Einführung in den Epheserbrief und seine Bedeutung
Heute Morgen im Gottesdienst und auch heute Nachmittag soll ein Überblick über den Epheserbrief vermittelt werden. Nun stellt sich grundsätzlich die Frage: Warum lesen wir überhaupt in der Bibel?
Der Grund dafür wird uns selbst angegeben. Wir gehen davon aus, dass Gott sich in der Vergangenheit Menschen mitgeteilt hat – und zwar ganz deutlich. Nicht nur durch irgendwelche Bauchgefühle, sondern indem er zu Menschen gesprochen und sie inspiriert hat. „Inspiriert“ ist der Begriff, der im Neuen Testament verwendet wird. Deshalb können wir davon ausgehen, dass das, was wir in der Bibel lesen, nicht nur Überlegungen oder Anweisungen an Gemeinden sind, die vor zweitausend Jahren gelebt haben. Vielmehr sind es Gedanken über Gott, Aussagen über Gott, über uns und unser Leben, die auch heute noch von Bedeutung sind.
Gestern haben wir begonnen, uns mit dem Epheserbrief auseinanderzusetzen, insbesondere mit dem ersten Kapitel. Ich erinnere vielleicht für alle, die gestern gekommen sind, daran und sage es noch einmal für diejenigen, die gestern Abend nicht dabei waren: Der Epheserbrief wurde von Paulus geschrieben. Er stellt sich selbst als Apostel Jesu Christi vor.
Paulus war schon zur Zeit, als Jesus in Jerusalem lebte, starb und auferstand, dort anwesend. Allerdings war er damals noch kein Christ, sondern Schüler an der Hochschule der Pharisäer – so könnte man es sagen. Er beschreibt es etwas anders: Er saß zu Füßen von Gamaliel, einem der berühmtesten Lehrer der Pharisäer damals. Einige Zeit später verfolgte er die Christen.
Vor Damaskus hatte er ein besonderes Erlebnis: Er wollte eigentlich Christen ins Gefängnis bringen, als ihm Jesus Christus leibhaftig erschien. Dieses Erlebnis führte zu einer vollkommenen Kehrtwende in seinem Leben. Danach zog er sich 14 Jahre in die Einöde nach Arabien zurück, wie wir im Galaterbrief lesen.
Später wurde er in der Gemeinde in Antiochien, der er angehörte, zusammen mit Barnabas als Apostel für die Heiden berufen. Er unternahm mehrere Missionsreisen, die ihn in das Gebiet der heutigen Türkei, Griechenlands und schließlich bis nach Italien führten. Dabei gründete er zahlreiche Gemeinden, unter anderem während seiner zweiten Missionsreise die Gemeinde in Ephesus. Später ließ er einen seiner engsten Mitarbeiter, Timotheus, dort zurück.
Paulus wurde gefangen genommen und verbrachte insgesamt etwa fünf Jahre im Gefängnis: drei Jahre in Caesarea, dem heutigen Israel, und den Rest der Zeit in Rom. Während dieser Gefangenschaft in Rom verfasste er sowohl den Epheserbrief als auch den Kolosserbrief, der eng mit dem Epheserbrief verwandt ist.
Im ersten Teil des Epheserbriefes, den wir uns gestern angeschaut haben und heute Morgen fortsetzen, entfaltet Paulus insbesondere die ganze Weite des Heilsplans Gottes. Er macht deutlich, was das Handeln Gottes, die Absicht Gottes mit der Welt, der Schöpfung und den Menschen ist, die er geschaffen hat. Dabei möchte er seine Leser mit hineinnehmen – sowohl die damaligen als auch uns heute.
Im ersten Kapitel haben wir uns damit auseinandergesetzt, dass wir erwählt worden sind, und dass dies schon vor der Grundlegung der Welt geschah. Außerdem haben wir gelesen, dass alles aus Gott herauskommt. Es gab ganz viele Aussagen darüber, wie alles auf Gott ausgerichtet ist, von ihm ausgeht und auf ihn hinzielt. Das betrifft alles, was es in der Welt zu beobachten und zu wissen gibt.
Die geistliche Lage vor der Erlösung (Epheser 2,1-10)
Wir machen heute Morgen weiter mit dem zweiten Kapitel im Epheserbrief. Der Text schließt unmittelbar an den vorherigen an. Ich werde es so machen, dass ich jeweils einen Sinnabschnitt lese und anschließend einige Erläuterungen dazu gebe. Das soll helfen, den Text besser zu verstehen – also zu zeigen, was die einzelnen Ausdrücke und Begriffe bedeuten, die dort erwähnt werden. Danach möchte ich jeweils einen Kerngedanken formulieren, den wir für unser Alltagsleben mitnehmen können.
Ich lese also zuerst aus Kapitel 2, Vers 1:
„Auch euch, die ihr tot wart durch Übertretungen und Sünden, in denen ihr einst gelebt habt nach dem Lauf dieser Welt, gemäß dem Fürsten, der in der Luft herrscht, dem Geist, der jetzt in den Söhnen des Ungehorsams wirkt. Unter ihnen führte auch ihr einst euer Leben in den Begierden des Fleisches, in denen wir den Willen des Fleisches und der Gedanken taten, und wir waren von Natur Kinder des Zorns, wie auch die anderen.
Gott aber, der reich ist an Erbarmen, hat um seiner großen Liebe willen, mit der er uns geliebt hat, auch uns, die wir tot waren durch die Übertretungen, mit dem Christus lebendig gemacht. Aus Gnade seid ihr gerettet. Er hat uns auferweckt und mitversetzt in die himmlischen Regionen in Christus Jesus, damit er in den kommenden Weltzeiten den überschwänglichen Reichtum seiner Gnade in Güte an uns erweise, in Christus Jesus.
Denn aus Gnade seid ihr errettet durch den Glauben, und das nicht aus euch – Gottes Gabe ist es, nicht aus Werken, damit niemand sich rühme. Denn wir sind seine Schöpfung, erschaffen in Christus Jesus zu guten Werken, die Gott zuvor bereitet hat, damit wir in ihm wandeln sollen.“
Der Hauptgedanke dieses Textes ist, glaube ich, relativ klar: Es gibt keinen Menschen, der vor Gott gerecht ist. Alle Menschen sind vor Gott schuldig. Paulus führt das an einzelnen Stellen aus und benutzt dabei zum Teil sehr drastische Bilder.
Das beginnt gleich in Vers 1, wo er sagt: „Auch ihr wart tot in Übertretungen und Sünden.“ Manchmal neigen wir als Christen dazu, das sofort geistlich zu interpretieren. Ein Mensch, der keine christliche Gemeinde besucht, denkt bei „tot“ vielleicht zuerst an einen Leichnam, der auf dem Friedhof liegt und bei dem nichts mehr lebt. Genau das hat Paulus hier im Blick. Er sagt, wir waren tot.
Rein äußerlich war da zwar noch Leben im Körper, aber eigentlich waren wir tot. Gemeint ist selbstverständlich auch der geistliche Tod, der über die Menschen gekommen ist, seit Adam und Eva sich von Gott abgewandt haben. Sie wollten nichts mehr von ihm wissen, und deshalb wird jeder Mensch mit einer unüberwindlichen Distanz zu Gott geboren. Mit einer großen Entfernung, mit der Unmöglichkeit, von sich aus Gott erkennen zu können – das ist mit diesem Tod gemeint.
Jesus sagt dazu auch: „Niemand erkennt den Vater außer dem Sohn und wem der Sohn es offenbart.“ Das ist dasselbe, nur anders ausgedrückt. Wir sind von Geburt an von Gott getrennt. Wir können spekulieren, aber letztendlich können wir nichts Genaues über ihn wissen. Das ist ein Aspekt.
Der andere Aspekt ist, dass Gott uns sagen will – und das steht auch hier drin: Wenn wir ohne Gott leben, dann sind wir eigentlich lebende Tote. In dem Bild des Todes, das Paulus aufgreift, soll noch deutlicher gemacht werden, dass wir für unser Leben mit Gott eigentlich gar nichts tun können. Die ganz einfache Feststellung ist: Was kann ein Toter leisten? Was kann ein Toter machen? Kann er Häuser bauen, etwas lernen, Prüfungen bestehen, Autos fahren? Nein, ein Toter kann das alles nicht.
Deshalb ist, glaube ich, gerade dieses Bild gewählt worden. Im ersten Abschnitt des zweiten Kapitels geht es darum: Du kannst gar nichts tun. Egal wie sehr du dich bemühst – du bist von Natur aus tot. Und als Toter bist du darauf angewiesen, dass jemand von außen kommt und dich wieder lebendig macht. Genau das ist der Hauptgedanke, der hier ausgedrückt wird: Wir sind tot.
Und dann wird gesagt, wodurch? Durch Übertretungen, durch Sünde. Diese Sünde und die Übertretungen sind eigentlich nur die Früchte unseres Lebens ohne Gott. Denn was hier dann erwähnt wird, ist, dass wir alle so waren – wir sind beherrscht von dem Fürsten, der in der Luft herrscht. Dann haben wir getan, was den Begierden unseres Fleisches entspricht (siehe Vers 3).
Manchmal haben wir als Christen, besonders wenn wir schon lange im Glauben sind oder christlich aufgewachsen, den Eindruck, hier seien nur die bösen Menschen außerhalb der Gemeinde gemeint. Also die, die schwere moralische Sünden begehen: Prostitution, Verbrechen, Mord. Das meint Paulus hier aber gar nicht. Es geht um ganz normale Menschen.
Die Bibel vermittelt uns, dass Sünde der Normalfall ist. Wenn wir geboren werden, sind wir alle Sünder. Und wenn wir Sünder sind, getrennt von Gott, dann tun wir eben auch Sünde. Der eine tut diese Sünde, der andere jene. Manchmal sind gerade die Sünden, auf die wir weniger achten, in Gottes Augen vielleicht noch viel schlimmer.
Beispielsweise werden im Neuen Testament zwei Sünden als die Wurzel allen Übels bezeichnet. Das sind ziemlich heftige Ausdrücke. Vielleicht fällt einem spontan ein, welche Sünden das sind. Es sind Geiz und Neid. Das sind Sünden, die wir oft gar nicht so stark im Blick haben. Geiz und Neid sind nicht immer äußerlich sichtbar.
Es gibt noch unzählige andere Früchte eines gottlosen Lebens. Aber diese müssen wir uns immer wieder vor Augen halten, besonders als diejenigen, die schon lange Christen sind. Wir kommen von einem Hintergrund, in dem wir alle genauso Sünder waren.
Hier sollten wir nicht anfangen, Kategorien aufzubauen. Der eine ist schlimmer, weil er im Gefängnis saß, der andere hat seine Ehe gebrochen – all das sind Sünden, die die Bibel nennt. Aber es sind nicht die einzigen. Wir sind durch und durch Sünder, und zwar nicht nur theoretisch, sondern ganz praktisch. Wir müssen uns gar nicht anstrengen, um Sünder zu werden.
Ich habe noch keinen erlebt, der sein Kind dazu erziehen musste, Sünder zu werden. Ich weiß nicht, ob ihr das schon mal versucht habt: „Kitt, jetzt erklär ich dir, was Lügen ist. Du musst jetzt etwas Falsches sagen.“ Nein, Kinder lernen das ganz von selbst. Und irgendwann kommt der Moment, wo man ihnen beibringen muss: „Hey, das ist nicht korrekt, das ist nicht in Ordnung. Hier sollst du die Wahrheit sagen.“
Genau das will Paulus uns hier sagen: Wir sind von Natur aus Sünder. Ganz konkret. Egal wie fromm unsere Eltern sind, egal wie fromm unsere Gemeinde oder unsere Umgebung ist – wir sind Sünder. Diese kleinen Unterschiede zwischen den Sündern sind da, aber sie sind nicht so wichtig. Wir waren tot in Sünde. Unmöglich, irgendetwas zu tun.
Egal wie viele Kinderstunden du besucht hast, egal wie viele Gottesdienste du besucht hast, egal wie viele Bibelverse du auswendig gelernt hast – das ist alles nette Dekoration. Aber das macht den Menschen nicht lebendig. Du kannst einer Leiche schöne Kleidung anziehen, du kannst mit dem Auto durch die Gegend fahren, aber die Leiche bleibt eine Leiche.
Das will Paulus hier deutlich machen. Er sagt: Denkt immer daran, ihr als Christen – er schreibt an eine Gemeinde, die er selbst gegründet hat, von der er wusste, dass sie bekehrt ist. Gerade da besteht die Gefahr, dass wir meinen, wir hätten etwas dazu beigetragen. Dann kann Überheblichkeit entstehen, manchmal innerlich, manchmal auch äußerlich gegenüber Menschen, die noch da sind, wo wir mal waren.
Hier wird klar gesagt: Wir waren unter dem Machtbereich des Teufels. Das wird hier indirekt gesagt mit der Formulierung: „Ihr habt gelebt nach dem Lauf dieser Welt, gemäß dem Fürsten, der in der Luft herrscht.“
Zuerst müssen wir klären: Was ist mit dem „Fürsten, der in der Luft herrscht“ gemeint? In Deutschland haben wir heute Fürsten, aber die haben keine Macht und herrschen nicht im Luftraum. Hier ist eigentlich der Teufel gemeint.
Ich habe schon oft darüber nachgedacht, was damit gemeint ist, wenn der Teufel „im Luftraum herrscht“. Könnten wir ihm dann nicht ein Schnippchen schlagen? Wir werden alle Astronauten, gehen außerhalb des Luftraums, ins Vakuum – dann ist die Herrschaft des Teufels vorbei. Bedeutet das, dass Astronauten nicht mehr unter dem Einfluss des Teufels stehen? Nein, das kann es nicht sein.
Vielmehr ist damit gemeint, dass der Teufel nicht an einem bestimmten Ort wohnt, etwa in einer Höhle mit Schwefelgeruch und Flammen. Sondern er ist überall in der Welt, in der wir leben. Überall kann er seinen Einfluss geltend machen, uns bestimmen und manipulieren. Ich vermute, das ist eher die Bedeutung.
Vor ungefähr hundert Jahren gab es in einigen sehr strengen Gemeinden eine andere Deutung. Damals machte sich in Deutschland langsam das Radio breit. Radio war damals Spitzentechnik, aber für viele Christen absolut tabu – weltliche Sache. Ein frommer Christ hörte kein Radio.
In Traktaten aus dieser Zeit wurde dieser Bibelvers zitiert: „Der Teufel ist der Herrscher im Luftraum.“ Die Radiowellen gehen durch den Luftraum, also durch den Herrschaftsbereich des Teufels. Deshalb sollten wir nichts mit dem Radio zu tun haben. Ein frommer Christ hört kein Radio.
Heute sind die Diskussionen an anderer Stelle. Das Radio ist eher harmlos. Aber damals waren einige Christen entsetzt und sagten: Das geht ja gar nicht. Wenn ich damals gelebt hätte, hätte ich den Geschwistern vielleicht gesagt: Nehmt es nicht ganz so streng, so schlimm ist das nicht. Denn wenn man das konsequent anwendet, müsste man eigentlich aufhören zu atmen.
Warum? Wenn wir atmen, nehmen wir Luft in unsere Lunge auf, in uns hinein. Und wenn da der Teufel herrscht – ganz gefährlich. Das ist hier nicht gemeint. Es soll nur gesagt werden, dass wir in einer Welt leben, die durch und durch von Gott getrennt ist. Sie ist geprägt von den Maßstäben und dem Empfinden des Teufels, des Fürsten.
Der Teufel ist nicht die Witzfigur aus dem Mittelalter mit Pferdefuß und Hörnern auf dem Kopf. Die Bibel beschreibt ihn eher als frommen Verführer, der versucht, unsere Gedanken von Gott wegzuziehen. Er sagt: „Gott hat dir nur Einschränkungen auferlegt, er will dir alles verbieten. Komm, wirf das über Bord, ich beschenke dich reich.“
So tritt der Teufel auf, nicht mit Angstmacherei. Und genau dazu gehörten wir. Dann wird gesagt: Wir waren Kinder des Zorns. Gemeint ist, wir standen unter dem Zorn Gottes. Das ist klar.
Wer im Gegensatz zu Gott lebt, wird den Zorn Gottes spüren, denn Gott ist gerecht und lässt das auf Dauer nicht zu. Wir selbst fragen uns manchmal: Warum greift Gott nicht ein bei besonders bösen Menschen? Warum lässt er sie leben?
Meistens fragen wir das bei anderen. Ich habe kaum jemanden erlebt, der sagt: Warum hat Gott mich nicht tot umfallen lassen, ich bin doch so böse? Stattdessen fragen wir das bei Hitler, Stalin, Mao Zedong, Nero oder anderen Massenmördern. Aber das waren auch nur Menschen mit mehr Macht.
Wer kann sagen, dass er nicht genauso handeln würde, wenn er dieselbe Macht hätte? Ein deutsches Sprichwort sagt: Macht korrumpiert. Je mehr Macht wir haben, desto heikler wird es. Deshalb können wir dankbar sein, dass wir nicht alle so mächtig sind. Unsere Sünden sind dadurch begrenzt, weil wir nur wenig Möglichkeiten haben, sie auszunutzen.
Und trotzdem, obwohl wir tot waren in Sünde und uns unwissentlich mit dem Gegner Gottes verbündet hatten, hat Gott uns geliebt. Gott, der reich an Erbarmen ist, hat uns geliebt, als wir tot waren. Obwohl wir gegen ihn opponiert und gekämpft haben, war da schon seine Liebe.
Liebe Gottes hat nichts mit Sentimentalität oder Mitleid zu tun. Gott denkt nicht: „Ach, die armen Menschen, die tun mir leid.“ Liebe in der Bibel ist eine Entscheidung, der Wille, das Gute für jemanden zu bewirken, obwohl er es nicht verdient.
Das ist auch wichtig für Partnerschaften oder den Umgang mit anderen Menschen. Jesus sagt oft: Wenn ihr nur die grüßt, die euch grüßen, was tut ihr mehr als die Heiden? Das wäre, als ob ihr in einem Schachverein seid, in dem alle nett zueinander sind. Echte Liebe zeigt sich daran, wie du mit denen umgehst, die nicht deine Freunde sind, die dich nerven oder angreifen.
Da kommen oft all die sündigen Emotionen heraus. Du schlägst zurück, diffamierst, meidest oder greifst an. Gottes Vorbild ist ein ganz anderes. Hätte er so gehandelt, wären wir nie gläubig geworden, egal wie fromm wir aufgewachsen sind.
Wir waren seine Feinde, tot in der Ferne von Gott. Die einen vielleicht ein bisschen „töter“, wenn es das gäbe. Dann ist Gott gekommen und hat gesagt: „Ich will, dass du mein Kind wirst, obwohl du es nicht wert bist.“ Das müssen wir immer wieder begreifen. Das sagt uns Paulus hier.
Dann heißt es: Er hat uns aus Gnade gerettet. Gnade kommt hier häufig vor. Gnade bedeutet, du bekommst etwas, das du nicht verdient oder erarbeitet hast. Das wird hier immer wieder betont.
Nicht, dass sich jemand rühme, heißt es in Vers 9. Nicht aus Werken, damit sich niemand rühme. Niemand kann zu Gott kommen und sagen: Ich habe es mir verdient, weil ich dies oder jenes Gute getan habe. Das war der Irrtum der Pharisäer zur Zeit Jesu. Sie glaubten, sie hätten so viel Gutes auf dem geistlichen Konto, dass Gott ihnen nichts verweigern könne.
Genau das ist falsch. Wir müssen uns immer wieder vor Augen führen, dass wir vollkommen von Gott abhängig sind. Darum geht es: Wir stehen nicht im Mittelpunkt. Wenn wir alle heute tot umfallen würden, wäre das für das Reich Gottes kein Verlust. Gott bleibt gleich und geht den Menschen weiterhin nach.
Gott könnte eine Legion Engel schicken, die hier missionieren. Er könnte den Leuten durch Träume oder Bibelverse Botschaften an die Wand schreiben, wie ein Besatzer. Dann bekämen sie einen Schreck und würden sich alle bekehren. Aber Gott tut es nicht. Nicht, weil wir es verdienen, sondern aus Gnade.
Interessanterweise steht hier auch: Wir sind mit auferweckt und mitversetzt in die himmlischen Regionen in Christus Jesus. Was ist damit gemeint? Jesus war tot, im Totenreich, wurde dann auferweckt und zum himmlischen Vater emporgehoben.
Wenn wir Christen sind, sind wir mit Jesus auferweckt worden, auch wenn wir das äußerlich noch nicht sehen, weil wir noch nicht in der Ewigkeit bei Gott sind. Hier wird die enge Identifikation mit Jesus Christus besonders hervorgehoben.
Dann ist noch der Bezug auf die Werke wichtig: Wir sind vollkommen ohne eigenen Verdienst gerettet, aber erschaffen in Jesus Christus zu guten Werken. Paulus denkt immer gleich an diejenigen, die es missverstehen könnten. Das ist in der Gemeinde immer wichtig.
Egal was du sagst, es gibt immer Leute, die es missverstehen. Sagst du, ihr müsst Werke tun, schlagen sich einige auf die Schulter und sagen: „Ja, genau das will ich hören, wir müssen uns am Riemen reißen.“ Die fühlen sich bestätigt.
Andere, die locker ohne Gott leben, hören lieber, dass alles Gnade ist. Dann sagen sie: „Ich wusste das ja schon immer, also mache ich weiter mit meinem sündigen Leben.“ Manchmal muss man genau darauf achten.
Die Verse über Gnade sind für die, die gute Werke tun und sich bemühen. Die müssen hören: Es ist alles Gnade, bildet euch nichts darauf ein. Die, die halb im Glauben und halb in der Welt leben, müssen hören: Ihr seid geschaffen aus Gnade, aber zu guten Werken.
Ihr seid nicht geschaffen, um gerade so eben in den Himmel hineinzuschlüpfen. Das ist nicht das Ideal. Ihr seid geschaffen, um Jesus Christus hier auf der Erde zu repräsentieren. Wenn die Leute euch sehen, sollen sie denken: „Boah, da ist Jesus Christus wirksam im Leben eines Menschen.“ So wie jemand redet und handelt, soll Gott gegenwärtig sein.
Dafür sind wir geschaffen. Das können wir uns nicht selbst zuschreiben, das macht nur Gott. Er ist es, der dahintersteht und die guten Werke vorbereitet, damit wir sie tun können.
Der geistliche Inhalt dieses ersten Abschnitts ist: Vergiss nie, woher du kommst, und vergiss nie, wem du die Stellung verdankst, in der du jetzt bist. Das macht uns auf positive Weise demütig. Demut bewahrt vor Hochmut, und Hochmut kommt vor dem Fall.
Wenn wir zu selbstsicher werden, kommt früher oder später eine Krise, auch im geistlichen Leben. Wenn wir immer wieder daran denken, dass wir tot waren – egal ob etwas mehr oder weniger tot, tot ist tot – und dass Jesus gekommen ist und uns herausgerissen hat, dann können wir das nicht uns selbst zuschreiben.
Selbst wenn wir uns jetzt bemühen und es einigermaßen klappt, ist immer noch Gott dahinter, der die guten Werke vorbereitet hat, damit wir sie tun können. Also immer wieder vor Augen führen: „Herr Jesus, danke, auch wenn ich mich daran gewöhnt habe, lass mich das nicht vergessen.“
Das hat ganz praktische Auswirkungen. Wenn wir das vergessen, können wir die Menschen nicht mehr erreichen, die noch in dieser Welt so leben. Wir verstehen sie nicht oder verurteilen sie schnell, weil wir meinen, wir seien von Geburt an besser gewesen.
Vielleicht haben wir vergessen, wie es war, oder wir haben es nicht richtig eingeordnet, weil wir die Maßstäbe Gottes nicht mehr so stark im Kopf haben.
Überwindung der Trennung zwischen Juden und Heiden (Epheser 2,11-22)
Nächster Abschnitt, der in Vers elf von Kapitel zwei beginnt:
Darum gedenkt daran, dass ihr, die ihr einst Heiden im Fleisch wart und Unbeschnittene genannt wurdet, von der sogenannten Beschneidung, die am Fleisch mit der Hand geschieht, dass ihr in jener Zeit ohne Christus wart, ausgeschlossen von der Bürgerschaft Israels und fremd den Bündnissen der Verheißung. Ihr hattet keine Hoffnung und wart ohne Gott in der Welt.
Jetzt aber in Christus Jesus seid ihr, die ihr einst fern wart, nahegebracht worden durch das Blut des Christus. Denn er ist der Friede, der aus beiden einst gemacht hat und die Scheidewand des Zaunes abgebrochen hat, indem er in seinem Fleisch die Feindschaft des Gesetzes der Gebote in Satzungen wegtat, um die zwei in sich selbst zu einem neuen Menschen zu schaffen und Frieden zu stiften. Er versöhnte die beiden in einem Leib mit Gott durch das Kreuz, nachdem er durch dasselbe die Feindschaft getötet hat.
Und er kam und verkündigte Frieden euch, den Fernen und den Nahen; denn durch ihn haben wir beide Zutritt zu dem Vater in einem Geist.
Der Kerngedanke hier ist, dass alle Menschen von Gott entfernt waren – sowohl die Juden als auch die Heiden. In Ephesus waren das überwiegend diejenigen, die aus dem Heidentum zum Glauben gekommen sind, also die Nichtjuden. Deshalb führt Paulus ihnen noch einmal vor Augen und sagt: Ihr wart ursprünglich noch viel weiter weg von Gott.
Im Römerbrief lesen wir, dass alle Menschen wissen, dass es einen Gott gibt, durch das Gewissen und durch die Natur. Die Juden haben eine besondere Offenbarung bekommen, weil Gott durch die Propheten zu ihnen gesprochen hat. Dadurch erwächst ihnen auch mehr Verantwortung.
Aber Paulus sagt, beide waren entfernt, beide waren in Feindschaft zu Gott, und beide brauchten die Erlösung durch Jesus Christus.
Er macht ihnen auch deutlich, dass es bei euch früher als Heidenchristen nicht nur eine Feindschaft zu Gott gab, sondern auch eine Feindschaft zwischen Juden und Nichtjuden. Denn die Juden haben zumindest auf das Wort Gottes gehört, sie haben das Alte Testament aufgeschrieben und den Tempeldienst gemacht. Die Heiden hingegen haben das nicht getan. Sie haben ihre eigenen Götter geschaffen und ihre eigenen Tempel gebaut. So gab es Feindschaft.
Wir wissen, dass es in der ersten Gemeinde auch Feindschaft innerhalb der Gemeinde gab, schon in der Urgemeinde in Jerusalem. Dort gingen die Heidenchristen auf die Judenchristen los, weil die einen sagten, ihr werdet bevorzugt, und die anderen sagten, nein, ihr werdet bevorzugt. Oder es hieß, ihr müsst euch erst beschneiden lassen.
Hier steht von denen, die aus der Beschneidung sind. Es gab Judenchristen, die sagten: Nein, ihr müsst erst Juden werden, dann könnt ihr Christen werden. Das gibt es bis heute. Auch heute gibt es noch einige, die sagen, du musst erst richtig Jude werden, die jüdischen Bräuche feiern, wie das Chanukka-Fest oder das Pascha-Wasserfest, den Gebetsschal umlegen und die siebenarmige Leuchte aufstellen. Erst wenn du richtig Jude bist, kannst du auch Christ werden.
Hier wird uns ganz deutlich gesagt: Nein, vergiss das, das stimmt nicht. Paulus weist sogar darauf hin, dass Jesus gekommen ist und die Gebote und Satzungen hinweggetan hat. Und zwar für beide – sowohl für die Juden als auch für die Heiden.
Wie hat er das getan? Indem er in seinem Fleisch die Feindschaft wegtat. Damit ist gemeint, dass er gestorben ist. Er hat die Sünde getragen, wurde bestraft und ist dafür gestorben. Dadurch müssen wir uns nicht mehr an die Satzungen im Sinne von Erfüllung halten, um Errettung zu erlangen. Das ist durch Jesus geschehen.
Zuvor wird noch etwas erklärt: Die Scheidewand, der Zaun, ist abgebrochen worden. Natürlich fragt sich jeder: Was für ein Zaun denn? Ist das die Berliner Mauer gewesen? Natürlich nicht.
Der Zaun, der hier gemeint ist, war bildlich die Mauer im Tempel in Jerusalem. Wir befinden uns noch in einer Zeit, in der der Tempel in Jerusalem steht. Er wurde erst 70 nach Christus abgerissen; hier sind wir etwa im Jahr 62 nach Christus.
Im Tempel gab es das Allerheiligste in der Mitte, dann einen Raum für die Priester, einen für die Männer, einen für die Frauen und ganz am Ende einen Raum für die Heiden – also für Leute, die nicht als Juden geboren wurden. Diese sollten das Heiligtum nicht sehen. Es war eine Trennwand.
Die Juden gingen davon aus, dass Gott im Heiligtum wohnt. Die Priester kamen ihm am nächsten, dann die Männer, dann die Frauen. Die Heiden sahen davon nichts.
Genau das ist hier bildlich gemeint: Gott hat diese Mauer niedergerissen. Jetzt können auch die Heiden zum Heiligtum Gottes kommen, in die Begegnung mit Gott hineinkommen. Da gibt es keinen Unterschied mehr.
Deshalb hat er aus den zwei eins gemacht. Nicht die Juden kommen näher zu Gott, weil sie die Offenbarung haben, sondern jetzt können alle direkt zu Gott kommen. Das ist der besondere Auftrag, den Paulus bekommen hat.
Er hat die Feindschaft überwunden und Frieden geschaffen – den Fernen, das heißt denen, die fern vom Heiligtum sind, die als Heidenchristen nicht dorthin konnten, und den Nahen, die Juden sind, die näher ans Heiligtum und ans Wort Gottes kommen konnten, weil sie das Alte Testament kannten. Diese Trennung soll überwunden werden.
Wenn wir uns fragen, was das heute bedeutet: Den Tempel gibt es nicht mehr. Die meisten von uns haben in ihrer Gemeinde auch keine Judenchristen, mit denen wir sagen könnten, hier geht man zusammen, es soll keinen Streit mehr geben.
Aber ich glaube, was wir hier herausziehen können, ist die strikte Ablehnung gegenüber Bemühungen, das Gesetz des Alten Testaments wieder neu aufzurichten. Das kann uns allen selbst passieren.
Jeder, der längere Zeit Christ ist, kann die Tendenz haben, eine neue Gesetzlichkeit aufzubauen. Diese kann ganz unterschiedlich aussehen, je nach Gemeindetypus und Persönlichkeitsstruktur.
Es gibt unterschiedliche Gebote, die man festmacht. Meistens fallen uns die der anderen auf. Wenn man eine fremde Gemeinde besucht, merkt man oft, dass dort bestimmte Regeln herrschen.
Ich habe heute Morgen genau darauf geachtet, wie das bei euch läuft, und festgestellt, dass es bei euch keine Tabuisierung der Hosen für Frauen gibt. Vielleicht gibt es das doch, aber ich habe es nicht bemerkt. Zumindest haben sich einige nicht daran gehalten, die ich heute Morgen gesehen habe.
Ich erinnere mich an eine Diskussion mit einem Ältesten einer strengen Gemeinde. Er sagte: Wenn eine Frau eine Rose trägt, kann sie nicht gerettet werden, weil das ein Gebot Gottes ist, das wildlich überschritten wurde. Das geht nicht.
Das ist genau das, was Paulus hier ablehnt. Damit sagt er nicht, dass wir nicht überlegen sollen, wie wir besser und gottgefälliger leben können. Darum geht es nicht.
Sondern es geht darum, ob wir neue Gebote aufrichten, die wir als heilsnotwendig erklären und sagen: Das musst du aber noch tun. Hier steht klar: Nein, eben gar nicht. Jesus hat das alles an unserer Stelle erfüllt.
Das heißt nicht, dass wir unmoralisch leben sollten. Aber wir müssen immer im Kopf haben: Nicht unser moralisches Leben rettet uns, sondern Jesus Christus rettet uns.
Wir dürfen nicht erwarten – ich denke gerade an eine Geschichte –, dass wir erst eine bestimmte äußere Form erfüllen müssen, um angenommen zu werden.
Ich erinnere mich an eine Studentin aus meiner Studienzeit. Wir haben oft mit ihr über den Glauben gesprochen. Sie war ganz ungläubig.
Eines Tages kam sie aufgelöst zu uns und erzählte, sie habe ihren ehemaligen Freund von der Schule wiedergetroffen. Früher mochte sie ihn, weil er locker war. Zwischenzeitlich mochte sie ihn nicht mehr.
Er hatte sich bekehrt und sagte zu ihr: Du gehst in die Hölle, und die einzige Chance ist, dass du zu uns in die Gemeinde kommst. So hat sie es verstanden.
Sie dachte, na gut, er war ein guter Freund, dann gehe ich mal hin. Er sagte aber: So, wie du jetzt aussiehst, kannst du nicht in unsere Gemeinde kommen. Du musst zum Beispiel einen Rock tragen.
Sie hatte keinen Rock, und er bot ihr an, einen Rock von seiner Schwester zu leihen, damit sie kommen könne.
Jetzt könnt ihr raten: Ist sie hinterher in die Gemeinde gekommen? Nein, sie hatte die Nase voll. Sie sagte: Was ist das für ein Gott, der nur zu mir spricht, wenn ich die richtige Kleidung trage? Das geht nicht.
Ich glaube, der junge Mann meinte es gut. Wahrscheinlich hat er eine Kehrtwende erlebt. Aber er hat Dinge mit dem Evangelium und der Erlösung verbunden, die nichts damit zu tun haben.
Es geht nicht um Freibriefe à la „Lebt, wie ihr wollt“, sondern es gibt Ordnungen Gottes. Aber wir müssen den deutlichen Unterschied machen: Wir werden nicht durch Einhaltung der Gebote gerettet.
Wir werden auch nicht durch Einhaltung der Gebote zu besseren Menschen. Das müssen wir hier deutlich sehen.
Unsere Regeln können hilfreich sein, sie können neutral sein, aber im schlimmsten Fall können sie Menschen sogar davon abhalten, gläubig zu werden.
Das ist schlimm, denn dafür sind wir dann auch einmal vor Gott verantwortlich.
Nehmt das mit, auch wenn ihr keine Judenchristen seid, denn das steht hier deutlich.
Letzter Abschnitt dieses Kapitels:
So seid ihr nun nicht mehr Fremdlinge ohne Bürgerrecht und Gäste, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen, auferbaut auf der Grundlage der Apostel und Propheten, während Jesus Christus selbst der Eckstein ist, in dem der ganze Bau zusammengefügt wächst zu einem heiligen Tempel im Herrn, in dem auch ihr mitauferbaut werdet zu einer Wohnung Gottes im Geist.
Dieses Bild eines Tempels, in dem wir mit lebendigen Steinen dabei sind, ist in christlichen Kreisen weit verbreitet und bekannt.
Zunächst sagt Paulus, dass unsere frühere Position war, Fremdlinge zu sein. Wir könnten heute sagen, wir waren Ausländer, Flüchtlinge oder ähnliches, aber wir hatten kein Recht, bei Gott zu leben.
Im günstigsten Fall waren wir vielleicht Gäste, denen Gott sagte: Komm rein, schau dir das an.
Aber jetzt, wo ihr Christ geworden seid und Gott eure Sünde vergeben hat, seid ihr Mitbürger geworden.
Ein Bürger hat das Bürgerrecht, er hat den Pass und darf da sein. Keiner kann ihn mehr rausschmeißen.
Paulus steigert das noch: Wir sind nicht nur Mitbürger, sondern Gottes Hausgenossen geworden.
Hausgenossen bedeutet, wir wohnen in einer Wohnung mit Gott. Hausgenossen sind die engere Familie, die direkt zusammen im Haus lebt.
Das ist mehr als nur Bürger sein. Wenn wir das auf Deutschland übertragen, wäre es so, als bekäme man nicht nur das deutsche Bürgerrecht, sondern man würde mit dem Bundeskanzler in einer Wohnung leben.
Ob jeder das will oder nicht, sei dahingestellt. Nehmt es als hohe Ehrung und denkt daran: Mit dem Regierungschef seid ihr auf Du und Du, ihr bekommt ein Büro im Bundeskanzleramt, nicht im Keller, sondern nebenan, und ihr esst immer mit.
Wenn das für euch positiv ist, dann so. Sonst nehmt irgendeinen Helden, den ihr habt, und sagt: Mit dem bin ich jetzt in einer Wohnung, auf Du und Du.
Hier ist es natürlich noch viel mehr.
Gott ist nicht mehr nur unser Richter, sondern der, mit dem wir zusammenleben dürfen. Wir haben ein Recht darauf, nicht weil wir es erkämpft haben, sondern weil Gott es uns geschenkt hat.
Das soll deutlich gemacht werden.
So gehören wir dazu und sind in einem Bauwerk, das auf der Grundlage der Apostel und Propheten errichtet ist, während Jesus der Eckstein ist.
Das Bild vom Eckstein kennen viele. Es ist meist ein riesiger Stein, der benutzt wurde, um das ganze Bauwerk auszurichten.
Man zog dann Linien im rechten Winkel. Wenn ihr mal in Jerusalem am Tempelberg seid, seht ihr einen riesigen Stein, der unten an der Tempelmauer eingemauert ist – an der Ecke, wo die Klagemauer ist.
Dort wird gesagt, das ist Jesus.
Die Apostel und Propheten haben eine besondere Bedeutung, weil sie die Grundlage bilden.
Manche schließen daraus, dass wir heute noch Propheten und Apostel in der Gemeinde brauchen. Das wird hier aber nicht gesagt.
Sie bilden ein für alle Mal die Grundlage. Wenn das Fundament gelegt ist, muss man es nicht jede Woche neu legen.
Wir alle sind auf den Propheten und Aposteln aufgebaut. Genauso ist es mit Jesus.
Habt ihr Jesus in der Gemeinde? Natürlich im Geist, aber nicht leibhaftig als Mensch. Er war vor zweitausend Jahren hier.
Wir erinnern uns an ihn und an die Apostel und Propheten, auf die wir bauen. Sie sind schon da.
Natürlich auch all die Menschen der Kirchengeschichte, die vor uns gelebt haben.
Jetzt sind wir irgendwo beim Bau – ich weiß nicht, ob wir schon bei den Fenstern oder beim Dach sind.
Es kommt darauf an, wann Jesus wiederkommt und das ganze Bauwerk abgeschlossen ist.
Das heißt, es wird weitergebaut, nicht jeden Tag neu angefangen.
Der Eckstein ist gelegt, die Propheten sind gekommen, und jetzt geht es weiter.
Wir bauen auf ihnen auf und sind in Kontinuität mit ihnen.
Dann sind wir eine Wohnung Gottes, heißt es hier.
Wohnung ist normalerweise nicht ein Ort, an dem Gott sich nur eine Zeit lang aufhält, wie ein Hotelzimmer.
Der Begriff, der hier benutzt wird, beschreibt den dauerhaften Wohnort Gottes.
Das ist etwas ganz Unverständliches.
Denn wenn wir an Gott denken, denken wir meist, dass er irgendwo fern im Universum oder im Himmel ist, vielleicht in einer anderen Dimension.
Paulus sagt uns hier etwas Besonderes: Gott will dauerhaft in uns wohnen – als einzelne Person und auch als Gemeinde.
Das ist eine besondere Herausforderung.
Gott ist nicht weit entfernt, sondern ganz nah bei uns.
Das soll uns deutlich machen, welches Geschenk und welche Würde Gott uns zuspricht.
Wir sind nicht nur entfernte Diener, sondern Gott will in uns leben und wohnen – das Größte und Dauerhafteste, was uns passieren kann.
Paulus’ Dienst und das Geheimnis der Gnade (Epheser 3,1-13)
Ich möchte nun noch ein kleines Stück weitermachen. Ich habe vor, mit euch bis Kapitel sechs zu kommen – allerdings heute Morgen nicht vollständig. Es soll niemand Angst haben, wir werden das Ganze besprechen. Angst ist hier nicht angebracht, vielmehr sollte Begeisterung da sein: „Boah, ja, genau, die anderen Kapitel auch noch!“
Ich möchte zumindest das nächste Kapitel kurz besprechen, damit wir an diesem Wochenende einen Gesamtüberblick bekommen. Wir lesen also Kapitel 3, Vers 1:
„Deshalb bin ich, Paulus, der Gebundene Christi Jesu, für euch, die Heiden. Ihr habt ja gewiss von der Haushalterschaft der Gnade Gottes gehört, die mir für euch gegeben worden ist, dass er mich mit dem Geheimnis durch die Offenbarung wissen ließ, wie ich zuvor kurz geschrieben habe. Daran könnt ihr, wenn ihr es lest, meine Einsicht in das Geheimnis des Christus erkennen, das in früheren Generationen den Menschenkindern nicht bekannt gemacht wurde, wie es jetzt seinen heiligen Aposteln und Propheten durch den Geist geoffenbart worden ist. Dass nämlich die Heiden Miterben und mit zum Leib Gehören, Mitteilhaber seiner Verheißungen sind in Christus durch das Evangelium, dessen Diener ich geworden bin gemäß der Gabe der Gnade Gottes, die mir gegeben worden ist nach der Wirkung seiner Kraft. Mir, dem Allergeringsten unter den Heiligen, ist diese Gnade gegeben worden, unter den Heiden den unausforschlichen Reichtum des Christus zu verkündigen, um alle darüber zu erleuchten, welches die Gemeinschaft ist, die als Geheimnis von Ewigkeit her in Gott verborgen war, der alles erschaffen hat durch Jesus Christus, damit jetzt die Fürstentümer und Gewalten in den himmlischen Regionen durch die Gemeinde die mannigfaltige Weisheit Gottes bekannt gemacht werde, nach dem Vorsatz der Ewigkeiten, die er gefasst hat in dem Christus Jesus, unserem Herrn, indem wir die Freimütigkeit und Zugang haben in Zuversicht durch den Glauben an ihn. Darum bitte ich, dass ihr nicht mutlos werdet wegen meiner Bedrängnisse, um euretwillen, die euch eine Ehre sind.“
Das Einzige Biografische in diesem Abschnitt ist der letzte Satz, in dem Paulus noch einmal auf seine Gefangenschaft in Rom verweist. Er sagt: „Habt keine Angst, dass ich in Gefangenschaft bin!“ Manchmal können wir durchaus Angst haben, wenn wir in einem Land leben, in dem Christen verfolgt werden. Wenn wir hören: „Der Pastor ist eingesperrt“, kann das Angst machen.
Paulus dreht das Ganze jedoch um. Er sagt: „Freut euch doch darüber! Gott hat mir die Ehre zuteilwerden lassen, auch ein kleines bisschen für ihn leiden zu dürfen.“ Er wurde gerettet, aus diesem Leben herausgezogen, und jetzt darf er ein wenig so leiden, wie Christus gelitten hat. Das ist seine Botschaft – eine ganz andere Perspektive.
Der Mensch ohne Gott wird schnell weinerlich und fragt: „Warum geht es mir so schlecht? Warum muss ich das leiden?“ Aber der Mensch mit Gott sagt: „Das ist doch super, das ist eine Gelegenheit!“ Paulus hat diese Gelegenheit genutzt. Wir wissen, dass er immer zusammengekettet war mit einem Soldaten, wie er in einem anderen Brief berichtet. Er hat den Soldaten evangelisiert – eine gute Möglichkeit, denn der Soldat konnte nicht weglaufen. Jeden Tag musste er sich von Paulus stundenlang Predigten anhören. Was sollte er anderes tun? Schließlich bekehrte er sich.
Paulus hat diese Situation genutzt und sagt: „Siehst du, Gott benutzt das auch.“ In einem anderen Brief sagt er auch: „Jetzt habe ich die Möglichkeit, im Prätorium, also dort, wo die Soldatenverwaltung war, Zeugnis abzulegen.“ Und dort bekehren sich Menschen im Haus des Kaisers.
Diese positive Sicht brauchen wir manchmal auch. Wir leben zwar in Deutschland noch recht sicher, aber trotzdem überkommt mich manchmal die Sorge, wenn ich sehe, wohin sich die Welt entwickelt. Themen wie Gender-Mainstreaming und andere Entwicklungen, die immer mehr von Gott abrücken, können eine Krise auslösen. Wenn man dann noch sieht, was in manchen christlichen Kirchen passiert, wo gegen das Wort Gottes gekämpft wird, wo Religionslehrer eher Schüler vom Glauben wegführen, kann das entmutigen.
Dann gilt es, wie Paulus zu sagen: „Schaut nicht nur auf das Leiden, sondern begreift die Zeit als Bewährungsprobe.“ Gerade jetzt ist die Zeit, in der wir als Christen umso mehr auftreten können und sagen: „So ist es richtig, so ist es positiv.“ Wenn alle halb fromm leben, fallen wir als Christen kaum auf. Aber wenn viele Menschen richtig sündig leben, dann fallen wir auf. Dann wird man aufmerksam und sagt: „Hier ist eine Lösung, hier ist eine Alternative.“
Wir müssen das natürlich auch leben. Wenn wir bei dem allgemeinen Abwärtstrend der Gesellschaft einfach mitrutschen, fallen wir nicht auf. Aber wenn wir auffallen, wird es irgendwann so sein, dass Menschen sagen: „Jetzt haben wir alle Beziehungen kaputt gemacht, aber es gibt noch Leute, bei denen Beziehungen funktionieren.“ Und dann wird man darauf aufmerksam.
Wenn jemand alles ausprobiert hat, auch Drogen, und am Ende merkt, dass das nicht glücklich macht, wundert man sich, wenn Menschen zusammen sind und fröhlich ganz ohne Drogen. Wie geht das? Genau das ist es, was Paulus sagen will. Nicht nur auf das Negative schauen, sondern begreifen, dass Gott sich verherrlichen kann – dieser positive Blick.
Das Hauptthema dieses Abschnitts ist: Der Plan Gottes war lange Zeit ein Geheimnis. Paulus sagt, vor Zeiten wussten die Menschen nichts davon. Selbst die großen Helden des Alten Testaments – David, Salomo, Jesaja, Jeremia – wussten vom Plan Gottes kaum etwas.
Jetzt aber ist das Geheimnis Gottes offenbart worden. Gott hat das schon lange geplant, sagt Paulus, aber jetzt ist es bekannt geworden. Ihr habt die Möglichkeit, dieses Geheimnis kennenzulernen. Das, wonach sich alle früheren Generationen gesehnt haben, ist nun offenbart.
Paulus sagt zum Teil recht selbstbewusst: „Ich bin der, der berufen wurde, es den Heiden zu erklären.“ Das ist eine besondere Würde. Manche sehen nur das Demütige und sagen: „Ich bin nichts, seht über mich hinweg.“ Paulus tut das nicht. Er sagt klar: Gott hat mich berufen und hier habe ich einen wichtigen Auftrag.
Gleichzeitig betont er aber auch, dass er diesen Auftrag nicht wegen seiner eigenen Verdienste bekommen hat. In Vers 8 sagt er: „Mir, dem Allergeringsten unter den Heiligen, ist diese Gnade gegeben worden, unter den Heiden den unausforschlichen Reichtum des Christus zu verkündigen.“
Dann geht es weiter: Er soll die Menschen erleuchten. Eine ganz wichtige Aufgabe. Paulus sagt, das ist die wichtigste Aufgabe überhaupt im Moment. Gott hat sie ihm gegeben, aber er vergisst nie, dass er selbst nicht würdig ist.
Er nennt sich an mehreren Stellen den Allergeringsten, den Spätberufenen, die Missgeburt der Apostel. Er wurde von Gott als Apostel berufen, aber er bildet sich nichts darauf ein. Er weiß, dass er selbst einst sündig war und schlimmer als viele andere. Er hat die Jesusnachfolger verfolgt, ins Gefängnis gebracht und sogar mitgeholfen, dass sie getötet wurden.
Ihr kennt die Geschichte: Als Stephanus ermordet wurde, war der junge Saulus dabei und passte auf die Kleider auf. Er war begeistert davon, die Christen zu verfolgen. Paulus sagt, Gott kann ihm das kaum verzeihen, denn er hat gegen ihn selbst gekämpft. Vor Damaskus sagt Jesus zu ihm: „Ich bin der, den du verfolgst.“
Paulus kann froh sein, dass Gott ihm überhaupt noch einen Platz im Himmel anbietet. Aber nicht nur das: Gott hat ihn zu einer der wichtigsten Aufgaben der Weltgeschichte berufen.
Ich glaube, das ist genau die Motivation, die wir brauchen. Keine falsche Depressivität, die sagt: „Ich bin ja nichts und kann nichts.“ Gott hat auch dich berufen – vielleicht nicht mit demselben Auftrag wie Paulus, aber Paulus sagt an anderer Stelle: „Ihr seid Botschafter an Christi statt.“ Das gilt für jeden von uns.
Das ist eine ganz besondere Aufgabe, eine besondere Würde, die Gott dir gegeben hat. Das sollst du sehen, aber dir nichts darauf einbilden. Du hast dir das nicht verdient, sondern Gott hat dich trotz deiner Unwürdigkeit dazu bestimmt.
Das kann uns helfen. Wenn wir auf unsere eigenen Möglichkeiten schauen, sagen wir schnell wie Mose: „Ich kann nicht reden.“ Es gibt viel Bessere, Klügere, Jüngere und Fittere. Genau darum geht es: Wenn du auf deine eigenen Möglichkeiten schaust, bist du nicht würdig. Wir sind alle unwürdig – egal wie gut wir reden oder gebildet sind, niemand hätte ein Anrecht darauf.
Trotzdem hat Gott dich erwählt. Vergiss weder das eine noch das andere: Gott hat dich berufen als Botschafter an Christi statt, ähnlich wie Paulus als Botschafter für die Heiden. Geh dieser Berufung nach in dem Bewusstsein, dass es eine ganz besondere Aufgabe Gottes ist, die er für dich hat.
Aber bilde dir nicht ein, du hättest ein besonderes Anrecht oder Gott würde dir nur das geben, was dir zusteht. Nein, dann geht die Sache schief. Dann wird Gott sich nicht mehr dahinter stellen, und du predigst vielleicht nur noch dich selbst, aber nicht mehr ihn.
Paulus’ Gebet für geistliche Stärke und Erkenntnis (Epheser 3,14-21)
Ja, und dann habe ich den letzten Abschnitt für heute Morgen. Das ist der Rest von Kapitel 3, Vers 14:
Deshalb beuge ich meine Knie vor dem Vater, unseres Herrn Jesus Christus, von dem jedes Geschlecht im Himmel und auf der Erde den Namen erhält. Ich bete, dass er euch nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit gebe, durch seinen Geist mit Kraft gestärkt zu werden am inneren Menschen.
Dass Christus durch den Glauben in euren Herzen wohne, damit ihr in Liebe verwurzelt und gegründet seid. So werdet ihr fähig, mit allen Heiligen zu begreifen, was die Breite, die Länge, die Tiefe und die Höhe ist, und die Liebe Christi zu erkennen, die doch alle Erkenntnis übersteigt.
Damit ihr erfüllt werdet bis zur ganzen Fülle Gottes, dem aber, der weit über das Maß mehr zu tun vermag, als wir bitten oder verstehen, gemäß der Kraft, die in uns wirkt. Ihm sei die Ehre in der Gemeinde, in Jesus Christus, auf alle Geschlechter der Ewigkeit, der Ewigkeiten. Amen.
Das ist der Schluss dieses Kapitels. Hier ist Paulus in einem Gebet. Wir haben ja in Vers 13 gelesen: „Darum bitte ich, dass ihr nicht mutlos werdet.“ Und dann geht es weiter: „Deshalb beuge ich meine Knie vor dem Vater.“ Danach folgen weitere Bitten, nämlich dass er euch mit seinem Reichtum erleuchte, dass er euch das zeige. Es ist also ein Gebet für die Gemeinde, für die Christen.
Hier ist wieder das Wichtigste, damit sie ihren Auftrag erfüllen können: dass wir immer mehr die Größe Gottes und seines Plans erkennen können. Denn je mehr wir das erkennen – und das ist ein endloser Prozess – desto mehr sind wir begeistert davon. Und desto mehr wollen wir auch noch mehr davon kennenlernen.
Wir fangen an, merken: Das ist ja toll, noch mehr, noch mehr. Mancher, der schon viele Jahre gläubig ist, kann dann dem Irrglauben verfallen, er wüsste schon alles. Manchmal ist das ja schon bei Jugendlichen so. Ich erinnere mich an eine Kinderstunde: Da fängt man mit irgendeiner Geschichte an, und manche Kinder oder Teenager sagen: „Ich kenne die ganze Bibel schon.“
Und dann merken wir: Was sagt Paulus hier? Ich lese noch mal: Er sagt, ich bitte, dass ihr die Länge, die Höhe, die Breite und so weiter erkennt. Damit ist gemeint, alles zu erkennen, was zum heiligen Plan Gottes gehört.
Dann sagt er weiter: „Die Liebe Christi zu erkennen, die alle Erkenntnis übersteigt.“ Damit sagt er deutlich: Egal wie viel ihr lernt, ihr werdet es nie ganz begreifen. Ihr müsst immer weiterlernen, immer weiterlernen.
Das passt doch auch zu den Slogans, die wir heute haben. Wir sind in einer Wissensgesellschaft. „Du bist lebenslanges Lernen“, sagt man heute, auch im Beruf. Und hier sagen wir genau dasselbe, was man im Staat erfunden hat, gilt hier noch mehr.
Im christlichen Glauben gilt lebenslanges Lernen, egal wie häufig du die Bibel durchgelesen hast, egal wie lange du Christ bist. Hier steht doch ganz deutlich – und das glaubst du doch auch – es ist wie steht da: „Alle Erkenntnis übersteigend.“
Und wenn es alle Erkenntnisse übersteigt, die wir haben können, dann haben wir immer noch etwas Neues, was wir erkennen können. Immer noch etwas Neues, was Gott uns nahebringen will.
Deshalb lohnt es sich, dabei zu bleiben, nicht zu schnell aufzugeben in der Auffassung: „Ach, ich weiß das ja schon, ich kenne das ja schon.“ Und ich weiß, dass das schnell passieren kann.
Ich bin jetzt auch schon 36 Jahre lang Christ, also mehr als manche Jüngeren, die alt sind hier, bei den Älteren nicht, aber das ist schon ein paar Jahre. Am Anfang meines Christseins hatte ich auch irgendwie gedacht: So, nach ein paar Jahren habe ich den Überblick, ich habe ein paar Mal die Bibel durchgelesen und richtig fromm gelebt. Dann – Zack – das ist es, und jetzt geht es eigentlich nur noch in den Himmel.
Jetzt bin ich 36 Jahre Christ, und ich merke, ich entdecke immer noch neue Sachen. Sowohl in meinem Leben als auch im Leben der Menschen um mich herum, als auch im Wort Gottes und in der Begegnung mit Gott.
Das ist ja auch gar kein Wunder, denn hier steht, dass die Erkenntnis Gottes oder dass Gott alles übersteigt, was unsere Erkenntnis fassen kann. Also ist das immer noch offen, immer noch mehr, was wir bekommen können.
In dieser Perspektive sollten wir unser Christsein führen. Das macht das Ganze lebendig, kann uns neue Begeisterung geben und uns vor falscher Selbstsicherheit schützen.
Deshalb lenkt Paulus den Blick hier darauf, dass wir – und er betet dann für uns, wenn wir damals gelebt hätten; jetzt ist er ja tot – wir können dafür beten, dass wir immer mehr diese Erkenntnis bekommen, auch wenn wir schon meinen, viel zu wissen.
Vielleicht wissen wir ja auch tatsächlich viel. Aber dieses Viele, was wir wissen, ist vielleicht ein Tropfen im Vergleich zum Ozean. Da merken wir, es gibt noch viele Tropfen.
Wir können auch ein paar hundert Jahre alt werden, und wir haben immer noch neue Aspekte, auch wenn wir vielleicht meinen, das sei nicht so. Wenn wir meinen, das sei nicht so, dann haben wir uns mit einem kleinen bisschen zufrieden gegeben und den anderen Teil einfach an den Rand gedrängt.
Es gibt noch viel, viel mehr als das, was wir wissen und was wir je wissen können. Das ist auch das, was Paulus uns hier deutlich sagt.
An dieser Stelle mache ich dann mal eine Pause. Denn heute Nachmittag wollen wir uns ja noch Kapitel 4, 5 und 6 anschauen. Da sind auch noch einige spannende Dinge drin, zumal Paulus in den Kapiteln noch stärker praktisch wird und noch stärker auf das Alltagsleben der Christen eingeht, mit vielen verschiedenen Einzelaussagen.
Für diejenigen, die dann mit dabei sind, herzliche Einladung: Heute Nachmittag machen wir nach dem Mittagessen weiter.
Ich möchte an dieser Stelle gerne noch beten, weil ich das als eine wichtige Sache empfinde, von dem, was wir gehört haben, und darüber nachgedacht haben. Dass uns Gott auch vertieft.
Wer will, kann gerne dazu aufstehen, und ich bete gerade noch:
Herr Jesus Christus, vielen Dank für den Epheserbrief, vielen Dank für dieses Draufstoßen auf grundlegende Wahrheiten, die du uns vermitteln willst.
Diese grundlegende Wahrheit, dass wir nicht durch eigene Gebote, die wir aufrichten, gerettet werden können.
Bewahre uns davor, irgendwelche Gebote zu formulieren, die menschlichen Ursprungs sind und die vielleicht verwechselt werden können mit dieser Gnade, durch die du uns retten willst.
Bewahre uns davor, mit dem Wissen zufrieden zu sein, das wir schon haben. Sondern gib uns immer wieder diesen Hunger, diese Bereitschaft nach mehr, mehr von deinem Wort und mehr von dir kennenzulernen und zu erfahren.
Lass uns zum Bewusstsein kommen, dass du uns eine wichtige Aufgabe anvertraut hast. Dass das nicht nur irgendeine Nebensache ist, sondern eine ganz wichtige Sache.
Bewahre uns andererseits davor, uns aufgrund dessen irgendwas einzubilden.
Führe uns immer wieder vor Augen, dass wir eigentlich aus dem Dreck herauskommen, dass wir genauso schuldig und sündig sind wie alle anderen Menschen auch.
Und das nicht, weil wir etwas geleistet haben, sondern allein, weil du uns aus deiner unbegreiflichen Liebe gerufen hast, dass wir deshalb heute gerettet sein können und ewiges Leben haben.
Vielen Dank dafür! Amen!
