das ist wie bei Lapachen!
Es gibt viele Enttäuschungen am „Saftladen Kirche“. Sie finden in der Kirche viel Menschliches. Deshalb möchte ich Sie nicht einfach zur Kirche bekehren, obwohl ich unsere württembergische Kirche und deren Mitarbeiter sehr liebe.
Kehren wir zum Thema zurück: Religion, Ideologien und Jesus. Was hat Jesus zu bieten? Vielleicht müssen wir ganz neu anfangen – nicht nur einen kirchlichen Apparat betreiben, sondern, wie ein amerikanischer Freund einmal sagte: „Don't look on us, look on him.“ Schaut nicht auf uns als kirchlichen Betrieb, sondern auf ihn.
Die Jünger Jesu, wenn man das Neue Testament betrachtet, sagen: Wir waren Verleugner, haben Jesus missverstanden, ihn ans Messer geliefert und nicht für möglich gehalten, dass er auferstanden ist. Aber Jesus war großartig, er hat uns gesammelt.
Lassen Sie uns jetzt zu Jesus zurückkehren. Was hat Jesus in dieser Welt der Ideologien und Religionen zu bieten? Zuerst eine Geschichte: Man hat Jesus nicht wie einen kleinen Ganoven ans Messer geliefert, sondern gesagt, er sei ein Aufrührer gegen den römischen Kaiser. Pilatus, der römische Landpfleger, wurde damit beauftragt, darüber zu urteilen.
Pilatus wollte wissen: „Bist du ein König?“ Jesus antwortete: „Ich bin ein König, aber nicht von dieser Welt. Sonst würden meine Leute für mich kämpfen. Ich bin dazu geboren und in die Welt gekommen, um zu sagen, was Wahrheit ist.“
Die kürzeste Geburtsgeschichte Jesu lautet: „Ich bin dazu geboren, in die Welt gekommen, damit ich den Menschen sage, was Wahrheit ist.“ Dann sagte er noch: „Wer aus der Wahrheit ist, der hört meine Stimme.“ Wer ehrlich ist und nach Wahrheit verlangt, versteht es.
Ich möchte Sie heute mitnehmen und nicht überreden, sondern Ihnen diese Frage vorlegen: Was ist Wahrheit? Sie können in Ihrem Gewissen selbst entscheiden, was Wahrheit ist.
Fünf Punkte:
Erstens: In allen Religionen und Ideologien gibt es die Überzeugung, dass die Welt nicht vollkommen ist, aber tief in mir drin ein guter Kern steckt. Ich bin zwar kein Engel, aber tief in mir ein guter Mensch.
Wenn ich im Religionsunterricht Schwierigkeiten mit Schülern hatte, machte ich gern Hausbesuche, um die Eltern und die Umgebung kennenzulernen. Meist sagten die Mütter: „Unser Emil ist nicht immer lieb im Unterricht und macht Sorgen, aber tief in ihm ist er ein netter Kerl.“ Großartig, solche Mütter, die sich für uns einsetzen.
So sagen alle Religionen und Ideologien. Jesus aber sagt: Ganz tief in uns kommen aus dem Herzen arge Gedanken – Mord, Ehebruch, Hurerei, Unwahrheit, Lästerung. Manchmal flucht man, obwohl man es nicht will. Woher kommt das? Wenn Sie abends in den Spiegel schauen und denken: „Ich bin ausgeflippt, hätte meinen Mund halten sollen“, woher kommt das?
Ist tief in uns wirklich ein guter Kern oder ein Vulkan? Wir können unsere Unarten immer schönreden: Wer geizig ist, sagt, er hält seine Sachen zusammen. Wer Geld großzügig ausgibt, sagt, er ist lebenslustig. Wer nicht aus dem Haus geht, nennt sich häuslich. Wer ständig unterwegs ist, sagt, er hat Verpflichtungen in der Öffentlichkeit.
Wir können unsere größten Unarten immer so umdeuten, dass sie gut aussehen. Deshalb ist es gut, dass Jesus lebendig vor unser Gewissen tritt.
Einmal wurde vor Jesus eine Frau beim Ehebruch ertappt. Man wollte sie steinigen, wie es das Gesetz Mose vorschreibt. Jesus sagte: „Wer von euch ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein.“ Dann schrieb er mit dem Finger in den Sand.
Als er aufsah, war niemand mehr da, nur die Ehebrecherin. Im Evangelium nach Johannes heißt es, alle gingen einer nach dem anderen hinaus, in ihrem Gewissen getroffen.
Was stimmt? Das, was alle Religionen und Ideologien sagen – tief in uns ist das Gute und das muss entwickelt werden? Oder: Oh, wie sieht es in mir aus? Ich brauche einen Retter, der mich zutiefst heilt.
Zweiter Punkt: In allen Religionen und Ideologien ist es wichtig, dass man seine Seele und sein Herz zu höheren Zielen erhebt – für Großdeutschland, für die Nation, für Buddha oder Gott. Es wird viel getan mit Askese, Meditation, Gesängen, mit Versenkung: „Erhebt eure Herzen zum Herrn!“
Alle Religionen und Ideologien meinen, man könne sich vom Alltäglichen lösen, um sich zu höheren Zielen zu erheben. Jesus erzählt eine Geschichte von einem Sohn, der zum Vater sagt: „Ich kann nicht mehr warten, bis du stirbst. Gib mir jetzt schon mein Erbe. Ich habe dich satt.“
Der Vater gab ihm alles, was ihm zustand, lange vor dem Erbfall. Der Sohn ging und verschwendete das Gut. Ist das meine Geschichte? Wie viel Zeit habe ich als Pfarrer pro Tag für Gott? Nicht die dienstlichen Gebete, nicht die am Ende eines Hausbesuchs, sondern meine persönlichen.
Ist da nicht eine Kraft, die uns mit tausend Stricken von Gott wegzieht? Ich habe nichts gegen Gott, aber irgendwie komme ich kaum zu zwei Minuten Stille vor Gott. Was stimmt? Die Geschichte, die Jesus erzählt hat, dass Kräfte da sind, die mich von Gott wegziehen? Oder das, was Religionen und Ideologien sagen, dass wir uns zum Göttlichen, zum Wahren, zum Edlen erheben können? Was stimmt?
Dritter Punkt: In allen Religionen und Ideologien ist wichtig, was wir tun. Du musst dein Leben, alles, was du hast, dem Vaterland opfern – im Krieg sogar. Die Kirchen mussten ihre Glocken für den Krieg opfern, Räder mussten rollen für den Sieg. Unsere Großeltern haben ihr ganzes Vermögen verloren.
Seine Brüder und Schwestern im Osten haben ihre großen Besitztümer und Güter verloren. Wofür? Für Führer, Volk und Vaterland. In allen Religionen und Ideologien ist wichtig, was wir tun.
Der Islam sagt uns, was wir tun müssen: Fünf einfache Pflichten – dreimal täglich das Gebet in Richtung Mekka, das Bekenntnis zu Allah, das Einhalten des Fastenmonats Ramadan, kein Schweinefleisch und Alkohol sowie Almosen geben. Im Islam sieht man kaum Bettler, weil die Pflicht klar ist.
Das ist ein Katalog, den man schnell abhaken kann. In allen Religionen ist wichtig, was wir tun, was wir opfern sollen.
Ich habe große Sorge um unsere Kirche, wenn immer mehr verlangt wird, was Christen alles tun sollen. Jesus ist gekommen als Arzt für Kranke. Er erzählt die Geschichte von einem Pharisäer, der im Tempel steht und sagt: „Lieber Gott, ich danke dir, dass ich zweimal die Woche faste und einen Zehnten gebe und nicht so bin wie der Zöllner da drüben.“
Der Zöllner stand von fern und sagte: „Gott, sei mir Sünder gnädig.“ Jesus sagte: „Gott hat den Zöllner lieb.“ Es ist die Ehre Gottes, aus einem Leben etwas machen zu wollen.
In allen Religionen und Ideologien ist wichtig, was wir für Gott tun. Jesus sagt: „Ich bin nicht gekommen, dass man mir dient, sondern dass ich diene.“
Lassen Sie Gott doch etwas in Ihrem Leben tun. Sie ahnen nicht, wie viel mehr Gott in Ihrem Leben wirken könnte, wenn Sie ihn nur hineinließen. Nicht wir müssen etwas für Gott tun, sondern er für uns – für uns Arme, wie ein Arzt für Kranke. Brauchen Sie ihn!
Vierter Punkt: In allen Religionen und Ideologien besteht eine Verbundenheit mit dem Göttlichen, darin, dass Gleiches sich zu Gleichem gesellt. Bei den Ideologien sind das die Sozialgesinnten, die soziale Gerechtigkeit ersehnen, in den Religionen die Reinen zu dem reinen Gott, die Barmherzigen zu dem ewig Barmherzigen, der edle Mensch zu dem ewig edlen Gott.
Deshalb täuschen wir uns oft, wir seien Nächstenliebende, religiös, und hoffen, in der Nähe Gottes zu sein. Jesus aber sagt, als er in das Haus des Zachäus ging, des größten Lumpen von Jericho, sagten die Leute: „Das wäre nicht nötig gewesen.“ Jesus sagte: „Ich bin gekommen, zu suchen und zu retten, was verloren ist.“
Der Apostel Paulus nimmt das in 1. Timotheus 1 auf: „Dies ist gewiss und ein glaubwürdiges Wort: Christus Jesus ist gekommen, die Welt zu retten, die Sünder zu retten.“
Ich habe bei meinen Enkeln Legosteine mitgenommen. Die bekommt man kaum auseinander. Sie bestehen aus Erhebungen und Löchern, die zusammenpassen – Erhebung zu Erhebung geht nicht. Die innigste Verbindung, die Jesus will, ist eher das Erdreine.
Sag: „Komm doch her mit deinen Drecksgeschichten! Komm mit deinen Dummheiten! Komm mit deinen Fehlern!“ Jesus sagt: „Ich bin gekommen, zu suchen und selig zu machen!“
Jesus will die engste Verbindung nicht mit den Guten und Edlen, sondern sucht die Verlorenen. Er lässt die 99 Schafe in der Wüste und sucht das eine, das verloren ist.
Heute Morgen, bei der Mittagsandacht im Münster, kam ein älterer Mann weinend zu mir. Er sagte: „Ich habe siebzig Jahre gelebt. Seit dem letzten Feldgottesdienst 1939 in Neu-Ulten war ich bei keinem Gottesdienst mehr. Am letzten Sonntag auf dem Feldjoch wollte ich nur auf den Berg steigen, da war ein Gottesdienst. Es war, als ob Gott mich rufen würde. Jetzt will ich heute ins Münster und hoffe, es ist kein Gottesdienst mittags um zwölf Uhr am Donnerstag. Und jetzt halten Sie einen Gottesdienst. Sucht mich Gott?“ Ich sagte: „Gott sucht Sie. Gott sucht Sie.“
Eine Evangelisation soll auch denen neuen Schwung geben, die sonst zum Gottesdienst gehen, damit sie das Pfeifen, Rufen und Locken Jesu hören: „Ich bin da, komm, brauchst du nicht Verbundenheit mit mir, dem Reinen, dem Edlen?“
Fünfter Punkt: In allen Religionen und Ideologien spielt das Opfer eine große Rolle. Die Ideologien gehen über Leichen – Millionen von Leichen für das große Ziel der Expropriation der Expropriateure seit 1917 in Russland. Millionen wurden vernichtet für die Entmachtung der Mächtigen, für den Sieg des Sozialismus.
Wie viele sind in Gefängnissen geschmachtet, wie viele zugrunde gegangen? Es gibt Opfer bei den Ideologien und große Opfer bei den Religionen. Bei Reisen nach Indien und Afrika war es beeindruckend zu sehen, wie die Ärmsten der Armen ihre Gaben bringen – Opfer.
Man merkt, es muss Sühne sein. Ganz modern ist das nicht nur bei Religionen, sondern auch etwa beim Sport. Doping ist eine Schweinerei. Gott sei Dank wurde jetzt die Krabbe erwischt, und ihr Trainer dazu – damit ist der Fall erledigt.
Das Meer rast und will sein Opfer haben. In Rumänien haben viele gedacht, alles sei gut, nachdem Ceausescu und seine Frau Elena erschossen wurden. Aber jetzt merken sie, dass damit noch lange nicht alles gut ist. Solange nicht der „Honegger“ drankommt, wird keine Ruhe einkehren.
Unsere moderne Welt denkt auch an Opfer. Einer muss dran glauben, dann ist die Sache wieder im Lot. Jesus sagt: Das bringt es nicht.
Ich werde daran glauben, nicht weil Gott ein Opfer will oder nach Sühne lechzt, sondern damit wir wissen, wie viel wir Gott wert sind. Für all das Unrecht und die Gemeinheit in dieser Welt ist etwas getan.
Das Geheimnis des Opfers Jesu können wir nicht vollständig erfassen. Kein Theologe hat es geschafft. Trotzdem ist das Kreuz das große Zeichen der Gemeinde Jesu. Nicht wir müssen Opfer bringen oder Schuldige suchen, während alle schuldig sind, sondern Gott ist uns gut. Das ist das große Pluszeichen Gottes.
Nicht wir müssen Sühne erwirken, sondern Gott hat Sühne geschaffen, weil er will, dass wir ihm noch näherkommen. Es ist höchste Zeit, dass ich aufhöre, sonst komme ich morgen nicht mehr und sage: „Das ist viel zu lang, geben Sie mir noch drei Minuten.“
Vor etwa einem Jahr fand in Budapest eine große Welttagung statt. Eine Bewegung für Weltevangelisation wurde gegründet. Christen aus Bulgarien, Rumänien, China und Usbekistan berichteten, was Gott bei ihnen getan hat.
Ich war deprimiert. Ich dachte an die Not, den Streit in der Kirche, die Lahmheit, das Abrücken, die Kirchensteuerreform und den Austritt aus der Kirche bei uns. Offenbar stand ich gebeugt da.
Da legte ein Freund, ein indischer Veterinärarzt, Dr. Sam Kamalesan, mir die Hand auf die Schulter und sagte: „Ralph, Jesus ist lebendig, I know it. And you also can get to know it.“
„Du, Rolf, Jesus lebt, ich weiß es bestimmt, und du kannst es auch erfahren.“ In dieser Welt der Religionen und Ideologien, in der Jesus so anders ist, weiß er, wie viele böse Kräfte an uns zerren, dass wir uns schlecht zu Gott erheben können und von ihm weggezogen werden.
Er weiß, dass wir gern mehr für die Gottheit getan hätten und meinen, wir müssten etwas tun. Aber er sagt: „Ich möchte doch bei dir etwas tun.“
Dieser Jesus lebt. Ich kann Ihnen sagen: Ich weiß, dass er lebt. Und Sie können es auch erfahren, was er noch viel mehr in Ihrem Leben tun kann.
Dazu hat Gott ihn aus dem Tod herausgeholt, damit er als Lebendiger da ist – auch in Bibrach, Wein, Laupheim, Walsheim, Erbach, Ersingen und in Ulm in der Adlerbastei.
Jetzt wollen wir ihn bitten, dass er das bei uns tut, der lebendige Jesus:
Herr Jesus, wir danken dir, dass du lebst und dass du ganz anderes bringst, als was Ideologien und Religionen uns bringen wollen. Dass du etwas für uns tun willst, dass du uns nachläufst und suchst, auch mit diesen Abenden.
Herr, es sind noch mehr, die du suchst, und vielleicht hast du uns dazu bestimmt, sie einzuladen. Nimm uns die Angst und Zurückhaltung. Hilf, Herr, dass du bei uns noch viel, viel mehr wirken kannst.
Heilige uns durch und durch und heile uns. Amen.
Die Wiederkehr des Religiösen in der modernen Welt
Jetzt kommen wir zu den Religionen. Vor zehn Jahren hätte man noch nicht für möglich gehalten, dass das Religiöse so aktuell wird. Wir haben es im Anspiel gehört: Schauen Sie mal in eine Bahnhofsbuchhandlung hinein. Ein Drittel dessen, was angeboten wird, ist New Age, Esoterik, Okkultismus – und die wissen genau, was heute gekauft wird.
Als ich zur Schule ging, das ist noch gar nicht so lange her, dachte man, der Islam sei nur eine Religion einiger Völker, und dass daraus eine Weltmacht wird, hätte niemand erwartet. Man meinte, hinter dem Islam stünden alle Ölmilliarden. Heute ist der Islam eine der einflussreichsten Religiositäten, die es gibt. In jedem kleinen Städtchen Afrikas steht als größtes Gebäude eine Moschee, finanziert aus Kuwait und dem Irak.
Die Naturreligionen, von denen man früher annahm, sie seien vor Jahrhunderten ausgestorben – bei denen Steine oder Baumstümpfe angebetet werden, die vom Blitz getroffen wurden – sind in Ländern wie Nigeria, Angola oder Zaire mit einer Macht präsent, die wir uns kaum vorstellen konnten. Das Religiöse ist wieder modern geworden.
Haben Sie bei den Sportübertragungen bemerkt, wie oft die Reporter „toi, toi, toi“ gesagt haben? Das ist eine Beschwörung, man soll auf Holz klopfen und „toi, toi, toi“ sagen. Solche simplen Beschwörungen sind wieder in Mode gekommen.
Deshalb stellt sich die Frage: Warum kann sich eigentlich unsere christliche Kirche nicht an diesen Strom anschließen, wenn Religiosität wieder modern ist? Warum schweifen wir in die Ferne, wenn das Gute so nah liegt? Wir haben längst etwas, aber wir müssen ernst nehmen, dass unsere Gottesdienste, unsere Kirche und unsere Kirchenorganisation bei vielen Menschen nur noch Enttäuschungen hervorrufen.
Die ganze Palette! Mir hat mal im Konfirmandenunterricht der Pfarrer eine Standpauke gehalten. Ich war mal im Gottesdienst, und der war so langweilig. Wir waren mal bei einer Taufe, und der Mesner hat uns auch geschimpft, weil wir nicht an der richtigen Stelle standen – wie Lapachen! Es gibt eine Fülle von Enttäuschungen am „Saftladen“ der Kirche.
Man findet in der Kirche viel Menschliches. Deshalb möchte ich Sie nicht einfach zur Kirche bekehren, obwohl ich unsere württembergische Kirche und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser Kirche sehr schätze.
Aber lassen Sie uns zum Thema zurückkehren: Religion, Ideologien und Jesus.
Jesus als Antwort auf die Herausforderungen von Religion und Ideologie
Was hat Jesus zu bieten? Vielleicht müssen wir ganz neu anfangen – nicht nur einen kirchlichen Apparat betreiben, sondern, wie ein amerikanischer Freund einmal sagte: „Don't look on us, look on him.“ Schaut nicht auf uns als kirchlichen Betrieb, sondern auf ihn.
Die Jünger Jesu, wenn man im Neuen Testament nachschaut, sagen, dass sie Verleugner waren. Sie haben Jesus missverstanden, ihn ans Messer geliefert und konnten nicht glauben, dass er auferstanden ist. Aber Jesus war großartig – er hat sie wieder gesammelt. Lassen wir uns jetzt zurückgehen zu Jesus.
Was hat Jesus in dieser Welt der Ideologien und Religionen zu bieten? Zunächst möchte ich eine Geschichte erzählen. Man hat Jesus damals nicht einfach wie einen kleinen Ganoven ans Messer geliefert, sondern behauptet, er sei ein Aufrührer gegen den römischen Kaiser. Pilatus, den muss man sich vorstellen, war zuständig für die Politik. „Wir haben hier kein religiöses Urteil zu sprechen, Pilatus, du bist dran!“ Jesus wollte ja ein König sein.
In jenem nächtlichen Verhör sagte Pilatus, der römische Landpfleger: „Du bist doch bloß ein Mensch. Es wird dir nur unterstellt, dass du ein König sein willst. Bist du ein König?“ Jesus antwortete: „Ja, ich bin ein König, aber nicht von dieser Welt. Sonst würden meine Leute für mich kämpfen.“
Jesus sagte weiter: „Ich bin dazu geboren und in die Welt gekommen, um zu sagen, was Wahrheit ist.“ Das ist die kürzeste Geburtsgeschichte Jesu: Er ist dazu geboren und in die Welt gekommen, um den Menschen zu sagen, was Wahrheit ist, was Sache ist.
Dann fügte er noch einen Satz hinzu: „Wer aus der Wahrheit ist, der hört meine Stimme.“ Wer wirklich ehrlich ist und nach Wahrheit verlangt, der versteht es.
Diesen Gedanken möchte ich heute Abend mit Ihnen teilen. Ich möchte Sie nicht überreden, sondern die Frage vor Sie stellen: Was ist denn Wahrheit? Und Sie können in Ihrem Gewissen selbst entscheiden, was Wahrheit ist.
Fünf Punkte.
Fünf Grundfragen zu Religion, Ideologien und Jesus
1. Der Mensch als grundsätzlich guter Kern oder als von Sünde geprägt?
In allen Religionen und Ideologien gibt es die Überzeugung, dass der Mensch im Grunde gut ist. Die Welt ist zwar nicht vollkommen, aber ganz tief in mir drinnen steckt ein guter Kern. Ich bin zwar noch kein Engel, aber im Innersten bin ich eigentlich ein guter Mensch.
Wenn ich im Religionsunterricht manchmal Schwierigkeiten mit Schülern hatte, habe ich gern Hausbesuche gemacht. Ich dachte, so lerne ich die Eltern und die Umgebung kennen und verstehe vielleicht auch den jungen Mann besser. Meist sagten dann die Mütter: „Oh Herr Pfarrer, unser Emil ist nicht sehr brav im Unterricht, er macht uns auch manche Sorge. Aber tief in seinem Inneren ist er eigentlich ein netter Kerl.“ Großartig, solche Mütter, die sich für uns einsetzen.
So sagen es alle Religionen und Ideologien. Doch Jesus sagt: Ganz tief in uns kommen aus dem Herzen des Menschen auch böse Gedanken hervor – Mord, Ehebruch, Hurerei, Unwahrheit, Lästerung. Manchmal entweicht uns sogar ein Fluch, obwohl wir das gar nicht wollten. Woher kommt das? Wenn Sie abends in den Spiegel schauen und denken: „Da bin ich ausgeflippt, in dieser Sache hätte ich meinen Mund halten sollen, aber es ist über mich gekommen“ – woher kommt das?
Ist tief in uns wirklich dieser gute Kern oder eher ein Vulkan? Wir können unsere schlechten Eigenschaften immer schön verpacken. Wenn jemand geizig ist, sagt er vielleicht: „Ich kann eben meine Sachen zusammenhalten.“ Und wenn jemand Geld großzügig ausgibt, meint er: „Ich bin nicht so kleinkariert, ich bin auch lebenslustig.“ Wenn jemand nicht aus dem Haus geht und keine Verantwortung übernimmt, sagt er in der Öffentlichkeit: „Ich bin eben ein häuslicher Mensch.“ Und wenn jemand ständig auswärts ist und seine Frau ihn schon 14 Tage nicht mehr richtig gesehen hat, sagt er: „Ich habe eine Verpflichtung gegenüber der Öffentlichkeit.“
Wir können unsere größten Fehler immer so umdeuten, dass sie noch gut aussehen. Deshalb ist es so wichtig, dass Jesus, der Lebendige, vor unser Gewissen tritt. Stellen Sie sich vor, vor Jesus wurde einmal eine Frau geworfen, die beim Ehebruch ertappt worden war. Im Gesetz Mose steht, dass man sie steinigen soll. Jesus sagte: „Wer von euch ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein.“ Dann nahm er seinen Finger und schrieb in den Sand. Er sah sich nicht um, sondern schrieb einfach weiter in den Sand.
Als er den Blick wieder hob, war niemand mehr da – nur die Ehebrecherin stand noch da. Im Evangelium nach Johannes heißt es: „Sie gingen alle einer nach dem anderen hinaus, weil sie in ihrem Gewissen getroffen waren.“ Was stimmt nun? Das, was alle Religionen und Ideologien sagen, dass tief in uns das Gute steckt und entwickelt werden muss? Oder: „Oh, wie sieht es in mir aus? Ich brauche einen Retter, der mich zutiefst heilt.“
Zweiter Punkt.
2. Die Sehnsucht nach Erhebung zu höheren Zielen
Ich könnte Ihnen noch folgen – harte Kost, nicht wahr? Aber wir sind ja auch begabte Menschen.
Zweiter Punkt: In allen Religionen und Ideologien ist es wichtig, dass man seine Seele, sein Herz zu höheren Zielen erhebt – für Großdeutschland, für die Nation, für Buddha und die Vögel. Dabei wird unheimlich viel getan: mit Askese, mit Meditation, mit Gesängen, mit Versenkung. „Erhebt eure Herzen zum Herrn!“ Allen Religionen und Ideologien gemeinsam ist die Vorstellung, dass man sich vom Alltäglichen lösen kann, um sich größeren Zielen zuzuwenden.
Jesus erzählt einfach eine Geschichte: Da war ein Sohn, der zum Vater sagte, er könne nicht mehr warten, bis der Vater stirbt. Er verlangte sein Erbe schon jetzt. „Dann gehe ich“, sagte er, „ich habe dich satt bis oben hin.“ Der Vater gab ihm alles, was ihm zustand, lange vor dem Erbfall. Der Sohn ging fort und verschwendete das Gut mit Ausschweifungen.
Ist das meine Geschichte? Wie viel Zeit habe ich als Pfarrer pro Tag für Gott – nicht die dienstlichen Gebete, nicht die am Schluss eines Hausbesuchs, sondern meine persönlichen Gebete? Gibt es da nicht eine Kraft, die uns mit tausend Stricken von Gott wegzieht? Ich habe nichts gegen Gott, aber irgendwie komme ich doch kaum dazu, auch nur zwei Minuten der Stille vor Gott zu verbringen.
Was stimmt denn? Die Geschichte, die Jesus erzählt hat – dass Kräfte da sind, die mich von Gott wegziehen? Oder das, was die Religionen und Ideologien sagen: Wir alle können uns zum Göttlichen, zum Wahren, zum Edlen erheben? Was stimmt denn?
Dritter Bereich:
3. Die Bedeutung des Handelns und der Pflichten
In allen Religionen und Ideologien ist wichtig, was wir tun. Du musst dein Leben, alles, was du hast, dem Vaterland opfern – im Krieg sogar. Die Kirchen müssen die Glocken opfern für den Krieg, Räder müssen rollen für den Sieg. Was haben wir alles hergegeben! Das ganze Vermögen unserer Großeltern ist dabei kaputtgegangen. Seine ganzen Brüder und Schwestern, die im Osten gelebt haben, haben ihre großen Besitztümer und Güter verloren! Wofür? Für Führer, Volk und Vaterland, nicht wahr?
In allen Religionen und Ideologien ist wichtig, was wir tun. Der Islam ist eine Religion, die uns sagt, was wir tun müssen. Fünf einfache Gebote: jeden Tag dreimal das Gebet in Richtung Mekka, das Bekenntnis zu Allah, das Einhalten des Fastenmonats Ramadan, kein Schweinefleisch und Alkohol sowie Almosen geben. Im Islam sieht man kaum Bettler. Die Pflicht – das musst du tun. Einen Katalog hat man schnell beieinander, das kann man abhaken.
In allen Religionen ist wichtig, was wir tun, was wir opfern sollen. Und ich habe große Sorge um unsere Kirche, wenn das immer mehr zunimmt, was wir als Christen alles tun sollen. Denn Jesus ist gekommen als Arzt für Kranke.
Lassen Sie uns die Geschichte erzählen: Ein Pharisäer, ein frommer Mann, stand im Tempel und sagte: „Lieber Gott, ich danke dir, dass du mein Leben so herrlich dirigiert hast, dass ich zweimal in der Woche fasten kann und einen Zehnten gebe von allem, was ich habe. Und dass ich nicht so ein Lump bin wie der da drüben, wie der Zöllner.“ Damals waren Zöllner Stasi-Mitarbeiter, die mit Roben zusammengeschafft wurden. Der Zöllner, der Stasi-Mitarbeiter, stand von Ferne und sagte: „Oh Gott, sei mir Sünder gnädig!“ Und Jesus sagte: „Gott hat den da lieb.“ Es ist die Ehre Gottes, dass er aus einem Leben etwas machen will.
In allen Religionen und Ideologien ist wichtig, was wir machen für Gott. Jesus sagt: „Ich bin nicht gekommen, dass ich mir dienen lasse, sondern dass ich diene.“ Lass mir doch mal etwas schaffen! Sie ahnen nicht, wie viel mehr Gott noch in unserem Leben tun könnte, wenn wir ihn bloß hineinließen. Wie viel mehr Gott tun könnte – nicht wir etwas für Gott, sondern er für uns, für uns Arme, wie ein Arzt für Kranke. Brauchen Sie es!
In allen Religionen und Ideologien besteht Punkt vier in der Verbundenheit mit dem Göttlichen. Darin kommt Gleiches zu Gleichem: bei den Ideologien die Sozialgesinnten, die soziale Gerechtigkeit ersehnen; in den Religionen der Reine zur reinen Gottheit, der Barmherzige zum ewig Barmherzigen, der edle Mensch zum ewig edlen Gott. Gleich und gleich gesellt sich gern.
Deshalb machen wir uns so oft vor, ich bin doch Nächstenliebe, ich bin doch religiös, dass wir hoffen, in der Nähe Gottes zu sein. Und Jesus sagt, als er in das Haus des Zachäus ging, des größten Lumpen von Jericho, und die Leute sagten, das wäre nicht gerade nötig gewesen: „Ich bin gekommen, zu suchen und zu retten, was verloren ist.“
Der Apostel Paulus hat es aufgenommen (1. Timotheus 1), dass ich gewiss war. Ein Wort ist glaubwürdig, wenn man überhaupt nur einen Satz glauben könnte, dann diesen: Christus Jesus ist gekommen, die Welt Sünder zu retten.
Ich habe bei meinen Enkeln Legosteine „gestohlen“ – äh, mitgenommen – und bekomme sie wieder zurück. Ja toll! Wie so Legosteine, wenn sie zusammen sind, die kriegt man kaum auseinander. Sie bestehen darin, dass an der einen Stelle Erhebungen sind, beim anderen Löcher. Das passt zusammen! Erhebung zu Erhebung, das hebt nicht.
Die innigste Verbindung, die Jesus haben will, ist eher das Erderreine. Sag: komm doch her mit deinen Drecksgeschichten! Dass er der Weise sagt: komm doch her mit deinen Dummheiten! Dass er der Geduldige sagt: komm doch her mit deinem Jähzorn! Komm doch mit deinen Pannen! Ich bin gekommen, zu suchen und selig zu machen!
Jesus will engste Verbindung nicht mit den Guten, mit den Edlen! Er sucht die Verlorenen! Er lässt die 99 Schafe in der Wüste und sucht das eine, das verloren ist.
Heute Morgen – wir haben immer im Münster Mittagsandachten um zwölf Uhr. Besucher kommen. Einer kam weinend zu mir, ein älterer Mann, und sagte: „Was ist denn los? Ich habe jetzt siebzig Jahre gelebt. Seit dem letzten Feldgottesdienst, als Sie ins Feld zogen in Neu-Ulten 1939, war ich bei keinem Gottesdienst mehr. Und jetzt am letzten Sonntag auf dem Feldjoch wollte ich bloß auf den Berg hinaufsteigen. Da war ein Gottesdienst. Und es war mir, als ob Gott mich rufen würde. Und jetzt will ich heute ins Münster und denke, hoffentlich ist kein Gottesdienst mittags um zwölf Uhr am Donnerstag. Und jetzt halten Sie einen Gottesdienst. Was ist denn, sucht mich Gott?“ Ich sage Ihnen: Gott sucht Sie! Gott sucht Sie!
Noch einmal ganz neu: Eine Evangelisation ist dazu da, dass auch Leute, die sonst zum Gottesdienst gehen, einen neuen Schwung bekommen, dass sie das Pfeifen und Rufen und Locken Jesu hören: „Ich bin doch da, komm! Du brauchst nicht Verbundenheit mit mir, dem Reinen, dem Edlen.“
Ein letzter Punkt: In allen Religionen und Ideologien spielt das Opfer eine große Rolle. Die Ideologien gehen über Leichen – Millionen von Leichen für das eine große Ziel der Expropriation der Expropriateure. Seit 1917 in Russland wurden Millionen vernichtet für die Entmachtung der Mächtigen, für den Sieg des Sozialismus. Wie viele haben geschmachtet in Gefängnissen, wie viele sind zugrunde gegangen?
Es gibt Opfer bei den Ideologien, und es gibt große Opfer bei den Religionen. Bei den Reisen, die ich machen durfte nach Indien und Afrika, war mir eindrücklich, wie die Ärmsten der Armen ihre Gaben bringen – Opfer. Man merkt, es muss Sühne her. Ganz modern, nicht bloß bei den Religionen, sondern auch etwa beim Sport: Doping ist doch eine Schweinerei. Gott sei Dank ist jetzt die Krabbe endlich erwischt worden und ihr Trainer dazu. Damit ist der Fall erledigt.
Das Rad der Zeit rast und will sein Opfer haben. In Rumänien haben sie gemeinhin alles gut, seit Ceausescu erschossen ist und seine Frau Elena. Und jetzt merken sie: Damit ist noch gar nicht alles gut. Aber wenn nicht Honegger drankommt, kann keine Ruhe werden.
Unsere moderne Welt denkt auch an Opfer. Einer muss dran glauben, dann ist die Sache wieder im Lot. Und Jesus sagt: Das bringt es nicht. Aber ich werde daran glauben – nicht weil Gott ein Opfer haben will, nicht weil Gott nach Sühne lechzt, sondern damit ihr wisst, wie viel Wert ihr Gott seid, dass für all das Unrecht und die Gemeinheit in dieser Welt etwas getan ist.
Wir können dieses Geheimnis des Opfers Jesu nicht einbringen. Das hat kein Theologe geschafft. Aber trotzdem ist das Kreuz das große Zeichen der Gemeinde Jesu. Nicht wir müssen ein Opfer bringen, nicht wir müssen einen Schuldigen suchen, während alle schuldfertig sind. Sondern Gott ist uns gut – das ist das große Pluszeichen Gottes.
Nicht wir müssen Sühne erwirken bei Gott, sondern Gott hat Sühne geschaffen, weil er will, dass wir ihm noch viel näherkommen. Es wird höchste Zeit, dass ich aufhöre, sonst komme ich morgen nicht mehr und sage: „Das ist ja viel zu lang, geben Sie mir noch drei Minuten!“
Etwa genau vor einem Jahr war in Budapest eine große Welttagung. Es schloss eine Bewegung für Weltevangelisation, und Christen aus Bulgarien, Rumänien, China und Usbekistan berichteten, was Gott bei ihnen getan hat. Ich war deprimiert. Ich dachte: Bei uns gibt es so viel Not, so viel Streit in der Kirche, so viel Lahmheit, so viel Abrücken, Kirchensteuerreform und Austritt aus der Kirche.
Offenbar stand ich ganz gebeugt da, und da hat ein Freund, der indische Veterinärarzt Dr. Sam Kamalesan, mir die Hand auf die Schulter gelegt und gesagt: „Ralph, Jesus ist lebendig, I know it. And you also can get to know it.“ Du, Ralph, Jesus lebt, ich weiß es bestimmt, und du kannst es auch erfahren.
In dieser Welt der Religionen und Ideologien, in der Jesus so anders ist, weiß er, wie viele böse Kräfte an uns zerren, dass wir uns so schlecht zu Gott erheben können, sondern weggezogen werden von ihm. Er weiß, dass wir gern für die Gottheit mehr getan hätten und meinen, wir müssten etwas tun. Und er sagt: „Ich möchte doch bei dir etwas tun.“ Der lebt, dieser Jesus lebt. Und ich kann Ihnen auch sagen: Ich weiß, dass er lebt. Und Sie können es alle auch erfahren, was er noch viel mehr in Ihrem Leben tun kann.
Dazu hat ihn Gott aus dem Tod herausgeholt, damit er als Lebendiger da ist – auch in Bibrach und in Wein, Laupheim, Walsheim, Erbach, Ersingen und in Ulm in der Adlerbastei.
Jetzt wollen wir ihn bitten, dass er das bei uns tut, der lebendige Jesus. Herr Jesus, wir danken dir, dass du lebst und dass du ganz anderes bringst, als was die Ideologien und Religionen uns bringen wollen. Dass du etwas für uns tun willst, dass du uns nachläufst und suchst – auch mit diesen Abenden. Und Herr, sind es noch mehr, die du suchst, und vielleicht hast du uns dazu bestimmt, dass wir sie einladen.
Nimm uns die Angst, die Zurückhaltung, und hilf, Herr, dass du bei uns noch viel, viel mehr wirken kannst. Heilige du uns durch und durch und heile uns. Amen.
5. Die Rolle des Opfers in Religionen und Ideologien
In allen Religionen und Ideologien spielt das Opfer eine große Rolle. Die Ideologien gehen über Leichen – Millionen von Leichen – für das eine große Ziel der Expropriation der Expropriateure. Seit 1917 in Russland sind Millionen vernichtet worden für die Entmachtung der Mächtigen und für den Sieg des Sozialismus.
Wie viele haben in Gefängnissen geschmachtet? Wie viele sind zugrunde gegangen? Es gibt Opfer bei den Ideologien, und es gibt große Opfer bei den Religionen.
Bei den Reisen, die ich nach Indien und Afrika machen durfte, war es mir eindrücklich, wie die Ärmsten der Armen ihre Gaben bringen – Opfer. Man merkt, dass Sühne notwendig ist. Und ganz modern ist das nicht nur bei den Religionen so, sondern auch etwa im Sport. Doping ist doch eine Schweinerei. Gott sei Dank ist jetzt die Krabbe endlich erwischt worden – und ihr Trainer dazu. Damit ist der Fall erledigt.
Es rast das Meer und will sein Opfer haben. In Rumänien haben sie gemeinhin alles gut, seitdem Ceausescu und seine Frau Elena erschossen sind. Aber jetzt merken sie, dass damit noch gar nicht alles gut ist. Wenn nicht der Honegger drankommt, kann keine Ruhe einkehren.
Unsere moderne Welt denkt auch an Opfer. Einer muss dran glauben, dann ist die Sache wieder im Lot. Und Jesus sagt: Das bringt es nicht.
Ich werde daran glauben, nicht weil Gott ein Opfer haben will, nicht weil Gott nach Sühne lechzt, sondern damit ihr wisst, wie viel Wert ihr Gott seid. Dass für all das Unrecht und die Gemeinheit in dieser Welt etwas getan ist.
Wir können das Geheimnis des Opfers Jesu nicht vollständig erfassen; das hat kein Theologe geschafft. Aber trotzdem ist das Kreuz das große Zeichen der Gemeinde Jesu. Nicht wir müssen ein Opfer bringen, nicht wir müssen einen Schuldigen suchen, während doch alle schuldfertig sind. Sondern Gott ist uns gut – das ist das große Pluszeichen Gottes.
Nicht wir müssen Sühne erwirken bei Gott, sondern Gott hat Sühne geschaffen, weil er will, dass wir ihm noch viel näherkommen.
Ermutigung und Gebet zum lebendigen Jesus
Es ist höchste Zeit, dass er aufhört, sonst komme ich morgen nicht mehr und sage: „Das ist ja viel zu lang, geben Sie mir noch drei Minuten.“
Etwa genau vor einem Jahr fand in Budapest eine große Welttagung statt. Dort schloss sich eine Bewegung für Weltevangelisation zusammen. Christen aus Bulgarien, Rumänien, China und Usbekistan berichteten, was Gott bei ihnen getan hat.
Ich war deprimiert. Ich dachte: Bei uns gibt es so viel Not, so viel Streit in der Kirche, so viel Lahmheit, so viel Abrücken, Kirchensteuerreform und Austritte aus der Kirche.
Offenbar stand ich ganz gebeugt da. Da legte mir ein Freund, der indische Veterinärarzt Doktor Sam Kamalesan, die Hand auf die Schulter und sagte: „Ralph, Jesus ist lebendig, ich weiß es. Und du kannst es auch erfahren.“
Du, Rolf, Jesus lebt. Ich weiß es bestimmt, und du kannst es auch erfahren. In dieser Welt der Religionen und Ideologien, in der Jesus so anders ist, weiß er, wie viele böse Kräfte an uns zerren. Deshalb können wir uns so schlecht zu Gott erheben, sondern werden von ihm weggezogen.
Er weiß, dass wir gern mehr für die Gottheit getan hätten und meinen, wir müssten etwas tun. Doch er sagt: „Ich möchte doch bei dir etwas tun.“ Dieser Jesus lebt. Und ich kann Ihnen auch sagen: Ich weiß, dass er lebt. Und Sie können alle auch erfahren, was er noch viel mehr in Ihrem Leben tun kann.
Dazu hat ihn Gott aus dem Tod herausgeholt, damit er als Lebendiger da ist – auch in Bibrach, Wein, Laupheim, Walsheim, Erbach, Ersingen und in Ulm in der Adlerbastei.
Jetzt wollen wir ihn bitten, dass er das bei uns tut, der lebendige Jesus.
Herr Jesus, wir danken dir, dass du lebst und dass du ganz anderes bringst, als was die Ideologien und Religionen uns bringen wollen. Dass du etwas für uns tun willst, dass du uns nachläufst und suchst – auch mit diesen Abenden.
Und Herr, es sind noch mehr, die du suchst. Vielleicht hast du uns dazu bestimmt, dass wir sie einladen. Nimm uns doch die Angst und die Zurückhaltung. Hilf, Herr, dass du bei uns noch viel, viel mehr wirken kannst.
Heilige du uns durch und durch und heile uns. Amen.