Einführung in die Bedeutung der Worte
Schön, dass Sie alle so unverwüstlich sind und wir auch den nächsten Tag wieder angehen können – in der freudigen Erwartung mindestens zweier Predigten. Wir wollen heute noch einmal über die Macht von Worten sprechen, Teil 2.
Es war gestern ein bewegender Abend, den wir miteinander erleben durften. Wenn man sich überlegt, wie dieser Abend eigentlich gestaltet wurde: Wir saßen von acht Uhr abends bis Mitternacht oder sogar noch später zusammen. Es gab Musik, schöne Musik, und es gab Worte. Der ganze Abend wurde im Grunde durch Worte gestaltet.
Es wurde hier kein Theaterstück aufgeführt, und es wurden keine bombastischen oder dramatischen Dinge vorgeführt. Wir haben treu und brav auf unseren Stühlen gesessen, und es wurden Worte gesagt. Mit diesen Worten sind wir dann ganz bewegend in das neue Jahr hineingegangen. Worte aus der Heiligen Schrift, Psalm 91, haben wir im Wechsel gebetet. Wir haben die Worte des Gebets miteinander gesprochen, das der Herr uns im Vaterunser geschenkt hat.
Wir haben einzelne Wörter in den Liedern miteinander gesungen. Den ganzen Abschluss des alten Jahres haben wir mit Musik und Worten gestaltet. Und was konnte durch diese Worte alles ausgedrückt werden?
So wollen wir heute noch einmal in den Jakobusbrief zurückkommen und fortsetzen, was wir gestern Morgen begonnen haben: nämlich, was der Jakobusbrief uns über die Macht unserer Worte lehrt – sowohl zum Guten als auch zum Bösen.
Gestern ging es um die zerstörerische Macht von Worten, um ihre Effektivität, ihre Zügellosigkeit und ihre Gespaltenheit beziehungsweise Doppelbödigkeit. Dabei haben wir vor allem Jakobus 3,1-12 ausgelegt. Dann wurde schon ein Ausblick auf das Thema von heute gewagt: die heilsame Macht von Worten.
Ich erinnere noch einmal an die drei ermutigenden Verse aus den Sprüchen: 12,25 – „Ein freundliches Wort erfreut den Menschen“, 15,23 – „Wie wohl tut ein Wort zur rechten Zeit“ und 25,11 – „Ein Wort geredet zu rechter Zeit ist wie goldene Äpfel auf silbernen Schalen“. Diese goldenen Äpfel wollen wir heute miteinander suchen und uns noch einmal daran erinnern, was ich auch gestern schon angedeutet habe: Die Bibel und das biblische Menschenbild räumen der Sprache, dem Umgang mit Wörtern, einen ganz besonders hohen Stellenwert ein.
Es ist also kein Zufall, dass wir gestern diesen Abend mit Worten bestritten haben. Ich sage es noch einmal: Das ist nicht in einem magischen Sinne gemeint, wie Zauberworte nach dem Motto „Zu jeder Situation das richtige Bibelwort, und dann wirkt das wie ein Zauberstab“. Sondern es geht um Worte, die Wahrheit transportieren. Die biblischen Worte transportieren Wahrheit, und die durch Worte vermittelte Wahrheit enthält die Kraft zur Veränderung.
So kommt der Glaube aus der Predigt, sagt Paulus in Römer 10. Damit stehen wir natürlich frontal gegen die Sprachphilosophie der Postmoderne. Diese behauptet, dass Worte in diesem Sinne überhaupt nicht leistungsfähig sein könnten. Vielmehr sendet jeder seine Botschaften, und was der Sender meint, muss noch lange nicht in dieser Weise vom Empfänger dechiffriert, interpretiert oder gedeutet werden.
Man sagt, Worte könnten keine propositionale Wahrheit vermitteln. Das heißt, sie sind nicht eindeutig, sondern haben ihre Geschichte. Jeder, der diese Worte und Wörter verwendet, bringt seine eigene Geschichte damit ein. Am Ende können wir in einem hermeneutischen Prozess Begriffe austauschen, aber ob damit wirklich verbindlich Inhalte weitergegeben werden können, sei höchst fragwürdig.
Deshalb werden Worte, Sprache und damit vermittelte Wahrheit grundsätzlich in Frage gestellt. Die Bibel vertritt hier das totale Gegenkonzept. Sie ist in diesem Sinne absolut modern – im Gegensatz zur Postmoderne – und sagt: Die Worte, die Gott uns gegeben hat, sind absolut leistungsfähig.
Gott hat uns Menschen so geschaffen, dass wir prinzipiell in der Lage sind, echte, wahre und inhaltsreiche Kommunikation mit Worten zu führen. Das ist ganz wichtig, auch für das Gespräch mit unseren säkularen Zeitgenossen. Wenn diese manchmal sagen: „Na ja, dein Bekenntnis, das ist ja schön, und es freut mich für dich, dass du da etwas gefunden hast, was dir Trost gibt, aber meine Wahrheit ist eine andere Wahrheit als deine Wahrheit“, dann dürfen wir uns nie darauf einlassen und sagen: „Gut, dann freue dich an meiner Wahrheit, vielleicht überkommt dich ja meine Wahrheit irgendwann mal, sodass du sagen kannst, das sei deine Wahrheit“.
Stattdessen müssen wir versuchen, das auf eine weise Art zu vermitteln. Uns muss aber bewusst sein, dass die Bibel verbindliche, objektive und propositionale Wahrheit offenbart. Und sie gibt uns den Auftrag, mit dieser Überzeugung die Wahrheit auch weiterzugeben.
Die Sprache als Ausdruck des Denkens und göttliche Kommunikation
An dieser Stelle sind wir einem Philosophen wie Hegel, der ansonsten nicht gerade als gläubig gilt, sehr nah. Er hat im 19. Jahrhundert bereits formuliert: „Die Sprache ist der Leib des Denkens.“ Das ist ein sehr treffender Satz.
Hegel sagt, die Sprache ist der Leib des Denkens. Das bedeutet, die Sprache gibt uns die Möglichkeit, unserem Denken Gestalt zu verleihen und es auszudrücken. Sie gibt unserem Denken einen Leib, sodass man sehen kann, was wir denken, und sich mit dem auseinandersetzen kann, was wir denken. Die Sprache ist also der Leib des Denkens.
Dieser Satz ist durchaus biblisch fundiert. Gestern haben wir über die Macht von Gottesworten gesprochen, die neues Leben schenken können. Denken wir nur daran, wie der Herr Lazarus aus dem Grab herausholt, in Johannes 11. Dort wird geistliches neues Leben von Gott durch das Wort geschaffen.
Deshalb haben wir auch den Auftrag, das Wort zu predigen. Das ist der Grund, warum wir Bibeltexte auslegen. Nicht, weil es einfach unsere christliche Tradition ist oder weil es einen gewissen Sinn macht, sondern weil Gott es uns ausdrücklich aufgetragen hat. Er hat uns nicht aufgetragen, über das Wort zu predigen, sondern das Wort zu predigen.
Das heißt, unsere Aufgabe ist es, den Inhalt des Wortes an die Menschen heranzubringen. Wir sollen das Wort nicht nur als Ausgangsbasis für unsere christlichen Gedanken verwenden. Wenn wir das tun, predigen wir lediglich in Anlehnung an einen Bibeltext oder erinnern uns an einen Bibeltext. Unsere Aufgabe ist es jedoch, den Bibeltext selbst zu predigen.
Gott hat uns in seinem Wort propositionale Wahrheit offenbart, und dieses Wort sollen wir verkündigen. Dem dient die Predigt. Predigt ist Wortauslegung.
Dabei entsteht natürlich eine Spannung: Wir haben Gottes ewiges, irrtumsloses, vollmächtiges Wort. Gleichzeitig hat Gott sich darauf festgelegt, dass dieses Wort, sofern es nicht direkt gelesen wird, durch Menschen verkündigt wird – Menschen mit ihrer fehlerhaften, vorläufigen Sprache.
Es ist eigentümlich, dass Gott diesen Weg gewählt hat. Einerseits legt er den Menschen die Bibel direkt in die Hand. Andererseits hat er es zum Regelvollzug der christlichen Gemeinde gemacht, ihre Wahrheit nicht nur durch das Verteilen von Bibeln zu verbreiten, sondern durch die Verkündigung der Botschaft, die in der Bibel steht.
Gott beruft uns zur Verkündigung seines Wortes. So entsteht diese eigentümliche Kombination: Wir haben Gottes irrtumsloses Wort und müssen es mit unseren menschlichen, fehlbaren Worten predigen. Das ist das Geheimnis.
Wir müssen erkennen, dass unsere menschlichen Worte ungleich schwächer, begrenzter und fehlbarer sind als das Wort Gottes. Trotzdem hat unser Schöpfer uns Menschen mit der Sprache eine herausragende Fähigkeit verliehen, die uns weit über alle anderen Lebewesen hinaushebt.
Die besondere Würde und Verantwortung der Sprache
Und jetzt überlegen Sie einmal, womit Adam beauftragt wurde. Schon Adam wurde mit der Aufgabe gewürdigt, den anderen Geschöpfen Namen zu geben und sie zu benennen. Dazu wäre kein anderes Geschöpf in der Lage gewesen.
In 1. Mose 2, ab Vers 19 wird uns das ganz deutlich gesagt: „Und Gott, der Herr, bildete aus dem Erdboden alle Tiere des Feldes und alle Vögel des Himmels und brachte sie zu dem Menschen, zu Adam, um zu sehen, wie er sie nennen würde, damit jedes lebendige Wesen den Namen trage, den der Mensch ihm gebe.“ Da gab der Mensch jedem Vieh, jedem Vogel des Himmels und allen Tieren des Feldes Namen.
Das war eine herausragende, kreative, systematische und konzeptionelle Leistung, die Adam in dieser Situation erbracht hat. Das konnte nur Adam tun, außer Gott natürlich, kein anderer. Und darin lag auch eine besondere Würde und Verantwortung.
Dann kam der Sündenfall, beschrieben in 1. Mose 3. Seit diesem Sündenfall sind natürlich auch unsere Worte ständiger Gefährdung ausgesetzt. Seit dem Sündenfall können wir durch unsere Worte – selbst wenn wir das nicht wollen und oft das Beste beabsichtigen – Zerstörung anrichten sowie Traurigkeit und Verzweiflung auslösen.
Wir können durch unsere Worte auch Lügen verbreiten, Existenzen vernichten. Durch die Medien wird die Wirkung unserer Worte dann noch einmal gesteigert und potenziert. Wie schnell können wir heute kommunizieren, etwa über E-Mails! Früher musste man einen Brief schreiben, einen Umschlag heraussuchen, das Ganze adressieren, mit einer Briefmarke versehen und zum nächsten Briefkasten bringen. Das setzte schon einen Reflexionsprozess voraus, der manchen dazu verleitet hat, den Brief dann doch noch zu zerreißen oder ihn noch einmal umzuschreiben.
Heute erhalten Sie eine Mail und, wenn Sie nicht sehr auf sich selbst aufpassen, beantworten Sie diese schnell – und bereuen das manchmal schon zwei Stunden später. Das ist also noch einmal eine potenzierte, eine verschärfte Gefährdung unseres Umgangs mit Worten durch die Möglichkeiten, sie a) schnell und b) in einem sehr großen Radius zu verbreiten. Dessen müssen wir uns immer wieder bewusst sein.
Wir müssen uns auch bewusst sein, dass, wie alle anderen Schöpfungsgaben, auch unsere Sprache zutiefst korrumpiert, beschädigt und missbrauchbar wurde durch die Sünde. Aber wirksam ist sie allemal.
Es ist hochinteressant, wenn der englische Erzähler Rudyard Kipling, der 1936 starb, gesagt hat: „Worte sind die mächtigste Droge, welche die Menschheit benutzt.“ Worte sind die mächtigste Droge, welche die Menschheit benutzt.
So können wir einander mit Worten ermutigen und mit Worten Trost spenden. Und wie viel mehr sollten Menschen, die den lebendigen Gott kennen und deren Denken von Gottes Worten inspiriert ist, mit ihren Worten Gutes tun können.
Darum wollen wir uns bei diesem Thema heute Morgen an den Leitvers aus Kolosser 3, Vers 17 erinnern. Dort legt uns der Apostel Paulus eine ganz eigentümliche Formulierung vor. Er schreibt: „Alles, was ihr tut, mit Worten oder Werken, das tut alles im Namen des Herrn Jesus und dankt Gott dem Vater durch ihn.“
Paulus schreibt hier nicht: alles, was ihr tut mit Worten, alles, was ihr tut mit Werken und sagt mit Worten, sondern er sagt: alles, was ihr tut mit Worten und mit Werken. Das ist hochinteressant.
Dieser germanistische Begriff des Sprechaktes könnte hier aus Kolosser 3, Vers 17 entlehnt sein. Wir handeln mit Worten. Wir handeln, wir tun etwas, wenn wir Worte gebrauchen. Wir machen nicht nur Worte.
Dessen, ihr Lieben, wollen wir uns immer wieder bewusst sein. Auch wenn uns das manchmal erschrecken lässt und uns manches an Schuldbekenntnis aufnötigt, und uns doch auch manchmal erschrecken lässt über die Möglichkeiten, die uns selbst gegeben sind, mit unseren Worten zu wirken. Denn wir sind Menschen, denen Gott das Quargeschöpfsein so in die Hand gegeben hat.
Praktische Hinweise aus dem Jakobusbrief zur heilsamen Wortmacht
Jakobus gibt uns in seinen fünf Kapiteln einige Hinweise darauf, wie unsere Worte heilsame Kraft bekommen können. Wir wollen uns dabei besonders Kapitel 5, Verse 12 bis 20 ansehen.
Dieses Kapitel ist keine erschöpfende oder vollständige Liste. Es gibt viele weitere Möglichkeiten, heilsame Worte zu gebrauchen. Dennoch gibt uns Jakobus hier einige praktische Hilfen an die Hand, wie unsere Worte heilsam werden und wirken können.
Diese praktischen Beispiele für heilsame Worte, die Jakobus uns hier gibt, wollen wir uns in den nächsten Minuten anschauen und mit ins neue Jahr hineinnehmen.
Wahrhaftigkeit als Grundlage heilsamer Worte
Die heilsame Macht unserer Worte – das erste A: Heilsame Worte sind wahrhaftige Worte. Das ist in Jakobus 5,12 zu finden. Wir lesen jetzt den Zusammenhang von Vers 12 bis 20:
„Vor allen Dingen aber, meine Brüder, schwört nicht, weder bei dem Himmel noch bei der Erde noch mit einem anderen Eid. Es sei aber euer Ja ein Ja und euer Nein ein Nein, damit ihr nicht dem Gericht verfallt. Leidet jemand unter euch, der bete. Ist jemand guten Mutes, der singe Psalmen. Ist jemand unter euch krank, der rufe die Ältesten der Gemeinde zu sich, damit sie über ihm beten und ihn salben mit Öl im Namen des Herrn. Und das Gebet des Glaubens wird dem Kranken helfen, und der Herr wird ihn aufrichten. Und wenn er Sünden getan hat, wird ihm vergeben werden. Bekennt also einander eure Sünden und betet füreinander, damit ihr gesund werdet. Das gerechte Gebet vermag viel, wenn es ernstlich ist. Elia war ein schwacher Mensch wie wir, und er betete ein Gebet, dass es nicht regnen sollte. Und es regnete nicht auf Erden drei Jahre und sechs Monate. Und er betete abermals, und der Himmel gab den Regen, und die Erde brachte ihre Frucht. Liebe Brüder, wenn jemand unter euch von der Wahrheit abirren würde und jemand ihn bekehrt, der soll wissen: Wer den Sünder bekehrt hat von seinem Irrweg, der wird seine Seele vom Tode erretten und wird die Mängel der Sünden bedecken.“
Zuerst: Heilsame Worte sind wahrhaftige Worte – das steht in Vers 12. Habt ihr bemerkt, was Jakobus hier schreibt? Das ist fast wortwörtlich aus der Bergpredigt zitiert, genauer aus Matthäus 5,33-37. Dieser Text erklärt und entfaltet den Vers aus Jakobus 5 am besten. Matthäus 5,33-37 lautet fast wortgleich:
„Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt ist: Du sollst nicht falsch schwören, du sollst aber dem Herrn deine Schwüre halten. Ich aber sage euch: Schwört überhaupt nicht, weder bei dem Himmel – denn er ist Gottes Thron –, noch bei der Erde – denn sie ist der Schemel seiner Füße –, noch bei Jerusalem – denn sie ist die Stadt des großen Königs –, auch bei deinem Haupt sollst du nicht schwören, denn du kannst kein einziges Haar weiß oder schwarz machen. Es sei aber eure Rede: Ja, ja; nein, nein. Was darüber hinausgeht, ist vom Bösen.“
Worum geht es hier? Sowohl Jakobus als auch der Herr Jesus meinen dasselbe: Wahrhaftigkeit, Klarheit und die Vermeidung von Trickserei mit Worten. Wir müssen uns klar machen, in welchem kulturellen Umfeld diese Worte erstmals gesprochen wurden.
In Israel war es üblich geworden, mit Hilfe von Schwüren zu verschleiern und zu täuschen. Bei den meisten Rabbinern galt eine Faustregel: Solange in deinem Schwur nicht der Name Gottes auftaucht, musst du nicht unbedingt die ganze Wahrheit sagen. Das steht gewissermaßen zeitgeschichtlich im Hintergrund. Solange der Name Gottes bei deinem Schwur nicht auftaucht, bist du nicht hundertprozentig verpflichtet, die Wahrheit zu sagen.
Das sind auch die Beispiele, die der Herr Jesus hier bringt: Da taucht immer das Wort „Gott“ nicht auf. Die einen schwören bei der Erde, die anderen bei der Stadt Jerusalem, wieder andere bei ihrem eigenen Haupt. Das dient alles dazu, den Gottesnamen im Schwur zu vermeiden. Vielleicht auch noch beim Grab ihrer seligen Mutter oder ähnlichem – alles dient dazu, den Namen Gottes zu vermeiden.
Dagegen geht Jesus vor, und dagegen geht auch Jakobus vor. Er sagt: Egal, ob du den Namen Gottes in den Mund nimmst oder nicht – er hört dich sowieso. Jerusalem ist die Stadt des großen Gottes, die Haare auf deinem Haupt sind von Gott gezählt und unter seiner Kontrolle. Die Erde ist der Schemel seiner Füße. Das heißt: Egal, auf welchen Bezugspunkt du dich bei deinem Schwur berufst, du kannst dich niemals von Gott trennen, selbst wenn du das Aussprechen seines Namens vermeidest. Darum geht es hier.
Schon um Gottes Willen sollst du immer wahr reden, denn er hört dich ja sowieso.
Liebe Geschwister, das heißt nicht, dass wir in jeder Situation alles sagen müssen, was wir wissen. Es gibt auch so etwas wie den Schutz der Verborgenheit. Aber wenn man redet, dann muss es wahrhaftig sein – und das, was man sagt, muss wahr sein.
Mit diesen Versen will ich hier sehr deutlich sagen: Jesus und Jakobus verbieten nicht jegliche Eidesformel, etwa vor Gericht oder bei der Vereidigung für die Bundeswehr oder wo auch immer. So hatten es die Quäker und einige Mennoniten verstanden, als würde einem Christen verboten, sich vor Gericht auf die Beeidigung einer Aussage einzulassen.
Warum kann es so nicht gemeint sein? Das sehen wir schon daran, dass der Herr Jesus selbst vor Gericht einen Eid geleistet hat. Wäre das absolut verboten, hätte er es nicht getan. Das ist in Matthäus 26,63-64 zu finden. Dort nimmt der Hohepriester Jesus unter Eid:
„Ich beschwöre dich bei dem lebendigen Gott.“
Es geht um die Frage, ob Christus der Sohn Gottes ist oder nicht. Jesus antwortet mit der Kurzformel: „Du sagst es, du sagst es.“ Das war die Bestätigungsformel des Eides. Das heißt, der Hohepriester nimmt Jesus unter Eid, und Jesus schwört diesen Eid mit seiner Formel. Damit macht er zugleich deutlich, dass er der Sohn Gottes ist. Jesus hat also sogar beeidet, dass er der Sohn Gottes ist.
Wogegen er sich in Matthäus 5 und wogegen Jakobus sich hier in unserem Vers wendet, ist der Missbrauch des Eides zur Verschleierung von Unwahrheit. Dagegen wendet sich dieser Vers – gegen das Tricksen mit Worten.
Jakobus sagt uns hier: Mach nicht mit bei diesem Spiel! Verzichte auf die Trickkiste der verschiedenen Eidesformeln. Glaub nicht, dass du dich durch ein paar sprachliche Kniffe aus der Verantwortung vor Gott stehlen kannst, indem du eine leise Umformulierung vornimmst. Gott will immer Wahrhaftigkeit.
Lass dich nicht auf Halbwahrheiten ein. Mach nicht mit, wenn Lügen gerechtfertigt und verharmlost werden. Das meint auch Paulus in Epheser 4,25:
„Darum legt die Lüge ab und redet die Wahrheit, ein jeder mit seinem Nächsten.“
Das ist das Ziel. Also: Heilsame Worte sind zunächst einmal wahrhaftige Worte.
Und was bedeutet Lüge? Im Griechischen steht hier das Wort „Pseudos“. „Pseudos“ meint, einen Eindruck zu erwecken, der nicht dem wahren Sachverhalt entspricht. Ein Pseudofußballer ist zum Beispiel jemand, der den Eindruck vermittelt, ein Fußballer zu sein. Er zieht ein Trikot an, trägt Fußballschuhe, hat vielleicht einen Ball unter dem Arm und lässt sich damit ablichten. Ein Pseudofußballer muss nicht unbedingt einen geraden Pass über 20 Meter spielen können, aber er vermittelt den Anschein, einer zu sein.
Den Anschein zu erwecken, etwas zu sein, was man nicht ist, um den anderen zu täuschen – das ist „Pseudos“. Das meint Lüge. Und das gehört in der Welt zu den normalen Umgangsformen, bestenfalls als Kavaliersdelikt angesehen.
Der Islam hat aus der Täuschung mit Worten sogar ein geistliches Prinzip gemacht, das Prinzip der Taqiyya. Dort, wo Lüge der Ausbreitung des Islam dient, ist Lüge nicht nur erlaubt, sondern geboten. Das ist undenkbar in der Bibel.
Jesus sagt: „Der Vater der Lüge ist der Teufel“ (Johannes 8,44). Hier werden wir daran erinnert: Heilsame Worte sind wahrhaftige Worte.
Lügen haben viele Facetten und Schattierungen: falsche Informationen, maßlose Übertreibung, Steuerbetrug. Immer geht es darum, den anderen in die Irre zu führen, um sich selbst einen Vorteil zu verschaffen – einen vermeintlichen Vorteil, den man nicht hätte, wenn man nicht lügen würde.
Dem Herrn Jesus geht es hier nicht nur um unsere einzelnen Wörter, sondern wie immer um unsere innere Haltung. Wir sollen wirklich durch und durch wahrhaftig sein wollen, selbst wenn wir wissen, dass uns das nicht immer hundertprozentig gelingt. Aber das soll unser Ziel sein.
Wahrhaftig zu sein bedeutet, auch bis in die Kleinigkeiten ehrlich zu sein. Wenn uns an der Kasse etwa zu viel Geld herausgegeben wird, soll das unsere gesamte Haltung prägen – und dann eben auch unsere Worte.
Nur wahrhaftige Worte können heilsam sein. Das heißt nicht, dass wir dem anderen die Wahrheit wie einen nassen Lappen um die Ohren hauen sollen – dazu kommen wir gleich noch.
Wahrhaftig zu sein bedeutet auch nicht, immer alles zu sagen, was einem gerade so durch den Sinn geht. Das ist zum Beispiel die Vorgehensweise in mancher Psychotherapie, besonders wenn sie freudianisch geprägt ist: „Pack mal alles aus, leg mal alles auf den Tisch!“ Dort gibt es Mechanismen, um Hemmschwellen und Barrieren abzubauen, sodass alles ausgepackt wird. Auch vielleicht das, was einem am anderen missfällt. Es soll alles ohne Barriere dargelegt werden.
Das ist nicht wahrhaftig im Sinne dessen, was die Bibel meint. Manche Christen denken, sie seien besonders wahrhaftig, wenn sie immer alles ungeschützt auf den Tisch packen. Aber das sagt Paulus hier nicht.
Wie gesagt, es gibt die Wahrung der Intimsphäre, den Schutz der Verborgenheit. Es gibt in der Bibel auch so etwas wie Keuschheit im Umgang mit sensiblen Fragen, die andere berühren. Es gibt seelsorgerliche Verschwiegenheit. Das hat nichts mit Verdrängen zu tun, sondern damit, den richtigen Ort, die richtige Zeit und den richtigen Ton zu finden für das, was man sagt. Auch dafür brauchen wir viel Vergebung.
Wahrheit reden bedeutet nicht, taktlos zu sein. Es bedeutet nicht, jederzeit alles auszuposaunen, was einem gerade einfällt. Aber wenn ich rede, dann muss das, was ich sage, wahrhaftig sein.
Es sollte das Kennzeichen eines Christen sein, dass man sich auf sein Wort verlassen kann – ein Christ, ein Wort.
Die Erfahrung zeigt immer wieder: Wenn ein Mensch zu Jesus kommt und der Herr ihm ein neues Herz schenkt, wird es diesem Menschen ein Herzensanliegen, dass seine Worte vor dem Gott der Wahrheit bestehen können. Dann bekommt er ein Verlangen danach, ein wahrhaftiges Leben vor Gott und vor den Menschen zu führen.
So war es bei jenem Drogendealer, der nach einem Vortrag auf einen Kollegen von mir zukam und spottete: „Na ja, da haben Sie die Leute ja ganz schön verdummt mit Ihrem Jesus. Oder können Sie mir Gott beweisen?“ Der Kollege reagierte gut und sagte: „Ja, wenn Sie bereit sind, ehrlich und wahrhaftig vor Gott zu werden, dann wird Gott sich Ihnen zu erkennen geben. Das hat er versprochen.“
Der junge Mann schaute nachdenklich einen Moment. Dann brach es aus ihm heraus: Er erzählte seine ganze traurige, schmutzige Geschichte – die Geschichte einer Drogenkarriere, die ihn schließlich zum Verbrecher gemacht hatte, bis er selbst zum Dealer wurde.
Als das ausgesprochen war, knieten sie miteinander nieder und brachten dieses ganze Leben noch einmal vor Gott. Der Mann sagte: „Herr, vergib mir meine Schuld.“ Dann standen sie auf, und der Kollege fragte ihn: „Kannst du das annehmen, dass Jesus für deine Schuld gestorben ist? Kannst du das für dich persönlich annehmen?“ Der junge Mann antwortete: „Ja, ich kann es annehmen.“ Dann betete er noch einmal: „Danke, Herr, dass ich jetzt zu dir gehören darf.“
Nach dem Amen sagte er gleich: „So, und jetzt gehen wir zur Polizei. Ich werde Ihnen die ganze Wahrheit sagen. Das muss ich jetzt vor den Menschen in Ordnung bringen – frische Luft, endlich frische Luft!“
Dem Seelsorger wurde mulmig, und er sagte: „Du überlegst dir das gut.“ Aber der junge Mann ließ sich nicht davon abbringen. Am nächsten Tag ging er zur Polizei, um endlich die Wahrheit zu sagen. Er diktierte dort dem Beamten zwei Stunden lang seine traurige, miese Geschichte in den Computer – oder vielleicht in die elektrische Schreibmaschine, die sie damals noch hatten – Stück für Stück. Aber er tat das als ein fröhlicher Mann, dem eine Zentnerlast von den Schultern gefallen war. Endlich konnte er die Wahrheit sagen.
Das ist zugegeben ein Extremfall. Aber das Entscheidende, das dieser Ex-Drogendealer mit jedem anderen Christen gemeinsam hat: Wir brauchen alle dieselbe Vergebung. Wir müssen alle ehrlich werden vor Jesus. Wenn das geschehen ist, wird man das an unseren Worten hören. Sie werden sprudeln vor Wahrheit.
Das ist das Erste: Heilsame Worte sind wahre Worte.
Betende Worte als Ausdruck der heilsamen Kommunikation
Ein zweiter Punkt betrifft heilsame Worte, die betende Worte sind. Dies wird in den Versen 13 bis 18 deutlich. Dabei kommt es zunächst nicht darauf an, ob das Beten laut ausgesprochen oder als stilles Gebet im Herzen erfolgt – beides ist möglich. Psalm 19, Vers 15 bringt diese Bitte zum Ausdruck: „Lass dir wohlgefallen die Rede meines Mundes und das Gespräch meines Herzens vor dir, Herr, mein Erlöser.“ Wichtig ist nur, dass das Beten bewusst geschieht. Die Bibel macht sehr deutlich, dass ich mit meinen Gedanken dabei sein muss.
Gedanken werden, egal ob laut ausgesprochen oder nicht, durch Worte gebildet. Gedanken und Worte sind untrennbar miteinander verbunden. Betende Worte sind heilsam – sowohl für den Beter selbst als auch für diejenigen, die er in seine Fürbitte einschließt.
Wir haben jetzt nicht die Zeit, uns ausführlich mit den Versen 13 bis 18 zu befassen. Deshalb möchte ich dazu einladen, wer sich näher mit der Auslegung dieser Verse beschäftigen möchte, die Homepage unserer Gemeinde zu besuchen: beg-hannover.de. Dort finden Sie unter „Predigten“ und „Predigt rein“ den Hinweis auf den Jakobusbrief. Dort können Sie sich die Predigt über Jakobus 5,13-18 anhören und eine ausführlichere Auslegung dieser Verse erhalten.
Diese Verse werden immer wieder verwendet, wenn es um die Frage geht, wie das Gebet um Heilung in der Gemeinde zu verstehen ist und was der Gemeinde dabei aufgetragen ist. Jakobus 5 macht deutlich, dass wir unter allen Umständen beten sollen. Vers 13 sagt: „Leidet jemand, so bete er; ist jemand guten Mutes, so singe er Loblieder.“ Wir sollen für jeden Angefochtenen beten – sei es durch Krankheit (Verse 14 bis 15a) oder durch Sünde (Verse 15b bis 16).
Die Verse 16 bis 18 fordern dazu auf, von ganzem Herzen zu beten, wirklich mit Inbrunst zu unserem Herrn zu sprechen und unser Herz vor ihm auszuschütten. Jakobus macht deutlich, dass die Gemeinde den Auftrag hat, für Kranke zu beten. Gebet um Heilung ist keine Frage von großen Veranstaltungen oder von besonderen Wunderheilern mit besonderer Heilungsbegabung. Solche Wunderheilungen gibt es nach den Aposteln in der Bibel nicht.
Das Gebet für Kranke ist die Aufgabe der Gemeinde, insbesondere der Ältesten, die gerufen werden sollen. In diesen Versen wird verheißen, dass der Herr Hilfe geben wird. Es ist jedoch nicht garantiert, dass er in jedem Fall Heilung schenkt. Wenn es in Gottes souveränem Willen liegt, kann er auf das Gebet der Gemeinde oder der Ältesten hin den Kranken heilen oder ihm Kraft geben, die Krankheit besser zu ertragen. Er kann auch die Krankheit erleichtern.
Gott ist nicht festgelegt, aber er hat versprochen, dass er das Gebet hört und den Betroffenen hilft. Wir als Gemeinde haben den Auftrag, wirklich für die Kranken zu beten. Das wird auch in unserer Gemeinde so praktiziert: Kranke können die Ältesten zu sich rufen. Manchmal kommen die Geschwister auch zu uns und bitten, dass wir mit den Ältesten für sie beten. Dann gehen wir in einen Raum, meist in meinem Büro in der Gemeinde, und beten gemeinsam für den Kranken.
Das ist nichts Magisches, Mystisches oder Dramatisches, sondern die Inanspruchnahme einer Verheißung, die der Herr schenkt. Wie der Herr unser Gebet hört und auf welchem Weg, ist natürlich ihm überlassen. Wenn Sie heute fragen, wie die Gemeinde mit Krankheit umgehen soll, finden Sie die Antwort in Jakobus 5,13-18.
Das Hauptthema dieser Verse ist nicht Heilung, sondern Gebet. Heilsame Worte sind betende Worte. Es ist auffällig, dass Gott die Kommunikation zwischen sich und seinen sprachbegabten Kindern mithilfe von Worten gestaltet, auf der Basis von Sprache. Das ist bemerkenswert. Gott spricht uns mit seinem Wort an, das wir durch unser Denken aufnehmen. Wenn der Heilige Geist es lenkt, verstehen wir Gott auch richtig.
Der Gott, der uns mit seinem Wort anspricht, ermutigt uns, ihm mit unseren Worten zu antworten. Das bedeutet: Der allmächtige Gott gestaltet seine Kommunikation mit seinen Geschöpfen auf der Ebene von Sprache. Wie könnte Sprache besser geadelt sein?
Viele von Ihnen haben sicherlich schon die vielfältigen Aufforderungen der Heiligen Schrift gesammelt, Gott im Gebet anzurufen. Das ist ein großer Unterschied zu heidnischen Religionen. Dort wird die Gottesbegegnung oft in der Ekstase gesucht. Das ist heidnisch.
Denken Sie an den Dionysos-Kult, der Inspiration durch Rauschmittel suchte. Denken Sie an die Praxis der Tempelprostitution in vielen heidnischen Kulten, bei der man behauptete, durch Ekstase der Gottheit besonders nahe zu sein. Das ist heidnisch. Sich durch Kontrollverlust der Emotionen oder durch ekstatische Zustände Gott besonders nahe zu fühlen, entspricht nicht der biblischen Lehre.
Andere wählen das genaue Gegenteil: nicht Ekstase, sondern Versenkung und Meditation, das Leererwerden und Wortloswerden. Teilweise werden solche Meditationspraktiken in neo-evangelikalen Zeitschriften als christliche Wege zur Begegnung mit Gott angepriesen. Denken Sie an den Unfug, den Anselm Brühn und andere in dieser Hinsicht verbreitet haben. Das ist heidnisch, finster und Heidentum.
Die Bibel lehrt uns nicht Meditation im Sinne von wortlosem Lehrerwerden, sondern dass wir Gott ganz bewusst in seinem Wort begegnen. Es hat immer mit Gedanken, Klarheit, Kommunikation und Sprache zu tun.
Ein großes Problem in weiten Teilen der charismatischen Bewegung ist, dass die Gottesbegegnung oft auf Gefühle verlegt wird. Es entsteht der Eindruck, weil wir uns besonders gut und glücklich fühlen, müsste Gott sich auch besonders geehrt fühlen. Die Bibel sagt jedoch das Gegenteil: Man betäubt Menschen, anstatt sie wach und bewusst zu machen.
Einer der bedeutendsten Prediger des 20. Jahrhunderts war Martin Lloyd-Jones. Er war nicht nur Theologe, sondern auch Arzt. Er hat einmal sehr gut darauf hingewiesen, dass der Heilige Geist beim Christen keine Betäubung, Benebelung oder Trunkenheit bewirkt, sondern ein hohes Maß an Wachheit und Bewusstheit.
Martin Lloyd-Jones brachte das mit einer schönen Formel auf den Punkt: Heiliger Geist und Alkohol haben genau entgegengesetzte Wirkungen. Alkohol wirkt beruhigend und betäubend. Würde man den Heiligen Geist pharmakologisch einordnen, müsste man sagen, er ist ein Stimulans.
Der Heilige Geist ist das Gegenteil von einem Betäubungsmittel. Er wirkt als Wachmacher und nicht als Betäuber. Deshalb betont die Bibel auch den Zusammenhang zwischen Wachsein und Beten. Kolosser 4, Vers 2 sagt: „Seid ausdauernd im Gebet und wacht darin mit Danksagung.“
Das zweite Fazit lautet: Willst du, dass deine Worte heilsame Macht entfalten, gebrauche sie zum Beten. Heilsame Worte sind wahrhaftige Worte, sind betende Worte.
Ermahnende Worte als Ausdruck christlicher Verantwortung
Und dann ein drittes C: Heilsame Worte sind ermahnende Worte. Das steht in den Versen 19 bis 20, die wir zum Schluss noch miteinander studieren wollen.
Liebe Brüder, sagt Jakobus, wenn jemand unter euch von der Wahrheit abirren würde und jemand ihn bekehrt, der soll wissen: Wer den Sünder von seinem Irrweg bekehrt, der wird seine Seele vom Tode erretten und wird die Mängel der Sünden bedecken.
Das ist jetzt eine spannende Frage: Wer ist dieser Jemand? Und zwar der erste Jemand in Vers 19, wenn jemand unter euch abirren würde. Wer ist das? „Unter euch“ bedeutet, er kommt aus den Reihen der Gemeinde.
Abirren bedeutet nicht unbedingt, dass jemand total den Glauben verweigert. Das kann auch einem echten Christen passieren, dass er sich auf einem Irrweg bewegt und eine falsche Entscheidung trifft. Und dann sagt Jakobus: Lasst ihn nicht laufen, sondern geht ihm oder ihr liebevoll nach und beantwortet diese unehrliche, verschlagene Keinsfrage: Soll ich meines Bruders Hüter sein? Ehrlich mit Ja.
Dazu mahnt uns das Neue Testament immer wieder, etwa in Galater 6, Vers 1, das ist auch ein ganz wichtiger Vers für diesen Zusammenhang: Galater 6,1 Da sagt der Apostel Paulus: „Brüder, wenn auch ein Mensch von einer Übertretung übereilt würde, so helft ihr, die ihr geistlich seid, einem solchen im Geist der Sanftmut wieder zurecht und gebt dabei Acht auf dich selbst, dass du nicht selbst auch versucht wirst.“
Im Geist der Sanftmut, im Geist der Demut, im Wissen darum, dass es mir selbst genauso passieren kann. Oder nehmen wir Titus 1, Vers 9, wo Paulus schreibt, dass ein Ältester in der Lage sein soll, mit gesunder Lehre zu ermahnen und die Widersprechenden zu überführen. Die Widersprechenden überführen, im Geist der Sanftmut ermahnen.
Aber noch mal: Wer ist dieser Jemand von Vers 19? Er kommt offensichtlich aus den Reihen der Gemeinde, also einer von euch. Aber er wird dann zugleich in Vers 20 als „Sünder“ bezeichnet. Und nun wissen wir natürlich, dass auch die Kinder Gottes noch Sünder sind. Aber wenn der Begriff so speziell verwendet wird im Neuen Testament, hamartolos, Sünder, dann ist damit meistens der Nichtchrist gemeint.
Obwohl auch wir Christen noch sündig sind, ist der Sünder in der Regel ein Nichtchrist. Ein Beispiel: Matthäus 9, Vers 13. Da berichtet Matthäus ja von seiner eigenen Bekehrung, wie der Herr Jesus gesagt hat: „Ich bin gekommen, die Sünder zu rufen.“ Oder beim Gleichnis vom Verlorenen in Lukas 15, da heißt es in Vers 7 und in Vers 10: „Immer im Himmel wird Freude sein über einen Sünder, der sich bekehrt.“ Oder Römer 5, Vers 8: „Gott beweist seine Liebe zu uns, als Christus für uns gestorben war, als wir noch Sünder waren“, also als wir noch nicht bekehrt waren.
Der Begriff Sünder meint höchstwahrscheinlich auch hier den Nichtchristen, also einen Menschen, der sich auf dem Weg zur Verdammnis befindet und trotzdem äußerlich in den Reihen der Gemeinde sitzt. Und das ist der klassische Fall eines Scheingläubigen, so wie wir ihn ja auch in Kapitel 2, Verse 14 bis 26 beschrieben gefunden haben. Wahrscheinlich kommt Jakobus darauf jetzt wieder zurück, dass hier von diesem Scheingläubigen gesprochen wird, der nach außen hin dazugehört, aber nicht wirklich zu Jesus gehört, der nicht wirklich bekehrt ist.
Irgendwann bricht die Not auf, und diese Not wird als Abirren erkennbar. Vielleicht sagt er einfach: „Ich will nicht mehr. Ich glaube das nicht. Ich habe das eigentlich noch nie geglaubt. Ich brauche auch keinen Gottesdienst, ich brauche auch hier eure Gemeinde nicht. Das Kapitel ist für mich abgeschlossen.“ Und Jakobus sagt: Jetzt ist die Gemeinde gefordert, dem von der Wahrheit Abgeirrten nachzugehen. Geh ihm nach, lasst ihn nicht einfach laufen, aber tut es in Liebe, in Liebe und in Klarheit, wie wir in Galater 6, Vers 1 gelesen haben, mit Sanftmut und mit Deutlichkeit.
Also, ich denke, der Fall lässt sich hier wie ein Puzzle doch klären: Da ist einer, der scheinbar dazugehört, obwohl er noch nicht echter Christ ist, und der nun offensichtlich von der Wahrheit abirrt. Deshalb besteht dringender Handlungsbedarf mit hoffnungsvoller Aussicht.
Wie ist das in der Praxis? Ihr Lieben, wenn einer abirrt, dann können wir das ja in der Regel nicht sehen. Ist das jetzt einer, der ernsthaft bekehrt ist und in der Krise steckt? Oder ist das jemand, der noch überhaupt nicht richtig bekehrt war, aber bei dem das jetzt nur auffliegt, dass er noch nicht bekehrt war? Diese beiden Möglichkeiten gibt es ja immer.
Und dann ist es unsere Aufgabe, nicht zu spekulieren und zu bohren, um irgendwie rauszukriegen, ob das sich nun um Fall A oder Fall B handelt. Wären wir überfordert, wir schauen ja nicht in die Herzen, das macht ja nur der Herr Jesus. Unsere Verantwortung ist dann ganz klar: Nachgehen, überführen, mit Geduld, mit Liebe, mit Takt, mit Keuschheit, mit Klarheit.
Der Herr sprach zu Kain: „Wo ist dein Bruder Abel?“ Und er sprach: „Ich weiß nicht. Soll ich meines Bruders Hüter sein?“ Und Jakobus sagt: Ja, selbstverständlich sollst du deines Bruders Hüter sein, sollst du deiner Schwester Hüter sein.
Und vielleicht stellt sich dann im weiteren seelsorgerlichen Vollzug heraus, dass der Betroffene ein echter Christ ist, und dann wirst du ihm umso leichter zurechthelfen können. Das ist dann die Situation von Galater 6, Vers 1: Bringt einander zurecht mit Sanftmut, aber bedenkt dabei immer, dass es euch genauso passieren könnte.
Es wird die Art und Weise, wie wir den anderen versuchen zurechtzubringen, sehr mitprägen, denke ich. Aber sollte es sich um jemanden handeln, der bis dahin noch nicht bekehrt war, dann kann Gott gerade diese Situation in seiner Gnade so führen, wie sie hier beschrieben ist.
Und dann passiert das Herrliche, was Vers 20 sagt: Dann kann Gott es wirklich schenken durch diesen Vorgang, dass seine Seele vom Tod errettet wird. Und das meint hier vom ewigen Tod, von der Hölle, von der Verdammnis.
Und deswegen ist es gut, liebe Geschwister, wenn ein Scheinglaube bei jemandem vorhanden war. Es ist gut, dass das auffliegt. John MacArthur hat vor einiger Zeit mal gesagt, dass das eine seiner größten Sorgen wäre, dass in der Gemeinde Jesu, wie die Bibel es ja uns auch sagt, so viel Vermischung ist zwischen Menschen, die wirklich zu Jesus gehören, und denen, die nicht zu ihm gehören, obwohl alle anderen glauben, sie gehören zu ihm, und sie das selber auch von sich denken.
Und das kann nur Gott mit seinem Wort in seiner Gnade in den Herzen aufdecken. Und es ist eine Aufgabe auch unserer Verkündigung, auf diesen Tatbestand des Scheinglaubens hinzuweisen. Nicht weil wir in die Herzen schauen können, das können wir nicht. Aber weil Gott sein Wort in der Weise gebrauchen will, um Menschen, für die das gilt, davon zu überführen.
Nicht um denen, die zu ihm gehören, ihre Heilsgewissheit kaputtzumachen oder anzugraben, überhaupt nicht, im Gegenteil. Sondern um den, der sein Leben noch nicht Christus anvertraut hat, um den, der sein Leben noch nicht als Bankrott angemeldet hat, der noch nicht zugegeben hat, dass er Jesus als Erlöser und Sühneopfer für seine Schuld braucht, um den davon zu überführen und zu sagen: Du brauchst Jesus. Mach jetzt endlich klare Sache, beug dich endlich, hör endlich auf, einfach mitzuschwimmen, sondern rufe den Herrn an, und er wird dich erretten.
Und dann wird die Menge der Sünden, sagt Jakobus, zugedeckt. Und ihr Lieben, das kann doch eine gute Aufgabe auch für uns als Einzelne und auch für unsere Gemeinden sein, dass wir uns die Frage stellen: Wo ist ein Mensch, den ich möglicherweise ansprechen soll? Wen sollte ich in dieser Weise behutsam kontaktieren? Welchen Menschen will Jesus mir ans Herz legen?
Und das ist dann die wichtigste Aufgabe gegenüber dem Abgeirrten, dass wir ihn zur Umkehr führen. Manchmal können wir noch nicht reden, manchmal gibt es Hindernisse, die das noch unmöglich machen. Vielleicht ist er auch in sich so verschlossen, wie auch immer. Vielleicht sollte auch jemand anderes mit ihm reden als du, das kann auch sein.
Aber dann kannst du schon mal anfangen zu beten, zu beten mit dem Ziel, dass der Herr diesen Menschen zur Umkehr führt, und dann suche nach einem Weg. Und wisst ihr, ihr Lieben, das ist eine große Verantwortung, auch letztlich eine große Freude für uns, dass der Herr uns daran beteiligt.
Schaut mal, was hier steht im letzten Vers: Eine Seele vom Tode erretten, Sünde bedecken – wer kann das? Doch nur Jesus. Wir können doch keine Seele vom Tode erretten und keine Sünde bedecken, das kann doch nur Jesus selbst. Aber der Herr will uns in diesem Prozess gewissermaßen als seine Boten und seine Handlanger mit einbauen, und das ist auch wiederum eine große Gnade, über die wir nur staunen können.
Und wenn Gott Gnade schenkt, dann schenkt er wirklich, dass die Sünde zugedeckt wird. Ihr Lieben, hier ist wirklich jedes Wort wichtig. Es ist interessant: Das Wort „wird bedecken die Menge der Sünden“. Bedecken bedeutet nicht vertuschen. Die Sünde bedecken heißt nicht, die Sünde unter den Teppich zu kehren und zu verdrängen.
Bedecken bedeutet aber auch nicht, eine Sünde brutal ans Licht zu zerren und öffentlich zur Schau zu stellen. Das ist auch absolut gegen die Bibel. Sondern bedecken bedeutet, dass wir ermahnend mit dem Bruder oder der Schwester oder dem Abgeirrten reden. Nicht, dass wir Staub aufwirbeln, nicht, dass wir ihn fertig machen.
Ermahnendes Reden bedeutet, dass Schuld keusch aufgedeckt wird im Verborgenen, dass Schuld aufgedeckt wird, damit sie zugedeckt werden kann durch Jesu Vergebung. Und dann greift Sprüche 10, Vers 12: „Die Liebe deckt alle Übertretungen zu.“ Oder 1. Petrus 4, Vers 8: „Die Liebe bedeckt auch der Sünden Menge.“
Und dann passiert, was in Jakobus 2, Vers 13 steht: „Barmherzigkeit triumphiert über das Gericht.“ Und darum sind ermahnende Worte in ihrer Absicht, in ihrer Zielrichtung, in ihrer Intention auch immer ermutigende Worte, barmherzige Worte, Worte, die den anderen nicht nur auf seine Schuld stoßen, sondern die den Blick auf Christus richten und sagen: Schau deinen Herrn an, er kann alles zurechtbringen, er will alles vergeben.
Und deswegen sagt Paulus in 2. Timotheus 2, Vers 24: „Ein Knecht des Herrn soll freundlich sein gegen jedermann, einer, der mit Sanftmut die Widerspenstigen zurechtweist.“ Und da möge der Herr uns allen noch mehr Sanftmut schenken, aber auch noch mehr Mut.
Es fehlt uns ja oft an beidem, ich kann das nur für mich selbst sagen. Es fehlt uns manchmal an Sanftmut, auch an Geduld, oder vielleicht sind wir manchmal sanftmütig in unserem Herzen und kriegen es nicht richtig rüber über die Rampe und nicht richtig kommuniziert, das kann auch noch sein. Aber es fehlt uns manchmal auch an Mut, weil wir den Konflikt fürchten und weil wir nicht wollen, dass sich alles so schiedlich-friedlich eingespielt hat. Wenn du das jetzt ansprichst, wird er dich dann noch angucken? Wird er dir dann noch vertrauen?
So brauchen wir beides, und wir sehen, wie wir in diesem Prozess, in diesem Dienst hundertprozentig auf den Herrn angewiesen sind, dass er uns hilft, diese Worte in der rechten Weise zu gebrauchen und dass er demgegenüber hilft, unsere Worte in der rechten Weise zu dechiffrieren, aufzunehmen, zu hören.
Und umgekehrt, wenn uns jemand etwas sagt, dass wir es in der gleichen Weise tun und dass wir lernen, zu unterscheiden zwischen Anmaßung und persönlichem Angriff und Gemeinheit und liebevoll gemeinter geistlicher Ermahnung.
Das ist sehr, sehr schwierig, weil wir alle noch Menschen sind, und wir haben unsere Eitelkeiten und unsere Empfindlichkeiten, und jeder von uns ist an einer anderen Stelle komisch, wir kennen uns doch.
Da können wir den Herrn nur bitten: Herr, du weißt, wie angewiesen wir auch in unserem Kommunikationsverhalten sind darauf, dass du das immer alles letztlich dann richtig einfädelst und dass du es wieder zurechtbringst. Und unsere Worte erweisen sich dann wirklich als heilsame Worte, dass es wahrhaftige Worte sind, betende Worte, dort, wo es nötig ist, ermahnende Worte, aber auch zugleich ermutigende und barmherzige Worte.
Manchmal kann es sein, ich denke da auch an einen Vorgang bei uns in der Gemeinde, wo ein Bruder einen anderen wirklich liebevoll auf eine Sache hingewiesen hat und das mit viel Barmherzigkeit und Einfühlungsvermögen getan hat, soweit ich das beurteilen kann. Und derjenige, der so barmherzig ermahnt wurde, hat sich trotzdem erst mal verstockt. Das ist dann später wieder gut geworden.
Aber manchmal ist es ja so, dass jemand, weil er sich irgendwo getroffen sah, dem Bruder, der ihm das gesagt hat, vorwirft, du bist unbarmherzig. Und natürlich fragt man sich dann in so einer Situation: Warst du jetzt wirklich unbarmherzig, hast du den falschen Ton getroffen, oder hat der andere nur reagiert, weil irgendwas in seinem Leben getroffen war und weil er gemerkt hat, dass da ein gewisses Körnchen Wahrheit dran war?
Ich bin Gott dankbar, dass er in dem Fall, wie das da gelaufen ist, das dann später wieder alles gut gemacht hat. Aber es ist einfach wichtig, dass wir uns immer wieder auch dem Urteil Gottes aussetzen und dass wir immer wieder beten und sagen: Herr, gib mir die richtigen Worte, gib mir den richtigen Ton.
Und dass wir uns nicht schnell damit beruhigen sagen: Na ja, der hat sich eben getroffen gefühlt und deswegen hat er gesagt, dass du so barsch warst. Aber wie gesagt, wir sind alle immer wieder darauf angewiesen, dass der Herr unsere Worte und unsere Gesinnung prüft.
Und wir können immer wieder nur zu Jesus damit kommen und sagen: Herr, du weißt alle Dinge, du weißt, wie wir es meinen, und hilf doch und erbarme dich doch und lass doch unsere Worte immer mehr wie goldene Äpfel werden und natürlich auch wie ein zweischneidiges Schwert.
Das ist das Wort Gottes, das sind nicht unsere Worte, das zweischneidige Schwert. Aber dort, wo wir das Wort Gottes ausrichten in eine bestimmte seelsorgerliche Situation hinein, werden dann eben auch unsere Worte wie ein zweischneidiges Schwert wirken, wenn der Herr Vollmacht schenkt.
Und wir sind einfach darauf angewiesen, dass Jesus dafür sorgt, dass unsere Kommunikation mehr Segen anrichtet als Schaden. Und ich denke, es ist schon eine Hilfe, wenn wir uns einfach dessen bewusst sind, wenn wir uns dieser Brisanz von Worten immer wieder bewusst werden.
Dann können wir den Herrn immer wieder jeden Tag neu bitten: Herr, beschütze mich und meine Worte, beschütze mich auch vor mir selbst und beschütze meine Worte vor mir selbst. Und schenke es doch immer wieder, dass auch durch alle Fehler hindurch, die ich mache, doch dein Wort und dein Ton, dein heiliger, liebevoller Ton deutlich wird.
Und dann wird es trotzdem noch passieren, dass wir uns im Wort vergreifen von Zeit zu Zeit und dass wir nicht den richtigen Ton treffen. Aber auch da will der Herr Jesus an uns arbeiten.
Und da gilt auch das Versprechen aus Jakobus 1, Vers 5: „Wenn jemand Weisheit mangelt, der bitte von Gott.“ Und das ist gut, dass wir so als Bettler dann immer wieder vor unseren Herrn treten können und sagen: Herr, ich weiß jetzt wirklich nicht, wie soll ich das Ding angehen, von welcher Seite her soll ich versuchen, ihn anzusprechen? Ach, erbarme dich doch und stehe du zwischen uns und gib uns immer wieder die richtigen Worte.
Das Gebet um den richtigen Ton als Bild für die richtige Kommunikation
Und unser Herr wartet nur darauf, dass wir so beten. Er wartet nur darauf, dass wir es so machen wie jener Schafzüchter aus Idaho in den USA, als es damals statt Internet nur Radio gab.
Er wohnte allein auf seiner Farm, viele Kilometer von der nächsten Stadt entfernt. Sein großes Vergnügen, seine große Leidenschaft, war seine alte Geige. In der Regel, wenn er seine Farmersarbeit am Abend erledigt hatte, stimmte er sein Instrument und spielte zu seiner eigenen Freude noch in den Abend hinein.
Eines Tages passierte es diesem Violinisten, dass seine A-Saite riss. Gut, er ersetzte die A-Saite durch eine andere, spannte sie auf das Instrument. Doch als er die neue Saite auf den Kammerton A stimmen wollte, war er hilflos. Er hatte kein Klavier und keine Stimmgabel. Was sollte er machen? Wie konnte er die neue Saite rein auf A stimmen, wenn er keinen Ansatzpunkt hatte und das nächste Musikinstrument kilometerweit entfernt war?
Dann kam ihm eine Idee. Sein Blick fiel auf sein kleines Radio in der Ecke. Er setzte sich hin und schrieb einen Brief an den Direktor der nächsten Radiostation. Darin bat er um folgende Unterstützung: Würden Sie mir bitte bei Erhalt dieses Briefes an einem der nächsten Tage um 19 Uhr in Ihrem Sender die Note A angeben?
Jeden Abend um 19 Uhr stellte er das Radio an. Eines Abends war es dann so weit. Der Sprecher sagte: „Punkt 19 Uhr unterbrechen wir die Musik jetzt für einen Augenblick. Liebe Hörer, vor uns liegt der Brief eines Farmers weit weg in Idaho, dessen Geige verstimmt ist. Er bittet uns, ihm den A-Ton anzugeben. Farmer, hören Sie uns, jetzt ertönt Ihr gewünschter Ton!“
Dann kam der Kammerton A über das Radio, über hunderte von Kilometern hinweg. Der Farmer griff nach seiner Geige, nahm den klaren Ton augenblicklich auf. Lange noch, nachdem das Radio abgestellt war, konnte er in Ruhe die anderen Saiten nach diesem Ton A stimmen. So ließ er in alter Weise und bis in die Nacht hinein seine Violintöne erklingen.
Gib mir den richtigen Ton, so dürfen wir den Herrn bitten. Wir brauchen den Kammerton aus der Ewigkeit. Wir können diesen Ton nicht selbst kreieren, auch nicht dadurch, dass wir uns noch so sehr anstrengen und gutmütig sein wollen. Wir brauchen den Ton aus der Ewigkeit. Lasst uns den Herrn darum bitten, dass er uns diesen Ton durch seinen Heiligen Geist sendet.
Dann möge dieser himmlische Ton auch in den zerbrechlichen Worten mitschwingen, in denen wir miteinander sprechen. Herr Jesus, wir bitten dich darum. Du weißt, wie sehr wir manchmal selbst an unseren eigenen Worten verzweifeln und wie stark die Versuchung oft ist, dass unser Temperament mit uns durchgeht oder unsere Trägheit uns lähmt und zum Schweigen, zum Verstummen bringt.
Herr Jesus, wir brauchen deinen Ton. Wir brauchen es, dass du selbst in unseren Worten bist, dass du unsere Worte prägst, dass du unser Herz immer mehr so veränderst, dass die Worte, die aus diesem Herzen herauskommen, dir Ehre machen und zum Segen sind – für unsere Glaubensgeschwister, aber auch für die Nichtchristen, mit denen wir zu tun haben.
Herr, wir bitten dich, wenn wir an unsere Gemeinden denken oder an unsere Hauskreise oder an unsere Familien. Du weißt, wo dort Menschen sind, die noch nicht zu dir gehören, die noch Sünder sind im Sinne von Vers 20 hier. Ach bitte, lass es doch geschehen, dass sie auch noch zur echten Umkehr geführt werden.
Und Herr, dort, wo du uns gebrauchen willst in diesem Dienst, da gib uns den Mut und die Liebe. Herr, segne uns und erbarme dich über uns und unsere Worte, dass sie dich ehren. Amen.