Herzlich willkommen zum Podcast der EFH Stuttgart mit Thomas Povileit und Jörg Lackmann.
Unser Podcast möchte zum praktischen Christsein ermutigen und zugleich zum theologischen Nachdenken anregen. Gott will, dass alle Menschen gerettet werden. Außerdem möchte er, dass die Beziehung seiner Kinder zu ihm immer tiefer wird.
Wie in der Praxis beide Ziele – also Evangelisation und Anbetung – in einer Gemeinde erreicht werden können, wird immer wieder diskutiert. Heute schauen wir uns den wohl ungewöhnlichsten Anbetungsgottesdienst an, der je gehalten wurde.
Jörg, wo ist denn so ein ungewöhnlicher Anbetungsgottesdienst abgehalten worden? In keiner Gemeinde, das kann ich schon verraten, sondern an einem sehr, sehr ungewöhnlichen Ort.
Ich habe das Ganze aus einem Buch, das ich gerade gelesen habe, von Vernon Whaley. Es geht darin um das, worum es wirklich bei Anbetung im Gottesdienst geht. Er hat ein Kapitel über Anbetung und Evangelisation, die ja gerne als ein Spannungsfeld betrachtet werden. Evangelisation ist auf Nichtchristen ausgerichtet, Anbetung hingegen klar auf Christen.
Das merkt man auch bei Hauskreisen: Es klappt oft nicht, beides gleichzeitig zu integrieren. Meistens läuft es in der Praxis auf „entweder – oder“ hinaus. Vor einigen Jahren hatten wir einmal einen sucherorientierten Gottesdienst, der sehr evangelistisch war. Für die Gemeinde blieb am Ende aber oft nichts übrig – und solche Schwierigkeiten gibt es eben.
Hier handelt es sich wirklich um einen Anbetungsgottesdienst, der dann zur Evangelisation führte. Also nicht gleichzeitig, aber ganz kurz danach. Aus diesem Anbetungsgottesdienst heraus entstand die Evangelisation. Das fand ich interessant, einfach mal zu merken.
Ich glaube, es kommt aufs Herz an. Wenn du ein wirkliches Herz für Gott hast, findest du einen Weg, auch Dinge zu verbinden, die in der Praxis schwierig zu vereinbaren sind. Darum geht es ja bei beidem: Du wirst immer irgendwo eine Schlagseite haben – machst du mehr für die Christen oder mehr für die Nichtchristen?
Aber ich glaube, wenn man sich auf Gott ausrichtet, kann man beides vereinen. Und genau das sehen wir in der heutigen Geschichte. Wir gehen in die Apostelgeschichte, Kapitel 16, und ich lese einfach mal die Vorgeschichte.
Paulus war unterwegs mit Silas, und Lukas war auch noch dabei. Wir haben das so überliefert, wie er es schreibt. Es geschah, als wir zum Gebet gingen, dass uns eine Magd begegnete, die einen Wahrsagergeist hatte. Dieser Geist verschaffte ihren Herren durch Wahrsagen großen Gewinn.
Vorher war bereits eine kleine Gemeinde gegründet worden, oder es gab mit Lydia einen Gebetsplatz. Die Magd folgte Paulus und uns nach, schrie und sprach: „Diese Männer sind Diener des Höchsten Gottes, die uns den Weg des Heils verkündigen.“ Dies tat sie viele Tage lang.
Paulus aber wurde unwillig, wandte sich um und sprach zu dem Geist: „Ich gebiete dir, in dem Namen Jesu, von ihr auszufahren!“ Und der Geist fuhr in derselben Stunde aus.
Als aber ihre Herren sahen, dass die Hoffnung auf ihren Gewinn entschwunden war, ergriffen sie Paulus und Silas und schleppten sie auf den Marktplatz vor die Obersten der Stadt. Sie führten sie zu den Hauptleuten und sprachen: „Diese Männer, die Juden sind, bringen unsere Stadt in Unruhe und verkündigen Gebräuche, die anzunehmen oder auszuüben uns nicht erlaubt ist, da wir Römer sind.“
Die Volksmenge stand ebenfalls gegen sie auf. Die Hauptleute rissen ihnen die Kleider ab und befahlen, sie mit Ruten zu schlagen.
Eine Frau hatte einen Dämon. Das war eine Magd, und dieser Dämon konnte vielleicht auch weissagen, so schätze ich das. Denn ihre Herren haben daraus Gewinn gezogen. Das müsste dann Weissagung gewesen sein, denn ich wüsste sonst nicht, wozu ein Dämon gut wäre. Eine Magd, die einen Dämon hat, könnte vielleicht auch verfluchen oder anderes tun.
Und diese Magd ging nun die ganzen Tage hinterher und sagte etwas, was man im ersten Moment als toll empfinden könnte. Sie sagte nämlich: „Ja, das sind Menschen, Diener des höchsten Gottes, die uns den Weg des Heils verkündigen.“ Da könnte man sich ja freuen.
Aber das Problem ist halt, wenn du von einer Frau, die bekanntermaßen von einem Dämon besessen war – das wussten die Leute in Philippi – wenn die sagt: „Hört auf die!“, dann will man das nicht hören.
Irgendwann wurde Paulus unwillig, trieb den Geist aus, und zum Dank wurde er geschlagen. Die Kleider wurden ihnen abgerissen, sie wurden gedemütigt, und dann kamen sie ins Gefängnis.
Und jetzt beginnt dieser ungewöhnliche Anbetungsgottesdienst an einem sehr ungewöhnlichen Ort – im Gefängnis. Also keine Gemeinde, sondern ein Gefängnis.
Wir befinden uns in Apostelgeschichte 16, Vers 23: Nachdem sie ihnen viele Schläge gegeben hatten, warfen sie sie ins Gefängnis und befahlen dem Kerkermeister, sie sicher zu verwahren. Dieser brachte sie auf Befehl ins innerste Gefängnis und schloss ihre Füße in den Stock.
Die Situation: Die Kleider waren heruntergerissen, ein Mob war da, es herrschte große Aufregung. Wenn man das erlebt, wie alle drumherum sind, weiß man nicht, ob man heil herauskommt. Man wurde geschlagen und kommt dann ins Gefängnis – aber nicht in eine bequeme Zelle wie heutzutage, sondern ins innerste Gefängnis, sozusagen in den Hochsicherheitstrakt.
Man wird in den Block eingeschlossen, das bedeutet, die Füße und Hände kommen in eine Holzvorrichtung, man kann sich nicht bewegen – äußerst unangenehm. Der Rücken schmerzt noch von den Schlägen, und das alles muss man erst einmal verarbeiten.
Das ist die Grundsituation dieses Anbetungsgottesdienstes, bei dem man sich erst einmal fragt: Wie kann man da überhaupt anbeten?
Tatsächlich aber beteten Paulus und Silas um Mitternacht und lobten Gott mit Gesang. Die Gefangenen hörten ihnen zu. Sie hielten wirklich einen Anbetungsgottesdienst in ihrer kleinen „Kathedrale“, sozusagen in ihrer Zelle, ab. Das war ihr Ort, an dem sie das taten.
Man denkt natürlich: Ja, Mitternacht, Gefängnis – da kämpft man vielleicht mit Bitterkeit oder überlegt, warum das passiert ist. Das ist doch ungerecht! Sie waren Römer, und Römer durften eigentlich nicht geschlagen werden. Es hätte erst eine Verhandlung geben müssen. Doch niemand hörte auf sie. Sonst hätte Paulus sofort gesagt: „Hallo, ich bin Römer, das dürft ihr nicht machen!“
Aber sie handelten einfach so. Der Mob war da, und die Obersten ließen den Mob gewähren und kümmerten sich nicht mehr um Recht und Gesetz.
Wenn ich darüber nachdenke, wie meine Reaktion wäre, wenn ich zu Unrecht eingesperrt würde oder andere solche Dinge erlebe – ich denke auch an die Corona-Zeit zurück. Wie oft hat man da auf die Regierung geschimpft und auf vieles andere.
Doch Paulus und Silas fingen um Mitternacht an, laut zu beten und zu singen, sodass die anderen Gefangenen es hören konnten. Nicht leise, sondern wirklich laut. Das finde ich beeindruckend.
Was für eine innere Herzenshaltung ist das? Sie müssen Anbetung schon vorher gelebt haben, denn sonst lässt man in so einer Situation den Kopf hängen und will nur noch seine Ruhe. Laut singen würde man dann sicher nicht.
Sie haben einfach erkannt, dass Gott größer ist, dass er über allem steht, und haben ihn deshalb angebetet.
Genau das machten sie aus diesem Gefängnis ihre Gemeinde. Sie beteten gemeinsam, und alle hörten es. Was sie genau gebetet oder gesungen haben, steht nicht da. Aber ich denke, sie haben Gott gelobt.
Vielleicht hat Paulus auch an den Themodusbrief gedacht, wo er sagt, man soll für die Regierung beten. Möglicherweise haben sie auch für den Kerkermeister, für die Hauptleute, für die Stadt und alles andere gebetet. Was sie alles überlegt haben, wissen wir nicht.
Und dann war dieses Gebet, und jetzt greift Gott ein.
Plötzlich entstand ein großes Erdbeben, so dass die Grundfesten des Gefängnisses erschüttert wurden. Sogleich öffneten sich alle Türen, und die Fesseln aller Gefangenen wurden gelöst. Das ist schon übernatürlich, denn Fesseln lösen sich auch bei einem Erdbeben nicht so einfach. Gott hat hier eingegriffen.
Der Kerkermeister erwachte aus dem Schlaf. Als er die geöffneten Türen sah, zog er sein Schwert und wollte sich töten, weil er dachte, die Gefangenen seien entflohen. Damals war es so, dass ein Soldat oder Gefängniswärter mit seinem Leben dafür einzustehen hatte, wenn er einen Gefangenen verloren hatte. Er dachte also, die sind jetzt alle weg, und wollte sich lieber selbst umbringen, bevor er selbst getötet oder nach einer schmachvollen Verhandlung verspottet wird.
Interessanterweise rief Paulus mit lauter Stimme: „Tu dir kein Leid an, denn wir sind alle hier.“ Daraufhin forderte der Kerkermeister Licht, sprang hinein und fiel zitternd vor Paulus und Silas nieder. Er führte sie heraus und fragte: „Herrn, was muss ich tun, dass ich gerettet werde?“
Ob er vorher schon zugehört hatte oder erst danach, ist unklar. Aber ihm war jetzt klar: „Ich bin ein Sünder, ich muss gerettet werden.“ Es hat ihn offensichtlich berührt, dass die Gefangenen nicht geflohen sind. Das wäre die Gelegenheit gewesen, aber sie blieben alle da.
Interessanterweise frage ich mich, warum die anderen nicht geflohen sind. Bei manchen würde ich sagen: Wenn ich eh nur zwei Tage drin bin, werde ich doch nicht fliehen – das bringt nur Probleme. Aber sie blieben alle. Der Kerkermeister war so überführt, dass da jemand auch an sein Leben denkt. Irgendwie merkte er, dass er falsch lag.
Gott hat ihn berührt. Ich glaube, er wusste, dass es das Erdbeben Gottes in diesem Moment war. Philippi in Griechenland ist, soweit ich weiß, kein Erdbebengebiet. Und dann kommt dieses Erdbeben, die Gefangenen rennen nicht weg, und Paulus ist in der Stadt bekannt – das war schon Gesprächsthema wegen des ausgetriebenen Dämons.
Dann fragt der Kerkermeister nur noch: „Wie kann ich gerettet werden?“ Und Paulus und Silas predigten ihm. Aus der Anbetung wurde Evangelisation – innerhalb kürzester Zeit. Es gab keine Unterscheidung zwischen Zielgruppen, sondern das Herz war auf Gott gerichtet. Gott schenkte die Gelegenheit, und sie evangelisierten.
Sie wussten natürlich auch, was sie sagen mussten. Sie sprachen zu ihm: „Glaube an den Herrn Jesus Christus, so wirst du gerettet werden, du und dein Haus.“ Dann erklärten sie ihm das Wort des Herrn und allen, die in seinem Haus waren. Das war natürlich etwas länger.
Er sagte: „Glaube an den Herrn Jesus Christus, so wirst du errettet werden.“ Und alle anderen auch. Sie wurden nicht automatisch gerettet, sondern hörten zu. Sie redeten mit allen, vielleicht standen die schon drumherum und hörten interessiert zu. Der Kerkermeister war gerade aufgewacht, und nach dem Erdbeben läuft man erst mal vors Haus. Ich kann mir vorstellen, dass die ganze Familie da stand.
Er stand da mit seinem Schwert, wollte sich gerade umbringen, war total erschüttert und fiel jetzt zu den Knien nieder: „Was muss ich tun?“
Der Kerkermeister nahm sie zu sich in jener Nacht, wusch ihnen die Striemen ab und ließ sich auf der Stelle taufen – er und seine ganze Familie. Er führte sie in sein Haus, setzte sie vor, und freute sich, dass er mit seinem ganzen Haus an Gott geglaubt hatte.
Er nahm sie auf, versorgte sie, wusch die Striemen ab, die vorher unversorgt geblieben waren. Das zeigt, dass es eine echte Bekehrung war, auch wenn das hier nur in sehr knappen Worten geschildert wird.
Wir haben also einen Ort der Anbetung, der sehr ungewöhnlich ist: das Gefängnis, und zwar zu einer besonderen Zeit, nämlich Mitternacht. Man merkt, dass sie diese Anbetung zur Priorität gemacht haben. Alle Gefangenen konnten sie hören.
Es ist eine sehr ungewöhnliche Gemeinde. Sie haben Gott in dieser Situation gepriesen. Danach haben sie Christus gepredigt, als Gott die Gelegenheit dazu gegeben hat. Der Heilige Geist hat dabei wirklich Frucht gebracht.
Das war eine sehr außergewöhnliche Zeit der Anbetung, würde ich sagen. Auf jeden Fall führt diese Anbetung zur Evangelisation und schließlich auch zur Bekehrung – genau wie es der Titel unseres Podcasts ausdrückt.
Was denkst du, was waren die wesentlichen Punkte, dass aus so einem aufgewiegelten Mob und einem Gefängnisaufenthalt schließlich mehrere Menschen zum Glauben kamen? Was war da so entscheidend?
Ich kann mir vorstellen, dass die Mitgefangenen, von denen wegen der Bekehrung des Kerkermeisters nichts geschrieben wird, sehr genau beobachtet haben. Die Welt beobachtet uns oft sehr genau und ist auch recht feinfühlig bei manchen Dingen. Die Menschen wissen schon, was Christen tun sollen und was nicht. Das beeindruckt, wenn jemand für eine gute Sache eintritt – und das sogar ungerechtfertigt. Ich glaube, der Kerkermeister hat das geahnt. Sonst wäre er nicht niedergefallen und hätte gefragt: „Was muss ich tun, damit ich errettet werde?“ Er wusste, dass das, was er hier tut, Unrecht ist. Er unterstützt Unrecht, indem er ohne Verfahren Menschen ins Gefängnis steckt. Das geht nicht. Ich denke, er war sich dessen bewusst und war beeindruckt, dass die Gefangenen trotzdem so reagieren.
Als dann noch ein Erdbeben dazukam und vorher ein Dämon ausgetrieben wurde, musste Gott am Wirken sein. Aber ohne diese Verarbeitung, also dass sie um Mitternacht noch anbeten und singen – so ein Gesang –, wäre das nicht möglich gewesen. Wir waren letztens auf einer Beerdigung; du hast die gehalten, ich war auch dabei. Am Grab sprach ein Bruder am Ende seiner Ansprache, es gab mehrere Ansprachen, und es wurde ein alter Choral gesungen.
Ich fand das sehr ergreifend. Erstens hat er gesungen, und für mich war das ein Ausdruck seines Glaubens und des Glaubens des Verstorbenen. Zweitens spürte man eine Verbindung zu einem Liederdichter, der seit mindestens 200 Jahren tot ist. Ich habe nicht nachgeschaut, aber weniger sind es sicher nicht. Dieser Dichter bringt dieselbe Wahrheit dichterisch zum Ausdruck. Das war in einem größeren Zusammenhang.
Dieses Singen hat auf mich einen unheimlichen Eindruck gemacht, sodass ich weinen musste. Der Bruder konnte auch gut singen und gut reden. Ich kannte ihn vorher nicht. Und sein Leben, soweit man es in der Kürze erfahren hat, zeigte auch in anderen Bereichen, dass dahinter etwas stand. Genau das ist auch hier passiert. Die Welt hat das beobachtet, die Leute haben das beobachtet.
Man merkt, dass ein echter Glaube, der sich in der Praxis zeigt – etwa darin, wie man mit Demut und Schande und mit Gefängnis umgeht –, Folgen hat. Es war nicht so wichtig, was die Leute vorher geredet haben. Sie schauten darauf, wie sie jetzt reagieren. Dieses Vorbild, diese Reaktion war etwas ganz Wesentliches. Vielleicht merkten sie auch, dass da eine Beziehung zu Gott war.
Das fällt mir besonders in der Anbetung auf. Ich merke, dass das nicht nur heruntergerattert wird, sondern dass da wirklich etwas ist. Wer um Mitternacht im Gefängnis anbetet und singt – klar, damals hatten sie keine Liederbücher, die wären viel zu teuer gewesen. Sie kannten die Lieder auswendig und konnten richtig singen.
Ich glaube, sie saßen mit ihren eigenen Problemen da. Oder der Kerkermeister hat es vielleicht drüben im Haus gehört. Er wohnte nicht weit entfernt und war relativ schnell dort. Er wird einiges mitbekommen haben, bevor er eingeschlafen ist. Man hört einfach, wie jemand singt. Man hört das. Und dann weiß man, dass diese Person in so einer Situation ist und jetzt noch Gott anbetet. Wie kann das sein?
Da wird Gott groß – das ist wirklich Anbetung. Manchmal ist sonntags das Singen vielleicht eher gedankenlos. Hier war es ein tief ergriffenes Singen, bei dem man merkt: Ich lobe Gott, auch wenn ich in dieser Situation bin, weil er Gott ist. Das hat die Leute einfach umgehauen, würde ich sagen.
Das Vorbild, die tiefe Beziehung zu Gott – das war entscheidend. Was würdest du noch sagen, was wesentlich war, damit durch Anbetung Menschen zum Glauben kamen? Das ist ja schon spannend.
Ich denke, der Kerkermeister war einfach überwältigt, dass Petrus nicht geflohen ist. Die anderen Mitgefangenen, das kann ich verstehen, waren wahrscheinlich Schuldner, die noch eine Woche absitzen mussten. Die fliehen nicht, weil sie am Ort weiterleben müssen. Aber Petrus und Silas waren auf der Durchreise. Natürlich hätten sie sofort fliehen können. Sie hatten keinen Grund, im Gefängnis zu bleiben. Man wusste ja nicht, was mit ihnen weiter passieren würde. Am nächsten Tag wurden sie entlassen, aber das konnten sie noch nicht wissen.
Sie blieben trotzdem dort, und der Kerkermeister wusste, dass sie das wegen ihm tun. Das hat er jedenfalls so aufgefasst, denke ich. Es steht extra drin, dass er sich umbringen wollte, er wollte Suizid begehen. Und jetzt war da jemand, der so behandelt wird, der Gott lobt und sich dann um ihn kümmert.
Irgendwann brachen dann die Dämme, und er war überwältigt. Er kannte nicht nur Gott, sondern spürte auch Liebe von ihm – trotz allem, denn er hatte ihm ja letztendlich Böses angetan.
Ich denke, er wusste, dass er Unrecht getan hat. Er hatte die Wunden der Gefangenen vorher nicht versorgt. Ganz freundlich ist das nicht dargestellt, wie er sie behandelt hat, aber er hat sie auch nicht versorgt. Das hätte man besser machen können. Das wusste er alles. Trotzdem waren sie an ihm interessiert – Liebe zu Gott, Liebe zu ihm.
Das war, glaube ich, ein Schlüssel in diesem Ganzen. Sie waren natürlich noch nicht bekehrt, nur weil sie die Anbetung gehört hatten. Der Kerkermeister musste schon fragen: „Wie kann ich errettet werden?“ Das hat er aus dem Mithören erfahren. Wenn er es vorher gehört hätte, hätte er das nicht wissen können.
Er wusste nur: Es gibt Gott, die haben eine Beziehung zu Gott, wissen, wie Gott ist. Aber die Errettung – das wurde ihm dann auch verkündigt.
Gut, das ist die Geschichte. Ich meine, sie ist ja schon sehr beeindruckend, wenn wir sie einfach lesen. Wir versuchen ja auch immer wieder, das auf unseren Alltag zu übertragen: Was kann ich von Paulus und Silas hier lernen?
Was würdest du denn sagen, was sind Lektionen, die auf uns übertragbar sind? Wo können wir sagen: Gut, ich muss jetzt nicht ins Gefängnis kommen, um es genauso zu machen wie sie, aber ich kann doch manches in meinem Alltag umsetzen?
Du wirst ja auch an der Arbeitsstelle, in der Nachbarschaft oder Ähnlichem Situationen haben, in denen die Leute genau beobachten, wie du reagierst. Was machst du zum Beispiel, wenn der Nachbar abends um halb elf grillt, während du nachts bei hohen Temperaturen lüften willst? Da fragt man sich schon: Warum kann er nicht um acht essen? Oder auf der Arbeit, wenn du vielleicht gemobbt wirst, was ja einige schon erlebt haben. Wirst du da bitter? Die anderen schauen dich an.
Wenn du da gelassen in Christus sein kannst, in all dem Leid, das da ist, mit Höhen und Tiefen, keine Frage, dann ist das schon etwas Besonderes. Sie werden ja auch nicht die ganze Zeit lachend oder fröhlich nur angebetet haben. Man kann auch durchaus im Leid anbeten, vielleicht sogar mit Weinen. Wie es genau war, wissen wir nicht, das steht nicht drin. Und das muss auch gar nicht oberflächlich fröhlich sein. Aber da ist eine Verbindung da.
Wenn du das Echte hast, dann brauchst du dich um viele Sachen nicht zu kümmern, wie zum Beispiel: Welchen Anbetungsstil wähle ich? Wie öffentlich mache ich das? Da ist dann das Herz da, und viele Diskussionen sind überflüssig. Die Frage ist, ob manche Diskussionen nicht von Satan angefacht werden, um uns mit Nebensächlichkeiten aufzuhalten, damit wir uns nicht um die Hauptsache kümmern.
Hier ist so die Essenz eines Anbetungsgottesdienstes. Weil das aus diesem Ort, aus dem normalen Kontext, einfach herausgerissen ist, merkst du: Ah, darum geht es wirklich. Es geht um Gott. Es geht jetzt nicht um schönen Gemeindegesang, dies und jenes. Das ist alles schön, aber nicht die Hauptsache. Die Hauptsache ist die Verbindung zu Gott in all dem Leid. Und das können wir heutzutage genauso machen.
Ich meine, das ist ja hypothetisch. Ich frage mich, was geschehen wäre, wenn Paulus und Silas aufgrund der Schläge und der Demütigungen bitter geworden wären. Das ist eine typisch menschliche Reaktion, es hätte genauso sein können. Dann hätte man wahrscheinlich gedacht, diese Reaktion nicht gehabt, dann wäre Anbetung nicht da gewesen und auch dadurch keine Evangelisation. Würde man menschlich so sehen?
Es war ja eine ähnliche Situation, als Jesus gekreuzigt wurde. Da sind alle Jünger geflohen. Zu dem Zeitpunkt gab es auch keine Evangelisation, das kam erst später an Pfingsten. Menschlich gesehen wäre also nichts gewesen. Aber man muss auch die Vorgeschichte bedenken.
Paulus wollte eigentlich in Asien, im heutigen Türkei-Gebiet, evangelisieren: erst in Mysien und Byzien. Beides Mal hat der Heilige Geist es verwehrt. Dann kam die Aufforderung: „Komm nach Mazedonien rüber.“ So kam er in die relativ unbedeutende Stadt Philippi. Gott hat ihn dorthin geführt, und ich glaube, sie wussten das. Er hat vorher alles extra verhindert. Das ist gewaltig, oder?
Die große Gegend, in der sie eigentlich evangelisieren wollten, war verhindert. Jetzt kommen sie in die kleine Stadt, und als Dank dafür landen sie im Gefängnis. Da denkt man: Was ist jetzt mit deiner Führung, Gott? Aber sie beten trotzdem noch an, weil sie wussten: Das hier ist mein Platz. Ob sie immer so sicher und ohne Zweifel waren, will ich nicht behaupten. Aber ich glaube, sie wussten es.
Gott hat letztendlich einen Kerkermeister erreicht. Wie sonst erreicht man einen Kerkermeister? Der kommt zu keiner Gemeindeversammlung, glaube ich nicht. Ich spekuliere jetzt, aber Gott hat das so gemacht. Er hat praktisch den ganzen Kontinent weggelassen, damit dieser Kerkermeister mit seiner Familie zum Glauben kommt.
Auch Lydia und die gläubigen Frauen waren schon zum Glauben gekommen. Das sehen wir, wenn wir die Geschichte zu Ende lesen. Dort waren schon Gläubige. Aber so hat Gott das geführt. Die Region in Asien kam später dran. Paulus war dann anderthalb Jahre, ich glaube sogar zwei oder zweieinhalb Jahre in Ephesus. Gott hat einfach die Reihenfolge geändert.
Zuerst war das hier dran. Er hat enorme Hindernisse überwunden, denn eigentlich war Philippi schon ein Bollwerk Satans. Ich weiß nicht, ob du hier dämonisch besessene Frauen kennst. Ob die so herumlaufen? Eher in der Psychiatrie heutzutage. Sie waren alle gegen Paulus, und Gott hat das trotzdem benutzt.
In Philippi kommen trotzdem Menschen zum Glauben, obwohl Satan versucht, jede evangelistische Bemühung zu verhindern. Vielleicht hatte Satan ein bisschen triumphiert, weil Paulus eingesperrt war. Aber das war ein Eigentor. Gottes Macht ist immer noch stärker.
Ich darf mich nicht von solchen Zwischenständen beeindrucken lassen, sondern der Abpfiff ist letztendlich entscheidend. Was passiert dann? Es ist ja Sabbat an dem Tag, nehme ich an, weil sie zum Gebet gingen, und es war keine Synagoge an diesem Ort, das wissen wir. Also ich denke, es war Sabbat.
Ich kann mir vorstellen, dass Satan oder die Dämonen dachten: Jetzt haben wir gewonnen, die beten nicht mehr an. Sie wissen, wenn eine Gemeinde wirklich anbetet, dann ist es auch eine seelengewinnende Gemeinde. Ich bin überzeugt, sie dachten: Das haben wir jetzt gewonnen, die sind zerstört. Der Gottesdienst am Sabbat ist ausgefallen, die junge Gemeinde haben wir zerstört, weil die frustriert weiterziehen. In anderen Orten mussten sie auch schnell fliehen.
Aber es kam trotzdem dieser Lobpreis am Ende. Satan hat auf dem ganzen Feld verloren. Natürlich gab es viel Aufregung, aber sie konnten damit umgehen. Letztendlich ja.
Das ist ein gutes Beispiel dafür, dass Anbetung und Evangelisation keinesfalls unvereinbar sind. Wenn man das eine tut, muss man das andere nicht lassen. Man darf natürlich evangelistische Veranstaltungen weiterhin durchführen.
Wenn Menschen in der Gemeinde merken, dass da eine tiefe Verbindung zu Jesus ist, dann muss es nicht unbedingt ein evangelistischer Gottesdienst sein. Das kann sie ansprechen und wirklich fragend machen, um Gott kennenlernen zu wollen. Verstehe ich dich da richtig?
Das würde ich so sehen. Das würde ich hier herausnehmen aus dem Ganzen. Sie war nicht bekehrt nach diesem Anbetungsgottesdienst, aber das war der Schritt, dass sie fragten, wegen des Erdbebens.
Früher gab es ja diese Sucher-orientierten Gottesdienste, wo jeden Sonntag nur Evangelisation stattfand. Ich glaube, das ist falsch, weil Gemeinde Gott verherrlichen soll. Wenn du nur zu Nichtchristen redest, hast du den Zweck von Gemeinde verfehlt. Das ist meine Überzeugung, wenn du das jeden Sonntag so machst.
Man soll den ganzen Ratschluss Gottes verkündigen. Da ist auch Evangelisation dabei. Aber Anbetung ist ein Hauptzweck der Gemeinde. Aus dieser Anbetung fließt dann Evangelisation heraus. Das spricht Leute an.
Wenn Gott dann durch ein persönliches Erdbeben in einem Leben eingreift, und du ins Fragen kommst, dann weißt du, wen du fragst. Du fragst nämlich die Leute, die an dem Sonntag, nachdem sie Leid oder Krankheit erfahren haben oder anderes, trotzdem gekommen sind und Gott angebetet haben oder mit ihren Zweifeln zu Gott kamen und zu Gott geschrien haben.
Es geht nicht um Oberflächlichkeiten. Das wollen wir nicht. Das heißt nicht, ihr müsst jetzt alle am Sonntag ein schönes Gesicht aufsetzen, damit die Leute beeindruckt sind. Es geht um eine Begegnung mit Gott in solchen Situationen, wo andere merken: Oh, da ist Gott da.
Aus der Anbetung fließt, glaube ich, die Evangelisation heraus, so wie hier. Das würde ich mir auch für unsere Gemeinde wünschen.
Hier haben wir sogar noch ein Nachspiel gehabt. Am nächsten Morgen, ich erwähne das nur kurz, lese es jetzt nicht mehr, kann jeder selbst lesen.
Irgendwie muss durchgedrungen sein, dass Paulus und Silas Römer sind. Die Stadtoberen wollten sie freilassen. Paulus sagte aber: Nein, wir sind Römer, ihr kommt jetzt bitte zu uns. Ihr durftet das nicht. Er bestand auf seine Staatsbürgerrechte.
Dann kamen sie und baten ihn nett, ob er nicht die Stadt verlassen könne. Da wurden sie ziemlich kleinlaut, weil sie wussten, was sie jetzt gemacht hatten, konnte für sie ziemlich haarig werden. Einen römischen Bürger darf man nicht schlagen und nicht ohne Gerichtsurteil ins Gefängnis werfen.
Das hätte für sie übel enden können. Sie hätten bestimmt einen Weg gefunden, aber es wäre unangenehm geworden. Paulus ist nicht so weit gegangen, aber er sagte: Kommt bitte her und geleitet mich hier raus.
Dann besuchten sie noch Lydia und die anderen Brüder, und dann zogen sie weiter.
Das Ergebnis dieser Anbetungsnacht an diesem ungewöhnlichen Ort im Gefängnis war eine bekehrte Familie, die dann noch zur Gemeinde kam.
Wer weiß, was Gott daraus alles in Philippi gemacht hat?
Wenn du dir die erste Reihe in der Gemeinde ansiehst, sitzt dort der Gefängniswärter, daneben vielleicht die Frau, die gläubig geworden ist. Steht nicht ausdrücklich drin, aber ich vermute es.
Dann sitzt dort die Boutiquebesitzerin, die auch gläubig wurde. So sieht man, wie Gott Gemeinde unterschiedlichster Hintergründe zusammenführt. Gemeinsam beten sie diesen lebendigen Gott an und sind erreicht worden.
Das ist ein spannendes Thema, das wir hatten. Wir hoffen, dass es euch auch etwas gebracht hat und dass ihr aus eurer Beziehung zu Gott, da wo ihr seid, da wo ihr lebt, da wo ihr ihn anbetet, Menschen gewinnen könnt für diesen großartigen Herrn.
Das war wieder der Podcast der Evangelischen Freikirche Evangelium für alle in Stuttgart. Wir hoffen, ihr konntet etwas mitnehmen. Wenn ihr Fragen habt, über die wir sprechen sollen, oder Anmerkungen zum Podcast, schreibt uns gerne unter podcast@efa-stuttgart.de.
Wir wünschen euch Gottes Segen und Anbetungsgottesdienste im Alltag, wo immer ihr seid.
Und hier hatten wir ja sogar noch ein Nachspiel. Am nächsten Morgen – ich erwähne das nur kurz, ich lese es jetzt nicht mehr vor, das kann jeder selbst nachlesen – muss irgendwie durchgedrungen sein: „Oh, das sind ja Römer!“ Oder die Stadtoberen wollten sie auf jeden Fall freilassen.
Paulus jedoch sagte: „Nein, wir sind Römer, ihr kommt jetzt bitte zu uns.“ Denn sie durften das nicht. Er bestand also auf seine Staatsbürgerrechte. Dann kamen sie und baten ihn ganz nett, ob er nicht die Stadt verlassen könne. Dabei wurden sie ziemlich kleinlaut, weil sie wussten, was sie da angerichtet hatten. Das konnte für sie ziemlich unangenehm werden, denn einen römischen Bürger darf man nicht schlagen und nicht ohne Gerichtsurteil ins Gefängnis werfen.
Das hätte für sie übel enden können. Sicherlich hätten sie einen Weg gefunden, daraus herauszukommen, aber es wäre sehr unangenehm geworden. So weit ist Paulus nicht gegangen, aber er sagte schon: „Kommt bitte her und begleitet mich hier raus.“
Anschließend besuchten sie noch Lydia und die anderen Brüder, bevor sie weiterzogen. Das Ergebnis dieser Anbetungsnacht an diesem ungewöhnlichen Ort, im Gefängnis, war eine bekehrte Familie, die dann noch zur Gemeinde kam. Wer weiß, was Gott daraus in Philippi noch alles gemacht hat.
Gemeinde, wenn du die erste Reihe siehst, da sitzt eben dieser Gefängniswärter. Daneben sitzt dann die Frau, die vielleicht gläubig geworden ist – ich weiß es nicht, es steht nicht ausdrücklich dabei. Und dann sitzt dort die Boutiquebesitzerin. So siehst du die Migrantin, denn sie kam ja aus Asien, es waren ja keine Griechen hier.
Genau, du merkst, Gott führt Gemeinden unterschiedlichster Hintergründe zusammen. Gemeinsam beten sie diesen lebendigen Gott an und werden erreicht.
Schön, ich glaube, das ist ein ganz spannendes Thema, das wir hatten. Wir hoffen, dass es euch auch etwas gebracht hat und dass ihr aus eurer Beziehung zu Gott, dort wo ihr seid, dort wo ihr lebt und dort, wo ihr ihn anbetet, Menschen wirklich für diesen großartigen Herrn gewinnen könnt.
Das war wieder der Podcast der Evangelischen Freikirche Evangelium für alle in Stuttgart. Wir hoffen, dass ihr für euch hier etwas mitnehmen konntet.
Wenn ihr Fragen habt, über die wir sprechen sollen, oder Anmerkungen zum Podcast, schreibt uns gerne unter podcast@efa-stuttgart.de.
Wir wünschen euch Gottes Segen und Anbetungsgottesdienste im Alltag, wo immer ihr seid.