Viele von uns kennen das Buch der Pilgerreise. Darin gibt es den Hauptcharakter Christ und einen seiner Weggefährten, Hoffnungsvoll. Gegen Ende des Buches stehen sie kurz vor den Toren der himmlischen Stadt. Doch bevor sie eintreten können, müssen sie noch einen Fluss überqueren. Das ist gewissermaßen die letzte Hürde oder Prüfung.
Sie lernen, dass die Tiefe des Flusses davon abhängt, wie sehr man dem König der Stadt vertraut. Je größer das Vertrauen, desto flacher erscheint der Fluss. Hoffnungsvoll hat keine Schwierigkeiten, den Fluss zu überqueren. Er spürt den Boden und für ihn ist das kein Problem. Christ hingegen wird plötzlich von Todesangst gequält. Er verzagt und beginnt zu sinken.
Der Grund für seinen Schrecken sind die Gedanken an die Sünden, die er begangen hat – sowohl vor seiner Pilgerreise als auch danach. Hoffnungsvoll versucht, seinen Bruder in diesem Moment mit aufmunternden Worten zu stärken. Ich zitiere direkt aus dem Buch:
„Die Not und Qual, durch die du in diesem Wasser gehst, ist kein Zeichen dafür, dass Gott dich verlassen hat, sondern gesandt, um dich zu prüfen. Es geht darum, ob du dich an all das erinnerst, was du bisher aus seiner Güte empfangen hast, und in deiner Not auf ihn vertraust.“
Christ hört diese Worte und erhält neue Kraft. Gemeinsam mit Hoffnungsvoll überquert er den Fluss erfolgreich. Beide gelangen in die himmlische Stadt.
Unsere Vergangenheit quält uns oft, verurteilt und verdammt uns. Doch das muss nicht so sein. Gott will uns Zuversicht schenken. Ich möchte beten, dass Gott uns hilft, durch diese Stelle genau das zu erfahren.
Eröffnung und Gebet zum Thema Zuversicht
Vater, ich danke dir für diesen Morgen, den du uns geschenkt hast. Ich danke dir, Herr, für die Wahrheiten, die wir bereits durch die Lieder, die Gebete und die Textlesung hören durften.
Herr, wir beten, dass du uns auch jetzt in der Predigt durch dein Wort Zuversicht zusprichst. Amen.
Letzte Woche haben wir über den Tod und das Begräbnis von Jakob gehört. Nach ein paar Wochen ist die Trauerperiode vorbei, die Familie beginnt langsam, den Verlust zu verarbeiten. Der Alltag kehrt zurück, doch damit kommen auch Sorgen bei Josephs Brüdern auf.
Wir lesen gleich zu Beginn unserer heutigen Textstelle, also 1. Mose 50,15: „Die Brüder Josefs aber fürchteten sich, als ihr Vater gestorben war, und sprachen: ›Josef könnte uns zürnen und uns alle Bosheit vergelten, die wir an ihm getan haben.‹“
Aus welchem Grund auch immer, die Brüder sind der Meinung, dass Josef immer noch verbittert gegen sie ist. Das, obwohl wir in Kapitel 45 bereits die Versöhnung zwischen Joseph und seinen Brüdern gesehen haben. Sie hatten sich umarmt und miteinander gesprochen.
Die Brüder denken, dass Josef nur wegen des Vaters Jakob bisher nichts gegen sie unternommen hat. Nun aber, da Jakob nicht mehr da ist, befürchten sie, dass sich das ändern könnte.
Deshalb werden sie aktiv und wollen Joseph zuvorkommen. Sie haben eine Idee, mit der sie hoffen, Josefs Zorn in Schach zu halten.
Die Angst der Brüder und ihr Versuch der Schadensbegrenzung
Davon lesen wir in Vers 16 und 17: Darum ließen sie ihn sagen: „Dein Vater befahl vor seinem Tod und sprach: So sollt ihr zu Josef sagen: Vergib doch deinen Brüdern die Missetat und ihre Sünde, dass sie so übel an dir getan haben. Nun vergib doch diese Missetat den Dienern des Gottes deines Vaters.“
Ob diese Worte wirklich von Jakob stammen, ist eher fragwürdig. Die Logik dahinter ist jedoch klar: Sie wissen, wie sehr Josef seinen Vater liebte und ehrte. Wenn Josef also von dem letzten Wunsch ihres Vaters hört, wird er sich zweimal überlegen, bevor er gegen sie vorgeht.
Menschlich kann ich die Sorge der Brüder gut nachvollziehen. Ich hätte auch meine Fragen, ob wirklich alles zwischen uns in Ordnung ist. Schließlich hatten sie Josef als Siebzehnjährigen, also noch nicht einmal erwachsen, von Familie und Heimat gerissen und ihn als Sklaven verkauft. Nur wegen dieser Brüder war Josef dreizehn Jahre lang Sklave im Haus Potifars und später noch im Gefängnis.
Kann er ihnen wirklich alles vergeben haben? Das wäre zu einfach, das glauben wir nicht. Und sie gehen nicht einmal selbst zu Josef, wie wir gelesen haben. Stattdessen lassen sie ihm diese Botschaft überbringen. Sie wollen erst einmal aus der Distanz sehen, wie Josef reagiert oder reagieren würde.
Am Ende von Vers 17 und in Vers 18 lesen wir: „Aber Josef weinte, als sie solches zu ihm sagten. Und seine Brüder gingen hin und fielen vor ihm nieder und sprachen: Siehe, wir sind deine Knechte.“
Erst nach der vielversprechenden Reaktion von Josef trauen sie sich, zu ihm zu gehen. Doch selbst dann können sie sich nichts Besseres erhoffen, als als Sklaven angenommen zu werden. Ein bisschen wie das Prinzip „Auge um Auge“: Haben sie ihn als Sklaven verkauft, ist das auch das, was sie verdienen und erwarten können.
Die Last der Vergangenheit und die Schwierigkeit der Versöhnung
Es ist auffällig, dass sich die Brüder so verhalten, obwohl Joseph sich ihnen preisgegeben hat – wohlgemerkt vor siebzehn Jahren. Seitdem hat Joseph sie nur wohlwollend behandelt. Ich glaube, das gibt uns einen Einblick in die Seele der Brüder. Ihre Sünde, ihre bösen Taten von damals, lassen sie nicht los. Es geht ihnen nach, es verdammt sie. Vielleicht verdammen sie sich sogar selbst und projizieren das nur auf Joseph.
Auch Josefs Reaktion zeigt, wie schwer diese Vergangenheit auf der Familie, auf der ganzen Familie, lastete. Es ist ihm nicht egal. Er weint. Die Beziehung zwischen Joseph und seinen Brüdern war selbst 17 Jahre nach der Versöhnung und der Wiedervereinigung der Familie noch belastet. Er merkt wahrscheinlich, dass sie diese Vergangenheit nicht vollständig verarbeitet haben. Aus diesem Grund fühlen sie sich miteinander noch nicht hundertprozentig wohl.
Für seine Brüder steht die Frage im Raum: Hat er uns wirklich vergeben? Für Joseph ist es spürbar, dass noch eine Distanz zwischen ihm und seinen Brüdern besteht. Er kann eine vollständige Beziehung mit ihnen noch nicht genießen. Die Sünde der Brüder belastet die ganze Familie weiterhin.
Vielleicht kennen wir das, vielleicht kennt ihr das. Vielleicht gibt es Dinge in eurer Vergangenheit, wegen denen ihr euch schämt. Dinge, die ihr getan habt und die euch noch sehr belasten. Vielleicht war es eine kaputte Beziehung, sehr schlechte Entscheidungen oder sündhaftes Verhalten, deren Konsequenzen noch immer spürbar sind. Diese Dinge lassen euch nicht los.
Ihr habt schon Buße getan. Ihr habt versucht, Dinge zu reparieren und zu bereinigen. Aber ihr merkt, manches kann man einfach nicht ungeschehen machen. Insofern urteilen wir oft über uns selbst. Wir kommen darüber nicht hinweg. Es verfolgt uns. Wir walzen uns im Schlamm von Scham und Schuld. Wir meditieren darüber: Hätte ich nur dies oder jenes nicht getan, hätte ich nur das doch getan.
Oft lassen wir zu, dass diese Dinge uns definieren. Wir glauben, dass unsere vergangenen Taten uns eine Identität geben. So zweifeln wir daran, dass es für uns Gnade oder Hoffnung geben kann.
Wir sind oft die Sünder, aber manchmal sind wir auch Opfer von Sünden – wie Joseph. Wir wurden wirklich verletzt. Vielleicht war das eine Mutter, die für mich nicht da war. Vielleicht ist es ein Vater, der mich misshandelt hat. Vielleicht ist es eine Beziehung, die sehr ausbeuterisch war, und ich leide immer noch unter den Folgen.
Du hast diese Dinge dem Herrn anbefohlen. Du hast womöglich sogar klärende Gespräche geführt. Du willst keine schlechten Gefühle mehr haben, aber sie lassen dich nicht los. Du empfindest einen ständigen Kampf gegen Verbitterung und hast den Eindruck, dass du öfter verlierst als gewinnst.
Auch nach Jahren wühlen dich diese Emotionen kräftig auf – manchmal völlig unerwartet. Wir meinten, sie verarbeitet zu haben, aber dann, wie aus dem Nichts, kommen die Emotionen mit voller Kraft zurück. Trotz Buße und Vergebung belastet die Vergangenheit dich immer noch.
Unter uns sind auch einige jüngere Geschwister, die sich in der Vergangenheit verliebt haben oder Sympathien entwickelt haben. Ohne euch Böses zu wünschen, ist es sehr wahrscheinlich, dass ihr auch das eine oder andere erleben werdet: Enttäuschungen, die ihr selbst erlebt, oder Fehler, die ihr gemacht habt.
Daher ist das auch für euch relevant, auch wenn ihr jung seid und solche Erfahrungen noch nicht gemacht habt. So könnt ihr das richtig einordnen, wenn euch im Leben eine böse Überraschung trifft.
Gottes Vorsehung als Quelle des Trostes
Die Frage ist: Wie ordnen wir das ein? Wie ordnen wir solch eine Vergangenheit ein?
Ich glaube, diese Stelle zeigt uns zwei Dinge. Das erste davon ist der Trost, den wir in Gottes Vorsehung finden – der Trost in Gottes Vorsehung.
Josefs Brüder knien vor ihm, alle schauen gespannt auf ihn. Was wird er jetzt tun? Bestenfalls hoffen sie vielleicht auf eine Belehrung, aber sehr wahrscheinlich wird es mehr sein. Stattdessen hören sie Worte des Friedens und Wohlwollens.
Ich lese Verse 19-21: „Josef aber sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Stehe ich an Gottes Statt? Ihr dachtet es böse mit mir zu machen, aber Gott gedachte es gut zu machen, um zu tun, was jetzt am Tage ist, nämlich am Leben zu erhalten ein großes Volk. So fürchtet euch nun nicht! Ich will euch und eure Kinder versorgen.“ Und er tröstete sie und redete freundlich mit ihnen.
Zweimal versichert Josef seinen Brüdern: „Fürchtet euch nicht, fürchtet euch nicht!“ Ja, diese Worte stehen am Anfang und am Ende, und dazwischen gibt er den Grund seines Wohlwollens an. Interessant ist, dass dieser Grund nicht auf ihn selbst zentriert ist. Er weist sie auf die Vorsehung Gottes hin, auf die Souveränität Gottes.
Wir lernen, dass damit Josef getröstet wurde, und damit will er seine Brüder trösten.
Josef erkennt zuerst, dass er nicht Gott ist. In seinen Augen wäre es anmaßend, ein endgültiges Urteil über seine Brüder zu fällen. Das wäre, als würde er Gottes Platz einnehmen wollen, als würde er sich als Richter über alle Geschehnisse stellen.
Oft meinen wir, Umstände in unserem Leben umfassend beurteilen zu können. Aber wir Menschen sehen nie das ganze Bild. Mit unseren begrenzten Einblicken sind wir nicht in der Lage, alle Geschehnisse unseres Lebens richtig einzuordnen. Es ist wichtig, dass wir das wissen und erkennen.
Lasst uns nicht vorschnell Umstände deuten und dementsprechend endgültige Urteile fällen. Demut und Vertrauen sind erst einmal geboten, wie wir hier bei Josef auch sehen. Er ist nicht ein Gottesstaat, er hat nicht alles Wissen oder alles gesehen. Er ist nicht der Richter.
Die zentrale Botschaft: Gottes souveräne Absicht im Leid
Aber dann kommt die zentrale Aussage dieses Punkts, vielleicht sogar die zentrale Aussage der ganzen Josefsgeschichte. Er sagt in Vers 20: „Ihr dachtet, es böse mit mir zu machen, aber Gott gedachte, es gut zu machen.“
Es ist absolut wichtig, dass wir hören, was Josef hier sagt – und was er nicht sagt. Josef sagt nicht: „Ihr habt Böses gemeint, aber Gott hat das Böse zum Guten geändert.“ Josef sagt auch nicht, dass Gott es anders gemacht hätte, aber die Menschen haben es so gemacht, und Gott konnte weiser darauf reagieren und hat es zum Guten irgendwie noch gewendet.
Nein, das ist nicht, was Josef sagt. Was Josef sagt, ist: Gott gedachte es. Ja, also wenn man so will: Ihr beabsichtigtet gegen mich Böses, aber Gott beabsichtigte, das Böse zum Guten zu wenden.
Die Brüder begingen die Sünde. Sie haben gegen Gottes Gebote verstoßen, sie agierten als freie Akteure gegen Gottes offenbarten Willen. Und Gott war mit ihrer Sündhaftigkeit nicht zufrieden – das sagt Josef zu seinen Brüdern. Aber Gott brachte Josef nach Ägypten.
Gott ist aktiv, er ist nicht einfach reaktiv. Gott ist der Aktive hier. Er ist nicht der Autor der Sünde der Brüder, aber er steht über dieser Sünde und gebraucht diese Sünde für seine Zwecke. Die Sünde der Brüder fügte sich in Gottes souveränen Plan, so dass am Ende genau das passiert, was Gott wollte.
Viele Menschen meinen, Gott entschuldigen oder verteidigen zu müssen, wenn schlechte Dinge passieren. Sie leugnen ab, dass Gott damit etwas zu tun haben könnte. Das habe ich sehr oft letztes Jahr erlebt, und das hört man auch weiterhin im Hinblick auf Corona. „Gott hat damit nichts zu tun.“
Aber das ist weder der biblischen Offenbarung gerecht, noch ist es wirklich tröstend, wenn man darüber wirklich nachdenkt. In diesem Fall werden wir der Macht des Bösen ausgesetzt, ohne eine feste Zuversicht zu haben, dass am Ende Gott gewinnt. Denn diese Sicht lässt die Möglichkeit zu, dass Gott einmal richtig überrumpelt werden kann und keinen weisen Weg findet, Dinge noch einmal zu wenden.
Aber, ihr Lieben, wir können Zuversicht haben, wenn wir glauben, dass alles sich Gottes Plan und Wirken unterordnet. Josef erkannte, dass das alles nur mit ihm passiert ist, letztlich weil Gott es wollte.
Aber das ist noch kein Trost. Josef hat sehr viel gelitten, weil Gott es wollte. Der Trost ist im nächsten Teil von Vers 20, „um zu tun, was jetzt am Tage ist“, nämlich am Leben zu erhalten ein großes Volk. Gottes übergreifender Plan war einer der Errettung.
Er meinte es gut, nicht nur mit Josef, sondern mit seiner ganzen Familie. Wäre Josef gerettet – das ist Freude. Seine ganze Familie noch dazu gerettet – das ist noch besser.
Josef erkannte, dass all sein Leid ein herrliches Ende und einen herrlichen Sinn hatte. Es war nicht sinnlos. Das ist Trost für ihn. Aber darin sieht Josef auch einen Trost für seine Brüder. Ihre Sünde hat Gott nicht überrascht. Ihre Sünde hat Gottes Pläne nicht durcheinandergebracht.
Ganz im Gegenteil: Durch ihre Sünde wirkte Gott ihre Errettung. Bevor sie sich überhaupt zu ihm wandten, hatte Gott schon angefangen, ihre Errettung vorzubereiten. Und ja, er hat ihre Sünde sogar dazu gebraucht.
Gottes Errettungsplan trotz menschlicher Sünde
Gott war für sie und wirkte für sie, bevor sie sich dessen überhaupt bewusst waren – und das, obwohl sie noch böse Sünder waren. Das ist ein beeindruckender Gedanke. War es nicht auch so mit unserer Errettung?
In Apostelgeschichte 4 lesen wir ein Gebet der Jerusalemer Gemeinde, in dem sie im Grunde dieselbe Aussage treffen – allerdings über einen noch größeren Joseph, nämlich über Jesus Christus. In Kapitel 4, Vers 27 heißt es: „Denn wahrhaftig haben sie sich versammelt in dieser Stadt gegen deinen heiligen Knecht Jesus, den du gesalbt hast, Herodes und Pontius Pilatus mit den Heiden und den Stämmen Israels.“
Hier kommen also die ganze Welt, Juden und Heiden, zusammen, um gegen Jesus vorzugehen. Sie haben gesündigt. Doch Vers 28 sagt: „Sie haben getan, was deine Hand und dein Ratschluss zuvorbestimmt haben, dass es geschehen sollte.“ Sie begehen ihre Sünde, aber letztlich erfüllen sie Gottes Pläne und seinen Ratschluss.
Wahrscheinlich war die größte Sünde der Menschheitsgeschichte – der Mord an dem Sohn Gottes – gleichzeitig der größte Akt der Errettung Gottes für alle Menschen, die diese Rettung annehmen. Denn durch den Tod Jesu am Kreuz hat Gott für uns ein stellvertretendes Opfer gegeben. Dieses Opfer nimmt die Strafe für alle, die sich im Glauben an ihn wenden.
Das war kein Notplan, kein Plan B, sondern Gottes Ratschluss vor Grundlegung der Welt. Die Sündhaftigkeit der Menschen – auch deine und meine – durchkreuzt Gottes Plan nicht. Sie überrascht ihn nicht, sondern ist ihm untertan. Sie hindert Gott nicht daran, seine Errettung zu vollenden.
Diese Errettung bietet er jedem an, der sie annehmen will. Denke nicht, deine Sünde sei zu groß, als dass Gott einen Menschen mit deiner Vergangenheit nicht annehmen könnte. Gott ist größer als deine Sünde und steht darüber. Sie überrascht ihn nicht und überrumpelt ihn nicht. Seine Errettung und seine Gnade hat er für alle bereitgestellt, die sich im Glauben ihm zuwenden – und das, obwohl er wusste, was wir sein würden und was wir in unserem Leben alles begehen würden.
Lass deine Vergangenheit dich nicht davon abhalten, zu Gott zu kommen, um Vergebung und Errettung in Jesus Christus zu finden. Wenn wir diese annehmen, gibt es laut der Bibel keine Verdammnis mehr.
Ich möchte einladen, diesen Herrn kennenzulernen, falls du ihn noch nicht kennst. Glaube an ihn und vertraue ihm – er hat viel Gnade.
Gottes souveräne Heiligung und unser Umgang mit Schuld
Aber auch dich, Chris, möchte ich ermutigen: Auch Sünden, die wir als Christen begangen haben, halten Gottes Pläne nicht auf. Über diese Sünden ist Gott ebenfalls souverän. Tatsächlich gebraucht er in seinem souveränen Handeln die Konsequenzen deiner Sünde oft als Instrument der Heiligung.
Er lässt die Konsequenzen oft schmerzhaft sein, und seine Disziplin kann manchmal sehr hart sein. Doch dies geschieht nicht, um uns zu verurteilen, sondern um uns zu läutern. Die Bibel verwendet häufig das Bild von Silber, das schmutzig ist und ins Feuer gelegt werden muss, um gereinigt zu werden.
Gott handelt so, damit wir in Gottseligkeit wachsen, damit wir wirklich mit unserer Sündhaftigkeit fertig werden und in der Heiligung voranschreiten. Wir müssen uns nicht weiter in Scham und Schuld suhlen. Wir brauchen deshalb keine Strafe oder Verdammnis zu fürchten. Stattdessen können wir auch den Schmerz dankbar annehmen, weil Gott an uns arbeitet – durch die Schwierigkeiten und Probleme.
Ich hoffe, dass uns allen klar ist, dass dies das Sündigen natürlich nicht entschuldigt. Es entlastet uns nicht von unserer Verantwortung. Gott findet unsere Sünde weiterhin schlecht und ruft uns zur Umkehr auf. Doch unsere Sünde muss uns nicht belasten, verdammen oder in Verzweiflung stürzen.
Wie Joseph sagt, richtet Gott an diejenigen, die durch den Glauben zu ihm gehören, die Worte: Fürchte dich nicht, fürchte dich nicht. Er spricht freundlich mit uns. Er hat Gedanken des Friedens und des Wohlwollens für uns.
Trost für Opfer und die Macht Gottes über das Böse
Und für Opfer von schweren Sünden ist das Wissen um Gottes Souveränität ebenfalls ein großer Trost – so wie es für Josef war. Das Böse ist nicht willkürlich, sondern hat einen Sinn. Es ist auch nicht allmächtig, sondern geschieht nur, wenn Gott es zulässt. Böse ist nicht allmächtig; Gott aber ist allmächtig. Erinnern wir uns daran!
Wenn Gott das Böse zulässt, hat er damit etwas Gutes für seine Kinder vor. Wir werden dies nicht immer sofort erkennen. Vielleicht werden wir manches erst in der Ewigkeit verstehen und begreifen, warum es so war. Manchmal dauert es wirklich lange, bis wir überhaupt beginnen, einen Sinn in all dem zu sehen. Bei Josef hat es mehr als zwanzig Jahre gedauert.
Doch wir können sicher sein, dass alles zum Guten dient, wenn wir Gottes Kinder sind. In der Textlesung aus Römer 8, Vers 28, haben wir diese Worte gehört, die viele von uns so gut kennen. Ich hoffe, sie sind auch tief in unseren Herzen verankert: Wir wissen, dass allen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen – denen, die nach seinem Ratschluss berufen sind.
Nicht nur manche Dinge, nicht nur einige, sondern alle Dinge dienen zum Besten – auch die bösen Ereignisse, weil Gott darüber steht. Mit diesem Wissen können wir Schwierigkeiten ganz anders begegnen. Wir können sie aus Gottes Hand erwartungsvoll annehmen, auch wenn sie wehtun. Denn wir wissen, dass sie zum Guten für uns sind und sehr oft auch für andere – genauso wie das Leid von Josef zum Segen vieler wurde und Jesu Leid in noch viel größerem Maße.
Es ist schön zu sehen, dass Menschen, die viel in ihrem Leben gelitten haben, oft ein großer Segen für diejenigen sind, die gerade in ihrem Leid stecken. Sie wissen, was sie sagen können, und wie man ermutigt. Egal, ob wir als Schuldige dastehen oder als Opfer – und wir sind beides, ich hoffe, das ist uns klar –, wir sind nicht immer nur Opfer, sondern oft auch selbst Schuldige.
Für beide möchte ich sagen: Unsere Vergangenheit muss uns nicht belasten. Gott ist souverän und dadurch nicht aus der Fassung zu bringen.
Die Verheissung Gottes als Mutmacher
Und noch eine Sache soll uns Mut geben, und das ist in den letzten Versen der Fokus auf Gottes Verheißung – der Fokus auf Gottes Verheißung.
Wir spulen etwa 50 Jahre vor in unserer Geschichte. In den Versen 22 und 23 lesen wir folgende Worte: „So wohnte Joseph in Ägypten mit seines Vaters Haus und lebte hundertundzehn Jahre und sah Ephraims Kinder bis ins dritte Glied. Auch die Söhne von Machir, Manasses Sohn, wurden dem Hause Josephs zugerechnet.“
Alles scheint jetzt richtig gut zu laufen. Josef scheint angekommen zu sein, er ist gesettelt und hat sich das Leben schön gemacht. Der Familie geht es auch gut, die Söhne sind toll, und er hat ein schönes Vermächtnis als einer, der nicht nur Ägypten, sondern auch alle umliegenden Länder gerettet hat. Auch das Zusammenleben mit seines Vaters Haus scheint nun endlich gut zu funktionieren. Man hätte die Geschichte hier gut beenden können – sie sind alle angekommen.
Aber so sieht Joseph die Lage nicht. Auf seinem Sterbebett macht er das deutlich. In den Versen 24 und 25 lesen wir folgende Worte: „Und Joseph sprach zu seinen Brüdern: Ich sterbe, aber Gott wird euch gnädig heimsuchen und aus diesem Lande führen in das Land, das er Abraham, Isaak und Jakob zu geben geschworen hat.“
Darum nahm er einen Eid von den Söhnen Israels und sprach: „Wenn euch Gott heimsuchen wird, so nehmt meine Gebeine mit von hier.“ Joseph, wie sein Vater zuvor, will zurück ins gelobte Land. Er weiß, dass er nicht nach Ägypten gehört, dass er nur Pilger in diesem Land ist.
Diese Erkenntnis hatten seine Väter vor ihm, und das ist auch eine Erkenntnis, die wir als Christen haben sollen. Wir sind alle unterwegs zur himmlischen Heimat. Joseph ist sich dessen klar. Er hat die göttliche Dimension, die göttliche Perspektive nicht aus den Augen verloren – weder in schlechten noch in guten Zeiten.
Manchmal ist es einfacher, in schlechten Zeiten auf die Verheißung Gottes zu schauen als in guten Zeiten. Aber Joseph zeigt uns auch in guten Zeiten, selbst wenn es gerade richtig gut aussieht: Schaut auf die Verheißungen Gottes.
Letztlich ging es nicht um die Umstände, seien sie gut oder schlecht, die er durchmachen musste. Sein Blick, sein Fokus war auf die Verheißung, auf das himmlische Ziel gerichtet. Und er glaubte, dass Gott seine Verheißung erfüllen werde.
Ob sich seine Brüder dessen bewusst sind, will er ihnen sicherheitshalber noch einmal sagen. Deshalb holt er sie zu sich und lässt sie einen Eid ablegen.
Interessanterweise betont er in den Versen 24 und 25 zweimal: „Gott wird euch heimsuchen.“ Immer wenn man eine Wiederholung in der Bibel sieht, bedeutet das etwas Wichtiges. „Glaubt es, Gott wird euch heimsuchen.“
Er erinnert sie an die Verheißungen Gottes und sagt ihnen zu, dass Gott sie erfüllen wird – sicher wird Gott es tun.
Ich finde es beeindruckend, dass Josef beim Sterben noch Worte der Ermutigung und Hoffnung für seine Brüder hat. Nachdem er ihnen damals Trost zugesprochen und ihnen gezeigt hatte, wie Gott alles zu ihrem Heil wirkte, sagt er jetzt zu ihnen: Gott ist mit euch noch nicht fertig. Seine Geschichte mit euch geht weiter. Er wird seine Verheißung an euch vollenden.
Und dann stirbt Josef.
Das offene Ende und die bleibende Hoffnung
Als Josef starb, war er hundertzehn Jahre alt. Man salbte ihn und legte ihn in einem Sarg in Ägypten nieder. Von einem Begräbnis hören wir bei Josef nicht, nur von einem Sarg, der noch nicht seine letzte Ruhestätte gefunden hat. Es ist ein offenes Ende, denn die Geschichte ist noch nicht zu Ende.
Ich kann mir vorstellen, dass der Sarg von Josef für die Israeliten während der nächsten 400 Jahre, die sie noch in Ägypten verbringen, eine besondere Bedeutung hatte. Er war eine Erinnerung daran: Gott ist mit uns, und er ist noch nicht fertig. Da kommt noch etwas.
Vielleicht ging es so: Ein Sohn fragt seinen Vater, als sie an dem Ort vorbeikommen, wo der Sarg von Josef noch steht: „Papa, warum steht der Sarg von Josef einfach hier? Warum begraben wir ihn nicht?“ Der Vater antwortet: „Weil wir noch auf die Erfüllung von Gottes Verheißung warten. Er wird uns in unser Heimatland bringen, und dort werden wir Josef begraben.“
Tatsächlich lesen wir an zwei wichtigen Stellen später in der Geschichte Israels von den Gebeinen Josefs. In 2. Mose 13, nachdem Israel aus Ägypten herausgeführt wurde, heißt es, dass Mose und die Israeliten die Gebeine Josefs mit sich nahmen. Und dann in Josua 24, am Ende der Landnahme, als sie im gelobten Land angekommen sind und jeder seinen Erbteil erhält, werden die Gebeine Josefs schließlich begraben.
So verkünden die Gebeine Josefs: Gott hält sein Wort. Vertraue ihm! In allen Lebensumständen und egal, was in deiner Vergangenheit liegt – sei es Gutes oder Schlechtes – richte deinen Blick vor allem auf Gottes Zusagen. Er wird dich zu deinem himmlischen Ziel bringen.
Dieses Ziel ist wunderschön. Im Neuen Testament finden wir wunderbare Verheißungsworte, die uns Mut machen. Zum Beispiel in Philipper 1,6: „Ich bin darin guten Mutes, dass der, der in euch angefangen hat das gute Werk, es auch vollenden wird bis zum Tag Jesu Christi.“ Oder in Römer 8, wo es heißt: „Die er aber vorherbestimmt hat, die hat er auch berufen; die er aber berufen hat, die hat er auch gerecht gemacht; die er aber gerecht gemacht hat, die hat er auch verherrlicht.“
All diese Aussagen stehen in der Vergangenheitsform, obwohl sie Dinge beschreiben, die noch in der Zukunft liegen – wie die Verherrlichung. Das ist unser Ziel, unser Ende, unser Ankommen. Es ist eine Verheißung Gottes.
Gehörst du zu Christus, ist dein Ende schon geschrieben. Richte deinen Fokus darauf. Denke nicht über deine Vergangenheit nach, nicht einmal über deine jetzigen Umstände. Denke über Gottes Verheißungen und dein himmlisches Ziel nach.
Definiere dich nicht über deine Vergangenheit. Lass dich nicht von Schmerzen versklaven. Lass dich auch nicht von deinen Erfolgen blenden – auch das ist eine Gefahr. Stattdessen sieh alles durch die Brille von Gottes Souveränität und seinen Verheißungen. Denn Gott ist souverän über alles. Was kann schon deine Vergangenheit an seinen Plänen ändern oder stören?
Und weil er souverän ist, kann er seine Verheißungen sicher halten. Mit dieser Perspektive werden Probleme und Schwierigkeiten hoffentlich neu bewertet. Ich kann wirklich sagen: Das hat Wunder in meinem Leben bewirkt.
Die Vergangenheit muss nicht mehr als etwas gesehen werden, das mich traumatisiert oder verdammt. Sie ist ein Teil, ein Puzzlestück in Gottes Geschichte mit mir und all seinen Kindern. Ja, sie fügt sich ein in ein großes, schönes Meisterwerk, das offenbart wird, wenn wir gemeinsam mit allen Gotteskindern vor seinem Thron verherrlicht werden.
Gott macht es. Er hat es versprochen, und er kann es, weil er souverän ist. Bestimmt das deine Perspektive?
Praktische Wege, Gottes Verheissungen im Alltag zu bewahren
Zum Schluss möchte ich euch noch ein Wort mit auf den Weg geben, das euch dabei hilft, die Zusagen Gottes nicht zu vergessen. Man kann es ein wenig mit einem Sarg vergleichen, wenn man so will. Ja, vielleicht sind eure „Sarg-Karteikarten“ überall in eurer Wohnung verteilt, auf denen die Verheißungen Gottes stehen.
Was ebenfalls hilft, ist, Bibelverse auswendig zu lernen. Dabei eignen sich besonders solche Verse, die spezifische Verheißungen Gottes enthalten. Alternativ könnt ihr Verheißungen Gottes in einem Lied verpacken oder Lieder singen, die diese beinhalten. Musik ist wirklich ein wunderschönes, therapeutisches Mittel, das Gott uns gegeben hat.
Oder ihr trefft euch mit anderen Menschen, um einfach über die Verheißungen Gottes zu sprechen. In meiner Uni-Zeit haben wir es geschafft, das nur einmal zu machen, aber es war richtig schön. Wir haben uns getroffen, um nur über die Güte Gottes zu reden. Unsere Gruppe nannten wir „Ebenezer“, also „Stein der Hilfe“.
Im Grunde genommen geht es darum, Wege zu finden, die das Wort Gottes kommunizieren und dir seine Verheißungen in Erinnerung bringen. Ihr könnt dabei kreativ sein. Hauptsache, diese Dinge verkünden euch: Gott hält sein Wort.
Ich bitte: Vater, ich danke dir so sehr für deine Verheißungen, Herr, und auch für das Wissen um deine Souveränität. Herr, ich bitte, dass uns das Mut gibt, damit wir nicht von unserer Vergangenheit belastet sind. Herr, so wie im Bild von der Pilgerreise, dass wir über den Fluss gehen auf unserem Weg in die himmlische Stadt.
Wir danken dir so sehr für deine Treue und deine Güte zu uns. Amen.