Einführung in die Missionsgeschichte und ihre Bedeutung heute
Platz lässt. Aber wir sind nicht in Zentralafrika, sondern in Zentralstuttgart. Kommt doch von der Hände vor, das ist wunderbar hier. Hier gibt es Stehplätze, Sitzplätze und sogar Platz zum Liegen.
Sonst gehen wir jetzt hinein, denn die Missionsgeschichte enthält so viele interessante und wissenswerte Dinge, dass ich einfach ein bisschen plaudern möchte. Man hat gedacht, dass für geistig minderbemittelte Menschen wie mich höchstens zutrifft, dass ich ein bisschen von der Mission erzähle. Aber dabei wird auch deutlich, was Gott durch euch wirken kann.
Ein teurer Christ aus unserem Schöndorfer Dekanatsbezirk hat gesagt: „Sie ahnen nicht, früher bin ich nicht viel herumgekommen.“ Wenn also Leute aus Norddeutschland da sind, sollen sie sich vom Nachbarn übersetzen lassen, wenn ich Schwäbisch spreche. Er hat erzählt, seine Großmutter, er selbst war in Schneid, war einmal im Leben in Bach bei ihrer Hochzeit. Das ist eine halbe Stunde entfernt. Und sie ist einmal Sonntagnachmittags nach Burg gefahren. Das geht immerhin durch das ganze Remstal durch, auf der anderen Seite hoch mindestens eine Stunde zehn Minuten.
Das war der Lebenskreis dieser Frau: eine halbe Stunde nach Süden, eine Stunde zehn Minuten nach Norden. Aber dazu hat er gesagt, der liebe Bruder: „Meine Mutter wusste sich zuhause in Trivandrum in Indien und in Okak in Labrador.“ Wir wissen kaum, wo Labrador ist. Schaut jetzt mal auf eure Karte. Auch durch die Arbeit der Mission haben Menschen hier in unserer süddeutschen Heimat, wenn sie rechte Christenmenschen waren, einen unglaublich weiten Horizont gehabt. Sie haben sich als Witwen gefreut, dass sie nicht in Indien leben, wo die Witwen verbrannt werden usw. Also ein ungeheuer weiter Horizont.
Und das ist nicht nur vor hundert Jahren so gewesen, sondern auch heute. Wir brauchen in der Missionsarbeit Leute, die jetzt schon so einen offenen Horizont haben, dass sie dauernd damit rechnen: Wenn Gott mich braucht, muss ich abrufbar sein für ihn.
Ich komme eben aus der eingeschobenen Sonderveranstaltung, englisch genannt Overflow – Überfluss – nicht in der Stiftskirche. Dort hat Karl Johannsen, der Exekutivdirektor des Lausanner Komitees, uns gesagt: „Ich möchte es so eindrücklich sagen, dass ich gar keine Reserven mehr habe, um es noch eindrücklicher zu machen. Die Mission im zwanzigsten Jahrhundert, wenn wir die Welt für Jesus erreichen wollen, wird nicht in erster Linie durch Pfarrer, Missionare oder Bibelschüler gemacht, sondern durch Laien: durch Ingenieure, durch Schwestern, durch Lehrer, durch Leute, die Toningenieure sind, weil man vielleicht in einem afrikanischen Tonstudio einen Experten braucht.“
Diese Menschen gehen aber als bewusste Christen dorthin, um auch durch ihre Tätigkeit den Namen Jesu bekannt zu machen. Die Mission heute bedeutet, dass ihr in eurem Beruf fähige Leute seid. Und wenn es gehört wird: „Wir brauchen dort einen Verwaltungsmann, hier bin ich.“ Und nicht erst zwei Jahre Sprachkurs in England machen. Vielleicht macht ihr jetzt schon den Sprachkurs an der Volkshochschule, damit ihr abrufbar seid.
Beispiele moderner Missionare und Herausforderungen im Dienst
Zwei Beispiele:
Walter Arnold, heute Oberkirchenrat in der Stuttgarter Kirchenbehörde und zehn Jahre lang Generalsekretär des CVJM-Reichsverbandes, rief mich an und sagte: In unserer Technikerausbildung hier in Accra ist von heute auf morgen der Ingenieur ausgefallen, der die gesamte Architekturarbeit übernommen hatte, inklusive der Ausbildung von Bauhandwerkern und Schreinerberufen. Wir mussten ihn wegen Krankheit ersetzen.
Und was ist? Ja, wir brauchen einen Württemberger. Gut, ich will mal danach schauen. Was heißt „danach schauen“? Warum, was ist los? Ja, den brauchen wir möglichst noch vorgestern. Und ihr in Württemberg habt doch solche Leute, die das machen können. Ihr habt mal schnell überlegt und mit meinen Kollegen im Jugendwerk gesprochen. Die haben gesagt: Frag mal Wilhelm Wagner, der ist Architekt. Wilhelm Wagner aus Mössingen – naja, Mössinger sind wahrscheinlich alle in Afrika.
Ich sehe mich noch in der Rötestraße vor dem Architekturbüro. Er hat abends noch gearbeitet. Ich habe gesagt: Herr Wagner, das kannst du ruhig Wilhelm sagen, wir sind nämlich verwandt, wenn auch nur entfernt, kurz nach Adam. Aber immerhin. Da habe ich gesagt: Wilhelm, bei uns ist der Mann in Lagos und Accra ausgefallen, könntest du nicht einspringen? Da hat er gefragt: Wann? Ich habe ihm das weitergegeben, was Walter Arnold gesagt hatte. Aber er meinte, möglichst vorgestern. Er sagte: Na ja, ich spreche morgen mit meinem Chef. Die Impfung habe ich, ich war ja in letzter Zeit zweimal dort. Ich könnte nächsten Montag fliegen, wenn da ein Flugzeug geht.
Und er ist gegangen. Ich habe nicht mehr viel von Wilhelm gehört. Er ist ein patenter Mann. Ich habe ihn einmal besucht, und dann, als er in Heimaturlaub war, hat er gesagt: Rolf, ich habe eine Frau gefunden und mich geheiratet. Würdest du uns trauen? Das war so eine glückliche Braut. Es gibt auch glückliche Missionsbräute, das habe ich das einzige Mal erlebt. Beim Orgelvorspiel in Reutlingen kam das Brautpaar strahlend herein und kniete ohne Umschweife sofort auf die Altarstufen nieder, gläubig: „Komm, trau uns!“
Ja, gut, das war das vorletzte Mal. Das letzte Mal war vor fünf Jahren, als ich eine Reise nach Tansania machte – mit der Kirche zu günstigen Preisen. Ich war mit einer Gruppe von Tansaniern in einem Hotel. Ich habe zwar verzweifelt das Kreuz des Südens gesucht, ein wunderbares Sternbild, das man auch hier im Planetarium billiger sehen kann. Aber ich habe es nicht entdeckt.
Während ich so auf der Dachterrasse nach dem Kreuz des Südens suchte, bemerkte ich plötzlich einen betörenden Duft. Ich habe eine ziemlich empfindliche Nase, was bei vollen Versammlungen gut ist. Ich dachte: Was ist denn das? Das ist nichts für den Evangeliumsrundfunk, oder? Ich schaue mich um und da sitzen Wilhelm Wagner und seine Frau.
Ich sagte: Mensch, was macht ihr denn hier? Wilhelm antwortete: Ihr habt mir das gar nicht erzählt. Als ich vier Jahre in Accra war, war ich ein halbes Jahr in Deutschland. Dann habe ich die Anfrage aus Tansania bekommen, ob ich nicht Leiter des Architekturbüros der lutherischen Kirche in Tansania werden möchte. Seitdem sind wir in Tansania. Seine Frau war kurz in Europa gewesen. Am Flughafen bekommt man so günstiges Parfüm, deshalb der Duft.
Aber merkt ihr: Ein Mann, der innerhalb von 48 Stunden bereit war zu wechseln, hat sein Herz in Afrika verloren. Er wurde ein Bruder für die afrikanischen Brüder, ein Experte, der ihnen hilft, ein Christ, der sie mitbelebt.
Der andere war Gerd Schweizer. Als unser Bruderschaftshelfer Fritz Mast, der Erste, den wir nach Nordnigeria ausgesandt hatten, plötzlich an Malaria zusammenklappte – jeder, der hinausgeht, bekommt trotz aller Vorsorgemittel Malaria. Wer in die Mission will, muss eine stabile Gesundheit haben. Ich sage euch deshalb: Fangt früh an mit Jogging!
Solche Leute, die sagen: „Mein Herz, das kann man in der Mission nicht brauchen“, denen sagen die meisten auch noch: „Der Herr hat mich berufen, aber mein Herz…“ Wenn der Herr euch beruft, dann könnt ihr den Jogginglauf machen, dann bleibt das Herz gesund. Kalt abduschen ist auch wichtig.
Aber Spaß beiseite: Wir Deutschen sind normalerweise schon gar nicht mehr fähig, Dienst in der Mission zu tun, wenn wir uns nicht dreimal am Tag duschen können und ein bisschen Spray haben. So können wir unter primitiven Umständen nicht leben. Ich habe einmal die Frau eines amerikanischen Missionars erlebt, die dauernd, wenn sie ins Freie ging, so eine Art Frischhaltepackung auf den Kopf setzte, damit keine Mücke an sie kam. Da kann man es gleich bleiben lassen, wenn man nicht Afrikaner unter Afrikanern ist – dann ist alles umsonst.
Also, wie gesagt: Fritz Mast hat Malaria bekommen und hat uns herausgetelegrammiert: „Ich brauche dringend einen Helfer. Könnt ihr nicht kurzfristig jemanden schicken, so einen richtigen Jugendschaftsleiter?“ Wir hatten in Afrika als württembergischer CVJM neben dem geistlichen Programm in Kaduna eine technische Ausbildung aufgebaut. Hunderten und Tausenden jungen Menschen in afrikanischen Großstädten sollte eine erste Einführung gegeben werden, wie man überhaupt einen Hammer in die Hand nimmt, wie man feilt, damit sie später Berufe erlernen können.
Es ist auch ein Werk christlicher Nächstenliebe, dass wir dazu helfen. Ganz dummes Geschwätz von vielen Missionswissenschaftlern, die sagen, man könne nicht bloß mit dem Evangelium kommen, man müsse auch den Leuten helfen. Das merken sie jetzt erst? Wir haben das schon vor 200 Jahren gemerkt.
„Ich zwar nicht, aber mein Großvater natürlich.“ Helfen wir. Aber die größte Hilfe ist immer noch, Menschen aus dem Aberglauben zu befreien und zum Herrn Jesus Christus zu führen. Dass wir neben Gesundheitsfürsorge auch Berufsausbildung machen, ist doch selbstverständlich.
Also haben wir einen Mann gebraucht. Da haben sie gesagt: „Der Gerd Schweizer in Lossburg, Gerd, bist du nicht da?“ Da weiß man nie, wann der auftaucht, der macht sich immer so klein. Und der Gerd Schweizer ließ sich aussenden.
Ich habe ihn dann mal in Kaduna besucht und gefragt: „Gerd, wie geht es denn?“ Er sagte: „Weißt du, ich könnte es hier gar nicht aushalten, wenn ich nicht jeden Morgen beten könnte: Herr Jesus, gib mir fünf extra Kilometer Nerven!“ Denn der Afrikaner, wenn man ihm sagt: „Stell mal die Stühle im CVJM-Raum für die Bibelstunde um“, dann sagt er: „I say I am.“ Und abends, wenn man zurückkommt, sind die Stühle nicht umgestellt, weil der Afrikaner noch denkt, es gibt auch glückliche Feen oder Heinzelmännchen, die das machen.
Ich bin ja dafür, dass die Stühle umgestellt werden, aber vielleicht tut es jemand anderes. Wenn wir nicht Nervenkraft von unserem Herrn Jesus Christus abrufen können, sind wir im Missionsdienst ungeeignet.
Es gibt Entwicklungshelfer, die schon im Zorn von ihrer Arbeit gegangen sind. Vor drei Wochen habe ich von einem gehört, der sagte: „Wenn ich gehe, sollte man eine Betonmauer um das bauen, was ich aufgebaut habe, Benzin hineingießen und es anzünden.“ Wer nicht in Gebetsverbindung mit Jesus steht, wird bitter über die, die ihm Brüder und Schwestern sein sollen, und wird ungerecht gegenüber den Möglichkeiten, die Jesus gibt.
Also, ihr seht: Auch heute brauchen wir Leute, die nicht bloß Abenteurer und Pioniere sind, sondern Gottesmänner und Gottesfrauen.
Historische Entwicklung der Mission in der evangelischen Kirche
Aber ich wollte euch ein wenig von der Mission erzählen. Da das im Religionsunterricht so selten vorkommt, wollen wir hier ein bisschen Nachhilfe für uns alle schaffen.
Martin Luther war nicht überzeugt, dass Mission notwendig ist. Wir haben neulich meine Konfirmanden gefragt, und sie haben gesagt, das sei der Bauer des Martin-Luther-Hauses, weil wir in Schöndorf ein Martin-Luther-Haus haben. Also, das war der Mann, der die evangelische Kirche gegründet hat, so 1521. Er war nicht überzeugt, dass Mission notwendig ist.
Wir sind hier zu Gast in einer katholischen Schule. Die Katholiken haben zu allen Zeiten gewusst, dass die Nachricht von Jesus verbreitet werden muss. Der große Japan- und China-Missionar Franz Xaver, der Franzose, hat einmal gesagt, als er die studentische Jugend von Paris gesehen hat: "Ich würde am liebsten die ganze Nacht durch die Straßen von Paris schreien, wo die Studenten wohnen. Sie sollen ihre kleinen Ziele aufgeben und in die Mission kommen."
Die katholische Kirche hat immer schon gewusst: Mission ist ein Befehl Jesu. Es steht nicht in unserer Hand, ob wir es für wichtig halten oder nicht, sondern es ist ein Befehl. Jesus hat gesagt: "Geht hin und macht Jünger." Wie wir sagen, Jesus ist gerade im Augenblick notwendig. Ihr meint, wir sollten lieber Speisungen machen? Ja, das habt ihr alles recht, habe ich auch gemacht, aber ihr sollt das Evangelium bringen.
Der Erste, der entdeckt hat, wie wichtig das Weitersagen des Evangeliums ist, war Primus Truber – ein schöner Name. Er war später Pfarrer in Derendingen, als Leiter von Derendingen. Ihr wisst, wer Primus Truber ist, nicht? Er stammte aus Slowenien, also aus der verachteten Gegend, wo mir sahen, er ist richtiger Slowake, nicht? Dort stammte er her.
Da hat die Reformation schnell Bahn gefunden. Er war Priester gewesen und wurde um seines Glaubens willen ausgewiesen. Primus Truber hat gesagt: "Jetzt bin ich ausgewiesen worden, aber meine Landsleute, die Kroatisch, Serbisch und Slowenisch sprechen, die müssen noch die Nachricht von Jesus bekommen."
Nun war weder die kroatische, noch die serbische, noch die slowenische Sprache überhaupt erforscht. Da Primus Truber als Pfarrer war – wir sind auch nicht ganz so blöd, also manche wenigstens von uns – erfand er Schriftzeichen, die ganzen kyrillischen Zeichen, die wir heute kennen. Er formte für die drei Sprachen eine Schriftsprache und übertrug die Bibel und Traktate in Slowenisch, Kroatisch und was haben wir noch? Serbisch, ja, Serbokroatisch.
Wie brachte man sie dorthin? Der Katholizismus war inzwischen zur Reformationszeit so erstarkt, dass er niemand durch seine Grenzen durchließ. Da hat Primus Truber auch einen vertriebenen Freiherrn gefunden, den Hans Sonneck von Ungad. Der lebte in Urach und hat in Urach eine Trugerei aufgebaut. Im Uracher Schloss, wenn ihr es heute besucht, denkt mal: Hier stand die erste evangelische Bibelanstalt, der Hans von Ungad.
Wie transportierte man sie nach Jugoslawien, Dalmatien, da hinunter? Man baute Fässer. Die Uracher Küfer wurden extra aufgefordert zu einem Ideenwettbewerb, dass die Fässer einen doppelten Boden hatten. In den doppelten Boden legte man die Bücher, die Bibelbücher, und dann schwäbischen Wein. Und ja, passt auf, dass kein Wein durchklappt, sonst wären die Bibeln radikal zerfressen worden von dem Reutlinger Wein damals.
Dann wurden sie auf Ulmer Schachteln, jenen flachen Schiffen, die Donau hinuntergeführt, damit sie im Ostlok verteilt werden konnten. Die erste Schriftmission! Wenn ihr heute hört, dass Licht im Osten seine Bibeln mit Containern in den Ostlok hineinbringt – das wurde vor 400 Jahren von Hans von Ungad und Primus Truber erfunden.
Als Primus Truber schließlich überhaupt nicht mehr in die Heimat zurück konnte, wurde er von der württembergischen Kirche angestellt als Pfarrer und ist als Pfarrer in deren Dingen dann gestorben. Als er im Sterben lag, kam ein Fikirle und wollte ihm aus einem Gebetbüchlein ein Gebet vorlesen. Da sagte der sterbende Primus Truber: "Nichts da, nichts da, Text her!" Das heißt, ich möchte die Bibel selbst haben, nicht irgendwelche frommen Sprüchlein. Die Bibel war ihm wichtig.
Mit der Bibelmission, mit der Bibelverbreitung hat die evangelische Mission begonnen.
Herausforderungen und Fortschritte in der Missionsarbeit
Aber dann dauert es hundert Jahre. Nach dem Dreißigjährigen Krieg war die evangelische Welt in Europa mit sich selbst beschäftigt. Es ist erschreckend, dass wir nicht daran dachten, die Länder, die Kolumbus entdeckt hatte, mit dem Evangelium zu erreichen. Evangelische Christen begreifen das oft sehr spät, während die Katholiken viel schneller waren.
Wenn heute der Mann im Mond entdeckt wird, wer von euch wird Missionar auf dem Mond sein, um dem Mann dort das Evangelium zu verkünden? Versteht ihr, dass immer, wenn Neues entdeckt wird, Missionare gebraucht werden? Das Wort muss verkündet werden.
Da war ein Justinian Freiherr von der Wels, der in Ulm lebte, ebenfalls als Flüchtling aus der Steiermark. Es ist etwas ganz Besonderes, dass Flüchtlinge von Gott oft besonders gesegnete Menschen sind. Die Mission, die später von Zinzendorf ausging, war eine Flüchtlingsgemeinde. Man müsste dem nachgehen: Wer sesshaft ist, sein Häusle hat und sagt, hier kann ich nicht so schnell weg, ich muss zuerst die Oma versorgen, der wird nie Missionar sein.
Wer von Gott bereits herausgelupft wurde, herausgerissen, wie ein Zahnarzt einen Backenzahn heraushebt, der ist bereit, Missionar zu werden. Er ist schon in der Fremde, da macht es nichts mehr aus, ob er noch weitergeht. Eine der großen Parolen des Lausanner Komitees lautet: Wir sollten uns nie so fest an einem Ort der Welt niederlassen, dass wir nicht mehr offen sind für Gottes Ruf. Passt also auf, dass ihr euch nicht zu sehr festsetzt. In den nächsten 20 Jahren muss man sein Häusle abbezahlen. Gott muss uns rufen können.
Dieser Justinian Freiherr von der Wels war Flüchtling, lebte in Ulm und kam durch Bibelstudium zu der Erkenntnis: Was ist eigentlich mit uns los? Der Herr Jesus hat uns den Auftrag gegeben: Geht hin in alle Welt! Er hat eine Schrift verfasst, in der steht, dass Christen die Aufgabe haben, in den Heidenländern von Jesus zu erzählen.
Im Grunde hat er mit der Erfindung der Missionsgesellschaft bereits das festgelegt, was wir heute in unseren Missionsgesellschaften haben: ein geniales System von Leuten, die die Erde kennen. Es muss Seelsorger geben, es muss Sprachübersetzer geben, und es muss Leute geben, die das Geld dafür bereitstellen. Er wollte kein Geld von der Kirche, sondern die Leute, die an Missionen interessiert sind, sollten ihren Beitrag geben, damit die Mission finanziert werden kann.
In der evangelischen Welt hielt man sich vor Lachen die Bäuche, als dieser Flüchtling in Ulm sagen wollte, was die Aufgabe sein soll. Dass man vielleicht zu den Hottentotten oder zu den Wilden gehen sollte – was soll das? Doch es geschah etwas, das in der Missionsgeschichte so genannt wird.
Als Justinian Freiherr von der Wels niemanden fand, der hinauszog, und auch niemanden, der ihn als Missionar einsetzte, ordinierte er sich selbst und reiste nach Suriname in Westindien aus. Nach vier Wochen, nachdem er in die Urwälder ging, um den dortigen Indianern das Evangelium zu verkünden, wurde er von wilden Tieren zerrissen.
Missionspioniere sind Gottesmänner, die den Ruf hörten und den Stachel im Fleisch der Christenheit ließen: Leute, wir müssen hinausgehen. Auch diese Menschen auf anderen Kontinenten haben ein Recht auf die Nachricht von Jesus.
Es dauerte wieder, ...
Die Herrnhuter Mission und ihre Bedeutung
Eine lange Zeit verging, bis August Hermann Francke den Missionar Ziegenbalg aussandte. Von ihm könnte ich noch viel erzählen, doch jetzt ist es mir wichtig, von Zinzendorf zu berichten. Habt ihr schon einmal den Namen Zinzendorf gehört? Er war ein Edelmann, ein Reichsgraf, vornehm in Dresden ausgebildet im staatsmännischen Dienst. Seine Güter lagen in der Niederlausitz.
Eines Tages kamen Flüchtlinge aus Böhmen zu ihm, versprengte Evangelische unter der Leitung eines Zimmermanns namens Christian David. Sie fragten, ob sie nicht ihre einfachen Blockhütten auf den Gütern des Grafen von Zinzendorf errichten dürften. Er erlaubte es. Zinzendorf war ein frommer Mann und wuchs immer mehr mit diesen Flüchtlingen zusammen. Es waren etwa 500 Menschen.
Der Anführer, Christian David, sagte immer wieder bei den Gebetsversammlungen: „Wir dürfen doch nicht hier hocken bleiben, wir haben die Aufgabe, der Welt von Jesus zu erzählen.“ So wurden im August 1732 zwei Männer aus dieser Flüchtlingsgemeinde ausgesandt: Leonard Dober und David Nitschmann.
Man hatte vorher recherchiert, wo die Ärmsten der Armen damals lebten, und herausgefunden, dass sie sicher auf den Karibikinseln Sankt Thomas und Sainte Croix wohnten. „Wohnen“ ist ein schöner Ausdruck, denn es handelte sich um Negersklaven. Diese waren meist von arabischen Häuptlingen gefangen genommen, an Europäer verkauft und auf Sklavenschiffen in die Karibik verschifft worden. Dort wurden sie wie menschlicher Schrott ausgeladen. Die Sterbenden ließ man sterben, die anderen wurden etwas aufgepäppelt und in Pferchen gehalten, wie man keine Schweine halten würde. Dann wurden sie wieder auf die Sklavenmärkte von Texas, Georgia und Alabama gebracht – den Südstaaten Amerikas.
In dieser Fieberhölle von Sankt Thomas und La Croix lebten also Zehntausende von Negersklaven, die Vorväter jener Menschen, die später in den Südstaaten Amerikas ihre eindrücklichen Spirituals sangen – voll Glauben an Herrn Jesus, voll Hoffnung. „You may not preach like Peter, you may not pray like Paul, but you can tell the story of the one who died for all.“ Es kann sein, dass du nicht predigst wie Paulus und nicht beten kannst wie Petrus, aber du kannst die Geschichte weitersagen von dem Jesus, der für alle starb.
Diesen Glauben hatten sie, aber erst durch die Missionare, die von Zinzendorf aus Herrnhut kamen. Als die ersten Flüchtlingsmänner, Dober und Nitschmann, sich entschlossen hatten, dorthin zu gehen, war das spottlos gebrochen in der gelehrten Welt Europas. Das königlich-dänische Missionskollegium verfasste ein Gutachten, das die Unsinnigkeit betonte, Leute dorthin zu schicken, wo man noch nicht einmal die Sprache kannte. Selbst wenn man die Sprache kennen würde, so argumentierten sie, gebrauchten die Menschen dort nicht einmal den Namen Gottes. Wie könne man solchen Leuten, die den Tieren näherstünden als den Menschen, das Evangelium von Jesus verkünden?
Das königliche Missionskollegium stellte das so fest. Doch Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf nahm dieses Gutachten, wie einst Hiskia, der König Israels, und breitete es vor Jesus aus. Vor der Gemeinde betete er: „Herr Jesus, nun antworte du selbst auf den Spott deiner Feinde.“ Danach sagte er: „Ich sehe vor mir, dass in den Ländern, in denen jetzt das Christentum zu Hause ist, der Unglaube immer mehr zunehmen wird. Bei uns treten täglich in der Bundesrepublik sieben Menschen aus der Kirche aus. Aber Türen werden sich öffnen in Afrika, Asien und Amerika.“ Es war, als hätte er es geahnt.
Was hatten die beiden Männer, Nitschmann und Dober, vor sich? Die Fieberhölle in der Karibik. Sie hatten keine Tropenimpfungen und keinerlei Erfahrung. Sie wussten nicht einmal, welche Sprachen gesprochen wurden. Es gab kein missionswissenschaftliches Institut, und sie hatten nicht einmal das Fahrgeld bis nach Kopenhagen, von wo aus das Schiff in die Karibik ablegte – ein dänisches Schiff.
Sie hatten den Hass der Sklavenhalter zu erwarten. Ihr Ärger über die Missionare war groß. Zinzendorf sagte zu Nitschmann: „Sie werden euch einsperren wie die Sklaven.“ Darauf antwortete Nitschmann: „Dann werden wir umso besser den Sklaven predigen können.“ Sie waren bereit, sich in diese Lage zu begeben, in die Pferche.
Doch das war nicht alles, was sie erwartete. Sie hatten hinter sich eine Gemeinde, die für sie betete. In Herrnhut wurde das 24-Stunden-Gebet eingeführt, bei dem immer zwei oder drei aus der Gemeinde fortwährend für die Missionare beteten. Zinzendorf gab ihnen auch ein Lied mit auf den Weg, das kein Hochzeitslied ist: „Jesu, geh voran auf der Lebensbahn.“
Was soll man bei einer Hochzeit singen? „Soll’s uns hart ergehen!“? Man denkt doch nicht an den Hochzeitsrat, wenn er Prügel auf den Kopf bekommt, oder? Nein, das ist ein Lied für die Streiter Jesu, so hat Zinzendorf gedichtet:
„Soll’s uns hart ergehen, lass uns festestehen und auch in den schwersten Tagen niemals über Lasten klagen, denn durch Trübsal hier geht der Weg zu dir. Ordne unseren Gang, Jesu, lebenslang!“
Er gab den ersten Missionaren auch Vorschriften mit. Am liebsten würde ich euch alle vorlesen, aber ihr könnt sie euch auch irgendwo besorgen. Die erste Vorschrift lautete: „Wir fangen keinen Händel untereinander an.“ Das wäre eine gute Sache in der Christenheit – wir sollen nicht miteinander streiten.
Wir wollen nicht erst in den Ländern, wohin wir gehen, besprechen, was wir wollen, sondern vorher wissen, was wir wollen. Das gilt auch für den Jugendkreis. Es ist hochinteressant, wenn jemand sagt: „Wir wollen heute Abend miteinander besprechen, was wir heute Abend machen wollen.“ Furchtbar! Da muss jemand den Anfang machen und sagen, was er schon will. Wir wollen vorher wissen, was wir wollen.
Man soll sich keine Gedanken über Bequemlichkeiten machen. Oh, wie schön wäre es, wenn ihr jetzt Mittagsschlaf machen könntet! Oh, wie schön wäre es, wenn es nicht so heiß wäre! Solche Gedanken soll man sich nicht machen. Wir wollen nicht zimperlich sein. Wir können der Mission nur gebraucht werden, wenn wir auch eine gewisse Härte haben.
Diese ersten Missionare machten bald erste Erfahrungen. Als sie unter den Schwarzen waren, merkten sie, dass die Mischlinge am meisten verachtet wurden. Es gab damals auch schon Mischlinge, die von den Schwarzen ausgestoßen und von den Weißen nicht akzeptiert wurden. Einer der ersten Herrnhuter Missionare heiratete als Zeichen dafür, dass alle Menschen von Jesus angenommen und geliebt sind, eine Mischlingsfrau.
Der Gouverneur der Insel war darüber erzürnt und warf sowohl den Missionar als auch die Mischlingsfrau in das Verlies. Der Missionar durfte nach einiger Zeit wieder heraus, die Frau blieb eingesperrt. Im Dritten Reich hätte man das „Rassenschande“ genannt.
Zinzendorf selbst reiste 1739 auf einer unsäglich schwierigen Reise nach Sankt Thomas. Der Gouverneur erschien, als ein Reichsgraf kam. Zinzendorf fragte: „Wo ist die Gefangene?“ Er wollte nichts vom Staatspalast sehen oder von den Einrichtungen dort. Er wollte nur wissen: „Wo ist die Gefangene?“
Der Gouverneur führte ihn hin. Man öffnete das stinkende Verlies, und Zinzendorf schritt hinein. Er nahm die Hand dieser Mulattin, küsste sie, wie man einer Reichsgräfin die Hand küsst, und gab ihr Ehre. Der Gouverneur sprach später nicht mehr davon, sie wieder einzusperren.
Versteht ihr, Mission hat von Anfang an auch bedeutet, sich für die Entrechteten einzusetzen – aber in einer Weise, die zum Evangelium passt. Nicht den Staatspalast anzuzünden oder Revolution zu fordern, sondern einen Weg zu finden, der Christen würdig ist.
Wir Christen sollten nicht so borniert sein, dass wir alle Stilmittel der Welt nachmachen. Stattdessen müssen wir eigene Wege finden, um das entrechtete Recht herzustellen.
Das war 1732. Danach kam wieder eine lange Pause. In Deutschland und Europa haben wir uns die Köpfe eingeschlagen. Friedrich der Große und andere hatten Krieg, und wir hatten keine Zeit für Missionen.
Dann gab es in England einen kleinen Flickschuster namens Carey, geschrieben C-A-R-E-Y. Er kam mit achtzehn Jahren zum Glauben, ließ sich taufen und begann sich zu interessieren. Zugleich mit seiner Taufe schrieb er in sein Tagebuch: „Ich will schaffen.“ Dieses „Working“ hatte für ihn große Bedeutung.
Er machte es so, dass er montagabends nach seinem langen Tagewerk als Flickschuster Stilübungen in der englischen Sprache machte. Dienstags lernte er Fremdsprachen. Im Laufe der Zeit lernte er Hebräisch, Latein, Französisch, Holländisch und Spanisch. Ganz einfach im Privatunternehmen, es gab keine Volkshochschule oder Abendrealschule.
Mittwochs studierte er biblische Schriften, donnerstags bereitete er Predigten vor. Er begann nach seiner Bekehrung, auf einsamen Höfen zu predigen. Freitags traf er sich mit christlichen Freunden. Samstags begann er mit seinem Predigtdienst.
Er arbeitete meist von vier oder halb fünf Uhr morgens bis abends um acht Uhr in seiner Flickschusterei, und danach begann das andere. Ein Christ, der für seinen Herrn verfügbar sein will, muss Zeit gut nutzen können.
Wir verbummeln alle viel zu viel Zeit vor dem Fernsehen. Schon lange hatten wir am Fernseher Bebbelen, nicht wahr, Ulrich? Muss das sein? Ich rate euch, das Bebbelen am Fernseher auch zu machen, das ist sehr hilfreich. Oft ist man so müde, dass man nach „heute“ nur ausschaltet. Aber unsere Zeit ist viel zu wertvoll. Was könnten wir alles für unseren Herrn in Vorbereitung tun, damit er uns im Dienst abrufen kann.
Dieser Carey schrieb dann, ganz ähnlich wie Justinian von der Wels, ohne von ihm zu wissen, eine Schrift über die Pflicht der Christenheit, die Botschaft von Jesus zu den Heidenvölkern zu tragen.
Auch hier lächelte die anglikanische Kirche und die Baptistkirche nur milde. Was für eine Torheit! Das seien doch gar keine echten Menschen da draußen, sie seien den Affen ähnlicher als den Menschen. Was sollen wir das Evangelium dorthin tragen?
Und da war es wieder ähnlich wie bei von der Wels: Carey sprach sich mit seiner Frau ab. Sie war nicht ganz einverstanden und nicht bereit auszureißen. Es ist immer wichtig, den richtigen Lebensgefährten zu finden.
Vorhin erzählte Karl Johansen, als er seine verflossene Braut fragte, ob sie seine Frau werden wolle, sagte er: „Wärst du bereit, auch wenn der Herr uns ruft, nach Afrika zu gehen?“ Sie antwortete: „Ich hätte dich im Leben nie geheiratet und werde dich nicht heiraten, wenn du nicht heute schon sagst, ich gehe nach Afrika.“
Wenn sich zwei so ergänzen, die wissen, dass sie Opfer für ihren Herrn bringen müssen, muss man das bald wissen. Man kann nicht mit 27 sagen, man sollte das nicht. Und man kann auch schlecht den Mann oder die Frau, die Freundin oder den Freund bekehren. Ihr könnt jeden anderen Menschen bekehren, aber euren Freund am allerwenigsten. Das muss man vorher wissen, ob man miteinander am selben Strang ziehen will.
Carey hatte lebenslang die Schwierigkeit, dass seine Frau nicht richtig mitzog. Doch er verkaufte seine Flickschusterei und ging hinaus nach Indien, in die Gegend von Serampor, einer dänischen Siedlung in der Nähe von Kalkutta. Dort arbeitete er sieben Jahre als Flickschuster mit seinen Mitarbeitern.
Seine Frau wurde wahnsinnig, Kinder starben. Er versuchte zuerst, sich in die Sprachen und Dialekte der Gegend einzuhören. Dann hielt er seinen Mitarbeitern nach sieben Jahren härtestem Einsatz die berühmte Predigt von Serampore mit zwei Teilen: „Erwarten wir endlich Großes von Gott! Wagen wir endlich Großes für Gott!“ Er hatte alles aufgegeben, um für Gott Großes zu wagen.
Wisst ihr, was das größte Wagnis ist? Dass wir unser Vertrauen nicht auf uns selbst setzen, sondern auf den Gott, der Tote auferweckt. Dass man endlich sagt: „Ich kann gar nichts, ich bin höchstens ein Hindernis für Gott. Aber wirke du durch mich hindurch!“
Das war die Predigt von Serampore. Dann begann es wie ein Dammbruch. Wenige Jahre später, als William Carey, der ehemalige Flickschuster, starb, standen in der Gegend von Serampore 124 christliche Schulen, 24 große christliche Gemeinden lebten dort, und die University of Serampore, die heute noch in Indien existiert.
Jeder Fahrer, der in Indien sein Abschlussexamen macht, erhält sein Dokument von der University of Serampore – der christlichen Universität, die gegründet wurde. William Carey lag auf dem Sterbebett, als der englische Stabarzt kam und sagte: „Herr Doktor Carey, Sie haben inzwischen den Ehrendoktor bekommen. Sie können getrost sterben, Herr Doktor Carey, was Sie alles geleistet haben.“
Carey knurrte nur: „Reden Sie nicht immer von Doktor Carey, Doktor Carey! Reden Sie von Careys Heiland.“ Auf seinem Grabstein in Serampore ist heute noch zu lesen: „William Carey, Geburtsjahr, Sterbejahr, ich elender Wurm, ich falle in deine mächtigen Arme.“
Das ist Mission: „Ich bin ein elender Wurm, aber du hast eine mächtige Hand.“ Nicht so, wie heute oft gesagt wird: „Wir sind die Hände Jesu.“ Nein, da hat Jesus armselige Hände. Wir dürfen Handlanger dieses mächtigen Herrn sein.
Missionare aus Schöndorf und ihre Verdienste
Aber jetzt kommen wir schon immer näher. Die Gestalt, bei der ich mein Herz verloren habe, ist Christian Friedrich Spittler. Er kam aus Schorndorf, und ich freue mich, dass er neulich von Peter Hane als das schwäbische Jerusalem bezeichnet wurde – und er hat Recht.
Christian Friedrich Spittler war als Sohn einer Pfarrwitwe schließlich in Schorndorf in der Stadtschreiberei untergekommen. Mit seinem Beruf war er jedoch höchst unglücklich. Scribent, also Schreiber, zu sein, gefiel ihm nicht. Er überlegte sogar, ob er mit seinen Kameraden zusammen nach Kanada auswandern sollte. Doch er schrieb seiner Mutter, man solle beten und abwarten, bis der richtige Ruf komme. Man solle seinen Weg nicht allein suchen.
Viele kommen zu mir und sagen, sie seien berufen, Missionar zu sein. Doch das ist noch kein Ruf – das müssen einem andere sagen. Man kann sich selbst täuschen. Ich wäre immer gern mehr in den Bereich der Evangelisation gegangen, doch jetzt bin ich bei der Kirchenpolitik. Wo die Gaben liegen, die einem Gott gegeben hat, das müssen einem andere sagen.
Als die Mutter sagte, abwarten und beten, bis Gott einem den Weg zeigt, kam im Jahr 1801 ein Brief von Doktor Karl Steinkopf. Er ist eine weitere bedeutende Gestalt, über die wir lange reden müssten. Er schrieb: „Werde du Sekretär der Christentumsgesellschaft in Basel.“ Diese Gesellschaft war eine lose Vereinigung von Leuten, die am alten biblischen Glauben festhalten wollten. Ein bisschen Saftladen, wie es in der Christenheit oft ist, wenn es etwas langweilig wird.
Doch in dem Moment, als Spittler, kaum zwanzigjährig, Sekretär dieser Christentumsgesellschaft wurde, verwandelte sich dieser müde Laden in einen Vulkan. Spittler bezeichnete sich im Lauf seines Lebens als christlichen Erfinder. Nur aus Schorndorf kommen Erfinder – etwa Gottlieb Daimler und Spittler selbst.
Er erfand über fünfzig Anstalten der Diakonie und Mission. In einer Zeit, als man Taubstummen nur die Taubstummensprache beibrachte, sagte er, es müsse doch auch die Möglichkeit geben, dass Taubstumme sprechen lernen. Unsere Kieferknochen schwingen bei M, L, O mit – es muss einen begabten Lehrer geben, der das hinkriegt. So wie heute Taubstumme sprechen, können sie sich verständlich machen.
Er holte den begabten Wilhelm Arnold aus Pforzheim und sagte: „Mach das mal!“ Er kaufte ihm ein Haus, und Arnold begann eine Taubstummenanstalt, eine Taubstummenlehreranstalt, die heute noch in Riehen existiert und vom baden-württembergischen Staat betrieben wird.
Spittler sagte auch: „Wir müssen Missionare in die Länder hinaussenden, die von Jesus noch nichts wissen.“ Doch bis 1813, als gerade die Völkerschlacht bei Leipzig geschlagen wurde, war es schwierig, aus Deutschland oder der Schweiz Missionare auszusenden. Schmidt gründete 1815 die Basler Mission und vereinbarte mit seinem Freund Karl Steinkopf in London, die Missionare, die sie ausbilden, über die Church Missionary Society hinauszuschicken. Diese ließen sie als anglikanische Missionare ordinieren. Die Engländer hatten durch ihre Kolonialgebiete in Indien und Afrika viel mehr Möglichkeiten, Missionare einzusetzen. So wurden die ersten Basler Missionare als Missionare der Church Missionary Society ausgesandt.
Dann kam das furchtbare Hungerjahr 1817/1818. Viele Dörfer in Württemberg konnten sich keinen Dorfschulmeister mehr leisten – nicht einmal das arme Dorfschulmeisterlein. Die Kinder wuchsen ohne Schulbildung und Religionsunterricht auf. Spittler sagte: „Lasst uns doch, wenn wir schon Missionare für ferne Länder ausbilden, auch junge, willige Männer ausbilden, die bereit sind, für einen Hungerlohn in die Dörfer der Schwäbischen Alb und nach Baden zu gehen, um dort Lehrer und Erzieher für die junge Generation zu sein.“
Er fand einen begabten Pädagogen, der bei Pestalozzi gelernt hatte: Christian Heinrich Zeller. Man sagte ihm, er solle nur bekehren. Wie macht man das? „Hier, nimm ein Bibelbuch und ein Predigtbuch von einem Herrnhuter Bischof“, sagte man ihm. Zeller las diese Bücher und bekehrte sich selbst. Spittler erkannte: Wir müssen viel mehr wollen, dass Menschen sich bekehren und ihnen Hilfe geben.
Zeller übernahm dann das verfallene Schloss Beugen und richtete eine Rettungsanstalt ein. Dort nahm er viele verwahrloste Kinder auf, gab ihnen Heimat und Schule und bildete nebenbei arme Schullehrer aus. Das war die Idee! Im Lauf von zehn Jahren entstanden quer über Europa Rettungshäuser – bei uns in Wilhelmsdorf, Kerntal, Lichtenstern, oben bei Greilsheim bis nach Mietau in Estland. Verwahrloste Kinder fanden dort ein Heim, und arme Schullehrer wurden ausgebildet, die sich als Missionare in die armen Dörfer aufmachen konnten.
Spittler gründete seine eigene Missionsgesellschaft, die Pilgermission St. Grischona. Schon mal von Grischona gehört? Auch das war eine Spittler-Gründung. Von seinen 50 Einrichtungen arbeiten heute noch 34, nach über hundert Jahren. Ein genialer Mann!
Eine besonders geniale Tat war 1846. Damals brauchte man einen Bischof für Jerusalem. Jerusalem war damals die letzte Besiedlung von Päpstlichen und Türken. Es gehörte zum osmanisch-türkischen Reich. Dort lebten kaum Juden, und die Christenheit hatte vergessen, was Jerusalem ist. Wallfahrten nach Israel begannen erst in unserer Zeit. So wie Mohammedaner nach Mekka pilgern, gehen wir heute nach Israel. Jeder muss mal dort gewesen sein, und jeder, der dort war, geht noch mal hin, weil es so schön ist.
In den Zwanzigerjahren kam es in Berlin an einem Stammtisch vor, dass ein Berliner, ein richtig gottloser Berliner, eine Postkarte von seinem Sohn bekam, der mit einem Industriebetrieb nach Jerusalem verschlagen war. Er war ganz aufgeregt und sagte: „Jerusalem gibt es wirklich! Das hat man gemeint, das sei Märchen. In der Bibel steht lauter Märchen – Jerusalem gibt es wirklich!“
Jerusalem war vergessen. Nur der englische und der preußische König hatten beschlossen, etwas für Jerusalem zu tun, und setzten einen Bischof ein. Die Engländer begannen, einmal schickten sie einen Anglikaner, und wenn dieser gestorben war, dann schickten die Preußen einen. So hatten die Engländer 1842 den Bischof Alexander, einen getauften Juden, nach Jerusalem geschickt. Er lebte sehr ärmlich, litt viel und starb bald in seinem Dienst.
Dann waren die Preußen dran. In Berlin sagte man: „Schickt einen richtigen Berliner nach Jerusalem, wo ein paar englische Kaufleute leben, das geht nicht gut.“ Doch wen konnten sie schicken? Spittler in Basel war hellwach und sagte: „Ich habe einen. Wir brauchen einen, der zugleich von den Anglikanern, also der Church of England, anerkannt ist.“
Bei der englischen Kirche ist das Wichtigste, dass man von einem anglikanischen Bischof die Weihe hat. Ohne diese Weihe ist man bei den Engländern nichts wert. Plötzlich sagte Spittler: „Ich habe einen – Missionar Gobat. Er war Abessinienmissionar der Basler Mission und hatte bei dieser Gelegenheit die englische Weihe erhalten. Er stammte aus der französischsprachigen Schweiz, wurde in Basel ausgebildet und trug den französischen Namen Gobat.“
Gobat wurde Bischof von Jerusalem. Das beeindruckte ihn so sehr, dass er ab diesem Moment nicht mehr mit seinem Namen Gobat unterschrieb, sondern nur noch als Bischof von Jerusalem. Spittler sagte: „Unser lieber Bruder Gobat ist der Richtige.“ Seine Tochter war Dora Rappert-Gobat. Viele Namen sind bekannt.
Gobat schickte sofort sieben Grischona-Zöglinge im Windschatten von sich mit nach Jerusalem. Ich will euch ein paar Namen nennen: Der erste war Ludwig Schneller. Schon 1860, vor mehr als hundert Jahren, gab es in Beirut eine Christenschule. Dort gab es auch christliche Weiße, die aus Beirut herausgeholt wurden. Schneller baute ein riesiges Waisenhaus in Jerusalem auf. Er holte schwäbische Handwerksleute, damit arabische Kinder, die Christen waren, Berufe lernen konnten. Die Absolventen dieses syrischen Waisenhauses waren die geschätztesten Handwerker im Orient. Versteht ihr, was für geniale Leute das waren?
Der zweite war Frutiger. Er musste einen Seifenladen eröffnen und später auch eine Bank gründen, denn Spittler konnte ihnen kein Geld schicken. Früher gab es nicht viel Geld. Man musste vor Ort ein Geschäft aufbauen. Verkaufe Seife, damit du ein bisschen Geld hast und über die Runden kommst. Geniale Ideen!
Der dritte war Konrad Schick aus Württemberg, ein richtig schwäbischer Maurer. Wenn ihr einmal nach Jerusalem kommt, schaut euch die Straße an, die zum Gartengrab führt. Sie heißt Konrad-Schick-Straße. Das ganze alte Jerusalem von der Montefiore-Mühle bis Mea Shearim, der Bahnhof und die Bahnlinie hinunter nach Haifa – alles wurde von Konrad Schick gebaut. Ein echter Schwabe, den Spittler entdeckt und nach Jerusalem geschickt hat.
Es gibt ein wunderbares Buch eines jüdischen Historikers, Alexander Carmel, der sagt: „Christen entdecken das Heilige Land. Sie haben uns überhaupt erst gezeigt, wie wichtig Israel und Jerusalem für uns Israelis sind.“
Ihr seht, in der Mission braucht man Leute mit Gespür, mit Ideen und einsatzbereite Menschen. Unter den ersten Missionaren, die Spittler mit der Basler Mission ausgesandt hat, waren Ludwig Krapff und Johannes Rebmann.
Das Tübinger Bengehaus steht heute in der Ludwig-Krapff-Straße in Derendingen. Krapff entdeckte in Maunkinia, Rebmann den Kilimandscharo. Natürlich wussten die Einheimischen schon, dass es diesen Berg gibt. Die Afrikaner betrachteten den Kilimandscharo als Götterberg und erzählten die Sage, dass oben Silber liege. Versuche man, das Silber herunterzutragen, werde es in der Hand zu Wasser. Es war natürlich Schnee.
Als Rebmann diesem Berg nachging, weil er wissen wollte, was es ist – ein richtiger Gerlinger Missionar –, trat er aus dem Urwald heraus und sah über den Wolken den schneebedeckten Gipfel des Kilimandscharo. Er blieb stehen und sang: „Jerusalem, du hochgebaute Stadt.“
Dann schrieb er einen Brief an die Church Missionary Society in London: „Ich habe hier ...“ und vermess den Berg sofort. Er entdeckte einen Schneeberg unter dem Äquator, so und so viele tausend Meter hoch. Die Gesellschaft mobilisierte sofort einen Arzt aus Dar es Salaam, der ihn heimtransportieren sollte, weil sie dachten, Rebmann sei verrückt geworden. Ein Schneeberg unter dem Äquator – das sei völlig undenkbar.
Rebmann entschied sich, sich nicht mehr um seine Heimatmission zu kümmern, sondern in Afrika zu missionieren. Zusammen mit Krapff, der fünf Aufenthalte in Afrika hatte. Beim ersten Aufenthalt starb gleich seine Frau am alten Hafen von Mombasa. Ihr Grabmal trägt die Inschrift, die Krapff damals schrieb: „Sagt den Freunden unserer Gesellschaft, dass Gott seinen Beginn mit der Arbeit mit einem Grab gemacht hat. Aber Gott hört mit den Gräbern nicht auf, sondern fängt mit den Gräbern der Seinen an.“
Krapff wartete sieben Jahre, bis seine Frau nachreisen konnte. Doch sie starb bei der Geburt des ersten Kindes. Wie groß muss dieser Schmerz gewesen sein! Und dann zu wissen: Unser Gott ruft die Toten, dass sie leben.
Opferbereitschaft und Anerkennung der Missionare
Jetzt geht es weiter mit dem Thema Opferbereitschaft.
Gab es bei diesen Missionaren auch Einsatz? Ja, sowohl Krapf als auch Trebmann wurden mit einem Ehrendoktor von der Universität Paris ausgezeichnet. Zudem erhielten sie die Gedenkmünze der Geographischen Gesellschaft von London für ihre Erkundungen in diesem ostafrikanischen Land.
Wenn ihr heute das Museum von Tansania besucht – zum Beispiel bei einer nächsten Reise nach Dar es Salaam – werdet ihr dieses wunderbare Museum sehen, das vom sozialistischen Staat aufgebaut wurde. Die erste Abteilung ist den Missionaren gewidmet.
Es stimmt nicht, dass man heute in den Ländern Afrikas und Asiens über die Mission schimpft. Ganz im Gegenteil: In großer Dankbarkeit ist die erste Abteilung den Missionaren gewidmet. Sie waren die Ersten, die Menschen aus der arabischen Sklaverei freigekauft haben.
Die Usambara Berge und die ostafrikanische Erweckungsbewegung
Aber wenn wir schon in Ostafrika sind, möchte ich mit einer letzten Geschichte schließen, die ich im Jahr 1978 gehört habe.
Wir waren oben auf der Höhe von Blalo in den Usambara-Bergen, wo vielleicht die Usambara-Pfeilchen herkommen. Wir haben keine mehr gesehen, weil so viele bei uns verkauft werden. Im Missionshaus, das früher Hohenfriedberg hieß und heute Blalo heißt, haben wir eine achtzigjährige Dame angetroffen, Frida Wohlrab. Sie war die Tochter des ersten Missionars, der hier oben aus der Tanga-Ebene hinaufstieg, auf die Usambara-Berge, die wie ein großer Bergklotz mitten in Ostafrika liegen.
Sie erzählte uns die Geschichte und sagte: „Seht ihr da drüben diese riesengroßen, alten Bäume? Ja, das sind nach der Ansicht der Bewohner hier die Geisterbäume. Dort leben die Seelen der Ahnen. Jeder, der unter den Bäumen vorbeigeht, wird getötet.“ Deshalb machten die Menschen einen weiten Bogen um diese Bäume.
Als die beiden ersten Missionare der Bethel-Mission, Wohlrab und Johannsen, vom Tiefland heraufstiegen, kannten sie den Dialekt noch nicht. Es handelt sich um eine Abspaltung der Wakamba-Sprache, die Chaga-Sprache. Durch Zeichensprache machten sie deutlich, dass sie einen Platz suchten, um ihr Zelt aufzuschlagen.
Der Herr Häuptling sagte mit breitem Lachen: „Bitte hier, unter den Geisterbäumen, auf dieser schönen einladenden Wiese, die durch keinen Menschenfuß zertreten war.“ Sie ließen durch ihre Träger das Zelt aufschlagen. Dann sammelten sie ein paar umliegende Äste. Die Afrikaner hatten schon Angst, ob jetzt nicht der Donnerschlag der Geister kommen würde. Sie banden die Äste zu einem Kreuz zusammen, stellten es vor ihr Zelt, hielten ihre Abendandacht, sangen ihr Lied, sprachen ihr Gebet und gingen ins Zelt.
Überall hinter den Büschen warteten die Einheimischen von Blalo, ob sich im Zelt noch etwas regt. Am nächsten Morgen, als die Sonne aufging, stiegen Wohlrab und Johannsen aus dem Zelt. Sie hielten in ihrem Kreuzzeichen ihre Morgenandacht, sangen das Lied „Hier die güldene Sonne“. Da sagten die Afrikaner von Blalo: „Sie haben einen Baum, der stärker ist als unsere Bäume.“ Sie meinten das Kreuzeszeichen.
Bevor sie überhaupt noch ein Wort in der Dschaga-Sprache sprechen konnten, hat Jesus dafür gesorgt, dass seine Botschaft schon läuft. Es war der Beginn der großen Erweckungsbewegung in den Usambara-Bergen, die bis in unsere Tage hinein weitergeht.
Wir in der Christenheit leben heute stark von der ostafrikanischen Erweckungsbewegung. Wenn Karl Johannsen jetzt hier wäre, müsste er uns das Lied der ostafrikanischen Erweckungsbewegung singen. Wenn man irgendwo in Kenia, Ruanda, Burundi oder Uganda in der christlichen Gemeinde sprechen will, darf man nicht so anfangen wie ich, sondern muss eine Geschichte aus den letzten vier Wochen erzählen, wie man die Nähe und Hilfe Jesu erfahren hat.
Das will ich euch ganz am Schluss erzählen. Wenn das gesagt ist, ist das eine Art Ausweis, den man vorlegt, um zu zeigen, ob man wirklich mit Jesus verbunden ist. Ob man auch etwas mit ihm erlebt hat, ob sein Wort zu einem gesprochen hat, eine Gebetserhörung oder ein Mensch, der einem den Weg gewiesen hat.
Wenn man das gesagt hat, erheben alle die rechte Hand und singen das große Lied „Tu kuten der Resa Jesu, Tu kuten der Resa Jesu“, das heißt: „Ehre und Lob sei dem Lamm“.
Diese ostafrikanische Erweckungsbewegung hat seit etwa 80 Jahren als Besonderheit, dass sie die Vergebung der Sünde ganz ernst nimmt. Auch wenn ich den Eindruck habe, der andere hat etwas falsch gemacht, muss ich hingehen und sagen: „Lass uns das bereinigen, das darf nicht zwischen uns stehen.“ So wie Jesus in Matthäus 18 gesagt hat.
„Ich will euch eure Sünden vergeben, wenn ihr auch fähig seid, eure Sünden euch untereinander zu vergeben“, bis hin zum Vater. Das ist uns wichtig gemacht worden.
Ich habe erlebt, wie Bischof Festo Kivengere, den viele von euch kennen, uns in Nairobi erzählt hat, dass er, als er in die Schule ging, einen Hass auf seinen schottischen Missionar hatte. Er hätte ihm nichts getan, aber er sagte: „Ich hasste ihn, just because he was so British“, weil er so englisch durch und durch war.
Dann hat ihm Gott klargemacht, dass das nicht geht. Er ist zu diesem schottischen Missionar gegangen und hat gesagt, wie schwer ihm das gefallen sei, an die Tür zu klopfen. Als der Missionar herauskam, sagte er: „Was ist, Festo?“ Da antwortete er: „Vergib mir, vergib mir meinen Hass.“
Als ihn der Missionar in die Arme genommen hatte, merkte er: Da ist nicht nur zwischen uns beiden etwas geheilt, sondern jetzt kann Gott segnen.
Das ist die ostafrikanische Erweckungsbewegung, dass Gott in einer ausgesprochenen Weise segnet.
Persönliche Erfahrung und Ermutigung zum Dienst
Nun darf ich euch zum Schluss noch die Geschichte erzählen, die ich euch versprochen habe.
Vor etwa 14 Tagen erhielt ich einen überraschenden Anruf von Bruder Karl Johannsen, dem Direktor der Lausanner Bewegung für Weltevangelisation. Er bat mich, ein Reiseprogramm quer durch alle Kirchenfürstentümer in Deutschland zusammenzustellen – von Hamburg bis nach München. Die Reise sollte in drei Tagen stattfinden.
Ich begann zu telefonieren. Einige sagten, Herr Bischof Stoll sei gerade in China, man könne im März wieder vorsprechen. Doch ich musste zwischen dem 8. und 12. Februar reisen, was leider nicht möglich war. Auch das Missionswerk in Hamburg und die Kirchenkanzlei in Hannover waren nicht erreichbar.
Als ich dann sagte: „Herr Jesus, jetzt bin ich am Ende, ich kann nicht mehr weiter. Wenn dir die Reise wichtig ist, hilf mir doch“, geschah etwas Unerwartetes. Am nächsten Morgen berichtete meine Mitarbeiterin, dass heute nur Leute von außerhalb anriefen.
Von jeder Kirchenkanzlei kam plötzlich eine Rückmeldung. In Hamburg sagte man: „Wie wäre es am Dienstagmorgen um acht Uhr? Das passt wunderbar, das Flugzeug kommt um 7:30 Uhr an.“ Die Leute aus Hannover schlugen vor: „Wie wäre es um zwölf Uhr am Dienstag? Das passt genau, da kann er den Intercity zwischendrin nehmen.“ Aus Frankfurt riefen sie an, ohne dass ich gefragt hatte, und fragten nach einem späten Nachmittagstermin.
Ich fühlte mich, als würde ein Puzzle zusammengesetzt. Nicht durch mich, sondern weil wir unser Vertrauen nicht auf uns selbst setzen, sondern auf den Gott, der mit uns armen Leuten überhaupt etwas zustande bringt. Das wollte ich euch ein wenig mitgeben.
Nun stellt sich die Frage: Seid ihr hellhörig genug, um den Ruf zu hören, wo Gott euch braucht? Hört nicht nur auf die Stimme in euch, sondern fragt auch Brüder und Schwestern, die sagen: „Du, du hast doch eine Begabung!“ Macht euch bereit für das Gebiet, auf dem Gott euch schon natürliche Gaben gegeben hat.
Wer ein guter Techniker ist, braucht nicht zuerst auf die Bibelschule. Heute sollen gute Techniker Missionare Gottes sein – genauso wie Ärzte und medizinisches Personal. Macht euch fit auf dem Gebiet, auf dem Gott euch abrufen könnte.
Vor einem halben Jahr kam der Ruf aus dem marxistischen China: „Könnt ihr uns 500 Ärzte schicken?“ Wenn wir innerhalb von vier Wochen 500 christliche Ärzte zusammengebracht hätten, hätten wir 500 christliche Missionare nach China schicken können – aber eben nicht als Pastoren oder Bibelschüler, sondern als Ärzte.
Der Weg, auf dem Gott heute seine Leute sucht, führt über unsere normalen Berufe. Es gibt ja neben den Pfarrern auch ganz normale Christen. Hoffentlich sind wir in unseren Berufen fit und lernen möglichst auch noch eine Fremdsprache, in der wir uns weiterbilden. So können wir Kontakt suchen, auch mit anderen Christen.
Mir liegt es auf dem Herzen, euch zu sagen: Das größte Missionsgebiet, das schlimmste Missionsgebiet liegt direkt vor unserer Tür. Ganz Afrika ist nicht so gottlos wie Belgien, Frankreich, Spanien, Portugal und Italien. Man rechnet in all diesen Ländern, wenn man an praktizierende Christen denkt, mit einem Anteil von einem halben bis einem Prozent. So einen Notstand gibt es in ganz Europa.