Die lebendige Erzählung von David und Goliath
Beim Bibellesen ist es besonders wertvoll, dass es sich nicht um theoretische Leitsätze handelt, sondern stets um Erzählungen aus dem Leben. So sehen wir vor uns Menschen, die ihre Erfahrungen mit Gott gemacht haben.
Ich lese aus 1. Samuel 17, Vers 20. Wenn Sie in Ihrer Bibel nachschlagen, finden Sie dort die Geschichte von dem jungen David, der seine Brüder besucht. Beginnend mit 1. Samuel 17, Vers 20 steht dort:
Da machte sich David früh am Morgen auf, überließ die Schafe einem Hüter, lud seine Sachen auf und ging hin, wie ihm Isai geboten hatte. Er kam zum Lager. Das Heer aber war ausgezogen und hatte sich zum Kampf aufgestellt. Sie erhoben das Kriegsgeschrei, und Israel und die Philister hatten sich gegenüber aufgestellt, Schlachtreihe gegen Schlachtreihe.
David ließ sein Gepäck, das er trug, bei der Wache des Trosses zurück. Dann lief er zum Heer, kam hin und fragte seine Brüder, ob es ihnen gut gehe. Während er noch mit ihnen redete, siehe da, kam der Riese mit Namen Goliath herauf. Er war ein Philister aus dem Stamm Gad, vom Heer der Philister, und sprach dieselben Worte. David hörte es.
Wer von Israel den Mann sah, floh vor ihm und fürchtete sich. Die Männer von Israel sagten: „Habt ihr den Mann heraufkommen sehen? Er kommt herauf, um Israel Hohn zu sprechen.“ Wer ihn erschlägt, den will der König sehr reich machen, ihm seine Tochter geben und ihm das Haus seines Vaters von Lasten in Israel freimachen, das heißt steuerfrei.
Da sprach David zu den Männern, die bei ihm standen: „Was wird man dem geben, der diesen Philister erschlägt und die Schande von Israel abwendet? Denn wer ist dieser unbeschnittene Philister, der das Heer des lebendigen Gottes verhöhnt?“ Das Volk antwortete ihm wie zuvor: „Das und das wird man dem geben, der ihn erschlägt.“
Zweifel und Mut im Lager
Als Eliab, sein ältester Bruder, ihn reden hörte – was für alle nichts Neues war, da ältere Geschwister oft mit den Männern stritten –, wurde er zornig über David und sprach: „Warum bist du hergekommen? Und wem hast du die wenigen Schafe dort in der Wüste überlassen? Ich kenne deine Vermessenheit und die Bosheit deines Herzens. Du bist nur gekommen, um dem Kampf zuzusehen.“
David antwortete: „Was habe ich denn getan? Ich habe doch nur gefragt.“
Dann wandte sich Eliab von ihm ab und sprach mit einem anderen, wie er es zuvor gesagt hatte. Das Volk antwortete ihm wie beim ersten Mal. Als sie die Worte hörten, die David sagte, brachten sie sie vor Saul, und dieser ließ ihn zu sich holen.
David sprach zu Saul: „Wegen des Goliaths, lass keiner den Mut sinken. Dein Knecht, also ich selbst, wird hingehen und mit diesem Philister kämpfen.“
Saul aber erwiderte zu David: „Du kannst nicht hingehen, um mit diesem Philister zu kämpfen, denn du bist zu jung dazu. Dieser aber ist ein Kriegsmann von Jugend auf.“
David entgegnete: „Dein Knecht hütete die Schafe deines Vaters. Dann kam ein Löwe oder ein Bär und trug ein Schaf weg aus der Herde. Da lief ich ihm nach, schlug auf ihn ein und rettete es aus seinem Maul. Wenn er aber auf mich losging, ergriff ich ihn bei seinem Bart und schlug ihn tot. So hat dein Knecht den Löwen und den Bären erschlagen. Und diesem unbeschnittenen Philister soll es ebenso ergehen, denn er hat das Heer des lebendigen Gottes verhöhnt.“
David fügte hinzu: „Der Herr, der mich von dem Löwen und Bären errettet hat, wird mich auch von diesem Philister erretten.“
Saul sprach zu David: „Geh hin, der Herr sei mit dir!“
Dann legte Saul David seine Rüstung an und setzte ihm einen Ehrenhelm auf das Haupt. Er legte ihm einen Panzer an, gürtete ihm Saul Schwert über die Rüstung und mühte sich vergeblich, damit zu gehen, denn David hatte es noch nie versucht.
Da sprach David zu Saul: „Ich kann so nicht gehen, denn ich bin es nicht gewohnt.“ Er legte die Rüstung ab, nahm seinen Stab in die Hand, wählte fünf glatte Steine aus dem Bach und tat sie in die Hirtentasche, die ihm als Köcher diente. Dann nahm er die Schleuder in die Hand und ging dem Philister entgegen.
Der Kampf zwischen David und Goliath
Der Philister kam immer näher an David heran, und sein Schildträger ging vor ihm her. Als der Philister nun aufsah und David anschaute, verachtete er ihn. Denn David war noch jung, bräunlich und schön.
Der Philister sprach zu David: „Bin ich denn ein Hund, dass du mit einem Stock zu mir kommst?“ Er fluchte David bei seinem Gott und sagte: „Komm her zu mir, ich will dein Fleisch den Vögeln unter dem Himmel und den Tieren auf dem Feld geben.“
David aber antwortete dem Philister: „Du kommst zu mir mit Schwert, Lanze und Speer. Ich aber komme zu dir im Namen des Herrn Sebaoth, des Gottes des Heeres Israels, den du verhöhnt hast. Heute wird dich der Herr in meine Hand geben, sodass ich dich erschlage, dir den Kopf abschlage und deinen Leichnam den Vögeln unter dem Himmel und den Tieren auf der Erde übergebe. Damit alle Welt erkennt, dass der Herr nicht mit Schwert oder Speer hilft, denn der Krieg ist des Herrn, und er wird euch in unsere Hände geben.“
Als sich der Philister aufmachte und David näherkam, lief David eilends aus der Schlachtreihe dem Philister entgegen. Er tat seine Hand in die Hirtentasche, nahm einen Stein heraus und schleuderte ihn. Der Stein traf den Philister an die Stirn, fuhr in seine Stirn und er fiel zu Boden auf sein Gesicht.
So überwand David den Philister mit Schleuder und Stein, traf und tötete ihn. David hatte kein Schwert in der Hand. Dann lief er hin, trat zu dem Philister, nahm dessen Schwert, zog es aus der Scheide und tötete ihn endgültig. Er hieb ihm den Kopf ab.
Als die Philister sahen, dass ihr stärkster Mann tot war, flohen sie.
Herr, erkläre uns dieses Wort, damit wir es begreifen. Amen.
Mut und Vertrauen als Grundlage des Glaubens
Ja, das ist typisch für die Bibel: Sie zeigt, wie man stark, groß und mutig wird. In unseren Köpfen gibt es oft die Vorstellung, dass man, um etwas erreichen zu können, zuerst ein gewisses Alter haben muss oder über nötige Erfahrung verfügen muss.
Ich möchte denen, die erwachsen sind und bewährte Leute sind, nicht zu nahe treten, aber in meiner Bibel steht verschiedentlich der Satz: Niemand verachtet eine Jugend. Dort werden sogar junge Leute ernst genommen.
Ich vermute, dass David kaum viel älter war als 14 Jahre. Was will denn da einer, der noch grün hinter den Ohren ist? Der kann doch nichts erreichen. Und doch kann Gott Menschen gebrauchen, auch wenn ihnen die Befähigung fehlt, die wir für wichtig und wesentlich ansehen.
Mir gefällt David besonders, weil er so ein natürlicher, schlichter junger Mann des täglichen Lebens war. Ich meine, dass er für unsere jungen Leute heute wieder ein Leitbild werden kann.
Er spielte leidenschaftlich gern Gitarre. Nicht, dass Sie meinen, seine Harfe wäre so ein großes Möbel gewesen. Wenn er draußen in der Natur war, dann hatte er eine handliche Gitarre, so wie man sie damals kannte. Dazu sang er seine Psalmlieder.
David war sehr begeistert für das Grüne. Die Partei der Grünen gab es damals nicht, und ich weiß auch nicht, ob sich David ihnen angeschlossen hätte – ich glaube kaum. Aber er war für das Grüne, für das Schöne. Er liebte die Tiere und kämpfte für sie.
Er war ganz stolz darauf, dass er sein Leben riskieren konnte für ein armes Schäflein. Das ist ein schöner Zug an David.
Er war ein junger, braungebrannter Knabe, der gerne durch die Wälder streifte, über Zäune sprang und dem das Leben gefiel, so wie es war.
Aber das, was die Bibel jetzt für wichtig ansieht, ist nicht dieses Äußere. David hat einen Bund mit Gott gemacht.
Die meisten Menschen meinen, man müsse mit Gott nur so ab und zu Gedanken austauschen. Doch das ist zu wenig für einen Bund! Ein Liebesverhältnis, das in der Treue besteht – davon hat David oft gesprochen.
Er hat sein Leben ausgeliefert. Wenn wir am Anfang dieses Gottesdienstes das Wort aus dem von David gedichteten Psalm 23 gehört haben, dann steht es ja darin: Gott ist mein Chef, mein Boss. Der Herr ist mein Hirte. Ich habe einen starken König, von dem ich mich binden lasse und der mich an die Leine nimmt.
Das steht doch hinter diesem Bild vom Hirten. Das war David wichtig.
Er wollte sich nicht mehr selbst kommandieren, sondern Gott sollte sein Hirte sein, dem er gehört und der ihn führt.
Und genau das macht ihn mutig.
Darüber möchte ich jetzt zuerst einmal reden.
Angst in der heutigen Welt und der Mut des Glaubens
Sehen Sie, wie heute in unserer Welt die Angst umgeht. Die Angst ist zur Geißel des zwanzigsten Jahrhunderts geworden. Man spricht nicht darüber. Diejenigen, die mit uns in die Einsätze gehen, wenn wir in die Fußgängerzone treten und dort unten Lieder singen oder im Park ein paar Kurzansprachen halten, wenn wir von der Angst reden – wie viele Leute hören da heute zu? Die Angst kann man nicht einfach wegdrücken, und über die Angst darf man gar nicht reden. Sie wird verdrängt. Heute will kaum jemand einem anderen anvertrauen, dass er Angst hat.
Der junge David, ein Mann des Glaubens, kommt ins Lager des Heeres. Dort sind doch alle die großen Leute des Heeres von Israel. Es war eine würdige Versammlung. Ich schaue voller Achtung und Ehrerbietung auf diese wackeren Leute herab. Das war ein bisschen mehr als nur Volkssturm gewesen. Wenn die Trompete in Israel erschallte, dann kamen die Burschen, nahmen die Waffen und verteidigten das Land. Das war der Einsatz der Edlen und Treuen, die für die Schwachen eintraten, die für das Recht kämpften und ihr Leben gerne opferten.
Damals spüren wir auch noch in diesem biblischen Bericht, wie genau und exakt hier historisch berichtet wird. Nur dass Sie nie denken, die Bibel sei kein ganz verlässliches Buch, das uns auch in Geschichtsdingen unsagbar viel sagen kann. Wir sind am Übergang von der Stein- zur Eisenzeit. Darum hat Goliath, als Einzelkämpfer der Philister, den nötigen Eisenpanzer. Die Israeliten hatten das nicht. David hat kein Schwert, nur der König Saul besitzt Eisenwaffen. In Israel war man in dieser Kunst noch nicht ausgebildet, das hatten die Philister.
Die Forscher haben herausgefunden, dass die Philister ein ganz interessanter Volksstamm waren, der aus dem Norden zugewandert war – erschütternderweise wahrscheinlich ein arischer Stamm, der gegen die Juden kämpfte. Uralte Rivalität hier unten, größer als die Israeliten. Wenn man die Masse nimmt, kommt man bei Goliath auf etwa zwei Meter sechzig. Wir haben aber immer wieder die Erwähnung, dass es verschiedene Faustkämpfer gab, Einzelkämpfer, die in der Bibel über zwei Meter groß waren – besonders starke, durchtrainierte Leute.
Nun kommt David, der vierzehnjährige Junge, ins Lager Israels. Er sieht, wie die starken Männer, die er ja bewundert, da sitzen und den Kopf hängen lassen. Natürlich, der Goliath lästert, schreit und höhnt. Wenn heute jemand so loslegt, ist das für mich wie für heute geschrieben. Das Kennzeichen unserer Generation ist doch, dass die meisten Menschen – die Erwachsenen – sich eingraben und sagen: Was machen wir mit diesen Zeiterscheinungen? Wir haben keinen Mut mehr, was soll denn noch geschehen? Ratlos.
Wenn Sie heute Ihr Bild am Sonntag zur Hand nehmen: Ist die Demokratie Spaniens noch zu retten? Da müssen nur 30 Hansel kommen und Revolver in die Tasche stecken, dann verkriechen sich die wackersten Männer unseres Volkes und haben Angst. Jetzt ist alles verloren, jetzt ist der Untergang da – angesichts der technischen Bedrohung, der Umweltbedrohung, der wirtschaftlichen Nöte. Es kann nur noch ganz dunkel kommen in der Zukunft.
Da gefällt mir dieser David, der sagt: Es soll keinem das Herz in die Hosentasche fallen, es soll keinem das Herz entfallen, es soll keinem das Herz rutschen, sondern bleibt doch mal tüchtig auf dem Boden stehen. Das sind glaubende Menschen. Ich bin immer dafür, dass Christen nie das Angstgeschrei mitmachen sollen. Ich finde es grausam, wenn auf den Kanzeln unserer Tage mit eingestimmt wird in dieses Geheul des nahen Weltuntergangs unter Bedrohung. Lass das andere tun! Christen wissen, dass Gott uns noch sehr viele Möglichkeiten gibt, Einfluss auf das Geschehen dieser Welt zu nehmen.
Das will ich gerade sagen, weil es hier um die Tat des Glaubens geht. Wie kommt David zu seinem Mut? Wie kann er das sagen? David kann das sagen, weil er weiß, dass Goliath das Heer Gottes lästert. Er weiß, es geht nicht um ein Privatgeplänkel, es geht nicht um unsere Interessen, sondern schließlich hat sich Goliath an Gott vergangen. Das macht ihn mutig.
Ich habe nicht für alle Geplänkel unserer Zeit eine Verheißung meines Gottes einzutreten. Ich glaube auch nicht, dass Christen in allen Dingen mitschreien sollen. Ich weiß auch nicht, ob sie immer den Durchblick haben, für alle Tagesfragen unbedingt Lösungen anzubieten. Aber es gibt in unseren Tagen ganz konkrete Dinge, wo Christen gerufen sind, für die Ehre Gottes zu streiten und hinzustehen. Davon reden wir. Es gibt Punkte, wo die Gebote Gottes getreten werden, wo es um Wahrheit geht, wo es um Recht geht. Es soll keinem das Herz entfallen.
Das war für David klar: Gott hat doch dieses Volk einmal geführt – aus Ägypten. Dann ist das Volk doch nicht einfach verloren. Dann wird doch nicht einer daherkommen und plötzlich alle Zusagen Gottes wegwischen können. Es ist so wichtig, dass wir in solchen Augenblicken genau fragen: Kann ich die Verheißungen und Versprechungen Gottes auf mich hier beziehen? Und das tut David. Er sucht, was Gott diesem Volk Israel zugesagt hat, was versprochen ist, worauf er sich gründen kann, worauf er sich verlassen darf.
Dann weiß er: Das ist Gottes Sache, nicht seine. Das ist nicht in seinem Kopf ausgedacht. Hier geht es um den Bestand der Führung Gottes und der Geschichte, die er begonnen hat. Und dann weiß David: Auf Gott kann man sich ganz verlassen – ganz verlassen.
Dann geht er dem brüllenden Goliath entgegen. Der steht da und schreit ihn mit seiner ganzen Stimme an. Was macht David? Er nimmt all das, auch vielleicht seine Angst, die er doch noch irgendwo fühlt, und wirft sie weg in den Mülleimer. Die braucht er nicht mehr. Er hält sich an den lebendigen Gott. Er weiß, Gott hat sich an ihn gebunden. Er darf etwas tun.
Es wird ein paarmal erwähnt – viermal in diesem Bericht von 1. Samuel 17 – wie schwer die Rüstung Sauls war: 57 Kilogramm. Wenn Sie das umrechnen, hatten sie wahrscheinlich noch nicht die feine Verarbeitung des Eisens zu Stahl in der damaligen Zeit, darum war das tüchtig schwer. Und dann wird erwähnt: Außer diesen 57 Kilogramm, die Saul an seinem Panzer trug, hatte er noch ehrenvolle Bein-Schienen und einen Ehrenhelm.
Dieses Wort „Ehren“ ist in diesem Bericht, in diesem Umbruch von Stein- zu Eisenzeit, genau noch in Bewunderung gesprochen: Ehren, Ehren – immer wieder. Davor hatte man Angst, das war unüberwindlich. Ach, es gibt doch nichts Modisches, was für den Glauben unüberwindlich ist.
Ich weiß gar nicht, in welche Situation Gott Sie hineingestellt hat. Aber ich denke, Sie verstehen, wo das in Ihrem Leben Ihnen konkret weiterhilft: Ich darf auf die Verheißung Gottes mich verlassen. Keinen Augenblick hat sich David getäuscht, wie gefährlich das war. Er hat dem Goliath offen zugegeben: Du kommst zu mir mit Schwert, Speer und Schild.
Unsere Mütter haben verlangt, dass wir das auswendig lernen als Kinder. Ich danke ihr heute noch dafür. Wenn man es weiß: Schwert, Speer und Schild – und was war das für ein unheimliches Schwert! Ein Schwert, das Tod und Verderben bringt, Speer und Schild, der unüberwindlich ist. So trittst du mir entgegen.
Das sind doch die Situationen, in die die Gläubigen Gottes geraten, wo man sagt: Ich weiß nicht, wie das gehen soll, ich sehe keinen Ausweg mehr. Ich weiß nur, dass Gott viele tausend Weisen hat, um aus der Not zu retten. Bei Gott ist kein Ding unmöglich.
Ich möchte Sie fragen: Wissen Sie, dass Sie unter dem Schutz Gottes stehen? Das muss man wissen. David hat den Bund mit Gott gemacht. Bei vielen Christen ist das bloß eine Gefühlssache. Gott will das festmachen.
Wir hatten heute die Konfirmation. Ich durfte dort nur eine achtminütige Predigt halten. Ich bin froh, dass ich bei Ihnen ausholen darf. Sie merken, wie mir mein Herz aufgeht über diese Geschichte. Das geht doch um eine Befestigung Gottes, damit David sagen kann: Ich komme zu dir im Namen des Herrn Sebaot. Das wusste er. Nicht bloß, weil der Pfarrer ihm die Hände aufgelegt hat, sondern weil die Hände Jesu auf seinem Haupt ruhen.
Und wenn Sie wissen: Damals ist Jesus am Kreuz gestorben – nein, für mich ist er am Kreuz gestorben, damit ich ihm heute diene und für ihn lebe. Darum ist ihm kein Ding unmöglich. Dann können Christen, gläubige Christen, mutig und unerschrocken auftreten und sagen: Lasst den Satan wettern, lasst die Welt erzittern, mir steht Jesus bei!
Mir, dem vierzehnjährigen Burschen, sagt das: Mir steht Jesus bei! Ob es jetzt gleich kracht und blitzt, ob gleich Sünde und Hölle schrecken – Jesus will mich decken, mutig, kühn und unerschrocken.
Natürlich haben Christen Angst, wir reden von der Angst. Aber Christen wissen, wie man Angst überwinden kann. Wenn David einem lästernden Goliath gegenübergetreten ist, dann wollen wir dem Lachen der Welt entgegentreten.
Das interessiert uns doch nicht, ob heute Zeit ist zur Verkündigung des Evangeliums oder nicht. Das interessiert uns doch nicht, ob die Menschen glauben wollen oder nicht. Wir sehen Menschen, die vor Furcht verschmachten und auf die Dinge warten, die da kommen sollen. Menschen, die die Verbindung zu Gott verloren haben und nicht mehr wissen, dass Gott der Schutz der Geringen ist, der Armen Schutz in der Trübsal, eine Zuflucht vor dem Ungewitter, ein Schatten vor der Hitze.
Wenn die Tyrannen wüten wie ein Unwetter im Winter, wie die Hitze in der Zeit der Dürre – dann ist Gott der Schutz.
Ich habe gestern die Nachricht bekommen, dass einer der Christen in Russland, der Bibeln empfangen und weitergegeben hat, zu einundzwanzig Jahren verurteilt wurde. Das gibt es heute: David vor Goliath. Dass den Satanwätern gesagt wird: Mir steht Jesus bei!
Und in diese Fußstapfen sollen sie treten – ohne faule Kompromisse.
Die Kraft der Individualität im Glauben
Das Zwe macht den David stark. Heute ist es besonders schlimm, wenn man meint, nur in einer großen Gruppe stark sein zu können. Wenn sechs oder acht junge Leute durch die Straßen laufen, sind sie laut und mutig. Allein jedoch sind sie oft schüchtern, sowohl miteinander als auch mit anderen.
Das kommt daher, dass man sich in solchen Gruppen zusammenschließt, um dann das große Wort zu führen. Dabei passt man sich immer an. Heute gibt es viele Kompromisse, auch im Glaubensleben. Man steht kaum noch fest im eigenen Gewissen und weiß nicht mehr, was man wirklich glaubt. Wie ein Chamäleon passt man sich an die jeweilige Form und Modemeinung an. Man sucht ein theologisches Buch, das dem eigenen Geschmack entspricht, und meint dann, das Richtige gefunden zu haben.
David ist ein Einzelgänger. Christen sind es immer. Sie schließen sich zwar zur Gemeinde und Bruderschaft zusammen, aber im Kampf sind sie immer ganz allein. Viele von uns hier im Gottesdienst stehen allein in der Familie, allein im Geschäft, allein in der Nachbarschaft. Wie oft sind Christen ganz allein und fragen sich: Bin ich hier richtig? Kann ich mich wirklich auf das Wort Gottes gründen?
Genau das macht David stark: Er ist nicht von Menschen abhängig. Es besteht die große Gefahr zu sagen: „Ich muss erst meinen Pfarrer fragen.“ Aber man muss sich an Gott binden, an Gottes Wort. Dann ist man unüberwindlich und stark.
Es gibt so viele modische Zeitströmungen und aktuelle Dinge, die als normal und üblich gelten. David kümmert sich nicht darum. Er ist der Außenseiter. Seine Brüder reizen ihn sogar. Wer ältere Geschwister hat, kennt das – wie sie manchmal überheblich reden: „Wer bist du denn?“ Sie kennen das Herz des anderen genau, und David muss sich das anhören.
Ich finde es toll, dass David nicht aufbraust. Ich hätte dem Bruder vielleicht eine geschmiert. Aber David war voll des Heiligen Geistes, das unterscheidet ihn von mir. Er lässt sich das sagen, weil er weiß, dass es stimmt: Er kennt seines Herzens Bosheit auch als erfahrener Mann, als er schon König war.
Ich finde es schlimm, wenn Christen ihre Herzensbosheit nicht mehr kennen. Es gibt heute Christenversammlungen, in denen nur noch begeistert davon geredet wird, wie man seit einem halben Jahr nicht mehr gesündigt hat. Es ist gut, wenn wir bis zu unserem Sterbetag unsere Herzensbosheit kennen. Vielleicht brauchen wir manchmal auch andere, die uns darauf hinweisen – ob es stimmt oder nicht.
„Du bist ja nur vermessen“, sagt der ältere Bruder Eliab. „Du bist ein Angeber, geh weg, du willst nur zuschauen.“ David kann nur sagen: Man darf doch noch fragen. Aber bei Brüdern darf man nichts fragen. Ich hatte fünf ältere Brüder, die waren alle nett, aber ich rede von ihren Brüdern.
David erträgt das mit großer Geduld. Er braucht nicht den Ruf, nicht den Ruhm, nicht das Wort der anderen. Er braucht Gott, der ihn stark macht. Das ist groß: Er hält nicht viel davon, was andere sagen. Wie komme ich bei den anderen an? Was empfinden die anderen? Was sagen sie? Schaffst du das oder nicht? Hauptsache, Gott steht hinter ihm. Das müssen sie wissen.
Für ihr Leben, in allen Dingen, steht Gott hinter mir. Vorher dürfen Sie nicht in den Streit einsteigen. Sie müssen wissen: Geht Gott mit? Die treuen Ratgeber versuchen noch, David zu helfen, indem sie sagen: Zieh wenigstens die Rüstung Sauls an. Er ist der Einzige mit einer Ehrenrüstung, damit du wenigstens ein bisschen gleichziehen kannst mit Goliath.
Das ist das Dumme: Wir meinen immer, wir müssen nachhelfen. David zieht die schwere Rüstung Sauls an, um besser in den Kampf zu gehen. Aber das geht schief. Er schleift alles auf dem Boden, kann den Arm nicht mehr heben, die Rüstung ist viel zu schwer.
Wie viele Christen versuchen, in die Rüstung eines anderen zu schlüpfen! Sie kommen und fragen: Haben Sie mir nicht ein geschicktes Buch? Haben Sie nicht irgendwas? Sagen Sie es mit Ihren Worten, das ist viel besser, als wenn Sie sechs Kassetten verschenken. Verstehen Sie? Sagen Sie es mit Ihren eigenen Worten, so schlicht, wie Sie es machen. Schreiben Sie es, wie ich predige, mit allen unvollkommenen grammatikalischen Sätzen. Ich kann es nur so, wie es der Herr mir gegeben hat. Machen Sie es, wie es der Herr Ihnen gegeben hat.
Ich kann es nicht so schön machen wie Helmut Thielicke. Aber wir wollen auch nicht in der Rüstung eines Fremden einhergehen. Wir müssen es tun, wie es der Herr uns gibt.
David kann nicht wie Saul kämpfen. Ein Ungelehrter kann nicht in den gescheiten Worten eines Universitätsprofessors reden. Man kann sich nicht dauernd in eine fremde Rüstung zwängen und andere nachäffen.
In manchen Versammlungen habe ich den Eindruck, alle reden nur so pathetisch, weil sie einen gesegneten Evangelisten nachahmen wollen. Sie meinen, der Klang der Stimme sei es, an dem der Heilige Geist erkennbar wird.
David sagt: Weg mit dem ganzen Zeug, ich gehe, wie ich bin. Natürlich! Ich freue mich über alle Schulungsformen, mit denen Christen für den evangelistischen Dienst geschult werden. Aber passen Sie bitte auf, dass Sie natürlich bleiben, am Ende ganz natürlich. Dass Sie nicht wie ein Prediger einer Sekte Ihre Sachen herunterrattern.
Sagen Sie, was Sie selbst erlebt haben. Wenn es ganz kleine Sachen sind, erzählen Sie, wie Sie glauben, dass Jesus für Sie zur wichtigsten Sache Ihres Lebens geworden ist. Das ist es, was wir schulden.
In der Rüstung können wir einhergehen. Es gibt so viele Christen, die in fremden Rüstungen daher schleichen und sich kaum noch rühren können. Da ist eins zum anderen: Saul, der Phantasos, der Ananias, der geschickt worden ist. Er hat auch Angst: „Das kann ich nicht.“ Gott hat gesagt: „Ich gehe mit.“
Für alle unsere Dienste ist es das Wichtigste, dass Gott sich an den schlichten Dienst derer bindet, die ihm vertrauen. Sie können es bei Gideon sehen. Gott sagte: „Ich will nicht die Zehntausende, ich will die paar, die ihm vertrauen.“
Die Sache Gottes in unserer Welt wird immer von den wenigen getragen, die Gott ganz vertrauen, nicht von denen, die Macht auf ihrer Seite haben. Warten Sie nicht, bis sechs andere mit Ihnen gehen. Gehen Sie! Treten Sie mutig ein!
Ich wünsche mir, dass Sie in Ihrem Stuttgart mitten im Alltag, an konkreten Dingen, Ihren Gott bekennen. Ihm treu dienen – in Ihrem Beruf, in Ihrer Familie, an dem Platz, an dem Sie stehen. Dort kann Gott große Dinge durch Sie wirken.
Der Glaube als Fundament für mutiges Handeln
David ist im Glauben sehr stark, weil Gott mit ihm ist. Er kann sagen: „Ich komme zu dir, Goliath, im Namen Gottes.“ Alles läuft auf die Rechnung Gottes, und das wird bei ihm aufgeschrieben. Wir leben jedoch viel zu oft unser Leben auf eigene Rechnung, und das endet meist nicht gut.
Unsere Geldgeschäfte sollten wir auf die Rechnung Gottes machen, unsere Urlaubspläne für Gott leben, Sonntag und Werktag für Gott gestalten. Was denken Sie, was Sie damit bewirken können? Sie können ruhig sein, denn das dient zur Ehre Gottes.
Noch etwas möchte ich sagen: David macht keine großen Sprüche, Goliath dagegen schon. Ich hatte gedacht, dass große Sprüche erst im zwanzigsten Jahrhundert so verbreitet sind. Heute werden viele Sprüche gemacht. Man kann sich kaum noch zurechtfinden, was Propaganda in den Tagesmeldungen ist, was wirklich stimmt und was die Leute meinen.
Es wird viel gesprochen und getönt, Flugblätter verteilt, Erklärungen an Hauswände gesprüht. Alle machen große Worte von der Erneuerung der Welt. Man müsste doch langsam eine schöne Welt haben, wenn das alles wahr würde. David hat keine großen Propagandasprüche gemacht.
Christen sollten mit Worten sehr zurückhaltend sein, auch wenn die Welt das, was sie sagen, in die Schlagzeilen bringt. David legte nur ein Bekenntnis ab: „Ich komme zu dir im Namen Gottes.“ Du kannst sagen, was du willst, ich stehe unter dem Schutz Gottes.
Ganz ähnlich war es beim Daniel, den wir schon einmal betrachtet haben. Daniel sagt: „Auch wenn Gott mir nicht beisteht, sollst du wissen, dass ich dich nicht anbeten werde und auch dein Götzenbild nicht.“ Es ist ein klares Bekenntnis.
Christen sagen oft nicht viel. Vielleicht haben sie immer gedacht, sie müssten ihren Arbeitskollegen eine Predigt halten – oh, die armen Arbeitskollegen. Sie sollten aber ein Bekenntnis ablegen: „Ich stehe in der Hand meines Herrn.“ Das sollten sie sagen. „Ich lebe mit Jesus, und er lässt mich nicht los.“ Das sollten sie sagen.
Und der Goliath mit seiner großen Klappe liegt am Ende tot da. Man sagt, das sei ganz klar gewesen. Nein, das ist nicht klar, menschlich völlig undenkbar. David sah keine Möglichkeit, es war nicht so, dass er das gezielt geplant hätte. Gott hat Mittel und Wege, um seine eigenen wunderbar zu bewahren. Er lässt uns Taten tun, mit denen wir die Welt verändern – auch Christen, auch heute.
Aber es sind nie Taten, die mit großem Geschwätz eingeleitet werden, sondern Taten, die im Gehorsam und schlicht getan werden. Das war David immer wichtig: dass Glaube und Leben zusammenpassen.
Wenn man die Psalmen Davids liest, sieht man, dass er nie große Propagandaerklärungen abgegeben hat. Er bat: „Schaffe in mir, Gott, ein reines Herz! Herr, lass mich ganz in deinem Befehl stehen.“ Das hat ihm Kummer gemacht, denn auch als erfahrener Glaubender war er oft von Gott gewichen. Seine Sorge war: „Ich will nur ganz bei Gott stehen und ihm gehorsam sein.“
Darum ertrug er auch die Demütigungen, die ihm widerfahren sind – nicht nur die seiner Brüder, sondern am Ende auch die Demütigung durch Saul. Als er von der Schlacht zurückkam – das habe ich Ihnen nicht mehr vorgelesen – kam Saul. Man hätte gedacht, jetzt erfüllt Saul, was er versprochen hat: David zu ehren, ihn zu krönen und ihm alles zu geben, was er ihm versprochen hat.
Was sagt Saul? „Wer ist denn dieser Junge? Wer ist denn dieses Kind?“ An dieser Stelle haben Theologen schon mehrfach ein Meisterstück geliefert. Es gibt viele, die sagen, dass die Berichte hier ungereimt zusammengefügt sind. Saul wüsste gar nichts davon, dass David Goliath getötet hat. Das sei Theologenunsinn.
Natürlich weiß Saul das. Er ist der, der von Gott verlassen ist. Er ist der überhebliche Mensch, wie er zu allen Zeiten war, wenn er Gott nicht vertraut. Er lässt David spüren: „Das ist doch nur ein Kind.“ Später erträgt er es nicht, wenn Israel David zujauchzt und sagt, er habe zehntausend erschlagen. David ist der Retter Israels, und da regt sich der Neid im Herzen Sauls.
Das ist Demütigung. Und was tut David? Nichts. Saul kannte David natürlich, er spielte doch schon an Sauls Hof Gitarre. Es ist die hinterhältige Demütigung eines Mannes, der einst von Gott ausersehen war, Großes für Israel zu wirken – und der dann verworfen wurde.
Gottes Wirken durch junge und treue Menschen
Liebe Schwestern und Brüder,
wir wollen uns mitfreuen, wenn Gott andere gebraucht. Ich freue mich in unseren Tagen, wie Gott auch dort wirkt, wo viel Versagen ist – auch unter uns Pfarren. Dort, wo wir unser Hirtenamt gar nicht mehr wahrnehmen können und wahrnehmen, wo so viele irregehen, hat Gott seine Davids, junge Leute.
Ich denke, er braucht auch noch ein paar Ältere dazu, und er will sie haben. Er ruft sie zu diesem Dienst und will sie daran teilnehmen lassen, wenn er auch in unseren Tagen noch einmal Großes tut.
Er will sie befestigen – nicht nur unsere Konfirmanten. Er will Sie festmachen, Ihnen die Furcht nehmen, Sie stark machen und dann ganz klar diesen Weg mit Gott gehen, um Großes zu wirken.
Gott will Ihnen die Tür öffnen, damit auch Sie in dem Leben, das Ihnen noch in dieser Welt gegeben ist, Großes für ihn wirken können. Amen.
