Gott wird Mensch – Leben und Lehre des Mannes, der Retter und Richter, Weg, Wahrheit und Leben ist.
Episode 330: Jesus geht auf dem See, Teil I.
Die Erwartung der Volksmenge und Jesu Rückzug
Die Speisung der fünftausend ist vorbei. Jesus spürt, dass die Volksmenge jetzt mehr will. Sie möchte ihn zum Volkshelden, zum Anführer einer nationalistischen Bewegung und zum König machen. Doch genau das ist nicht sein Ziel.
Deshalb zieht er sich zurück. Noch bevor er sich zurückzieht, schickt er seine Jünger weg.
Markus 6,45-46: "Und sogleich nötigte er seine Jünger, in das Boot zu steigen und an das jenseitige Ufer nach Bethsaida vorauszufahren, während er selbst die Volksmenge entlässt. Nachdem er sie verabschiedet hatte, ging er auf den Berg, um zu beten. Als es Abend geworden war, war er dort allein."
Die Gefahr politischer Erwartungen und Jesu Schutz für die Jünger
Warum schickt Jesus seine Jünger weg? Das steht nicht ausdrücklich im Text, aber wir können eine Vermutung anstellen.
Wenn die Frage im Raum steht, ob man diesen Rabbi aus Nazaret nicht zum König machen sollte, dann sind bei solchen Themen die radikalen Kräfte immer ganz vorne mit dabei. Genau diese Kräfte kennen wir bereits als Zeloten, eine politisch-religiöse Bewegung im Judentum. Sie waren auch bereit, gewaltsame Mittel einzusetzen, um das Joch der römischen Fremdherrschaft abzuschütteln.
Solche Leute wollen einen König. Sie sind schnell dabei, Parolen zu skandieren, doch ein Nein fällt ihnen schwer. Der Herr Jesus weiß, dass in so einem Fall die Pro-Jesus-Stimmung ganz schnell kippen kann. Genau das hätte für die Jünger gefährlich werden können.
Ihren Reiseproviant hatten sie schon. Deshalb nötigt er sie, in ein Boot zu steigen, damit sie, wenn er verschwindet, nicht zur Zielscheibe des Ärgers werden. Das ist jedenfalls, was ich denke. Dastehen tut es nicht, aber es ergibt Sinn.
Außerdem hatten seine Jünger ihre Lektion noch nicht gelernt – aber dazu später.
Jesus auf dem Berg und die Not der Jünger auf dem See
Jesus sitzt also auf dem Berg, schaut aufs Wasser und sieht, wie seine Jünger Probleme bekommen.
In Matthäus 14,24 heißt es: Das Boot war schon mitten auf dem See und litt Not durch die Wellen, denn der Wind war ihnen entgegen. Starke Winde waren für den See Genezareth nicht ungewöhnlich. Dennoch wird die Situation langsam brenzlig. Heftige Wellen und ein starker Wind blasen ihnen entgegen.
Deshalb trifft Jesus eine Entscheidung. In Markus 6,47-48 steht: Als es Abend geworden war, war das Boot mitten auf dem See, und Jesus war allein auf dem Land. Als er die Jünger beim Rudern in Not sah, weil der Wind ihnen entgegenblies, kam er in der vierten Nachtwache zu ihnen, indem er auf dem See ging.
Gottes Wahrnehmung unserer Not und sein Timing
Lasst uns zuerst eine Sache festhalten: Jesus sieht sie. Ja, ich weiß, das klingt banal, aber es ist die Not der Jünger, die Jesus dazu bringt, über den See zu gehen.
Immer dann, wenn ich in Problemen stecke und denke, dass Gott ganz weit weg ist, dass er irgendwo auf einem Berg sitzt und allein sein will, darf ich wissen, dass er mich trotzdem sieht. Wie gesagt, das ist eine banale Weisheit. Aber falls du ab und zu nicht glauben kannst, dass Gott dich in deiner Not wahrnimmt, dann lerne diesen Bibelvers auswendig.
Wir sind Gott nicht egal, vor allem dann nicht, wenn wir leiden.
Lasst uns auch noch eine andere Sache festhalten: Jesus springt nicht sofort auf, um ihnen zu helfen. Er kommt um die vierte Nachtwache, das ist irgendwann zwischen drei und sechs Uhr am ganz frühen Morgen.
Gott weiß, wann es Zeit ist, aufzukreuzen und unsere Probleme zu lösen. Aber der Zeitpunkt liegt in seiner Hand.
Das Wunder des Gehens auf dem Wasser
Zum Wunder selbst muss man kaum etwas sagen. Die Evangelisten stellen nüchtern und sachlich fest, dass Jesus auf dem Wasser ging. Es gibt keine Erklärung, sondern lediglich eine Tatsachenbeschreibung.
Das Wasser war an dieser Stelle nicht besonders flach. Woher weiß ich das? Erstens sind die Jünger ziemlich erstaunt. Das wären sie nicht, wenn ihr Rabbi nur durch flaches Wasser gegangen wäre. Zweitens ist die Stelle tief genug, damit ihr Boot schwimmen kann. Drittens ist das Wasser so tief, dass Petrus, als er aus dem Boot steigt, untergehen kann und von Jesus gerettet werden muss.
Außerdem befinden wir uns laut dem Text mitten auf dem See. Jesus kommt über den See. Nun gilt es, verschiedene Lektionen zu lernen. Dabei scheint jeder Evangelist seiner Erzählung einen etwas anderen Schwerpunkt zu geben.
Fangen wir also mit Markus an.
Die Reaktion der Jünger auf Jesu Kommen
Markus Kapitel 6, Verse 48 bis 51:
Als er sie beim Rudern in großer Not sah, denn der Wind war ihnen entgegen, kam er in der vierten Nachtwache zu ihnen, indem er auf dem See ging. Er wollte an ihnen vorübergehen.
Sie aber sahen ihn auf dem See gehen und meinten, es sei ein Gespenst. Sie schrien auf, denn alle sahen ihn und wurden bestürzt.
Er aber redete sogleich mit ihnen und sagte: „Seid guten Mutes, ich bin es, fürchtet euch nicht!“ Dann stieg er zu ihnen ins Boot, und der Wind legte sich.
Sie aber waren sehr erstaunt über das große Wunder.
Markus betont die Überraschung der Jünger. Mitten in der Not rechnen sie nicht damit, dass Jesus zu ihnen kommt. Klar hatten sie eben erlebt, dass Jesus mit fünf Broten und zwei Fischen Tausende satt gemacht hatte. Aber ist es nicht oft so, dass Gott immer nur den anderen hilft? Es mag sein, dass er für andere da ist, aber mich in meinem Boot, mitten im Sturm, mitten auf dem See, ohne Land in Sicht? Das ist eine ganz andere Geschichte.
Ist es nicht genau das, was wir auch ganz schnell denken? Und jetzt kommt Jesus. Ihre erste Vermutung ist, es sei ein Gespenst. Eine völlig verständliche Annahme – was sonst? Menschen gehen nicht übers Wasser. Also muss es ein Gespenst sein. Und davor haben sie natürlich Angst. Zum Sturm, dem Wind und der Erschöpfung jetzt auch noch ein Geist – na klasse!
Gut, dass Jesus sie beruhigt: „Seid guten Mutes, ich bin es, fürchtet euch nicht!“ Nun das eigentlich Interessante: Jesus steigt in das Boot, und der Wind legt sich. Aber sie hören nicht auf, sich zu fürchten. Im Text heißt es: „Und sie entsetzten sich sehr über die Massen.“
Die innere Verhärtung der Jünger
Frage: Wovor haben die Jünger hier so große Angst? Der Sturm hat sich doch gelegt, und das Gespenst hat sich als ihr Rabbi erwiesen. Warum entsetzen sie sich immer noch über die Massen?
Die Antwort ist gar nicht nett. In Markus 6,52 heißt es: „Denn sie waren durch die Brote nicht verständig geworden, sondern ihr Herz war verhärtet.“
Auf der Ebene der Emotionen wird deutlich, dass sie ein viel tieferes Problem haben. Das ist eine ganz spannende Sache. Diese werden wir uns genauer in der nächsten Episode ansehen.
Abschluss und Gebetsanliegen
Was könntest du jetzt tun? Du könntest dir die Frage stellen, wie du über Gott und seine Fürsorge denkst, wenn es dir schlecht geht.
Das war es für heute. Bete weiterhin für den kleinen Eli. Nach fast fünf Wochen ist er jetzt zuhause, aber noch nicht ganz gesund. Er ist auf einem guten Weg, doch er braucht weiterhin unser Gebet.
Der Herr segne dich. Erfahre seine Gnade und Liebe in seinem Frieden. Amen.