Einstieg in das Thema: Orientierungslosigkeit und der Sinn von Gemeinde
Warst du schon einmal an einem Ort, ohne genau zu wissen, was du dort eigentlich sollst? Ich habe das häufiger erlebt. Eine besonders einprägsame Erfahrung war am Anfang meines Berufslebens in den USA. Ich arbeitete dort für einen Executive Vice President einer großen Firma. Ich war noch relativ neu in der Position, als dieser plötzlich Herzprobleme bekam und ins Krankenhaus musste.
Dann erhielt ich nur durch die Sekretärin die Information: „Matthias, du sollst zu folgendem Treffen fahren, dort ist jemand, mit dem du reden sollst.“ Ich wusste nicht, wer das war. Na ja, ich bin hingefahren, ohne etwas zu ahnen, und fand mich mitten in einem Treffen des Topmanagements dieser großen deutschen Firma wieder. Nur gehörte ich irgendwie nicht wirklich dazu.
Das habe ich nicht nur selbst so wahrgenommen, sondern es ging auch gleich damit los, dass jemand fragte: „Was machen Sie hier?“ Meine Antwort war: „Ja, ich weiß ja auch nicht so genau.“ Vielleicht kennst du solche Situationen. Manchmal treffe ich Leute in Supermärkten, die vor dem Regal stehen und gar nicht mehr genau wissen, was sie eigentlich wollten.
Manchmal ist es bei Partys so. Da wird dein Ehepartner mitgebracht. Das ist mir schon ab und zu auch so gegangen. Meine Frau nimmt mich mit, vor allem früher in den USA. Dort hat sie mich in einen Kreis mitgenommen, wo ihre Leute waren. Die hatten alle das gleiche Thema, aber ich hätte nichts dazu sagen können. Ich dachte dann: „Was soll ich eigentlich hier?“
Vielleicht ist es dir auch schon einmal so gegangen im Gottesdienst. Als ich zum ersten Mal mit Mitte zwanzig in eine christliche, lebendige Gemeinde kam, standen die Leute irgendwann auf. Da dachte ich: „Oh, aufstehen.“ Dann setzten sich die Leute wieder hin, und ich dachte: „Oh, wieder hinsetzen.“ Irgendwann haben sie etwas aufgesagt, aber ich kannte den Text nicht. Ich hatte keine Ahnung, was ich dort eigentlich soll.
Wie geht es dir heute früh? Weißt du, warum du hier bist und wozu? Ich bin mir ziemlich sicher, dass manche von uns einfach hier sind, weil Sonntag früh ist und es eine Art Routine ist – so macht man das halt.
Mein Ziel mit dieser Predigt heute früh ist, uns einen neuen Blick dafür zu geben, warum und wozu wir hier sind und warum und wozu wir uns als Gemeinde versammeln.
Überblick über die Predigtserie und das heutige Thema
Die heutige Predigt ist die dritte und letzte in einer kurzen thematischen Predigtserie. Dabei behandle ich nicht einen einzelnen Bibeltext, wie ich das sonst eigentlich immer tue, sondern schaue mir viele verschiedene Bibelstellen an. So möchten wir einen Gesamtüberblick darüber gewinnen, was die Bibel zu einem bestimmten Thema lehrt.
In der ersten von drei Predigten haben wir über Gemeinde nachgedacht und was Gemeinde eigentlich ganz allgemein ist. Vor zwei Wochen haben wir darüber gesprochen, was es mit der Gemeindeleitung auf sich hat und wozu wir sie eigentlich brauchen.
Heute wird es ganz persönlich für jeden von uns, denn es geht um eine ganz einfache Frage. Alle drei Fragen waren simpel: Warum bin ich hier? Wozu? Mein Gebet und meine Hoffnung sind, dass wir, wenn wir genauer verstehen, warum wir hier sind, Gemeinde noch viel mehr als einen Segen wahrnehmen. Außerdem soll es uns helfen, zielgerichteter hier zu sein.
Denn ich glaube, es setzt frei, wenn man weiß, wozu man wo ist – und nicht so wie ich damals bei diesem Treffen, als ich keine Ahnung hatte, was ich dort eigentlich sollte.
Dafür möchte ich jetzt beten, und dann steigen wir ein.
Himmlischer Vater, danke, dass du uns heute früh hier zusammengeführt hast. Ich bin mir sicher, wir sind aus ganz unterschiedlichen Gründen hier, vielleicht auch mit verschiedenen Erwartungen. Ich möchte dich bitten, dass du uns heute neu vor Augen führst, warum du uns hier versammelt hast und was du mit uns vorhast.
Lass uns erleben, dass es etwas Wunderbares ist, wenn Gemeinde sich mit anderen Christen versammelt – ein großer Segen, den du schenkst. Herr, gebrauche diese Predigt, um deine Gemeinde zu erbauen und froh und dankbar zu machen. Amen.
Die Bedeutung von Gemeinde: Herausgerufen und Zusammengerufen
Also, wozu Gemeinde?
Ein kurzer Rückblick auf das, was ich vor drei Wochen schon einmal erklärt habe: Gemeinde, das griechische Wort Ekklesia, hat im Prinzip zwei Bedeutungen. Es sind die Herausgerufenen und auch die Zusammengerufenen. Zwei Aspekte, die hier eine Rolle spielen.
Das eine ist: Die Gemeinde sind die Menschen, die Gott durch sein heiliges Wort aus der Welt herausgerufen hat – aus einem Leben in Sünde und Verblendung. Herausgerufen, die er gerettet hat aus einem Leben in einer Welt, die eines Tages gerichtet werden wird für ihre Gottlosigkeit und für ihre Rebellion gegen ihren Schöpfer. Herausgerufen, er kauft sie mit Jesu teurem Blut. Herausgerufen aus einem Leben, das die Bibel als geistlichen Tod bezeichnet. Herausgerufen hin zu einem wahren Leben, einem geistlichen Leben, einem Leben, das ewig währt – selbst über den Tod hinaus.
Gemeinde ist erst einmal etwas, was Gott tut, indem er Menschen sich sammelt. Der erste Aspekt, den wir im Hinterkopf haben sollten, ist nicht der Hauptpunkt dieser Predigt. Aber wir sind heute hier, weil Gott uns herausgerufen hat aus der Welt.
Nun bin ich mir sicher, dass in einer Versammlung dieser Größe, in der Ferienzeit und mit Leuten, die man vielleicht auch mal zu Besuch hat und mitbringt, auch Menschen unter uns sind, die das für sich vielleicht gar nicht so sagen würden. Die sagen könnten: Ich habe keine wirkliche Umkehr in meinem Leben erlebt. Ich habe nicht erlebt, dass ich irgendwo anders war und jetzt etwas anderes geworden bin. Dass ich eine echte Umkehr erlebt habe, dass ich wirklich herausgerufen wurde und hingerufen wurde zu etwas anderem.
Und da möchte ich sagen: Ich bin so froh, dass du heute hier bist. Ich möchte das tun, was Jesus immer getan hat, wozu er uns Christen beauftragt hat. Ich möchte dich rufen. Ich möchte Jesu Ruf einfach weitergeben. Jesu Ruf tut Buße, das heißt einfach: Kehrt um und glaubt!
Jesus ruft Menschen dazu auf, sich ihm zuzuwenden und auf ihn zu vertrauen. Und ich wünsche dir, ich wünsche Ihnen, wenn Sie heute hier sind und sagen: Das habe ich für mich vielleicht noch nicht so klar, dass Sie erleben, wie gut es ist, von Gott gerufen zu werden. Dass Sie erkennen, dass es etwas gibt, was über das hinausgeht, was wir in unserem tagtäglichen Leben in der Welt haben. Dass es etwas Besseres gibt, als selbstbestimmt irgendwie mein Leben zu führen.
Der wirkliche Segen, die wirkliche Freiheit, die wirkliche Freude und Erfüllung im Leben sind genau darin zu finden, zu Gott zu gehören. Einen Herrn zu haben, der allmächtig ist, der vollkommen gut ist und der einen perfekten Plan für unser Leben hat. Und der uns sagt, wie wir dieses Leben zu führen haben – nicht, weil er ein Diktator ist, sondern weil er ein liebender Vater ist.
Das heißt, wenn du heute Gast bist, dann möchte ich dich einladen: Hör diesen Ruf! Hör darauf, wozu Gott seine Kinder versammelt in einer Gemeinde. Und ich hoffe, das gibt dir ein Verlangen danach zu sagen: Davon möchte ich Teil werden.
Wenn dir das so geht, dann möchte ich dich einladen: Komm ins Gespräch mit mir oder mit den Freunden oder Bekannten, die dich mitgebracht haben. Und erfahre, wie gut es ist, aus der Welt herausgerufen zu werden.
Die Gemeinde als sichtbare Versammlung und Gemeinschaft der Gläubigen
Das ist der erste Aspekt. Wenn wir aus der Welt herausgerufen sind, dann steckt eben auch im Begriff „Ekklesia“ das Zusammengerufenwerden. Wir werden vom Herrn zusammengerufen. Zunächst werden wir Christen in einem unsichtbaren Gebilde zusammengerufen – der universellen Gemeinde. Diese versammelt sich hier auf Erden nicht an einem spezifischen Ort. Denn zu dieser Gemeinde gehören Menschen, die in allen Zeiten und an allen Orten an Jesus Christus als ihren Retter und Herrn geglaubt haben.
Das ist die universelle Gemeinde. Sie wird sich eines Tages vor dem Thron Gottes versammeln. Dort ist diese vollkommene Gemeinde, und dort sind tatsächlich nur diejenigen dabei, die Jesus Christus wirklich als ihren Retter und Herrn kennen.
Doch in seiner großen Weisheit sagt Gott: Wartet nicht bis zu diesem Tag, sondern versammelt euch schon hier auf Erden in kleineren Einheiten. Diese treffen sich lokal an einem Ort zu einer bestimmten Zeit, um zusammenzukommen.
Genau das sehen wir dann in der Bibel. Das Evangelium wird gepredigt, die gute Nachricht von Jesus Christus, der gekommen ist, um uns von unserer Schuld zu befreien, die wir alle haben. Er ist gekommen, um sein Leben für uns zu geben, für jeden, der sich ihm zuwendet.
Und er sagt: Wenn du dich mir zuwendest, wenn du an mich glaubst und damit ewiges Leben und Vergebung all deiner Schuld erfährst, dann möchte ich, dass du dich zu mir bekennst. Die Bibel nennt das nach meinem Verständnis Taufe – ein sichtbares Bekenntnis zu Christus. Aber auch ein Bekenntnis mit dem Mund und ein Bekenntnis mit dem Leben. Außerdem sollst du dich dann mit anderen zusammentun, die dasselbe tun.
Wir sehen das gleich zu Beginn der Gemeinde in Apostelgeschichte 2. Am Pfingsttag kommt der Heilige Geist, und Petrus, von Jesus gesandt, predigt das Evangelium. Dreitausend Menschen kommen zum Glauben, bekennen diesen Glauben in der Taufe und werden dann der Gemeinde hinzugefügt. Diese Gemeinde versammelt sich dann ganz regelmäßig, um auf Gottes Wort zu hören, ihn anzubeten und Gemeinschaft miteinander zu haben.
Das ist Gottes guter Plan: Er sammelt diejenigen, die aus der Welt herausgerufen sind. Viele Bibelstellen zeigen, wie Jesus, Gemeinde und einzelne Christen zusammengehören.
Wir haben gerade in Römer 12 Worte gehört, die sich ganz ähnlich auch in 1. Korinther 12 und Epheser 4 finden. Dort wird die Gemeinde als Leib beschrieben – der Leib Christi. Christus ist das Haupt, und einzelne Christen sind die Glieder. Sie gehören einfach dazu, denn alleine funktionieren sie nicht.
Ein anderes Bild ist die Gemeinde als Herde, zu der einzelne Schafe gehören, und Jesus ist der Erzhirte. Oder die Gemeinde als Weinstock: Jesus selbst ist der Weinstock, er ist das Leben, und wir hängen als Reben daran.
Christen gehören also zusammen und sammeln sich dort. Petrus beschreibt die Gemeinde zum Beispiel als Tempel oder Gebäude. Die Christen sind lebendige Steine, die miteinander und zusammen zu einem geistlichen Haus erbaut werden. Jesus selbst wird in manchen Bibelstellen als der Grundstein beschrieben, auf dem alles aufbaut – als Eckstein, von dem alles ausgeht. An anderen Stellen wird er als der Baumeister bezeichnet.
Jesus selbst hat gesagt: „Ich will meine Gemeinde bauen.“ Christen sind lebendige Steine, die eingefügt werden.
Noch ein letztes Bild, dann höre ich auf: Gemeinde als Haus Gottes. Dieses Bild finden wir häufiger in 1. Timotheus 3 und Epheser 2. Die Gemeinde wird dort als Haus beschrieben. Wir sind das Haus Gottes, das sich hier versammelt, und wir wohnen in diesem Haus sozusagen. Jesus ist der Herr dieses Hauses.
Viele weitere Bilder verdeutlichen alle dasselbe: Wer zu Jesus gehört, der gehört zu einer organisatorischen Einheit, zu einer Versammlung mit anderen Christen, die ebenfalls zu Jesus gehören.
Das heißt: Warum versammeln wir uns hier? Die erste Frage der Predigt bekommt eine einfache Antwort: Weil Gott uns herausgerufen hat aus der Welt und uns zusammengerufen hat in der Gemeinde.
Wenn du Christ bist, dann bist du heute hier, weil Gott das so in deinem Leben gewirkt hat – weil er dich herausgerufen und mit anderen Christen zusammengerufen hat.
Die zentrale Frage: Wozu sind wir hier?
Der Hauptpunkt meiner Predigt ist jedoch ein anderer: die Frage nach dem „Wozu“. Ich weiß jetzt, warum ich hier bin, aber was soll ich hier eigentlich tun? Das möchte ich mit uns gemeinsam bedenken. Dabei möchte ich drei Punkte mit uns durchgehen – drei Gründe, warum Gott uns jetzt hier versammelt hat.
Wozu bin ich hier? Ich bin hier, wir sind hier in der Gemeinde, um unseren Gott immer besser zu erkennen, um füreinander da zu sein und um der Welt Christus zu bezeugen. Wenn du dir diese drei Punkte merkst, hast du eigentlich verstanden, worum es in meiner Predigt geht.
Ich werde diese Punkte jedoch noch näher erläutern, denn ich möchte, dass in uns mehr wächst als nur ein Verstehen. Es soll etwas im Herzen wachsen, das sagt: Ja, das will ich! Ich verstehe, dass Gott einen wirklich guten Plan hat und dass es Teil seines guten Plans für mich ist, hier zu sein. Ich soll hier sein, um ihn besser zu erkennen. Das ist eine gute Sache.
Gott möchte in seiner Liebe, dass wir ihn immer mehr erkennen – als den liebevollen Vater, den wir im Himmel haben, als den Gott, der uns den guten Weg zu einem erfüllten Leben zeigt. Außerdem sorgt Gott für uns durch andere Menschen. Er ruft uns zusammen, damit wir füreinander da sein können. Es ist etwas Gutes, mich mit Menschen zu versammeln, mit denen Gott mich schon verbunden hat. Weil wir gemeinsam an einem Leib Glieder sind, ist es eine gute Sache, dass andere für mich da sind und dass ich für andere da sein kann. Das ist eine großartige Geschichte.
Drittens hat Gott das Anliegen, dass auch noch andere Menschen ihn erkennen. Das ist hoffentlich auch dein Anliegen. Gott will die Gemeinde dazu gebrauchen, dieses Ziel zu erreichen.
Also diese drei Punkte: Erstens, wir sind hier, um Gott immer mehr zu erkennen.
Gott in der Gemeinde erkennen: Die besondere Gegenwart und das Wort Gottes
Dort müssen wir uns als Erstes klar werden: Wir erkennen Gott in der Gemeinde immer mehr, weil Gott uns versprochen hat, dass er in der Gemeinde in besonderer Weise gegenwärtig ist. Ich weiß nicht, ob dir das bewusst ist. Gott ist ein Gott, der überall ist, er ist allgegenwärtig. Und doch sagt Jesus im Matthäusevangelium, Kapitel 18, Vers 20: „Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen“, das heißt, wo mehrere in meinem Namen versammelt sind, „da bin ich mitten unter ihnen.“
Eine großartige Verheißung, oder? Die Gegenwart Gottes in deinem stillen Kämmerlein – ja klar, er ist da. Aber in besonderer Weise ist er dort gegenwärtig, wo sich Menschen in seinem Namen versammeln. Gott ist in besonderer Weise da. Ich hoffe, du weißt das. Ich hoffe, du weißt, dass du dich heute hier nicht nur mit einigen Menschen getroffen hast, sondern dass Jesus Christus hier ist. Wir sehen ihn nicht, wir nehmen ihn nicht mit unseren Sinnesorganen wahr, aber er ist hier. Er hat es uns versprochen.
Wir können ihn erkennen, weil er gegenwärtig ist. Wir können ihn erkennen, weil er uns hier in besonderer Weise vor Augen gemalt wird. Und das ist genau sein guter Plan. So hat Gott uns in seinem Wort gesagt, dass er die Gemeinde zusammenruft und ihr dann Menschen gibt, die in besonderer Weise von ihm dazu beauftragt sind, sein Wort zu lehren. Die sogenannten Hirtenlehrer, von denen im Epheserbrief die Rede ist.
Im Epheserbrief, Kapitel 4, heißt es, dass Gott einige eingesetzt hat. Dann werden Dienste genannt wie Apostel und Propheten, die den Grundstein der Gemeinde legen, dann Evangelisten, das sind Leute, die hinausgehen und das Evangelium weitertragen – man könnte auch Missionare dazu sagen – und dann die, die in der Gemeinde bleiben: die Hirtenlehrer.
Über diese Hirtenlehrer heißt es – und vielleicht ist es gut, da mal kurz die Bibel aufzuschlagen – Epheser 4, Vers 11: „Er hat einige als Hirtenlehrer eingesetzt, damit dann“, im Vers 12, „die Heiligen zugerüstet werden zum Werk des Dienstes. Dadurch soll der Leib Christi erbaut werden, bis wir alle hingelangen zur Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes.“
Gott ruft uns zusammen. Wir sind heute hier, damit er uns in der Verkündigung seines Wortes durch Hirtenlehrer vor Augen gemalt wird, in einem Bild. Und dass wir dann im Schauen auf ihn, wie es hier heißt, hingelangen zur Erkenntnis des Sohnes Gottes. Das bedeutet auch, zum vollendeten Mann zu werden, zum vollen Maß der Fülle Christi. „Alle Fülle ist in dir, o Herr!“ Diese Fülle finden wir hier, und die finden wir dadurch, dass uns Christus vor Augen gemalt wird.
Denn das, was uns verkündigt wird, das Wort Gottes, gibt uns alles – die ganze Fülle, die ganze Erkenntnis, die wir brauchen. So hat Paulus an Timotheus geschrieben. Ihr müsst nicht zwingend alle Bibelstellen nachschlagen, die ich nenne, aber im zweiten Timotheus, Kapitel 3, ab Vers 14 schreibt Paulus an Timotheus, der ausgesandt ist, um das Evangelium zu verkündigen: „Du aber bleibe bei dem, was du gelernt hast und was dir anvertraut ist. Du weißt ja, von wem du gelernt hast, und dass du von Kind auf die heilige Schrift kennst, die dich unterweisen kann zur Seligkeit durch den Glauben an Christus Jesus.“
Die Schrift bringt uns also zur Seligkeit durch den Glauben an Christus Jesus – und ich hoffe, wir haben das erlebt. Dann heißt es weiter: „Denn alle Schrift von Gott eingegeben ist, nütze zur Lehre, zur Zurechtweisung, zur Besserung, zur Erziehung in der Gerechtigkeit, damit der Mensch Gottes vollkommen sei, zu allem guten Werk geschickt.“
Wow, das macht dieses Buch! Was ist die Konsequenz daraus für den jungen Timotheus? Paulus schreibt: „So ermahne ich dich inständig vor Gott und Christus Jesus, der da kommen wird, zu richten die Lebenden und die Toten, und bei seiner Erscheinung und seinem Reich predige das Wort.“
Gottes guter Plan ist, dass das Wort verkündigt wird. Nur am Rande: Ich weiß, heute mache ich das gar nicht so ganz, weil ich heute thematisch predige. Aber ich verspreche euch, ab nächster Woche werden wir wieder regelmäßig einzelne Bibeltexte betrachten und Gottes Wort hoffentlich noch besser hören.
Das führt dazu, dass Menschen zum Glauben kommen, zur Seligkeit in Jesus Christus. Und das führt dazu, dass sie erbaut werden, zur Vollkommenheit gelangen und zu jedem guten Werk vorbereitet sind. Deswegen ist es gut, hier zusammenzukommen.
Und wir sehen in der ersten Gemeinde genau das: Über die ersten Christen heißt es, sie blieben beständig in der Lehre der Apostel.
Wozu sind wir hier? Nun, wir sind hier, um Gott, um Jesus Christus vor allem vor Augen gemalt zu bekommen und um einander dabei zu helfen, ihn immer besser kennenzulernen. Denn die Gemeinde hat nicht nur einige eingesetzt, die Hirtenlehrer sind und das Wort verkündigen. Die Gemeinde soll auch so funktionieren, dass wir einander lehren.
Auch dazu versammeln wir uns hier. Das ist keine Frontalveranstaltung allein – das ist die Predigt. Aber Gemeinde lebt dann, und ich hoffe, dass ihr nach dem Gottesdienst im Foyer oder vielleicht auch heute schon vor dem Gottesdienst miteinander ins Gespräch kommt. Dass ihr euch unter der Woche wieder versammelt, vielleicht nicht in der ganzen großen Gruppe, aber in kleineren Einheiten.
Vielleicht zur Bibelstunde, vielleicht demnächst zum Jakobusbrief oder gerne auch schon diesen Donnerstag um 19:45 Uhr zur Bibelstunde. Dass ihr euch versammelt, um unter Gottes Wort zu kommen, vielleicht in Hauskreisen, in kleineren Einheiten, im Seniorenkreis oder in welchem Kreis auch immer, damit wir einander lehren können.
So schreibt Paulus an die Gemeinde in Kolossä: „Lasst das Wort Christi reichlich unter euch wohnen“, schreibt er den Christen. Das geschieht hier vor allem: Das Wort wird ausgeteilt und dann wohnt es unter uns. Und dann heißt es: „Lehrt und ermahnt einander.“
Und das tun wir übrigens nicht nur dadurch, dass wir einander predigen. Es geht dann weiter: „In aller Weisheit, mit Psalmen und Lobgesängen und geistlichen Liedern.“ Also auch das gemeinsame Liedersingen ist ein Aspekt des Lehrens, des Einanderlehrens.
Danke, Simone, Simon und ihr anderen, dass ihr uns hier lehrt. Ich weiß schon, wie ihr heißt, also keine Sorge. Christoph und Johannes – aber ich wollte jetzt nicht alle Namen nennen, aber jetzt habe ich sie doch alle genannt. Mehr gut.
Also, das ist der zweite Punkt: Wozu sind wir hier? Um aus Gottes Wort gelehrt zu werden und auch um einander zu helfen, Gott immer besser kennenzulernen. Wir sollten einander auf Jesus hinweisen.
Mensch, dann sagt die Ruth zur Ute: „Mensch Ute, darf ich dir noch was über Jesus mitteilen?“ Und Ute dreht sich um und sagt es dann der Erika, und so weiter. Wir lehren einander, wir ermahnen, ermutigen und erbauen einander, um Gott besser kennenzulernen. Dafür hat Gott uns hier zusammengerufen.
Und wir sollen einander auch helfen, die gute von der schlechten oder von der falschen Lehre zu unterscheiden. Auch das ist etwas, wozu uns Gott durch sein Wort aufruft. Denn die Bibel sagt ganz klar, dass Menschen aufstehen werden, die Falsches lehren.
Das ist manchmal gar nicht so einfach. Woher weiß ich, was richtig und was falsch ist? Nun, dafür haben wir einander, damit wir uns gegenseitig helfen können. Wir sind ein bisschen Korrektiv füreinander. Das ist auch ein Ziel von Gemeinde: Da sich eine Herde versammelt, können die einzelnen Schafe, wenn ein Wolf kommt, auch mal ein bisschen blöken.
Mäh, pass auf, da kommt ein Wolf! Also nicht das Schweigen der Lämmer, sondern das Blöken der Wölfe. So können wir einander helfen. Und das ist genau das, was die ersten Christen taten.
Im Berühr kommt Paulus und predigt aus dem Alten Testament von Christus. Die Menschen forschen in der Schrift, ob es sich denn so verhält. Das sehen wir immer wieder. Johannes ruft die Christen dazu auf: „Prüft die Geister!“ Wir sollen Acht haben auf die Lehre, und das geht am besten gemeinsam.
Tatsächlich ermahnt Paulus die Galater wegen Irrlehren und sagt: Wie kann das sein? Eine einzelne Person kann verwirrt sein, aber ihr als Gemeinde sollt miteinander reden.
Wenn ich zuhause sitze und im Internet surfe, kann ich so viele Sachen hören. Manches ist toll, manches falsch. Nicht jeder von uns hat die Gabe der Geisterunterscheidung. Aber wenn wir hier zusammenkommen, können wir Acht geben. Ihr könnt auch Acht geben auf mich und sagen: „Matthias, das war falsch, was du gesagt hast.“
Hoffentlich weist ihr mich erst einmal in Liebe darauf hin, so nach dem Motto: „Lieber Matthias, darf ich mit dir mal über etwas reden?“ Das wäre ganz nett. Aber dann dürft ihr mir sagen, ich lag hier falsch. Und das tut der Gemeinde ein gutes Werk. Dafür sind wir hier zusammen, damit wir Acht geben.
Das bringt uns schon zum nächsten Punkt. Der erste Punkt ist also: Wir sind hier versammelt, um Gott zu erkennen. Ich hoffe, du bist hier, um Gott zu erkennen.
Das heißt, ich hoffe, du bist hier mit der Bereitschaft, etwas zu lernen, mit dem Verlangen, Gott besser kennenzulernen. Ich hoffe, du bist nicht nur hier, um kritisch zu prüfen, was der jetzt schon wieder Komisches gesagt hat. Und wenn es nicht genau zu deiner Theologie passt, dann war das definitiv falsch.
Ich glaube, das kennen wir: Nicht jeder möchte sich immer belehren lassen. Aber das ist etwas Gutes. Ist das gut? Also ich hoffe, du bist hier mit dem Anliegen: Ich möchte den Herrn besser kennenlernen. Und dazu hat Gott uns hier versammelt.
Füreinander da sein: Gemeinschaft und gegenseitige Unterstützung
Der zweite Aspekt ist, dass wir auch hier zusammenkommen wollen, um füreinander da zu sein. Das möchte ich ganz deutlich sagen.
Das Ziel unserer Versammlung ist nicht nur, dass du heute eine Begegnung mit den Musikern hast, die uns ein bisschen Wort Gottes zusingen, sodass wir mitsingen und uns gegenseitig mit diesen Liedern ermutigen können. Es geht nicht nur darum, dass ihr hier vorne einer Predigt zuhört. Wenn du nur wegen der Predigt kommst, verpasst du viel von dem, was Gott noch vorhat.
Gott ruft uns zusammen, damit wir gelehrt werden und ihn besser erkennen. Aber er ruft uns auch zusammen, damit wir füreinander da sein können. Denn wir alle brauchen einander. Im Römerbrief Kapitel 12 wird deutlich, dass wir unterschiedliche Gaben haben und als Glieder miteinander einander erbauen sollen. Ein Arm ist etwas sehr Gutes, aber ein Arm ohne Beine kommt nicht weit. Ein Ohr ist hilfreich, doch ein Ohr ohne Auge, Nase und Mund ist ebenfalls limitiert. Deshalb hat Gott uns so zusammengestellt. Das ist etwas Gutes, und er möchte, dass wir das wirklich gebrauchen.
Das fängt damit an, dass wir Anteil nehmen an Freude und Leid. Wir haben das vorhin gehört: Römer 12,15 – „Freut euch mit den Fröhlichen und weint mit den Weinenden.“ Was für ein Privileg! Mal ganz ehrlich: Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber in der Welt ist es typischerweise so, dass Kollegen, gerade im nichtchristlichen Umfeld, bei einer Beförderung nicht wirklich mitfreuen. Da sagt kaum jemand: „Mensch, ich freue mich so, dass du die Beförderung bekommen hast und nicht ich.“ Die Welt wird von Egoismus regiert, und niemand freut sich einfach nur, weil jemand anderem etwas Gutes widerfährt.
Wirkliches, herzliches Mitleid findest du nur bei Menschen mit Herz, die von solchen Dingen berührt werden. Die sagen: Wenn meine Schwester leidet, wenn mein Bruder leidet, dann leide ich mit, weil ich innerlich mit ihnen verbunden bin. Also wollen wir Anteil nehmen an Freude und Leid. Dazu bist du hier. Nimm Anteil an denen, mit denen du dich hier versammelst.
Zweitens wollen wir einander ermutigen und ermahnen. Das passt eigentlich zum vorherigen Punkt. Jetzt will das „Heißwiss“ her, aber wir wollen einander ermutigen und ermahnen. Wir sind hier, um uns gegenseitig zu lehren und zu ermahnen, wie es in Kolosser 3 und Epheser 4 heißt: „Ermuntert einander.“ Im 1. Thessalonicher 5 steht: „Ermahnt euch untereinander und einer erbaue den anderen.“ Wir sind da, um einander auch korrigierend zu begegnen.
Ich brauche nicht nur die Frontallehre, sondern auch jemanden, der mein Leben kennt und mir mal ins Leben sprechen kann. Ich bin so dankbar für Geschwister, die den Mut haben, mich auch mal zu konfrontieren. „Sag, Matthias, wie sieht es denn damit aus?“ Brauchen wir das nicht alle? Menschen, die uns ab und zu mal ermahnen und auch ermutigen, wenn wir betrübt oder total down sind, wenn wir unsere eigenen Begrenzungen und Schwierigkeiten sehen? Jemand, der sagt: „Darf ich dich ermutigen? Ich sehe Gottes Gnade in deinem Leben. Ich weiß, du kämpfst mit einer bestimmten Sünde, die dich runterzieht, aber ich sehe auch so viel in dir, wo Gottes Geist wirkt.“
Wir wollen einander ermutigen, in Schwierigkeiten füreinander da sein. Gott hat uns als Christen zusammengerufen, weil er weiß, dass wir alle manchmal Ermahnung brauchen und immer wieder vor allem auch Ermutigung. Dazu bist du hier. Lass dich ermahnen und ermutigen und sei selbst für andere da. Hab den Mut, anderen ins Leben zu sprechen.
1. Thessalonicher 4,18 sagt: „Tröstet euch mit diesen Worten.“ Das Wort Gottes untereinander tut so gut. Manchmal brauchen wir Trost. Ich war gestern Nachmittag im Krankenhaus bei Evi Schottky. Ich habe mich gefreut, dass Christina Herle schon da war, sie ermutigt hat, getröstet hat und wir für sie gebetet haben. Oh, was für ein Privileg, dass wir so füreinander da sein können! Das ist Gottes gute Idee.
Das funktioniert aber nur, wenn wir einander kennen und Gemeinschaft haben. Wenn wir uns versammeln, können wir auch in solchen Situationen füreinander da sein, weil wir wissen, wie es einander geht. Manchmal bedeutet das auch, dass wir einander intensiv korrigieren, einander zurechthelfen, wie es so schön heißt: Galater 6,1-2: „Liebe Brüder, wenn ein Mensch etwa von einer Verfehlung überführt wird, so helft ihm wieder zurecht mit sanftmütigem Geist. Einer trage des anderen Last.“
Im Jakobusbrief, den wir demnächst in der Bibelstunde studieren werden, heißt es in Kapitel 5, Vers 16: „Bekennt also einander eure Sünden und betet füreinander. Betet allezeit mit Bitten und Flehen im Geist und wacht dazu mit aller Beharrlichkeit im Gebet für die Heiligen.“ Wir sind hier zusammen, damit wir füreinander beten können.
Es war ein Segen für mich, heute früh da hinten in einem Raum mit einigen Geschwistern zusammenzusitzen und zu hören, wie Kathrin Klein, Birgit, Simon und Wiebke dafür gebetet haben, dass ich hier mutig und klar Gottes Wort verkündige. Wenn die Predigt heute hilfreich ist, dann hat das viel mit euren Gebeten zu tun. Was für ein Segen, dass wir füreinander eintreten können im Gebet und gemeinsam den allmächtigen Gott anrufen, der an unserer Seite steht. Das geht, wenn wir zusammenkommen im Namen des Herrn.
Manchmal geht es noch weiter. Dann heißt das, dass wir einander korrigieren, bis hin zu dem Punkt, dass wir jemanden konfrontieren, vielleicht noch jemanden mitnehmen und konfrontieren und irgendwann auch sagen müssen: „Pass auf, wir müssen dich jetzt wirklich aus der Gemeinde zur Seite stellen. So wie du lebst, bist du in der Gefahr, nicht beim Herrn zu landen, sondern in der Verdammnis.“ Gemeindezucht ist auch ein Ausdruck von Liebe füreinander. Das funktioniert aber nur, wenn wir uns überhaupt erst mal aufeinander einlassen.
Dazu ruft Gott uns zusammen – zu unserem Schutz, zu unserem Besten, zu unserer Ermutigung. Und er ruft uns zusammen, damit wir einander dienen können mit den Gaben, die er uns gegeben hat. Jeder Christ hat Gaben. Deshalb macht die Bibel ganz deutlich: Jeder von euch hat Gaben, und diese sollen wir einbringen zum Wohle der anderen.
„Seid gastfrei“, heißt es – so etwas Einfaches wie Gastfreundschaft. „Dient einander, ein jeder mit der Gabe, die er empfangen hat“, heißt es in 1. Petrus 4,10. Welche Gaben hast du? Du hast Gaben von Gott. Die müssen nicht spektakulär sein, sie können ganz simpel sein. Bring deine Gaben ein und profitiere davon, dass die anderen das auch tun, so dass wir einander dienen können mit den unterschiedlichen Gaben, die Gott uns gegeben hat – genau zu diesem Zweck.
„Lasst uns aufeinander Acht haben“, heißt es in Hebräer 10,24, „und uns anreizen zur Liebe und zu guten Werken.“ Wir wollen einander motivieren und sagen: Komm, da können wir noch mehr machen, da können wir was tun. Ich möchte dich anreizen, jetzt in der Woche am Büchertisch mit dabei zu sein und Menschen das Evangelium weiterzusagen. Ich möchte dich anreizen zu allen möglichen guten Werken und zur Liebe.
„Nehmt euch der Nöte der Heiligen an“, heißt es in Römer 12. Wir haben das vorhin gehört: Nehmt euch der Nöte der Heiligen an, übt Gastfreundschaft und so weiter. Dazu sind wir hier.
Ich möchte auch denen danken, und es sind viele unter uns, die sich mit ihren Gaben einbringen zur Erbauung der Gemeinde, zur Erbauung voneinander. Manche Dienste sind formal, sodass wir wirklich in einem Dienstplan stehen. Ich habe heute Türdienst oder sitze in der Tontechnik – das ist groß. Aber ihr macht Musik, und manche Dienste stehen in keinem Plan. Es gibt Leute, die schauen einfach im Foyer um und gucken, wo jemand vielleicht betrübt aussieht, wo sie ermutigen oder mit jemandem beten können. Auch das ist wunderbar.
Lasst uns füreinander einbringen, das ist Gottes guter Plan. Und lasst uns einander auch unterstützen, auch finanziell. Gott hat einen fröhlichen Geber lieb, und so baut er auch seine Gemeinde. Danke, dass viele in dieser Gemeinde so großzügig sind. Nur so kann diese Gemeinde weiter erbaut werden. Nur so können wir die, die wir ausgesandt haben, auch finanziell unterstützen. So können wir Männer ausbilden, damit sie woanders hingehen und das Evangelium verkündigen. So können wir vieles tun. Das ist Gottes guter Plan.
Gott versammelt seine Gemeinde, damit wir füreinander da sein können. Ich hoffe, du bist hier, weil du weißt, dass die anderen für dich gut sind. Und ich hoffe, du bist hier ganz bewusst mit dem Ziel, ein Segen für andere zu sein.
Wenn du das bisher noch nicht im Blick hattest und sagst: „Ich bin eigentlich nur für die Predigt hergekommen“, dann möchte ich dich ermutigen, mach heute mal den gedanklichen Schritt. Komm nicht nur, hör deine Predigt und geh wieder nach Hause. Sondern hake dich hier ein, rechts und links, mit Geschwistern. Wenn du mal schwach bist, helfen sie dir auf, und wenn du stark bist, ziehst du mal jemanden mit.
Vielleicht bist du so stark, dass du das Gefühl hast, du brauchst die anderen gerade nicht so dringend, aber die brauchen vielleicht dich. Lasst uns so füreinander da sein. Das ist Gottes guter Plan, damit wir alle ans Ziel kommen. Mal sind wir die Lokomotive, mal das letzte Zugabteil, das noch mitgezogen wird. Und wir alle haben etwas beizutragen.
So ein schönes Lied – ich bin ja so fürchterlich unmusikalisch, dass ich euch das jetzt nicht antun werde. Aber Olaf kann das jetzt singen, ihr wisst genau, was ich meine: Keiner braucht nie die anderen, jeder gibt und jeder nimmt mal. Das haben wir heute nicht im Programm, aber ich hoffe, wenn ihr das nächste Mal singt, sagt ihr: Ja, da bin ich mit dabei.
Dafür sind wir heute hier: um Gott zu erkennen, um füreinander da zu sein und um einander in Wertschätzung und Liebe zu begegnen. Das brauchen wir so dringend. Wir leben in einer Welt, die oft so lieblos ist und so wenig Wertschätzung hat.
Jesus hat gesagt: „Das ist mein Gebot, dass ihr euch untereinander liebt.“ Wollte Jesus, dass wir gehorsam sind? Ja, liebe zu üben. Das ist manchmal eine bewusste Entscheidung, keine Emotion. In der Ehe sagt man manchmal emotional: „Ich liebe meine Frau, ich wache auf und kann gar nicht anders.“ Aber es gibt auch Tage, an denen man sagt: „Aber ich liebe meine Frau.“ Euer Lachen bestätigt diesen Punkt, und das ist okay.
So ist das auch in der Gemeinde. Manchmal komme ich in die Gemeinde und sage: „Ich liebe diese Gemeinde.“ Und manchmal sagen Leute zu mir: „Aber ich liebe sie.“ Das ist gut. Dafür sind wir hier – ein gutes Gebot Jesu.
Der Auftrag der Gemeinde: Christus bezeugen in Wort und Tat
Und schließlich ein dritter Punkt, und das ist der kürzeste: Wir wollen der Welt Christus bezeugen.
Jetzt könnte man denken, das hat ja nun wenig mit Gemeinde zu tun. Stimmt aber nicht! Gott will gerade die Gemeinde gebrauchen, um sich selbst bekannt zu machen.
Und das fängt damit an, dass unten an der Tür Menschen stehen, die unsere Gäste herzlich willkommen heißen. Es geht weiter damit, dass wir uns einander zuwenden und vielleicht gerade die begrüßen, die wir noch nicht kennen, die vielleicht neu sind.
Ich werde das nie vergessen: Da war ich schon einige Jahre Christ, war auf Dienstreise in London und bin in die Gemeinde gegangen, wo du früher Mitglied warst – St. Helens Bischofsgate. Ich kam in die Gemeinde und saß fremd zum ersten Mal da, in der vierten, fünften Reihe. Nach dem Gottesdienst ging das los: Mein Nachbar sprach mich an und war sofort dabei, wirklich ganz liebevoll und herzlich, aber auch sofort so: „Und bist du schon ab und zu in Gemeinde?“ Er wollte gleich wissen, wo ich geistlich stehe.
Der hat das sehr sanft getan, aber total klasse. Da dachte ich: Mensch, der will nicht nur wissen, ob ich einen schönen Fußweg hier zur Kirche habe, sondern der hat echtes geistliches Interesse an mir. Der möchte mir nicht nur etwas Gutes tun, der möchte mir das Beste geben.
Und dann kam der Pfarrer – das hat mich total erstaunt. Die Gemeinde war deutlich größer als hier. Er kam auf mich zu und sagte: „Du bist doch heute zum ersten Mal hier.“ Boah, weil weiß denn der das? Und wiederum: „Kommst du aus einer anderen Gemeinde? Wo kommst du her?“
Später war ich am Büchertisch, und ich wurde, glaube ich, an einem Sonntag drei- oder viermal von Menschen angesprochen, die nicht nur freundlich Hallo gesagt haben, sondern die ein geistliches Interesse an mir hatten.
Nun war ich bekehrt und konnte jedem sagen: „Nee, passt schon.“ Aber das hat mich tief beeindruckt. Und ich wünsche mir für uns, dass wir ein solcher Ort sind, wo kein Gast wieder rausgeht und wir sagen: „Ja, hoffentlich war die Predigt klar mit dem Evangelium, und der Kaffee hat hoffentlich auch geschmeckt.“ Sondern dass wir wirklich ein geistliches Interesse haben.
Dafür ist Gemeinde da. Es ist ein Ort, wo Leute dazukommen können, wo wir gleich Acht geben und sie ansprechen.
Zum anderen haben wir einen ganzen Keller voll mit Kindern und noch einen Raum dahinten voll mit Kindern. Gott gibt uns diese Kinder, damit wir ihnen das Evangelium weitersagen können. Gott möchte die Gemeinde auch so gebrauchen.
Nun ist es völlig richtig, dass die erste Verantwortung für die geistliche Erziehung, das geistliche Wohlsein meiner Kinder, bei mir als Vater liegt. Ich hoffe, ihr Väter wisst das: Du bist das Haupt deines Hauses, du hast eine Verantwortung für das geistliche Wohlergehen deiner Kinder. Investiere dich in sie, lies mit ihnen die Bibel, lehre sie, was es heißt, auf Gott zu vertrauen.
Und natürlich, ihr Mütter, ihr habt auch ein besonderes Privileg dazu, weil ihr meist zumindest deutlich mehr Zeit mit euren Kindern verbringt. Aber was für ein Privileg, dass wir die Eltern unterstützen können.
Wie dankbar bin ich, dass meine Anna Maria am Freitag in der Jungschar ist und ich weiß, ein Cornelius Thies über Jahre hinweg oder jetzt ein Matthias Mockler oder eine Sarah und Michael Hofstetter und andere, die sich investieren in meine Tochter, um ihr geistlich Gutes zu tun.
Und wisst ihr, was die Kinder dann auch tun? Sie bringen auf einmal ihre Freunde mit. Und dann kommt auf einmal die Julia mit, die zu Hause keine Eltern hat, die ihr das Evangelium sagen, und die kommt hier unter Gottes Wort.
Und das funktioniert nur, wenn wir als Gemeinde sagen: Das haben wir im Blick, dafür sind wir da. Also können wir der Welt Christus bezeugen – hier in unseren eigenen vier Wänden. Und wir können es natürlich in unserem Umfeld tun, in unserem Lebensumfeld.
Und dazu brauchen wir Gemeinde manchmal. Gemeinde, die für uns betet, wo ich mich vielleicht austauschen kann, wie machst du das, wo ich voneinander lernen kann, wo Leute da sind und manchmal noch viel praktischer.
Ein kurzes Beispiel möchte ich euch geben, das mich immer wieder begeistert, von einem Bruder hier aus der Gemeinde: Christian Stadt. Christian Stadt ist vielleicht nicht der Hardcore-Evangelist, aber Christian lädt regelmäßig seine Nachbarn ein und Leute aus der Gemeinde dazu. Der eine oder andere von euch war vielleicht schon mal dabei.
Er lädt sie ein, damit andere Christen evangelisieren – seine Nachbarn. Ganz natürlich ins Gespräch kommen, beim Grillfest. Er bringt Christen und Nichtchristen zusammen. Er nutzt seine Gemeinde, um seine Nachbarschaft, sein Umfeld zu evangelisieren.
Es ist ein Privileg, dass wir das tun können. Auch dafür hat Gott uns so zusammengestellt in der Gemeinde, dass wir einander auch so dienen können und ihn bezeugen können.
Schließlich kommen wir als Gemeinde zusammen, um unsere Missionare zu ermutigen, um für sie zu beten und um hier durch die Reihen zu gehen, damit wir sie finanzieren können. Einige unserer Missionare finanzieren sich teilweise selbst. Das ist manchmal auch hilfreich und notwendig, um in bestimmte Länder hineinzukommen.
Und doch wollen wir sie so frei wie möglich setzen, damit sie das Evangelium weitersagen können. Wir wollen als Gemeinde sehen: Wen wollen wir wirklich auswählen? Wer sind wirklich diejenigen, die gute Außendienstmitarbeiter sind, die wir in gewisser Weise anstellen wollen, damit sie das Evangelium zu den Völkern bringen, zu Menschen, die sonst keinen Zugang zum Wort Gottes haben?
Was für ein Privileg, dass wir als Gemeinde so zusammenkommen können. Das tut nicht die universelle Gemeinde, die sich eines Tages vor dem Thron Gottes trifft. Die haben kein Bankkonto, aus dem Missionare bezahlt werden. Das tun lokale Gemeinden, wo sich Menschen versammeln und ganz bewusst auch sagen: „Und auch so wollen wir der Welt Christus bezeugen.“
Und schließlich unsere zeugnishafte Liebe. Ich hoffe, dass die Nachbarn hier in der Mozartstraße, was auch immer sie von uns halten, sagen: „Die Leute, die hier rausgehen, die strahlen etwas aus, die haben eine herzliche Liebe füreinander.“
Das sind Menschen, so schräg sie vielleicht sein mögen, das sind Menschen, da ist irgendwas. Und ich möchte sagen, auch das geht natürlich über die Gemeindegrenzen hinaus.
Vor ein paar Wochen saß Maria Karjanacki – Maria, bist du hier? Da hinten, Maria. Maria saß hier vorne und hat kurz Zeugnis gegeben davon, wie in ihrer Krankheit wirklich Gott ihre Krankheit gebraucht hat.
Dann viele Menschen aus der Gemeinde, viele Geschwister, die für sie da waren, die ihr geholfen haben, die sie gefahren haben, die sie besucht haben – wie Gott das gebraucht hat als ein Zeugnis, wo die Leute sagen: „Wo kommen denn die alle her? Was hast du für komische Verwandte oder Freunde, wo kommen die alle her? Das hat doch sonst keiner.“
Ja genau, an unserer Liebe füreinander wird die Welt erkennen, dass wir Jesus nachfolgen. Das hat Jesus selbst so gesagt.
Abschluss und gemeinsames Bekenntnis
Okay, ich bin am Ende. Ihr Lieben, Gott hat uns hier zusammengerufen, damit wir ihn besser kennenlernen, damit wir füreinander da sein können. Und damit wollen wir der Welt Christus bezeugen.
Ich hoffe, du weißt, warum du hier bist. Ich möchte uns zum Abschluss einen Vorschlag machen. Ich habe etwas zusammengeschrieben, in dem ich formuliert habe, was ich gerne der Gemeinde versprechen würde und was wir uns vielleicht einander versprechen wollen.
Es ist kein neues Gemeindedokument, sondern einfach nur, dass Matthias Lohmann diese Woche mal ein paar Sachen aufgeschrieben hat. Ich habe es zwei, drei Leuten gegeben und gefragt: „Was hältst du davon?“ Am Ausgang habe ich solche Zettel ausgelegt, auf denen ich das einfach draufgedruckt habe. Die liegen hinten, an der Tür wird Robin stehen und sie euch geben. Oben liegen sie auf dem kleinen Tischchen, kleine weiße Blätter. Ihr könnt euch gerne eins mitnehmen und habt dann zuhause noch einmal eine Zusammenfassung der Predigt.
Ich möchte euch das einmal vorlesen. Ihr müsst es nicht mitlesen. Das ist wirklich die Zusammenfassung der Predigt. Vielleicht nehmt ihr sie mit und denkt mal darüber nach, ob das nicht etwas Gutes für uns ist.
Wir vertrauen darauf, dass wir allein aus Gnade durch den Glauben an unseren Retter und Herrn Jesus Christus herausgerufen sind, Kinder Gottes und Teil seiner Gemeinde geworden sind. Gott selbst hat die Gemeinde durch Jesu Blut erkauft und kümmert sich um sie – zu seiner Ehre, zu unserem Besten und zum Segen für die Welt.
Mit seiner Hilfe wollen wir uns als Mitglieder der FWG München-Mitte – und das trifft natürlich hoffentlich auch auf die Nichtmitglieder in ihren Gemeinden zu – darum bemühen, Jesus Christus in verbindlicher Gemeinschaft nachzufolgen.
Deshalb versprechen wir einander drei Dinge:
Wir wollen Gott immer mehr erkennen. Deswegen machen wir unsere gemeinsamen Gottesdienste und Treffen zu einer hohen Priorität. Wir wollen demütig auf Gottes Wort hören, ihn anbeten und ihm durch das Schauen auf Jesus Christus immer ähnlicher werden.
Wir wollen auf seine Gnade vertrauen, nicht auf unsere Werke. Im Glauben wollen wir wachsen und lernen, unser ganzes Leben an Gottes Willen auszurichten.
Wir wollen füreinander da sein. Wir wollen füreinander beten und Anteil nehmen an den Freuden und Nöten unserer Glaubensgeschwister. Bei unseren Treffen wollen wir einander mit dem Wort Gottes ermutigen, uns zur Liebe in Wort und Tat motivieren und uns, wo nötig, auf liebevolle Weise zurück zu Christus rufen.
Wir wollen Gottes Gemeinde mit den uns anvertrauten Gaben bauen. Wir wollen gemeinsam Christus bezeugen. Wir wollen unserem Umfeld durch unser liebevolles Miteinander Zeugnis von ihm geben. Wir wollen unseren Glauben mit Worten und durch praktische Nächstenliebe zu jeder Zeit und an allen Orten bekennen.
Durch Gebet und großzügige Spenden wollen wir außerdem diejenigen unterstützen, die von uns ausgesandt wurden, um das Evangelium an anderen Orten weiterzusagen.
Gott gebe zu unserem Wollen das Vollbringen. Amen. Möge es so sein, liebe Geschwister.
Und ich hoffe, du weißt, wozu du hier bist. Amen.
Lass uns aufstehen und zum Abschluss noch ein Lied singen. Wir singen das Lied 132, ein altes Lied, geschrieben vom Gründer der ersten freien evangelischen Gemeinde in Deutschland, Hermann Heinrich Grawe: Ein Einigvolk von Brüdern und Schwestern.