Einführung in die Verurteilung Jesu durch Pilatus
Ich lese aus der Passionsgeschichte, die uns die ganze Woche über begleitet hat. Es ist das Matthäusevangelium, Kapitel 27. Diesmal nicht die Kreuzigungsgeschichte, sondern die Verurteilung durch Pilatus.
Im Matthäusevangelium, Kapitel 27, ab Vers 15, steht: Zum Fest hatte der Statthalter die Gewohnheit, dem Volk einen Gefangenen loszugeben, welchen sie wollten. Zu dieser Zeit gab es einen berüchtigten Gefangenen namens Barabas.
Als sie versammelt waren, sprach Pilatus zu ihnen: „Wen wollt ihr? Wen soll ich euch losgeben, Barabas oder Jesus, von dem gesagt wird, er sei der Christus?“ Denn Pilatus wusste, dass sie Jesus aus Neid überantwortet hatten.
Als er auf dem Richterstuhl saß, schickte seine Frau zu ihm und ließ ihm sagen: „Habe du nichts zu schaffen mit diesem Gerechten, denn ich habe heute viel erlitten im Traum um Seinetwillen.“
Die Hohenpriester und Ältesten überredeten jedoch das Volk, Barabas zu fordern und Jesus umzubringen. Daraufhin fragte der Statthalter sie erneut: „Wen wollt ihr? Wen von den beiden soll ich euch losgeben?“ Sie antworteten: „Barabas!“
Pilatus fragte sie: „Was soll ich denn mit Jesus machen, von dem gesagt wird, dass er der Christus sei?“ Sie antworteten alle: „Lass ihn kreuzigen!“
Pilatus erwiderte: „Was hat er denn Böses getan?“ Doch sie schrien noch lauter: „Lass ihn kreuzigen!“
Als Pilatus sah, dass er nichts ausrichten konnte und das Getümmel immer größer wurde, wusch er sich vor dem Volk die Hände und sprach: „Ich bin unschuldig an seinem Blut, seht ihr zu!“
Das ganze Volk antwortete: „Sein Blut komme über uns und unsere Kinder!“
Daraufhin gab Pilatus ihnen Barabas frei, ließ aber Jesus geißeln und überlieferte ihn, damit er gekreuzigt werde.
Die Herausforderung existenzieller Entscheidungen
Sie kennen das alle: Es gibt auch bei Ihnen Entscheidungen, die Ihnen schwerfallen. Am schwierigsten sind meist die existenziellen Entscheidungen, die Lebensentscheidungen, die uns ganz persönlich betreffen. Zum Beispiel die Frage: Soll ich heiraten? Und wenn ja, wen? Oder welchen Beruf soll ich ergreifen? Soll ich ihn ausbauen?
Das sind alles Entscheidungen, die einem schlaflose Nächte bereiten können. Geschäftsleute fragen sich: Soll ich in dieser Zeit investieren oder Arbeitskräfte entlassen? Solche Entscheidungen sind schwierig.
Es ist typisch, dass man später vielleicht sagt: „Damals hätte ich mich ganz anders entscheiden müssen.“ Doch dann ist es oft zu spät. Die Würfel sind gefallen, die Sache ist den Bach hinuntergegangen. Man kann nicht zurückdenken, weil man einen Fehler gemacht oder eine falsche Entscheidung getroffen hat.
Wenn wir uns Menschen in der Geschichte ansehen, schockiert mich, dass keiner von ihnen wirklich merkt, dass sie eine existenzielle Lebensentscheidung treffen. Wahrscheinlich würden sie, wenn man sie fragen würde, sagen: „Nein, wir haben eine Entscheidung über Jesus und seine Zukunft getroffen, aber mit uns hat das relativ wenig zu tun.“
Das ist ein Phänomen, das sich durch die Jahrhunderte zieht: Oft wird das nicht richtig verstanden. Nicht wir entscheiden über Gott, über Jesus, das Evangelium oder die Bibel. Sondern wir werden gerichtet. So wie wir entscheiden, wird das unser Schicksal. Ob wir das erkennen oder nicht, spielt keine Rolle.
Pilatus: Ein politisch geschickter, aber blinder Richter
Da ist dieser geschickte, politisch handelnde Gouverneur, der eine Entscheidung getroffen hat, ohne es wirklich zu merken. Er hat Jesus verworfen.
Dann gibt es das manipulierte und missbrauchte Volk, das sich verführen lässt und laut brüllt. Auch sie haben eine Entscheidung gegen Jesus getroffen.
Und schließlich sind da die Hohepriester und Ältesten – theologisch und biblisch gebildete Menschen. Auch sie haben sich gegen Jesus entschieden.
Jetzt muss ich Ihnen sagen: Die wichtigste Entscheidung, die Sie in Ihrem Leben treffen können, ist eine lebenswichtige, eine existenzielle Entscheidung. Es geht darum, wie Sie zu Jesus stehen.
Ich bin mir bewusst, was ich damit sage. Für viele Christen heute ist das ein Satz, den sie nicht akzeptieren können: „Meine Entscheidung zu Jesus ist die wichtigste.“
Ich weiß auch, dass für viele Christen oder in vielen Kirchen andere Dinge viel wichtiger erscheinen: Fragen des Kirchenrechts, der Kirchenordnung, der Liturgie, der Besoldung, der Kirchenzugehörigkeit, alter Formalitäten – vielleicht sogar politische Tagesfragen.
Wenn Sie jedoch die Bibel lesen, dann wissen Sie: Die wichtigste Lebensentscheidung ist die Frage, wie ich zu Jesus stehe.
Ob ich die entscheidende Stunde bemerkt habe oder nicht – jeder Mensch steht irgendwann vor dieser Entscheidung. Ich kann mich täuschen und diese Stunde verpassen.
Doch eines Tages, wenn ich gestorben bin, wird die wichtigste Frage sein, wie ich zu Jesus stehe – zum ewigen Weltenrichter Jesus.
Ist er mein Freund und Fürsprecher? Kennt er mich und ruft er mich bei meinem Namen? Gehöre ich zu ihm oder nicht?
Pilatus: Menschlich bewundernswert, aber geistlich blind
Ich möchte an drei Punkten zeigen, zuerst eine Geschichte. Es geht um jemanden, der Blut an den Händen hat und es gar nicht merkt.
Zuerst möchte ich Ihnen Pilatus noch einmal ganz liebenswürdig darstellen. Sie sollen nicht den Eindruck bekommen, dass die Bibel unsere Qualitäten nicht zur Kenntnis nimmt. Das tut sie sehr sauber, wie man auch aus der Erzählung sieht. Schnell wird klar: Pilatus war ein Mann, den man bewundern muss – ein menschlich feiner Charakter.
Ich weiß nicht, ob Sie sich so beherzt einsetzen würden wie Pilatus. Er hat den Eindruck, dass Jesus unschuldig ist. Deshalb bemüht er sich bis zum Schluss, Jesus aus dem Gefängnis zu holen und vor der sicheren Hinrichtung zu bewahren. Pilatus war ein wichtiger Mann, politisch klug, diplomatisch und taktisch handelnd. Er überlegt, wie er das anstellen kann.
Wenn man über Menschen und Charaktere urteilen wollte, sähe Pilatus in der Geschichte viel besser aus als die ganze fromme Clique von Hohepriestern, Schriftgelehrten und Pharisäern. Er will Jesus freikriegen und probiert alle juristischen und taktischen Winkelzüge aus. Dann kommt ihm plötzlich der Gedanke: Man könnte doch Barabas gegenüberstellen. Dann müsste das Volk richtig wählen. Wie können sie Jesus verurteilen?
So steht Pilatus vor Jesus. Doch es ist schwer, denn die Bibel fällt auch über ihn das Urteil: Er ist blind. Er sieht gar nicht, wer Jesus wirklich ist. Er steht vor ihm, und das ist seine Schuld. Man kann sagen: Er konnte es vielleicht nicht besser wissen. Doch niemand ist von dieser Schuld freigesprochen.
Jesus hat Pilatus ganz deutlich gesagt, warum er nichts verstehen kann: "Wer aus der Wahrheit ist, der hört meine Stimme." Pilatus aber kommt nicht aus der Wahrheit. Er kommt aus der politischen Diplomatie. Da muss man schauen, wie man seine Entscheidungen rechtfertigen kann. Man muss seine Herrschaft festigen. Schließlich hat Pilatus es geschafft, auf diesem schwierigen Terrain Jerusalem den Gouverneursposten zu behalten. Auch nach dieser Affäre blieb er noch eine ganze Zeit im Amt. Er war ein geschickter Mann, aber nicht aus der Wahrheit.
Wenn Sie wissen wollen, wer Jesus ist, dann müssen Sie aus der Wahrheit sein. Dann müssen Sie vor Jesus Ihr Leben durchleuchten lassen – auch die verborgenen Ecken, wo Sie mit niemandem darüber reden. Denn Jesus hat immer wieder vom Thema Schuld gesprochen, die uns von Gott trennt.
Solange wir das abblocken und Jesus nicht in unser Leben hineinreden lassen, werden wir ihn nicht erkennen. Das Schlimme ist, dass es bei Pilatus bis zum Schluss so bleibt. Er ist wie ein Mensch unserer Zeit, ein moderner Mensch, der seine Hände in Unschuld wäscht und sagt: "Ich habe nichts damit zu tun."
Doch wie kann man so töricht sein und seine Schuld nicht sehen? Es kennzeichnet uns Menschen, dass wir Schuld leugnen. "Ich habe mir nichts vorzuwerfen, ich bin ein guter Mensch." Dabei ist doch offenkundig, wie wir schuldig werden. Wie kann man sich selbst so belügen? Es ist furchtbar, dass wir uns so in Sicherheit wiegen.
Das ist bis heute das verbreitete Hindernis, warum Menschen nicht zum Glauben an Jesus kommen. "Ich bin doch kein Sünder. Was heißt denn schon Sünde? Was soll das?" Wir wissen genau, wovon Jesus redet. Er hat längst unser Gewissen getroffen, und wir kennen die Stellen in unserem Leben, wo die Wunde des Gewissens immer wieder aufbricht.
Jetzt noch ein Wort zum Charakter von Pilatus. Nicht, dass ich ihn richten wollte, sondern weil mich das angeht. Ich schäme mich, mich im Pilatus wiederzuerkennen. Nehmen Sie es auch so für sich.
Pilatus ist ja gar nicht der Edle, der sich für den Gefangenen einsetzt. Er ist ein ganz schäbiger Charakter, ein großer Fiesling. Warum? Er weiß genau, dass Jesus unschuldig ist. Trotzdem lässt er ihn geißeln – wenn es um seine Karriere geht. Ihm geht es um das, was sich in seinem Leben auszahlt, was sich lohnt und was man greifen kann. Dafür lebt doch der Mensch wie wir. Und...
Die Warnung der Frau des Pilatus und die Symbolik des Händewaschens
Dann kommt noch seine Frau ins Spiel. In den orthodoxen Kirchen wird diese Frau als Christin verehrt. Das ist unbiblisch, und wir wissen nicht, ob das richtig ist. Es spielt auch keine besondere Rolle. Die orthodoxen Christen behaupten sogar, den Namen dieser Frau von Pilatus zu kennen. Sie sagen, sie habe Claudia Procula geheißen, eine großartige Frau, die sagt: „Das ist gerecht, doch lass die Finger davon.“ Und Gott hat zu ihr gesprochen.
Man kann Heiden überhaupt ansprechen. Wissen Sie, dass Gott jeden von uns warnt? Jeder von uns hat seine persönlichen Warnsignale von Gott auf den Weg gestellt bekommen, damit wir Jesus nicht achtlos vorübergehen. Bei jedem von uns mag das anders sein. Wie Gott sich in ihrem Leben bemerkbar macht, weiß ich nicht. Ob es Freunde oder Bekannte waren, ob es eine Schriftstelle war, die ihnen unter die Haut ging – Gott hat sie gewarnt: „Geht nicht achtlos an Jesus vorüber und sagt nicht, ich kann das bewältigen, dann liegt das hinter mir, und ich gehe wieder meinen Weg weiter.“
„Tu es nicht“, sagt sie, „bitte tu es nicht. Lass dich nicht freimachen, indem du dich herausredest.“ Ach, und Pilatus wäscht seine Hände in Unschuld. Das ist bei uns sprichwörtlich für ein scheinheiliges Verfahren. Vor Jesus können sich keine rosten Affären ziehen. Wir stehen vor Jesus da und sind plötzlich durchschaut.
Auch dieser feine römische Beamte mit seiner ganzen juristischen Kenntnis und seiner großen Fähigkeit, ein Land zu regieren, steht da mit seiner Sünde und seiner Schuld. Überall in der Passionsgeschichte kommt das „Es geht um mich“ hervor. Es geht um mich, und Jesus möchte mit mir über Vergebung der Schuld reden.
Da hat Jesus zu Pilatus gesprochen und ihm gerne den Frieden zugesagt. Das sollten Sie auch immer wieder hören. In den Passionsliedern ist das so schön ausgedrückt: „Ich bin es, ich sollte büßen, an Händen und an Füßen gebunden, in der Hölle die Geiseln und die Banden. Was du ausgestanden hast, das hat meine Seele verdient.“
Barabas: Der unverdient Freigekommene
Jetzt wollen wir uns aber den anderen in der Geschichte anschauen. Das ist jemand, der unverdient freikam. Er wird nur als berüchtigter Gefangener genannt. Was heißt das eigentlich, berüchtigt?
Die Mütter sagten zu ihren Kindern: „Lydia, du darfst nicht auf den Spielplatz, der Barabas könnte dir etwas antun.“ Vor Barabas hatten alle Angst. Die Frauen sagten: „Wir gehen abends nicht zur Bibelstunde, wenn Barabas die Straße entlanggeht.“ Sie hatten große Angst vor Barabas.
Das erinnert an die RAF, die Rote Armee Fraktion, eine politische Aufrührergruppe, die wild hauste. Endlich war Barabas hinter Schloss und Riegel, und die Leute atmeten auf. Sie sagten: „Jetzt kommen die Kinder wieder auf den Spielplatz, jetzt kann man endlich wieder auf die Straße gehen. Ich muss keine Angst mehr haben.“ Ein berüchtigter Gefangener.
Sie kennen die Materie Passion. Aber warum eigentlich? Warum kommt das in der Matthäuspassion plötzlich so vor, wenn das Volk schreit? In der Version von Johann Sebastian Bach heißt es: „Barabas, wir wollen den Barabas haben.“ Haben Sie mal darüber nachgedacht, warum ausgerechnet Barabas? Warum haben sie sich so entschieden? Waren sie wirklich so viel schlechter als wir?
Es ist eine billige Schriftauslegung, wenn man meint, das waren andere Menschen, nicht so qualitätsreich wie wir. Nein, die Bibel sagt es so, wie es wirklich ist. Wir können uns nicht für solche Menschen mit ihrer ganzen miesen Lebensgeschichte begeistern.
Manchmal denken wir an die Helden bei Karl May. Ich weiß nicht, was das für blutrünstige Helden waren. Und wenn wir die Helden der Geschichte ansehen, wie viel Blut an ihren Fingern klebt, warum fällt es uns dann so schwer, Jesus zu ehren und zu lieben? Nicht so, wie wir gestern sagten, wenn man Jesus zur Kühlerfigur seiner Ideologie macht. Das meine ich nicht. So kann man Jesus lange Zeit mitnehmen.
Sondern der biblische Jesus, der immer wieder den Finger auf die Wunde legt und zum Leben ruft, der immer wieder von Schuld und Sünde spricht – der ist so unerträglich. Und dann sagen sie: „Weg mit dem!“
Warum gibt es bei uns so einen Hass? „Ich will das nicht mehr hören! Hör doch endlich auf! Die haben ja gar nichts anderes zu sagen!“ Es wird uns unerträglich, dass immer und immer wieder von Jesus gesprochen wird. Wir verstehen das doch.
Dann sagen sie lieber: „Dann doch lieber ein Barabas. Der war wenigstens jemand, der die Welt verändert hat. Er hatte noch eine Idee, und aus seinem Leben kam wenigstens etwas heraus.“ Es reicht ja immer wieder, wenn man über Arbeit spricht, darüber nachzudenken, wie das wohl auf Barabas gewirkt hat.
Am Karfreitag geht er durch die Gassen von Jerusalem. Draußen hängt jemand am Kreuz. Und er weiß: „Ich möchte jetzt eigentlich da draußen hängen. Aber ich bin frei. Frei, unverdient frei.“
Das ist die Mitte der Passionsgeschichte: die Stellvertretung. Verstehen kann man das nicht, dass Gott das möglich macht. Denn wir alle sind schuldig. Wir alle haben nur ein Urteil verdient.
Dass wir leben – ja, dass wir leben. Wie ist das möglich? War Barabas vielleicht ein Mensch wie wir heute, moderne Menschen? Ging er durch die Straßen und sagte: „Schwein gehabt. Hauptsache, ich lebe“ und blickte tüchtig in die Zukunft? Oder hat er begriffen?
Die Frage nach der Vergebung und dem ewigen Gericht
Wenn ich beim letzten Punkt war, war alles umsonst. Ich möchte nachsehen, was aus den Menschen geworden ist, überhaupt aus all den Menschen, über die dort erzählt wird – dem schreienden Volk. Wie ging die Geschichte weiter mit Hannas und Kaiphas, den Hohenpriestern? Und wie ging es mit Pilatus weiter? Starb er wirklich in Trier, wie die Legende sagt, oder wie verlief die Geschichte weiter? Wie ging es weiter?
Hat sich Barabas wieder seiner Mafia angeschlossen und weitergekämpft? Wann kam er denn ums Leben? Was hat sie bewegt? Die Bibel ist hier sehr zurückhaltend. Sie deckt das einfach zu und sagt: Das brauchst du gar nicht wissen. Denn es geht ja jetzt um deine Lebensgeschichte.
Wissen Sie, bei Barabas war das ja tragisch. Es war nur ein menschlicher Freispruch, also die Strafverfolgung wurde eingestellt oder es gab einen Gnadenerlass. Aber vor Gott war die Schuld seines Lebens nie bewältigt. In der Bibel steht kein Wort darüber, dass er die Vergebung Gottes gefunden hat oder dass er vor dem Gericht Gottes Vergebung fand. Und das ist ja wirklich die wichtigste Sache, um die es heute geht.
Ergreifen wir die ausgestreckte Hand Jesu? Oder war das nur der Freispruch des Pilatus? Leben wir nur, weil der Arzt uns das richtige Mittel gegeben hat und uns noch ein Jahr zugesetzt hat? Oder haben wir begriffen, dass wir heute das ewige Leben ergreifen müssen und dass wir heute durch diese Tür hindurchgehen müssen, die zum Heil führt?
Gestern Abend habe ich gesagt, unsere Passion sind auch die 30 Silberstücke. Ich glaube an die Auferstehung der Sünden. Sie wissen, was das heißt: Ich glaube an die Auferstehung der Sünden. Barabas kann sagen: Ich bin ja nochmal frei gekommen. Und es ist uns im Leben oft so gegangen, dass uns noch einmal eine Chance gegeben wurde und wir noch einmal loslegen konnten. Und dann wacht auf einmal alte Schuld wieder auf. Kennen Sie das?
Ich bin davon überzeugt, dass alle unvergessene Schuld am Jüngsten Tag wieder aufwacht. Wir müssen Rechenschaft geben über jedes unnütze Wort, das wir geredet haben.
Ich zitiere ungern aus der Zeitung, heute muss ich es aber tun. Nicht aus unseren Zeitungen, sondern aus der Stadt, aus dem Stuttgarter Neuen Tagblatt. Das gibt es schon einige Zeit nicht mehr, die Älteren wissen noch, wenn es das früher gab. Vor vielen Jahren erschien dort ein Bericht eines Obermatrosen Hermann Thiele. Er berichtete, wie sein Panzerkreuzer Friedrich Karl von einem Torpedo getroffen wurde.
Ich möchte Ihnen einfach Fakten nennen. Dieser Obermatrose schrieb im Stuttgarter Neuen Tagblatt – von dem stammt also der Name Tagblatt-Turm – wie er dort im eiskalten Ozean trieb, bis er gerettet wurde: „Meine Sinne waren abgestorben, aber mein Geist nicht.“ Sie werden jetzt viele ähnliche Erfahrungen aus Ihrem Leben erinnern.
„Mein Leben zog an mir vorüber, mit den kleinsten Geschehnissen. Ich sah alles in einem neuen Licht, Recht und Unrecht.“ Dieses fürchterliche Erlebnis hat ihn veranlasst, an die unendliche Kraft des Gedächtnisses zu glauben, mit der wir in der Ewigkeit erwachen werden.
Wenn etwas in der Zeitung steht, dann ist es die größte Lüge, wenn wir meinen, Schuld, Unrecht und Böses würden sich einfach im Laufe der Zeit verlieren. Wenn Sie keine Vergebung für Ihre Schuld haben, dann werden Sie noch einmal erleben müssen, wie alle auferstehen – der Reihe nach. Und es ist furchtbar, wenn es erst beim Gericht der Ewigkeit passiert.
Darum ist es so groß, dass heute, an diesem Karfreitag, uns das gilt: das aufgerichtete Kreuz. Paulus hat gesagt, er will nichts anderes sprechen als dieses Kreuz, weil dort an diesem Kreuz Vergebung geschieht. Dort können Menschen die versöhnende Hand Gottes fassen. Dort wird Menschen zugesprochen: „Jetzt kannst du Frieden haben. Hier ist das Heil. Du darfst heraustreten aus deinem alten Leben.“
Ob du Pilatus heißt oder Barabas bist, ob du neben Jesus am Kreuz gestorben bist – das Leben ist da. Und er greift es doch. Unsere Bibelwoche.
Die Bedeutung der Stellvertretung Jesu und die Einladung zum Frieden
Vor ein paar Tagen ist etwas Nettes passiert. Ich ging in den großen Saal und sah einen unserer Mitarbeiter sitzen, der so glücklich verlobt ist. Ich kam von hinten heran und sagte: „Ach, ihr seid das glücklichste Paar, das man sich denken kann.“ Daraufhin drehte er sich um und sagte: „Reingefallen! Was ist los? Guck genau hin.“
Er erklärte, dass die Frau neben ihm eigentlich nicht seine Braut sei, sondern ihre Zwillingsschwester. Die Zwillingsschwester sieht der Verlobten täuschend ähnlich, fast wie ein Ebenbild.
Das erinnert mich an Heinrich, den langjährigen Leiter der Berliner Stadtmission. Er hatte einen Zwillingsbruder, der eineiig war. Dieser Bruder war Frauenarzt. Als Heinrich in Berlin in der Gestapo-Haft war, besuchte er seinen Bruder im Gefängnis. Der Gefängnisdirektor sagte zum Bruder: „Sie müssen ganz genau aufpassen, dass Sie den Richtigen wieder rauslassen von den beiden.“
Sehen Sie, das ist eine Stellvertretung: Jesus wird uns zum Verwechseln ähnlich. Er tritt an unsere Stelle, sieht uns ähnlich. Jetzt müssen wir nur noch den Richtigen erkennen, damit wir frei werden. Die Strafe liegt auf ihm, damit wir Frieden haben. Legen Sie Ihre Lasten bei ihm ab, denn er trägt sie. Er trägt die Strafe, wir empfangen den Frieden. Der Richtige muss die Strafe tragen, und der Richtige muss befreit werden.
Damals riefen die Menschen noch: „Sein Blut komme über uns und über unsere Kinder.“ Gibt es wirklich Menschen, die so etwas rufen? Darüber möchte ich nicht mehr sprechen. Es ist mir als Deutschem fast verwehrt, darüber zu reden. Aber wir haben auch schon solche Worte gesagt. Ich möchte für meine Schuld selbst gerade stehen. Hoffentlich müssen Sie nie vor Gott für Ihre Schuld gerade stehen.
Ich bin so froh, dass ich dieses Wort heute ganz anders sagen kann: „Ja, sein Blut komme über uns und über unsere Kinder.“ Er muss uns rein machen, er muss vergeben, er muss uns heilen, er muss wegnehmen, er muss uns freisprechen. Wenn Jesus das tut, geschieht eine wunderbare Befreiung. Dann werden wir bis in die innersten Veranlagungen unseres Wesens verändert.
Jesus kann die Macht der Finsternis stoppen. Er kann den Einfluss des Teufels umkehren. Er will in unserem Herzen einkehren, unser Leben von Grund auf erneuern und alles neu machen. Dort, wo das Blut Jesu wirkt, gibt es keine hoffnungslosen Fälle.
Amen.
