Einführung in die Argumentationsstruktur des Paulus
Es ist wichtig, dass wir zunächst den Zusammenhang verstehen und uns in die Redeweise sowie die Argumentation des Paulus hineindenken. Danach folgt eine zweite Betrachtung, in der ich auf einzelne besondere Begriffe, Lehren und Gedanken eingehen werde. Diese wollen wir uns ausführlicher vor Augen führen, um anschließend zu sehen, welche Auswirkungen sie auf unser Leben, unsere Stellung zu Gott und unsere Position in der Gemeinde haben.
Beim zweiten Durchgang werden wir wahrscheinlich an einigen Stellen stehen bleiben müssen, weil uns die Zeit irgendwann eingeholt hat und wir abschließen müssen. Dennoch erhalten wir so einen guten Überblick und können die einzelnen Teile in den Gesamtzusammenhang einordnen.
Es ist immer hilfreich, einen Text fortwährend auszulegen und immer wieder darauf zurückzuschauen. So können wir uns vergegenwärtigen, an welcher Stelle die Argumentation aufgebaut ist. Ihr erinnert euch vielleicht noch an letzten Sonntag, als wir uns Gedanken über Kapitel 1, die ersten Verse, gemacht haben. Dort ging es darum, dass uns der Heilsplan Gottes erklärt wurde.
Paulus beginnt hier also nicht damit, der Gemeinde in Ephesus aktuelle Anliegen zu schreiben, etwa Probleme, die gerade in der Gemeinde bestehen. Stattdessen versucht er zunächst, ihnen den Heilsplan Gottes wieder vor Augen zu führen. Dabei handelt es sich um Christen, die schon erfahren sind. Wir erinnern uns: Paulus war bereits drei Jahre dort und hat unterrichtet. Das heißt, sie wurden von jemandem unterrichtet, der es wissen muss, nicht von irgendjemandem. Sie wussten das also schon, und trotzdem erwähnt Paulus es hier noch einmal.
Wir erkennen also, dass dies auch eine pädagogische Überlegung ist. Sicherlich ist sie durch die Offenbarung Gottes geleitet, aber eben auch pädagogisch motiviert. Später im Brief kommt Paulus noch auf Verhaltensmaßregeln zu sprechen, wie wir uns als Christen verhalten sollen. Doch was steckt dahinter?
Paulus geht davon aus, dass alle Schwierigkeiten, die wir haben, in erster Linie dadurch gelöst werden und behandelt werden müssen, dass uns Gott groß wird – sein Plan – und dass uns Jesus groß wird und was er getan hat. Manchmal ist es so, dass viele kleine menschliche Probleme, mit denen wir im Alltag zu kämpfen haben, verschwinden oder klein werden, wenn wir uns das genau vor Augen führen.
Ich denke, das ist die Absicht Paulus’: Erst einmal stellt er ihnen sozusagen das Panorama der Weltgeschichte Gottes vor Augen. Er zeigt ihnen den großen Plan Gottes und an welcher Stelle sie darin stehen. Im zweiten Teil des Briefes geht er dann auf die praktischen Auswirkungen ein, die das Leben der Epheser und natürlich auch unser Leben betreffen.
Die Bedeutung der Fokussierung auf Jesus in schwierigen Zeiten
Also, das ist der Hintergrund. Vielleicht erinnern wir uns auch daran, als Jesus mit seinen Jüngern auf dem Berg der Verklärung war, auf dem Tabor. Dort erschienen die Propheten, und Jesus sah sie in den Wolken herabkommen. Dann fielen sie nieder – die Jünger fielen zu Boden, weil sie nicht wussten, was mit ihnen geschah.
Jesus unterhielt sich mit ihnen, und plötzlich waren die Propheten wieder weg. Die Jünger blickten auf, und was stand da? Ich finde, das ist ein sehr schöner Vers. Wisst ihr, was dort steht? „Und sie sahen niemanden als Jesus allein.“ Das ist doch fantastisch.
Vorher hatten die Jünger ihre Schwierigkeiten. Sie bombardierten Jesus mit Fragen. Er nahm sie mit auf den Berg Tabor, sozusagen in eine Klausur. Dort begegneten ihnen wunderbare Dinge. Sie machten sich schon Gedanken, und Petrus fing an zu planen: Sollten sie jetzt Häuser bauen und sich dort niederlassen? Ein erstes Kloster wäre das gewesen. Jesus zog sich mit seinen Jüngern zurück, und die anderen Leute wurden ausgeschlossen, denn sie waren ja so glücklich.
Dann lenkte Jesus ihre Blicke auf sich selbst. Sie sahen Jesus und niemanden sonst – Jesus allein.
Genauso kann es uns manchmal gehen, wenn wir Schwierigkeiten und Probleme im Leben haben. Dann hilft es manchmal nicht, endlos über die Probleme nachzugrübeln oder immer wieder im Kreis zu denken. Auch gegenseitiges Bemitleiden oder sich selbst zu bemitleiden führt oft nur dazu, dass wir davon hypnotisiert werden.
Manchmal hilft es, all das wegzulassen, fallen zu lassen und gar nicht daran zu denken. Stattdessen sollten wir erst einmal den Blick auf Gott, auf Jesus, richten. Plötzlich merken wir, dass, wenn wir das tun – und das ist ja auch die Absicht von Paulus hier –, wenn wir die großen Taten Gottes anschauen und sehen, an welcher Stelle wir in seinem Plan stehen, dann verflüchtigen sich die Probleme.
Sie sind dann nicht mehr so groß und erdrückend, sondern bekommen ihren wahren Stellenwert. Nämlich den, den sie in den Augen Gottes haben – und nicht den, den wir ihnen geben.
Probleme, die uns bewegen und bedrücken, erscheinen oft später ganz anders. Wenn ihr euch zum Beispiel ein Jahr später an ein Problem erinnert, ist es vielleicht schon vorbei. Dann denkt ihr manchmal: Wie kleinlich war das? Wie unwichtig war das?
Oder es ist euch als Ehepaar schon mal passiert, dass ihr euch gestritten habt und zwei Monate später nicht einmal mehr wisst, worum es ging. Das passiert manchmal, weil die Sache im Nachhinein gar nicht mehr so wild erscheint.
Der Anlass kann ganz banal sein: Jemand ist gestresst, und dann passieren diese typischen Dinge. Zum Beispiel hat jemand die Zahnpastatube offen liegen lassen, oder der Mann hat seine Socken nicht weggeräumt, und die Frau muss es tun. Oder das Bett ist nicht gemacht. Der Mann regt sich darüber auf, oder die Frau ärgert sich, weil der Mann nicht die richtigen Sachen eingekauft hat oder nicht rechtzeitig von der Arbeit gekommen ist, obwohl sie es erwartet hatte.
Dann ist das der Anlass, und plötzlich kommen alle anderen Dinge dazu, die man früher erlebt hat. Man denkt: „Du hast doch schon immer…“ und „Es ist immer dasselbe.“ Dann ist man mitten im Streit.
Abends legt man sich mit Bauchschmerzen hin, hoffentlich nicht ganz schlecht, hat ein schlechtes Gewissen. Und ein paar Wochen später weiß man nicht mehr genau, wie das Ganze gelaufen ist – weil man nur so fixiert war auf diese kleinen Sachen.
Man nennt das einen Tunnelblick: Rechts und links sieht man nicht mehr, nur noch geradeaus. Diesen Tunnelblick will Paulus hier aufbrechen.
Er zeigt im ersten Kapitel die Vorsehung Gottes, den Weg der Heiligung hier auf der Erde, wo Gott uns einsetzt und gebraucht. Außerdem zeigt er den Weg in die Zukunft: Wir werden einmal Erben sein, Erben Gottes, und mit Jesus in der Herrlichkeit sein.
Dann dankt Paulus dafür, was Gott schon im Leben der Epheser getan hat (Vers 15-23). Danach beginnt er noch einmal von einem anderen Ende zu zeigen, wie Gott nicht nur den großen Heilsplan, sondern auch im persönlichen Leben wirkt – und zwar nicht nur bei den äußeren Dingen, sondern gerade im Inneren.
Vom Tod zum Leben: Der innere Wandel durch Gottes Gnade
Ihr erinnert euch an Epheser Kapitel 2, Verse 1-10. Dort geht es darum, den Weg vom Tod zum Leben. Es wird genau beschrieben, was das Leben im Tod bedeutet. Wir haben Verse gelesen, die von Vergehungen, Sünden und den Fürsten der Macht der Luft sprechen, die uns beeinflussen. Wir sind Söhne des Ungehorsams und Kinder des Zorns. Wir laufen dem Willen unseres Fleisches nach, in unseren Gedanken und Begierden.
All das wird beschrieben als das, was uns von Gott entfernt. Das ist die eine Seite: die Entfernung von Gott, das Leben in der Welt, beeinflusst vom Zeitgeist.
Im Anschluss wird beschrieben, was das entgegengesetzte Leben ist – das eigentliche Leben, das aus dem Tod herausgerissen wurde. Dieses Leben wird dargestellt durch den Reichtum seiner Gnade und Güte. Es wird auf die kommenden Zeitalter hingewiesen und uns gezeigt, dass es Himmelswelten um uns herum gibt, in denen wir leben.
Hier wird noch einmal deutlich, dass Gottes Plan darin besteht, den Menschen, der innerlich tot ist – und es wird beschrieben, was alles zu diesem Todsein gehört – hinüberzubringen in das Reich des Lebens. Dieses Reich soll immer mehr und stärker unser Leben prägen.
Man könnte es als ein alternatives Leben bezeichnen. Alternativ bedeutet hier nicht, in Ökulationen herumzulaufen oder nur noch Körner zu essen. Alternativ meint vielmehr ein Leben, das im Gegensatz zum Zeitgeist steht, in dem wir leben. Es ist ein Leben, das anders ist als das „normale“ Menschsein.
Normal ist es, den Lüsten, Gefühlen und Empfindungen nachzugehen. Das ist das Gewohnte. Aber Gott will uns zu „unnormalen“ Menschen machen. Ich sage das bewusst provokativ, weil normalerweise „normal“ als gut und „unnormal“ als schlecht gilt. Hier aber sollen wir „unnormal“ werden. Denn normal bedeutet die Norm, so wie alle sind. Das sollen wir gerade nicht sein, sondern wir sollen anders sein.
In den Versen 11 bis zum Ende des zweiten Kapitels zeigt Paulus den Christen in Ephesus, dass Judenchristen und Heidenchristen zusammengehören. Ab Vers 15 wird das besonders deutlich: Diese beiden Gruppen sind ein neuer Mensch geworden (Vers 15), sie sind ein Leib geworden (Vers 16) und sie haben einen Geist (Vers 17). Alles baut auf der einen Grundlage auf: Jesus Christus.
Warum erwähnt Paulus das? Weil die Christen damals Streit und Auseinandersetzungen miteinander hatten.
Überwindung von Vorurteilen und Spaltungen in der Gemeinde
Stellt euch vor, was wir gerade gehört haben: In einer Gemeinde sind nun Tschechen und Zigeuner. Ja, sie legen ihre Vorurteile nicht von vornherein ab. Die Zigeuner denken: „Das sind die Tschechen, die uns immer unterdrücken wollen, die die Mauer in unserer Stadt gebaut haben und mir keinen Arbeitsplatz geben.“ Und die Tschechen denken: „Das sind die Zigeuner hier.“ Und dann reden sie von der Liebe Gottes?
Die einen sagen: „Wir sind immer die, die hier von den anderen bestohlen werden.“ Und überhaupt, da muss man aufpassen, dass sie nicht sogar die Abendmahlskelche mitgehen lassen. Man lässt die Leute nie allein, und so entsteht gegenseitiges Misstrauen. Das bleibt sogar dort, wo wir Christen geworden sind, wenn wir das nicht von der Liebe Jesu überwinden lassen.
Deshalb erwähnt Paulus das so eindringlich. Er will nicht, dass es Spaltungen in der Gemeinde gibt, dass der eine sich für höher hält und den anderen beiseite schiebt. Diese Gefahr besteht genauso in unseren Gemeinden und in unserem Leben.
In den USA ist es ähnlich. Obwohl dort seit Jahrhunderten Schwarze Amerikaner leben, bestehen die meisten Gemeinden entweder nur aus schwarzen Christen oder nur aus weißen Christen. Gemeinden, in denen Schwarze und Weiße zusammenkommen, sind die Ausnahme. Es gibt auch Gemeinden, in denen nur Indianer sind, oder nur Christen chinesischer Abstammung.
Wir haben es ja gesehen: Erinnern wir uns an Tschechien, wo wir Bilder von der Gemeinde Levan gesehen haben. Dort kamen Amerikaner, die asiatisch aussahen – das waren Christen koreanischer Abstammung. Auch bei uns Christen kann es schnell dazu kommen, dass wir uns separieren. Wir wollen gerne mit Leuten zusammen sein, die so sind wie wir.
Die meisten evangelikalen Gemeinden sind typische Mittelklassegemeinden. Man findet kaum einfache Arbeiter, die vielleicht etwas primitiver und einfacher sind. Man gewöhnt sich an seinesgleichen, man ist auf derselben Stufe: Jeder hat sein kleines Häuschen, alle haben denselben Standard, und so fühlt man sich wohl.
Aber genau das will Jesus hier aufbrechen. Es gibt keinen Unterschied. Die typischen Gemeinden, in denen es Spannungen gibt, sind oft gerade solche, in denen Ausländer regelrecht zusammenkommen. Die Juden sind in die ehemalige Türkei gekommen, dort sind Römer in der Gemeinde, Griechen, Menschen aus der Türkei und aus Ägypten. Wir lesen, dass Gastarbeiter wie Priscilla und Aquila aus Rom kommen, dort leben und mit an der Gemeinde bauen. Apollos stammt aus dem Osten des Römischen Reiches, Paulus ist Jude – so mischen sich alle möglichen Nationalitäten miteinander.
Sie müssen miteinander zurechtkommen, und das ist nur möglich, wenn sie einsehen, dass Gott sie zusammengeführt hat. Genau diese Botschaft gibt Paulus uns weiter. Und das ist der Hintergrund, wo wir jetzt einsteigen.
Paulus’ Selbstverständnis als Gefangener Christi
Wir sind jetzt bei unserem ersten Durchgang und wollen die Verse nur lesen und einige Gedanken dazu erörtern, damit wir verstehen, wie die Gesamtargumentation ist, mit der Paulus vorangeht.
Denn er beginnt ja in Vers 1, Kapitel 3: „Deswegen bin ich Paulus, der Gefangene Jesu Christi für euch, die Nation.“ Jetzt ist das ja wieder so ein langer Satz, also zergliedern wir ihn mal ein bisschen.
Das Wort „deswegen“ knüpft an, weil ihr eins geworden seid oder weil Gott euch zu eins gemacht hat. Ihr seid nicht die Heiden und nicht die Juden, die sich gegenseitig neidisch beäugen oder sich fertig machen, sondern ihr seid eins geworden. Deshalb – und jetzt begründet Paulus, wie es weitergeht – sagt er: „Ich bin Paulus, der Gefangene Christi Jesu.“
Hier haben wir erst einmal den Hintergrund „Gefangener“. Ihr erinnert euch daran, das haben wir ja schon bei der Einleitung gelesen. Paulus meint das hier nicht nur im übertragenen Sinne, sondern er ist wirklich gefangen. An anderen Stellen sagt er, er sei gebunden mit Ketten, also er ist tatsächlich in Gefangenschaft.
Am Ende, in Vers 13, sagt er auch, ihr müsst keine Angst haben, wie es mir ergeht. Denn sie sind bedrückt, weil ihr Vorbild, euer großer Prediger, in Gefangenschaft ist und möglicherweise hingerichtet wird. Er ist also wirklich gefangen.
Interessanterweise sagt er aber nicht: „Ich, der Gefangene der Römer.“ Das würden wir wahrscheinlich sagen. Wenn zum Beispiel die Stasi uns gefangen nimmt, sagen wir: „Ich bin der Gefangene der Stasi.“ Paulus sagt das hier aber gar nicht.
Was meint er damit? Er meint, es ist eigentlich gar nicht wichtig, von wem ich gefangen genommen worden bin. Er weiß, dass das entsprechend dem Willen Gottes geschieht. Deshalb ist er Gefangener Christi Jesu, entsprechend dem Willen Christi.
Oder wir können es anders ausdrücken: Ich bin um Jesu Christi Willen hier gefangen. Das ist der entscheidende Faktor. Deshalb ist es gar nicht wichtig, wer mich gefangen genommen hat, sondern dass ich um Jesu Christi Willen hier gefangen bin. Deshalb sagt er: „Gefangener Christi Jesu.“
Und dann fügt er hinzu: „für euch.“ Er ist also nicht gefangen, weil er irgendein Verbrechen begangen hat. Erinnert euch an Römer, beispielsweise Römer 13, wo es heißt, wie wir uns dem Staat gegenüber verhalten sollen. Dort steht, der Staat hat sein Schwert mit Recht, um die Bösen zu bestrafen.
Wenn wir etwas Böses getan haben, dann sind wir vielleicht zwei Christen, aber die Gefangenschaft ist gerechtfertigt. Hier aber geht es darum, dass Paulus für euch gefangen ist.
Was bedeutet „für euch“? Er hat den Auftrag Jesu angenommen. Wir lesen das später noch. Er sagt, er soll zu den Heiden gehen und ihnen das Evangelium predigen. Aufgrund dessen, weil er sich für sie eingesetzt hat, ist er gefangen genommen worden.
Also ist er Gefangener für euch – für die Epheser, die hier sind, für euch, die Nationen. Damit meint er natürlich diejenigen, die zum Glauben gekommen sind, also diejenigen, denen er gepredigt hat und deren Auftrag er angenommen hat und weiterverfolgt.
Die Verwaltung der Gnade Gottes und Paulus’ Auftrag
Wir lesen weiter: „Ihr habt doch wohl von der Verwaltung der Gnade Gottes gehört, die mir im Hinblick auf euch gegeben ist.“
Hier könnte man „Verwaltung“ auch mit „Haushalt“ oder „Plan“ übersetzen. Verwaltung erinnert uns oft an Bürokratie. Dann denken wir vielleicht: Oh nein, gibt es im Himmel auch noch ein Finanzamt oder ein Verwaltungsamt? Was weiß ich. Paulus sagt aber: Ihr habt ja schon gehört, dass sich ein Minister dafür eingesetzt hat. Das ist natürlich nicht gemeint. Es ist auch nicht der Fünfjahresplan, den man früher im Kommunismus hatte, gemeint, wie es weitergehen soll.
Vielmehr könnten wir hier sagen, dass der Tausendjahrplan oder der Zweitausend- oder Zehntausendjahrplan Gottes gemeint ist. Hier ist die Verwaltung Gottes, also der Plan, der Heilplan Gottes gemeint. Jesus beziehungsweise Gott hat Paulus diesen Heilplan geoffenbart. Das hat ihn dazu bewegt, hinzugehen und zu handeln.
Also: „Ihr habt doch wohl von der Verwaltung der Gnade Gottes gehört.“ Die Gnade, die wir auch im ersten Kapitel gelesen haben, bedeutet, dass etwas ohne Werke errichtet ist, allein weil es dem Willen Gottes entspricht. Diese Gnade Gottes ist sozusagen der Inhalt dieses Planes Gottes, also der Verwaltung der Gnade Gottes. Das ist das, was im Hintergrund steht.
Wir merken: Die Verwaltung der Gnade Gottes war früher nur für die Juden bestimmt, jetzt aber auch für die Heiden. Diese Gnade ist Paulus gegeben worden. Das werden wir später noch in einem Vers lesen, zum Beispiel im Galaterbrief, wo Paulus das nochmals anspricht. Wir lesen das auch in der Apostelgeschichte, wo Paulus das anvertraut wird – zuerst vor Damaskus, als er von Jesus berufen wird, später auch in der Gemeinde in Antiochien, von der er ausgesandt wird.
Also: „Die mir gegeben worden ist.“ Ihr habt ja wohl von der Verwaltung gehört, die mir gegeben ist im Hinblick auf euch. Hier sehen wir schon das Besondere. Diese Gnade hatten natürlich auch die anderen Jünger. Aber was ist das Besondere bei Paulus? Paulus ist, wie wir sagen, auch der Heidenmissionar. Die meisten anderen Jünger kümmerten sich um die Juden und predigten dort. Paulus aber ist in erster Linie der Apostel, den Jesus selbst berufen hat, um zu den Heiden zu gehen.
Er hat diese Offenbarung im Hinblick auf „euch“ bekommen, also auf die Gemeinde, die dort entsteht, wo zum großen Teil Heidenchristen sind. Denn: „Mir ist durch Offenbarung das Geheimnis zu erkennen gegeben worden“, wie Paulus es oben kurz geschrieben hat.
Er erinnert: „Seht, erinnert euch daran, ich habe euch doch oben geschrieben, wie das gelaufen ist.“ Also der Heilsplan Gottes mit der Erwählung von Anbeginn der Welt, mit der Heiligung und dem ewigen Sein bei Gott in der Zukunft. Das ist das Geheimnis Gottes.
Geheimnisse sind hier nicht irgendwelche Geheimnisse gemeint, sondern das Geheimnis Gottes ist gerade, dass jetzt in dieser Zeit – wie wir auch im Galaterbrief lesen – als die Zeit erfüllt war, Gott seinen Sohn sandte. Dieser wurde von einer jungen Frau geboren, unter das Gesetz getan usw. Das ist der Heilsplan Gottes, und das wird hier als Geheimnis beschrieben.
Paulus erwähnt das in den folgenden Versen noch einmal, deshalb will ich an dieser Stelle nicht zu viel dazu sagen. Wenn wir hier nur von der Offenbarung des Geheimnisses lesen, schlagen wir einmal zusammen im Galater 1, Vers 12 auf. Der Galaterbrief wurde ja gerade vor dem Epheserbrief geschrieben.
Dort sagt Paulus nämlich etwas ganz Ähnliches: „Ich habe es weder von einem Menschen empfangen noch gelernt, sondern durch Offenbarung Jesu Christi.“ Er meint Offenbarung nicht so, dass er tief nachgedacht hat und ihm plötzlich etwas aufgeleuchtet ist. Sondern tatsächlich hat Gott zu ihm gesprochen.
Wir wissen das auch aus einzelnen Versen in der Apostelgeschichte, wo das geschehen ist. Paulus hat diese Offenbarung tatsächlich durch eine übernatürliche Offenbarung von Gott bekommen. Nicht, dass er sich das selbst ausgedacht hätte, wie einige heutige Theologen behaupten, die sagen, die Gemeinde sei eigentlich erst durch Paulus entstanden und Jesus sei ein ganz normaler jüdischer Rabbiner gewesen. Sie versuchen, die beiden auseinanderzureißen. Das stimmt natürlich nicht, und das betont Paulus hier auch ganz deutlich.
Ihm ist das gegeben worden, und wir lesen hier auch das Geheimnis, das ihm gegeben wurde, wie ich es kurz geschildert habe. Das ist von Gott. Er ist also hier im Auftrag Gottes. Das ist auch der Hintergrund. Wenn er sagt, das ist mir gegeben worden als Offenbarung, bedeutet das auch, dass alles, was er jetzt zu sagen hat, im Auftrag Gottes zu sagen ist.
Beim Lesen könnt ihr meine Einsicht in das Geheimnis Gottes, in das Geheimnis Christi, merken. Das klingt für manche vielleicht ein bisschen überheblich. Lest das aber gut durch, und ihr werdet merken, dass alles stimmt. Das ist ein Hinweis auf ein Geheimnis des Wortes Gottes.
Ich weiß nicht, ob es euch schon mal so gegangen ist oder ob ihr andere Menschen kennt, denen es so gegangen ist: Manche fangen einfach an, in der Bibel zu lesen, und kommen irgendwann zur Erkenntnis, dass es ganz anders ist als andere heilige Bücher in anderen Religionen. Es ist anders als Werke von Philosophen oder Ähnlichem. Das ist es, was Paulus meint.
Er sagt: Ihr könnt mich jetzt für einen aufgeblasenen Kerl halten, das kommt nicht auf mich an. Aber lest das, was Gott mir gesagt hat, und ihr werdet erkennen, dass es wahr ist. Wer sich auf die Suche nach Jesus Christus macht und bereit ist, sich dafür zu öffnen, wird es erkennen. Das können wir heute jedem sagen, der bereit ist, im Wort Gottes zu lesen und sich ehrlich dafür zu öffnen. Der wird verstehen, dass das nicht von Menschen geschrieben ist, sondern dass Gott dahintersteht.
Das ist es, was Paulus uns sagen will. Wir brauchen jetzt nicht lange zu argumentieren: Lest das durch, und ihr werdet merken, dass das, was geschrieben steht, genau das ist, was Gott geoffenbart hat und von Gott kommt.
Weiter lesen wir: Jetzt macht Paulus das als Einschub, also hier „wie ich geschrieben habe“, und beim Lesen könnt ihr das erkennen. Dann kommt der Gedanke in Vers 5 weiter, dass es anderen Geschlechtern, den Söhnen der Menschen, nicht zu erkennen gegeben wurde, wie es jetzt seinen heiligen Aposteln und Propheten durch den Geist geoffenbart worden ist.
Aha, jetzt müssen wir aufpassen. Was will Paulus damit sagen? Er sagt, früher war dieser Heilsplan Gottes nicht in vollkommener Weise bekannt. Wo? Im Alten Testament. Dort lesen wir oft „Israel, Israel, Israel“. Die Heiden stehen irgendwo am Rand. Manchmal haben wir den Eindruck, sie sind nur dafür da, Israel zu bestrafen, wenn es schlecht gehandelt hat, oder später einmal die Hölle zu bevölkern.
Vielleicht. Die Heiden spielen im Alten Testament kaum eine Rolle. Wenn ein Heide zu Gott kommen wollte, was musste er tun? Er musste Jude werden, ein Proselyt, wie man das mit einem Fremdwort nennt. Er musste sich taufen lassen und als Mann oder Frau beschnitten werden, um dazu zu gehören. Dann war er Jude. Diese Möglichkeit gab es. Das war der Weg, Zugang zum Volk Gottes und zum damals offenbarten Heilsplan Gottes zu bekommen.
Hier sehen wir also: Anderen Geschlechtern, den Söhnen der Menschen, war nichts zu erkennen. Jetzt aber ist es den heiligen Aposteln und Propheten durch den Geist geoffenbart worden. Hier merken wir wieder, Paulus nimmt für sich in Anspruch, dass das, was er schreibt, nicht nur menschliche Weisheit ist, sondern dass sie durch den Heiligen Geist gegeben ist.
Wir merken: Der Heilige Geist ist nicht nur etwas, das über uns schwebt und vielleicht da ist oder nicht. Er ist hier ganz konkret. Dieser Heilige Geist führt die Apostel. Wir lesen das auch in der Apostelgeschichte, dass Paulus in seiner Lebensplanung sehr sensibel ist: „Was zeigt mir gerade der Heilige Geist?“
Der Heilige Geist ist bei Paulus nicht losgelöst von der Offenbarung Jesu. Der Galaterbrief erinnert daran: Selbst wenn ein Engel vom Himmel kommt und etwas anderes predigt, als Jesus gesagt hat, als Paulus verkündet hat, der sei verflucht. Das sagt Paulus zweimal in den ersten beiden Kapiteln des Galaterbriefes.
In der Apostelgeschichte lesen wir beispielsweise, dass Paulus weiterzog, das war im Norden der heutigen Türkei, und dass der Geist ihm wehrte, weiterzugehen. Wir lesen leider nicht genau, wie das war, vielleicht würde uns das sonst verführen, ein Zehn-Punkte-Programm aufzuschreiben: „Um den Willen Gottes zu erfahren, muss ich nur das ausfüllen, Tabelle unten zusammenzählen, und dann weiß ich, was ich tun muss.“
Das lesen wir nicht, weil der Geist Gottes sich nicht in eine Tabelle einordnen lässt. Aber wir merken, der Geist Gottes ist für Paulus ganz konkret. Der Geist Gottes ist es, der ihm das offenbart hat.
Was hat er ihnen offenbart? Die Nationen sollen Miterben, Miteinverleibte und Mitteilhaber der Verheißung sein, die Christus Jesus durch das Evangelium gibt. Paulus sagt: „Dessen Diener ich geworden bin, nach der Gnade Gottes.“
Wir müssen hier abbrechen, denn Paulus hat einen sehr langen Gedanken, der nur so aus ihm heraussprudelt. Was sollen die Nationen tun, zu denen wir ja gehören? „Nation“ bedeutet Heiden, also Nichtjuden. Sie sind Miterben geworden.
Zunächst steckt darin natürlich die Freude: Wir sind Erben Jesu Christi, also Gottes, wir sind Miterben. Erben bedeutet natürlich nicht, dass Gott irgendwann stirbt und wir an seiner Stelle sind. Es gibt einige Sekten, die das so ähnlich vorstellen. Zum Beispiel die Mormonen gehen davon aus, dass wir alle einmal Götter werden, uns weiterentwickeln und irgendwann Götter sind, ewig miteinander verheiratet sind. Frauen können nur errettet werden, wenn sie einen Mann haben. Die Männer werden Götter, und die Frauen gebären unendlich viele Kinder, um einen eigenen Planeten zu bevölkern.
Solche verrückten Ideen gibt es. Das ist hier natürlich nicht gemeint. Wenn hier steht „Erben Gottes“, bedeutet das nicht, dass Gott stirbt.
Wir haben ja auch hier auf der Erde schon die Möglichkeit, seinen Sohn vorher zu beerben, wenn wir wollen, einen Teil des Erbes auszuzahlen, wie wir es beim verlorenen Sohn sehen. So ähnlich ist es gemeint.
Wir werden Mitteilhaber, könnten wir sagen, der Herrlichkeit Gottes sein. Wenn wir bei Jesus Christus, bei Gott sind, werden wir in der ewigen Herrlichkeit mitteilhaben. Wir können nicht nur zuschauen, wie prächtig Gott ist, sondern es gehört uns mit. Das ist damit gemeint.
Also nicht, dass Gott stirbt. „Miterben“ bedeutet hier: Wir haben Mitanteil an der Herrlichkeit Gottes, an seiner Macht, Kraft, Schönheit und Glorie.
Und was heißt Miterben? Miterben bedeutet hier „mit den Juden“. Denn die Verheißung und Erwählung Gottes ist nicht aufgehoben. Sie gilt immer noch. Wir sind mit den Judenerben, deshalb hier „Miterben“ dabei.
Jetzt heißt es auch „miteinverleibte“, man könnte es anders übersetzen mit „diejenigen, die mit ein Leib werden“. Wer ist der Leib? Der eine Leib ist das, was Gott gemacht hat: Er hat sein Volk erwählt, und jetzt werden wir mit ein Leib. Wir gehören zusammen.
Deshalb gehören Judenchristen und Heidenchristen zusammen, sind eins, wie Paulus schon ab Vers 15 im zweiten Kapitel betont hat.
Dann lesen wir weiter, dass wir auch Mitteilhaber sind. Hier könnten wir mal zum Römerbrief aufschlagen, Kapitel 11, Vers 17. Dort sagt Paulus noch etwas dazu.
Im Römer 11, Vers 17 werden die Juden beschrieben und das Verhältnis zwischen Juden und Christen. Dann lesen wir in Vers 17: „Wenn aber einige der Zweige herausgebrochen worden sind und du, der du ein wilder Ölbaum warst“ – also die Heidenchristen – „unter sie eingepfropft worden bist, so bist du mit der Wurzel und der Fettigkeit des Ölbaums mitteilhaftig geworden.“
Teilhabe bedeutet hier, was wir eben mit „Mitteilhaber“ gelesen haben. Gott hat das Volk gesegnet und ihm vieles versprochen für die Zukunft, materiellen und geistlichen Segen.
Wir sind Mitteilhaber, genau wie im Römerbrief beschrieben. Dort steht „Fettigkeit“. Fett ist im Alten Testament immer ein Zeichen für materiellen Reichtum und inneres Wohlergehen. Heute würden wir sagen: Leitprodukte, die man nicht zu viel essen sollte. Aber im Alten Testament ist Fett ein Zeichen für besonders gutes, wertvolles Essen.
Die „Fettigkeit“ des Ölbaums bedeutet Reichtum, die Segnung Gottes. Und wir sind eingepfropft, also eins geworden, wie bei einem Baum. Wenn dort eine edle Veredelung stattfindet, nimmt man die Wurzel von einem wilden Trieb und macht eine edle Veredelung hinein. Sie werden ein Baum. Man kann sie nicht mehr trennen – oder man kann, aber dann sind sie tot. Sie gehören zusammen.
Auch hier bedeutet „miteinverleibt“: Wir gehören dazu, sind Mitteilhaber der Verheißung, wir sind eins geworden.
Weiter lesen wir: „Dessen Diener ich geworden bin.“ Paulus bezeichnet sich hier als Diener des Evangeliums. Das ist in vielerlei Hinsicht interessant.
Er sagt nicht: Ich bin der große Meister und erzähle euch, wo es langgeht. Sondern er bezeichnet sich als Diener. Das war in der damaligen Zeit nicht so einfach wie heute. Heute sprechen wir von einer Dienstleistungsgesellschaft. Dabei fühlen wir uns nicht unbedingt in den Hintergrund gedrängt.
„Diener“ bedeutet aber etwas völlig anderes. Diener heißt so viel wie Leibeigener, Rechtloser, vollkommen Ausgelieferter. „Diener“ hier, lateinisch „dulus“, meint eigentlich Sklave. Niemand, der ein freier Bürger Roms war, hätte sich freiwillig so bezeichnet.
Paulus ordnet sich hier vollkommen unter. Er sagt: Ich gehe ganz auf in dem, was ich bin, nämlich dem Evangelium. Das, was ihr in mir seht, ist nicht mehr Paulus, sondern Jesus Christus durch das Evangelium. Deshalb nennt er sich Diener des Evangeliums.
Manche sagen heute: Ich bin Diener einer großen Sache geworden. Oder: Ich bin Diener des Staates. Im ursprünglichen Sinne meinte das, dass alles, was ich tue, nur noch für das Wohl des Staates ist. Heute denken Staatsdiener oft mehr an ihr eigenes Wohl und sind eher Diener ihrer eigenen Interessen, nicht des Staates.
Hier bedeutet „Diener“ aber noch viel mehr: totaler Sklave, total untergeordnet. Das, was Paulus ist, ist in erster Linie die Aufgabe, die Gott ihm gegeben hat: Diener des Evangeliums zu sein.
Das Evangelium ist natürlich die Botschaft von Jesus Christus und der Befreiung, die wir dadurch haben.
Dann lesen wir weiter: „Ich bin das geworden“, sagt Paulus, „nach der Gabe der Gnade Gottes, die mir nach der Wirksamkeit seiner Kraft gegeben ist.“
Jetzt kommt ein wichtiger Punkt, Vers 7. Paulus ist Diener geworden, und wodurch? Durch das Geschenk Gottes.
Das Wort, das hier als „Gabe“ steht, heißt eigentlich „Charismata“. Das ist das, was wir auch an Gnadengaben haben, etwa Zungenrede, Prophetie. An anderen Stellen wird dieser Begriff für Gnadengaben verwendet.
Im Römerbrief finden wir ihn zweimal. Damit ist die Erlösung durch Jesus Christus bezeichnet. Ein ganz wichtiger Gedanke, auch wenn wir uns mit Gnadengaben oder Gaben des Heiligen Geistes beschäftigen.
An den meisten Stellen im Neuen Testament meint „Charismata“ nicht die spektakulären Gaben wie Zungenreden oder Prophetie, sondern Gnadengaben im Allgemeinen. Wir wissen, dass Gott zu einem bestimmten Amt beruft und befähigt oder uns den Heiligen Geist gibt, uns errettet, von Sünde befreit und ewiges Leben schenkt. Das alles wird im Neuen Testament als „Charismata“ bezeichnet.
Hier ist es eine Gabe Gottes, dass Paulus diese Position als Diener ausüben kann.
Wir merken: Für die normale Welt ist das Unsinn. Da sagt einer: Ich bin Sklave Gottes, und das sei ein besonderes Geschenk Gottes. Stellt euch vor, jemand, der ganz verachtet in der Gesellschaft ist, freut sich darüber, Sklave zu sein, wegen eines Geschenks, das Jesus ihm gegeben hat.
Das kann man nicht vergleichen mit jemandem, der ein anderes Leben führt. Aber stellt euch vor, jemand, der verachtet wird, sagt: Ich bin Sklave und freue mich darüber. Ein besonderes Geschenk für die Sklaverei – eigentlich verrückt, das zu sagen. Aber genau das sagt Paulus hier.
Wir müssen sehen: So ist es oft auch bei uns. Die Stelle, an die Gott uns stellt, muss keine gloriose oder fantastische sein, auch wenn alle in der Welt auf uns schauen und auf das Wort warten, das wir sagen.
Es kann eine ganz einfache, niedrige, unbedeutende Stelle sein. Aber wir erkennen sie als Geschenk Gottes und sind froh und glücklich dabei.
Ich erinnere mich an eine Krankenschwester, die wir im Hauskreis hatten. Sie sagte, das Schlimmste, was sie immer hatte, war, als Krankenschwester die Töpfe zu spülen – nicht die Kochtöpfe, sondern die anderen Töpfe, die stinken. Niemand wollte das machen.
Irgendwann betete sie, dass Gott ihr diesen Platz geben möge. Sie wusste, dass es Gottes Platz ist, Menschen zu pflegen, und war froh darüber. Dann erkannte sie, dass auch das ein Geschenk Gottes ist, die Töpfe zu spülen.
Sie fing an, währenddessen Lieder zu singen. Das zog die Aufmerksamkeit der anderen auf sich, denn niemand wollte gerne die Töpfe spülen. Das war eine innere Veränderung, die Gott in ihr bewirkt hat.
Das ist eine besondere Gnade Gottes.
Also: Die Gnade Gottes, die mir nach der Wirksamkeit seiner Kraft gegeben worden ist. Das wollen wir hier jetzt nicht weiter behandeln.
Weiter in Vers 8: „Mir, dem allergeringsten von allen Heiligen, ist diese Gnade gegeben worden, den Nationen den unausforschlichen Reichtum des Christus zu verkündigen.“
Hier spricht Paulus wieder von Gnade. Erst spricht er von der Gnade, dass er eingesetzt wurde. Manchmal spricht er auch von der Gnade, dass wir Miterben geworden sind. Hier spricht er von einer anderen Gnade Gottes.
Die Gnade, den Nationen das Evangelium verkünden zu können. Warum gerade er? Weil er sagt: „Ich bin der allergeringste von allen Heiligen.“
Wir schlagen noch einmal zurück: Paulus sagt, warum er der allergeringste ist, im 1. Korinther 15, Vers 9. Dort geht es um die Auferstehung, und Paulus sagt: „Denn ich bin der geringste der Apostel, der ich nicht würdig bin, Apostel genannt zu werden, weil ich die Gemeinden Gottes verfolgt habe.“
Er meint das ehrlich. Es ist keine Floskel, wie wenn man manchmal sagt: „Ich bin ja gar nichts wert.“ Paulus meint es begründet. Er sagt: Ich bin wirklich nichts wert. Ich habe Jesus verfolgt, das Schlimmste, was man tun kann. Ich habe die Gemeinde verfolgt, Christen auf dem Gewissen, die gestorben und eingekerkert wurden.
Er ist nichts, aber trotzdem hat Gott ihn in seiner Gnade berufen. Er hat den Auftrag bekommen, den Heiden das Evangelium zu predigen.
Das ist hier gemeint, wenn er sagt: „Mir, dem allergeringsten der Heiligen, ist die Gnade gegeben worden.“
Und der unausforschliche Reichtum des Christus ist nicht irgendetwas. Natürlich könnten wir sagen, die Bibel ist unerforschlich – das steht ja auch im Psalm 119 und an vielen anderen Stellen im Neuen Testament.
Hier ist aber etwas ganz Bestimmtes gemeint: Der unausforschliche Reichtum des Christus ist die Liebe Gottes zu den Menschen, die Erlösung der Heiden. Das ist gemeint.
Das ist der unausforschliche Reichtum, das, was man nicht begreifen kann. Die Liebe Gottes geht weit über das hinaus, was man sich bisher erhofft oder gedacht hat.
Was soll Paulus damit tun? Er soll es verkündigen und ans Licht bringen. Bisher war es dunkel.
Er sagt weiter, was die Verwaltung des Geheimnisses ist: Es war von den Zeitaltern her in Gott verborgen, der alle Dinge geschaffen hat.
„Verborgen“ bedeutet, die Leute haben es nicht gesehen. Paulus knüpft hier an den Gedanken aus Kapitel 1 an: Es gab die Erwählung, das ist das Zweite, was dahintersteckt.
Das, was jetzt erscheint und ans Licht kommt, war eigentlich schon lange da, nur die Leute haben es nicht gesehen. Sie waren blind dafür.
Erinnert euch an Johannes 1, wo steht: Die Welt war in der Finsternis, und dann kam das Licht in die Finsternis. Die Finsternis wollte es nicht.
Das ist dasselbe Bild. Die Leute sind finster und tappen umher. Der Heilsplan Gottes ist schon da. Dann kommt das Licht, und sie können ihn erkennen. Manche Menschen wenden sich davon ab.
Damit jetzt die mannigfaltige Weisheit Gottes erkannt wird, hier wieder die Weisheit Gottes, der Plan Gottes nach dem ewigen Vorsatz.
Wir sehen also: ewig, das, was schon lange war, hat Gott verwirklicht in Christus Jesus, unserem Herrn.
Der Vorsatz, den Gott hatte – wir haben schon genannt, dass als die Zeit erfüllt war, Gott seinen Sohn sandte – alles war schon geplant. Alles hat darauf hingedeutet.
Aber weder der Teufel noch die Menschen wussten das. Der Teufel meinte, seinen Triumph schon zu haben, als er Jesus am Kreuz sterben sah.
Zugang und Freimütigkeit durch den Glauben an Christus
In ihm haben wir Freimütigkeit, Zugang und Zuversicht durch den Glauben an ihn.
Freimütigkeit und Zugang bedeuten hier Folgendes: Stellt euch vor, ihr seid Bekannte eines Popstars oder Fußballstars, ihr seid enge Freunde. Was ist dann? Dann könnt ihr jederzeit zu ihm gehen. Genau das ist hier gemeint. Durch unsere neue Position können wir jederzeit zu Gott gehen – Gott, der Prominente, der über allen Königen der Könige und Herrschern der Herrscher steht. Zu ihm haben wir Zugang durch den Glauben an ihn.
Freimütigkeit heißt natürlich auch, dass wir nicht klein beigeben müssen. Wir können uns innerlich frei fühlen, zu ihm zu gehen, ohne Hemmungen. Auch wenn wir gesündigt haben, können wir frei zu ihm gehen, es ihm bekennen, und er vergibt uns. Wir müssen uns nicht wie Adam und Eva irgendwo unter den Blättern verstecken, bis Jesus oder Gott uns herausholt. Stattdessen können wir frei zu ihm gehen. Beichten bedeutet natürlich nicht, dass wir deshalb leichter sündigen sollen, sondern dass wir einen guten Vater haben. Auf diese Vaterschaft wird gleich noch eingegangen.
Ein kurzes Wort zum Glauben: Glauben wird oft missverstanden. Der hier gemeinte Glaube ist „pistoia“, also Zugang durch den Glauben. Glauben bedeutet nicht Einbildung. Manche Menschen sagen: „Ich kann nicht glauben“, und meinen damit, sie können es sich nicht einbilden. Sie haben Zweifel, ob es wirklich so ist. Manche meinen, wer sich am intensivsten einbilden kann, dass Gott existiert, sei der Errettete – das ist ein großer Irrtum.
Es gibt viele Menschen um uns herum, die daran glauben, dass es einen Gott gibt. Aber sie glauben nicht an Gott – und das ist ein großer Unterschied. Sie glauben, dass es einen Gott gibt. Statistische Erhebungen in Deutschland zeigen, dass etwa sechzig Prozent glauben, dass es einen Gott gibt. Das rettet aber nicht. Selbst wenn ich weiß, dass es einen Gott gibt, rettet mich das nicht. Selbst wenn ich weiß, dass Jesus für meine Sünden gestorben ist, rettet mich das nicht.
Glauben – dieses Wort wird in manchen neueren Bibelübersetzungen auch als Vertrauen übersetzt, und das ist der entscheidende Punkt. Vertrauen zeigt sich immer im Vollzug. Wenn ich meiner Frau sage, ich vertraue dir vollkommen, aber ihr nicht den Autoschlüssel gebe, dann ist das kein echtes Vertrauen. Ich kann es zwar verbal sagen, aber es hilft nichts.
Ich gebe meinen Schülern gern ein extremes Beispiel: Der Teufel weiß, dass es Gott gibt und dass Jesus für die Sünden gestorben ist. Ist er deshalb der beste Christ? Nein! Wenn Glauben nur eine schwächere Form des Wissens wäre, müsste er der vorbildlichste Christ sein. Aber das ist er nicht, weil er nicht das vertrauensvolle Hingeben an Jesus Christus hat. Das ist der Kern des Glaubens.
Glauben bedeutet nicht Einbildung, also dass wir uns eine Suggestion vorsagen müssen: „Gott ist da, Gott ist da, Gott liebt dich, Gott liebt dich.“ Nein! Das ist eine Voraussetzung, dass wir erst einmal sagen: „Gut, es könnte so sein.“ Dann tun wir den vertrauensvollen Schritt und vertrauen unser Leben Gott an.
Wenn ich Jesus bitte, mir meine Sünden zu vergeben, tue ich das im Vertrauen, dass er es auch tut. Ich vertraue ihm, dass er zuverlässig ist – das ist hier gemeint. Ein ganz wichtiger Punkt: Das ist hier durch den Glauben an ihn.
Deshalb bittet Paulus, nicht mutlos zu werden angesichts seiner Bedrängnis für euch, die eure Ehre sind. Er sagt also, wir haben Zugang zu Jesus, und er zeigt den großen Plan Gottes. Warum tut er das Ganze? Damit ihr nicht mutlos werdet.
Stellt euch vor, euer großer Prediger, auf den ihr so viel Vertrauen gesetzt habt – euer Gemeindeleiter, oder sagen wir, Billy Graham, das Vorbild für alle Evangelikalen in Amerika – sitzt plötzlich im Gefängnis. Alle haben Angst: Wenn der schon eingesperrt ist, wer wird uns dann noch helfen? Wir wissen nicht mehr, was wir tun sollen, wie eine aufgescheuchte Herde. Da sagt Paulus: Denkt daran, Gott ist der, der alles hintersteht. Nicht ich bin es, auf den es ankommt. Da ist der große Plan Gottes. Deshalb könnt ihr Zuversicht und Mut haben. Ihr sollt nicht mutlos werden.
„Durch meine Bedrängnis für euch, die eure Ehre sind“ – darüber haben viele schon nachgedacht, was das heißt. Einerseits könnte es bedeuten, dass die Bedrängnisse eine Ehre für euch sind. Paulus leidet für euch, und vor Gott ist es eine Ehre, für andere zu leiden. So könnte man es verstehen. Man könnte die Verse aber auch anders übersetzen: Es ist eine Ehre für euch, nämlich, dass ihr nicht mutlos werdet. Wenn ihr euren Mut verliert, ist das keine Ehre vor Gott und auch nicht für euch. Wenn ihr aber in dieser Situation Mut beweist und bei Gott bleibt, dann ist das vor Gott, der das sieht, und auch vor den Menschen eine Ehre. Ihr zeigt nach außen hin, dass ihr für die unsichtbare Welt ein Bild seid.
Auf die unsichtbare Welt kommt Paulus gleich noch einmal zu sprechen. Sie spielt eine wichtige Rolle in unserem Leben. Ich lese weiter: „Deshalb beuge ich meine Knie.“
Kniebeugen sind ein Zeichen der Demut. Im Alten Testament betete man oft mit erhobenen Händen, ähnlich wie es die Charismatiker tun. Auch das Auf-die-Knie-Fallen war ein Zeichen der Demut und vollkommenen Unterordnung: Man legte sich flach auf die Erde, als Zeichen, dass man sich ganz unterordnet. So ehrte man auch die Kaiser und Könige im Alten Orient.
Hier wirft sich Paulus vor dem Vater nieder. Wir könnten viel darüber nachdenken, was es bedeutet, dass Jesus unser Vater ist. Das wäre sehr spannend. Vielleicht heben wir das ein anderes Mal auf. Hier sagt Paulus: „Von dem jede Vaterschaft im Himmel und auf Erden benannt wird.“ Er wirft sich also vor dem Vater nieder.
Im Vaterunser heißt es: „Geheiligt werde dein Name.“ Welcher Name ist das? Es ist der Vater, den wir anbeten. Dass wir Gott als Vater bezeichnen können, ist eine neue Offenbarung. Im Alten Testament kommt es nur selten vor, dass Gott als Vater des Volkes Israel bezeichnet wird. Hier ist es so: Wir können Gott als Vater ansprechen. Das ist etwas ganz Neues, das Jesus bringt.
Wir sind nicht mehr Knechte, sagt Paulus zum Beispiel im Römerbrief, wo er Knechte und Freie gegenüberstellt. Stattdessen können wir frei zu Gott Vater sagen. Das ist hier nur ein kleiner Abschnitt, aber Paulus meint: Alle Vaterschaft auf Erden ist nur ein schwaches Abbild dessen, was Gott ist. Gott ist der vollkommene Vater.
Umgekehrt sagt Paulus auch: Wenn wir Väter auf der Erde sind, dann sollen wir uns an Gott als Vorbild nehmen, wie er sich uns als Christen zuwendet. Das will er hier sagen. Alle Vaterschaft auf Erden ist ein Abbild. Einerseits bedeutet das, dass Gott viel größer ist – wir haben nur ein Abziehbild davon. Andererseits sollen wir motiviert sein, dem nachzueifern, was Gott tut.
Paulus fährt fort: „Er gebe euch nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit mit Kraft gestärkt zu werden durch seinen Geist am inneren Menschen.“ Sie sollen gestärkt werden, auch in ihrer Mutlosigkeit, durch die Kraft Gottes – hier sehen wir den Heiligen Geist, der uns ermutigt. Selbst wenn die äußeren Situationen schlecht sind, können wir innerlich motiviert bleiben und weitermachen.
„Dass Christus durch den Glauben in euren Herzen wohne.“ Hier merken wir wieder: Es kommt nicht darauf an, was wir tun. Glaube ist keine Einbildung, sondern Jesus Christus wohnt in uns und lebt mit uns. Wie tut er das? „Indem ihr in Liebe gewurzelt und gegründet seid.“ So kommt die Liebe in uns.
In welcher Situation schreibt Paulus das? In der Verfolgungssituation. Ihr sollt sogar die lieben, die euch verfolgen. Ihr sollt die Judenchristen lieben, ihr sollt die Heidenchristen lieben, ihr sollt die lieben, die euch auf die Nerven fallen. Nicht aus euch heraus, sondern weil Gott sie erwählt hat und eingepflanzt hat. Sie sind Miterben, und wir gehören zusammen.
Paulus schreibt weiter: „Warum sollt ihr sie lieben? Damit ihr imstande seid, mit allen Heiligen völlig zu erfassen, was die Weite, Breite, Höhe und Tiefe der Gnade ist.“ Welche Höhe, Breite, Tiefe? Die von dem, was Gott offenbart hat, nämlich der Liebe.
Höhe, Breite, Tiefe – das wird oft mit dem Kreuz erklärt, also der horizontalen und vertikalen Linie, Verbindung zu Gott und zu den Menschen. Sicherlich steckt das auch hier drin. Aber vor allem will Paulus sagen: So groß ist Gottes Größe. Er benutzt verschiedene Worte, um das auszudrücken. Früher sprach man von den vier Weltenden oder den vier Himmelsrichtungen. Paulus sagt: Von überall. Egal ob ihr nach oben, unten, rechts oder links geht – überall ist die Größe der Liebe Gottes unermesslich. Das will er uns vor Augen führen.
Wann können wir diese Größe und Liebe Gottes erkennen? Wenn Christus in uns wohnt und wir diese Liebe auch gegenüber den Menschen praktizieren, mit denen wir zusammenleben. Sonst bleibt es nur ein akademischer Gedanke im Kopf. Erst wenn das im Leben ist, sind wir imstande, mit allen Heiligen – und alle Heiligen meint auch diejenigen, die uns auf die Nerven fallen, die Heidenchristen und Judenchristen – die Größe Gottes zu erkennen.
Habt ihr das nicht schon einmal erfahren? Ich erinnere mich an eine Reise, die ich geleitet habe, eine Jugendreise nach Norwegen. In Oslo sah ich ein kleines Schild auf einem Auto, sprach die Leute an, die zur Heilsarmee gehörten, und wir hatten sofort einen innigen Kontakt, als ob wir uns schon lange kennen würden. Kurz darauf traf ich eine Jugendgruppe in der Fußgängerzone, die auf Norwegisch missionierte. Wir stellten uns dazu, sangen und sprachen mit. Wir gehören zusammen.
So erleben wir etwas von dieser umfassenden Liebe Gottes. Alle Völker und Nationen ruft er heraus. Das ist hier gemeint: Die Erkenntnis der übersteigenden Liebe Christi.
Paulus schreibt weiter: „Damit ihr erfüllt werdet von der ganzen Fülle Gottes, also auch der Liebe, damit er über alles hinaus tun kann, mehr als wir erbitten oder erdenken, gemäß der Kraft, die in uns wirkt, der Kraft des Heiligen Geistes.“ Ihm sei die Herrlichkeit der Gemeinde und in Jesus Christus auf alle Geschlechter hin in Ewigkeit. Amen.
Paulus ist so begeistert von der Liebe Gottes, die uns verbindet, dass er hier einen großartigen Abschluss macht. Manche kritischen Theologen sagen, der Brief sei geteilt, weil das wie ein neuer Abschnitt wirkt. Ein Theologe namens Schmidt meint, es seien zwei Briefe. Das ist es aber nicht. Paulus fasst hier nur zusammen und lässt die Liebe Gottes überfließen – so toll ist sie.
Ich würde gern noch mehr dazu sagen, aber wir sind beim ersten Durchgang schon stecken geblieben. Das macht nichts. Ich hoffe, euch ist der Text ein bisschen vertrauter und nähergekommen.
Lasst uns beten. Die Brote warten auf euch. Wir treffen uns dann gegen elf Uhr fünf nach elf. Heute fahrt ihr vielleicht weniger Karussell, das haben wir eingespart. Ich hoffe, ihr seid mir nicht böse, sonst muss ich euch vielleicht ein Ersatzkarussell bezahlen.
Wir beten jetzt miteinander, dann entlasse ich euch. Sucht eure Sachen, schmiert eure Brote und dann treffen wir uns um fünf nach elf auf den angegebenen Plätzen unten und oben.
Herr Jesus Christus, ich danke dir, dass du mir diese Frage beantwortest...