Die Lehre der Apostel: Der zweite Korintherbrief, Vers für Vers – Theologie, die dich im Glauben wachsen lässt. Nachfolge praktisch – dein geistlicher Impuls für den Tag.
Mein Name ist Jürgen Fischer. Ich bin zwar ziemlich erkältet, aber trotzdem geht es heute um den zweiten Korintherbrief, Kapitel 1, die Verse 1 bis 4.
Einführung und Absender des Briefes
2. Korinther 1,1: Paulus, Apostel Christi Jesu durch Gottes Willen, und Timotheus, der Bruder, an die Gemeinde Gottes, die in Korinth ist, samt allen Heiligen, die in ganz Achaia sind.
Beginnen wir mit diesem ersten Vers: Paulus bezeichnet sich als Apostel Christi Jesu durch Gottes Willen. Er sieht sich als Apostel, macht aber auch deutlich, dass er dieses Amt nicht aus eigenem Antrieb gewählt hat. Es war Gott, der ihn dazu berufen hat. Das bedeutet natürlich auch, dass jeder, der ihn als Apostel ablehnt, sich somit gegen Gott stellt.
Interessanterweise zeigen die Gegner Paulus’ Anerkennung seiner Autorität, indem sie sich selbst ebenfalls als Apostel bezeichnen. Dies verdeutlicht, dass selbst seine Feinde anerkennen, dass Paulus tatsächlich Apostel ist.
Weiter lesen wir: „Und Timotheus, der Bruder.“ Paulus nennt hier Timotheus nicht als Sekretär, sondern als einen Kollegen, einen zweiten Absender seines Schreibens. Damit möchte er zeigen, dass er mit dem, was er schreibt, nicht allein dasteht.
Es sind jedoch nicht nur Paulus und Timotheus, sondern auch alle Heiligen, die in ganz Achaia sind. Achaia war die römische Provinz, zu der Korinth gehörte. Augustus hatte ganz Griechenland in zwei Provinzen aufgeteilt: Mazedonien im Norden und Achaia im Süden.
Paulus nennt die anderen Christen aus Achaia als Absender, weil die Korinther verstehen müssen, dass sie nicht die einzigen Christen sind. Zwar gab es wahrscheinlich große wirtschaftliche und kulturelle Unterschiede zwischen der Hauptstadt Korinth und dem ärmeren Hinterland. Doch im Blick auf ihren Status als Gläubige, als Heilige – also als berufene Sünder – können die Hauptstädter von den anderen noch viel lernen.
Der Segenswunsch und die Nähe Gottes
2. Korinther 1,2: Gnade euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus.
Gnade und Friede sind hier als dynamische Größen zu verstehen. Wir sind begnadigt, um täglich aus der Gnade zu leben. Wir haben Frieden mit Gott, um diesen Frieden täglich zu erfahren und weiterzugeben.
In diesem Zusammenhang sei festgehalten, dass Gott kein ferner Gott ist. Der Gott, an den wir glauben, ist nicht der Gott der Deisten, der diese Welt wie eine Standuhr aufzieht, sie einmal ins Dasein ruft und dann ohne sein Zutun funktionieren lässt.
Nein, Gott ist ein Nahgott. Sein Apostel wünscht seinen Briefempfängern den Segen eines nahen Gottes – den Segen von Gott, dem Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Gott will mit seiner Gnade und seinem Frieden eine tägliche Erfahrung sein für die, die ihn als Vater anrufen.
Der ungewöhnliche Lobpreis zu Beginn des Briefes
Wenn wir nun weiterlesen, fällt auf, dass sich der zweite Korintherbrief von allen anderen Paulusbriefen dadurch unterscheidet, dass er mit einem Lobpreis beginnt. In Vers 3 lesen wir: „Gepriesen sei der Gott und Vater.“
Hier fehlt etwas Wesentliches. Was fehlt, ist die Freude an den Briefempfängern. Normalerweise lobt der Apostel und freut sich an den Christen, an die er schreibt. Er erwähnt, was er an ihnen schätzt. Doch davon ist hier nichts zu finden.
Üblicherweise hebt Paulus hervor, was Gott für die Korinther getan hat und durch sie wirkt. Im zweiten Korintherbrief jedoch feiert er, was Gott nicht für die Korinther und durch sie, sondern für ihn, den Apostel, und durch ihn getan hat. Statt für die Korinther zu danken, hofft er, dass sie für ihn danken.
Warum dieser Unterschied? Dafür gibt es verschiedene Erklärungen. Vielleicht freut sich Paulus einfach darüber, dass Gott ihn aus großer Gefahr gerettet hat. Er kann nicht anders, als anderen davon zu berichten. So etwas kennt wohl jeder.
Vielleicht soll der Fokus auf ihn, auf sein Leiden und seine Errettung auch dazu beitragen, das Vertrauen der Korinther in ihn, ihren Apostel, zurückzugewinnen. Wenn sie sehen, wie Gott seinen Apostel gerettet hat, fangen sie vielleicht an, wieder mit ihm zu sympathisieren.
Das wäre dann ein rhetorischer Kniff: Zuerst sorge ich dafür, dass mich meine Leser mögen und für meine Rettung danken. Sie sollen sehen, wie Gott rettend in mein Leben eingegriffen hat. Erst danach wechsle ich in den Angriffsmodus gegen die falschen Apostel, die immer noch präsent sind und das Verhältnis der Korinther zu ihrem Gründungsapostel weiterhin sabotieren können.
Gottes Charakter als Quelle des Trostes
2. Korinther 1,3: Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Erbarmungen und Gott allen Trostes.
Das, was wir hier lesen – „gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus“ – ist ein typischer jüdischer Lobpreis Gottes. So sagt beispielsweise Salomo in 1. Könige 8,15: „Gepriesen sei der Herr, der Gott Israels, der mit seinem Mund zu meinem Vater David geredet und mit seiner Hand erfüllt hat, was er verheissen hatte.“ Oder im Psalm 41,14: „Gepriesen sei der Herr, der Gott Israels von Ewigkeit zu Ewigkeit, Amen und Amen!“
2. Korinther 1,3: Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Erbarmungen und Gott allen Trostes.
Gott ist immer der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus. Hinter dem „unser“ steckt die Idee, dass jeder, für den Jesus Herr ist, auch Zugang zu Gott als Vater hat. Dabei spielt es keine Rolle, woher wir kommen – ob wir vor unserer Bekehrung Juden, Heiden, Agnostiker oder Muslime waren. Wo Jesus Herr wird, da wird Gott zum Vater.
Man kann es auch umdrehen: Wo man Jesus nicht als Herrn anerkennt, wird Gott auch nicht zum Vater. Das Herrsein Jesu ist für Paulus ein ganz zentraler Bestandteil des Christentums. In Kolosser 2,6 heißt es: „Wie ihr nun den Christus Jesus, den Herrn, empfangen habt, so wandelt in ihm.“
Versteht ihr? Bekehrung heißt, ich empfange einen neuen Herrn. Deshalb sagt Paulus in 2. Korinther 1,3: „Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Erbarmungen und Gott allen Trostes.“
Gott ist nicht nur ein Gott der Bekenntnisse und der Theorie, man kann ihn erfahren. Für Römer war das übrigens ein völlig irrer Gedanke. Von Plinius dem Jüngeren, einem Stoiker, lesen wir: „Dass ein höheres Wesen, was auch immer es sein mag, sich mit menschlichen Problemen beschäftigt, ist einfach eine lächerliche Idee.“ So denken die Heiden.
Aber das gilt eben nicht für unseren Gott und Vater. Er ist ein Vater der Erbarmungen und ein Gott allen Trostes. Er hat ein Herz für die Schwachen und will uns seinen Trost schenken.
Dabei ist das Wort „Trost“ vielleicht ein wenig missverständlich. Wir denken bei Trost oft nur an tröstliche Worte, aber das ist nicht ganz richtig, wenn man das griechische Wort „Paraklesis“ verstehen will. Man kann es mit Unterstützung, Hilfe, Ermahnung, Ermunterung oder eben auch Trost übersetzen.
Schon aus der Vielfalt der Übersetzungsmöglichkeiten merkt man: Es geht bei Trost um mehr. Es geht darum, dass Gott mir das gibt, was ich brauche, um in schwierigen Zeiten den Herausforderungen mit der nötigen Entschlossenheit und Zuversicht zu begegnen. Das ist Trost.
Mir all das zu geben, was ich brauche – das ist Gottes Kompetenz in Sachen Trost. Deshalb ist er der Gott allen Trostes und der Vater der Erbarmungen.
Unser Gott ist der Vater von dem, der sich für uns hat kreuzigen lassen. Deshalb weiß Gott, was Leid ist. Als ein Gott, der Leid kennt, nimmt er zwar das Leid aus unserem Leben nicht weg. Auch wenn ich sicher bin, dass unsere Gebete und unsere Schutzengel viel bewirken, bleibt das Leid für uns bestehen.
Wir dürfen aber wissen, dass mit dem Leid der Gott allen Trostes auf den Plan tritt, damit wir die innere Stärke finden, dem Leid entgegenzutreten.
Merkt euch das gut: Kommt das Leid, kommt die Kraft Gottes, der uns tröstet in all unserer Bedrängnis, damit wir wiederum die trösten können, die in allerlei Bedrängnis sind – durch den Trost, mit dem wir selbst von Gott getröstet werden.
Die Bedeutung von Bedrängnis und Gottes Trost
Wenn Paulus von Bedrängnis spricht, kann er damit sowohl Druck von außen, also Verfolgung, als auch Druck von innen, psychischen Druck, meinen.
In Römer 8,35 geht es um äußeren Druck. Dort heißt es: Wer wird uns scheiden von der Liebe Christi? Bedrängnis oder Angst oder Verfolgung oder Hungersnot oder Blöße oder Gefahr oder Schwert. Man merkt, hier wird etwas von außen beschrieben.
Es gibt aber auch Philippa 1,17, wo Bedrängnis als Druck von innen thematisiert wird. Dort heißt es: Die anderen verkündigen Christus aus Eigennutz nicht laut, weil sie mir in meinen Fesseln Bedrängnis zu erwecken gedenken.
Wir müssen ganz nüchtern bleiben in der Realität und können diese beiden Formen von Bedrängnis natürlich nicht strikt voneinander trennen.
Wenn wir uns trotzdem das Thema Bedrängnis einmal genauer anschauen, was können wir dann von Paulus lernen? Es sind vier Punkte. Erstens...
1. Bedrängnis als normaler Bestandteil des Glaubensweges
Er sieht Bedrängnis nicht als etwas Fremdes an. Verfolgung, Nöte sowie Druck von außen und innen sind ganz normal für den, der Jesus dient.
Ein Blick auf das Kreuz sollte uns lehren, dass Versöhnung ein teures Geschäft ist. Wo das Evangelium von der Versöhnung gepredigt wird, dort wird ein Preis in Form von Leid bezahlt.
Egal wie hingegeben wir sind, sollten wir nicht erwarten, dass Anerkennung, Wohlstand, Gesundheit oder Akzeptanz in diesem Leben normal sind.
Zweitens...
2. Gottes Trost als Quelle der Kraft
Der Trost, mit dem wir selbst von Gott getröstet werden
Jeder wirklich brauchbare Trost kommt von Gott. Sein Trost, egal in welcher Form, ist einzigartig und wirksam. Dabei erinnern wir uns an die Bedeutung von Trost: Er kann Ermahnung, Ermunterung, Hilfe und vieles mehr bedeuten. Sein Trost nimmt es mit den Bedrängnissen in unserem Leben auf.
Voraussetzung dafür ist, dass wir ihn suchen. Wer vor Gott davonläuft, Gemeinschaft meidet und kaum noch betet oder die Bibel liest, weil es ihm so schlecht geht, der muss seine Hingabe, sein Gottesbild und seine Klugheit wirklich hinterfragen.
Wer seine Beziehung mit Gott mitten im Leid beendet, mag glauben, dass damit sein Leid ein Ende hat. Doch weit gefehlt: Auch der Ungläubige leidet. Wenn ich Gott aufgebe, dann gebe ich die einzig wahre Quelle von brauchbarem Trost im Universum auf.
Drittens...
3. Bedrängnis stärkt den Glauben
Die Bedrängnisse tragen bei Paulus dazu bei, dass sein Glaube an die Macht Gottes gestärkt wird, nicht geschwächt. Wir haben das gerade gelesen, gepriesen sei Gott.
Im Christentum ist es das Leid Christi am Kreuz, durch das Versöhnung und Rettung in die Welt gekommen sind. Leid ist einfach da – ein natürlicher Bestandteil einer vergänglichen Welt. Leid ist das Böse, das Gott benutzt, um die Welt zu befreien. Es ist ein Mittel, das Gott verwendet, aber keine Sache, die er sucht.
Paulus sieht das anscheinend ganz ähnlich. Jedenfalls erklärt er nie das heute so populäre Problem des Bösen in der Welt. Er freut sich nicht über die Bedrängnisse; sie sind für ihn wie für andere Menschen auch eine Herausforderung. Doch Paulus problematisiert auch nie die Frage, warum guten Menschen schlechte Dinge widerfahren.
Er läuft dem Leid nicht davon oder schirmt sich in einem Kloster ab, sondern nimmt es an. Kein Ärger, keine Bitterkeit – sondern ein tiefes Vertrauen in Gottes Wege, Gottes Weisheit, Gottes Fürsorge und Trost. Was er im Leid mit Gott erlebt, stärkt seinen Glauben.
Viertens...
4. Gottes Trost soll weitergegeben werden
Gottes Trost will weitergegeben werden. Hier heißt es: Er tröstet uns in all unserer Bedrängnis, damit wir die trösten können, die in allerlei Bedrängnis sind.
Gottes Trost sorgt nicht nur dafür, dass es uns besser geht, sondern auch dafür, dass wir gestärkt sind für die Aufgabe, anderen mitten in ihrem Leid beizustehen. Gott tröstet, damit wir als Getröstete zu Tröstenden werden.
Merkt ihr? Gottes Trost ist etwas, das durch uns hindurch zu anderen fließen will. An dieser Stelle wird sofort noch etwas deutlich: Das Christentum ist nicht die Religion, in der Gläubige als Einzelne mit ihrem Gott glücklich werden. Im Christentum brauchen wir einander.
Wir freuen uns miteinander, leiden miteinander und erfahren – Achtung – Gottes Trost genau in dem Moment, wenn andere Christen uns mit ihren Gaben beistehen. Wenn ich mitten im Leid selbst noch einen Blick für die Nöte derer habe, denen ich dienen kann, dann verändert das auch etwas an meinem eigenen Leid.
Wirklich schlimm dran sind nämlich Menschen, die sich mitten im Leid nur noch um sich selbst drehen.
Das war's für heute. Morgen geht es mit dem 2. Korintherbrief weiter. Das Skript zum Vortrag findest du auf frogwords.de oder in der App.
Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.
