Herzlich willkommen zum Podcast der EFH Stuttgart mit Jörg Lackmann und Thomas Povileit.
Unser Podcast möchte zum praktischen Christsein herausfordern und zugleich zum theologischen Denken anregen. Kritik kann manchmal wehtun. Wer es nicht gewohnt ist, kritisiert zu werden, hat oft zunächst Schwierigkeiten, mit Kritik umzugehen.
Deshalb ist es wichtig, sich im Voraus auf Kritik einzustellen. Ebenso sollte man lernen, konstruktive von nicht konstruktiver Kritik zu unterscheiden und aus beiden etwas mitzunehmen.
Thomas, bist du als Pastor schon einmal kritisiert worden? Konzentrieren wir uns zunächst auf den Bereich Gemeinde. Wurdest du da schon einmal kritisiert?
Ja, ich werde regelmäßig kritisiert. Leute sagen mir, was sie alles nicht gut finden – entweder was ich selbst gemacht habe oder auch, was andere gemacht haben. Dabei schwingt oft die unterschwellige Botschaft mit: Darum solltest du dich mal kümmern.
Hast du da etwas im Kopf, an das du dich besonders gut erinnerst?
Bevor ich selbst dran war, machte mir ein Zuhörer deutlich, es wäre gut, wenn ich meinen Vortrag mit einem Hemd halten würde. Zunächst habe ich innerlich so reagiert: Nein! Nach dem Motto: Ich lasse mir doch nicht vom Teilnehmer vorschreiben, wie ich mich da vorne zu kleiden habe. Es gab auf diesem Treffen keinen Dresscode, und andere Leute hatten auch kein Hemd an. Das war meine erste Reaktion.
Aber dann habe ich über die Forderung noch einmal nachgedacht und beschlossen: Okay, wenn ihm das so wichtig ist, dass ich ein Hemd anziehe, dann mache ich das. Mir tut es ja nicht weh, und ihn freut es. Wenn es ihn freut, ist das doch gut.
Als ich meinen Vortrag dann gehalten hatte, machte der gleiche Zuhörer mir deutlich: Na ja, es wäre noch besser gewesen, wenn ich eine Krawatte getragen hätte.
Hatte er dir das vorher gesagt?
Nein, ich meine, nicht direkt.
Nein, es war seine Erwartung.
Das ist ja schön, aber wenn, dann soll er doch seine ganze Erwartung äußern.
Gut. Ich kann mich nicht erinnern, dass er das getan hat. Auf jeden Fall habe ich da verstanden, wie anstrengend es sein muss, wenn man versucht, Menschen zu gefallen. Wenn man einen Schritt geht, wird der zweite eben nicht selten eingefordert.
Das war eine Kritik, die ich nicht besonders gut annehmen konnte – auch die Sache mit der Krawatte. Im Nachhinein mag das äußerlich sein, aber ich dachte: Hey! Das kann auch in einer Gemeinde in eine ganz bestimmte Richtung drücken, indem man das eine anmahnt, dann das zweite und das dritte.
Wenn ich dann versuche, immer nachzufolgen und alles zu machen, dann stehe ich schlussendlich an Punkten, an denen ich sage: Hey, hier wollte ich niemals hin.
Jetzt sind wir schon in eine bestimmte Richtung gestartet, was ja durchaus unsere Absicht ist. Aber vielleicht legen wir den Fokus erst einmal etwas anders. Kritik an sich ist natürlich durchaus biblisch. Dagegen kann man ja nichts haben.
Vielleicht sagst du erst einmal: Ja, die Bibel enthält Kritik. Ich denke zum Beispiel an die Sendschreiben an die sieben Gemeinden in der Offenbarung. Dort kritisiert Gott selbst, Jesus selbst, seine Gemeinden. Er sagt ihnen, was ihm missfällt.
Oder ich denke an Paulus im Galaterbrief, der berichtet, dass er Petrus öffentlich kritisiert hat, weil dieser sich öffentlich falsch verhalten hat. Man muss nicht lange in der Bibel suchen, um Kritik zu finden, die oft auch konstruktiv ist. Diese Kritik ist also nicht negativ zu sehen.
Dabei wird Gott zwar teilweise hart kritisieren, also nicht weichgespült. Von Menschen ist es natürlich manchmal schwierig, Kritik anzunehmen. Die kommt ja nicht immer so klar und deutlich wie von Gott.
Ja, das stimmt. Vielleicht ist es schwierig, weil wir oft stolz sind und Schwierigkeiten haben, uns etwas sagen zu lassen. Da ist es ganz wichtig zu verstehen – auch du hast vorhin gesagt, wir beziehen uns hier ein Stück weit auf den Dienst: Wenn ich Verantwortung in einer Gemeinde übernehme, dann wird es nicht lange dauern, bis ich Kritik bekomme.
Kannst du den Satz noch einmal wiederholen und lauter sagen? Also für alle, die zuhören und irgendeinen Dienst übernehmen: Es wird nicht ausbleiben. Wenn ich Verantwortung übernehme, werde ich Kritik zu hören bekommen. Das muss mir klar sein.
Ich werde kritisiert werden – das gehört zu jeder Verantwortung dazu. Deshalb sollte mich Kritik nicht überraschen. So nach dem Motto: „Da habe ich nie mit gerechnet.“ Doch, wenn du Verantwortung übernimmst, wirst du kritisiert werden. Ich glaube, das ist eine Wahrheit, die sich jeder Diener Gottes merken sollte.
Ja, wobei es so manchen gibt, der das nicht hören will, nehme ich an. Es ist halt schwierig. Wie in der Einleitung schon gesagt: Es fällt erst einmal schwer, das anzunehmen. Ich habe es auch erfahren: Du wirst immer kritisiert werden.
Sobald der andere denkt, du hast eine wichtigere Rolle, wirst du kritisiert. Wenn du unwichtig bist, wirst du meist in Ruhe gelassen – nach dem Motto: „Da mische ich mich nicht ein.“ Aber es gibt manche, die da auch in sehr schlechter Weise unterwegs sind. Das finde ich sehr schade.
Deswegen haben wir uns überlegt, einfach mal einen Podcast zu machen, um so eine Art Desensibilisierungsstrategie zu verfolgen. Wir schauen uns an, was uns alles treffen kann und was man dagegen tun kann.
Kritik an sich ist nicht falsch; wir sollen auch kritisiert werden. Allerdings sprechen wir hier von schlechter Kritik. Die Frage ist nun: Was macht Kritik schwierig oder problematischer?
Für mich sind es mehrere Punkte, aber drei besonders: die Haltung des Anderen, die Pauschalierung und die Betonung des Negativen. Ich möchte diese Punkte jetzt etwas auseinanderziehen.
Zunächst zur Haltung: Es gibt Leute, die sich selbst zum Wächter der Gemeinde ernannt haben. Daraus leiten sie ihr Recht ab, alles Mögliche zu kritisieren, also negativ zu kommentieren. Nur sie selbst dürfen nicht hinterfragt werden, und das finde ich problematisch. Wer andere kritisiert, sollte auch bereit sein, Kritik anzunehmen. Das ist für mich ganz entscheidend.
Ich denke da an eine Situation zurück, ohne genau zu sagen, wann das war. Ich war an einer Taufe beteiligt, und es sind ein paar Sachen schiefgelaufen. Nachher habe ich mit dem Verantwortlichen gesprochen. Bei einer Sache war ich selbst beteiligt, bei einer anderen habe ich nur mitbekommen, dass etwas schiefgelaufen ist. Ich habe gesagt, das lief schief, weil dies und das passiert ist. Er sagte: „Oh super, dann kann ich das nächste Mal das einbauen, dann ändern wir das.“ Und genauso bei der Sache, an der ich beteiligt war: Ich sagte, ich sage das nächste Mal das, dann können wir dem wahrscheinlich vorbeugen.
Bei einer dritten Sache, mit der ich nichts zu tun hatte, habe ich zunächst nichts gesagt. Ich nehme an, der Bruder hat mir das nicht übelgenommen, weil ich ihn nicht angegriffen habe, sondern wir einfach darüber geredet haben: „Das lief jetzt nicht gut.“ Ich habe mitbekommen, warum es nicht gut lief – das wusste er nicht, ich auch nicht – und habe es ihm gesagt. Das war eine komplett andere Haltung.
Er weiß, ich schätze ihn, er schätzt mich, wir sind in Einheit unterwegs. Das ist etwas anderes als die Haltung, die er „Wächter der Gemeinde“ genannt hat. Ich finde das einen hübschen Ausdruck, weil es im Alten Testament einen Wächterdienst gab. Diese Wächter waren von Gott berufen, und das waren Propheten, die noch etwas anderes gemacht haben. Ich habe aber den Eindruck, dass manche ihren Prophetendienst sonst nicht ausüben, also Gott nicht wirklich dienen, sondern nur Wächter sind. Sie versuchen dann einfach, die Dinge negativ zu kommentieren.
Das ist für mich problematisch, wenn jemand nur immer kritisiert. Die Haltung macht schon einen Unterschied und erschwert Kritik.
Dann hast du noch die Pauschalierung als zweiten Punkt genannt, was die Probleme macht. Genau, Pauschalierung ist problematisch. Zum Beispiel gibt es einen Punkt in der Predigt, dem man nicht zustimmen kann. Das mag richtig sein, aber dann wird gleich alles als nichts angesehen.
Manchmal nehme ich mir die Freiheit zu sagen: Wenn dieser eine Punkt dir den gesamten Segen Gottes von der Predigt genommen hat, dann hat meine Predigt wirklich nicht viel getaugt. Das sage ich auch über meine Predigt. Wenn man nur das Negative sieht und daran hängenbleibt, finde ich das schwierig. Da wird pauschaliert, wo man eigentlich konkretisieren sollte. Dann ist es auch gut.
Der dritte Punkt ist die Betonung des Negativen. Ein Satz, den ich oft höre, lautet: „Prüft alles und behaltet das Gute.“ Doch oft wird nur das aufgelistet, was durch die Prüfung gefallen ist. Leider vergisst man am Ende des Verses umzusetzen: „Behaltet das Gute.“ Das sagt der Vers ja ausdrücklich. Das setzt voraus, dass ich auch nach Gutem suche, es festhalte und mich nicht vom Negativen den Segen Gottes rauben lasse.
Aber manchmal hat man gar keinen Blick für das Gute, weil man so selektiv hört. Ich erinnere mich an eine Predigt, die ich begleitet habe. Ich habe dem Verkündiger gesagt, dass er einen Punkt sehr ausführlich darstellen soll, was er auch getan hat. Er erklärte, dass wir nicht aus eigener Kraft Gott dienen können. Das hat er ausführlich dargestellt. Dann sagte er auch ein paar herausfordernde Sätze, damit die Leute sich prüfen, ob sie im Glauben sind – so, wie Paulus es den Korinthern gesagt hat.
Trotzdem hörte ich, dass Leute aus der Predigt gingen und sagten: „Heute wurde nur Gesetz gepredigt.“ Das zeigt, dass sie sich nur auf das Negative konzentrieren, selektiv hören, bestimmte Schlüsselwörter aufnehmen und daraus ihr Bild formen. Dabei hat der Prediger deutlich gemacht, dass er nicht so einseitig ist, wie es bei ihnen ankam. Für mich ist das destruktive Kritik – Kritik, die nicht weiterhilft.
Wie du vorhin gesagt hast, hat die Kritik oft die Absicht, dass der Kritiker sich über den anderen stellt und sich ein bisschen wohlfühlt. Die Kritik wird als Waffe verwendet. Das gibt dem Kritiker Bedeutung und Identität, nach dem Motto: „Ich habe den Durchblick und zeige euch, wo er fehlt.“
Man muss die Leute da unterscheiden. Manche folgen der Predigt nicht ganz, sondern hören nur ihre Schlüsselwörter und manchmal nur die. Das stelle ich fest und bin manchmal überrascht, was sie gehört haben und was ich selbst gehört habe, wenn ich im Gottesdienst sitze oder predige. Das ist manchmal irritierend, wie selektiv zugehört wird.
Dann gibt es die professionellen Kritiker, die gibt es natürlich auch überall. Ich hatte mal einen solchen Fall. Nach einem Vortrag gab es eine Frage-und-Antwort-Runde. Ein Bruder ging mich ziemlich unfreundlich an und sagte, ich hätte die Frage eines anderen Bruders nicht richtig beantwortet. Ich schaute den anderen Bruder an, der sich nicht bewegte. Ich dachte: „Na ja, ich habe die Frage ganz gut beantwortet.“
Der Kritiker war aber wütend und sagte das deutlich. Ich dachte nach und fragte mich, warum der andere Bruder sich nicht regt. Am nächsten Tag war ein anderer Bruder dran, und derselbe Kritiker ging auch ihn so an. Da dachte ich: „Ah, es liegt nicht an mir.“ Der andere Bruder ist ein sanftmütiger, sehensorglicher Typ. Ich kann je nach Stimmung schon mal eckiger sein, aber bei dem war nichts zu finden.
Später war ich mal in seiner Gemeinde und erfuhr, dass es dort eine Spaltung gab. Eine Schwester beschwerte sich lautstark darüber, wie andere die Küche im Gottesdienst hinterlassen hatten. Ich merkte, dass die Kultur dort unmöglich ist. Der Bruder hat sich wahrscheinlich nicht getraut, etwas zu sagen.
Das hat mich zum Nachdenken gebracht. Ich fragte mich, ob ich das vielleicht falsch verstanden habe, weil es ein anstrengender Tag war, die letzte Einheit, die ich dort hatte.
Du sagst damit auch, dass diese negative Sicht, gerade wenn man Verantwortung hat, eine Gemeinde negativ prägen kann.
In dieser Gemeinde habe ich das Jahre später gemerkt. Er ist nicht der Einzige, der so reagiert. Und er hat es auch gegenüber anderen Brüdern gemacht.
Wenn es nur bei mir wäre, denke ich: „Okay, irgendwas liegt an mir.“ Nicht jeder ist einem gleich sympathisch. Manche mögen einen nicht oder eine Aussage. Manchmal reicht es schon, wenn man „Gesetz“ oder „Gnade“ sagt, und einige ticken aus – egal, was man sonst sagt.
Charismatisch ist auch gut, aber manche hören nur ein Stichwort und ignorieren den Rest. Deshalb vermeide ich manche Begriffe und umschreibe sie lieber. Dann können sie mir kein Etikett aufkleben und haben nichts mehr dagegen zu sagen. Sie brauchen dieses Etikett, um sich aufzuregen.
Das finde ich manchmal spannend, aber es ist auch irritierend. Es ist wie ein kalter Eimer Wasser. Du hast dich vorbereitet, bist geistlich dabei, hast gebetet, und dann fährt dich jemand wegen einer Kleinigkeit an, die nicht einmal ihn selbst betrifft. Das verstehe ich nicht, aber es passiert leider immer wieder.
Deswegen machen wir ja auch diesen Podcast.
Genau, das war der Grund, warum wir ihn machen.
Gibt es noch etwas, was für dich schwierig ist, wenn Kritik so geäußert wird?
Mich ärgert besonders anonyme Kritik. So nach dem Motto: „Irgendwer hat gesagt, diese Praxis in der Gemeinde ist nicht biblisch.“ Und dann kommt meistens der Satz: „Viele Leute stimmen dem zu.“ Mit dieser Art von Kritik kann ich nichts anfangen. Ich glaube auch nicht, dass sie biblisch ist.
Als Paulus die Korinther kritisierte, weil sie Fanclubs in der Gemeinde gründeten, um sich gegenseitig verbal niederzumachen, sagte er: „Das weiß ich von den Leuten der Chloe.“ Er nennt Ross und Reiter, also die Urheber der Kritik. Er nennt, wer es gesagt hat. Ich glaube, das ist sehr wichtig, dass wir als Gemeinde eine größere Offenheit haben.
Du sagst ja immer: Wenn der Satz kommt, „Viele stimmen dem zu“, dann sind es in der Regel nicht mehr als zwei oder drei Leute. Das habe ich auch schon bitter erfahren müssen. Sie beziehen sich immer auf sich selbst, interessant genug. Man denkt, es sind zwanzig oder mindestens zehn, aber es sind nur zwei oder drei. Diese zwei oder drei kommen alle auf dich zu und jeder sagt, es seien viele. Dabei beziehen sie sich nur auf sich selbst.
Deshalb habe ich das so mitbekommen.
Im Grunde genommen kommt jemand mit Anonymität und beschäftigt den ganzen Leitungskreis. Man vermutet viel, weiß aber nichts Genaues. Ich glaube, es ist wichtig zu sagen, dass wir auf anonyme Kritik nicht mehr reagieren wollen. Ich nehme sie nur im Ausnahmefall an. Normalerweise sage ich: „Wer?“, und wenn ich den Namen nicht erfahren darf, ist die Kritik nicht so wichtig.
Ich verstehe es, wenn es um geistlichen Missbrauch oder Ähnliches geht, etwas, das man nicht offen sagen kann. Bei unwichtigen Sachen lasse ich mich auch überzeugen. Wenn jemand sagt, heute war es zu laut, und ich habe das auch gehört, sage ich: „Okay, du brauchst mir keinen Namen zu nennen.“ Das ist einfach eine Anregung, die meistens aus der richtigen Gesinnung kommt.
Aber es gibt zwei unterschiedliche Wege: Der eine meint das selbst, schiebt aber andere vor. Wenn er Argumente hat, kann er sie doch selbst vorbringen. Wir reißen niemandem den Kopf ab, wir reden miteinander. Ich verstehe nicht, warum da kein Vertrauen da ist.
Wenn jemand etwas gehört hat, was andere gesagt haben, muss er den Riegel vorlegen, auf die Person zugehen, sich die Erlaubnis holen, es sagen zu dürfen. Dann bringe ich es gerne im Leitungskreis ein. Aber vorher nicht, wir können uns nicht mit allem beschäftigen.
In der Bibel wird das offen gesprochen, und das ist der richtige Weg. Ich glaube, diese Offenheit ist sehr wichtig.
Jörg, ich glaube, wir sind auf einem guten Weg. Wir haben gerade eine Befragung gemacht, bei der man Kommentare abgeben konnte, auch anonym. Nur ein Viertel der Leute hat die Anonymität genutzt, drei Viertel haben ihren Namen angegeben. Die Kommentare enthielten manchmal Lob, manchmal Kritik.
Das fand ich einen guten Fortschritt: „Ja, das finde ich schwierig, und ich schreibe auch meinen Namen dazu.“ So sollte es sein, weil man dann auch nachfragen kann.
Wenn du den Namen angibst, hat das einen klaren Effekt: Du wirst sachlicher im Ton, weil du dich nicht so leicht vergreifen kannst. So sollte man miteinander reden.
Natürlich gibt es Sachen zu kritisieren. Ich erinnere mich an eine Situation, bei der es Kritik nach dem Gottesdienst gab. Wir haben das im Leitungskreis kurz diskutiert und festgestellt, dass es nicht absichtlich passiert ist. Es sind einfach ein paar Sachen schiefgelaufen, jemand musste einspringen, und so kam es.
Das klingt ganz anders, wenn man das ordentlich sagt. Dann muss man nicht gleich den Leuten den Kopf abreissen und sagen: „Das war so schlimm.“ Man kann sagen: „Das fand ich aus diesem und jenem Grund nicht so gut. Warum war das so?“ Dann forscht man nach, das haben wir gemacht, und dann kam heraus: Es lief was schief, die Person war nicht da, die es hätte machen sollen, der Stellvertreter wusste es nicht, und es waren drei, vier Dinge verkettet.
Dann klingt das natürlich ganz anders.
Aber das ist mit der Haltung verbunden: Wenn jemand gleich kommt und sagt: „Ihr macht das falsch“, nimmt er an, wir machen das bösartig. Warum nehme ich das an? Erstmal frage ich doch nach.
Ich kann formulieren, was ich schlecht finde, das finde ich gut. Man muss Kritik nicht kritiklos annehmen, sondern sagen: „Das finde ich nicht in Ordnung“ oder „Da habe ich Probleme mit.“ Das kann man freundlich formulieren.
Man muss aber erst mal das Gute annehmen, also nicht gleich sagen: „Ihr macht das absichtlich, ihr wollt die Gemeinde in den Niedergang treiben und habt das deswegen gemacht,“ und all so etwas, was sofort unterstellt wird.
Ganz nebenbei finde ich es unklug von Leuten, die so vorgehen, weil das die Tür nicht öffnet, sich damit beschäftigen zu wollen. Selbst wenn man dem einen Mal Recht gibt, wird er immer etwas Neues finden. Das ist die Folge solcher Sachen.
Ein interessanter Punkt ist, dass es bei bestimmten Dingen, zum Beispiel der Gottesdienstgestaltung, verschiedene Ansichten gibt. Ich habe auch klare Ansichten dazu.
Die Frage ist: Manche wollen mit der Kritik nicht die Einzelsache klären, sondern eine bestimmte Richtung in der Gemeinde durchsetzen. Es ist eher ein Richtungskampf als eine Auseinandersetzung mit der Sache.
Das Problem ist nicht die Sache selbst, sondern die Haltung: „Die Gemeinde wird zu liberal, die Gemeinde ist dies und das, das muss sich ändern.“ Das merkt man in der Kritik.
Statt das offen zu sagen, sagen sie: „Ihr seid gottlos geworden, weil ihr die Bibel nicht mehr ernst nehmt.“ Das ist eine Haltung, die dahintersteckt.
Ich glaube, wenn jemand solche Kritik äußert – und wir laden ja dazu ein –, dann ist die Frage nicht, ob jemand eine Richtung verfolgt, sondern ob diese Richtung vom Herrn Jesus gewollt ist.
Man sollte von der Bibel her denken und schauen, ob es klare Bibelverse gibt, die eine Richtung zeigen, wenn man sie im Kontext auslegt.
Das ist wichtig, damit wir als Gemeinde in diese Richtung gehen.
Man kann auch fragen, wie andere leitende Brüder in der Gemeinde das sehen oder ob es diese Frage in der Kirchengeschichte gab und wie sie dort besprochen wurde. So schaut man die Frage im größeren Kontext der Gemeinde Jesu an.
Wenn die Kritik berechtigt ist, sollte man sie zu Herzen nehmen.
Wenn es aber um nicht biblische Richtungen oder eigene Ansichten geht, dann ist das eben so. Das können manche so sehen, andere nicht.
Ich finde es wichtig, das deutlich zu sagen: „Ich verstehe deinen Punkt, aber wir werden aus diesen Gründen nicht so handeln, wie du es erwartest.“
Eine Gemeindeleitung ist dazu bestimmt, zu leiten und nicht auf jede Art von Kritik zu reagieren und sie umzusetzen, nur um alle zufrieden zu stellen. Das wird sowieso nie der Fall sein.
Das wollte ich gerade sagen. Was ich interessant finde: Es geht ja oft auch um Kleinigkeiten. Oft sind es gar nicht die großen Sachen.
Manchmal finde ich es schon fast tragikomisch, wenn nach dem Dienst jemand auf mich zukommt und mir etwas Bestimmtes kritisiert. Ich frage dann immer gerne konkret nach – also nicht einfach: „Oh, das war schlecht heute.“ Dann antworte ich: „Gut, das hilft mir wenig. Kannst du mir ein konkretes Beispiel nennen?“ Wenn er mir dann ein Beispiel nennt, kann ich das viel besser einordnen.
Beim Lob ist das übrigens genauso. Beim Lob frage ich nicht nach. Dann sage ich einfach: „Okay, ist gut, ist gut.“ Aber konkret finde ich immer besser.
Das Spannende ist oft: Der eine kritisiert etwas, und dann kommt der nächste und lobt genau dich dafür. Dann fragt man sich natürlich selbst: „Hm, okay, was ist nun wahr?“ Ich hinterfrage mich da schon, aber dieser Wahrheitsanspruch, der manchmal dahintersteht – damit muss man lernen umzugehen.
Wenn man eine Moderation hat, einen Hauskreis leitet oder andere Dinge macht, wirst du Leute haben, die das anders sehen. Es gibt Menschen, die können das nicht normal äußern, sondern werden aggressiv. Warum werden sie aggressiv? Weil sie sich ohnmächtig fühlen.
Da macht jemand nicht das, was sie sich vorstellen, und sie können das nicht beeinflussen. Also werden sie aggressiv, anstatt das vernünftig zu sagen. Oft gehen sie davon aus, dass sie eh nicht gehört werden. Das ist eine Möglichkeit, die dahintersteckt.
Ich nehme das nicht persönlich, sondern sage: „Okay, der hat jetzt die Aggressivität, aber das ist nicht wegen mir.“ Sondern weil er denkt: „Ich bestimme, da macht er etwas Falsches.“ Und das ist okay.
Man kann darüber diskutieren, und er soll mir sagen, was konkret falsch ist. Dieses Unkonkrete mag ich überhaupt nicht – oder wenn gesagt wird: „Alles war heute schlecht.“
Was auch mal schön war: Ich war bei einer Gemeinde eingeladen. Komisch, dass wir so gern Beispiele aus anderen Gemeinden nehmen. Warum wohl?
Ich wurde zu einem Ganztagesseminar eingeladen. In der ersten Pause kam ein verantwortlicher Bruder auf mich zu – also verantwortlich in Anführungsstrichen, nicht voll, aber doch mitverantwortlich – und meinte: „Du, Jörg, es war ein Fehler, dass wir dich eingeladen haben.“ Das war sehr ermutigend.
Ich dachte erst mal: „Boah, was habe ich hier verbrochen?“ Das war nach zwei von sechs oder acht Stunden. Da muss ich sagen, da hatte ich echt Probleme mit.
Dann bin ich zum Verantwortlichen gegangen und habe gesagt: „Du, der Bruder soundso ist auf mich zugegangen und hat gemeint, es wäre falsch, dass ihr mich eingeladen habt. Siehst du das auch so?“
Ich dachte, die wären ein bisschen anders von der Frömmigkeitstradition, etwas strenger. Ich habe es etwas lockerer gemacht, vielleicht lag es daran. Er sagte: „Nein, das kann ich so nicht sehen, aber der Bruder ist öfter so.“
Das half mir, das einzuschätzen. Der Bruder saß die ganze Zeit mit verschränkten Armen und ausgestreckten Beinen da. Das merkt man ja an der Körpersprache. Ich sehe die meisten Leute, und das hilft nicht gerade.
Spannend war, dass er mittags auf mich zukam und sich bedankte: „Oh, du hast dich ja geändert.“ Ich war in meiner Einleitung. Mittags hat er mir gedankt.
Dann habe ich auch noch erfahren, warum er das so gemacht hatte: Weil ich einen wunden Punkt getroffen hatte. Das fand ich spannend, denn die Kritik muss nicht an mir liegen. Es kann auch sein, dass Gott wirklich wirkt und jemand sich dagegen wehrt.
Mir geht es vor allem um junge Geschwister, die dienen und von so etwas kalt erwischt werden. Sie denken dann: „Das bin ich jetzt“ und stellen sich in Zweifel. Wir könnten Stunden mit solchen Geschichten füllen.
Ich wurde einmal in der Bibelstunde von einer Schwester angeschrien – mitten in der Bibelstunde. Sie meinte, ich hätte einen Vers falsch ausgelegt. Danach war die Bibelstunde ruiniert, ich habe die Gruppe nicht mehr in den Griff bekommen.
Danach bin ich auf die Schwester zugegangen und habe gesagt: „Du weißt, dass du jetzt die ganze Bibelstunde zerstört hast.“ Ich habe noch ein bisschen Vorrede gemacht, aber sie meinte: „Echt? Habe ich gar nicht gemerkt.“ Dann schrie sie weiter: „Das ist ja wohl nicht wahr, hier reinzuschreien.“
Es gab kein Verständnis dafür. Das war ein bestimmtes Thema, das ich später noch erfahren habe. Ich habe dann mit einem Bruder darüber gesprochen – das war übrigens du – und ohne über die Person zu reden, wurde mir schnell klar, dass ich einen wunden Punkt angetippt hatte. Deshalb kam diese Reaktion.
Ja, und ich glaube, es ist wichtig, wenn man in den Dienst hineinwächst oder Dinge macht, dass man merkt: Hier kommt manchmal auch sehr unqualifizierte Kritik.
Es gibt natürlich auch Dinge, die es einem leichter machen, Kritik anzunehmen. Bei mir ist es so, dass ich es merke, wenn der andere wirklich ehrliche Fragen stellt. Das ist keine Vorverurteilung, wie du vorhin gesagt hast, bei der gleich das Schlimmste unterstellt wird. Er stellt echte Fragen. Manchmal ist die Frage ja nur eine Einleitung zum eigenen Statement, bei dem man sich fragt, ob es wirklich eine Frage war oder nicht.
Auch wenn jemand echte Bedenken äußert und sagt: „Ich glaube nicht, dass das im Sinne des Herrn Jesus ist“, dann spürt man das. Solche Kritik ist sehr wichtig, die brauchen wir ganz dringend in der Gemeinde.
Du hast vorhin auch gesagt: „Bitte beschreib konkretes Verhalten.“ Das geht mir genauso. Wenn jemand sagt: „Wir haben über meinen Dienst gesprochen, und das, was du gesagt hast, war sehr verletzend“, dann ist das sehr konkret. Damit kann ich etwas anfangen. Und wenn ich genau weiß, was mich verletzt hat, kann ich nicht sagen: „Nein, das hat dich nicht verletzt.“ Stattdessen kann ich sagen: „Okay, das war nicht meine Absicht, es tut mir leid.“ Dann kann ich vielleicht noch erklären, warum ich das gesagt habe. Das halte ich für konstruktive Kritik – aufbauend und weiterführend. Ich kann sie viel leichter annehmen, weil ich merke, der will mir wirklich helfen, auch durch seinen Kommentar.
Was ich auch wichtig finde, ist ein Gedanke von Gottman. Er ist Jude und hat viel zur Eheforschung geschrieben. Er hat eine Formel aufgestellt: Glückliche Ehepaare loben ihren Partner fünfmal, bevor sie ihn einmal kritisieren. Diese Fünf-zu-Eins-Formel finde ich sehr wichtig. Es ist entscheidend, sich beim Kritisieren nicht nur auf das Negative zu konzentrieren.
Paulus sagt das übrigens im Philipperbrief: „Alles, was wahr ist, alles, was ehrbar ist, alles, was gerecht, alles, was rein, alles, was liebenswert, alles, was wohllautend ist, wenn es irgendeine Tugend und wenn es irgendein Lob gibt, darauf richtet eure Gedanken.“ Hier geht es darum, die Gedanken auf diese Dinge zu lenken.
Paulus sagt sogar zu seinen Mitarbeitern: „Ich danke Gott für dich.“ Ich glaube, es ist gut, auch in der Gemeinde den anderen bei Dingen zu „erwischen“, bei denen ich ihm sagen kann: „Ich danke Gott für dich, Gott segnet mich durch dich.“ Das dürfen wir in der Gemeinde ruhig sagen. Das schafft eine gute Atmosphäre, um auch mal zu sagen: „Du, das finde ich schwierig bei dir.“
Jetzt haben wir uns etwas auf das konzentriert, was einem widerfährt. Das war ja auch ein Zweck dieses Podcasts: zu zeigen, dass man es nicht verhindern kann. Aber eine spannende Frage ist natürlich: Wie helfen mir Leute, die mich falsch kritisieren, auf einen besseren Weg?
Eine Strategie haben wir ja schon genannt: Ich frage gerne nach, was konkret gemeint ist. Denn darüber kann man reden. Wenn es unkonkret bleibt, wird es schnell emotional und es kann eine Gegnerschaft entstehen. Man wird schneller verletzt. Sobald es konkret wird, sage ich: „Oh, das verstehe ich, okay, kann ich nachvollziehen.“ Vielleicht würde ich es anders ausdrücken, weil ich es respektlos finde, besonders nach viel Vorbereitung und durchwachten Nächten. Da habe ich schon einiges durchgemacht: Anfechtungen, Verzichte in der Woche und so weiter. Aber dann lasse ich das mal beiseite und denke daran, dass vor mir auch ein Mensch steht, der vielleicht auch eine harte Woche hatte.
Selbst Bertrand hat mal gesagt: Wenn der Prediger die ganze Woche unterwegs war, ist die Predigt manchmal schlechter. Persönlich frage ich mich, wenn mir eine Predigt nicht gefällt: Habe ich für den Prediger oder das Vorprogramm gebetet? Manchmal merke ich, dass ich das vergessen habe – dann ist es meine Schuld. Es ist, wie es ist.
Aber wie kann ich helfen, wenn jemand auf eine falsche Art auf mich zukommt? Wie kann ich das in eine bessere Bahn lenken? Wichtig ist auf jeden Fall zuzuhören. Manchmal merkt man, wie innerlich schon Widerstand hochkommt und man denkt: „Nein, jetzt muss ich widersprechen.“ Aber erst einmal zuzuhören und den anderen verstehen, heißt noch lange nicht, dass ich zustimme.
Oft steckt in einer schlecht vorgetragenen Kritik ein Körnchen Wahrheit, und das kann mich weiterbringen. Deshalb ist es gut, zunächst wirklich für Kritik zu danken oder zumindest zu sagen: „Danke, ich werde das mit dem Herrn im Gebet besprechen. Vielleicht auch mit anderen Brüdern.“ Ich muss nicht sofort reagieren. Das ist ein wichtiger Punkt. Manche erwarten, dass man sofort zustimmt, aber das ist unrealistisch.
Bedanke ich mich auch, wenn jemand wirklich Schlechtes vorbringt? Vielleicht weniger. Dann sage ich eher: „Ich werde darüber nachdenken.“ Ich kenne auch Leute, die sagen: „Da gibt es nichts zu überlegen, so ist es.“ Das muss ich dann nicht weiter kommentieren. Manchmal kann ich im Nachhinein sagen: „Ich mache mir diese Kritik nicht zu eigen“, und das auch begründen.
Ich habe mal einen Satz gehört, den ich gut finde: „Kritik macht mich bitter oder sie macht mich besser.“ Ich sollte in meinem Leben nie der Bitterkeit Raum geben, sondern immer die Chance erkennen, die hinter jeder Kritik steckt. Aus jeder Kritik kann ich lernen. Wer Kritik von vornherein ablehnt, wird im geistlichen Wachstum nicht vorankommen.
Für mich war zum Beispiel spannend, dass ich genervt war, weil ich mit dem Zug immer zu spät kam. Ich habe andere Züge verpasst, und manche sind gar nicht erst losgefahren. Irgendwann habe ich mein Denken verändert: Heute ist Zugfahren für mich wie ein Abenteuer. Ich weiß ungefähr, wo ich starte und wohin ich will. Oft fahre ich mit einem anderen Zug als gebucht und muss kreative Lösungen finden, um weiterzukommen oder zu überlegen, wo ich vielleicht schlafen kann, wenn ich den Anschluss nicht bekomme. Platzkarten buche ich nicht, weil sie verfallen, wenn ich im anderen Zug bin.
Seitdem ich so denke, macht mir Bahnfahren wieder Spaß. Ich habe mein Denken verändert. Das wünsche ich mir auch im Blick auf Kritik. Es ist sehr wichtig, Kritik mit einer veränderten Einstellung zu hören. Kritik gibt mir die Chance, im Glauben voranzukommen, weniger empfindlich zu sein und Dinge besser zu machen. Durch Fehler lerne ich.
Ich denke auch an Hebräer 12. Gott wird dort als Vater vorgestellt, der uns erzieht und auch kritisiert. Aber nicht, um uns mutlos zu machen, sondern damit wir an seiner Heiligkeit teilhaben und Gott ähnlicher werden. Dazu gehört, dass ich aus meinen Fehlern lerne. Diesen Wechsel im Denken halte ich für ganz wichtig.
Ich finde es interessant, dass wir zunächst über die falsche Haltung mancher Kritiker sprechen. Es ist ja klar, dass es auch welche gibt, die Kritik auf eine hervorragende Art und Weise äußern, die einem wirklich hilft. Darüber reden wir nicht, denn das bereitet uns keine Probleme, wenn man dient.
Wir sind jetzt von der falschen Haltung zu unserer eigenen Haltung gekommen. Das finde ich ebenfalls wichtig. Wenn ich zum Beispiel predige, dann ist mein Dienst nicht nur das Predigen selbst, sondern auch der Umgang mit Menschen, die frustriert sind oder Ärger haben. Als Hirte gehört das zum Dienst dazu.
Es gibt Menschen, die mühselig und beladen sind, andere haben emotionale Probleme, einige sind verbittert. Das auszuhalten, ist für mich ein Teil des Dienstes. Das hilft mir, weil ich dann sage: Okay, das ist nicht etwas, das über mich kommt, weil ich schlecht war oder Gottes Strafe über mich kommt, sondern das gehört einfach dazu.
Man hilft dann auch, indem man den Fokus auf das Positive lenkt: Welche guten Erfahrungen hast du gemacht? Wie könnte ich es besser machen? Das sind konstruktive Fragen, die konkret und einfach sind. Wichtig ist auch, dass man manche Leute erst einmal reden lässt. Sie müssen ihren Frust loswerden. Das dauert manchmal nur zwei Minuten, danach kann man vernünftig reden.
Vorher sind sie oft in ihren Emotionen gefangen, und das muss man aushalten. Es ist wichtig, dass sie wissen, sie werden gehört und nicht abgewiesen – und das meint man auch ernst. Erst dann kann man sachlich reden. Manchmal kann man sofort widersprechen, aber oft hören die Leute dann nicht zu.
Man lernt wirklich daraus. Wie du gesagt hast, steckt in fast jeder Kritik ein Körnchen Wahrheit. Man kann auch aus schlechter oder schlecht vorgetragener Kritik etwas lernen. Denn oft sind das genauere Beobachter in bestimmten Punkten, auch wenn nicht jeder alles so sieht.
Ich glaube auch, dass es Lernbremsen gibt – oder wie ich sie nenne – bei mir selbst. Zum Beispiel die Einstellung: Ich weiß sowieso schon alles. Wenn ich so denke, bringt mich Kritik nicht weiter.
Eine weitere Bremse ist für mich die Haltung: Ich lasse mir von Leuten nichts sagen, die vielleicht keine theologische Ausbildung haben oder die jünger sind als ich. Da habe ich mich an Paulus erinnert, der Timotheus sagt, er soll die älteren Männer ermahnen wie ein Vater – also mit Ehrbarkeit.
Aber der Apostel ermutigt Timotheus auch mit den Worten: „Niemand verachte deine Jugend.“ Junge Leute können in meinem Leben oft Dinge viel besser sehen als ich. Klar, bei manchen Dingen fehlt ihnen vielleicht die Erfahrung, oder es ist einseitig. Das mag sein.
Aber nur weil jemand jünger ist, glaube ich, dass ich mir Wachstumspotenzial nehme, wenn ich mir von ihm nichts sagen lasse. Das halte ich für ganz wichtig.
Ich glaube, es ist wichtig, dass man nicht bitter wird. Es gibt ja auch sensible Menschen, die dann nicht mehr auf einen zukommen, weil sie merken, dass man Kritik abblockt. Das darf natürlich nicht passieren.
Ich denke, man muss das einfach vor Gott bringen, wenn es einem Probleme macht. Ich überdenke jede Kritik. Mir macht das etwas aus. Ja, es berührt mich.
Ich hinterfrage mich jedes Mal. Manchmal sage ich: Nein, das kann ich nicht so sehen, andere sagen, es ist anders. Und manchmal sage ich: Ja, das ist berechtigt, daran kann ich arbeiten. Das ist eine gute Sache.
Aber wichtig ist, dass man selbst nicht bitter wird. Wir dienen – das gehört dazu. Und wir dienen auch den anderen, den Geschwistern, selbst wenn sie es vielleicht falsch machen.
Haben Sie noch Gedanken dazu, wie man mit Kritik umgehen kann? Wir haben jetzt schon einiges besprochen.
Ja, vielleicht als letzter Gedanke von meiner Seite: Ob man lernen kann, mit Kritik umzugehen. Ich glaube, das kann man tatsächlich lernen.
Natürlich hängt das auch vom Typ ab. Es gibt Menschen, denen fällt es von vornherein leichter, mit Kritik umzugehen. Für andere bleibt es eine Herausforderung, wenn sie kritisiert werden. Wahrscheinlich liegt das daran, dass sie Kritik sehr schnell als persönliche Ablehnung empfinden.
Vor allem dann, wenn der Kritiker einem nahe steht. Wenn jemand mir nahesteht, sieht er natürlich auch andere Bereiche, und seine Kritik kann mich stärker verletzen. Es fällt mir dann schwerer, sie anzunehmen.
Aber wenn man häufiger Kritik bekommt, kann es sein, dass man sich auf positive Weise daran gewöhnt und nicht mehr alles sofort persönlich nimmt. Das ist leicht gesagt, aber im Alltag nicht immer so leicht umzusetzen.
Manchmal muss man sich auch selbst sagen, wie Sie es vorhin formuliert haben: „Das ist jetzt nicht gegen mich persönlich gerichtet, wir denken hier einfach unterschiedlich.“ Vielleicht sollte man auch beten und sagen: „Herr Jesus, ja, wir denken hier unterschiedlich, aber ich bin gespannt, wie Du das jetzt löst. Ich bete auch, Herr, wie siehst Du das?“ So lässt man sich nicht von der Kritik erschlagen.
Ich glaube, viel Stress kann man vermeiden, wenn es einem nicht darum geht, Recht zu haben oder sich verteidigen zu müssen. Vielmehr sollte man sich fragen: Wo ist die Kritik berechtigt? Und vor allem: Was kann ich aus der Kritik lernen?
Dann bringt Kritik einen wirklich weiter. Ich wünsche mir solche Art von Kritik auf jeden Fall auch für uns als Gemeinde.
Das ist ein etwas schwierigeres Thema im Dienst, wenn man mittendrin ist. Ein bisschen negativ, wobei ich denke, dass wir da schon gute Schritte machen, was ich in letzter Zeit mitbekomme. Aber es ist etwas, das immer wieder vorkommt. Man darf es aber auch zu Jesus bringen.
Auf jeden Fall.
Wir hoffen, dass euch unser Podcast etwas gebracht hat, dass er ein Lernfeld sein darf und nicht etwas, das euch zurückhält. Wenn Kritik einen zurückhält, sollte man auch darüber mit jemand anderem sprechen, bevor man deswegen seinen Dienst aufgibt.
Leider haben wir schon erlebt, dass Leute Kritik so zu Herzen nehmen, dass sie dann aufgeben. Ich glaube, es gibt einen Weg, Kritik positiv umzuwandeln, sodass es am Ende zur Ehre Gottes wird. Man kann lernen, damit umzugehen und anderen damit zu dienen.
Wenn ihr Fragen habt, auch praktischer Art – das hier war ja ein rein praktisches Thema – oder Anmerkungen zum Podcast, schreibt uns gerne. Unsere Adresse ist podcast@efa-stuttgart.de.
Wir wünschen euch Gottes Segen und viel Freude im Dienst.