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Sex vor der Ehe

16.06.2024

Einführung in das Thema Sexualethik im biblischen Kontext

Gemeinsam Glauben Leben

Sie hören den Predigt-Podcast der evangelisch freikirchlichen Gemeinde The Rock Christus Kirche aus Berlin-Spandau. Ich bin von der Gemeindeleitung gebeten worden, in diesem Jahr einige Grundlagenthemen zu predigen. Ihr müsst ja immer wissen, wer Schuld hat. Deshalb geht es heute um Sex vor der Ehe.

An dieser Stelle möchte ich eine Vorbemerkung machen: Wenn das biblische Christentum bei einem Thema von Anfang an aneckte, dann war es das Thema Sex. Wer denkt, dass wir heute in puncto Sexualethik in der Gesellschaft die ewigen Gestrigen oder irgendwelche Phobiker sind, kann beruhigt sein. Die ersten Christen hatten es in dieser Hinsicht noch viel schwerer.

Die Vorstellung, dass ein Mann nur mit seiner eigenen Frau intim werden darf, war für die römische Gesellschaft völlig absurd. Man hatte damals die Sklavin für den Spaß, die gebildete Hetäre für den geselligen Abend und die eigene Ehefrau, damit sie bitteschön erbberechtigte Kinder zur Welt bringt.

Dann kommen die Christen sozusagen aus dem Nichts und fordern: „Hey, ab heute nur noch mit einer Frau!“ Und witzigerweise mit genau der Frau, von der Ovid, ein römischer Poet, behauptet, dass es zu ihr überhaupt keine erotische Liebe geben könne.

Ihr versteht: Das, was die Christen da predigen, war in weiten Kreisen der römischen Gesellschaft mindestens so absurd, wie wenn sich heute jemand hier vorne hinstellt und sagt, dass Sex vor der Hochzeitsnacht Sünde ist.

So viel nur als Vorbemerkung.

Wir starten nun mit unserem Thema: Sex vor der Ehe. Bevor ich mich mit dem Thema auseinandersetze, muss ich eine andere, viel wichtigere Frage vorausschicken. Die Frage lautet: Wie stehe ich eigentlich zur Bibel?

Das heißt: Wie ist mein Schriftverständnis? Wie denke ich über die Bibel? Vorausgesetzt, dass ich die Bibel halbwegs sauber auslege. Damit meine ich, dass man Bibelstellen nicht einfach aus dem Zusammenhang reißt, sondern sie vor dem Hintergrund der ganzen Bibel wahrnimmt. Man nimmt eine innerbiblische Gewichtung vor, beachtet Textgattungen, den historischen Kontext, eine saubere Logik und so weiter.

Jetzt mal eine saubere Auslegung vorausgesetzt – also nicht so eine plumpe Eins-zu-eins-Übertragung: Was höre ich dann, wenn ich die Bibel lese? Höre ich Gott, der zu mir spricht und mir seine Normen gibt? Oder ist die Bibel für mich einfach nur ein Dokument, das Menschen geschrieben haben, um ihre Erfahrungen mit Gott weiterzugeben?

Diese Frage – Was ist die Bibel für mich? – ist am Ende die Frage, die darüber entscheidet, welche moralischen Regeln in meinem Leben gelten.

Die Bedeutung des biblischen Ethikverständnisses

Und wenn man in liberalen Kreisen die biblische Sexualethik ablehnt, hört man oft folgende Argumentation: In der Antike habe man jung geheiratet, und Sex vor der Ehe sei deshalb kein Problem gewesen. Heute heirate man aber viel später, und deswegen könne man von jungen Menschen eigentlich nicht mehr erwarten, dass sie bis zur Ehe warten.

Diese Aussage hört man immer wieder. Dabei habe ich zwei Probleme mit ihr. Erstens ist sie historisch falsch. Männer heirateten im antiken Griechenland etwa im Alter von dreißig Jahren – also ähnlich wie heute.

Doch bei dieser Aussage schwingt noch etwas anderes mit. Es ist die Idee, dass Gott mir heute nicht mehr vorschreiben darf, wie ich meine Sexualität im einundzwanzigsten Jahrhundert zu leben habe.

Und wisst ihr was? Das macht mir konzeptionell Angst. Denn hier werden zwei Dinge voneinander getrennt, die in der Bibel niemals getrennt werden: Ethik, also wie ich mich verhalte, und Errettung.

Wenn man sagt: „Ja, das stand damals so da und hätte man damals vielleicht so machen sollen, aber heute gilt das nicht mehr“, dann wird das eigene Leben plötzlich nicht mehr als Ausdruck der Beziehung zu Gott verstanden.

Ein solches Denken ist wirklich brandgefährlich. Es ist gefährlich, weil Paulus an verschiedenen Stellen in der Bibel davon spricht, dass ein offensichtlich sündiges Verhalten ein Indiz dafür ist, dass man nicht gerettet ist.

Das heißt: Mein Umgang mit Sünde offenbart etwas darüber, wie ernst ich es mit meinem Leben mit Gott meine. Es zeigt die Echtheit meiner Jüngerschaft.

Dabei geht es nicht darum, wie ich über mich selbst denke, sondern immer um die Frage, wie Gott über mich denkt.

Ich zeige euch zwei Stellen, die das verdeutlichen:

In Epheser 5,5 heißt es: „Denn dies sollt ihr wissen und erkennen, dass kein Unzüchtiger oder Unreiner oder Habgieriger, der ist ein Götzendiener, ein Erbteil hat im Reich Christi und Gottes.“

Lasst das mal auf euch wirken: Ein bestimmtes Verhalten wird gelebt, und Paulus sagt, wenn jemand so lebt, dann hat er keinen Anteil am Reich Gottes. Er gehört einfach nicht dazu.

Der nächste Vers ist Galater 5,19-21. Dort heißt es: „Offenbar aber sind die Werke des Fleisches, nämlich Unzucht, Unreinheit, Ausschweifung ...“

Es folgt eine Aufzählung, die noch mehr umfasst, doch mich interessiert heute besonders der Begriff „Unzucht“.

Von diesen sage ich euch im Voraus, wie ich vorher sagte, dass die, die so etwas tun, das Reich Gottes nicht erben werden.

Diese beiden Stellen machen deutlich: Gewohnheitsmäßige, grobe Sünde und die Vorstellung, Christ zu sein, passen nicht zusammen.

Begriffsklärung und biblische Beispiele von Unzucht (Porneia)

Und jetzt möchte ich noch einen Schritt weitergehen. In diesem Text hier findet ihr das Wort Unzucht. Das Wort im Griechischen heißt Porneia. Ja, Porneia, das klingt nach Pornografie und hat auch damit zu tun. Aber eben nicht nur.

Hier wird klar: Wer Porneia tut, also ein Unzüchtiger ist, der kann kein Christ sein. Aber ich muss eine Einschränkung machen. Die Einschränkung lautet: Es geht jetzt nicht darum, dass jemand einmal eine Sünde in diese Richtung tut, sie dann bekennt, sich darüber ärgert und überlegt, wie er sie wieder loswerden kann. Darum geht es nicht.

Es geht um ein Fehlverhalten, das mich prägt, das ich nicht als falsch ansehe, wo heidnischer Lebensstil tatsächlich, weil ich ihn leben will, meine Errettung, mein Christsein in Frage stellt.

Frage: Was ist Unzucht beziehungsweise Porneia? Porneia bezeichnet in der Bibel jeglichen vor- und außerehelichen Geschlechtsverkehr, sowohl bei Verheirateten als auch bei Unverheirateten.

Beim Thema Sexualität ist es so, dass die Bibel folgendermaßen vorgeht: Sie gibt uns einen erlaubten Rahmen – das ist die Ehe – und sagt, alles darüber hinaus ist biblisch Porneia, das hat im Leben eines Menschen nichts verloren.

Also, wenn ich Sex mit einer Person habe, mit der ich nicht verheiratet bin, und da spielt es keine Rolle, ob das ein außereheliches Verhältnis ist, ob das vor der Hochzeit stattfindet oder ob ich dafür bezahle und es eine Prostituierte ist: Wenn ich das tue, begehe ich Porneia.

Und wir schauen einfach mal in die Bibel, wo der Begriff das allererste Mal auftaucht. Manchmal kann man das machen, dass man sich mal anschaut, wo kommt der her? Und natürlich wird man dann im Alten Testament fündig, genau genommen in der griechischen Übersetzung des Alten Testaments.

Wir haben es da mit einer Witwe zu tun, Tamar. Und Tamar hat so ein Verhältnis – wir schlagen mal auf, 1. Mose 38,24. Tamar wird intim, ohne dass er das weiß, mit ihrem Schwiegervater. Der denkt, er geht einfach nur zu einer x-beliebigen Prostituierten, ist aber seine Schwiegertochter – oder muss ich es so sagen?

Die ganze Sache hat eine lange Vorgeschichte. Und dann wird sie auch noch in dem Moment schwanger von ihm. Also ganz dramatische Sache.

Und jetzt bekommt der Schwiegervater gesagt: Hör her, deine Schwiegertochter – sein Sohn war schon verstorben, sie ist eigentlich Witwe – ja, sie hat da was mit einem anderen gehabt, denn der Bauch wird immer dicker.

 1. Mose 38,24: „Und das geschah nach etwa drei Monaten, da wurde dem Judah berichtet: Deine Schwiegertochter Tamar hat Hurerei getrieben, da steht Porneia, hat Hurerei getrieben, und siehe, sie ist sogar schwanger von Hurerei.“

Okay. Ihr könnt euch vorstellen: Tamar schläft als unverheiratete Frau mit ihrem Schwiegervater. Und wir betreten an dieser Stelle den Bereich Unzucht, Hurerei. Da ist etwas, das hätte da nicht sein dürfen.

Biblische Gesetzgebung und Sanktionen zu vorehelichem Sex

Gibt es ein explizites Gebot, das besagt, dass man vor der Hochzeitsnacht nicht intim werden darf? Das ist eine Frage, die oft gestellt wird. Viele wünschen sich klare Gebote, weil es einfacher ist, wenn alles explizit geregelt ist. Es ist unangenehm zu sagen: „Ehe und alles andere ist verboten.“ Deshalb wünscht man sich eine eindeutigere Regelung.

Wenn jemand behauptet, es gebe ein solches Gebot, muss ich sagen: Jein! Es gibt kein direktes Verbot, in dem steht: „Du darfst nicht vor der Hochzeitsnacht mit anderen Männern intim werden.“ Aber es gibt ein Gesetz, das Frauen, die vorehelichen Sex hatten, bestraft – und zwar sehr streng. Das möchte ich mit euch genauer anschauen.

Der Hintergrund ist folgender: Ein Mann hat eine Frau geheiratet, mag sie aber nicht und möchte ihren Ruf zerstören. Wie kann er das machen? Er behauptet, er habe sie geheiratet, aber in der Hochzeitsnacht festgestellt, dass sie keine Jungfrau mehr ist. Er sagt also, sie hätte vor der Ehe schon Beziehungen mit anderen Männern gehabt.

Nun wird dieser Vorwurf untersucht, und es gibt zwei Möglichkeiten: Lügt er und es lässt sich nachweisen, dass sie doch Jungfrau war, wird der Mann streng bestraft. Es ist völlig inakzeptabel, dass ein Mann den Ruf seiner Frau auf diese Weise zerstört.

Aber wenn sich herausstellt, dass die Aussage stimmt, dann hat die Frau ein ernstes Problem. In 5. Mose 22,21-22 steht: Wenn sich herausstellt, dass die Frau vor der Hochzeit nicht mehr jungfräulich war – das heißt, die Zeichen der Jungfräulichkeit wurden nicht gefunden –, dann soll die junge Frau an den Eingang des Hauses ihres Vaters geführt werden. Die Männer der Stadt sollen sie steinigen, bis sie stirbt.

Warum? Weil sie eine Schandtat in Israel begangen hat, indem sie im Haus ihres Vaters wie eine Prostituierte gehandelt hat. Es heißt weiter: „Du sollst das Böse aus deiner Mitte wegschaffen.“

Das bedeutet, es gibt kein konkretes Verbot, aber eine Frau, die vor der Ehe mit Männern schläft, begeht eine Schandtat. Sie verhält sich wie eine Hure im Haus ihres Vaters. Und das Gesetz sieht tatsächlich vor, dass Frauen, die vorehelichen Sex haben, gesteinigt werden sollen. Das Böse soll aus der Gemeinschaft entfernt werden.

Man kann einwenden, dass das mosaische Gesetz heute für uns nicht mehr gilt. Das stimmt. Aber wir können dieses Gesetz nutzen, um zu verstehen, wie Gott über vorehelichen Sex denkt. Er betrachtet ihn eindeutig als etwas Böses. Vorehelicher Sex ist falsch, verboten und wird sanktioniert.

Wichtig ist außerdem, dass es sich hier um sogenannte kasuistische Gesetzgebung handelt. Das kennen wir in Deutschland kaum, im angloamerikanischen Raum ist es häufiger. Ein Fall wird beschrieben, ein Kasus, und dieser Fall wird durchgespielt. Dadurch offenbart sich ein dahinterliegendes, größeres Prinzip.

So erkennt man: Ich habe einen Fall, das Prinzip wird deutlich, und ich kann dieses Prinzip auf andere Fälle anwenden. Der Fall hier ist die „hurerische“ Frau. Das Prinzip lautet: Sex gehört in die Ehe. Sex vor der Ehe ist eine Schandtat, eine Form von Hurerei. Dieses dahinterliegende Prinzip zeigt uns, was Gott will.

Obwohl hier eine Frau als Beispiel genannt wird, gilt das Prinzip natürlich auch für Männer. Es wird nur ein Fall durchgespielt, aber wenn man das Prinzip verstanden hat, weiß man: Wer sich nicht daran hält, begeht dasselbe Vergehen.

Ich könnte noch weitere Stellen zeigen, will mich aber auf das Wesentliche beschränken. Interessant ist, dass die Bibel in Bezug auf Intimität vor der Ehe immer und durchweg dasselbe sagt. Ich kenne keinen einzigen Text, der voreheliche Sexualität lobt oder empfiehlt, etwa als wertvolle Möglichkeit, sich auszuprobieren oder „die Hörner abzustossen“. So einen Text gibt es im Wort Gottes nicht.

Stattdessen gibt es eine klare Warnung: vor Sex außerhalb einer legitimen Ehe zwischen einem Mann und einer Frau. Weil es zum klugen und richtigen Umgang mit dem mosaischen Gesetz für Christen gehört, die Gebote zu betrachten und daraus Recht und Unrecht abzuleiten, muss man sagen: Gibt es ein klares Gebot, das Sex vor der Ehe verbietet? Nein, nicht explizit.

Aber es gibt einen Fall, in dem jemand, der vorehelichen Sex hatte, streng bestraft wurde. Deshalb sollten wir sagen: Nach der Bibel ist Sex vor der Ehe tatsächlich verboten. Sex vor der Ehe und außerhalb der Ehe ist nicht erlaubt.

Die Bindung und Verantwortung durch Sexualität im Alten Testament

Was fällt noch auf? Für mich ist das fast ein bisschen drollig, denn wenn ich Leute darauf anspreche, sind sie völlig überrascht, dass das auch in der Bibel steht.

Im mosaischen Gesetz entsteht aus Sexualität tatsächlich eine Verpflichtung. Geschlechtsverkehr ist also nichts, was man im Alten Testament oder überhaupt in der Bibel einfach nur aus Lust macht. Die Bibel weiß um eine Bindung, die entsteht, wenn zwei Menschen „ein Fleisch“ werden. Diese Bindung darf man nicht leichtfertig eingehen und dann wieder lösen.

Oder anders ausgedrückt: Wenn ein unverheirateter Mann mit einer unverheirateten Frau intim wird, betritt er an dieser Stelle heiligen Boden. Er nimmt etwas vorweg, was eigentlich in die Ehe gehört. Vor Gott wächst daraus die Verpflichtung, jetzt auch eine Ehe einzugehen.

Der dazugehörige Text steht in 2. Mose 22,15: „Wenn jemand eine Jungfrau betört, die nicht verlobt ist, und bei ihr liegt, muss er sie sich gegen das Heiratsgeld zur Frau erwerben.“ Simpel, oder? Der Sachverhalt ist nicht kompliziert.

Eine Frau, die nicht verlobt ist – Achtung, Verlobung in der Bibel ist nicht dasselbe wie unser heutiger Gebrauch des Begriffs. Bei uns ist Verlobung, wenn sich zwei Menschen vor anderen bekannt machen und sagen: „Wir wollen irgendwann heiraten.“ Sie sind noch nicht verheiratet, aber es ist eine Absichtserklärung.

In der Bibel ist das anders. Dort ist die Verlobung der erste rechtliche Schritt der Eheschließung. Ab dem Moment der Verlobung sind die beiden Mann und Frau. Der einzige Unterschied ist, dass etwas anderes, nämlich die sogenannte Heimholung, noch aussteht. Dabei ziehen sie zusammen, und die große Feier dazu findet statt. Aber formal sind sie Mann und Frau.

Wenn es also heißt: „Wenn jemand eine Jungfrau betört, die nicht verlobt ist“, dann ist das eine unverheiratete junge Frau, die jetzt betört wird. Betört heißt, es kommt zum Sex. Und plötzlich hat diese junge Frau das Recht, die Ehefrau zu werden. Gut, oder?

Achtung: Beischlaf ist in der Bibel nicht ehestiftend. Man ist nicht automatisch Ehepaar, nur weil man miteinander intim war. Aber die Tatsache, dass man miteinander intim wurde, führt dazu, dass daraus der Anspruch auf Ehe erwächst.

Ich sage das so deutlich, weil wir in einer Gesellschaft leben, in der Männer häufig genau das sind, was man salopp als „Schweine“ bezeichnet. Wir sind uns der Sache einfach nicht bewusst.

Jetzt könnte jemand sagen: „Willst du etwa sagen, ich muss den ersten Typen heiraten, mit dem ich Sex hatte?“ Nein, warum auch? Der Text geht weiter.

In 2. Mose 22,16 heißt es: „Falls sich ihr Vater hartnäckig weigert.“ Also, wenn die beiden etwas miteinander hatten und der Mann merkt, dass er jetzt handeln muss, geht er zum Vater der Frau und sagt: „Ich will sie heiraten.“ Der Vater könnte ablehnen und sagen: „Nein, den will ich nicht als Schwiegersohn.“ So würde ich das formulieren.

Wenn jemand sich nicht im Griff hat, könnte man sagen: „Du bist der Letzte, den ich hier als Schwiegersohn haben will.“ Man würde ihn erst mal ärgern, einfach schon aus Prinzip.

Falls sich der Vater hartnäckig weigert, wird es noch besser: „Soll er ihm Geld abwiegen nach dem Heiratsgeld für Jungfrauen.“ Das müsst ihr euch auf der Zunge zergehen lassen.

Hier wird von einem Vetorecht des Vaters gesprochen. Keine Frau muss den Mann heiraten, der sie mit ein bisschen Überredungskunst um den Finger gewickelt hat. Es gibt gute und gewichtige Gründe, Nein zu sagen. Lieber öfter mal Nein sagen, es gibt zu viele „Dödel“ da draußen.

Aber für den Mann, der die junge Frau betört hat, ist das natürlich bitter. Er muss trotzdem zahlen. Er hat sich das Recht herausgenommen, das ihm nicht zustand. Jetzt muss er den Brautpreis bezahlen, die Frau entschädigen und seinen Fehler wiedergutmachen – obwohl er für den Brautpreis keine Frau bekommt.

Wenn man das durchdenkt, ist so ein One-Night-Stand eine ziemlich teure Angelegenheit.

Zusammenfassung der biblischen Sicht auf Sex vor der Ehe

Wir hatten jetzt drei Punkte: Erstens, Sex vor der Ehe ist ein Indiz für Unglauben. Zweitens, er ist eine Schandtat. Und drittens bringt er Verantwortung mit sich.

Wenn mich aber jemand fragen würde – und das passiert öfter –, warum man eigentlich mit der Sexualität bis zur Hochzeitsnacht warten sollte, dann würde ich nicht sofort darüber sprechen, dass Unzucht auf Gottlosigkeit hindeutet. Ich würde auch nicht gleich darauf eingehen, dass Gott vorehelichen Verkehr in denselben Topf wirft wie Prostitution. Ebenso wenig würde ich sofort erklären, warum ein Maximum an Intimität ein Maximum an Bindung braucht, obwohl das stimmt – das waren ja die drei genannten Punkte.

In der Seelsorge würde ich einen anderen Weg wählen. Ich würde lieber darüber sprechen, warum es sich lohnt zu warten. Dazu würde ich ins Alte Testament eintauchen und ein Buch auswählen, das man vielleicht nicht sofort lesen möchte: das Hohelied.

Das Hohelied im Alten Testament ist ein Liebeslied. Zwei Personen, nämlich Salomo und Sulamit, singen über ihre Liebe. Das Buch ist voller exotischer Bilder und orientalischer Stilistik. Was es transportiert, ist einfach Begeisterung – eine gesunde Mischung aus Bewunderung auf der einen Seite und Verlangen auf der anderen.

Wenn du diesen Text liest, musst du ihn nicht einmal genau verstehen. Du kannst ihn einfach auf dich wirken lassen. Jeder normale, vernünftige Mensch müsste eigentlich sagen: „Tschaka, tschaka, ja, so eine Beziehung hätte ich auch gerne.“

Woher ich weiß, dass Menschen so ticken? Aus einem ganz einfachen Grund: Sie hören bis heute Liebeslieder. Ich habe mir tatsächlich mal die Top 100 Radiohits angeschaut. Das ist sonst nicht das, was ich normalerweise mache, weil ich meine eigene Playlist mit Liebesliedern habe, die ich mag. Aber ich wollte mal wissen, was aktuell in den Top 100 steht.

Auf Platz eins war „Wunder“, auf zwei „Beautiful Things“, auf drei „Stumbling In“. Also habe ich mir die Texte durchgelesen, um zu verstehen, worum es geht. Die ersten drei Liebeslieder handeln davon, wie man den Einen findet, wie man ihn behält, was man macht, wenn er gerade weggelaufen ist und ob er zurückkommt. Es geht also darum, wie wir diesen wichtigen Aspekt unseres Lebens hinbekommen.

Ich fand das spannend und fragte mich: Warum schreibt uns der Heilige Geist ein Liebeslied in die Bibel? Das ist schon ein Punkt, über den man länger nachdenken kann. Noch dazu ist es ein Lied, das unverhohlen alles beschreibt – vom ersten flüchtigen Blick auf dem Acker über eine stürmische Hochzeitsnacht bis hin zur Sinnlichkeit erfahrener, alter Liebhaber.

Warum macht der Heilige Geist das? Die Antwort lautet: Weil das, was wir da beschrieben finden, zeigt, was sich Gott eigentlich für Liebende wünscht. Weit entfernt davon, Ehe als eine Dienstgemeinschaft oder eine Zweckehe zu sehen, wünscht sich Gott – der Gott, der die Ehe erfunden hat – für Eheleute eine Genussgemeinschaft. Er wünscht sich, dass zwei Menschen leidenschaftlich bis ins hohe Alter aneinander hängen.

Indem uns das Hohelied genau so eine Ehe vorstellt, stellt es uns vor die Frage: Wie haben die beiden das geschafft? Wie geht das? Das, was sich heute jeder wünscht und wovon viele Liebeslieder singen, schaffen nur wenige wirklich. Was ist das Geheimnis einer leidenschaftlichen Ehe?

Die Antwort findet sich unter anderem in einem Text, der dreimal im Hohelied auftaucht. Sulamit, die Frau, ermahnt dreimal ihre Zuhörerinnen mit den Worten aus Hohelied 2,7:
„Ich beschwöre euch, Töchter Jerusalems, bei den Gazellen oder bei den Hirschkühen des Feldes: Weckt nicht, stört nicht die Liebe, bevor sie selbst es will!“

Ihr merkt schon, wir sind jetzt in einer ganz anderen Welt, in der es um Hirschkühe und Gazellen geht. Ich könnte euch zeigen, dass diese beiden Tiere eine bildhafte Bedeutung für die körperliche Seite der Liebe haben.

Was Sulamit hier tut, ist kein echter Schwur, sondern die Stilistik eines Schwurs, um Ernsthaftigkeit auszudrücken. Sie sagt: „Hey, ich warne euch!“ Und sie warnt nicht davor, sich zu verlieben – darum geht es hier nicht. Verlieben gehört zum Leben einfach dazu.

Sie warnt vielmehr vor der sexuellen Seite der Liebe. Mit meinen Worten gesagt: Pass auf, dass du die Freuden der körperlichen Liebe und die damit verbundenen Emotionen nicht unterschätzt. Spiele an dieser Stelle nicht mit dem Feuer, sonst wirst du verbrannt. Wecke die körperliche Seite nicht auf, bevor die Zeit dafür da ist.

Wenn man das Hohelied liest, ist dieser Zeitpunkt in der Hochzeitsnacht gekommen. Wenn er sie das erste Mal nackt sieht, kann man es förmlich spüren – er ist einfach überwältigt. Dann feiern sie etwas Besonderes, nämlich ihre Enthaltsamkeit.

In Hohelied 4,12 spricht er über sie in Bildern:
„Ein verschlossener Garten ist meine Schwester, meine Braut, ein verschlossener Born, eine versiegelte Quelle.“

Versteht ihr? Sie ist kein Garten, in dem schon viele spazieren waren. Sie ist keine Quelle, an der schon viele getrunken haben. Sie hat sich für ihn aufgehoben.

Jetzt, in der Hochzeitsnacht, kurz bevor es richtig losgeht, feiern die beiden den intimen Höhepunkt einer Entwicklung. Das ist wichtig.

Wenn man das Hohelied studiert, merkt man, dass es auch die Chronologie einer Beziehung abbildet. Kapitel zwei beschreibt die Zeit davor, die sogenannte Kennenlernphase.

Wenn junge Leute mich fragen würden: „Jürgen, warum soll ich warten?“, wäre meine Antwort ganz einfach: Warte mit dem Sex! Intimität ist ein wunderschönes Sahnehäubchen, definitiv. Aber Intimität funktioniert nicht als Fundament.

Es ist sogar schlimmer, wenn du zu früh darauf setzt. Dann wirst du andere Dinge, die du in der Kennenlernphase hättest lernen sollen, nicht lernen.

Gott wünscht sich tatsächlich, dass wir bis ins hohe Alter eine leidenschaftlich erotische Beziehung mit unserem Partner führen. Aber damit das funktioniert, braucht es ein Fundament, eine Grundlage.

Der Punkt ist: Schaffe erst die Grundlage, halte dich an Gottes Fahrplan, und dann – ja, dann kannst du dich an deinem Partner berauschen, den Rest deines Lebens.

Ganz konkret werden im Hohelied verschiedene Lernfelder beschrieben – Dinge, die ich lernen muss, bevor ich die körperliche Liebe aufwecke. Ich brauche ein Fundament, und dann darfst du das „Tier“ freilassen.

Aber erst kommen andere Dinge. Wenn Gott sagt: „Warte damit!“, will er uns nichts wegnehmen. Er zeigt uns vielmehr einen Weg, wie man Sinnlichkeit optimiert und die richtige Grundlage legt.

Hier fehlt der Raum, um ausführlich darüber zu sprechen, aber ich möchte es kurz anreißen: Es sind im Wesentlichen fünf Bereiche, die es vorher zu lernen gilt. Das sind Rücksichtnahme, Romantik, Realismus, Transparenz und Verantwortungsbewusstsein.

Das sind die fünf Punkte, die im Hohelied angeschnitten werden. Wenn du diese Dinge hast, wenn das dein Fundament ist, auf dem du deine Ehe aufbaust, dann kannst du Sexualität als Sahnehäubchen oben draufpacken. Dann wird das funktionieren.

Aber glaub nicht, dass du es umdrehen kannst und sagst: „Ich mache das eine und hoffe, dass das andere nachkommt.“ Das ist albern.

Die fünf Bereiche sind also Rücksichtnahme, Romantik, Realismus, Transparenz und Verantwortungsbewusstsein.

Für alle, die das hören wollen: Ich habe natürlich Vorträge darüber gehalten. Wenn ihr den QR-Code abfotografiert, könnt ihr noch einmal reinhören. Das war für Jugendliche auf einem Jugendtag, um zu verstehen, wie wichtig es ist, die richtige Grundlage zu legen.

Abschließende Gedanken zur Sexualität und Ehe aus biblischer Sicht

Was wissen wir jetzt? Intimität vor der Ehe ist ein Indiz für Unglauben. Sie ist Sünde, bringt Verantwortung mit sich und ist sehr unweise. Sexualität gehört in die Ehe. Deshalb formuliert der Herr Jesus in Matthäus 19, Verse 4 und 5. Dort geht es um die Frage: Wie werde ich meine Frau möglichst einfach los? Nicht, ob ich sie loswerden kann, sondern wie schnell. Das ist das Thema, das im Raum steht.

Jesus antwortet darauf: „Habt ihr nicht gelesen?“ Und zwar am Anfang der Bibel. Man merkt, wie der Herr Jesus mit der Bibel umgeht. Leute kommen mit so einer Schnapsidee, und er sagt: „Ganz ehrlich, habt ihr nicht gelesen? Kann ich nicht mal erwarten, dass ihr drei Seiten lest?“ Er verweist auf 1. Mose 2, Vers 24: „Darum wird ein Mensch Vater und Mutter verlassen und seiner Frau anhangen, und sie werden ein Fleisch sein.“

Das ist die Idee von Ehe: Ein Mann und eine Frau lösen sich aus ihrer Herkunftsfamilie, hängen aneinander und werden ein Fleisch. Bitteschön, in dieser Reihenfolge.

Kommen wir zum Schluss: Welche Funktion hat sexuelle Lust eigentlich? Habt ihr euch das mal gefragt? Wenn ich der Frage nachgehe, wozu es sexuelle Lust gibt, dann stoße ich auf den wahrscheinlich größten Bruch zwischen meinem Denken, das sich an der Bibel orientiert, und der Gesellschaft, in der ich lebe.

Ich lebe in einer Gesellschaft, die den Sexualtrieb mit aller Macht so früh wie möglich entfesseln will. Sie redet den Menschen ein, dass sie sich nur dann psychisch normal und gesund entwickeln können, wenn sie diesen Sexualtrieb ausleben – egal in welcher Richtung, mit wem, wie, warum oder wann.

Jetzt kommt die Bibel mit einem Gegenentwurf. Eigentlich ist das Wort Gegenentwurf viel zu harmlos. Es klingt so, als könnte man es auch sehen. Nein, das ist eine Revolution. Die Bibel sagt: Wozu sexuelle Lust? Ganz einfach: Um in einer Ehe die Eheleute aneinander zu binden. Alle anderen Spielarten führen schlicht und ergreifend in die Irre und ins Verderben.

Ich weiß nicht, ob wir diesen Gedanken noch in seiner Radikalität verstehen können. Er zeigt deutlich, wie falsch diese völlig überzogene Sexfokussierung unserer Gesellschaft ist. Aber ich hoffe, ich hoffe wenigstens ein kleines bisschen darauf, dass uns ein halbes Jahrhundert sexuelle Revolution langsam die Augen öffnet. Und zwar für die zerstörerischen Folgen dieser Revolution: Bindungsstörungen, zunehmende Asexualität, zerstörte Familien, entfesselte Lust, die sich in Pornokonsum, Sex mit Fetischen, Tieren und anderen Perversitäten entlädt.

Ich schaue mir diese Gesellschaft an und denke: Boah, moralische Werte verschwinden, Perversität wird normal, Sexualität wird entzaubert. Selbstbeherrschung scheint der große Feind zu sein, weil niemand mir sagen darf, wie ich zu leben habe. Satanismus leidet. Sollte Gott gesagt haben: „Das ist das Gebot unserer Stunde.“

Ich kann nur sagen: Ich werde an dieser Stelle nicht mitmachen. Ich will Sexualität so leben, wie Gott es sich gedacht hat. Und ich kann nur jedem raten, dieselbe Entscheidung zu treffen.

Und jetzt bitte nicht mit dem Einwand kommen, dass Jesus nichts zu Sex vor der Ehe gesagt hat. Er hat über Unzucht gesprochen. Er hat die Moral des Alten Bundes sogar noch verschärft. Für ihn beginnt Sünde nicht erst bei der Tat, sondern schon in Gedanken und Motiven. Als Christen soll unsere Gerechtigkeit vorzüglicher sein als die der Schriftgelehrten und Pharisäer – nicht lascher.

Kommt auch bitte nicht mit dem Einwand, dass die Menschen im Alten Testament es einfach nicht besser wussten, weil sie nicht so wissenschaftlich oder aufgeklärt waren wie wir heute. Das ist Unsinn! Das Alte Testament wurde wie der Rest der Bibel vom Heiligen Geist geschrieben und inspiriert. Der Schöpfer weiß doch, was das Beste für uns ist, oder?

Kommt auch nicht mit dem Einwand, den ich in einem Vortrag gehört habe, dass Gott Enthaltsamkeit oder den strikten Fokus auf eine Frau – nämlich die, mit der ich gesagt habe: „Wir werden das jetzt ein Leben lang miteinander machen“ – nicht fordern darf. Natürlich darf er das. Er darf es von denen fordern, die gesagt haben: „Ich folge dir.“ Das sind die Menschen, die sagen: „Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir.“

Er darf es nicht nur, er muss es. Denn Gott möchte uns retten. Und das, worüber wir hier sprechen – Sexualität, die in Perversion, Bosheit und Schande abdriftet – ist mehr als gefährlich.

Noch einmal, was ich am Anfang sagte: Wer in Unzucht lebt, verpasst die Ewigkeit mit Gott. So steht es in 1. Korinther 6,9-10: „Oder wisst ihr nicht, dass die Ungerechten das Reich Gottes nicht erben werden? Irrt euch nicht! Weder Unzüchtige noch Götzendiener noch Ehebrecher werden das Reich Gottes erben. Irrt euch nicht!“

Amen! Vielen Dank fürs Zuhören. Alle Informationen zu unserer Gemeinde finden Sie im Internet unter www.weil-gott-dich-liebt.de. Wir wünschen Ihnen Gottes reichen Segen. Bis zum nächsten Mal.

Vielen Dank an Jürgen Fischer, dass wir seine Ressourcen hier zur Verfügung stellen dürfen!

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