Einführung: Die Beziehung zu Jesus und das Erleben mit ihm
So, ja, grüße euch noch einmal! Danke Simon, Joel, super! Die Lieder – ich verstehe beim Schweizerdeutsch nicht alles, muss ich ehrlich zugeben. Ich muss mich extrem konzentrieren, wenn ich alles mitbekommen will. Beim Skifahren laufen manchmal Dinge falsch, und das nützt nichts, oder? Seit die Sünde in die Welt gekommen ist, geschehen solche Dinge, nicht wahr?
Heute Vormittag war das Haupt- und Unterthema, mit Christus zu leben. Am Nachmittag ging es darum, mit Christus etwas zu erleben, mit Jesus etwas zu erleben. Manchmal ist das ziemlich einseitig: Wir fragen immer, was wir mit Jesus erleben wollen. Aber die Frage zurück lautet: Was will Jesus mit uns erleben?
Wir haben jetzt mehrere Gespräche über das Gebet geführt. Es ist immer sehr gut und erfrischend, die verschiedenen Perspektiven zu sehen. Eins ist mir dabei auch aufgefallen: Wir sagen Gott im Gebet andauernd, wie es uns geht – und das sollten wir auch tun. Aber eine Frage an dich: Hast du Gott schon einmal gefragt, wie es ihm geht? Eigentlich komisch, wo es doch eine Beziehung ist, die wir mit ihm haben. Interessiert es uns überhaupt, wie es ihm geht?
Und wenn wir auch über das Erleben reden, geht es uns wieder nur darum, was wir mit ihm erleben. Das hat auch seine Berechtigung. Aber was will Christus mit mir erleben? Was will er an mir sehen?
Ich glaube, ein Schlüsselvers dazu steht in Römer 8,29. Dort schreibt der Apostel Paulus: Ich lese es gerade mal vor. Der Vers davor, Römer 8,28, ist ja bekannt: „Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen, denen, die nach seinem Vorsatz berufen sind.“ Denn die er vorher erkannt hat, die hat er auch vorherbestimmt. Übrigens, wir sind vorherbestimmt – aber wozu? „Dem Bilde seines Sohnes gleichförmig zu werden.“ Was will Gott an uns sehen? Dass wir so werden wie Jesus. Wir sind ja im Ebenbild Gottes geschaffen, darum wäre das das Normalste.
Das Ziel der Verwandlung: Jesus ähnlich werden
Der englische Theologe Selvin Hughes, der 2006 verstorben ist, hat es sehr schön formuliert. Er sagte: „Gott möchte, dass du und ich Jesus ähnlich werden. Gottes höchstes Ziel besteht nicht darin, uns zu Missionaren, Ärzten, Predigern oder Pfarrern zu machen. Vielmehr sollten wir seinem Sohn ähnlich werden.
Alles andere muss diesem vorrangigen Ziel untergeordnet werden. Da dies die Hauptsache ist, müssen wir uns ernsthaft damit befassen. Das Hauptziel ist also, Jesus ähnlich zu werden.
Ich habe nun zwei Überschriften dazu. Die erste lautet: Wenn wir Jesus ähnlich werden sollen, wie sieht das aus? Mit anderen Worten: Wie sieht Jesus aus, damit wir wissen, wie wir sein sollten und wem wir ähnlich werden sollen?
Die zweite Hauptfrage lautet: Wie funktioniert es, dass wir Jesus ähnlich werden können?
Der erste Punkt ist also: Wie sollten wir werden? Wie sieht es aus, wenn ein Mensch Jesus ähnlich wird?
Das Wesen Jesu im Umgang mit Feinden
Ich möchte dazu aus Lukas Kapitel 6 lesen. Die Bibel könnt ihr gern selbst aufschlagen, Lukas 6, Vers 27 und folgende.
Dort sagt Jesus diese Worte:
„Aber euch, die ihr hört, sage ich: Liebt eure Feinde, tut wohl denen, die euch hassen, segnet, die euch fluchen, und betet für die, die euch beleidigen.
Dem, der dich auf die Backe schlägt, biete auch die andere dar; und dem, der dir den Mantel nimmt, verweigere auch das Untergewand nicht.
Gib jedem, der dich bittet, und von dem, der dir das Deine nimmt, fordere es nicht zurück.“
Dann lesen wir im Vers 35:
„Liebt eure Feinde, tut Gutes und leiht, ohne etwas wiederzuerwarten.“
Hier steht also, dass wir unsere Feinde lieben sollen, denen Gutes tun, die uns hassen, jene segnen, die uns fluchen, für die beten, die uns beleidigen, etwas geben, wenn jemand bittet, barmherzig sein und so weiter.
Die Frage ist: Warum fordert Jesus das von dir und von mir?
Die Antwort ist ganz einfach: Weil er genau so ist. Jesus würde nie etwas von dir oder von mir fordern, das er selbst nicht ist oder tun würde.
Warum sollten wir unsere Feinde lieben? Weil Jesus seine Feinde liebt.
Warum sollten wir jene segnen, die uns fluchen? Weil Jesus jene segnet, die ihn fluchen.
Warum sollten wir geben, ohne etwas zurückzuverlangen? Weil Jesus gibt, ohne etwas zurückzuverlangen.
Jesus würde nie etwas fordern, das er selbst nicht tut.
Dann ist da noch dieser wunderbare Vers in Lukas 6, Vers 35:
„Liebt eure Feinde, tut Gutes und leiht, ohne etwas wiederzuerwarten, und ihr werdet Söhne des Höchsten sein; denn er, der Höchste, ist gütig gegen die Undankbaren und die Bösen.“
Hast du das gewusst? Gott ist gütig gegen die Undankbaren und die Bösen.
Ich habe immer gewusst, dass Gott gütig ist gegen die Dankbaren und die Netten – aber Gottes Güte gilt auch den Undankbaren und den Bösen.
Und dann sagt er noch:
„Seid nun barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist.“
Jesus als Vorbild der Güte und Liebe
Wenn ich den Text so durchlese, komme ich zu dem Schluss: Jesus ist nicht nur gut, Jesus ist exzellent. Er ist nicht nur in Ordnung, er ist der Beste.
Wir hatten an der Frühstückspension ein paar Gäste aus Wien, die über die Kirche geschimpft haben – das kommt ja oft genug vor, ob zu Recht oder Unrecht. Ich habe dann gesagt, es geht ja nicht in erster Linie um die Organisation Kirche, sondern um Jesus. Daraufhin meinte einer: „Ja, ich glaube dir, Jesus ist eh ganz in Ordnung.“ Dann habe ich entgegnet: „Er ist nicht nur in Ordnung, er ist der Beste.“
Das gilt aber nicht nur für Jesus, sondern auch für Gott den Vater. In Matthäus 5, zum Beispiel in der Bergpredigt, lesen wir in Vers 44: Jesus sagt, „Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen, damit ihr Söhne eures Vaters seid, der in den Himmeln ist. Denn er lässt die Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte.“
Und dann sagt er noch im Vers 46: „Denn wenn ihr die liebt, die euch lieben, welchen Lohn habt ihr?“ Jesus macht deutlich, dass der Vater im Himmel, also Gott, es regnen lässt über die Guten und die Bösen, über die Gerechten und die Ungerechten.
Gottes Gleichbehandlung und die Bedeutung des Glaubens
Ein wichtiges Prinzip ist zu verstehen: Christen werden bei Gott nicht bevorzugt. Das ist ein großes Missverständnis. Gott schickt nicht Regen an den gläubigen Bauern, während beim Atheisten Dürre herrscht. Gleich viele Christen sterben in Verkehrsunfällen wie Atheisten. Und die Qualle im Meer fragt auch nicht, ob du Hindu, Agnostiker oder Christ bist.
Oft stellt sich die Frage: Was ist dann der Vorteil, Christ zu sein, wenn Gott sowieso alle gleich behandelt? Die Antwort ist einfach: Die Umstände sind für den Christen nicht unbedingt besser. Aber als Christ weiß ich jede Minute meines Lebens, dass Gott bei mir ist, mit mir geht und mit mir leidet im Leid. Ich bin nie allein, ich bin nie verlassen.
Ein Christ, der mit Jesus lebt, wird nicht vor schlimmen Dingen des Lebens bewahrt. Auch Christen verlieren Kinder, die krank werden und Krebs haben – statistisch genauso oft wie Atheisten. Wenn ein Christ glaubt, dass Gott ihn besser behandelt als einen Nichtchristen, wird er extrem frustriert sein. Denn Gott lässt die Sonne scheinen über Böse und Gute, Gerechte und Ungerechte. Er ist gütig zu den Undankbaren und den Bösen.
Diese Tatsache, dass Gott auch den Ungläubigen gegenüber gütig ist, hat die Gläubigen immer schon irritiert. Wenn wir Psalm 73 lesen, sehen wir, dass der Psalmist fast den Glauben daran verloren hat. Er sagt, die Gottlosen sind immer sorglos, ihnen geht es gut. Er fragt sich: Wozu bin ich überhaupt gläubig?
Jeremia schreibt im Kapitel zwölf: Warum ist der Weg der Gottlosen so erfolgreich? Ich kapiere es nicht. Die äußeren Umstände eines gottesfürchtigen Menschen und eines gottlosen Menschen sind im Durchschnitt dieselben. Allerdings geht der Gottesfürchtige mit Gott durch seine Tragödien und teilt mit Gott seine Freude.
Ein weiteres Merkmal, dass wir Kinder des Höchsten sind, ist, dass wir nicht nur jene Menschen lieben, die auch nett zu uns sind, sondern auch jene, die uns das Leben schwer machen. Jesus sagte in Matthäus 5,46: „Denn wenn ihr die liebt, die euch lieben, welchen Lohn habt ihr? Tun nicht auch die Zöllner dasselbe? Und wenn ihr allein eure Brüder grüßt, was tut ihr Besonderes? Tun das nicht auch die von den Nationen?“
Die Herausforderung der christlichen Nächstenliebe
Es ist so: Wenn du nur die liebst, die dich auch lieben, dann bist du ein super Steuereintreiber, aber mehr nicht. Denn das macht jeder.
Wenn du nur die grüßt, die dich auch grüßen, ja, das tun die Jäger auch, der Fischerclub, die Bergretter und die Fußballer. Dazu brauchst du kein Christ zu sein, denn das ist normal.
Jesus sagt: Das, was ich erleben will mit euch, ist, dass ihr so werdet wie ich.
Es ist interessant: Ich habe das Vorrecht, in vielen Gemeinden zu predigen, von charismatisch bis konservativ, und ich bin sehr dankbar dafür. Es freut mich. Oft ist es witzig, oder eher traurig manchmal.
Ich predige vormittags in einer Gemeinde und abends in einer anderen. Vormittags in der Gemeinde – das ist vielleicht eher eine konservative Gemeinde, ein bisschen steif, das gibt es ja bei uns und bei euch auch. Meine Gemeinde, in der ich aufwachse, ist ein Dorf, evangelisch. Dort sitzen die Frauen links, die Männer rechts. Da ist nicht viel mit Emotionen, und wenn da jemand so tut, ist das schon Ekstase. Ja, ihr lacht, in der Schweiz geht es mir auch ähnlich.
Aber die haben sich alle recht lieb. Sie schütteln sich die Hände, Umarmen tun sie nicht, aber sie begrüßen sich und haben sich alle recht gerne. Dann sage ich ihnen, dass ich am Abend in einer Gemeinde predige, die drei Straßen weiter ist. Da verziehen sie nur das Gesicht und sagen nicht mehr viel. Du weißt, die können sie nicht allzu sehr leiden.
Am Abend bin ich bei der anderen Gemeinde, ganz anderer Kultur, anderer Vergangenheit. Dort geht es eher laut zu. Ich weiß schon von 500 Metern Entfernung, wo die Gemeinde ist. Eher unorthodox, beten in Zungen, legen die Hände auf – ganz andere Kultur. Aber weißt du was? Die haben sich alle unheimlich lieb. Sie umarmen sich, sind lieb zueinander.
Dann sage ich, dass ich vormittags in der anderen Gemeinde war. Da verziehen sie nur ein bisschen das Gesicht oder lächeln.
Aber weißt ihr was? Das ist nicht, was uns Christen auszeichnet.
Zwei Straßen weiter ist noch ein Fußballclub. Die haben sich auch gerne. Sie trinken Bier, singen interessante Lieder, sprechen ein bisschen andere Sprache. Aber sie haben sich auch alle ganz lieb. Das tun auch die Zöllner.
Dazu brauchst du kein Christ zu sein und keine Gemeinde zu besuchen.
Wisst ihr, wie christliche Nächstenliebe aussieht? Wenn die erste Kirche über die andere Kirche sagt: Wir haben nicht in jedem Punkt dieselbe Meinung. Wir verstehen die Bibel in dem und dem Punkt ein bisschen anders. Aber Jesus hat sie genauso lieb wie uns. Er ist für sie gestorben und auferstanden, genauso wie für uns. Das sind unsere Geschwister. Wir sind so froh, sie in unserer Stadt zu haben. Was könnten wir euch Gutes tun?
Da beginnt überhaupt erst mal Nächstenliebe unter Christen.
Und dann, ein paar Straßen weiter, ist noch der Fußballklub. Die hat Jesus genauso gerne wie uns. Jesus will sie genauso gewinnen, weil sie wertvolle und geliebte Menschen in den Augen Gottes sind, die seine Gnade brauchen. Wie können wir ihnen helfen, um Jesus kennenzulernen?
Da beginnt christliche Nächstenliebe. Alles andere machen die Steuereintreiber.
Dazu brauchst du kein Christ zu sein.
Beispiel aus Buenos Aires: Liebe praktisch leben
Herr Santer, ich war vor ein paar Monaten in Toronto auf einer Pastorenkonferenz. Dort habe ich einen lieben Freund getroffen, der mir von einem Mann erzählte, den er vor kurzem kennengelernt hat. Ich selbst habe diesen Mann nicht persönlich getroffen. Es handelt sich um einen gewissen Pastor Carlos Otis. Er war Pfarrer in Buenos Aires – zumindest war er es früher. Ob er es noch ist, weiß ich nicht, da ich mich nicht weiter erkundigt habe.
Carlos Otis war Pfarrer in der am schnellsten wachsenden Kirche in Buenos Aires. Eines Sonntags, vor einigen Jahren, ging er auf die Kanzel, so wie hier, und hatte eine Predigt über die Liebe Gottes vorbereitet. Er hatte die griechischen Worte sorgfältig ausgearbeitet. Doch er konnte diese Predigt nicht halten. Er sagte nur: „Liebet einander.“ Dann setzte er sich wieder hin. Es entstand eine peinliche Stille.
Nach etwa fünf Minuten ging er erneut nach vorne und sagte wieder: „Liebet einander.“ Wieder setzte er sich. Seine Frau dachte, er sei durchgeknallt. Nach dem dritten Mal, wieder mit extrem peinlicher Stille, erzählte er es erneut und setzte sich wieder. Plötzlich fragte in den hinteren Reihen ein Mann seinen Nachbarn: „Wie heißt du eigentlich?“ und begann, mit ihm zu reden. Zwei weitere Personen begannen ebenfalls, miteinander zu sprechen. Innerhalb einer halben Stunde unterhielt sich die ganze Kirche miteinander.
An diesem Morgen im Gottesdienst fanden 28 arbeitslose Menschen eine Arbeit. Alleinstehende Mütter erhielten Hilfe für ihre Kinder. Hätte dieser Pfarrer nur eine gut ausgearbeitete Predigt über die Liebe gehalten, mit all den griechischen Worten, wären diese 28 Menschen arbeitslos nach Hause gegangen. Und wisst ihr was? Es wäre niemandem aufgefallen oder wichtig gewesen.
Interessant ist, dass Carlos Otis berichtete, dass er in den drei darauffolgenden Sonntagen keine Freiheit zum Predigen hatte. Er ging immer wieder nach vorne und sagte: „Liebet einander.“ Drei Sonntage lang. In diesem Monat verließen 300 Mitglieder die Kirche. Der Pfarrer Carlos Otis sagte, das sei das Beste gewesen, was ihnen passieren konnte. Denn diese Menschen waren nicht wirklich am christlichen Leben interessiert, sondern nur an inspirierenden Predigten.
Es war natürlich ein gottgegebener Moment, den man nicht einfach kopieren kann. Aber woran sollte ein Christ erkennbar sein? Nicht daran, dass er sonntags in der Kirche sitzt und inspirierende Predigten hört. Jesus sagt, dass man an der Liebe erkennbar sein soll. Das bedeutet, dem Nachbarn etwas Gutes zu tun. Christen sollten bekannt sein als Menschen, die positiv sind und bei denen Gottes Segen sichtbar ist.
Das Bild Jesu als Maßstab für unser Leben
Jetzt stellt sich die Frage: In welches Bild sollen wir verwandelt werden? Wir sollen Jesus ähnlich werden.
Wie ist Jesus? Er liebt seine Feinde, tut wohl denen, die ihn hassen, und segnet diejenigen, die ihn fluchen. Das ist das Bild Jesu.
Die Frage nach der Veränderung: Disziplin oder Liebe?
Jetzt stellt sich die Frage: Kann man einen solch positiven, liebevollen Lebensstil anlernen? Muss ich mich jetzt disziplinieren? Hat es mit Gehorsam zu tun, mit Disziplin? Oder ist es manchen in die Wiege gelegt, so zu lieben, und anderen eben nicht?
Darum zur zweiten Hauptfrage: Wie geht diese Verwandlung vor sich? Wie funktioniert das?
Wenn man Pädagogik studiert, also warum Menschen tun, was sie tun – das heißt, die Motivation – dann kann man das auf vier Stufen reduzieren. Sicher gibt es unter euch ein paar Pädagogen, Lehrer oder Erzieher. Oder was immer. Wenn du Eltern bist, bist du sowieso Pädagoge, auch wenn du es nicht studiert hast.
Die niedrigste Art von Motivation, das lernt jeder Pädagoge, ist, wenn ein Mensch gewisse Dinge tut, nur um nicht bestraft zu werden. Ich nehme einen Vergleich vom Kind und dann vom Christen. Ein Kind lernt für die Schularbeit – das ist die Motivation – nur, um zu Hause vom Vater nicht geschlagen zu werden. Das ist die niedrigste Motivationsstufe. Es ist eine Motivation, aber eben die niedrigste.
Übertragen auf das Christsein: Ein Mensch glaubt an Jesus nur, um nicht in die Hölle zu kommen. Das ist eine Motivation, aber die allerniedrigste.
Die nächste Motivationsstufe ist, wenn ein Mensch etwas tut, damit er eine Belohnung bekommt. Das heißt, das Kind lernt für die Schularbeit, damit es Zuneigung bekommt oder zwanzig Euro, wenn es eine Eins hat. Belohnung ist die Motivation.
Ein Christ bemüht sich, christlich gut zu Werke zu tun, zu beten, zu fasten, zu geben, damit er eine Belohnung im Himmel bekommt. Das ist die zweite Motivationsstufe.
Die dritte Stufe ist, wenn ein Mensch etwas tut oder sich entsprechend verhält, weil er sich an gewissen Normen orientiert. Das heißt: Das Kind lernt für die Schularbeit, weil in dieser Familie jeder ein Doktor ist und in dieser Familie nie jemand eine Drei hatte. Das ist die Norm der Familie, und die muss eingehalten werden.
Dann sagt man halt: Warum soll ich das nicht tun? Das gehört sich eben nicht. Da ist eine gewisse Norm: Das gehört sich nicht. Warum weiß man nicht genau, aber es gehört sich nicht.
Ein Christ tut gewisse Dinge, weil das die christliche Norm ist, zumindest in dieser Umgebung oder in dieser Gemeinde. Ein Christ geht nicht in die Bar, trinkt keinen Alkohol oder was auch immer. Warum nicht? Das ist so, das ist die Norm.
Und darum tun wir gewisse Dinge: Wir lügen halt nicht, das gehört sich nicht, das tut man nicht. Es steht so in der Bibel. Wir können den Nachbarn zwar nicht leiden, aber die Bibel sagt: Du sollst ihn lieben. So quetscht man ein Lächeln raus. Du orientierst dich an Normen.
Dann gibt es noch die vierte, die höchste Stufe der Motivation: Wenn ein Mensch etwas tut um der Beziehung, um der Liebe willen. Das heißt, das Kind lernt für die Schularbeit nicht aus Angst, bestraft zu werden, nicht wegen der Belohnung halber, nicht weil es sich so gehört.
Das Kind lernt für die Schularbeit, weil es den Vater liebt. Ich will dem Vater Freude machen. Das Kind weiß: Wenn ich eine Fünf habe, einen Fleck, sagen wir, der Vater liebt mich genauso. Ich kriege vielleicht genauso eine Belohnung, ich weiß es nicht, und ich breche keine Norm, aber ich habe meinen Vater so gerne, und darum will ich lernen, um ihm immer Freude zu machen.
Und das ist im Christsein ebenfalls die höchste Motivationsstufe: Wenn wir nicht Dinge tun aus Angst vor Strafe oder vor der Hölle, oder weil wir mal eine Belohnung kriegen – eine Krone oder irgendwas –, oder weil es sich halt so gehört, sondern weil wir unseren Vater lieben.
Nur diese Motivation – und das ist der Schlüssel – nur diese Motivationsstufe verändert mein inneres Wesen, mein Denken. Alles andere wird von außen gesteuert, aber verändert den inneren Menschen nicht.
Das ist so wie bei der Geschichte, in der ein Vater mit dem Auto fährt und der kleine Junge steht hinten auf der Rückbank. Der Vater sagt: „Junge, setz dich hin.“ Der Junge bleibt stehen. Der Vater fährt weiter und sagt wieder: „Junge, setz dich auf der Stelle hin.“ Der Junge bleibt stehen.
Dann sagt der Vater: „Setz dich auf der Stelle hin und schnall dich an, sonst bleibe ich stehen und dann gibt es was.“ Dann setzt er sich hin und sagt: „Äußerlich sitze ich, aber innerlich stehe ich immer noch.“
Seht ihr, das ist der Punkt: Angst oder nur der Belohnung wegen oder nur der Norm wegen – äußerlich sitzen wir, aber innerlich ist nichts geschehen. Denn das geschieht nur aus Liebe.
Die Erneuerung des Denkens als Schlüssel zur Verwandlung
Und darum sagt Römer 12,2, das ist der Bibelvers, der an meinem Ehering steht. Wir haben uns gegenseitig einen Bibelvers bei der Hochzeit gegeben.
„Stellt euch nicht dieser Welt gleich“, sagt Paulus, „sondern ändert euch durch die Erneuerung eures Denkens.“
Wie wird das verändert? Durch liebevolle Beziehungen. Dabei gibt es die vertikale Beziehung zu Gott und die horizontale Beziehung zu den anderen Menschen – das ist Leben.
Um verwandelt zu werden, braucht es folgende Voraussetzungen, um diese Verwandlung zu erleben. Ich habe jetzt vier Unterpunkte, vier Dinge, die es braucht, damit ein Mensch aus Liebe von innen heraus in Christus verwandelt wird.
Punkt Nummer eins ist ziemlich logisch: Du musst Jesus Christus persönlich kennen, nicht nur über ihn Bescheid wissen. Wenn du an deiner Ehe arbeiten möchtest, dann brauchst du eine Voraussetzung: Du brauchst einen Ehepartner. Das ist ziemlich logisch. Ohne Ehepartner kannst du nicht an deinem Eheleben arbeiten.
Das Gleiche gilt für den Glauben. Wenn du Christus ähnlich werden möchtest, wenn du in sein Bild verwandelt werden möchtest, dann musst du zuerst Christus kennen. Die Bibel nennt es: an ihn glauben, ihm vertrauen, wiedergeboren werden. Es gibt verschiedene Worte dafür, wie ihn aufnehmen oder sich auf ihn einlassen.
Dieser erste Schritt ist nicht nur biblisch, sondern total logisch und leicht nachzuvollziehen. Ohne Ehepartner kannst du nicht an deiner Ehe arbeiten, und ohne Christus kannst du nicht Christus ähnlich werden. Ich glaube, das ist klar.
Darum, falls jemand hier ist – ich weiß es nicht – wenn du Jesus noch nicht kennst, kann ich dich nur ermutigen: Lass ihn jetzt ein. Geh zum Herrn und sag: „Herr, ich will dir ähnlich werden und dazu brauche ich dich. Darum komme ich zu dir. Ich bekenne meine Schwäche, ich weiß, ich brauche dich. Komm du in mein Leben.“
Das ist der Beginn. Ohne diesen Schritt können wir Jesus nicht ähnlich werden.
Vertrauen in Gottes Güte als zweite Voraussetzung
Zweitens ist ein wichtiger Punkt: Du musst Gott hundertprozentig vertrauen, dass er es nur gut mit dir meint. Das ist ein ganz wichtiger und sensibler Punkt. Wenn ich Jesus ähnlich werden will, dann muss ich glauben, dass Gott exklusiv ein lieber, gnädiger und barmherziger Gott ist, der mich liebt, der mich kennt und der mich will.
Mit anderen Worten: Ich muss ein richtiges Gottesbild haben. Ein Gottesbild von einem Gott, der sich über mich freut und der nur das Beste für mich will. Die Frage ist: Glaubst du das? Viele sagen natürlich Ja. Aber die Bibel spricht auch viel vom Zorn Gottes, von seiner Gerechtigkeit und davon, dass er richten wird.
Das stimmt alles. Aber es kommt darauf an, mit welchem Fundament du ausgehst. Siehst du, viele Christen haben ein duales Gottesbild. Sie glauben, Gott ist liebend, aber auch wahnsinnig zornig. Jetzt bist du nie sicher, welchen Gott du vor dir hast: den liebenden oder den zornigen. Jesus ist uns ein bisschen lieber, er ist ein bisschen dynamischer und scheint ein bisschen liebender. Deshalb gehen viele lieber zu Jesus, weil sie beim Vater nicht ganz sicher sind.
Ich karikiere das, aber viele Christen leben so. Die Wahrheit ist: Die Bibel sagt ganz klar, Gott ist die Liebe. Die Bibel sagt nie, Gott ist Zorn. Ja, ein liebender Gott wird auch zornig sein, aber auch der Zorn Gottes ist motiviert aus Liebe. Ja, ein liebender Gott ist eifersüchtig, aber auch die Eifersucht ist motiviert aus Liebe. Ja, ein liebender Gott wird richten, aber selbst das ist motiviert aus Liebe, weil Gott Liebe ist.
Wenn du das nicht glaubst, dann weiß ich etwas von dir: Du kannst dein Leben diesem Gott nicht ganz anvertrauen. Es gibt Bereiche, da hältst du zurück, weil du Angst hast. Du denkst vielleicht: Wenn ich Gott das gebe, wird er mich vielleicht missbrauchen. Das ist ein blödes Beispiel, aber ein wahres.
Als junger Christ, da war ich 19, da hieß es, wir sollten für unseren Ehepartner beten, weil Gott uns den Ehepartner gibt, den er will. Wisst ihr was? Ich habe mir gedacht: „Herr, gib mir die Frau, die du mir geben willst.“ Da wusste ich von einer in unserem Bezirk, die so hässlich war, wie sie nur sein kann. Aber sie war gläubig und betete jeden Tag für einen gläubigen Ehemann. Hier ist ein Freiwilliger, basta!
Das klingt witzig, aber für mich war das real. Deshalb habe ich mich nicht getraut, das zu beten, weil ich dachte, wenn ich Gott freie Hand gebe, nutzt er mich aus. Er gebraucht mich für seine Zwecke, und ich bin halt nur ein Teil davon.
Als ich mit 15 Jahren gläubig wurde, als Christus mich gefunden hat, habe ich versucht, halbwegs dieses Christenleben zu leben. Aber ich habe bald eingesehen: Ich schaffe das nie. Mit 18, 19 Jahren habe ich erkannt, dass ich das Christenleben nie schaffen werde und habe den Stecker gezogen.
Ich kam zur Überzeugung, dass das Christsein für moralisch bessere Menschen geschaffen ist als mich. Ich habe angefangen, Kirche, Christen und Bibel zu meiden. Die Bibel habe ich zwar noch gelesen, konnte sie aber nie ganz weglegen. Besonders der Prediger, da steht: „Genieße deine Jugend.“ Dann steht zwar dabei, Gott wird dich richten, aber er denkt sich, das kannst du überlesen.
Für mehrere Jahre lebte ich so, als hätte ich nie etwas von Gott gehört. Wenn du mich mit 20 oder 21 gesehen hättest, hättest du gedacht, der Typ hat keine Ahnung von Gott. Es gab aber Zeiten, da wusste ich, Jesus ist da, aber ich habe ihm auch gesagt: „Ich will mit dir nichts zu tun haben. Es funktioniert für mich nicht.“
Es gab Momente, als ich Skilehrer war, da war ich schon mit Party, Trinken und Frauen unterwegs. Das war relativ normal. Ich habe mir schon gedacht: Wenn ich jetzt übertreibe und Jesus kommt zurück, dann geht es in die Hölle.
1985 war ich in Australien, ebenfalls als Skilehrer, und danach habe ich auf einer Farm gearbeitet. Dort gab es große Farmen, und ich hatte 10 Schafe zu betreuen und fuhr Traktor, tagelang fünf Kilometer in eine Richtung, das war ein bisschen langweilig.
Auf dieser Farm war ich nur ein paar Monate alleine. Der Manager sagte mir früh, was ich tun muss: nur Schafe und Traktor, nicht viel mit Versuchung.
In dieser Zeit habe ich wieder angefangen, meine Bibel zu lesen, eigentlich aus Langeweile, weil sonst nicht viel los war. Da habe ich gesagt: Ich gehe jetzt nach Hause und werde mein Leben ändern. Ich will nicht mehr so weiterleben, wie ich jetzt gelebt habe.
Ich habe dann auch den Römerbrief gelesen, wo steht, dass niemand dich aus seiner Hand reißen kann, weder gegenwärtiges noch zukünftiges. Ich bin versiegelt mit dem Heiligen Geist. Wenn ich untreu bin, bleibt er trotzdem treu und so weiter. All diese Dinge habe ich gelesen.
Und wisst ihr was? Ich hatte fast Angst davor, das zu glauben. Denn ich dachte: Wenn ich jetzt noch glaube, dass es egal ist, wie ich lebe, und er mich trotzdem liebt und treu bleibt, auch wenn ich untreu bin, dann lebe ich erst wie ein Wilder.
Aber wisst ihr, was geschah? Genau das Gegenteil. Von der Zeit an hat es mir so eine Freude gemacht, zu Jesus zu gehören. Die Liebe hat mich so überwältigt, dass es plötzlich von einem Dienstverhältnis mit Jesus zu einer Liebesbeziehung wurde. Eine Beziehung, auf die ich stolz war.
Ich habe gesagt: Zu diesem Herrn will ich gehören, nicht aus Pflichtbewusstsein, weil es so sein soll, sondern weil ich ihn liebe. Und eins kann ich heute ehrlich sagen: Ich bin stolz, zu Jesus zu gehören.
Schuld hat mich nie motiviert, mit Freude Jesus nachzufolgen, höchstens wie man einen Hund bei Regen in die Nässe rausjagt.
Der Unterschied ist: Unterwirfst du dich Jesus, Gott dem Vater, aus Angst oder ergibst du dich aus Liebe? Und das hängt von deinem Gottesbild ab.
Darum Punkt Nummer zwei: Wenn wir so werden wollen wie Jesus, Jesus ähnlich werden, müssen wir glauben, dass Gott es absolut gut mit uns meint.
Seht ihr, es stimmt schon, Satan ist der Fürst dieser Welt. Aber Satan ist nicht mehr mein Fürst. Mein Fürst ist der Friedefürst. Und darum glaube ich, dass, was auch immer mir geschieht, mein Vater es filtert, bevor es auf mich zukommt.
Leben aus der Kraft Gottes statt eigener Anstrengung
Dritter Punkt
Wenn wir Jesus ähnlich werden wollen, dann müssen wir aus seiner Kraft leben und nicht aus eigener Anstrengung. Die meisten von euch kennen wahrscheinlich diese Armbänder, die vor Jahren sehr populär waren: "What Would Jesus Do" – kurz WWJD. Einige von euch kennen das sicher. Ich finde diese Bänder super. Meine Kinder haben davon zehn oder so, und manchmal sind sie eine gute Gelegenheit für ein Gespräch. Aber die Theologie dahinter würde ich mal hinterfragen.
Was würde Jesus tun? Ich bin Skifahrer, das ist mein Beruf. Ich bin auch ein bisschen Rennen gefahren, war aber nie besonders erfolgreich, nur bei Bauernrennen. Beim nächsten Bauernrennen, bei dem ich mitfahre, werde ich mir so ein Armband kaufen, auf dem steht: „What would Bode Miller do?“ Bode Miller ist der Lieblingsfahrer meiner Kinder, darum nenne ich ihn. Bode Miller ist Amerikaner und ein Superskifahrer. Was würde Bode Miller tun? So ein Band kaufe ich mir, und dann werde ich zum Rennen gehen und genau das tun, was Bode Miller tut – und ich werde gewinnen. Wahrscheinlich nicht.
Wisst ihr, warum? Ich habe Skifahren studiert, mehrere Jahre lang, vier Jahre. Ich weiß genau, was Bode Miller tut. Das Problem ist: Ich kann es nicht, weil ich weder die Kraft, noch die Koordination, noch die Balance habe wie er. Darum kann ich nicht tun, was er tut.
Dann wisst ihr, was diese Bänder bedeuten? „What would Jesus do?“ – Ja, manchmal glaube ich schon zu wissen, was er tun würde. Aber ich kann es nicht. Ich habe weder die Kraft noch die Autorität, dies zu tun. Wenn wir Jesus ähnlich werden wollen, dann müssen wir aus seiner Kraft leben, nicht aus meiner.
Manchmal, zumindest ich, habe jahrelang so gelebt: „Jesus, du bist so gut zu mir, du hast so viel für mich getan, und jetzt kremple ich die Ärmel hoch und tue etwas für dich. Jetzt ist mein Turn.“ Das muss kläglich daneben gehen. Es geht gar nicht anders.
Ich möchte euch noch ein Beispiel nennen. Wir haben zuhause in den Bergen, auch hier in der Schweiz, heuer wieder viel Schnee. In den letzten zwei Wochen hatten wir so viel Schnee wie schon jahrelang nicht mehr, was super ist. Aber es ist auch viel Arbeit. Ich wohne ziemlich oben am Berg, und mit der Schneeschaufel geht einem das irgendwann auf die Nerven.
Wir haben einen großen Parkplatz bei unserer Frühstückspension, der muss ausgeschaufelt werden. Wenn viel Schnee liegt, hole ich mir den Traktor vom Schwiegervater. Darum heirate ich immer die Tochter von einem Bauern – dann ist auch ein Traktor dabei. Mit dem Traktor, der 100 PS oder was weiß ich hat, räume ich den ganzen Parkplatz in 20 oder 30 Minuten sauber aus, alles super.
Dann bringe ich den Traktor zurück zum Schwiegervater, nehme eine kleine Holzschaufel, trage sie Lukas in die Hand und sage: „Lukas, wenn du mich wirklich liebst, dann wirst du den Parkplatz genauso räumen wie ich.“ Lukas ist jetzt 20. Ich zeige ihm, wie man den Parkplatz räumt, weil ich drei Wochen unterwegs bin. Wenn es schneit, bist du jetzt verantwortlich, dass der Parkplatz geräumt ist.
Das ist eine Riesengemeinheit. Frage: Ist Gott gemein? So leben viele Christen. Jesus hat gesagt: „Ich tue nichts von mir aus. Alles, was ich tue, tut der Vater in und durch mich, nicht von mir.“ Und dann hat er gesagt: „So wie ihr Vater mich gesandt hat, so sende ich nun euch.“
Jesus hat nicht mit dem Traktor in dieser Welt gelebt und uns eine Holzschaufel hinterlassen. Er hat gesagt: „Ich gebe euch dieselbe Kraft, die ich hatte.“ Ansonsten wäre Jesus gemein – und das ist er nicht. Das ist der Heilige Geist.
Der Heilige Geist, die Kraft des Heiligen Geistes, die Gott uns gegeben hat, ist da, wenn ich morgens aufstehe und sage: „Herr, ich kann das nicht.“ Und der Herr sagt: „Ich weiß, du musst es auch nicht können, aber ich lebe in dir. Du geh nur, ich tue es.“ Dann sage ich: „Okay, ich gehe halt.“ Und wisst ihr was? Die meisten Tage sind so. Ich gehe nachts ins Bett und sage: „Herr Jesus, ich habe keine Ahnung, was heute geschehen ist.“ Er antwortet: „Du musst es auch nicht wissen, aber ich habe es.“ Wenn du gesegnet hast, weiß ich es nicht, dann sagt er: „Ich habe gesegnet.“ Weil ich aus seiner Kraft lebe.
Nicht wir bauen die Gemeinde, Jesus baut seine Gemeinde. Du bist nicht Gemeindebauer, sondern ein Baustein im Bau. Da haben wir oft ein großes Defizit. Wir glauben, wir sind Gemeindebauer. Nein, das ist Jesus. Wir sind das Gebäude. Und du bist auch als Pfarrer oder Prediger ein Stein im Gebäude, nicht derjenige, der das Gebäude baut.
Das ist so entspannend: „Ich werde meine Gemeinde bauen, und ihr werdet meine Zeugen sein.“ Ihr seid die Zeugen, wie ich Gemeinde baue. Darum bezeugt, und ich baue. Das ist extrem entspannend.
Darum bin ich so gerne Christ. Ich muss die Welt nicht retten, das tut er. Und er wohnt in mir. Wenn er diese Hände und Füße verwenden will, dann soll er es tun. Aber es ist nicht meine Verantwortung. Meine Verantwortung ist, in Gemeinschaft mit meinem Herrn zu leben, dort treu zu sein, wo er mich hinstellt. Alles andere ist seine Sache.
Aus seiner Kraft leben – darüber haben wir eigentlich schon vormittags gesprochen. Wenn wir Jesus ähnlich werden wollen, müssen wir in dieser täglichen Beziehung mit Jesus leben.
Seht, alles, was du zu einem Eheleben brauchst, ist ein Ehepartner. Das stimmt. Aber nachdem du den Ehepartner hast, musst du auch lernen, wie du mit ihm lebst. Übertragen auf das Christenleben: Alles, was du zum Christsein brauchst, ist Jesus Christus. Das stimmt. Aber jetzt muss ich auch lernen, wie ich mit diesem Christus alltäglich lebe.
Nur ihn zu haben genügt. Stimmt. Aber ich muss auch lernen, wie ich mit ihm lebe. Darum ist einer meiner Lieblingsverse 1. Timotheus 4,7: „Übe dich in der Gottesfurcht.“ Es ist eine Übung. Im Englischen gefällt mir das noch besser: „Train yourself to be godly“ – trainiere dich, ein göttliches Leben zu führen. Es ist eine Übung.
Auch reden muss man lernen, auch mit der Frau reden muss man lernen, auch beten kann man lernen. Nicht als Vorlage, sondern ich muss lernen, wie ich damit umgehe. Und das lernt man nicht in zehn Jahren. Da braucht man ein Leben, und am Ende des Lebens hat man es ein bisschen gelernt.
Wir sind heute sehr ungeduldig, finde ich. Ich bin ungeduldig, das ist eine meiner größten Schwächen. Ich glaube immer, wenn ich etwas erkannt habe, dann muss es morgen funktionieren. Nein, es ist eine Beziehung.
Seht ihr, ich bin jetzt 25 Jahre mit meiner Frau Anne Lore verheiratet. Aber ich muss jeden Tag wieder neu lernen, mit ihr zu leben. Nur weil es jetzt ein Jahr super funktioniert hat, heißt das nicht, dass es nächstes Jahr auch so sein wird. Denn es ist eine Person, die lebt, mit der ich im Umgang bin.
So dürfen wir auch lernen, mit Jesus zu leben, auf ihn zu hören, mit ihm zu reden, ihn einzubeziehen, ihn zum Gegenüber zu machen in all meinem Denken.
Jesus als ständiger Begleiter im Alltag
Als letzter Satz noch: Ich habe einmal einen gewissen Frank Laubach gelesen. Das war ganz interessant, ein Tagebuch. Er sagte, dass es für ihn dasselbe ist, einen Menschen anzusehen, wie für diesen Menschen zu beten.
Seht ihr, wenn ich euch anschaue – egal, ob ich dich anschaue, wie heißt du noch mal? Der Rieche, genau. Wenn ich den Rieche anschaue, kann ich nicht anders, ich muss etwas denken. Ich schlafe ja nicht, ich denke. Zum Beispiel denkt er vielleicht: „Der hat ein Bord, hätte ich auch mal gerne, funktioniert bei mir nicht“ oder irgendetwas anderes.
Und seht ihr, da ich ohnehin bereits etwas denke, kann ich sofort verbinden und sagen: „Herr, segne ihn.“ Das ist keine Anstrengung, weil ich ja bereits denke. Der Rieche denkt sich auch etwas, wenn er mich anschaut. Vielleicht denkt er: „Herr, da endlich auf“ oder so.
Du kannst für mich beten, das ist keine Anstrengung, weil du mich ja bereits ansiehst. Das heißt, in unseren Gedanken Jesus als unser Gegenüber zu sehen und es mit ihm zu teilen, ist keine Anstrengung.
Paulus formuliert das im 2. Korintherbrief 10 so: Er sagt, man solle jeden Gedanken gefangen nehmen und ihn dem Gehorsam Christi unterwerfen. Das ist das Prinzip. Die Gedanken, die wir ohnehin schon haben – das ist keine Produktion von Gedanken, keine Anstrengung und auch kein Werk, weil du sowieso denkst.
Du legst sie einfach Jesus hin. So beginnt man, in der Gegenwart Jesu zu leben und zu sein.
Schlussgebet: Dank und Bitte um Verwandlung
Ich bete noch lieber, Vater.
Ich danke dir, dass du uns berufen hast, deinem Sohn ähnlich zu werden. Danke, dass du uns nicht im Dunkeln gelassen hast, wie du bist, Herr Jesus.
Du bist Mensch geworden, einer von uns, und hast uns als Mensch gezeigt, wie wir in Abhängigkeit zu unserem Gott leben können. So wie du, Herr Jesus, als Mensch in Abhängigkeit zu deinem Vater gelebt hast, dürfen auch wir heute in Abhängigkeit zu dir als Mensch leben und jeden Tag neu dazulernen.
Vater, gewisse Wahrheiten kannten wir bereits vor zehn Jahren und haben sie wieder vergessen. Das, was wir heute erkennen, haben wir nächsten Monat vielleicht wieder vergessen. Deshalb wollen wir uns in unseren Gemeinden, in unseren Bibelstunden und in unserem Zusammenkommen immer wieder gegenseitig ermutigen, das Leben zu leben, das wir wieder vergessen haben – nämlich in Gemeinschaft mit dir und miteinander.
Danke, Herr Jesus, dass du da bist und lebst. Danke, Herr, dass wir dich kennen dürfen. Danke, dass wir wissen dürfen, dass du ein guter und liebender Gott bist, der es gut mit uns meint.
Danke, Herr, dass wir dieses Leben nicht aus eigener Kraft leben müssen und auch nicht können, sondern dass wir es aus der Kraft des Heiligen Geistes jeden Tag neu leben dürfen. Danke, dass wir dich in allen Dingen des Lebens als Gegenüber haben und dich einbeziehen können.
Und das bete ich, Vater, für die lieben Männer hier, für mich selbst, meine Familie und meine Mitarbeiter. Herr, ich bitte, dass das wahr sein darf und bleiben möge – in dieser Beziehung zu leben.
Dazu hast du uns geschaffen, als drei einiger persönlicher Gott. Amen.