Der Gast der Woche: Fünf Episoden mit einem echten Bibellehrer.
Theologie, die dich im Glauben wachsen lässt.
Nachfolge praktisch – dein geistlicher Impuls für den Tag.
Persönliche Glaubensfragen und intellektuelle Herausforderungen
Mein Name ist Jürgen Fischer, und heute geht es ein allerletztes Mal um meinen Freund Benjamin. Es geht um die Frage, wie jemand, der zwei Doktortitel hat – einen in Mathematik und einen in Theologie – also ein schlauer Kopf, mit der Spannung zwischen Intellektualität und Glauben klarkommt.
Das ist ein tolles und spannendes Thema, das mich selbst schon sehr beschäftigt hat. Ich habe dir ja schon erzählt, dass ich selbst Phasen hatte, in denen ich intensiv hinterfragt habe. Das begann schon in meiner Jugend. Bereits als Kind hatte ich immer wieder Zweifel und fragte mich, ob das, was ich aus dem Elternhaus über die Bibel gehört hatte, wirklich passt.
Als ich dann selbst studierte, dachte ich, ich müsse mir jetzt ganz eigenständig mein eigenes Bild machen, ob das, was ich über die Bibel und den Glauben gehört hatte, so stimmt oder nicht. Gerade weil ich Mathematik studierte, war es mir sehr wichtig, logisch an die Sache heranzugehen und mich dabei nicht zu verbiegen.
Für mich war es niemals eine Option, einfach zu glauben, weil man es so macht oder weil es ein Sprung ins Dunkle ist. Ich wollte immer verstehen, ob das, was ich glaube, auch wirklich Sinn macht.
Einflussreiche Literatur und die Suche nach Antworten
Was waren Bücher, mit denen du gearbeitet hast? Du hast irgendwann gesagt, dass du immer mit Büchern arbeitest. Welche Bücher haben dich in dieser Zeit geprägt?
Was mich total geprägt hat, waren die Bücher von Francis Schäffer. Er hat ja ziemlich viel dazu geschrieben. Genau, zum Beispiel „Gott ist keine Illusion“, „Er schweigt nicht“ und „Preisgabe der Vernunft“ – diese Klassiker. Diese Bücher sind immer noch aktuell. Man kann sie immer noch lesen und sollte es auch, denn Schäffer hatte einen sehr großen Weitblick. Er verstand große Zusammenhänge und Strömungen, beschrieb sie aber sehr einfach. Das finde ich total hilfreich.
Diese Bücher haben mir sehr geholfen. Aber auch vieles andere, viele Einzelfragen, mit denen ich mich beschäftigt habe. Zum Beispiel: Stimmt es wirklich, dass wir heute noch die Bibel vor uns haben, die damals geschrieben wurde? Wer sagt denn, dass da nicht „stille Post“ passiert ist in der Zwischenzeit? Ist das historisch glaubwürdig? Hat Jesus wirklich gelebt? Ist es überhaupt plausibel, dass Wunder passiert sein können?
Das sind ganz viele Fragen, die ich mir gestellt habe. Dabei habe ich gemerkt, dass es ein verlässliches Fundament gibt. Das war mir total wichtig: dass ich diese Fragen stellen darf und dass ich Antworten finde.
Alternative Wege zur Glaubensbildung ohne Lesen
Ich weiß genau, wie es dir geht. Mir kommt spontan folgende Frage: Was machen wir mit Leuten, für die das Lesen eine Last ist? Die jetzt sagen: Lesen? Vielleicht sogar: Muss ich jetzt englische Bücher lesen? Und wir beide würden sagen: Ja, eigentlich schon.
Wie kann jemand, der sagt „Nee, Lesen ist nicht meins“, sich an dieser Stelle weiterbilden? Ich denke, dass jeder, der viel liest, das Lesen braucht, weil er durch das Lesen auch die Fragen bekommt. Das heißt: Jemand, der gerne liest und dort Antworten findet, bekommt meistens durch das Lesen überhaupt erst die Fragen.
Umgekehrt ist es so: Jemand, der gar nicht gerne liest, bekommt in der Regel auch die Fragen nicht durchs Lesen. Da würde ich sagen, der braucht sie dann auch gar nicht durchs Lesen beantwortet zu bekommen. Stattdessen bekommt er sie anders – durch das, was er hört, durch die Gespräche, die er führt, durch das, was er vielleicht von Arbeitskollegen aufschnappt oder im Fernsehen sieht oder sich auf YouTube anschaut.
Ich würde sagen, dann ist das auch der Kanal, über den er die Antworten findet. Man braucht eben gute Alternativen. Man braucht Gesprächspartner, die selbst in die Tiefe gehen und die man fragen kann. Man braucht gute YouTube-Kanäle, die man sich anschauen kann. Man muss einfach mal im Fernsehen nachschauen. Gut, ich weiß jetzt nicht, ob es da aus gläubiger Sicht so viel gibt, aber prinzipiell gibt es ziemlich viele gute Kanäle, über die man sich solche Informationen besorgen kann.
Leider gibt es wenig auf Deutsch, das ist tatsächlich so. Ich denke, da gibt es eine große Baustelle, an der wir arbeiten müssen, um Material bereitzustellen. Aber auch da gibt es viele gute Webseiten oder YouTube-Kanäle, wo man sich Sachen anschauen und holen kann.
Technische Hilfsmittel und Sprachkenntnisse als Lernressourcen
Es ist erstaunlich – das habe ich letzte Woche ausprobiert, bei einem Vortrag, den meine Frau auf YouTube über Eiszeiten gehört hat. Dabei habe ich die automatische YouTube-Übersetzung genutzt. Man kann ja die Untertitel einblenden und dann einen englischsprachigen Vortrag automatisch auf Deutsch anzeigen lassen, also deutsche Untertitel.
Das ist eine geniale Funktion, die mittlerweile ziemlich gut funktioniert. Ich war wirklich erstaunt. Der Vortrag handelte von Eiszeiten, ein naturwissenschaftliches Thema, bei dem es um Gletscher und Moränen geht. Man könnte denken, das klappt nicht, aber es funktionierte erstaunlich gut. Man kann mitlesen und verstehen, worum es geht.
Trotzdem würde ich jungen Leuten immer noch raten, Englisch zu lernen. Das ist definitiv der einfachste Weg. Lieber ein halbes Jahr nach Neuseeland gehen, dort arbeiten, und schon hat man die Sprache drauf – und vergisst sie auch nicht wieder.
Neue Impulse durch zeitgenössische Apologeten
Weil du Labrie und Francis Schaeffer erwähnt hast: Vor ein paar Tagen habe ich ein Interview mit Nancy Pearcey gehört. Ich weiß nicht, ob du sie kennst. Sie hat ein Buch geschrieben mit dem Titel Finding Truth.
Das ist eine neue Generation von biblischen Apologeten, die mir in meinem Leben viel gegeben hat. Sie hat mir gezeigt, dass es Menschen gibt, die viel klüger sind, als ich es bin. Ich selbst bin vielleicht ein bisschen klüger als der Durchschnitt in der Gemeinde. Deshalb hebt man sich schnell ein wenig ab und fragt sich, was passiert, wenn es noch klügere Leute gibt.
Diese Menschen sind wirklich weiter und haben großartige Ideen. Sie bringen etwas so Brillantes auf den Punkt. Nancy Pearcey hat die Arbeit von Schaeffer weiterentwickelt. Interessanterweise hat sie sich auch durch die Arbeit in der Schweiz bekehrt. Das finde ich ganz, ganz toll.
Für alle, die ein gutes Buch lesen wollen, um verschiedene Weltanschauungen zu vergleichen, ist Finding Truth sehr empfehlenswert.
Empfehlungen für vertiefende theologische und philosophische Studien
Was würdest du aktuell für Bücher empfehlen, die man lesen sollte? Das ist gar nicht so einfach. Oder gibt es bestimmte Richtungen, in die man sich vertiefen und weiterdenken könnte?
Ich erlebe, dass es in vielen Bereichen wirklich verblüffende Antworten und Ideen gibt, die man nicht erwartet, wenn man einfach so durch Deutschland geht. Ich nenne einfach mal ein paar Bereiche.
Der erste Bereich klingt vielleicht hochtrabend: Erkenntnistheorie. Die zentrale Frage lautet: Woher weiß ich eigentlich, was ich weiß? Viele würden sagen: „Na ja, gut, das habe ich doch gesehen oder gelesen.“ Aber woher wissen wir eigentlich, dass wir unseren Sinnen trauen können? Man könnte antworten: „Na ja, das habe ich doch erfahren.“ Aber Erfahrungen sind wiederum nur Sinneseindrücke.
Man kann da einfach mal ein bisschen zurückfragen. Irgendwann fragt man sich: Warum bin ich eigentlich nicht die ganze Zeit in einer Traumwelt? Das klingt nach einer theoretischen Frage, aber hier wird schon deutlich: Jeder Mensch vertraut darauf, dass er wirklich eine Außenwelt hat und dass er sich auf seine Sinne verlassen kann. Und jeder Mensch kann auch gar nicht anders.
Das heißt, am Anfang steht bei uns immer schon der Glaube. Der Unterschied ist nur: Wenn ich an die Bibel glaube, dann habe ich ein Fundament für diesen Glauben. Dann weiß ich nämlich, warum meine Sinne mir zuverlässige Dinge widerspiegeln.
Ein plakatives Beispiel: Dieses Vertrauen hätte ich nicht, wenn ich an die Evolutionstheorie glaube. Denn dann gibt es tatsächlich keinen Grund, warum das, was in meinem Innenleben passiert, mit der Außenwelt übereinstimmen sollte.
Ich gehe jetzt nicht ins Detail, aber man denkt natürlich: „Ja, aber das hat doch evolutionäre Vorteile.“ Nein, es ist tatsächlich ziemlich schwierig, diese Brücke zu schlagen. Das sieht man aber erst, wenn man sich näher damit beschäftigt.
Unter Erkenntnistheoretikern ist das ein ganz spannender Punkt.
Philosophische Einflüsse und theologische Verbindungen
Anderes Thema: Wie bist du darauf gekommen? Was hast du dazu gelesen?
Ich habe viel von Alvin Plantinga gelesen, einem Philosophen, der großartige Beiträge zu diesem Thema verfasst hat. Besonders interessant finde ich auch die reformierte niederländische Tradition, in der viele Denker in diese Richtung weitergegangen sind. Zum Beispiel finde ich Herman Deuwert sehr spannend. Er ist ein niederländischer Theologe und Philosoph, eher Philosoph, der ebenfalls bemerkenswerte Arbeiten geleistet hat.
Ich glaube, das passt auch gut zu dem, was wir gestern erwähnt haben: Du hast ja jetzt einen eigenen Podcast am Laufen mit dem Titel „Die Bibel verstehen“. Für alle, die da mal reinhören wollen, gibt es die dazugehörige Webseite www.diebibelverstehen.de.
Das könnten spannende Themen sein, vor allem mit einem Bezug zu den reformierten Theologen, Philosophen und Erkenntnistheoretikern, die du erwähnt hast. Das wäre wirklich sehr interessant.
Ausblick auf zukünftige Projekte und Abschlussworte
Ja, ich bereite gerade etwas vor. Ich habe eine kleine Idee, bei der ich versuche, etwa zehn, vielleicht auch zwanzig oder etwas mehr Fragen beziehungsweise Einwände zum Glauben genauer unter die Lupe zu nehmen. Dabei haben alle diesen Stil: Warum der Einwand, dass der Glaube eine Wunschprojektion des Gehirns sei, eine Wunschprojektion des Gehirns ist.
Man merkt nämlich, dass viele Einwände genau mit dem Problem zu kämpfen haben, warum der Glaube als Wunschprojektion angesehen wird. Oder warum der Einwand, dass Wunder ziemlich ungewöhnlich sind, selbst ein Wunder ist, das ungewöhnlich ist. Die Einwände, die man häufig bringt, sind also innerlich und inhaltlich oft ziemlich hohl.
Ich freue mich darauf, das wird ein toller Podcast. Für uns heute ist das ein schönes Schlusswort. Die Zeit ist leider abgelaufen. Vielleicht können wir nächstes Jahr, wenn wir uns hier in Rehe wiedersehen, noch einmal ein Interview führen. Wir werden sehen.
Vielleicht möchtest du uns dann davon berichten, wie das mit deinem Podcast angelaufen ist. Ich bedanke mich an dieser Stelle für diese fünf Episoden – ein echter Bibellehrer. Ich wünsche unseren Zuhörern noch gottesreichen Segen.
Macht’s gut, tschüss! Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.