Halb vor halb versammelter Mannschaft zu predigen ist echt krass im Vergleich zu gestern. Heute machen wir weiter mit der Auslegung im zweiten Timotheusbrief. Es ist ein bisschen ein gemischtes Thema, aber gleichzeitig werdet ihr sehen, dass die Kraft und Motivation der heutigen Predigt im Weihnachtsfest liegen – ganz interessant.
Aus unserem Text heraus ergibt sich der Titel der Predigt: „Zielgerichtet leiden für das Evangelium“. Das ist es, was wir heute bei Paulus beobachten werden, aber auch bei Jesus Christus. Denn das Kommen Jesu Christi in die Welt, sein Leben als Mensch, sein Sterben und seine Auferstehung in den Himmel waren die Motivations- und Kraftquelle dafür, dass Paulus leiden konnte, damit andere leben können.
Gleichzeitig dürfen auch wir lernen, uns zurückzunehmen, damit andere ewiges Leben finden.
Einführung in das Thema des Leidens für das Evangelium
Nun, wir wissen alle, dass Paulus ein Mann des Leidens war. Im zweiten Timotheusbrief haben wir bereits einige Predigten gehört. Wir wissen, dass Paulus im zweiten Timotheusbrief weiß, dass er im Gefängnis sitzt und bald sterben wird. Uns ist auch allen klar, dass Paulus viel für das Evangelium gelitten hat. Das sind biblische Wahrheiten, die wir irgendwie kennen.
Wenn ich heute mit meinem Titel etwas ausdrücken möchte, also wenn ich sage „Zielgerichtet leiden für das Evangelium“, dann geht es dabei vor allem um den Sinn, den Zweck und die Motivation, die man haben darf, um zielgerichtet zu leiden. Denn bei Paulus sehen wir Folgendes nicht: Wir sehen nicht, dass Paulus seine Leiden einfach akzeptiert, ohne einen Sinn dahinter zu erkennen. Wir sehen auch nicht, dass er am liebsten gar nicht leiden würde, aber wenn Schicksalsschläge in sein Leben kommen, dann drückt er die Augen zu und kommt irgendwie durch, weil er keine andere Wahl hat.
Das sehen wir überhaupt nicht bei Paulus. Und das ist auch nicht das, was Paulus tut. Er ist nicht uneinig mit seinem Leiden. Vielmehr sehen wir heute, dass das Leiden von Paulus einen ganz klaren Sinn und ein klares Ziel hatte. Dieser Sinn half ihm, wie er selbst in unserem Bibeltext schreibt, das Leiden standhaft zu ertragen. Standhaft bedeutet wirklich, stehenzubleiben.
Die Motivation, die wir heute sehen und die an Weihnachten begann, als Christus Paulus veränderte, darf auch uns heute verändern. Schlagen wir dazu den zweiten Timotheusbrief, Kapitel zwei, auf. Dort lesen wir drei Verse, und zwar die Verse acht bis zehn. Vers acht beginnt mit Weihnachten.
Hier sehen wir, was es bedeutet, zielgerichtet zu leiden, mit Sinn zu leiden.
Die Kraftquelle des Leidens: Jesus Christus im Gedächtnis behalten
Halte, lieber Timotheus, in deinem Gedächtnis Jesus Christus aus dem Samen Davids – also den Mensch gewordenen Jesus Christus, der nach seinem Tod von den Toten auferstanden ist, gemäß meinem Evangelium. In dessen Dienst erdulde ich Leiden. Obwohl ich als Übeltäter in Ketten gelegt werde, ist das Wort Gottes nicht gekettet.
Darum kommt jetzt der Sinn seines Leidens: Ich ertrage alles standhaft um der Auserwählten willen, damit auch sie die Errettung erlangen, die in Christus Jesus ist, mit ewiger Herrlichkeit.
Ich denke, wir haben alle ungefähr den Kontext des zweiten Timotheusbriefes im Kopf. Paulus steht kurz vor seiner Hinrichtung. Timotheus steht unter großem Druck. Er neigt durch seine Schüchternheit und seine Abneigung gegen Leiden dazu, sich zurückzuziehen. Er ist nicht bereit zu leiden und möchte lieber ein entspanntes Leben führen, vielleicht zurückgezogen.
Der Druck steigt zunehmend. Schauen wir in Kapitel 1, Vers 15: Der Druck wird so groß, dass sich bereits mehrere Gemeinden von Paulus abgewandt haben. Dort heißt es: „Alle, die in der Provinz in Asien sind, sind umgekippt wie Dominosteine.“ Dieser Druck auf die Gemeinden wurde so stark, dass viele ihm nicht standhalten konnten.
Paulus sagt, dass er alles standhaft erträgt. Doch es gab Menschen, die diese Lasten auf ihren Schultern nicht tragen konnten und zusammengebrochen sind. Für sie wurde das Evangelium zu schwer, die Verfolgung und die Nachteile, die damit verbunden waren, waren nicht mehr auszuhalten.
Dann heißt es: „Alle haben mich verlassen“, und Paulus nennt sogar zwei Personen namentlich. Man nimmt an, dass es bekannte Christen waren, vielleicht Leiter oder Menschen, denen man das nicht zugetraut hätte. Paulus schreibt an Timotheus: „Sogar sie haben die Last nicht ausgehalten.“
Paulus schreibt den zweiten Timotheusbrief und benutzt dabei verschiedene Argumente. Wichtig ist, dass er keine verkopften Schlussfolgerungen präsentiert. Stattdessen zeigt Paulus durch sein eigenes Leben und indem er Timotheus die Bedeutung seines Auftrags vor Augen malt, wie wichtig es ist, standhaft zu bleiben.
Er sagt: Timotheus, hier geht es um das Evangelium. Deshalb bitte ich dich: Kipp nicht um wie ein Dominostein, wie die Leute in der Provinz Asien. Bitte, Timotheus, leide mit mir. Wenn mich alle verlassen, dann bitte nicht du.
Dieser Grundton durchzieht auch unseren heutigen Bibeltext. Er drückt eine Herzenshaltung aus, die motivieren will, durchzuhalten. Wenn alle umkippen, dann nicht du. Bleib treu, Timotheus! Wenn Leiden in dein Leben kommen, bleib bitte treu.
Zweifle nicht an Christus, wenn Schicksalsschläge in dein Leben treten. Bleib treu! Zweifel nicht an Christus!
Die Notwendigkeit geistlicher Stärke vor dem Leiden
Und heute sehen wir die Motivation, die Paulus geholfen hat, durchzuhalten. Was ganz interessant ist: Überfliegt mit mir kurz 2. Timotheus 2,1-7. Das war der Bibeltext der letzten Predigt. Paulus versucht dort in seiner Argumentation, Timotheus durch verschiedene Bilder die Notwendigkeit und auch die Ernsthaftigkeit von christlicher Nachfolge klarzumachen.
Das sieht man zum Beispiel in Vers 4, wo Paulus das Bild vom Kriegsdienst verwendet. Er sagt, wer Kriegsdienst tut, verstrickt sich nicht in die Angelegenheiten des Lebens. Paulus versucht also in seiner Not, Timotheus deutlich zu machen: Wer Jesus Christus dient, hat als oberste Priorität, für das Reich Gottes zu leben und sich nicht in die Angelegenheiten der Welt zu verstricken.
Diese Bilder ziehen sich bis Vers 7 durch. Aber wisst ihr, was ganz interessant ist? Genau das Gleiche sehen wir auch in unserem heutigen Bibeltext. Bevor Paulus Timotheus die Ernsthaftigkeit vor Augen malt, schaut man in Vers 1, womit Paulus beginnt.
Paulus beginnt nicht damit, Timotheus mit einer Peitsche zu schlagen und zu sagen: „Timotheus, wer Christus nachfolgt, muss alles machen, egal wie schwach du bist. Wer Kriegsdienst tut, muss sich hingeben.“ Das ist überhaupt nicht der Ton.
Stattdessen sagt Paulus zu Timotheus in Vers 1: „Zuallererst musst du stark werden in der Gnade.“ All deine Selbstzweifel, all dein Versagen, all deine Schwachheit – all das, was dich hindert und dir Angst macht, leg es am Kreuz ab. Werde stark in dieser Gnade, in den Verheißungen von Jesus Christus.
Dann bringt Paulus praktische Lebensanwendungen, wie wir eben in Vers 4 gesehen haben. Timotheus, bevor du aktiv wirst – und das gilt für uns alle – musst du deinen geistlichen Akku in der Gnade Gottes auftanken. Wir müssen unseren geistlichen Akku in der Gnade Gottes auftanken.
Warum blicken wir zurück auf die letzte Predigt? Weil wir im heutigen Abschnitt genau dasselbe sehen. Es geht sehr stark um das Leiden für das Evangelium. Nun schaut in Vers 8, womit Paulus einleitet.
Er beginnt nicht mit den Worten: „Timotheus, du hast dich entschieden, Christ zu werden, jetzt leide mit.“ Nein, nicht in diesem Grundton. Genauso wie Timotheus vorher lernen musste, zuerst stark in der Gnade zu werden, bevor er sich in Aktivismus oder Hingabe verstrickt, so soll er auch jetzt vom Kreuz ausgehend nicht in einer übertrieben harten Art und Weise sich selbst knechten und sich kopfüber in das Leiden stürzen.
Bevor er Mut fasst, malt Paulus ihm in Vers 8 die Leiden Jesu Christi vor Augen. Dort heißt es: „Halte im Gedächtnis!“ Das bedeutet: Timotheus, du musst dein Denken bewusst auf Christus ausrichten.
Aber was genau soll Timotheus im Druck und im Leiden, das die Christen gerade erfahren, im Gedächtnis behalten? Paulus sagt: „Halte im Gedächtnis Jesus Christus, aus dem Samen Davids geboren in einer Krippe, der leiden musste und nach dem Leiden von den Toten auferstanden ist.“
Was Paulus Timotheus im Leiden und in Schwierigkeiten wegen des Evangeliums mitgeben möchte, ist Folgendes: Erstens, wie in Vers 1, werde stark in der Gnade, Timotheus, damit du durchhalten kannst. Werde ein Doktor in der Gnade.
Zweitens, wie in Vers 8, halte Jesus Christus im Gedächtnis, wenn du im Leiden standhalten willst und nicht den Kopf einziehen möchtest. Timotheus, wenn es schwer wird in deinem Leben, wenn es dich alles kosten wird, wenn du Angst hast, deinen Mund aufzutun, dann denke ganz bewusst an Jesus Christus.
Denn es ist ganz normal, was ich jetzt sage: Die Gefahr, wenn wir leiden – sei es für das Evangelium oder durch Schicksalsschläge –, ist, dass wir uns automatisch nur auf unser eigenes Leid konzentrieren. Das eigene Leid wird so groß, dass wir uns fragen: Warum muss ich so viel leiden und andere nicht? Mit der Zeit kann man sich sogar in Selbstmitleid verstricken.
Aber Paulus stärkt Timotheus, indem er ihm sagt: Wenn du leidest, wende deinen Blick im Leiden und Druck auf Christus. Denke daran, wie er gelitten hat.
Und das ist ganz wichtig: Die Betonung in Vers 8 liegt nicht auf dem Leiden selbst. Paulus überspringt das Leiden sogar und legt den Fokus auf den Triumph, dass Christus nach dem Leiden auferstanden ist.
So wie Timotheus und Paulus leiden werden – Paulus wird sogar einen Märtyrertod sterben –, ist die Ermutigung: Mit dem Leben ist nicht alles aus. So wie Christus auferstanden ist, erinnere dich daran, dass auch du mit ihm auferstehen wirst.
Paulus richtet in Vers 8 den Blick darauf, dass Christus auferstanden ist und dass der Weg durch das Leid in diesem Leben am Ende gekrönt wurde. Timotheus, denke an das größte Vorbild im Leiden: Jesus Christus! Halte ihn im Gedächtnis.
Es ist tatsächlich in Befehlsform geschrieben: „Halte es im Gedächtnis.“ Das bedeutet, wenn wir mal wieder Angst haben, unseren Glauben zu bekennen, wird es dir praktisch helfen, kurz innezuhalten und daran zu denken, wie Jesus gelitten hat.
Und daran, dass es viel, viel größer ist, dass er im Triumph auferstanden ist. Dieser triumphale Sinn war das Ziel am Ende.
Wenn wir das auf uns anwenden, wenn wir leiden müssen und wissen, dass auch wir auferstehen werden, kann uns dieser Blick in die Ewigkeit Mut machen. Christus hat selbst gelitten, und mit ihm werden auch wir leiden – aber auch mit ihm werden wir auferstehen.
Selbstverleugnung und Hingabe als Motivation im Leiden
Und was ganz, ganz interessant ist: Das Leiden von Jesus Christus findet sich tatsächlich später auch in der Motivation von Paulus wieder.
Die Motivation von Jesus Christus für sein Leiden war Liebe zu den Nächsten. Jesus Christus leidet und nimmt sich zurück, damit andere leben können. Er opfert sich in dem Moment selbst, damit andere leben können.
Dasselbe zeigt sich, wenn man in Vers 10 schaut, was Paulus tut. Paulus ist bereit zu leiden und leidet, damit etwas passiert. Er nimmt sich zurück und opfert sein Leben, damit andere gerettet werden.
Seht ihr, wie frei Paulus von Egoismus war? Wie ähnlich Paulus Jesus Christus in diesem Moment war? Er war bereit, sich selbst zurückzunehmen, zu leiden und kein Leben mehr in Freiheit zu haben, damit andere Rettung finden. Er liebte in dem Moment die Rettung der anderen mehr als sein eigenes Leben.
Wir sehen, dass Christus sich im Leben von Paulus widerspiegelt, weil Paulus immer mehr wie Christus wurde. Christus litt und starb, damit wir leben können. Paulus litt und starb, wohl als Märtyrer, damit andere leben können.
Timotheus als Beispiel für Mutlosigkeit und die Aufforderung zum Mitleiden
Wir haben uns bereits den Charakter von Timotheus angesehen. Grundsätzlich neigte er zu Mutlosigkeit und auch zur Vernachlässigung seiner Gnadengabe. Das können wir in Kapitel eins nachlesen, wo er letztendlich wieder angefeuert werden soll.
Timotheus war bereit, aber gleichzeitig auch nicht bereit. Sein Problem war, dass er wie eine eingefrorene Statue wirkte, die einfach nicht mehr handlungsaktiv war – so ein Stück weit. Er neigte dazu, seinen Auftrag nicht zu leben.
Ich denke, es ist legitim zu sagen, dass wir genauso diesen Blick brauchen, wenn wir wieder nicht mitleiden wollen. Es ist wichtig für uns, und das ist wirklich die Anwendung aus Vers 8, in welcher Form Leid auch immer in unser Leben kommt.
Es hilft uns, an Christus zu denken, wie er gelitten hat, aber am Ende triumphal auferstanden ist.
Nun wollen wir uns noch etwas genauer mit den Versen 9 und 10 beschäftigen. Paulus macht hier mit seinem eigenen Zeugnis Mut für das Leben von Timotheus. Wir wollen uns anschauen, woher seine Zuversicht tatsächlich kommt.
Also, Timotheus: Bitte denke an Christus. Vergiss nicht, an Christus zu denken. In Vers 9 sehen wir so viel Zuversicht in seinem Dienst. Paulus sagt, er erduldet Leiden, sogar Ketten wie ein Übeltäter.
Doch Timotheus ist nicht gekettet. Deshalb erträgt Paulus alles standhaft – um der Auserwählten willen. Mit welchem Zweck? Damit auch sie die Errettung erlangen.
Denn Christus Jesus ist mit ewiger Herrlichkeit.
(2. Timotheus 2,8-10)Paulus’ Zuversicht und Selbstverleugnung im Leiden
Was wir in diesen zwei Versen sehen, sind zwei Dinge. Der erste Punkt ist ganz interessant und im Leiden von Paulus sehr wichtig: Er weiß, dass er bald sterben wird.
Wir sehen zwei Aspekte: Erstens ist der Grundton von Zuversicht durchdrungen, das erkennen wir in Vers 9. Zweitens, und das ist sehr eindrücklich, wie radikal Paulus sich selbst verleugnet. Er nimmt sein eigenes Kreuz auf sich für Christus und sein Reich.
Was bedeutet das konkret? In Vers 9 sehen wir, dass Paulus wegen seines Dienstes leidet. Er ist sogar in Ketten eingesperrt wie ein Übeltäter. Christliche Schriftsteller erklären, dass das Wort „Übeltäter“ damals für Diebe verwendet wurde. Es waren Leute, wie wir sie heute aus den Nachrichten kennen – Juwelendiebe, Betrüger, Ganoven und Lügner. Und Paulus leidet wie ein solcher Übeltäter in Ketten. So wurde er auch behandelt.
Dabei war Paulus derjenige, der sein Leben für andere gab. Trotzdem wurde er wie ein Verbrecher behandelt. Man versuchte, ihn zum Schweigen zu bringen, indem man ihn in Ketten legte. Man dachte, seine Botschaft würde dadurch verschwinden. Doch Paulus weiß etwas anderes: Während man ihm versucht, eine „Socke in den Mund zu stecken“ und ihn in Ketten legt, ist das seine Zuversicht im Leiden.
In Vers 9 zeigt sich, dass Paulus genau weiß: Das Wort Gottes ist nicht gekettet. Es ist frei und unaufhaltsam. Paulus wusste das auch aus Kapitel 4, Vers 6, wo es um seinen Tod geht. Dort heißt es: „Denn ich werde schon geopfert.“ Paulus ist sich bewusst, dass sein Leben gerade als Opfer auf dem Altar liegt.
Er hat einen großen Dienst geleistet und jetzt wird sein Leben geopfert. Das ist seine Zuversicht: Während er geopfert wird und zum Schweigen gebracht werden soll, bleibt das Wort Gottes unbeirrt. Paulus hat den Samen des Evangeliums ausgestreut. Sein Leben, das geopfert wird, ist wie Düngemittel für diesen Samen, damit er weiterwachsen kann.
Sein Leben dient als Nährboden für das, was er zuvor gesät hat. Das ist der Punkt, an dem Paulus sich noch ein Stück weit mit Zuversicht zurücklehnen kann. Er weiß, dass sein Lebensherzensanliegen weitergeht. Wenn sein Opfer dazu beiträgt, dass der Samen aufgeht, dann können wir nur staunen über Paulus.
Paulus war bereit, sich selbst zu verleugnen – im Gottvertrauen, aber auch in der Hingabe. Er war bereit, sein eigenes Leben zurückzunehmen, damit andere leben können.
Vor diesem Hintergrund müssen wir uns fragen: Wie sehr drehen wir uns um uns selbst? Wie sehr leiden wir oder geben wir Gott unsere Leiden und Umstände zur Verfügung, damit er sie für sein Reich nutzen kann?
Wir müssen ehrlich prüfen, wie sehr wir uns um uns selbst drehen oder wie sehr wir die Leiden und Umstände unseres Lebens Gott wirklich zur Verfügung stellen können – so wie Paulus es getan hat. Paulus war ein Mensch wie du und ich, sicherlich ein Apostel mit einer besonderen Berufung, aber auch er musste sich entscheiden.
Er hat sich nicht selbst ausgesucht, ins Gefängnis zu gehen. Doch er stellt diese Situation dem Herrn zur Verfügung: „Baue dadurch dein Reich.“ Paulus leidet, damit andere leben können.
In den Versen 9 und 10 sehen wir, wie Paulus sich selbst verleugnet, sich selbst zurücknimmt, Ketten trägt und sein Leben opfert, damit das Wort Gottes frei fließen kann.
Die Motivation des standhaften Leidens für die Erwählten
Und jetzt Vers 10. Wenn ihr hineinschaut, sagt Paulus Folgendes: „Darum“, jetzt kommt gleich die Begründung, „ertrage ich das alles standhaft.“ Paulus beschreibt also, dass er leidet, warum er leidet und was der Grund ist, dass er willig leidet und all das aushält. Er schreibt Folgendes: Er erträgt standhaft – und standhaft ertragen ist wie diese Säule, die ihr seht.
Standhaft bedeutet, dass eine Last auf Paulus gelegt wird, und Paulus ist wie diese Säule. Diese Säule ist so stabil, dass sie nicht nach links oder rechts wegkippt. Sie sagt nicht: „Ich bin eigentlich gar nicht dafür gebaut, diese Last zu tragen.“ Was Paulus sagt, ist: „Hier stehe ich standhaft. Die Last, die Gott mir auf meine Schultern legt, damit sein Reich gebaut wird, ertrage ich standhaft.“ Er knickt nicht ein, so wie die meisten Christen in Kapitel 1, Vers 15, die umgekippt sind wie Dominosteine, die umgekippt sind wie Träger, die nicht in Christus befestigt waren.
Paulus sagt: „Ich ertrage standhaft.“ Nicht nur für einen kurzen Moment, sondern wirklich standhaft. Paulus steht stabil in seinen Leiden. Und ganz wichtig: Nicht weil er ein harter Hund ist. Man könnte ja meinen, manche Menschen sind einfach ein bisschen stabiler und halten es durch, andere nicht. Paulus schreibt aber nicht: „Deswegen ertrage ich das standhaft, weil ich ein harter Hund bin.“ Sondern Paulus schreibt: „Ich ertrage das alles standhaft, weil ich eine Motivation habe, die von Christus ausgeht.“
In Vers 8 kommt diese Motivation: Christus, der selbst Mensch wurde, litt, starb und auferstand. Paulus erträgt das Ganze standhaft in Vers 10. Er hält es aus, dass sein Leben geopfert wird. Das ist seine Motivation, die ihn durchhalten lässt – damit alle, die Gott vor Grundlegung der Welt erwählt hat, die noch gar nicht gläubig sind, zur Rettung kommen.
Paulus beschreibt letztendlich in Vers 10, dass er sein Leben dafür opfert, dass alle Erwählten, die noch nicht gläubig sind, aber erwählt sind, die Rettung finden. Das heißt gleichzeitig, dass diese Lehre der Erwählung, die hier in Vers 10 angedeutet wird – dass Gott eine begrenzte Anzahl von Menschen erwählt hat, um sie zu erretten – Paulus nicht passiv macht.
Seht ihr das? Denn das ist die Gefahr, die wir haben, wenn wir ein falsches Bild von Erwählung haben. Es ist tatsächlich auch das, was Leuten, die an Erwählung glauben, vorgeworfen wird: dass sie dann gar nicht mehr evangelisieren müssten oder dass man träge wird aufgrund dieser Lehre. „Für was evangelisieren, wenn die Erwählten eh zum Glauben kommen?“ Paulus, „für was opferst du dein Leben für die Erwählten? Sie kommen doch sowieso zum Glauben.“ Für was, lieber Christian Hersbruck, gehst du auf deine Knie und opferst Zeit zum Beten, dass Gott hier in Hersbruck Menschen rettet, wenn die Erwählten doch sowieso zum Glauben kommen? „Dann entspann dich doch mal ein bisschen.“
Das wäre so die Schlussfolgerung, die man ziehen könnte: Ja, die kommen doch sowieso zum Glauben. Lassen wir es ruhig angehen, treffen uns sonntags, beten den Herrn an, ziehen unseren Kopf ein in unseren christlichen Zege-Hersbrucker-Schildkrötenpanzer – und alles ist gut.
Tatsächlich könnten wir das machen. Der Herr rettet schon seine Leute. Auf der einen Seite kann uns das wirklich Ruhe geben, in dem Sinne, dass, wenn ich irgendwo mal wieder kein Zeugnis gegeben habe oder meinen Mund nicht aufbekommen habe, ich weiß, dass die Errettung einer Person sozusagen nicht an mir liegt. Wenn sie erwählt ist, wird Gott sie retten. In dem Sinne gibt mir das schon Ruhe. Gott sammelt seine Erwählten. Die Rettung der Welt steht nicht mit dir und auch nicht mit mir.
Aber was wir bei Paulus in Vers 10 sehen, ist, dass Paulus, der diese Erwählungslehre liebte und sie verteidigte – diese Lehre von der Souveränität Gottes in der Rettung, also dass Gott völlig mächtig ist, zu retten, wen er will – Paulus dadurch nicht passiv wird. Im Gegenteil: Diese Lehre treibt Paulus an. Er ist sogar bereit, für diesen Plan Gottes, seine Erwählten zu retten, zu leiden.
Er ist bereit, standhaft zu leiden, so wie Christus bereit war, zu leiden, zu sterben und aufzuerstehen. Es macht Paulus nicht passiv, sondern es treibt ihn an. Warum? Weil Paulus so eine Liebe zu den Auserwählten hat, damit auch sie die Errettung erlangen. Er kämpft dafür. Paulus kämpft tatsächlich dafür, dass die Auserwählten die Rettung finden, zu der sie erwählt wurden.
Und genauso sehen wir hier wieder diese Christusähnlichkeit im Charakter von Paulus: Wie Paulus bereit ist, sein Leben zu geben, damit andere leben können. So wie Christus bereit war, sein Leben zu geben, damit andere leben können, ist Paulus, der mittlerweile am Ende seines Lebens steht, durch die Begegnung mit Christus selbst Christus ähnlich geworden.
Am Ende seines Lebens kann er wie Christus sagen: „Ich bin bereit, mein eigenes Leben zu geben, damit andere leben können, damit viele noch zur Errettung kommen.“ Und das ist, was ich mit meinem Titel meinte: zielgerichtet leiden für das Evangelium. Nicht leiden für Karriere, nicht leiden, weil ich etwas verbrochen habe, auch nicht leiden nach dem Weihnachtsurlaub, in dem ich hundert Sit-ups mache, damit ich endlich wieder ein Sixpack bekomme, sondern leiden, damit andere von Christus erfahren.
Tatsächlich soll das Timotheus ermutigen, mitzuleiden. Timotheus, leide mit, so fordert Paulus ihn auf in Kapitel 1. Leide auch du mit, werde Christus ähnlich. Und wir müssen das auf uns anwenden.
Zum Schluss kommt die Aufforderung, uns wirklich zu fragen: Hier geht es nicht darum, mit dem Finger auf jemanden zu zeigen, sondern ich glaube, jeder von uns hat etwas zu lernen. Du darfst dich wirklich fragen, wie ähnlich wir Christus sind, wenn wir in unser ganz persönliches Leben schauen.
Wie weit sind wir schon so, dass wir von Liebe angetrieben sind, nicht aus Gesetz und Zwang – ganz wichtig –, sondern aus Liebe, wie Paulus und wie Christus selbst? Wie ähnlich sind wir Christus in unserem Leben, dass wir bereit sind, uns zurückzunehmen, um anderen zu dienen?
Diese Frage muss in uns bohren, sie muss unser Gewissen treffen: Wie wichtig ist es uns, aus Liebe zu Christus und den Erwählten unser kleines Leben zu opfern, damit Gottes Reich gebaut wird?
Und ich glaube, wenn wir merken, dass uns diese Liebe fehlt, dann hilft es uns, der Argumentation von Paulus zu folgen. Das Erste, was wir tun, ist, während wir auf Christus schauen, werden wir verändert in seinem Ebenbild – das ist absolut biblisch.
Es wird uns helfen, wenn wir uns in Vers 8 mit dem Leiden von Jesus Christus beschäftigen. Dort, wo ich nicht leiden möchte, wo ich wieder mal träge bin oder einfach meine Komfortzone liebe, daran denken, wie Christus für mich gelitten hat, aber mit Triumph wieder auferstanden ist.
Ich glaube, dass wir, während wir uns in diesem Sinne mit Christus auch im Bereich des Leidens beschäftigen, leidensbereit werden. Sonst würde Paulus diesen Vers nicht in seiner ganzen Ermutigungsrede aufführen.
Und dann können wir, während wir an Jesus Christus denken, auch an ganz normale Menschen denken, die wir als Vorbilder nehmen können – Menschen, die mit ihrem Leben bewiesen haben, dass auch sie durch Selbstverleugnung Christusähnlich waren.
Timotheus sollte an Paulus denken, der so Christusähnlich geworden ist in seinem Charakter. Und während wir darüber nachdenken und ehrlich und aufrichtig vor dem Herrn sind und uns bewusst wird, wie wenig wir von Herzen für andere leben und wie wichtig unser eigenes Wohlergehen ist, während wir das merken – ganz aufrichtig vor dem Herrn – ...
Die Herausforderung zur Selbstverleugnung und Nachfolge
Während wir darüber nachdenken und uns bewusst wird, wie wenig wir von Herzen für andere leben und wie wichtig uns unser eigenes Wohlergehen ist, stellt sich die Frage: Was tun wir dann, wenn uns das klar wird?
Wir fliehen zu Jesus Christus. Wir tun tatsächlich Buße über diese Selbstliebe. Ebenso tun wir Buße darüber, dass wir dem Gebot nicht folgen, das Christus gegeben hat: „Nehmt euer Kreuz auf euch und folgt mir nach.“ Genau das sehen wir bei Paulus. Er nahm sein Kreuz auf sich und folgte Christus bis zum Tod nach.
Während wir Buße über diese Selbstliebe tun und wieder einmal erfahren, dass Jesus Christus treu ist, erleben wir auch, wie er uns vergibt. In diesem Moment bitten wir ihn wirklich darum, dass wir mehr seinem Charakter ähnlich werden dürfen.
Hast du schon einmal gebetet: „Herr, lass mich deinem Charakter ähnlich werden! Und wenn es sein muss im Leiden, lass mich deinem Charakter ähnlich sein, indem ich lerne, mein eigenes Leben zu geben, damit andere leben können“?
Dann stehen wir wieder auf. Wir legen unser Leben, wie Paulus es in 2. Korinther 4,6 und in Römer Kapitel 12 beschreibt, auf den Altar Gottes. Wir bitten ihn, mit all unserem Leben und allem, was in unserem Leben passiert – ob Freude oder Leid – zu wirken und es für sein Reich zu gebrauchen.
Hast du schon einmal ernsthaft gebetet? Während du Buße über deine Selbstliebe und Lieblosigkeit gegenüber anderen Menschen tust, zum Kreuz gehst und Vergebung empfängst, während du erfährst, wie treu Christus ist und dir immer wieder vergibt – warum? Weil Jesus sein eigenes Leben gegeben hat, um dir Rettung und Vergebung zu schenken.
Hast du in diesem Moment den Herrn schon einmal gebeten: „Oh Herr, lass mich deinem Charakter ähnlich werden! Lass auch mich ein Mensch werden, der für andere lebt – von ganzem Herzen“?
Und als du wieder von deinen Knien aufgestanden bist, hast du dein Leben auf den Altar Gottes gelegt und ihn gebeten, alles, was in deinem Leben passiert – ob Freude oder Leid – zu nutzen für sein Reich?
Ich habe bei meiner Predigtvorbereitung gebetet. Und damit wollen wir schließen. Amen.
