Einleitung: Zweifel am Wahrheitsgehalt der Evangelien
Rund um Jesus – Fünf Antworten auf immer wieder gestellte Fragen
Theologie, die dich im Glauben wachsen lässt, Nachfolge praktisch – dein geistlicher Impuls für den Tag.
Mein Name ist Jürgen Fischer, und heute geht es um den Wahrheitsgehalt der Evangelien.
Wenn man mit Menschen über Jesus redet, kommt ein Einwand gegen den Glauben eigentlich immer wieder. Der Einwand lautet etwa so: Die Evangelien, also die Berichte über Jesus von Matthäus, Markus, Lukas und Johannes, seien nicht wahr. Sie seien erfunden.
Es gebe vielleicht hier und da einen wahren Kern, aber im Wesentlichen seien sie eine Sammlung von Legenden über Jesus. Legenden, die sich die Christen Jahrzehnte nach den Ereignissen ausgedacht hätten, um Jesus als Prediger und Wunderheiler interessanter zu machen.
Es wird dann gerne gesagt, man müsse sich das ein wenig wie bei „Stille Post“ vorstellen: Christen erzählen anderen Christen von Jesus, diese erzählen es weiter, aber nur fast richtig. So gehe das über Jahrzehnte, und schlussendlich schreibe einer alles auf.
Das, was hinten herauskomme, sei das Evangelium. Aber es habe natürlich mit den ursprünglichen Ereignissen fast nichts mehr zu tun.
So in etwa lautet der Einwand.
Und wenn er wahr wäre, wäre ich kein Christ. Einfach deshalb nicht, weil ich es total blöd fände, an ausgedachte Geschichten und Legenden zu glauben.
Die Evangelien als antike Biografien: Drei Gründe für ihren Wahrheitsgehalt
Kommen wir also zu den Gründen, warum ich glaube, dass die Evangelien keine Geschichten über Jesus sind, die mit mythologischen Elementen angereichert wurden, um sie spannender zu machen.
Inzwischen ist es akademischer Standard, die Evangelien als antike Biografien zu betrachten. Dafür gibt es gute Gründe. Drei davon möchte ich vorstellen.
Warum halte ich die Evangelien nicht für Legenden? Grund Nummer eins: Die Sache mit den Augenzeugen.
Grund Nr. 1: Die Augenzeugen als Quelle
Der Einwand mit dem Stille-Post-Argument funktioniert nicht, wenn man denjenigen am Anfang der Kette fragen kann, was er gesagt hat. Andersherum funktioniert Stille Post als Spiel nur, weil man gerade nicht fragen darf. Und nur deshalb ist es ein lustiges Spiel.
Bei der Überlieferung der Jesusgeschichten war das ganz anders. Es gab viele Menschen, die am Anfang dabei waren, und diese konnte man alle noch lange fragen.
Ich mache das an einem Beispiel deutlich: Nehmen wir an, ich lebe im ersten Jahrhundert in Ägypten und höre davon, dass es in Israel diesen Jesus gegeben haben soll. Ein Christ erzählt mir davon, und ich möchte gern wissen, ob seine Erzählungen stimmen. Was kann ich tun? Ich kann ganz schnell eines machen: Ich fahre nach Israel und frage dort nach.
Ich frage nach, weil es dort sehr viele Menschen gibt, die diesen Jesus erlebt haben, seine Predigten gehört haben oder vielleicht sogar seine Wunden gesehen haben. Dabei muss man sich eines vor Augen halten: Die Kultur damals kannte noch nicht das, was wir heute als Reizüberflutung durch Medien bezeichnen.
Wir sind daran gewöhnt, dass wir Gehörtes schnell wieder vergessen, weil wir so viel hören, dass wir vergessen müssen. Damals war das ganz anders. Hören und Auswendiglernen waren die Formen des Unterrichts. Was wichtig war, wurde ganzen Gruppen beigebracht, damit immer genug Schüler vorhanden waren, die auf Fehler in der Überlieferung hinweisen konnten.
Bei Jesus war das nicht anders. Er hatte Dutzende von Jüngerinnen und Jüngern, die mit ihm unterwegs waren, ihm zuhörten und, wie gesagt, von klein auf darauf trainiert waren, sich das Gehörte zu merken. Auf genau diese Augenzeugen greifen die christlichen Autoren zurück. Es ist eben nicht wie bei Stille Post, sondern man schnappt sich den Ersten in der Reihe und fragt ihn.
Genau das haben die Autoren der Evangelien getan. Entweder waren sie selbst Jünger Jesu und hatten ihn live gehört, wie Matthäus oder Johannes. Oder sie waren sehr nah dran, wie Markus, der Mitarbeiter von Petrus war. Oder sie haben, wie Lukas, live vor Ort Augenzeugen befragt.
Lukas, der Mitarbeiter des Apostels Paulus, gehört definitiv zu den besten Historikern der Antike. Sein Evangelium, das Lukasevangelium, beginnt mit diesen Worten (Lukas 1,1-3):
„Schon viele haben versucht, diese Ereignisse zusammenhängend darzustellen, die Gott unter uns geschehen ließ und mit denen er seine Zusagen eingelöst hat. Diese Ereignisse sind uns überliefert in den Berichten der Augenzeugen – habt ihr es? Nochmal! Diese Ereignisse sind uns überliefert in den Berichten der Augenzeugen, die von Anfang an alles miterlebt hatten und die den Auftrag erhielten, die Botschaft Gottes weiterzugeben. So habe auch ich mich dazu entschlossen, all diesen Überlieferungen bis hin zu den ersten Anfängen sorgfältig nachzugehen.“
Schön, oder? Lukas kennt Augenzeugen und ihre Berichte und betont, dass er der ganzen Sache bis zu den ersten Anfängen auf den Grund gegangen ist.
Also, warum sind die Evangelien keine Legenden? Ganz einfach: Weil es die Augenzeugen gibt.
Grund Nummer eins: Sie passen super in die Zeit.
Grund Nr. 2: Die Evangelien passen in ihre Zeit
Wenn die Evangelien keine Legenden sind, sondern historische Berichte, dann müssen sie die Zeit, in der sie spielen, genau abbilden.
Man erwartet eine Vertrautheit mit der Geographie, der Kultur, den religiösen Gepflogenheiten bis hin zur statistischen Verteilung der Namen, die für diese Zeit typisch waren. All das findet sich in den Evangelien.
Es geht noch weiter: Weil es historische Berichte sind, finden sich auch solche Details, die aus dem Rahmen fallen. Ein gutes Beispiel dafür sind die Berichte über die Auferstehung Jesu.
In diesen Berichten spielen Frauen eine große Rolle. Sie stehen unter dem Kreuz, sie wissen, wo das Grab Jesu ist, und sie sind am Ostersonntag die Ersten am Grab. Ihnen begegnet der auferstandene Jesus, und er schickt sie zu den Jüngern.
Für uns ist daran wenig bis nichts Außergewöhnliches, doch damals galt das Zeugnis einer Frau viel weniger als das eines Mannes. Wären die Evangelien keine historischen Berichte, sondern Legenden, etwas Erfundenes, um Glauben zu wecken, dann wären Männer als Zeugen angeführt worden.
Ein amerikanischer Autor hat es gut auf den Punkt gebracht, als er sagte: „Es ist ein unmissverständlicher Hinweis auf den Wahrheitsgehalt des Berichtes – gemeint ist die Auferstehung –, dass Jesus in einer von Männern dominierten Kultur zuerst Frauen erschien.“ Genau so ist es.
Also, Grund Nummer zwei: Die Evangelien passen genau in die Zeit, die sie beschreiben. Es sind historische Berichte, keine Legenden.
Und Grund Nummer drei: Es fehlen die Themen, die später in der Gemeinde wichtig wurden.
Grund Nr. 3: Fehlende spätere Gemeindethemen in den Evangelien
Dieses Argument klingt vielleicht etwas ungewöhnlich. Doch was würde man erwarten, wenn sich eine Legende nach der anderen entwickelt hätte? Dann wäre ein Großteil der Evangelien einem Denken entsprungen, das lange nach der Zeit Jesu entstand.
Davon müsste man doch in den Evangelien etwas wiederfinden. Tatsächlich wird jedoch ein Jesus vor der Auferstehung geschildert. Die Jünger wirken an vielen Stellen noch unsicher und haben nicht den Durchblick, den sie später hatten.
Auch die Probleme der jungen Gemeinde aus den Jahren 40 bis 60 nach Christus kommen in den Evangelien nicht vor.
Zusammenfassung und Ausblick
Kommen wir zum Schluss: Warum sind die Evangelien keine Legenden, sondern historische Berichte?
Dafür gibt es drei Gründe. Erstens, weil sie auf viele Augenzeugen zurückgehen, die teilweise auch namentlich genannt werden. Zweitens, weil sie sehr gut in die Zeit passen, die sie beschreiben. Drittens, weil sie nur die Themen behandeln, die zur Zeit Jesu bekannt und wichtig waren.
Alles ist genau so, wie man es von einem historischen Bericht, einer antiken Biografie über das Leben Jesu, erwarten würde.
Was könnte man jetzt tun? Man könnte sich noch ein Video zu diesem Thema anschauen. Ein Link dazu ist im Skript.
Das war's für heute. Wenn du noch nicht damit angefangen hast, regelmäßig Bibelverse auswendig zu lernen, dann fang doch heute damit an.
Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.