FÜR dich!

Warum Gott anders über Menschen denkt
Daniel Pfleiderer

Wie wir von einer Frau aus dem Rotlicht-Millieu die wichtigste Lektion für unsere Beziehung mit Jesus lernen können: Erinnere dich daran, wie viel Jesus dir vergeben hat!


Ich erinnere mich, ein sehr bekannter Prediger hat über ein – na ja, sagen wir mal „heikles“ Thema gesprochen. Und bevor er losgelegt hat, hat er gesagt: „Es wird manche geben, die mich bisher gemocht haben und mich nach diesem Vortrag heute nicht mehr mögen werden.“

Unsere Meinungen von anderen Menschen

Ich weiß nicht, ob’s dir heute auch so geht, aber es stimmt schon – vielleicht ist dir das auch schon passiert: Da gibt es einen Prediger, ein Nachbar, jemand aus der Gemeinde – den du geschätzt hast. Der bei dir „hoch im Kurs“ stand. Den du vielleicht sogar gemocht hast.

Wenn der oder die was gesagt haben, dann hattest du den Eindruck: Das ist was Kluges, was Wichtiges – dann hast du dir ernsthaft Gedanken gemacht darüber. Und dann passiert irgendwas. Du bekommst mit, dass der- oder diejenige irgendeine Ansicht vertritt, die deinem Verständnis so ganz entgegensteht. Oder dass er sich eine Sache oder Sünde geleistet hat, für die du absolut kein Verständnis hast.

  • Da hat einer von der Kanzel Wörter gesagt, die für dich zur Gossensprache gehören.
  • Da hast du zufällig entdeckt, was diejenige sich im Internet anschaut – und mit welchen Apps sie sich tagsüber stundenlang beschäftigt.
  • Da hast du mal gesehen, wie sie sich kleidet, wenn sie gerade nicht im Gemeinde-Umfeld unterwegs ist.
  • Da bekommst du mit, dass er eine bestimmte Gemeinde toll findet – oder zumindest nicht alles ablehnt, was aus dieser Richtung kommt.
  • Da siehst du plötzlich, wie die ihre Kinder erziehen.
  • Oder was für Musik die hören.
  • Oder – ganz kritisch: Welche Partei sie wählen wollen und du denkst dir: Das kann jetzt echt nicht sein.

Also wer an Donald Trump auch nur ein gutes Haar lässt, der läuft wahrscheinlich selbst mit Nazi-Glatze durch die Gegend. Oder du denkst das Gegenteil: Wer Donald Trump nicht wählen würde, der ist wahrscheinlich sogar für Abtreibung nach der Geburt.

Und dann kann es sein, dass wir Teil von etwas werden, was seit noch gar nicht so langer Zeit einen Namen bekommen hat - nicht, dass es das vorher nicht gegeben hätte, aber jetzt gibt es halt einen Namen dafür - und zwar: Cancel Culture

Das bedeutet: jemand, der eine bestimmte Meinung vertritt, wird komplett abgesägt. Der Kontakt „gecancelt“. Abgebrochen. Vielleicht war er vorher ein renommierter Wissenschaftler, aber weil er was Positives über die AfD gesagt hat, wird alles, was er bisher geleistet hat, für grundverkehrt erklärt. Da ist eine Frau bekannt und ihre Meinung respektiert – und dann sagt diese einen Satz zum Thema Migration oder Sexualität oder Corona-Regeln – und schon bricht das los, was man neudeutsch als „Shitstorm“ bezeichnet: Böse Kommentare in den sozialen Netzwerken und vielleicht sogar im echten Leben und auf der Straße, wenn man sich begegnet.

Aber bevor wir jetzt denken: Oh ja, das ist ja echt schlimm! sollten wir überlegen, wo wir selber es genau so gemacht – oder empfunden haben. Ganz aktuell ist zum Beispiel die Debatte von Gemeinden um die Umsetzung der Corona-Regeln. Da gibt es Gläubige, die sagen: Wir dürfen uns vom Staat nicht verbieten lassen, zusammen zu kommen. Wir ignorieren jetzt sämtliche Corona-Vorschriften. Und dass die in Spaichingen immer wieder sagen, man soll nur mit Maske singen und ansonsten nur summen – das ist ja wohl absolut unerhört. Sowas steht ja nicht mal in der Corona-Verordnung des Landes Baden-Württemberg. Wenn die Gemeinde auf diesem Weg weitermarschiert, dann wird sie sich zueinem Sklaven der öffentlichen Meinung machen und wahrscheinlich bald auch nicht mehr öffentlich Sünde beim Namen nennen.

Kennst du solche Diskussionen – oder Gedanken?

Vielleicht stehst du auch von der Meinung her auf der anderen Seite und sagst: Wenn jemand sich nicht strikt an die Corona-Regeln hält, dann hat er wahrscheinlich auch sonst keine Liebe zu seinen Nächsten. Jetzt gerade ist halt das Corona-Thema dran - aber glaubt mir: wenn das nicht mehr so heiß gekocht wird, wird es wieder andere Themen geben.

Und das Muster ist immer dasselbe: Wir lernen Menschen kennen, sei es aus der Ferne oder persönlich. Wir finden sie toll, halten sie für ein Vorbild. Und dann lernen wir ihn oder sie besser kennen – und bemerken diesen Fehler, der uns übergroß scheint. Und plötzlich kommt uns alles, was derjenige je gesagt oder getan hat plötzlich bedeutungslos und verlogen vor. Und die Frage, die wir uns in solchen Situationen viel zu selten stellen ist die:

Herr Jesus, wie siehst du die Situation? Wie siehst DU den anderen?

Der Bürgermeister und die Prostituierte

Ich möchte euch heute morgen mit hineinnehmen in eine Geschichte, die sich genau so zugetragen hat. Eine Begegnung, die gegensätzlicher nicht hätte sein können. Wenn du die Bibel schon länger liest, dann hast du beim Lesen der Geschichte ein Problem: du weißt schon bevor sie losgeht, auf wessen Seite du bist. Weil wir uns angewöhnt haben, dass wir in Gut und Böse denken. Und uns automatisch auf die Seite der Menschen stellen, die wir für Gut halten.

Wenn du die Begebenheit miterlebt hättest, dann bin ich überzeugt, wäre das für die meisten von uns überhaupt nicht so eindeutig gewesen. Und damit wir die Gefühle ein bisschen nachempfinden können, die die Beteiligtendamals hatten, möchte ich euch vor dem eigentlichen Bibeltext eine Geschichte vorlesen, die ich kürzlich in diesem Zusammenhang gelesen habe und die uns - glaub’ ich - ganz gut helfen kann, nachzuempfinden, wie es manchen Leutengegangen ist, die damals mit dabei gewesen waren.

„Stellen wir uns einen parlamentarischen Abend vor. Der Bürgermeister hat eingeladen, um ehrenamtlich engagierte Mitbürger auszuzeichnen. Ein Mitglied des Landtags verleiht zudem Urkunden und Ehrennadeln des Präsidenten (…) Hinterher gibt es ein feudales Büffet – also ein würdevoll-feierlicher Rahmen. Jetzt passiert folgendes: mitten in diese feine Gesellschaft platzt eine Frau rein. Eng anliegende, tief ausgeschnittene Bluse, ein kurzer Rock, High Heels unter den Füßen … Diese schrille Person stolpert in den Saal. Sie sieht aus wie eine Prostituierte. Dann geht sie direkt auf den Landtagsabgeordneten zu, wirft sich ihm in die Arme und zieht seinen Kopf an die Brust. „Ich will für immer dir gehören“, flüstert sie. Dann macht sie sich daran, seine Schultern zu massieren … Und auf einmal weint sie auch noch; Wimperntusche läuft ihr die Wangen hinunter. Jeder ist erstarrt. Wie peinlich! Aber anstatt sie abzuweisen, hält der Politiker sie im Arm und sagt so etwas wie: „Du bist mein!“ Das darf noch nicht wahr sein! Man könnte denken, dass er ein Kunde von ihr ist …

Mit diesen Empfindungen im Kopf möchte ich euch jetzt die Original-Geschichte aus Lukas 7 vorlesen.

Jesus’ Umgang mit anderen Menschen

Nicht, dass die Beispiel-Geschichte eben komplett damit vergleichbar wäre – aber die Gefühle, die wir evtl. dabei hatten, sind wahrscheinlich schon ziemlich vergleichbar mit denen des Gastgebers und seinen gutsituierten Gästen in Lukas 7,36-38:

Es bat ihn aber einer der Pharisäer, mit ihm zu essen. Und er ging in das Haus
des Pharisäers und setzte sich zu Tisch.
Und siehe, eine Frau war in der Stadt, die war eine Sünderin; als sie hörte,
dass er in dem Haus des Pharisäers zu Gast war, da brachte sie ein
Alabasterfläschchen voll Salböl,
und sie trat hinten zu seinen Füßen, weinte und fing an, seine Füße mit Tränen
zu benetzen; und sie trocknete sie mit den Haaren ihres Hauptes, küsste seine
Füße und salbte sie mit der Salbe.

Frage: Auf wessen Seite stehst du? Für wen sind wir intuitiv in dieser Szene?

Schon der zweite Satz in diesem Abschnitt sollte uns eigentlich zu denken geben. Ein Pharisäer hatte eingeladen. Pharisäer – das waren doch die Leute, die Jesus abgelehnt haben. Die ihm immer nur Fallen stellen wollten. Verlogene Heucher, Schlangenbrut, Otterngezücht.

Würdest du mit so jemandem essen gehen? Jesus hat’s getan.

Wenn wir Jesus in seinem Alltag begleiten – und die vier Evangelien in der Bibel, die Jesus-Biografien von Matthäus, Markus, Lukas und Johannes laden uns ja genau dazu ein - dann merken wir eine Sache sehr schnell: Jesus ist anders als wir. Als wir alle.

Egal, wie gut wir die Bibel kennen. Auch in der Art, wie er Menschen begegnet. Wenn Jesus auf jemanden zuging, dann war seine Frage nie „Bin ich für denjenigen oder bin ich gegen denjenigen.“ Jesus war immer für die Menschen, denen er begegnet ist.

Vielleicht sagt jetzt jemand: Moment mal, Daniel – für Jesus gab es das sehr wohl – für jemanden sein oder – gegen jemanden sein

Er hat doch gesagt: „Wer nicht für mich ist, der ist gegen mich, und wer nicht mit mir sammelt, der zerstreut.“ (Mt 12,30; Lk 11,23)

Ja, stimmt. Das hat er gesagt. Und damit die Leute herausgefordert, sich auf seine Seite zu stellen. Aber ist dir auch bewusst, dass Jesus in einem anderen Zusammenhang gesagt hat: „Wer nicht gegen uns ist, der ist für uns.“? (Mk 9,40; Lk 9,50)

Und selbst wenn Jesus ganz klar deutlich gemacht hat, dass jeder Mensch eine klare Entscheidung in Bezug auf seine Person treffen muss – und zwar schwarz weiß - „Bin ich für Jesus oder gegen Jesus?“, so wird doch deutlich, dass er sich selbst diese Frage in Bezug auf seine Mitmenschen nie gestellt hat. – Bin ich für den Alex oder gegen ihn. – Stelle ich mich auf die Seite von Gerda oder auf die Seite ihrer Ankläger.

Natürlich wird es einen Moment geben, wo Jesus als Richter auftreten wird. Wo er Menschen ein Urteil sprechen wird. Aber er wird sich niemals gegen Menschen wenden oder diese anklagen, weil er von vornherein gegen diese Menschen gewesen wäre.

Im Gegenteil. Weil er immer für Menschen ist,

  • für seine geliebten Geschöpfe,
  • die er ins Dasein gerufen hat
  • die er gewollt hat
  • zu denen er eine Beziehung haben möchte
  • … zu jedem einzelnen genau deswegen wendet er sich gegen Sünde.

Jesus’ Umgang mit Mensch und Sünde

Jesus spricht nicht derart hart gegen Verhaltensweisen, die die Bibel Sünde nennt, weil er den Auftrag hat, den Aufgabenkatalog Gottes auf der Erde durchzusetzen.

Jesus bringt Sünde zur Weißglut, weil Sünde Menschen zerstört.

Und weil Jesus immer extrem für Menschen ist, deswegen ist Jesus immer extrem gegen Sünde. Wir sagen manchmal so schnell
Ja, klar: Gott liebt den Sünder und hasst die Sünde.

Aber wenn wir dann mit Leuten konfrontiert werden, deren Verhalten und Reden wir nicht gut finden, dann fällt es uns manchmal sehr schwer, dieselbe Liebe für sie aufzubringen wie Jesus. Und manchmal rechtfertigen wir dann unsere Einstellung noch und sagen: Ich bin ja nur gegen ihn, weil es zerstörerisch ist, wie er sich verhält, wenn ich sagen würde, dass ich für sie bin, dann würden die Leute ja denken, dass ich alles gut finde, was sie tut – das wäre doch gefährlich

So ähnlich hat wohl Simon gedacht. Und er hat in dieser seltsamen Begegnung am Essenstisch gleich einen Test gesehen – er hat aus dem Verhalten von Jesus dieser Frau gegenüber abgeleitet, ob er künftig für Jesus oder gegen ihn sein würde.

Und für ihn war klar: Jesus war durchgefallen. Er hatte Jesus eine Chance gegeben. Er hatte Dinge bei Jesus gesehen, die ihn stutzig gemacht hatten. Neugierig. Er hatte es prinzipiell noch für möglich gehalten, dass Jesus von Gott kommt – auch wenn er nicht zwangsläufig der jahrhundertelang angekündigte Retter, der Messias sein musste.

Aber diese Szene hier zwischen Häppchen und Sektglas – das war für ihn der eindeutige Beweis: Jesus kann nicht von Gott kommen. Der Arzt Lukas hat es uns so aufgeschrieben: Lukas 9,39: Als aber der Pharisäer, der ihn eingeladen hatte, das sah, sprach er bei sich selbst: Wenn dieser ein Prophet wäre, so wüsste er doch, wer und was für eine Frau das ist, die ihn anrührt, dass sie eine Sünderin ist!

Der Pharisäer Simon schien die Frau zu kennen – übrigens: wir finden in der ganzen Geschichte nirgends ihren Namen. Manche glauben zwar, dass es Maria war, weil die anderen Biografen Matthäus, Markus und Johannes die Begebenheit berichten, wo Maria, die Schwester von Lazarus und Martha Jesus salbt - „zu seinem Begräbnis“ wie er sagt – und Lukas berichtet das nicht, sondern nur diese Geschichte hier. Aber es gibt viele Hinweise und Belege dafür, dass das definitiv zwei unterschiedliche Begebenheiten sind.

Diese Frau hier in Lukas 7 hat also keinen Namen. Sie sagt auch kein einziges Wort. Alles, was über ihre Lippen kommt, ist Schluchzen.

Der Gastgeber Simon ist nicht in erster Linie entsetzt darüber, dass ein ungebetener Gast den Festschmaus stört. Ich habe gelesen, dass es damals durchaus üblich war, so zu tafeln, dass man von der Straße aus zuschauen konnte – und diese Frau hat wahrscheinlich auch nicht Hausfriedensbruch im heutigen Sinne begangen.

Was Simon entsetzt ist die Tatsache, dass Jesus die Nähe zulässt. Dass Jesus sich nicht umgehend distanziert. „Wenn dieser ein Prophet wäre, so wüsste er doch, wer und was für eine Frau da sist, die ihn anrührt, dass sie eine Sünderin ist.“ Er nennt sie eine Sünderin. Und das war gar nicht unbedingt ein Stempel, den er ihr aus Bösartigkeit aufgedrückt hatte.

Der Autor dieser Geschichte, Lukas, hat ja vorhin selbst in Vers 37 geschrieben: Ja – das war eine Sünderin. Neuere Übersetzungen schreiben hier teilweise Prostituierte – oder auch „eine Frau, die für ihren unmoralischen Lebenswandel bekannt war“.

Menschliches Denken

Simon kennt diese Frau. Und er ist überzeugt: Jesus kennt sie nicht. Sonst würde er anders mit ihr umgehen. Sonst würde er wissen, dass sie für schlimme Dinge steht: Für einen verkorksten Lebenswandel, für Verfehlungen und Sünde, für ein verkommenes Leben, für Sex außerhalb der Ehe.

Und wenn Gott ein heiliger, ein von allem Bösen abgesonderter Gott ist, dann muss er sich hier doch abwenden. Und wenn Jesus das nicht tut, dann war für ihn klar: Test nicht bestanden. Jesus kann nicht von Gott kommen. Punkt.

Nun – in Bezug auf Jesus würden wir das natürlich nicht behaupten. Da ist uns klar: Jesus kommt von Gott – er ist der größte aller Propheten und noch viel mehr als das. Aber mal ehrlich: Wie oft haben wir schon so ähnlich gedacht von anderen Menschen: „So wie die sich verhalten – da können die Jesus nicht lieb haben.“

Wer noch in diese oder jene Gemeinde oder Kirche geht, … ich meine: der geht da doch nicht hin, weil’s ihm um die Wahrheit geht … sondern nur, weil er sich da gut fühlt oder weil sie dringend einen Ehepartner braucht oder weil er zu feige ist auszusteigen.

Oder andersrum: Wenn die immer noch keine Gemeinde besucht, kann’s mit ihrer Liebe zu Jesus nicht weit her sein. Wer solche Ansichten hat wie der oder die – der kann nicht wirklich für Jesus sein und deswegen kann ich auch nicht für ihn oder sie sein – oder?

Was jetzt kommt, ist unglaublich. Man entdeckt die Ironie in der Szene, die jetzt kommt, nicht, wenn man nur schnell drüberliest: Simon hat gerade gedacht: Dieser Jesus – der kann kein Prophet sein. „Er sprach bei sich selbst“ , d.h., das waren seine Gedanken.

Und er hat selbst die Regeln aufgestellt, ab wann er Jesus für einen Propheten hält. Nämlich: Wenn er gegen diese Sünderin ist. Wenn Jesus wüsste, was für alle offensichtlich ist und irgendwie jeder im Raum checkt, außer anscheinend Jesus - dann wäre er ein Prophet.

Die Formulierung hier ist interessant, oder? Für Simon ist klar – sobald Jesus weiß, wer diese Frau ist - also ihre Identität kennt, und was für eine Frau das ist - also die Schublade kennt, in die sie ganz offensichtlich gehört, in dem Moment wäre es für einen gottgeleiteten Menschen ganz klar: Hier ist Abstand angesagt. Für solche Menschen kann man nicht mehr sein.

Und jetzt kommt’s: Während Simon also gerade noch so in Gedanken seine Spielregeln für den ultimativen Propheten-Test formuliert, macht Jesus etwas – weißt du was? Er beweist, dass er ein Prophet ist. Aber nicht nach den Spielregeln von Simon. Und wie macht er das? Indem er Simon zeigt: Hör mal – ich weiß nicht nur, wer und was für eine Frau das ist – ich weiß sogar, was du gerade denkst!

Und das ist ganz typisch für Jesus: Während wir uns darauf konzentrieren, die Menschen um uns herum einzusortieren, zu be- und zu verurteilen, kommt Jesus und sagt: Lass mal die anderen andere sein. Lass mal die anderen anderst sein wie sie wollen. Jetzt rede ich erst mal mit dir. Es geht nicht um die anderen. Du kannst andere Menschen nicht veärndern. Deswegen lass uns jetzt mal über dich reden!

Da antwortete Jesus … so heißt es in Vers 40 – interessant: Jesus antwortet auf die Gedanken von Simon. Ist dir das auch schon passiert, dass Jesus auf deine Gedanken antwortet? Ich bin so froh, dass Jesus meine Gedanken sieht - das tut er nämlich. In Psalm 139,2 heißt es sogar: Gott, du verstehst meine Gedanken, meine Absichten sogar aus der Ferne – quasi schon im Voraus. Und weil das so ist, deswegen kann er auf Gedanken antworten und deswegen nimmt er sich jetzt den Gastgeber zur Brust: und sprach zu ihm: Simon, ich habe dir etwas zu sagen. Er sprach: Meister, sprich!

Das Gleichnis von den Schuldnern

Und jetzt kommt wieder etwas, das typisch ist für Jesus – und das wir irgendwie in unserer westlichen Kultur ein bisschen verlernt haben, finde ich. Jesus erzählt eine Geschichte. Wir erzählen Geschichten fast nur noch unseren Kindern. Wir sind ja erwachsen. Wir brauchen keine Geschichten mehr. Wir sind ja nicht im Kindergarten. Mit uns kann man über Fakten reden.

Aber wer sich nur mit Theorien und Wissenschaftlichem beschäftigt, dem fehlen ganz wesentliche Dinge des Menschseins. Stell’ dir vor, ein Wissenschaftler würde beschreiben, was Verliebtsein ist. Der würde uns erzählen, dass im Gehirn Botenstoffe ausgeschüttet werden: Dopamin, Adrenalin, Oxytocin, und die Herzfrequenz geht hoch.

Aber wir alle wissen: Was in einer Beziehung passiert beim Verliebtsein, bei der Liebe zwischen Eheleuten, bei der Liebe zwischen Eltern und Kindern.

Das begreife ich nicht, wenn ich alle wissenschaftlichen Fakten darüber kenne. Das muss ich erleben. Das muss ich fühlen. Das muss ich durchmachen. Das Leben ist mehr als Chemie, Physik und Biologie.

Und deswegen erzählt Jesus Geschichten. Weil er uns mit hineinnehmen möchte in sein Verständnis von Beziehungen. Weil er möchte, dass wir im Herzen begreifen, was hier eigentlich vor sich geht.

Einer meiner Lehrer in der Schule hat mir im Geschichtsunterricht beigebracht: „Wenn ihr irgendetwas in der Welt und Politik nicht versteht, dann fragt euch einfach: Wer verdient daran?“ Da ist was dran, gell?

Aber Jesus geht noch tiefer. Bei ihm heißt es: „Wenn du wissen willst, was vor sich geht, dann schau dir an was im Herz passiert, was beziehungsmäßig passiert Und um diese Ebene zu begreifen, helfen Geschichten. Und so erfindet Jesus eine Geschichte. Eine Ultra-Kurz-Geschichte (Lukas 7,41-42):

Ein Gläubiger hatte zwei Schuldner. Der eine war 500 Denare schuldig, der
andere 50.
Da sie aber nichts hatten, um zu bezahlen, schenkte er es beiden. Sage mir: Welcher von ihnen wird ihn nun am meisten lieben?

Wenn Jesus eine Geschichte, ein Gleichnis erzählt, dann ist es ganz oft so: Einer in der Geschichte ist Gott. Und einer ist der Mensch – eventuell sogar ich.

Hier sind jetzt drei Leute im Spiel – das heißt: ich kann überlegen: wer bin ich? Klar: der Gläubiger Der, bei dem Leute Schulden gemacht hat. Der, der das viele Geld hat, das ist Gott.

Aber wo würdest du dich einordnen? Bist du der mit 50 oder der mit 500? Ein Denar war ein guter Tageslohn. Also: Hast du 5.000 Euro Schulden oder 50.000 ? Wenn wir die Geschichte das erste Mal durchlesen – und ich hab’ das sogar auch in einem Kommentar gelesen, dann kommt man evtl. zu dem Schluss, dass Jesus dem Pharisäer Simon also recht, indem er sagt: Stimmt: Es gibt einen großen Unterschied zwischen dir und der Frau. Die Frau hat mehr Schulden als du. Aber das hat Jesus nie gesagt! Jesus erzählt diese Geschichte – und schon allein dadurch, dass wir so schnell in der Anwendung sind, so schnell dabei sind, die Schubladen zuzuordnen, verrät eigentlich, wie wir im Herzen ticken.

Wo würdest du dich einordnen? Bist du der mit 50 Denare Schulden – oder der mit 500? Bevor wir jetzt eine fromme Antwort geben so nach dem Motto „Ja, ich bin der größte Sünder von allen…“ überleg mal: Wie oft in den letzten 10 Tagen hast du über andere Gläubige ein negatives Urteil gefällt - und wenn es nur in Gedanken war - und damit eigentlich bewiesen, dass du dich für den besseren Jesus-Nachfolger hältst?

Für den mit weniger Schulden?

Eine Sache macht Jesus deutlich – und da sind wir uns alle einig: Die beiden Schuldner haben eine Gemeinsamkeit. Und die ist: sie können beide ihre Schulden nicht begleichen. Und wer die Bibel liest, der weiß: Ja – das stimmt. Kein einziger Mensch kann seine Schulden gegenüber Gott begleichen. Wir brauchen, was sich Martin Luther als katholischer Mönch so sehr gewünscht hat: einen gnädigen Gott! Einer, der die Schuld erlässt. Der mit Menschen, die nichts haben außer Schulden so umgeht, als hätten sie keine.

Aber Jesus hat 2 Schuldner in seine Geschichte gepackt. Und zwischen denen gibt es einen Unterschied. Dem einen wurde viel erlassen, dem anderen noch viel mehr. Und jetzt stellt Jesus dem Simon nicht eine Mathe-Aufgabe. Er soll jetzt nicht die entgangenen Zinsen ausrechnen. Dreisatz und so … Der Theologe Simon soll jetzt sagen: Was bedeutet das für die Beziehung? Wer wird mehr lieben? Was macht das mit den beiden – mit dem Schuldner und mit dem Gläubiger - und was macht das mit ihrer Beziehung, wenn einfach mal so paar Tausend Euro geschenkt werden …?

Ohne zuzuordnen, wem wieviel erlassen wurde, fragt Jesus: „Was meinst du, lieber Simon – wer liebt mehr? Der, der mit dem kleinen Geschenkle – oder der mit dem Riesen-Geschenk?

Wem viel vergeben ist, der liebt mehr!

Lukas 7,43: Simon aber antwortete und sprach: Ich vermute der, dem er am meisten geschenkt hat. Und er sprach zu ihm: Du hast richtig geurteilt!

Keine schwierige Frage, oder?

Aber jetzt wendet Jesus diese Lektion an und fordert Simon zu etwas auf, womit der niemals gerechnet hätte. Diese Frau, diese verruchte, verdorbene, stadtbekannte Frau, von der die Eltern vielleicht ihre Kinder gewarnt haben – oder gesagt haben: „Guck mal, wenn du die falschen Freunde hast, wenn du keinen moralischen Kompass, keine Ehre mehr hast – dann wirst du so wie die…“

Jesus fordert Simon auf, diese Frau anzusehen – und sich an ihr ein Beispiel zu nehmen (Vers 44-46).

Und indem er sich zu der Frau wandte, sprach er zu Simon: Siehst du diese Frau? Ich bin in dein Haus gekommen, und du hast mir kein Wasser für meine Füße gegeben; sie aber hat meine Füße mit Tränen benetzt und mit den Haaren ihres Hauptes getrocknet. 
Du hast mir keinen Kuss gegeben; sie aber hat, seit ich hereingekommen bin, nicht aufgehört, meine Füße zu küssen. 
Du hast mein Haupt nicht mit Öl gesalbt, sie aber hat meine Füße mit Salbe gesalbt.

Simon hatte Jesus eingeladen. Vielleicht wollte er theologische Diskussionen führen. Gemeinsam die Thora studieren und Streitfragen wälzen. Vielleicht war er nur neugierig auf diesen beliebten Rabbi und wollte rausfinden, was die Leute so toll an ihm finden. Aber er hat wenig Liebe bewiesen. Er hatte keine innige Beziehung zu Jesus.

Das war eher was – wie auf geschäftlicher Ebene. Und jetzt passiert etwas interessantes: Jesus wendet seine Beispiel-Geschichte von eben an – aber bei genauem Hinschauen anders, als wir zuerst gedacht haben: Vers 47 Deshalb sage ich dir: Ihre vielen Sünden sind vergeben worden, darum hat sie viel Liebe erwiesen; ...

OK wir begreifen zusammen mit Simon: Der Schuldner mit den vielen Schulden – die 500 Denare – das sind die Schulden der Frau. Die hat viele Sünden. Das ist eine schlimme Frau. Die hat viel auf dem Kerbholz. „Ihre vielen Sünden…“ steht hier. Und man denkt sich: OK, die vielen Sünden der Frau und die wenigen Sünden von Pharisäer Simon. Aber Jesus fährt fort: … wem aber wenig vergeben wird, der liebt wenig.

Er sagt nicht: „Dir wurde wenig vergeben, Simon. Deswegen liebst du wenig.“ Sondern er stellt Simon eigentlich vor eine Wahl, die diesem wohlsituierten Theologen ungeheuerlich vorgekommen sein muss: Simon – willst du auch so werden wie diese Frau? Willst du auch einer sein, dem viele Schulden erlassen wurden? Willst du einer werden, der viel liebt? So wie diese Frau – die weint, weil sie begriffen hat wer und was für eine Frau sie ist. Und die dabei kein Wort sagen muss.

Oder bleibst du der Pharisäer Simon. Der denkt, ihm müsse nur wenig vergeben werden. Der im Gegensatz zu dieser Frau nicht weiß, wer und was für ein Mann er ist. Der sein Leben lebt und seine Tage mit tausend Worten und Diskussionen über hoch-theologische Themen füllt – aber nicht den Hintern hochbekommt, um anderen zu dienen, sie mit den Augen Gottes zu sehen und ihnen – und damit Gott – Liebe zu erweisen.

Und das ist die Frage, vor die Jesus mich stellt. Ich persönlich bin überzeugt, dass es keinen Menschen auf dieser Erde gibt oder geben wird, dem wenig vergeben wurde.

Es gibt nur zwei Personengruppen:

  1. Menschen, denen viel vergeben wurde und
  2. Menschen, denen nicht vergeben werden kann, weil sie das Geschenk der Vergebung nicht annehmen

Das Problem der zweiten Gruppe ist: Dass sie denken, ihnen müsse nur wenig vergeben werden – und die Jesus gar nicht so richtig brauchen. Jesus macht genau das auch an einer anderen Stellen deutlich, als er von den Gutmenschen der damaligen Zeit wieder mal dafür kritisiert wird, dass er mit den falschen Leuten abhängt.

Denen sagt er: „Nicht die Starken brauchen den Arzt, sondern die Kranken. Ich bin nicht gekommen, Gerechte zu berufen, sondern Sünder zur Buße.“ Mk 2,17 (s.a. Mt 9,12 + Lk 5,31)

Ja Moment – wer sind denn die Starken, die Jesus nicht brauchen? Wer sind denn die Gerechten, die keine Buße, keine Umkehr, keine Sündenvergebung brauchen? Es gibt keine – es gibt nur solche, die denken sie wären stark. Die denken, sie bräuchten keine – oder nur minimal – Vergebung … Das ist das Problem der zweiten Gruppe. Dass sie nicht wissen wer oder was für Menschen sie sind. Dass sie weder die anderen – noch sich selbst – mit den Augen Gottes sehen.

Und das Problem der ersten Gruppe – und ich hoffe ja, dass du zu der gehörst… Unser Problem ist, dass wir vergessen, wie viel uns vergeben wurde – und deswegen die Liebe zu unserem Heiland kleiner wird. Als der ehemalige Fischer Petrus mal von einem von Gott geprägten Charakter und der Liebe zu Gott und den Mitmenschen schreibt, da sagt er:

Wem diese Dinge fehlen – also all’ die positiven Charaktereigentschaften, die Gott in uns wirken möchte inklusive der Körnung – nämlich der Liebe zu Gott, unseren Geschwistern und zu allen Menschen - wem das fehlt – was hat der für ein Problem?

Wem diese Dinge fehlen, der ist blind und kurzsichtig und hat die Reinigung von seinen früheren Sünden vergessen. (2Petr 1,9) Ich liebe diesen Bibelvers – und werde ihn bestimmt noch oft zitieren. Weil er mir zeigt, wie wichtig es ist, mich daran zu erinnern, wie viel mir vergeben wurde. Menschen, die das vergessen – und das können wir überall beobachten – auch in unseren eigenen Reihen -

Menschen, die das vergessen, die neigen zu Gesetzlichkeit. Zu einer Definition von Heiligung, die besagt: Meide Geschwister, die nicht so geistlich sind wie du.

Anstatt zu überlegen:

  • Wie kann ich meinen Geschwistern dienen – egal, ob sie weiter sind im Glauben als ich oder noch nicht so weit sind.
  • wie kann ich ihnen helfen
  • wie kann ich sie höher achten als mich selbst

Wenn wir so nicht denken, dann sind wir in Gefahr, uns für was besseres zu halten. Dieses Phänomen können wir immer wieder in den verschiedensten Gemeinden beobachten.

Da bilden sich Grüppchen, wo man sich intensiv über den Staat und die Gesellschaft beschwert wie schlimm die Unmoral ist, wie Politiker uns belügen, Konzerne uns ausnützen wollen, wie wir manipuliert werden.

Und dann kommt Kritik über die Gemeinde. Über die Gemeindeleitung und Prediger. Über die Geschwister. die Verweltlichung, der Führungsstil, dass nicht genügend durchgegriffen wird, das mangelnde Bibelwissen, die mangelnde Opferbereitschaft, und es mag ja sein, dass die einzelnen Kritikpunkte gar nicht immer unberechtigt sind

Aber das Problem ist: Wenn man sich in der Rolle des 50er-Schuldners sieht, wenn man auf die anderen herabschaut und sich für besser hält - dann ist die Gefahr groß, dass man wenig liebt.

Und dann kann es dazu kommen, dass Leute sich absondern, Hauskreise sich abspalten, Leute plötzlich ihre Fans um sich scharen und ihr eigenes Süppchen kochen. Und sich dabei dann ganz besonders heilig vorkommen. Da werden ganz im Sinne der „Cancel Culture“ einzelne Punkte rausgegriffen, mit denen man nicht einverstanden ist - und alles andere ist plötzlich nichts mehr wert.

Das ist sehr schade.

Es ist immer wieder gut, mal den Anfang vom 1. Korintherbrief zu lesen, um zu sehen, wie Paulus mit Geschwistern umgeht, die gewaltige Defizite in der Heiligung haben.

Jesus vergibt Sünden

Hier in Simons Haus sagt Jesus noch zwei Dinge zu der Frau ohne Namen – und vielleicht trägt sie meinen oder deinen Namen? Vielleicht identifizieren wir uns mit ihr? Was sagt Jesus ihr?

Lukas 7,48-50

Und er sprach zu ihr: Dir sind deine Sünden vergeben! 
Da fingen die Tischgenossen an, bei sich selbst zu sagen: Wer ist dieser, der sogar Sünden vergibt? Er aber sprach zu der Frau: 
Dein Glaube hat dich gerettet; geh hin in Frieden! Deine Sünden sind dir vergeben.

Dein Glaube hat dich gerettet. Eigentlich wäre es für Simon und die anderen Tischgenossen jetzt dran gewesen, zu fragen:

  • Und was ist mit meinen Sünden?
  • Was ist mit meinem Glauben?
  • Habe ich diesen Glauben, der rettet?
  • Habe ich den Glauben, der meine vielen Sünden wegnehmen kann?

Nun – Lukas berichtet uns, dass die Tischgenossen sich hier fragen: Wer ist er? Wer ist dieser Mensch, der Sünden vergeben kann? Und ihr Problem ist, dass sie darauf keine Antwort haben, obwohl die Antwort vor ihrer Nase sitzt.

Die Frau mit den vielen Sünden – die hat darauf eine Antwort gefunden Diese Antwort gibt sie nicht mit Worten, sondern damit, wie sie mit ihren Taten ihrem Heiland ihre Liebe beweist: Dieser Mensch, der meine vielen Sünden vergeben hat – das ist „mein Herr und mein Gott“, der, dem ich die Füße küsse, der, dem ich meine Liebe zeige, so gut ich nur kann Wenn ich mir diese Begebenheit hier anschaue, dann wird mir eine Sache bewusst: Es ist wichtiger, Jesus zu lieben als in der Bibel Bescheid zu wissen. Ich muss es mehr lieben, das Wort Gottes zu tun als das Wort Gottes zu lesen.

Bitte versteht mich nicht falsch: Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass jemand, der Jesus von Herzen liebt sich extrem für sein Wort interessiert, dieses Wort mehr liebt als alle anderen Bücher, es lesen möchte und sich Zeit dafür nimmt.

Aber ich beobachte leider auch viele Gläubige, – die viel Bibel und hervorragende Bücher lesen, – unzählige gute Predigten anhören und – christliche Zeitschriften lesen, aber wenn man in ihren Alltag schaut, dann hat man das Gefühl, dass sie wenig lieben.

Liebe bedeutet, dass ich den anderen mit den Augen Gottes sehe. Dass ich mit diese Frage stelle: „Herr, wie siehst DU den anderen?“ Und dass ich mich nicht blenden lasse - nicht von einem zerlumpten oder aufgetakelten Erscheinungsbild und Äußerlichkeiten, die für mich abstoßend oder weltlich wirken - aber auch nicht von ultrafrommem Auftreten und rund-um-die-Uhr-Bibelstudium.

Jesus ging in das Haus eines Pharisäers – weil er für diesen Menschen war. Weil er ihn geliebt hat und sich nicht mehr gewünscht hat, als dass Simon begreift: Ich bin auch ein 500er-Kandidat. Ich bin auch einer mit vielen Sünden. Jesus wollte diesen Pharisäer und seine Tischgenossen gewinnen.

Genauso wie er für diese Prostituierte war. Für diese Frau, die so gar nicht dem frommen Schema entsprach. Die bestimmt keinen Bruchteil vom Bibelwissen dieser frommen Männer um sie herum hatte. Aber deren Herz Jesus so sehr liebte, dass ihr egal war, was die anderen dachten. Wie sehr sie sie verachten würden. Wie sehr sie tuscheln und sich lustig machen würden. Dass ihr egal war, was es sie kosten würde, ihre Liebe unter Beweis zu stellen. Ob Geld oder Ehre oder sonstwas.

Und sie ging hin in Frieden.

Jesus liebt dich!

Genauso ist Jesus immer für dich - und mich. Und genau deswegen sollte jeder, der wie Jesus sein möchte – immer für andere sein.

Und stellt euch vor, wir wären so. Wir wären alles Menschen, die immer, in jeder Situation, in der Gemeinde, am Arbeitsplatz, mit unseren Ehepartnern, mit unseren Kindern, mit unseren Elternhaus, mit unseren Enkeln.

durch unser Verhalten deutlich machen würden:

Egal was passiert: Ich bin FÜR dich. Und es gibt nichts, was das je ändert. Egal, welche Partei du wählst, auch wenn du gerne Musik hörst, die ich für unchristlich halte, auch wenn du mit Leuten abhängst, die ich für die falschen Freunde halte, auch wenn du eine Gemeinde besuchst, deren Ausrichtung ich für gefährlich halte Ich werde immer für dich sein. Es kann sein, dass ich genau deswegen dich warnen werde. Aber ich werde dich nicht kritisieren, um dich runterzumachen, um mich über dich zu stellen, um meinem Ärger Luft zu machen.

Und da, wo ich anderer Ansicht bin als du, werde ich dich auch dadurch höher achten als mich selbst, dass ich es auch für möglich halte, dass ich es vielleicht bin, der sich irrt – und nicht du.

Glaubst du, dass das unsere Beziehungen verändern würde? Dass das unsere Gemeinschaft verändern würde? Dass andere das merken und spüren würden? Ich bin davon absolut überzeugt.

Und wie kommen wir dahin?

Ich wünsche mir, dass ich euch an diesen einen wichtigen Schritt heute erinnern konnte und dass wir das von der Frau mit den vielen Sünden lernen:

Dass wir uns immer wieder und immer mehr daran erinnern, wie viel uns vergeben wurde. Amen.