Vielleicht haben Sie Lust, einmal wieder in alten Büchern zu blättern? Haben Sie so ein Buch mit Biografien? Zum Beispiel über Paul Fleming. Er starb mit 31 Jahren an einer Epidemie in Hamburg, kurz nach seiner Rückkehr von seinen gefährlichen Reisen.
Er hatte bittere Enttäuschungen erlebt. Bevor er zur Reise aufbrach, hatte er eine Braut zurückgelassen. Er dichtete das schöne Volkslied „Ein getreues Herz zu wissen, dass es höchste wäre“. Doch als er zurückkam, hatte sie einen anderen geheiratet.
Trotz allem hat er nicht an der Treue Gottes gezweifelt. Er war ein Zeuge des Glaubens. Sein Lied ist das einzige Reiselied, das uns auch auf schwierigen Strecken begleitet. „Bin ich in wilder Wüste, so bin ich doch bei Christ und Christus ist bei mir“ – so schön, wie wir auch im gesamten Buch einen Schatz haben.
Einführung in das Thema Gebet und Predigttext
Ich habe heute für diesen Sonntag Rogate einen Abschnitt ausgesucht, über den sonst nicht oft gepredigt wird. Ich möchte Ihnen darin einiges zum Gebet deutlich machen: Zweite Könige 19, von Vers 10 bis 19.
Im zweiten Buch der Könige, Kapitel 19, Vers 10 ab, wird berichtet, dass in Jerusalem ein Mann herrschte, der Gott vertraut hat – Hiskia. Dennoch lässt Gott ihn in schwere Bedrängnis kommen. Das macht Gott manchmal, um Menschen durch Tiefen zu führen.
Der König von Assyrien zieht mit einer großen Militärmacht vor Jerusalem. Der Glaube des Hiskia wird auf die Probe gestellt. Darüber haben wir früher einmal gepredigt: Es geschieht ein großes Wunder der Befreiung. Die Belagerungsarmee muss abziehen, weil sie in einen anderen Krieg hineingezogen wird.
Doch die belagerte Stadt Jerusalem kann sich nicht freuen. Denn der König von Assyrien schreibt einen Brief. Er sendet Boten zu Hiskia und lässt ihm sagen:
„Und nun beginnt unser Predigttext: So sprecht zu Hiskia, dem König von Juda: Lass dich von deinem Gott nicht betrügen, auf den du dich verlässt, und sprich, Jerusalem wird nicht in die Hand des Königs von Assyrien gegeben werden.“
„Siehe, du hast gehört, was die Könige von Assyrien allen Ländern getan haben, dass sie den Bann an ihnen vollstreckten. Und du allein solltest errettet werden? Haben die Götter der Völker, die von meinen Vätern vernichtet sind, sie errettet?“
Er nennt Kosan, Haran, Rezeph und die Leute von Eden, die zu Telassar waren. Er fragt: Wo ist der König von Hamath, der König von Arpad und der König der Stadt Sepharvaim von Henna und Avan?
So zählt also der Assyrerkönig alle besiegten Länder voll Stolz auf. Er sagt: „Das ist lächerlich! Kleine und schwache Jerusalem – wir doch nicht! Allein sich auf Gott zu verlassen, können wir doch nichts.“
Hiskias Reaktion und Gebet in der Not
Als Hiskia den Brief von den Boten empfangen und gelesen hatte, ging er hinauf zum Hause des Herrn. Dort breitete er den Brief vor dem Herrn aus, betete und sprach:
„Herrgott Israels, du, der du über dem Cherubim-Thron sitzt, bist der alleinige Gott über alle Königreiche auf Erden. Du hast Himmel und Erde gemacht. Herr, neige deine Ohren und höre, öffne deine Augen und sieh uns an. Höre die Worte Sanheribs, den der Herr gesandt hat, um dem lebendigen Gott Hohn zu sprechen.
Es ist wahr, die Könige von Assyrien haben die Völker mit dem Schwert umgebracht, ihre Länder verwüstet und ihre Götzen ins Feuer geworfen. Denn diese waren keine Götter, sondern Werke von Menschenhänden aus Holz und Stein. Darum haben sie sie vernichtet.
Nun aber, Herr unser Gott, errette uns aus seiner Hand, damit alle Königreiche auf Erden erkennen, dass du, Herr, der alleinige Gott bist.“
Zweifel und Herausforderungen des Gebets im Glauben
Herr, zeig uns, was Beten wirklich ist, Armin. Ich verstehe gut, wenn es später ist. Über den christlichen Glauben lässt man sich oft lustig machen. Wie oft haben wir solche Berichte gehört? Zum Beispiel in Staaten, in denen die Gottlosigkeit sogar das Regierungsprogramm bildet, wie in der Sowjetunion.
Dann stehen Leute auf und sagen, das hat uns geärgert, wie da die Christen sich versammeln und zu etwas beten, was es doch überhaupt nicht gibt. Schon sieht man: Was bieten die eigentlich an? Und um ehrlich zu sein: Vor einem Menschen, der bewusst und christlich ist, ja sogar gottlos, muss man Respekt haben. Er ist jedenfalls konsequent.
Unverständlich ist nur, wie viele Menschen bei uns in einer Zeichenzeit Christlichkeit leben. Man müsste sich eigentlich mal klarmachen: Wie ist das denn? Hört Gott wirklich Gebet, oder ist das nur ein Selbstgespräch, das ich da führe?
Und wenn man heute manche Punkte im christlichen Glauben hat, bei denen die Zweifler einsetzen und sagen: „Ich habe Zweifel an diesem und jenem vom christlichen Glauben“, würde ich immer wieder sagen: Ich würde gar nicht so weit gehen. Fangen wir doch beim Gebet an. Wer versteht das denn?
Der eine betet hier nach, und da irgendwo anders auf einem fernen Kontinent betet ein anderer. Und Gott soll das hören? Dieses Reden von uns? Irgendwo liegt jemand jetzt im Krankenhaus und betet. Gott soll das hören? Der christliche Glaube ist verrückt. Oder man glaubt. Dazwischen kann es eigentlich nicht mehr geben.
Wir sollten uns Gedanken machen: Was ist das überhaupt, das Beten? Vielleicht so eine Beruhigungspille?
Gebet als Ausdruck von Hilflosigkeit und Vertrauen
Gestern Abend wurde der Torwart vom deutschen Fußballmeister Werder Bremen gefragt, ob er auch eine Macke habe. Den Fußballern nennt man eine Macke also einen Fimmel, etwas, das sie zwanghaft tun. Er antwortete: „Natürlich habe ich das. Wenn es bei mir mal nicht richtig läuft im Tor, dann wechsle ich die Handschuhe oder die Farbe vom Pullover. Und wenn ich dann die richtige Farbe habe, dann bin ich erfolgreich.“
Dann sagte die Frau Sonne, die ihn interviewte: „Naja, jeder Mensch hat ja so seinen Aberglauben. So wird in unserer Welt auch toleriert, dass Christen auch so eine Macke haben. Die sagen, sie haben eben so einen blöden Fimmel, dass sie glauben, wenn sie beten, kommt irgendetwas dabei heraus. Der eine glaubt, dass das Beten vor Unglück schützt, eine andere meint, Beten hat eben auch Erfolg. Alles auf seine Weise.“
Ist das mit unserem Beten vielleicht auch so eine Macke? Stellen Sie doch einmal Ihre Freunde zu diesem Thema. Ich möchte Sie heute Morgen bitten, dass wir uns gegenüber ganz ehrlich sind: Hat Beten überhaupt Sinn?
Ich wundere mich beim Bibellesen immer, dass Gott uns zum Beten auffordert. Ich könnte mir vielmehr vorstellen, dass Gott sagt: „Also, so viel wie möglich könnt ihr aus eigener Kraft leisten, sonst seid ihr ja faul. Strengt euch möglichst an und schafft mal tüchtig. Und bloß in wirklich wichtigen Dingen oder bei den seelischen Dingen, die so ab der Brusthöhle kommen, dürft ihr mich überhaupt anrufen. Für die weltlichen Dinge braucht er mich nicht. Überhaupt bemühe ich mich dafür nicht, ich bin dafür nicht zuständig. Die könnte ja eure Hand umtreiben.“
Nein, wenn Sie in der Bibel lesen, werden Sie überall nur finden, dass Gott Sie auffordert, dass Gott Sie drängt, dass Gott sagt: „Rufe mich doch an!“ Und zwar in allen Dingen, beständig, immerfort, ohne aufzuhören.
Gott will in allen Dingen unseres Lebens bemüht sein. Wenn wir Gottes Gebet ernst nehmen, dann muss ja etwas dahinterstecken. Es ist nicht von uns erfunden, sondern Gottes Wille, der uns zum Beten Mut macht und der uns auffordert zum Beten.
Ich bin heute Morgen der Überzeugung, dass unter uns viele sind, die meinen, sie seien auf dem Weg des Glaubens. Und sie können jetzt wieder merken, wie weit sie abgeirrt sind. Nämlich unser Gebetsleben ist oft ganz müde und schwach geworden.
Ich möchte Ihnen zeigen, was Beten ist. Dann in drei Teilen, die wichtig sind. Das Erste...
Das Herz vor Gott ausschütten
Beten heißt, das Herz vor Gott auszuschütten – herzlich vor Gott auszuschütten. Vielleicht sind wir Männer besonders stolz und wollen nicht zugeben, dass wir Hilfe brauchen.
Es war sehr interessant, jetzt mit amerikanischen Missionaren in Indonesien zu sprechen. Sie fragten mich und sagten dann: „Ach nein, Sie sind ja Deutscher, und Deutsche geben nie zu, wenn sie etwas nicht wissen.“ Das ist interessant. Andere Völker wissen das schon, dass Deutsche immer, wenn man sie fragt: „Weißt du, wie das geht?“, oft auch dann „Ja“ sagen, wenn sie es gar nicht wissen. Sie wollen einfach nicht zugeben, wenn sie etwas nicht können oder eine Schwäche haben.
Das trifft vielleicht auf uns Männer noch einmal besonders zu, dass wir kaum zugeben wollen, an vielen Stellen nicht weiterzukommen. Darum müssen wir uns Hiskia noch einmal genau ansehen. Er war keine Flasche, sondern ein mutiger König, der die Verantwortung für Jerusalem wahrgenommen hat wie kein anderer zuvor. Vor allem hat er sich zum ersten Mal wirklich erlaubt, auf Gott zu vertrauen. Er hat alle anderen diplomatischen Brücken abgebrochen und nur versucht, Gott zu vertrauen.
Dabei ist er erst recht in Not geraten. Sicher hat das viel Kritik in seinem Beraterumfeld eingebracht. Sie sagten: „Siehst du, es ist eben doch riskant, wenn man sich auf Gott verlässt.“ Dieser mutige, kühne König Hiskia wurde so tief gedemütigt.
Zuvor hatte ja noch der Abgesandte des assyrischen Königs an der Mauer hinaufgerufen und gesagt: „Ich könnte euch Pferde geben, hätte nicht einmal Soldaten, um sie darauf zu setzen. Was habt ihr denn überhaupt noch? Ihr habt ja nichts mehr zu essen.“ Dann sagte er noch eine obszöne Soldatensprache, die man hier nicht wiedergeben kann.
Der König antwortete schließlich, sie könnten ja nicht in einer anderen Sprache reden, damit seine Soldaten das nicht hören. Sie lachen und sagen: „Wir wollen dich doch bloßstellen vor deinen Soldaten. Du bist eine jämmerliche Figur.“ Und das als König! Wenn ein Mensch so gedemütigt wird, dann ist das bitter.
Aber jetzt fällt auf, dass Hiskia das Beten erst richtig lernt – in dieser Tiefe. Die Tiefen gehören in unserem Leben dazu. Sie brauchen nie zu sagen: „Du verstehst mich nicht.“ Die Bibel versteht dich. Sie erzählt immer wieder, dass die größten Durchbrüche im Glauben ganz, ganz weit unten passiert sind.
Ich denke, Hiskia hat auch vorher viel gebetet, aber sein größtes Gebet hat er in dieser dunkelsten Stunde gebetet. Dann wird ihm der Brief noch überbracht und erreicht ihn. Da reicht seine Kraft einfach nicht mehr. Was er jetzt tut, war im Grunde eine Kapitulation.
Stellen Sie sich mal vor, einer unserer Regierenden in Bonn oder in den Landesparlamenten würde vor seinen Untergebenen zugeben, dass er nicht mehr weiterweiß. Die müssen bis zum Ende durchspielen. Wir sind die Starken, wir wissen immer weiter. Ist es eigentlich schlimm, dass wir so unbarmherzig sind?
Dieser Hiskia kann nur noch hinausgehen in den Tempel und fällt vor Gott nieder. Dieses Niederknien ist ein Zeichen seiner völligen Verzweiflung, seiner Hilflosigkeit und seiner Ohnmacht. Wenn Sie wissen wollen, was Beten ist: Beten ist Ausdruck unserer totalen Hilflosigkeit.
Ja, kann ich nicht auch beten, wenn ich noch viel weiß? Sie dürfen immer beten. Aber richtig beten können Sie erst, wenn Sie hilflos sind. Ich bin überzeugt, dass Sie viel Grund haben, hilflos zu sein. Wenn Sie einmal Ihr Leben wirklich im Licht Gottes ansehen, werden Sie auf viele Punkte stoßen, an denen Sie sagen: „Ich kann ja gar nicht vor Gott treten. Ich bin ja gar nicht der Mensch mit dem reinen Herzen. Ich bin ja so treulos.“
Das Beten fängt ja erst richtig an in dieser letzten Not, wenn man sieht, man ist am Ende mit seinen ganzen Möglichkeiten. Für das Beten ist es gar nicht wichtig, ob Sie alles verstehen, wie das alles geht. Oft hängen unsere Zweifel damit zusammen, dass wir es intellektuell nicht schaffen oder nicht meistern.
Ich war jetzt auf meiner Ostasienreise fasziniert, was die moderne Technik uns ermöglicht. Da kann ich einen lieben Brief zum Verlobungstag meiner Frau schreiben, gebe ihn in den Telefax und nehme ihn zur gleichen Sekunde im Büro drüben heraus und schicke ihn per Telefax – und das kostet kaum mehr als eine doppelte Briefgebühr. Das macht die Technik heute möglich.
Wie viele Möglichkeiten hat erst Gott, um das Gebet derer zu hören, die zu ihm rufen? Das muss ich gar nicht verstehen, wie das im Einzelnen läuft. Es ist auch völlig unwichtig, was Sie fühlen, wenn Sie beten. Oft sind wir beim Beten völlig verzweifelt.
Ich denke, dieser König Hiskia hatte flatternde Nerven. Er war gar nicht beruhigt und vielleicht auch nicht von dieser großen Geborgenheit des Glaubens umgeben. Das ist gar nicht wichtig. Was wir fühlen, ist nicht entscheidend. Hauptsache, wir sprechen mit Gott.
Jetzt möchte ich fragen: Willst du überhaupt beten? Über die Schwierigkeiten deines Lebens? Bei mir dauert das manchmal ganz lange, bis ich ihm stolz sage: „Jetzt drückst du doch selber durch.“ Und dann wird alles schwieriger. Besonders kompliziert ist es immer, wenn wir mit Menschen in ganz unlösbaren Konflikte geraten.
Dann darf ich rufen, ich darf schon vorher rufen, aber ich darf immer wissen, wo es gar keine Lösung mehr gibt, wo alles verzweifelt ist. Bei Hiskia war das so sofort, als der Brief kam. Er kniete nieder, breitete ihn vor Gott aus. Beten ist, das Herz vor Gott auszuschütten.
Erinnerungen an Gebetserhörungen und die Kraft des Gebets
Heute haben wir den 8. Mai. Wer von den Älteren denkt nicht daran zurück? An den Moment, als der schreckliche Zweite Weltkrieg zu Ende war.
Dann wird uns erst wieder bewusst, welche Gebetserhörungen wir erlebt haben. Da waren Männer in der Kriegsgefangenschaft, Frauen wussten monatelang oder noch länger nicht, wo ihre Männer waren und ob sie noch lebten. Haben sie Gott geschrieben?
Die Geschichte der Gebetserhörungen ist so machtvoll. Sie sollten auf dem Nachhauseweg und auch heute noch die Gelegenheit nutzen, um anderen zu erzählen, wie Gott in ihrem Leben gewirkt hat. Tausendfach hat er unglaubliche Wunder geschenkt – als Antwort auf das Gebet in Hunger, Angst und Not, als die Bomben fielen, und in Zeiten der Verzweiflung, wenn man nicht mehr weiter wusste.
Am Montag hatten wir unsere Kirchen-Gemeinderatssitzung. Wir planen ja die Eröffnung unseres Waldheims. Unser Bauvorhaben liegt seit Monaten still, weil es zwei Einsprüche von Nachbarn gibt. Trotzdem geben wir nicht auf, Gott zu bitten, dass wir unser Ferienwaldheim realisieren können.
Wir stehen oft mit dem Rücken zur Wand, auch in unserer Gemeindearbeit. Und genau das will Gott. Denn nicht unser Können und unser Vermögen, nicht unsere Leistung, sondern der Herr allein ist entscheidend. Gib Gott Raum!
Was geschieht beim Beten? Gottes Raum geben
Das Erste beim Beten ist das Herz ausschütten vor Gott. Zweitens gibt Gott Raum. Was passiert denn eigentlich beim Beten? Passiert da wirklich etwas? Wir wollen uns anschauen, wie der König Hiskia betet.
Er macht das ganz einfach: Er breitet seine Not vor Gott aus. Ganz simpel. Wir müssen Gott gar nicht im Großen erzählen, was uns bedrückt. Er weiß genau, was wir haben und was uns bekümmert. Alle Details kennt er bestens.
Dann spricht Hiskia große Worte: „Du bist doch allein Gott.“ Wer das schöne Buch von Halles Spiel kennt, dem norwegischen Theologieprofessor, das als eines der schönsten Bücher über das Gebet gilt, erinnert sich, dass er diesen Punkt ganz eindrücklich macht. Beten heißt, Jesus in unser Leben eintreten lassen.
Die meisten Betenden denken gar nicht daran, dass darin das größte Wunder liegt. Wir sind ganz verzweifelt und voller Angst und wissen nicht, wie das ausgehen soll. In dem Augenblick, wo wir anfangen zu beten und nur sagen: „Herr, da komm doch“, spüren wir die Ruhe über uns kommen. Er ist wirklich der Herr und nicht die Krankheit.
Er ist Herr, auch über meinen Tod. Er ist der Herr, der den Schlüssel zum Herzen schwieriger Menschen hat. Er kann auch meine Berufsprobleme lösen. Gott ist ein kleines Silber- und Goldgebiet, das so groß ist.
Wenn Sie einmal anfangen zu beten, konkret vor einem schwierigen Behördengang oder wegen Kindern, mit denen Sie nicht fertig werden, erleben Sie beim Beten, bevor Sie noch etwas sehen, dass Er Herr ist.
Nun sagen Sie vielleicht: „Aber das setzt ja gerade meinen Zweifel ein. Ich habe im Augenblick meines Betens Angst, ob das wirklich noch so ist, ob nicht die Not, die mich bedrängt, größer ist als Gott.“ Das ist schön, denn eigentlich braucht das Gebet die Bibel neben sich.
Beten kann man nur richtig über der aufgeschlagenen Bibel. Wenn man dann die Psalmen liest oder auch das neue Gesangbuch zur Hand nimmt und all die großen Worte liest: „Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu dir. Herr, höre meine Stimme. Von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine Hand über mir.“
Plötzlich ist Ihre Krankenstube verwandelt. Sie sehen nicht mehr die weißen, kahlen Wände, sondern die Freundlichkeit Gottes, die Sie umgibt.
Warnung vor zu schnellen Gefühlsumsetzungen und Ermutigung zum freien Gebet
Ich möchte Sie immer wieder warnen, dass Sie jetzt auch hier nicht zu schnell warten, bis sich das in Gefühlen umsetzt. Ich wünsche Ihnen, dass Sie Gefühle haben. Aber der Glaube ist so mächtig, dass er einfach aus dem Wort Gottes Glauben und fassen darf.
Wichtig ist auch die Mahnung der Bibel, dass wir heilige Hände ohne Zweifel aufheben. Dass wir Gott anrufen und ihm Raum geben, damit er in unser Leben eintreten darf.
Manche fragen uns ab und zu, warum wir es in unseren Gottesdiensten so machen. Dazu möchte ich ganz offen sprechen. Ich sehe mich auch so, wie Sie sich vielleicht genieren, wenn ich vor anderen beten soll. Da hat man ja eine ganz normale Scheu, denn das Beten ist ja das Intimste. Es liegt am meisten unter der Scham, die Sie ganz richtig empfinden. Das ist der unmittelbarste Ausdruck Ihres Menschseins, wenn Sie mit Gott, dem Vater im Himmel, reden.
Da hat man natürlich Bedenken, ob man das im Gottesdienst so tun kann. Besonders haben wir in unseren Kirchenbüchern so wunderbare Gebete. Sie sind gewaltig in der Formulierungskunst, in der deutschen Sprache, im Lobpreis Gottes und im biblischen Gehalt.
Dennoch möchte ich Ihnen an dieser Stelle einfach Mut machen, einfach zu beten. Ich weiß, die anderen Gebete sind viel schöner. Aber machen Sie es genauso. Ich freue mich manchmal in einer Gebetsgemeinschaft, wenn einer zum ersten Mal anfängt und vor lauter Nervosität sich vielleicht verhaspelt und am Ende vergisst, das Amen zu sagen. Im Himmel ist Jubel über dieses Gebet.
Manche werden mich jetzt verdächtigen, dass ich die Formlosigkeit zum Prinzip erhoben hätte. Nein, das Gebet hat etwas von einem Notschrei an sich. Und keiner soll denken, dass das Wohlformulierte das Größte ist. Die schönsten Gebete in der Bibel waren oft Verzweiflungsrufe. Zum Beispiel: "Herr, denk an mich, wenn du in dein Reich kommst" – ein Ruf eines sterbenden Mannes, der neben Jesus am Kreuz hing, und ähnliche Rufe. Das ist Beten. Das hört Gott, wenn es unmittelbar und so ursprünglich über unsere Lippen kommt.
Darum dürfen Sie gar nicht denken, Sie hätten etwas in der Form falsch gemacht. Man kann gar nichts falsch machen. Jesus hat uns die Kinder als Modell hingestellt. Nur das ist schlimm, wenn Sie nicht beten wollen.
Wenn Sie sagen, ich bin so schüchtern, ich habe am Krankenbett nicht gebetet, dann beten Sie doch. Sagen Sie: "Ich kann es bloß ganz einfach tun." Nehmen Sie einen Liedvers und beten Sie ihn. Nehmen Sie andere mit. Dann beten Sie so, wie Sie es tun können – aber ohne Zweifel. Rufen Sie den Namen des Herrn an und erleben Sie, wie Gott Ihnen eine ganz wunderbare Hilfe schenkt.
Geben Sie Gott Raum im Gebet. Es ist plötzlich so, dass Gott eintritt – mitten in unsere Not.
Gebet zur Ehre Gottes und Umgang mit Kritik
Und dann noch das Letzte? Wir beten zu seiner Ehre, das Herz vor ihm ausschütten zu können – das können Sie behalten. Kurz Raum geben und dann zu seiner Ehre beten?
Nun haben natürlich zwei Kritiker immer an unserem Verdacht gezweifelt und sagen: „Die wollen ja immer einen Beweis von uns haben.“ Schlagende Beweise? Wir sagen: Gott will keine Beweise, aber es gibt viele Bestätigungen, und wir können viel erzählen. Doch die Kritiker wollen sozusagen naturwissenschaftlich abgesicherte Beweise.
Was wir schon erlebt haben, sind große Wunder der Heilung. Es sitzen viele unter uns, denen die Ärzte nie mehr zugetraut hätten, dass sie heute so frei von Krankheit unter uns sind. Das dürfen wir auch sagen. Trotzdem wollen wir uns gar nicht auf diese Ebene begeben, dass wir versuchen, Gott mit den Mitteln technischer Beweise zu sichern.
Der Unglaube wird doch nicht Gott die Ehre geben. Darum geht es gar nicht um die Beweise. Und die Kritiker verdächtigen uns dann und meinen, wenn wir sagen, dass alle Gebete zur Ehre Gottes sein müssen, sei das nur ein Hintertürchen, um uns herauszureden. Das stimmt nicht.
Wir sagen: Das Gebet soll zur Ehre Gottes sein. Dann wissen wir, dass in unserem Leben nichts gut sein kann, was Gott nicht will. Wie sollten wir etwas gegen Gott wollen? Eltern geben ihren Kindern auch nicht Dinge, die ihnen schaden würden. Wenn Kinder Wünsche haben, die sie krank machen oder verletzen könnten, sagen die Eltern: „Nein, du bekommst das Messer nicht.“
Dass Gott uns im Leben vieles nicht gegeben hat, um das wir oft heiß gebeten haben, ist oft auch ein Gottesgeheimnis. Aber hier betet Hiskia: Er rette uns, damit alle Menschen deine Herrlichkeit sehen, damit die Menschen etwas ahnen von der Größe Gottes.
Wir wollen uns daran erinnern lassen, dass unsere Gebete zur Ehre Gottes dienen sollen. Und allen Kritikern sei gesagt: Gerade umgekehrt ist es unser irdisches Leben, das von A bis Z Gottesehre widerspiegeln soll.
Wir beten in aller Krankheit: Herr, zu deiner Ehre, wie du es willst. Du weißt, was mein Herz wünscht, aber zu deiner Ehre.
Gebet im Alltag und Ermutigung zur ständigen Kommunikation mit Gott
Stoppt die Frau Meier? Sie holt jetzt schon wieder die Kinder. Jeder saß doch gerade noch da. Wir brauchen noch fünf Minuten. Dann kürzen wir nicht abends einen wichtigen Punkt, nur weil die Kinder da sind. Sonst fällt dieser Punkt wieder weg.
Ich habe gesagt, die Kinder kommen erst zehn Minuten vor halb. Das ist so wichtig – zur Ehre Gottes. Zur Ehre Gottes soll mein Leben dienen. Wenn sie ideal lesen, ist das nicht ganz so wichtig. Die Bibel aber ist doch auch wichtig zu lesen.
Da war so ein wunderschöner Artikel zum Muttertag drin. Über unsere Frau Angelika. Beim Bügeln beten – wissen Sie, das ist schön. In allen Dingen Gott anrufen, in allen Dingen. Mir ist das immer wieder bewegend.
Schon bei der kleinsten Autofahrt in der dritten Welt steht das so: Ein Chauffeur legt den Gang nicht ein, bevor er nicht gebetet hat – und zwar in seiner Landessprache. Und wir hätten erst recht Grund dazu, wenn wir uns mit 160 Stundenkilometern auf die Autobahn wagen.
Wissen Sie, das erfüllt uns doch so: Herr, wir gehen an den Schreibtisch, wir haben Entscheidungen zu treffen. Zufällen sitzen wir unter Leuten, die fehlen. In einem kurzen Handstrich werden Entscheidungen über Millioneninvestitionen getroffen. Andere haben in ihrem Amt große Entscheidungen über Menschen zu fällen.
Herr, zu deiner Ehre möchte ich doch das Richtige tun. Ich möchte nicht, dass die Firma pleitegeht. Herr, hilf mir! Das ist doch schön, dass es zur Ehre Gottes sein kann. Und dann darf ich sagen: Ich möchte nicht bloß eigensüchtig meine Wünsche erbitten.
Alles, was ich tue, das tue ich im Namen Jesu. Darum beten wir. Darum können wir auch gerne von Gott annehmen, wenn er uns durch lange Zeiten des Wartens führt. Aber das ist so groß, dass es uns zum Beten ermuntert.
Und das Beten ist so einfach: Du kannst beten, und der Herr will, dass du betest. Bete doch! Rufe ihn an und sag ihm, was dich bewegt. Schütte dein Herz vor ihm aus, gib ihm Raum und bete ihn an.
Das Gebet darf eigentlich gar nicht mehr abrechen – vom frühen Morgen bis in die Nacht hinein. Dann werden wir schlafen, und der Geist vertritt uns mit unaussprechlichem Seufzen. Das ist die Geborgenheit der Christen. Amen.