Einleitung
Ein junger Mann, studierte in MA Maschinenbau, und predigte ab und zu in unserer früheren Gemeinde... Eines Tages, es war Sonntagabend, rief er mich an und bat mich, dass ich sofort zu ihm kommen solle ... Literatur von einem Freund, philosophische Literatur – und nun nagte der Zweifel an seinem Herzen... Das Ergebnis: Agnostiker!
Da ist eine andere junge Erwachsene / sie ist gläubig / Mitarbeiterin in christlichem Jugendkreis / Jura studiert / bekommt keine Arbeitsstelle / 2 Jahre vergehen / endlich / Wohnungswechsel, Umzug in ein anderes Bundesland / Mutter erkrankt + stirbt / der Zweifel nagt an ihrem Herzen... Ergebnis: durchgeschüttelt und geht Schritt für Schritt im Glauben zurück, bis heute noch nicht wieder zurechtgekommen.
Wenn der Zweifel nagt... Ich kann mir gut vorstellen, daß heute Thomas–Seelen unter uns sind... Menschen, die sich schwer tun, der Bibel in allen Dingen zu vertrauen ... oder Menschen, denen es noch schwerfällt, in Jesus Christus ihren persönlichen Erlöser und Herrn zu sehen ... oder Menschen, die zur Zeit durch eine Lebenskrise gehen ... Wenn vielleicht auch bei uns der Zweifel nagt, dann kann uns dieser Abschnitt heute zur großen Hilfe werden.
1. Die Ursachen des Zweifels
Wir wollen der Sache auf den Grund gehen. Wir fragen nach den Ursachen des Zweifels überhaupt und dann später nach den Ursachen des Zweifels speziell bei Thomas. Die Bibel läßt uns nicht im Unklaren darüber, wo der Zweifel herkommt. Bereits auf den ersten Blättern der Bibel begegnet uns der Ur–Zweifler. Es ist der Satan, die alte Schlange. 1.Mose 3, 1: „Ja, sollte Gott gesagt haben ...?" Er nimmt eine Wahrheit Gottes und macht einfach ein Fragezeichen dahinter. Gott hatte gesagt (1. Mose 2, 16-17): „Du darfst essen von allen Bäumen im Garten, aber von dem Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen sollst du nicht essen; denn an dem Tage ..." Zweifel ist dem Wesen nach Mißtrauen gegen Gottes Wort. Und dieses Mißtrauen hat seine Nahrung in vielen Fällen vom Feind Gottes her. Es gibt nur eine Wahrheit aber da sind zwei Aussagen Zweifel. So war es bei der Versuchung des ersten Adam. „Ja, sollte Gott gesagt haben ...?"
Bei der Versuchung des 2. Adam sehen wir genau das gleiche. Vorangegangen war die Taufe Jesu im Jordan. Da hatte sich der Himmel geöffnet und eine Stimme war zu hören gewesen: „Du bist mein lieber Sohn ...! „ Vierzig Tage später kommt der Teufel frech daher, nimmt die wahre Aussage Gottes und setzt einfach ein Fragezeichen dahinter: „Bist du Gottes Sohn, so sprich, daß diese Steine Brot werden!" Wir sehen hier die Hauptursache des Zweifels, nämlich: die Einflüsterungen des Satans. Unsere Väter sagten zu Recht: „Danken schützt vor Wanken; Loben zieht nach oben; und Zweifel sind vom Teufel!“
Wir sprechen gerade über die Ursachen des Zweifels – und es gibt deren weitere. Zum Beispiel Unkenntnis. Wenn Information fehlt, kann Zweifel entstehen. Und manchmal ist es selbstverschuldete Unkenntnis. Wenn ich mich nämlich nicht mit der Quelle aller Wahrheit, der Bibel, beschäftige, dann bin ich ungründlich und selbst schuld an meinen Zweifeln! Und wenn Christen einen Mangel an gesunder Lehre aufweisen, dann kann es irgendwann auch zu Zweifeln führen. Vielleicht geht es jahrelang gut. Es ist einfach zu glauben, wenn die Rosen blühen und alle Rechnungen bezahlt sind. Aber mit den ersten Schwierigkeiten kommen dann auch oft massive Zweifel. Hermann Bezzel schreibt: „Alle Zweifel erwachsen in der Seele, die es nicht genau mit dem Wort Gottes nimmt. Es ist ein Kunststück des Teufels, dass er uns glauben macht, Zweifler seien immer die allertiefst denkenden Menschen. Fragt einmal einen Zweifler, was er von der Bibel weiß. Fragt die großen Gegner der Heiligen Schrift, was sie eigentlich von der Bibel gelesen haben. Man wird erschrecken, welch geringe Erkenntnis sich mit ihrem Zweifel verbindet und vermählt.“ „Zweifel entstehen nie aus Gründlichkeit, sondern immer aus Ungründlichkeit.“ Zitat Ende. In die gleiche Richtung geht die Art des Zweifels, von dem der Theologe Helmut Thielicke einmal sprach. Er sagte: „Wir zweifeln in dem Maße, wie wir an uns selber glauben. Und wir glauben von Natur aus alle unbändig an uns selber.“ Übrigens, das Gegenteil von Glaube ist nicht Zweifel, sondern Unglaube! Eine bestimmte Art von Zweifel wird in der Bibel nie getadelt, wohl aber Unglaube und das Glauben an sich selber! Da ist Buße notwendig und der Herzensentschluß, der Wahrheit Gottes in seinem Wort zu vertrauen.
Es gibt noch manche weitere Ursachen von Zweifel. Zum Beispiel der Gewohnheitszweifel. Es gibt notorische Zweifler, die Zweifel zu ihrer Lebenseinstellung gemacht haben. Sie zweifeln grundsätzlich an allem – nur nicht an ihren Zweifeln! Es gibt intellektuelle Zweifel. Da wird oft ganz unbemerkt die Göttin „Vernunft“ angebetet. Dazu will ich nur anmerken, dass unsere Vernunft durch die Sünde verfinstert ist. Unser Verstand und Intellekt müssen unter den Gehorsam Christi gefangen genommen werden. Und Glaube beginnt nicht da, wo unser Verstand aufhört, sondern da, wo unser Widerstand aufhört gegen den lebendigen Gott.
Zweifel können auch entstehen, wenn Menschen in bewußter Sünde vor Gott leben. Wer weiß, dass gefälschte Steuererklärungen oder Schwarzarbeit in Gottes Augen Sünde ist, und es trotzdem tut, in dessen Herzen können nach einiger Zeit Zweifel an der gesamten Bibel entstehen. Wer vor oder neben der Ehe ein intimes Verhältnis eingeht – im Wissen, dass Gott es Sünde nennt – dessen ganzes Glaubensgebäude kann ins Wanken kommen. Auf einmal kommt ihm der Glaube an die Inhalte der Schrift so unwirklich vor. Kennst du das vielleicht?
Und dann ist da der Zweifel, der aus einer angefochtenen Lebenssituation entspringt. Ein Glaubender hat etwas Schweres erlebt, eine schwere Krankheit z.B. – bei sich oder bei einem nahen Angehörigen. Oder Gott hat unsere Pläne durchkreuzt – wie bei Johannes dem Täufer, der im Gefängnis saß und ganz selbstverständlich mit seiner baldigen Befreiung rechnete. Aber sie kam nicht. Da wurde Johannes bis aufs Innerste angefochten und er ließ den Herrn Jesus fragen: „Bist du der da kommen soll, oder sollen wir auf einen anderen warten?“ (Matthäus 11, 3)Johannes war in einer schweren Krise. Und Krisenzeiten sind ganz allgemein ein guter Nährboden für Zweifel: „Hat mich denn Gott überhaupt noch lieb? Warum geht er diesen Weg mit mir? Warum macht er es nicht so und so? Ich spüre seine Gegenwart nicht mehr in meinem Leben ...“
Ihr Lieben, wenn in einer solchen Situation Zweifel entsteht, dann ist das verwundetes Vertrauen in Gott. Das wird nicht auf Knopfdruck wiederhergestellt. Das braucht Zeit – vor allem aber neue Liebeseindrücke vom Herrn. Hier ist eine neue Offenbarung Gottes vonnöten. Und darum dürfen wir in einer solchen Situation bitten.
Wißt ihr, was ich in den letzten 22 Jahren beobachtet habe? Viele Christen geben zu schnell zu einfache Antworten auf schwierige Lebensfragen. Und es sind meistens Leute, die selbst bis dato kaum durch Schwierigkeiten und Prüfungen gegangen sind. Die haben dann gut reden ... Aber wie sagte doch Richard Haverkamp neulich in Groß Dölln? Das Leben ist schwierig. Und wenn wir ehrlich sind, dann kann es Zweifel geben in unserem Leben. Auch bei mir kommen dann und wann Zweifel auf. „Aber Wilfried, du predigst doch schon 20 Jahre, und du bist der Leiter der KfG ... schämst du dich denn nicht?“ – Nein, ich schäme mich nicht. Und wenn mein Eingeständnis auch nur einem von euch hilft, dann lohnt es sich doch das einzuräumen, oder? Kennt ihr etwa keinen Zweifel mehr? Ihr Schüler, läßt euch das völlig kalt, wenn eure Lehrer felsenfest behaupten, dass der Mensch vom Affe abstammt? Ihr Älteren, macht es euch nichts aus, wenn die Medien ständig versichern, dass die Erde schon zig Milliarden Jahre alt ist? Usw. Geben wir ruhig zu, dass uns die ungläubige Welt zu schaffen macht. Die Wahrheit wird uns frei machen, Geliebte, nicht das Verneinen oder Verdrängen von Zweifeln, versteht ihr? Zweifel kommt ja erst nach dem Festlegen auf das, was Gott geredet hat – Allerweltsglaube kennt keine Anfechtungen. Wir sollten ehrlich sein. Thomas war auch ehrlich. Er sprach seinen Zweifel offen aus. Ich persönlich bin fest davon überzeugt, dass dem Gott der Bibel ein ehrlicher Zweifel lieber ist als ein geheuchelter Glaube!
Nun wollen wir aber endlich fragen, wo im Leben des Thomas die Ursachen des Zweifels lagen. Die Bibel macht es ganz deutlich: in seinem Charakter! Thomas war ein typischer Melancholiker, dem es ungeheuer leicht fiel, die dunkle Seite der Dinge zu sehen. Bei Thomas war eine halbgefüllte Flasche immer halbleer und nie halbvoll. Thomas war ein nüchterner Wirklichkeitsmensch und zugleich ein grüblerischer Frager. Er hatte einen Hang zu Argwohn und Mißtrauen. Er war der vorsichtige Menschentyp, der keinen Versicherungsvertrag unterschreibt, ohne vorher das Kleingedruckte gelesen zu haben. Thomas war ein Skeptiker. Das lag in seinem Wesen. Vielleicht zu einem Teil vererbt und zum anderen Teil durch das Leben geprägt. Nun war es zu seiner hervorstechenden Charaktereigenschaft geworden: Thomas war ein Zweifler.
Im NT tritt er mehrmals auffällig in Erscheinung (Johannes 11, 6-8+16): Auferweckung des Lazarus. Martha und Maria bitten den Herrn Jesus um Hilfe. Die Jünger raten ab (Judäa). Jesus: „Laßt uns gehen!" Thomas (Johannes 11, 16): „Lasst uns mit Jesus gehen, daß wir mit ihm sterben!" Typischer Pessimismus – aber auch Ergebenheit!
Der andere Bericht steht in Johannes 14, 1-6. Abendmahlssaal - Jesus redet von seinem Weggang zum Vater: „Und wo ich hingehe, den Weg dahin wißt ihr." Da unterbricht ihn Thomas brüsk: „Herr, wir wissen nicht, wo du hingehst, wie können wir dann den Weg wissen!" Da sehen wir wieder sehr schön das Wesen des Thomas: er war gründlich und skeptisch. Aber zugleich durch seinen skeptischen Einwand gab er Anlaß für eine der schönsten und tiefsten Aussagen Jesu, die wir überhaupt im NT finden (Johannes 14, 6): „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben; niemand ...“ Viele Wege führen zur Hölle – aber nur ein Weg zu Gott! Der Satz „Es kann jeder nach seiner Fasson selig werden“ ist eine teuflische Lüge! Nach seiner Fasson kann man nur in die Hölle kommen. Aber gerettet wird man nur durch den Glauben an Jesus Christus! „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben; niemand ...“ Diese Aussage fuhr tief in das Herz des Thomas. Aber am nächsten Tag hing Jesus tot am Kreuz. Da fing Thomas an zu grübeln: Wie kann ein Toter der Weg zu Gott sein? Und er setzte sich von den anderen Jüngern ab. Wir sprechen über die Ursachen des Zweifels. Bei Thomas war es eindeutig sein grüblerischer, zweifelnder Charakter. Aber der Herr Jesus kann und will unseren Charakter verändern! Die Bibel ist voll von Beispielen...
2. Die Auswirkungen des Zweifels
1.Mose 3 – Ausweisung aus dem Paradies 1.Mose 19, 26 – Lots Frau zweifelte und erstarrte zur Salzsäule 4.Mose 20, 8-13 zweifelten Mose und Aaron daran, dass es genügen würde, zu dem Felsen zu reden, damit er Wasser gäbe, und sie schlugen ihn – die Folge? Beide durften nicht ins verheißene Land! Jakobus 1, 5-8 Zweifler = unbeständig in all seinen Wegen. Und bei Judas sehen wir schließlich, dass dem Zweifel oft die Verzweiflung folgt. Bei Thomas kam es nicht soweit; aber es war nahe dran. Thomas war grüblerisch, pessimistisch, depressiv, isoliert, ungewiß, schwankend und ohne Frieden. Zweifel können Seele und Geist zerstören. Wir sollten, nein wir müssen den Zweifel überwinden!
3. Die Überwindung des Zweifels
Der Herr Jesus hatte zu Thomas gesagt: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben; niemand ...“ Am nächsten Tag wurde der Heiland tot ins Grab gelegt. Alles schien vorbei zu sein. Doch am dritten Tag erweckte Gott seinen Sohn von den Toten. Am Abend des Auferstehungstages erschien Christus seinen Jüngern, die sich verbarrikadiert hatten. Es waren zehn. Judas war nicht mehr am Leben, und Thomas hatte sich zurückgezogen. Wie gut, dass ihn die anderen Jünger nicht vergaßen. Sie rannten zu ihm hin und bezeugten: „Thomas, wir haben den Herrn gesehen!“ Aber Thomas reagierte mega-skeptisch: „Wenn ich nicht in seinen Händen das Mal der Nägel sehe und meine Finger in das Mal der Nägel lege und lege meine Hand in seine Seite, so werde ich nicht glauben.“ Basta. Acht Tage später trat der Auferstandene noch einmal in die Mitte seiner Jünger. Dann wendet er sich direkt an Thomas: „Reiche deinen Finger her und sieh meine Hände, und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig.“ Und Thomas antwortete: „Mein Herr und mein Gott“ (Johannes 20, 29)! Thomas war der erste Mensch, der Jesus Christus Gott nannte – nicht nur Gottes Sohn. Seine Erkenntnis wurde zum Bekenntnis. „Mein Herr und mein Gott!“ Aus dem Erzzweifler wurde ein leidenschaftlicher Bekenner.
Laßt uns hier noch etwas lernen. Ist euch etwas aufgefallen? Der Herr Jesus tadelte Thomas nicht. Er unterscheidet sehr genau, ob ein Zweifel aus einer hochmütigen Herzenshaltung kommt, die sich nicht unter die Schrift beugen will, oder aus einer angefochtenen Lebenssituation – wie bei Johannes dem Täufer oder wie hier bei Thomas. Das ist sehr tröstlich. Überhaupt erhielten zwei Jünger nach der Auferstehung besondere Aufmerksamkeit: der größte Verleugner, Petrus, und der größte Zweifler, Thomas. Das ist schon allein eine Predigt. Und wenn wir fragen, warum der Herr Jesus überhaupt einen solchen notorischen Zweifler in die Schar der Apostel erwählte, dann gibt es darauf wohl nur die eine Antwort, daß andere Menschen und Jünger späterer Generationen, die auch vom Zweifel geplagt sind, Hilfe erfahren sollten.
Noch ein letzter Gedankengang. Wo lag denn eigentlich der Fehler des Thomas? Was hatte er falsch gemacht? Nun, Thomas wollte Christus mit seinen Sinnesorganen erfassen, wir würden heute sagen: mit seinen fünf Sinnen. Da muß ihn der Heiland korrigieren: „Weil du mich gesehen hast, hast du geglaubt. Glückselig sind, die nicht gesehen und doch geglaubt haben!“ (Johannes 20, 29) Glauben, der dem Sehen entspringt, ist gut. Aber Glauben, der dem Hören entspringt ist besser. Solcher Glaube wird selig gepriesen.
Welche Art von Glaube haben wir? Wollen wir immer sehen und fühlen und spüren und erleben? Brauchen wir gar Zeichen und Wunder, um glauben zu können? Dann sollten wir folgendes wissen: Gesehen haben den Auferstandenen nur sehr wenige. Und trotzdem glaubten in den letzten 2000 Jahren Ungezählte an ihn. Wie war das möglich? Weil sie Gottes Wort glauuben, dass uns die Wahrheit bezeugt. Und so hielten die Apostel diejenigen Gläubigen, die den Auferstandenen nicht gesehen hatten, sogar höher als sich selbst.
Petrus schreibt in 1. Petrus 1, 8: „... Jesus Christus, den ihr liebt, obgleich ihr ihn nicht gesehen habt; an den ihr glaubt, obgleich ihr ihn jetzt nicht seht ...“
Schluss
Wir haben uns mit Thomas beschäftigt. Auch die Psychologen beschäftigen sich immer wieder intensiv mit Thomas. Aber irgendwie kommen sie mit ihm nicht zurecht. Von seiner Persönlichkeit her war er jemand, der scheinbar nicht glauben konnte und das auch ehrlich zugab. Später jedoch glaubt er und bekennt vor Christus: Mein Herr und mein Gott. Einige Wochen später bezeugt er sogar unter Lebensgefahr in ganz Israel, dass Jesus Christus von den Toten auferstand und dass er der Retter der Welt ist. Das alles ist psychologisch nicht zu erklären. Aber es gibt doch eine vernünftige Erklärung dafür. Keine psychologische, sondern eine historische: Jesus Christus ist wahrhaftig von den Toten auferstanden!