Einführung in das Thema der letzten Kapitel des Römerbriefs
Ja, wir sind bereits bei Römer 14 angekommen. Der Römerbrief umfasst insgesamt nur 16 Kapitel. Strafverschärfend kommt hinzu, dass es zu den letzten drei Kapiteln nur zwei Vorträge geben wird. Daher ist dies heute schon der vorletzte Vortrag.
Ab Römer 12 haben wir uns bereits sehr viel angeschaut und gehört – vor allem zu Ethik, Moral und dem Umgang miteinander. In Kapitel 12 finden sich schon viele Hinweise, ebenso in Kapitel 13, die allgemeine Grundsätze vermitteln. Es geht darum, was es bedeutet, das Gute zu tun und das Böse zu lassen.
Wenn wir heute Kapitel 14 und die erste Hälfte von Kapitel 15 betrachten, geht es ebenfalls um Gut und Böse. Allerdings liegt der Fokus hier mehr auf den Dingen, die wir manchmal für gut und wichtig halten. Bisher ging es um absolute Maßstäbe. Nun geht es um Überzeugungen, die oft tief in uns verwurzelt sind, aber auf die es vielleicht gar nicht so sehr ankommt, wie wir manchmal denken.
Paulus und der Heilige Geist betonen hier, dass es manchmal wichtiger ist, miteinander auszukommen, als seine eigenen Überzeugungen durchzusetzen oder sie um jeden Preis auszuleben. Diesen Gedanken werden wir heute Abend gemeinsam anschauen.
Gottes Charakter in den letzten Kapiteln des Römerbriefs
Wenn es um den Umgang miteinander geht, wird das bereits in Kapitel zwölf angesprochen und hier in den Kapiteln vierzehn und fünfzehn erneut aufgegriffen. Dabei finde ich es besonders interessant, wie Gott in diesen letzten Kapiteln bezeichnet wird. Gott trägt viele Titel. Vielleicht haben sich einige von euch schon einmal mit den Titeln Gottes beschäftigt, die er im Alten Testament erhält. Das ist eine spannende Bibelarbeit, denn die Namenszusätze Gottes sind vielfältig.
Im Alten Testament gibt es zwei, zweieinhalb wesentliche Titel für Gott: Yahweh – oder wie immer man es ursprünglich ausgesprochen hat – und El. Immer wieder wird einer dieser beiden Namen mit einem Zusatz verbunden. Es ist faszinierend zu sehen, in welcher Situation welcher Namenszusatz verwendet wird. Schon in der Geschichte von Mose und den Erzvätern spielt das eine Rolle, aber auch später, besonders bei den großen Propheten.
Im Römerbrief erhält Gott ebenfalls Titel. Besonders in den letzten Kapiteln häufen sie sich, nicht nur in dem Abschnitt, den wir heute betrachten, sondern auch mehrfach im Kapitel sechzehn. Es ist interessant, wie diese Titel zum Thema passen.
In Kapitel fünfzehn, Vers fünf, wird Gott als „der Gott des Ausharrens und der Ermunterung“ bezeichnet. Paulus nennt ihn so, weil er weiß, wie schwierig es ist, miteinander auszukommen, wenn wir unterschiedlich geprägt sind, verschiedene Überzeugungen haben oder ein unterschiedlich tickendes Gewissen. Er weiß, dass es herausfordernd ist, wirklich Einheit zu leben.
Paulus betont jedoch: Unser Gott ist ein Gott des Ausharrens. Das bedeutet nicht nur Aushalten – was ich eher aus Epheser 4 kenne, wo es heißt, einander zu ertragen – sondern ein Gott des langen Dranbleibens und der Ermunterung. Genau das brauchen wir immer wieder in unserem Zusammenleben. Es geht um mehr als nur miteinander auszukommen; wir müssen in gewissem Maße zusammenleben.
In Kapitel fünfzehn, Vers 33, heißt es: „Der Gott des Friedens aber sei mit euch allen.“ Interessanterweise wird dieser Titel in Kapitel sechzehn, Vers zwanzig, wiederholt: „Der Gott des Friedens aber wird im kurzen und Satan unter eure Füße zertreten.“ Somit wird Gott in den letzten Kapiteln zweimal als „Gott des Friedens“ genannt. Das ist eine wesentliche Eigenschaft Gottes: Er ist ein Gott des Friedens.
Das bedeutet nicht, dass er nicht richtet oder beurteilt – das wollen wir nicht ausblenden – aber in seinem Herzen ist er ein Gott des Friedens. Er wünscht sich Frieden mit den Menschen, besonders unter seinen Leuten.
Einen Titel habe ich bisher übersprungen: Kapitel fünfzehn, Vers dreizehn. Dort heißt es: „Der Gott der Hoffnung aber erfülle euch mit aller Freude und allem Frieden im Glauben, so dass ihr überreich seid in der Hoffnung durch die Kraft des Heiligen Geistes.“ Darauf leben wir hin. Gott ist der Gott der Hoffnung, der Gott des Ausharrens und der Gott des Friedens.
Zum Schluss gibt es noch einen Titel, der nicht als Substantiv, sondern als Adjektiv formuliert ist. Der Brief endet in Römer 16,27 mit den Worten: „Dem allein weisen Gott, durch Jesus Christus, ihm sei die Herrlichkeit in Ewigkeit.“ Dem allein weisen Gott also.
Diese Beschreibungen und Charakterisierungen Gottes passen sehr gut zu den letzten drei bis fünf Kapiteln im Römerbrief.
Einführung in das Thema der Schwachen und Starken
Ich möchte mit einem Vers beginnen, der die zwei Gruppen zusammenbringt, um die es in dem Abschnitt geht, den wir heute betrachten: Römer 15, Vers 1. Dort steht: „Wir aber, die Starken, sind schuldig, die Schwachheiten der Schwachen zu tragen und nicht uns selbst zu gefallen.“
Darum geht es in diesen anderthalb Kapiteln um die Schwachen und um die Starken. Bevor wir den Text lesen und das nach und nach verstehen, möchte ich am Anfang zusammenfassen, was in diesem Abschnitt mit Schwachen und Starken überhaupt gemeint ist.
Wir haben ganz verschiedene Vorstellungen davon, wer schwach und wer stark ist. Ganz spontan würden wir diese Begriffe manchmal vielleicht genau umgekehrt verwenden, als Paulus sie in diesem Abschnitt gebraucht. Die Schwachen sind für uns oft diejenigen, die immer rumdatteln, sich nicht richtig von der Welt distanzieren und es nicht schaffen, wirklich konsequent zu sein. Die Starken sind dagegen die, die es schaffen, geistlich sind, sich von der Welt ganz absondern, es richtig durchziehen, keinen Film brauchen und jeden Abend Bibel lesen. Die Schwachen schaffen vielleicht zehn Minuten Stützezeit am Tag, die Starken eben mehr.
Doch die Definition, die Paulus hier in Kapitel 14 und 15 verwendet, ist ganz anders. Es geht um etwas anderes. Es geht nicht darum, wie viel du leisten kannst, schon gar nicht. Hier geht es um — wie soll ich das sagen — stark und schwach im Gewissen vielleicht.
Wer sind hier die Schwachen? Die Schwachen sind diejenigen, merkt euch das, das ist ganz wichtig, wenn wir das lesen, dass ihr das im Hinterkopf behaltet: Die Schwachen sind die, die aus irgendeinem Grund, manchmal weil sie so veranlagt sind, aber ganz oft wegen ihrer religiösen Prägung und Erziehung, Probleme mit vielen Dingen haben. Probleme mit vielen praktischen Dingen, die eigentlich vielleicht gar nicht verboten sind oder die für sie irgendwie verboten sind. Dinge, die gleich ihr Gewissen belasten, wenn sie sie tun würden, und die ihr Empfinden verletzen, wenn andere sie tun.
Diese Schwachen sind also vielleicht, wenn wir es oberflächlich betrachten, super heilig. Aber sie sind nicht deshalb super heilig, weil sie stark im Glauben sind und alles andere nicht brauchen, sondern weil sie schwach sind in ihrem Gewissen. Sie haben nicht die Freiheit bei Dingen, die Gott eigentlich in die Freiheit gestellt hat.
Im Römerbrief und auch im ersten Korintherbrief gibt es einen ganz parallelen Abschnitt, der an manchen Stellen auch im Arbeitsblatt vorkommt. Paulus beschreibt dort die eine oder andere Sache etwas ausführlicher. In dieser Zeit gab es in den Gemeinden, offensichtlich in Korinth und auch dort, wo Paulus den Römerbrief geschrieben hat, ein gegenwärtiges Problem. Paulus hatte den Eindruck, dass es wahrscheinlich auch ein Problem in Rom war. Deshalb schrieb er nicht nur an die Korinther, sondern auch aus Korinth nach Rom.
Dieses Problem zeigte sich deutlich an bestimmten Fragen. Eine ganz typische Frage, bei der es wahrscheinlich am meisten Konflikt gab, war: Was darf ein Christ essen und was nicht?
Diese Frage ist wahrscheinlich nicht das größte Problem für uns heute. Vielleicht ist es ohnehin ein bisschen schwierig, eine echte Parallele zu uns zu ziehen. Aber ihr könnt selbst darüber nachdenken. Ich werde heute Abend ein paar Vorschläge machen, aber viel wichtiger ist, dass ihr darüber nachdenkt, wo wir diese Prinzipien anwenden können.
Die Problematik des Essens und der religiösen Praxis
Damals war das größte Problem, wie man mit dem Essen umgehen sollte, das angeboten wurde. Dieses Thema spielte sich wahrscheinlich auf verschiedenen Ebenen ab.
Eine Ebene betraf Menschen, die im Judentum geprägt waren. Sie hatten aufgrund ihrer tief verwurzelten Tradition Probleme damit, alles Fleisch zu essen, was im Alten Testament als unrein galt. Wenn sie zum Beispiel in der Hafenstadt Korinth zu Festen eingeladen wurden, gerieten sie in echten Stress. Schweinefleisch war für sie völlig ausgeschlossen. Dieses Verhalten kennen wir auch heute noch. Es ist typisch für Juden und Muslime, dass sie kein Schweinefleisch essen. Das ist fast das Einzige, was von den Reinheitsgeboten des Alten Testaments im Bewusstsein dieser Religionen geblieben ist – was man essen darf und was nicht.
Das war also die eine Ebene.
Es gab aber noch eine andere Ebene, die noch direkter angesprochen wird. Christen hatten Schwierigkeiten, überhaupt Fleisch in den Großstädten zu kaufen, zum Beispiel in Korinth. Im Korintherbrief wird dieses Problem etwas ausführlicher beschrieben.
Man sagte, dass das meiste Fleisch, das auf den freien Markt kam, zuvor in einem der vielen Götzentempel den Götzen geopfert worden war. Dabei wurde das Fleisch nicht vollständig verbrannt. Vielleicht wurde ein Teil verbrannt oder – je nach Kult – nur dargebracht, während daneben Weihrauch verbrannt wurde. Dieses Fleisch wurde dann verkauft und gegessen. Ähnlich war es auch bei vielen Opfern im Alten Testament.
Da die Menschen in diesen Tempeln nicht so viel Fleisch bei ihren Gottesdiensten essen konnten, wurde das übrige Fleisch auf dem Markt verkauft. Für Christen mit einem empfindlichen Gewissen entstand daraus ein großes Problem: Darf ich Fleisch essen, das einem Götzen geweiht ist?
Wenn man weiß, dass 80 bis 85 Prozent des Fleisches auf dem Markt Götzen geweiht sind und die statistische Wahrscheinlichkeit sehr hoch ist, dass man genau dieses Fleisch erwischt – auch wenn man es gar nicht weiß –, stellt sich die Frage: Kann ich überhaupt noch Fleisch essen?
Das war also ein Thema, das Paulus bei den Schwachen anspricht.
Die Schwachen und ihre Gewissensprobleme
Das andere Problem, das sie hatten und das wahrscheinlich noch stärker aus dem Judentum kam, war zum Beispiel, dass Menschen mit einer sehr jüdischen Prägung großen Wert darauf legten, bestimmte Feiertage einzuhalten.
Beim Fleischessen war das Problem eher: „Ich darf das nicht.“ Hier hingegen stellte sich die Frage: „Das muss ich tun, ich muss das Pfingstfest feiern.“ Für viele galt auch noch: „Ich darf am Sabbat nicht arbeiten.“ Sie hatten wirklich ein schlechtes Gewissen und fühlten sich unwohl, wenn andere das eine taten, also Fleisch aßen, und das andere, nämlich diese Feiertage besonders zu heiligen, vernachlässigten. Das verursachte ihnen inneren Stress und Gewissenskonflikte.
Wir müssen das gut unterscheiden, und dieser Punkt ist mir wichtig: Es waren Menschen, denen das wirklich persönlich und innerlich Stress bereitete. Es waren nicht Leute, die sich eine theologische Frage herausgesucht hatten, um etwas Besonderes zu behaupten und daraus einen Streit zu machen. Solche Menschen beschreibt die Bibel als sektiererisch. Sie sollen nach ein- oder zweimaliger Zurechtweisung aus der Gemeinde ausgeschlossen werden. Natürlich läuft man bei einer solchen Haltung immer Gefahr, Streit anzuzetteln.
Darum geht es hier ja auch. Aber diese Menschen waren nicht einfach nur rechthaberisch. Das dürfen wir nicht verwechseln. Es waren Menschen, die wirklich ein Gewissensproblem an genau diesen Punkten hatten. Deshalb habe ich gesagt, es ist gar nicht so einfach, viele Parallelen zu uns zu ziehen. Womit haben wir heute noch ein Gewissensproblem? Außer bei Dingen, die wirklich ganz eindeutig verboten sind, meine ich.
Das war der Punkt: Es handelte sich nicht einfach um eine theologische Streitfrage, sondern es war für sie ein echtes Problem, damit umzugehen. Sie hatten ein schlechtes Gefühl, wenn es nicht so lief, wie es aus ihrer Sicht richtig war – obwohl es eigentlich kein Problem gewesen wäre, sagt Paulus.
Die Starken und ihre Freiheit im Glauben
Und das sind jetzt die Starken – die Starken, das sind die hier in diesem Abschnitt, die einfach wissen, wo die Grenzen sind, was die Bibel wirklich klar sagt und was die Bibel nicht klar sagt.
Bei all dem, was jetzt nicht verboten ist, haben sie normalerweise kein schlechtes Gewissen. Sie wägen vielleicht ab, was sinnvoll ist. Sie wägen vielleicht auch ab, wo sie sich in eine gefährliche Situation begeben und vermeiden das. Sie sind nicht leichtfertig mit Versuchung und schon gar nicht leichtfertig mit Sünde. Aber sie haben eine große Freiheit, Dinge zu tun, wo es einfach vom Wort Gottes her die Freiheit dazu gibt.
Paulus sagt, das sind die Starken. Okay, also nur damit wir so ein bisschen im Hinterkopf haben, was eigentlich die Starken und die Schwachen sind.
Ich habe mal überlegt, was denn so harmlose Beispiele sind, falls sie uns nicht so betreffen. Ich bin ja mit keinem Streit heute Abend. Es gibt Leute, die haben prinzipiell Probleme mit Spielkarten, zum Beispiel Gläubige. Also die sagen, das bildet irgendwelche religiösen Figuren ab, und das ist eine Verhöhnung von Jesus und Gott und keine Ahnung, und den Heiligen, gerade diese französischen Spielkarten. Darum darf man damit nicht spielen.
Also zum Beispiel so ein Punkt, wo Leute ein Gewissen haben, weil sie den Eindruck haben, das ist etwas Ungöttliches, was am Anfang mal entwickelt wurde, auch eine Abneigung gegen Gott. Und sie haben ein schlechtes Gewissen, sowas zu benutzen.
Oder ich glaube zum Beispiel, William MacDonald war in seinem Leben nie im Kino. Er hatte gelernt, Kino ist böse, und wahrscheinlich hatte er Recht. Aber es gibt natürlich kein Verbot. Und ich kann mir vorstellen, dass er, wenn er stark gewesen wäre, in seinem Gewissen sicher auch kein Problem damit gehabt hätte. Er hätte es sicher anderen Leuten nicht verboten. Er hatte keine Gewissensprobleme damit.
Aber er kommt aus einer Generation, wo Christen das nicht gemacht haben. Und viele Christen, die nicht so stark gewesen wären wie er, hätten es nicht einfach nicht getan, sondern wirklich ein Gewissensproblem gehabt, wenn eine jüngere Generation das tut.
Das sind so Beispiele, wie wir uns vielleicht noch vorstellen können aus unseren Jahrhunderten, in denen wir so leben, wo Christen ein Gewissen haben in Bezug auf Dinge, die für sie eigentlich etwas Verbotenes sind.
Und umgekehrt, wie jetzt diese Feiertage damals, gibt es bei uns so Sachen, wo wir ein Gewissen haben, was man einhalten muss. Ja, gut, ich meine, es sind Feiertage. Es gibt viele Christen, die haben ein schlechtes Gewissen, am Sonntag zu arbeiten, seien sie Krankenpfleger, und sie wissen, dass da irgendjemand da sein muss. Aber ich meine jetzt mal so normalerweise Fenster putzen am Sonntag. Ihr wisst ja, was ich meine.
Obwohl es im ganzen Neuen Testament überhaupt keine einzige Erwähnung gibt, dass man sonntags nicht arbeiten darf. Die Vorschrift existiert einfach gar nicht. Das ist eine Übertragung des Sabbatgebots, das eigentlich aber am Samstag war, auf den Sonntag. Diese Übertragung ist in der ganzen Bibel nie gemacht worden. Trotzdem haben sie ein Gewissen an der Stelle.
Und andere hätten ein schlechtes Gewissen, wenn sie sonntags in die Gemeindeversammlung kommen und keine Krawatte tragen, also wenn sie Männer sind. Weil sie einfach den Eindruck haben, man kommt nicht so laissez-faire vor Gott.
Das wären jetzt Dinge, wo man ein schlechtes Gewissen hat, wenn man es lässt, und dann die ersten Dinge, wo man ein schlechtes Gewissen hat, wenn man es tut.
Okay, also das war so ein bisschen die Einleitung zu Schwachen und Starken.
Aufforderung zur Aufnahme der Schwachen in die Gemeinde
Wir beginnen mit einem kleinen Textabschnitt zum Lesen: Römer 14,1. Dort steht: „Den Schwachen im Glauben aber nehmt auf, doch nicht zur Entscheidung strittiger Überlegungen.“
In meiner Übersetzung steht „strittige Überlegungen“. Man kann das verschieden auffassen, was genau gemeint ist. Aber eins ist sicher: Wer die Schwachen im Glauben aufnimmt, tut etwas Wichtiges.
Wisst ihr, Menschen, die schwach im Glauben sind, können anstrengend sein. Es ist mühsam, wenn man mit jemandem zusammen sein muss, der ständig wegen Dingen gestresst ist, die für dich ganz normal sind. Es gibt oft fruchtlose Diskussionen. Man hat immer so eine Art Eiertanz, weil man sich fragt: Wo trete ich mit meinem engen Gewissen wieder auf den Schlips? Dann entgleitet einem vielleicht etwas, und schon heißt es: „Oh je, das kommt von Jesus, den Namen Gottes darfst du nicht missbrauchen!“ Nur das Aussprechen des Namens führt schon wieder zu Stress.
Schwache im Glauben sind einfach stressig, zumindest für die Starken oder für diejenigen, die sich für stark halten beziehungsweise an dieser Stelle stark sind. Und hier steht: „Den Schwachen im Glauben aber nehmt auf!“ Ich glaube, das bedeutet, nehmt sie in der Gemeinde auf. Und ich denke, das heißt auch, nehmt sie im Herzen auf.
Lasst euch nicht von diesem Mühsamen abhalten. Investiert euch. Das ist die Grundaufforderung am Anfang dieses Abschnitts an die, na ja, wie gesagt, an die Starken, die sich dafür halten: Nehmt die Schwachen im Glauben auf!
Nehmt diese Mühe auf euch, solche Leute in der Gemeinde zu haben. Wenn sie bei euch in der Gemeinde aushalten, dann nehmt die Mühe auf euch, mit ihnen umzugehen. Sie sind nicht böse, sie sind schwach im Glauben – nicht die anderen, nicht die Sektiererischen, sondern wirklich die Schwachen.
Dann steht da: „Aber nicht zur Entscheidung strittiger Überlegungen.“ Das kann man unterschiedlich übersetzen. Eine Möglichkeit ist: Nehmt sie auf, aber nicht, um ständig mit ihnen zu diskutieren. Eine andere Möglichkeit ist: Nehmt solche Leute auf, aber gebt ihnen nicht die Verantwortung. Damit verhindern wir, dass sie durch ihre oft ein Stück unbiblische Enge die ganze Gemeinde bestimmen und prägen.
Das wäre nicht gut. Wir werden noch sehen, dass sie uns persönlich an manchen Stellen prägen sollen, weil wir um ihres Gewissens willen vielleicht auf manches verzichten. Aber sie dürfen nicht die Gemeinde prägen. Sie dürfen nicht die Zusammenkünfte prägen mit den Ängsten und Problemen, die sie haben. Es dürfen nicht einige wenige, die schwach sind, alles bestimmen.
Also: Die Schwachen im Glauben nehmt auf, wo es irgendwie geht. Wo sie es aushalten mit euch, haltet es mit ihnen aus, nehmt sie auf, tragt sie im Herzen. Aber gebt ihnen nicht die Entscheidungsgewalt über die Fragen, bei denen sie Probleme haben.
Ermahnung an die Schwachen: Verurteile nicht die Starken
Okay, und jetzt kommt ein Abschnitt, in dem es um Starke und Schwache geht. Von der Argumentation her ist dieser erste Abschnitt in Römer 14 eher an die Schwachen gerichtet.
Der erste Satz war ja ziemlich eindeutig an die anderen gerichtet, und jetzt kommt die Betonung ein bisschen mehr auf die Schwachen. Ich lese es mal vor, Römer 14,2-12. Dort finden sich die Punkte, die ich in meiner Einleitung schon erwähnt habe.
Der eine glaubt, er dürfe alles essen, der Schwache aber isst nur Gemüse. Er verzichtet einfach auf Fleisch aus Angst. Wer Fleisch isst, verachte den nicht, der nicht isst. Wer aber nicht isst, richte den nicht, der isst, denn Gott hat ihn aufgenommen.
Bei den Starken besteht immer die Gefahr, dass sie die Schwachen verachten: „Meine Güte, mit was der Probleme hat.“ Die Gefahr bei den Schwachen ist hingegen, dass sie die anderen richten. Sie sagen, der tut Dinge, die sind einfach nicht gut, das ist nicht richtig. So verurteilen sie die anderen.
Also: Wer isst, verachte den nicht, der nicht isst. Wer aber nicht isst, richte den nicht, der isst, denn Gott hat ihn aufgenommen. Wer bist du, der du den Hausknecht eines anderen richtest? Er steht oder fällt seinem eigenen Herrn. Er wird aber aufrechterhalten werden, denn der Herr vermag ihn aufrechtzuerhalten.
Jetzt kommt das andere Beispiel mit den Feiertagen: Der eine hält einen Tag vor dem anderen, der andere aber hält jeden Tag gleich. Denn jeder sei in seinem eigenen Sinn völlig überzeugt. Wer den Tag achtet, achtet ihn dem Herrn. Und wer isst, isst dem Herrn, denn er dankt Gott auch für das Fleisch. Wer nicht isst, isst dem Herrn nicht und dankt Gott.
Keiner von uns lebt sich selbst, und keiner stirbt sich selbst. Denn sei es, dass wir leben, wir leben dem Herrn. Sei es, dass wir sterben, wir sterben dem Herrn. Sei es nur, dass wir leben, sei es, dass wir sterben, wir sind dem Herrn.
Denn hierzu ist Christus gestorben und wieder lebendig geworden, um zu herrschen sowohl über Tote als auch über Lebendige.
Du aber, was richtest du deinen Bruder? Oder auch du, was verachtest du deinen Bruder? Denn wir werden alle vor dem Richtestuhl Gottes gestellt werden. Denn es steht geschrieben: „So wahr ich lebe“, spricht der Herr, „mir wird sich jedes Knie beugen, und jede Zunge wird Gott bekennen.“
So wird nun jeder von uns für sich selbst Gott Rechenschaft geben.
Prinzipien für den Umgang mit unterschiedlichen Überzeugungen
Welche Prinzipien sollten die Schwachen beachten, die in der Gefahr sind, andere für die Freiheiten zu verurteilen, die sie sich nehmen? In diesem Abschnitt habe ich drei Prinzipien gefunden.
Das erste und wichtigste Prinzip wird am stärksten betont: Wenn dich bei jemand anderem etwas nicht stört, also wenn du denkst, er macht etwas falsch – und zwar nicht bei klar biblisch festgelegten Dingen, sondern bei solchen, die nicht zu hundert Prozent bestimmt sind – dann vergiss eins nicht: Du bist nicht sein Boss. Er hat einen anderen Boss, einen anderen Vorgesetzten. Paulus betont das hier sehr stark, immer wieder.
Zum Beispiel heißt es in Vers 4: „Wer bist du, der den Hausknecht eines anderen richtet? Er steht oder fällt seinem eigenen Herrn.“ Und in Vers 10: „Du aber, was richtest du deinen Bruder? Denn wir werden alle vor den Richterstuhl Gottes gestellt werden. So wird nun jeder von uns für sich selbst Gott Rechenschaft geben.“
Der erste Punkt ist also: Er hat einen anderen Chef. Du hast gar nicht das Recht, an solchen Punkten ein Urteil zu fällen. Das heißt nicht, dass es keine Punkte gibt, bei denen wir ein Urteil fällen sollen. Manche haben von ihrem Chef so klare Grundsätze bekommen, dass wir uns darauf stützen können. Aber normalerweise gilt dieses Prinzip: Er hat einen anderen Herrn, nämlich den Herrn Jesus, und dem ist er verantwortlich, nicht dir. Vergiss das nicht! Er ist nicht dir verantwortlich, sondern seinem Herrn. Wenn es wirklich falsch ist, was er macht, dann wird er das spätestens vor dem Richterstuhl Jesu mit ihm klären.
Das zweite Prinzip hängt sehr eng damit zusammen: Nicht nur darf ich mich nicht als Herr über jemanden aufspielen, weil jeder von uns dem Herrn Jesus direkt verantwortlich ist – zumindest in den meisten Fragen –, sondern es ist auch offensichtlich, und sogar für die Schwachen erkennbar, dass Gott diese Geschwister angenommen hat, die so „komische“ Dinge tun.
Das ist nicht immer ein Argument dafür, dass sie alles richtig machen, aber doch, dass sie prinzipiell mit Gott unterwegs sind. Das müssen wir anerkennen, auch wenn wir mit dem einen oder anderen, was sie tun, Probleme haben. Er ist auch in der Lage, meinen Bruder, bei dem ich mit manchen Dingen Probleme habe, bis in die Ewigkeit zu bringen. In der zweiten Hälfte von Vers 4 heißt es: „Er, also mein Bruder, wird aufrecht gehalten werden, denn der Herr vermag ihn aufrechtzuerhalten.“
Gott hat ihn aufgenommen. Es ist wichtig, dass wir das nicht vergessen: Das sind wirklich Geschwister, und Gott hat sie wirklich aufgenommen. Er ist auch in der Lage, sie in den Himmel zu bringen, ohne dass wir alles in ihrem Leben bestimmen. Er schafft das ohne uns.
Das dritte Prinzip – oder das zweite, wenn man die ersten beiden zusammenfasst – ist, dass Paulus sagt, wir sollten davon ausgehen, wenn das Gegenteil nicht ziemlich eindeutig erwiesen oder sichtbar ist, dass der andere, auch der Starke, der „komische“ Dinge tut, es wirklich für Gott tut. Dass er Gott wirklich dienen möchte, auch wenn er mehr Freiheiten hat als ich.
Wenn er zum Beispiel die Feiertage nicht hält, obwohl ich sie halte, dann kann es trotzdem sein, dass er auf eine ganz andere Weise jeden Tag Gott heiligt. Dass er das tut, um Gott zu ehren. Wir sollen ihm nicht unterstellen, er gebe Gott weniger Ehre.
In Vers 5 heißt es zum Beispiel: Der eine hält einen Tag vor dem anderen, der andere hält jeden Tag gleich, und jeder sei in seinem eigenen Sinn völlig überzeugt: „Wer den Tag achtet, achtet ihn dem Herrn.“
Auch beim Essen ist es so: „Wer isst, isst dem Herrn, denn er dankt Gott.“ Wenn jemand also etwas isst, von dem ich denke, es sei für Christen eigentlich verboten, und er tut es aus einem reinen Gewissen und dankt Gott für das tolle Fleisch, das er jetzt hat, dann muss ich erst einmal anerkennen, dass er das für Gott tut. Er möchte Gott damit ehren.
Er macht es nicht nur, weil er so ungeistlich ist, dass er alle Bedenken wegwischt, um sich endlich mal ein saftiges Steak zu genehmigen. Erstmal sollen wir unserem Bruder und unserer Schwester unterstellen, dass sie, auch wenn sie sich Freiheiten nehmen, es wirklich tun, um Gott zu dienen. Sie tun das in Gemeinschaft mit Gott, zumindest wollen sie ihr Leben für Gott leben.
So geht es hier weiter: „Wer isst, isst dem Herrn, denn er dankt Gott. Und wer nicht isst, isst dem Herrn nicht und dankt Gott. Denn keiner von uns lebt sich selbst und keiner stirbt sich selbst. Sei es, dass wir leben, wir leben dem Herrn, sei es, dass wir sterben, wir sterben dem Herrn. Ob wir leben oder sterben, wir sind des Herrn.“
Wir sollten einander also erst einmal unterstellen, dass der andere wirklich dem Herrn mit seinem Leben dienen will. Das ist die Grundeinstellung, die wir gegenüber unseren Geschwistern haben sollten.
Wie gesagt, das schließt nicht aus, dass es in anderen Bereichen Dinge gibt, bei denen ich jemanden beurteilen muss. Es gehört nicht zur christlichen Freiheit, Banken auszurauben oder Omas umzubringen, um schneller ans Erbe zu kommen. Das gehört nicht zur christlichen Freiheit, und es ist in der Bibel nicht verboten, solche Dinge zu verurteilen. Wir werden sogar dazu aufgefordert, das zu verurteilen. Es ist erlaubt, mit jemandem, mit dem ich nicht verheiratet bin, nicht ins Bett zu gehen. Auch das gehört nicht zur christlichen Freiheit. Wir werden aufgefordert, solche Dinge zu beurteilen, zu verurteilen und über solche Geschwister quasi zu Gericht zu setzen. Das ist ein Befehl in der Bibel.
In diesem Abschnitt geht es nicht um solche Fälle. Es geht um Dinge, die nicht hundertprozentig festgelegt sind. Bei den anderen Dingen muss ich klar mit Leuten reden und klar mit ihnen umgehen.
Es gibt auch Dinge, die eigentlich erlaubt sind, aber ich merke, dass sie für den einen eine Gefahr darstellen. „Wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um.“ Das ist auch kein Grund, jemanden zu richten, aber vielleicht ein Grund, ihn zu warnen und ihn nicht einfach laufen zu lassen. Das ist ebenfalls gemeint.
Vielleicht ist es wirklich so, und es wird sehr sichtbar, dass jemand sich nicht die Freiheiten nimmt, weil er es für und mit dem Herrn tut, sondern weil er es ein Stück weit gegen den Herrn tut und Vorsorge für sein Fleischtreiben trifft, wie es in Römer 13,14 heißt. Das ist manchmal schwierig zu unterscheiden. Andere zu beurteilen ist immer schwierig, und die Bibel warnt uns davor.
Auf jeden Fall warnt uns das Wort Gottes hier sehr davor, jemanden strikt zu verurteilen wegen Dingen, die nur für unser Empfinden oder unsere Überzeugung falsch sind. Dazu neigen wir schon.
Wie gesagt, dieser Abschnitt richtet sich hauptsächlich an die Schwachen, die eher ein Problem mit Dingen haben, die eigentlich frei sind. Dabei werden immer wieder auch die Starken angesprochen, dass sie die Schwachen nicht verachten sollen.
Ermahnung an die Starken: Rücksicht auf die Schwachen nehmen
Im nächsten Abschnitt, und das ist eigentlich der etwas längere, geht es jetzt mehr um die Starken. Wie gehen wir mit denen um, die immer so mühsam sind und dazu neigen, Grenzen zu sehen, wo vielleicht gar keine sind?
Noch zu einem Punkt: Wir sollten dem anderen erst einmal das Gute unterstellen. Ich fand ein interessantes Beispiel. Kennt jemand von euch die Filmstunde des Siegers über David Little? Das ist ein berühmter Leichtathlet, ein 100-Meter-Läufer, der Olympiasieger geworden ist – allerdings nicht in seiner eigentlichen Disziplin, weil diese am Sonntag stattfand. Er heißt Eric, genau, sorry.
Es ist so beeindruckend, wenn jemand wirklich sagt: Ich verzichte auf meine Goldmedaille, weil ich sonntags nicht antrete. Und es ist doch schön, wenn wir solchen Leuten unterstellen, dass sie das wirklich für Gott tun. In diesem Fall ist es so deutlich, dass sie es aus einer tiefen Überzeugung tun. Ich glaube, das ist neutestamentlich nicht unbedingt notwendig. Aber er hatte diese tiefe Überzeugung und hat es für Gott getan, einen Tag nach dem anderen zu halten.
Auch wenn es nicht meine Überzeugung ist, dass das irgendeinen Sinn macht, glaube ich, dass Gott sich einfach dazu stellt und sich über seine Ernsthaftigkeit freut. Das sollten wir an der einen oder anderen Stelle auch tun, wenn wir merken: Irgendjemand macht etwas Schräges, aber er tut es wirklich, um dem Herrn zu dienen.
Okay, aber ich wollte eigentlich jetzt lesen, Apostelgeschichte 13. Lasst uns nun nicht mehr einander richten, sondern richtet vielmehr darauf, dem Bruder keinen Anstoß oder Ärgernis zu geben. Ich weiß und bin überzeugt vor dem Herrn Jesus, dass nichts an sich selbst unrein ist. Nur dem, der etwas für unrein hält, ist es unrein.
Paulus war wirklich davon überzeugt, dass die Skrupel in den wesentlichen Themen der damaligen Zeit – wie Feiertage und Essen – völlig unberechtigt waren. Er sagte, eigentlich ist alles völlig frei in Wirklichkeit. Aber in Vers 15 heißt es: Denn wenn dein Bruder wegen einer Speise betrübt wird, so wandelst du nicht mehr nach der Liebe.
„Verdirb nicht mit deiner Speise den, für den Christus gestorben ist.“ Vergiss nicht, was dein Bruder wert ist. Pass auf, dass du ihn nicht schädigst – Jesus ist für ihn gestorben, das ist ein hoher Preis.
Lasst nun euer Gut nicht verlästert werden, denn das Reich Gottes ist nicht Essen und Trinken, sondern Gerechtigkeit, Friede und Freude im Heiligen Geist. Denn wer in diesem dem Christus dient, ist Gott wohlgefällig und den Menschen bewährt.
Also lasst uns dem nachstreben, was zum Frieden und zur gegenseitigen Erbauung dient. Zerstöre nicht einer Speise wegen das Werk Gottes. Alles ist zwar rein, aber es ist böse für den Menschen, der mit Anstoß isst.
Es ist gut, kein Fleisch zu essen, noch Wein zu trinken, noch etwas zu tun, woran dein Bruder sich stößt, sich ärgert oder woran er schwach ist. Hast du Glauben? Habe ihn für dich selbst vor Gott. Glückselig ist, wer sich selbst nicht richtet in dem, was er gutheißt.
Wer aber zweifelt, wenn er es tut, ist verurteilt, weil er es nicht aus Glauben tut. Alles aber, was nicht aus Glauben ist, ist Sünde.
Die Starken sind offensichtlich in einer anderen Gefahr – nicht in der Gefahr, den anderen zu verurteilen mit „Du machst das Falsche“, sondern in der Gefahr, den anderen einfach zu überrollen. „Ich weiß, dass ich diese Privilegien habe, und ich lasse mich davon von niemandem einschränken, egal was das für meinen Bruder bedeutet.“
Paulus sagt, das ist auch nicht gut. Wir dürfen nicht zulassen, dass die Gemeinde als Ganzes zu sehr von engen Vorstellungen beeinflusst wird. Aber ich persönlich, in meinem Umgang mit Geschwistern, die ein engeres Gewissen haben, sollte schon sensibel sein.
Hier stecken auch ein paar Prinzipien drin, die ich noch einmal hervorheben möchte. Das eine habe ich schon gesagt: Wir sollten unseren Bruder und unsere Schwester als jemanden sehen, für den Jesus mit seinem Blut bezahlt hat. Das sollte uns schon eine große Vorsicht geben, jemandem durch unser Verhalten Schaden zuzufügen.
Ich sage gleich noch einmal, warum überhaupt jemand geschädigt werden kann.
Das zweite Prinzip betrifft die Freiheiten, für die die Starken manchmal kämpfen – zum Beispiel alles essen zu dürfen, egal wer dabei ist. Ist das wirklich so wichtig? Paulus fragt: Ist das wirklich so wichtig? Besteht das Reich Gottes wirklich darin, dass wir die Freiheit haben, alles essen zu dürfen?
Um was geht es denn eigentlich? Ist es so schlimm, mal dem Bruder oder der Schwester zuliebe auf etwas zu verzichten? Für was leben wir denn?
Das bezieht sich auf viele Situationen, wenn wir mit Geschwistern zusammen sind. Ich meine, frag mal Michael im Ostblock. Dort gibt es viele Gemeinden, die in vielen dieser äußeren Dinge ein viel engeres Gewissen haben als wir.
Oder geh mal in eine durchschnittliche Gemeinde in Amerika und pack deinen Kasten Bier aus. Oder bei den Geschwistern in Pakistan wäre das ein Ausschlussgrund. Aber davon abgesehen verletzt du sie einfach.
Paulus sagt: Ist es wirklich so wichtig? Sind deine Freiheiten, sind deine Genüsse dir wirklich so wichtig, dass du deinen Bruder dafür verletzt?
Das Reich Gottes, sagt er in Vers 17, ist nicht Essen und Trinken, sondern Gerechtigkeit. Worauf es wirklich ankommt, ist, dass wir gerettet sind, dass wir in Heiligkeit leben, und dass Friede und Freude im Heiligen Geist herrschen.
Wisst ihr, zumindest die letzten zwei dieser drei Punkte werden ernsthaft beeinträchtigt, wenn ich meinem Bruder oder meiner Schwester schade. Der Friede leidet, und die Freude auch.
Auf diese Dinge kommt es an: Gerechtigkeit, Friede und Freude im Heiligen Geist – und nicht auf das Steak oder das Bier, das Kino oder sonst etwas.
Wir sollten bei aller Freiheit, die wir haben, die Prioritäten richtig setzen und überlegen, wofür wir eigentlich leben.
Also lasst uns dem nachstreben, was zum Frieden und zur gegenseitigen Erbauung dient. Setzt dort eure Energie ein.
Das Reich Gottes ist Gerechtigkeit, Friede und Freude im Heiligen Geist. Lasst uns dem nachstreben, was zum Frieden und zur gegenseitigen Erbauung dient. Zerstöre nicht einer Speise wegen das Werk Gottes.
Der dritte Punkt, und das ist vielleicht der wesentliche und die Erklärung für die ersten beiden, ist folgender: Paulus sagt, das Problem könnte darin bestehen, dass durch den Druck, den du mit deiner Freiheit ausübst, durch die Verachtung, die du ausstrahlst, jemand sich etwas nicht traut, was du einfach tust.
Vielleicht auch einfach durch dein mitreißendes Vorbild tut dein Bruder etwas, was er in Wirklichkeit für falsch hält, weil er sich blöd vorkommt, wenn er nicht mitmacht.
Dann kann es sein, dass er wirklich Schaden nimmt, weil er den Eindruck hat, sich dazu verleiten lassen zu haben, gegen Gott zu sündigen. Für ihn persönlich, für sein Empfinden ist das, was er tut, Sünde – auch wenn es nicht verboten ist.
Für sein Empfinden ist es Sünde, und indem er es tut, stellt er sich gegen Gott.
Weil er denkt: Gott will, dass ich den Feiertag heilige, und jetzt habe ich mich dazu bringen lassen, zu putzen. Er handelt also eigentlich gegen Gott – ich meine natürlich nur gegen seine Vorstellung von Gott –, aber er handelt gegen Gott.
Paulus sagt, das ist Sünde, weil er sich in diesem Moment gegen Gott stellt, gegen das, was er denkt, was Gott ihm gesagt hat.
Und dann ist es Sünde.
Das ist gemeint mit dem Vers: Was nicht aus Glauben geschieht, ist Sünde.
Es heißt nicht, dass alles, was du im Leben nicht mit Glauben tust, Sünde ist.
In diesem Zusammenhang geht es darum: Ich glaube eigentlich nicht, dass ich diese Freiheit habe. Ich glaube nicht, dass Gott mir das erlaubt. Und jetzt tue ich es trotzdem, wegen der anderen, und blende Gott aus.
Das ist Sünde.
Paulus sagt, das ist die Gefahr, wenn ihr mit eurer Freiheit diejenigen mitreißt oder überrollt, die ein schwaches Gewissen haben.
Dass ihr sie zur Handlung bringt, bei der sie wirklich sündigen, obwohl sie das Gleiche tun wie ihr und es für euch keine Sünde ist.
Und das kann wirklich jemanden in seiner Beziehung zu Gott schädigen.
Paulus sagt im Korintherbrief: Ich möchte lieber mein ganzes Leben lang nur Gemüse essen, als durch mein Fleischessen einen meiner Geschwister, die ein Problem damit haben, zum Fleischessen zu verführen und dadurch seine Beziehung zu Gott zu schädigen.
Aufruf zur gegenseitigen Rücksichtnahme und Einheit
Okay, lesen wir noch ein paar Verse?
„Wir aber, die Starken, sind schuldig, die Schwachheiten der Schwachen zu tragen und nicht uns selbst zu gefallen. Jeder von uns gefalle dem Nächsten zum Guten und zur Erbauung. Denn auch der Christus hat nicht sich selbst gefallen, sondern wie geschrieben steht: Die Schmähungen derer, die dich schmähen, sind auf mich gefallen.
Denn alles, was zuvor geschrieben ist, ist zu unserer Belehrung geschrieben, damit wir durch das Ausharren und durch die Ermunterung der Schriften die Hoffnung haben. Gottes Ausharren und der Ermunterung aber gebe euch, gleichgesinnt zu sein untereinander, Christus Jesus gemäß, damit ihr einmütig mit einem Mund den Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus verherrlicht.
Paulus sagt: Ist es so schwer, auf deine Freiheiten zu verzichten – für einen von deinen Geschwistern? Überlege, auf was Jesus alles verzichtet hat. Es ist so schwer, mal auf ein Schnitzel zu verzichten oder auf eine Flasche Rotwein. Es ist so schwer, mal auf einen Film zu verzichten, wenn du weißt, dass jemand dich beobachtet – einfach einer deiner Geschwister, der ein Problem damit hat. Überlege, auf was Jesus alles verzichtet hat.
Weißt du, du kostest deine Freiheit aus und freust dich vielleicht auch daran. Aber was viel, viel Wertvolleres machst du kaputt: den Frieden. Das Ziel ist, damit ihr einmütig mit einem Mund den Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus verherrlicht. Darum geht es. Er sagt: Mach das nicht kaputt für deine Freiheiten.
Denn ich sage: Christus ist ein Diener der Beschneidung geworden, um der Wahrheit Gottes willen, um die Verheißung der Väter zu bestätigen, damit die Nationen Gott verherrlichen mögen, um der Begnadigung willen. Wie geschrieben steht: Darum werde ich dich preisen unter den Nationen, deinem Namen lobsingen. Und wieder sagt er: Seid fröhlich, ihr Nationen, mit seinem Volk! Und wiederum: Lobt den Herrn, alle Nationen, und alle Völker sollen ihn preisen.
Und wieder sagt Jesaja: Es wird sein, die Wurzel Isaies, der da aufsteht, um über die Nationen zu herrschen – auf ihn werden die Nationen hoffen.
Und er sagt: Jesus wollte ganz verschiedene Gruppen zusammenbringen. Er wollte nicht getrennte Gemeinden. Er hat sich investiert in Juden und in Leute aus den Heiden. Er wollte sie zusammenbringen. Er hat in beide Gruppen investiert – in Starke und Schwache – in den größten Konflikt, den es damals in den Gemeinden gab, zwischen Judenchristen und Heidenchristen. Er hat in ihre Einheit investiert. Investiere auch du.
Überbrücke irgendwie diese Grenzen der unterschiedlichen Prägung und des unterschiedlichen Empfindens. Jesus hat da rein investiert, auch an die, die dir komisch vorkommen.
Der Gott der Hoffnung, Vers 13: „Er aber erfülle euch mit aller Freude und allem Frieden im Glauben, damit ihr überreich seid in der Hoffnung durch die Kraft des Heiligen Geistes.“ Das ist eigentlich der erste Briefschluss. Paulus hängt noch zwei Briefschlüsse dran, die wir das nächste Mal betrachten werden.
Gottes Ziel ist es, dass wir das Wichtige wichtig nehmen: den Bruder, die Gerechtigkeit, den Frieden, die Freude. Gottes Ziel ist es, dass wir jeden annehmen, der nach bestem Wissen und Gewissen versucht, Gott zu dienen – auch wenn wir es vielleicht anders machen würden.
Und Gottes Ziel ist es, dass wir opferbereit leben und tragen, damit niemand geschädigt wird und damit die Ziele Gottes nicht untergraben werden.
Wenn wir diese drei Prinzipien leben – das Wichtige wichtig nehmen, jeden annehmen, der nach bestem Wissen und Gewissen Gott dient, und opferbereit für andere leben – wenn wir diese Ziele ein bisschen verwirklichen in unserem Leben, dann werden wir wirklich Segen erleben, der über das hinausgeht, wo wir uns eine besondere Form von Heiligkeit zulegen möchten oder besondere Freiheiten genießen wollen.
