Lassen wir uns still werden und sammeln uns über dem Wort Gottes. Herr, dir sei Dank, dass wir jetzt hier noch einmal zusammenkommen können.
Gib uns wache Gedanken, damit wir aufnehmen, was du uns sagen willst. Herr, wir brauchen dein Wort und sind darauf angewiesen. Schenke es uns. Amen!
Und nun die Fortsetzung: Josua 1, Verse 10 bis 18.
Vorbereitung auf den Übergang ins verheißene Land
Da gebot Joshua den Amtleuten des Volkes und sprach: Geht durch das Lager und gebietet dem Volk, dass es sich Vorrat schafft. Denn nach drei Tagen werdet ihr hier über den Jordan ziehen, um hineinzukommen und das Land einzunehmen, das euch der Herr, euer Gott, geben wird.
Zu den Rubenitern, Gattittern und dem halben Stamm Manasse sprach Joshua: Denkt an das Wort, das euch Mose, der Knecht des Herrn, geboten hat. Der Herr, euer Gott, hat euch zur Ruhe gebracht und euch dieses Land gegeben.
Eure Frauen, Kinder und euer Vieh sollt ihr im Land lassen, das euch Mose diesseits des Jordans gegeben hat. Ihr aber, so viele von euch streitbare Männer sind, sollt vor euren Brüdern gerüstet hinüberziehen und ihnen helfen, bis der Herr eure Brüder auch zur Ruhe bringt, wie er euch zur Ruhe gebracht hat. Dann werden auch sie das Land einnehmen, das ihnen der Herr, euer Gott, geben wird.
Danach sollt ihr wieder in euer Land zurückkehren, das euch Mose, der Knecht des Herrn, zum Besitz gegeben hat, diesseits des Jordans gegen den Aufgang der Sonne.
Sie antworteten Joshua und sprachen: Alles, was du uns geboten hast, wollen wir tun, und wohin du uns auch schickst, da wollen wir hingehen. Wie wir Mose gehorsam gewesen sind, so wollen wir auch dir gehorsam sein. Nur dass der Herr, dein Gott, mit dir sei, wie er mit Mose war.
Wer deinen Worten ungehorsam ist und nicht gehorcht in allem, was du uns gebietest, der soll sterben. Sei nur getrost und unverzagt.
Die Bedeutung von Autorität und Gehorsam im Dienst
Nun lassen wir uns noch einmal mit einem Lied richtig aufwecken, und zwar mit dem anderen Lied Nummer 349. Es ist unvergeben und fein zu begegnen, auch wenn ich mich mehr beschäme, wenn ich dem Herrn Worte des Weinens widme. Ich bin ganz neu gestrickt in einem schönen Glauben.
Sie merken schon an den Liedern, dass hier die alte Generation die Lieder herausgesucht hat. Wenn dann wieder die Jungscharbuben kommen, wie Herr Scheuermann, dann machen sie wieder die rhythmischen Lieder.
Nun zum heutigen Thema: der klare Befehl. „Da gebot Joshua den Amtleuten“, so fängt es an. Ja, so fängt es gut an! Wer würde denn schon gerne gebieten wollen? Wenn da wenigstens stünde, dass er stöhnte oder ermunterte, müde Männer munter macht – durch ein paar ermunternde Worte, um jetzt vor dem Ziel nicht durchzuhängen, die Zügel schleifen zu lassen oder eine Nullbockstimmung aufkommen zu lassen. Einfach nur ermuntern!
Wenn wenigstens dort stünde, dass er ermunterte, oder wenn dort stünde, dass er motivierte. Kürzlich las ich vom neuen Beruf des Motivateurs. Bisher wusste ich, dass es einen Friseur gibt, ich wusste auch, dass es einen Masseur gibt, aber ein Motivateur – das ist ein ganz toller Beruf. Ein Motivateur gibt Hilfe, neue Motive, zum Beispiel für Berufssuchende.
Ein großartiger Motivateur war zum Beispiel Napoleon. Er konnte seine Truppen motivieren, als er sie auf die große Schlacht bei Moskau einstimmte. Er stellte die Stadt in gültigen Farben dar, und die Leute, diese müden Männer, packten es noch einmal und zogen los Richtung Moskau. Als sie dort ankamen, brannte die Stadt. Auch der Motivateur konnte damals nichts mehr helfen, aber immerhin: er motivierte.
Doch das steht hier nicht. Es steht auch nicht hier, dass er zu bedenken gab oder ein paar Denkanstöße oder Impulse, wie man heute sagt, an denen man weiterdenken kann, ob das sinnvoll sein könnte. Nein, all das steht hier nicht. Er motivierte nicht, er ermunterte nicht, er gab auch keine Denkanstöße, sondern er gebot. Er gebot!
Wie beim Militär kann das noch angehen. Im Betrieb mag das zuweilen auch nötig sein, dass der Meister gebietet. In der Schule mag das heute in Ausnahmefällen zugestanden sein. Aber beim Volk Gottes, in der Gemeinde Jesu Christi und der Christen – dass einer gebietet – das ist unmöglich, verwerflich, geradezu abscheulich. Das ist ein Rückfall in finstere Zeiten, so autoritär! So darf es heute wirklich nicht mehr zugehen. Nein, so nicht!
Entscheidungen müssen gemeinsam erarbeitet werden. Das weiß heute jeder Pfarrer mit einem modernen Kirchengemeinderat. Entscheidungen werden nicht mehr allein vom Pfarrer getroffen, sondern demokratisch vom Kirchengemeinderat abgestimmt, nach allen Seiten abgesichert und gefedert. Vox populi, vox Dei – die Stimme des Volkes ist die Stimme Gottes.
Amt und Gemeinde: Dienst und Gehorsam
Wir stehen hier bei einem Begriff, der so weit vorn in der Bibel auftaucht, vor einem Problem, das die ganze Bibel – das Alte und das Neue Testament – durchzieht. Es ist das Problem von Amt und Gemeinde.
Joshua ist allem Anschein nach Amtsträger, der gebietet, ohne dass das Volk dagegen aufsteht. Das hat nichts zu tun mit Herrschaft, Diktatur oder Führertum, wie es in 1. Petrus 5,3 steht. Nein, das ist Dienst. Er gebietet. Das bedeutet, Gottes Gebot weiterzugeben. Das ist sein Dienst.
Er gebietet nicht irgendetwas, sondern gibt Gottes Gebot weiter. Gebieten meint hier, Gottes Gebot weiterzugeben. Das kann er nicht nur – das muss er tun. Es ist seine Aufgabe, sein Beruf, seine Pflicht. Es ist die Pflicht eines jeden Pfarrers, dass er gebietet, dass er die Gebote weitergibt.
In Stuttgart, nicht weit weg vom Theater, ist die Urbanstraße. In der Urbanstraße wohnten bedeutende Leute. Dort oben ist auch die Moserstraße. Die Moserstraße erinnert an Johann Jakob Moser. Dieser Johann Jakob Moser war Jurist am Hofe. Jedes Jahr musste er am Neujahr vor dem Herzog eine Ansprache halten.
Johann Jakob Moser war ein entschiedener Christ. Er redete nicht dem Herzog nach dem Munde, sondern so, wie ihm ums Herz war und wie er es aus der Schrift kannte. So hat er es auch in jenem Jahr gemacht. Danach besuchte ihn ein Hoftheologe und sagte ihm, seine Ansprache sei gerade nicht hofmäßig gewesen, nicht gerade hofmäßig.
Der Theologe fügte hinzu, auch er müsse auf der Kanzel manches sagen, worüber er anders denke. Darüber war Moser nicht nur erschrocken, sondern empört. Nur das zu sagen, was hofmäßig ist – das könne nicht die Pflicht des Pfarrers sein.
Die Pflicht des Pfarrers ist es, weiterzugeben, ob das hofmäßig ist oder nicht, ob es gesellschaftlich akzeptiert ist oder nicht, ob es konsensfähig ist oder nicht. Luther sagte: Den Leuten soll man wohl aufs Maul schauen, aber nicht aufs Ohr, was sie hören wollen.
Heute wird von Pfarrern und von Kanzeln herunter nur sehr wenig gegen die Homosexualität geredet. Man müsse hofmäßig bleiben. Auch über die Abtreibung wird leider in unseren Kirchen nur sehr wenig gesprochen. Wir müssen hofmäßig bleiben.
Latimer, der schottische Reformator, ging einmal auf die Kanzel. Als er hinunterschaute, saß der König von England unter den Zuhörern. Er dachte an sein Manuskript, und jemand sagte ihm: „Latimer, so kannst du nicht reden, der König von England ist anwesend.“ Darauf wurde er still.
Nach einigen Sekunden der Stille sagte er zu sich selbst: „Latimer, der König ist anwesend, und demgemäß muss er reden. Der König aller Könige ist anwesend.“ Die Furcht vor Gott befreit von der Furcht vor Menschen.
Es ist die Pflicht des Pfarrers, nicht hofmäßig zu reden. Es ist auch die Pflicht des Vaters, dass er gebietet. Es ist die Pflicht des Vaters, dass er gebietet. Er hält Feiertage und Heilige, den Sonntag in seinem Hause. „Nicht Ehe brechen“ – nein, er kann es nicht dulden.
Ein Vater kann es nicht dulden, dass in seinem eigenen Haus sein Söhnchen mit seiner Freundin unter dem gleichen Dach übernachtet. Er kann es nicht! Schon hier wird hofmäßig gehandelt.
Wir gebieten auch unseren Kindern, auch heute, wo man nicht mehr sagen darf, was links und rechts ist. Wir dürfen nicht hofmäßig werden. Ein Jugendleiter, zu dem nach den Ferien die jungen Leute kommen, und der fragt: „Was wollt ihr hören?“ Und sie sagen: „Keine Andacht.“ Dann sagt er: „Okay, zum Schluss eben jetzt nur noch Asterix.“ Andacht, Gebet, Angebot Gottes sind gestrichen.
Nein, das ist sein Amt. Er muss gebieten. Das ist die Pflicht eines jeden, der durch Taufe und Bekehrung in das Amt des Christen eingesetzt wurde: Gottes Gebot weiterzugeben.
So dient Joshua seinem Volk. Er hat nicht über die von Gott getroffenen Verfügungen zu bestimmen oder darüber abzustimmen, was jetzt und hierzu unternommen wird.
Theokratie versus Demokratie im Reich Gottes
Passen wir gut auf, wenn wir alles über den Leisten der Demokratie schlagen. Demokratie ist wohl in unseren Breitengraden die optimalste Regierungsform, die wir im weltlichen Reich zu rechten, wie Luther sagte, wohl haben und anwenden können.
Aber im göttlichen Reich, im Reich zu rechten, leben wir in der Theokratie. "Herr, was willst du, dass ich tun soll?" Das ist jene Frage, die uns immer wieder vor Augen stehen muss. Herr, was willst du, dass ich tun soll in meinem Beruf, in meiner Familie, in meinem Stand?
Nicht: „Ich will, was die Mehrheit will.“ Mir sagte ein Abgeordneter: Der Paragraph 218 wird deshalb nicht geändert, weil diese Änderung nicht mehr mehrheitsfähig ist. Dies kann bald bei allen anderen Geboten auch kommen.
Das Elterngebot ist nicht mehr mehrheitsfähig, und das Tötungs- und Abtreibungsgebot ist nicht mehr mehrheitsfähig. Und das Ehebruchgebot, das sechste Gebot, ist nicht mehr mehrheitsfähig, um es abzuschaffen. Mehrheit und Wahrheit sind im Reiche Gottes nicht dasselbe. Mehrheit und Wahrheit sind im Reiche Gottes nicht dasselbe.
Wahrscheinlich wird es in Zukunft immer mehr so sein, dass die Wahrheit und die ganz kleine Minderheit zusammengehören. Wo gehören wir denn hin?
Der jordanische Standpunkt: Hören oder Sehen?
Joshua gibt einen Befehl – zunächst einen Befehl zum Hören. Es ist ein Hörbefehl! Joshua steht am Jordan. Menschen an Flüssen und Meeren erleben oft entscheidende, richtungweisende Augenblicke. Man denke an Mose am Roten Meer: Hinter ihm rasen die Streitwagen der Ägypter, vor ihm liegt das unüberwindbare Wasser ohne Brücke. Oder an Elia und Elisa am Jordan: Elia nimmt seinen Mantel, schlägt aufs Wasser, und es teilt sich. Auch Paulus auf seiner letzten Reise nach Rom steht am Wasser. Joshua hört dort den klaren Befehl: „Zieh über den Jordan!“
Doch was sieht er? Er soll über diesen Jordan ziehen, doch was blickt er an? Er sieht den Landstrich zwischen der Ostküste des Mittelmeers und der Jordansenke – ein fruchtbarer Landstrich. Man könnte es als Einladung verstehen: „Zieh über den Jordan!“ So wie brasilianische Farmer, die auf der anderen Seite des Paraná-Flusses siedeln. Dort ist das Land viel günstiger, und der Mais wächst doppelt so gut wie auf der anderen Seite.
Am Jordan klingt das jedoch anders. Drüben sind nicht leere Fluren oder Urwälder, sondern Menschen, die nicht im Traum daran denken, ihr Land zu einem Spottpreis zu verkaufen. Die Hethiter haben sich dort endgültig niedergelassen – ein kampflustiges Volk, das sich zu verteidigen weiß. „Weh dem, der wagt, über den Jordan zu kommen! Er muss aufpassen, nicht rückwärts wieder in den Jordan, ins Wasser zu fallen.“ So steht Joshua am Morgen.
Man muss sich diesen Augenblick vorstellen: Joshua steht am Jordan und muss entscheiden. Sagt er Ja zu dem, was er hört – „Zieh hinüber!“ – oder Ja zu dem, was er sieht? Nämlich ein gefährliches, besetztes Land, in das man nicht weiß, wie man hineinkommt. Zwei Wirklichkeiten, zwischen denen er wählen muss: Hören oder Sehen.
Dieser jordanische Standpunkt, wie ich ihn nennen möchte, ist keine Ausnahme. Immer wieder werden wir an einen solchen Punkt geführt, an dem auch Jesus gestanden hat. Wir hören das, was Joshua hört. Wir hören und sehen – und beides passt oft nicht zusammen.
Zum Beispiel hören wir: „Ich will euch tragen bis ins Alter und bis ihr grau werdet.“ Als ich in den Ruhestand ging und in meine Wohnung einzog, schenkten Freunde uns diesen Spruch auf Holz, und wir hängten ihn auf. Das hören wir: „Ich will euch tragen bis ins Alter.“ Aber was sehen wir im Alter? Was sehen wir bei älteren Menschen? Oft sind sie alleingelassen. Sobald man ein Amt verliert, gilt man nichts mehr, man ist ein Niemand. Ein ehemaliger Minister wurde in einer Talkshow gefragt, was das Schwerste an seinem Amt gewesen sei. Er antwortete: „Der Tag nach der Entlassung.“ Kein Fahrer, kein Sekretär, kein Anruf mehr. Sofort fallen Freunde weg, dann oft auch die eigenen Kinder. Man wird links liegen gelassen, stürzt ins Leere. Übrig bleibt man im Alter, übrig, nicht gebraucht.
Das sehen wir. Und wir hören: „Ich will euch tragen bis ins Alter.“ Das ist der jordanische Standpunkt. Wem soll man Recht geben – dem Sehen oder dem Hören?
Oder der Tod: Wir hören „Tod, wo ist dein Stachel? Hölle, wo ist dein Sieg?“ Das hören wir. Aber was sehen wir? Hier ist der Mensch gestorben. Wir sehen, wie der Tod zuschlägt. Wir spüren den Stachel des Todes im eigenen Fleisch, wie man schwächer und schwächer wird. Was ist nun richtig – sehen oder hören?
„Niemand wird sie aus meiner Hand reißen.“ Professor Beischlag aus Erlangen, ein Kirchengeschichtler, meint, wir stehen im größten Säkularisierungsprozess, dem größten Entweltlichungsprozess der Kirchengeschichte. Zwar gibt es Erweckungen in Afrika und Asien, aber nicht mehr auf unserem Kontinent. Menschen wandern in Scharen ab, Gemeinden sterben, Kreise werden kleiner. Gottesdienstbesuche sind zum Weinen.
Vor acht Tagen war ich mittags in Frankfurt an der Oder. Dort waren 70 Leute, darunter nur noch 14 Konfirmanden. In einem riesigen Wohnblock, in dem 30 Menschen leben, gibt es keine Kirche, keine Andacht, kein kirchliches Angebot. Gar nichts. So sieht es aus.
Sollen wir Ja sagen zu dem, was wir sehen? Oder Ja zu dem, was wir hören? Der Text verwendet an dieser markanten Stelle nicht die Worte Glauben, Glaubensgehorsam oder Entscheidung. Doch in seiner Schlichtheit zeigt er, was Bibel und Kirchensprache mit diesen Begriffen meinen.
Joshua trifft seine Wahl. Er sagt Ja zum Hören, Ja zum Wort, Ja zu Gott – auch wenn die Augen das Gegenteil sehen und behaupten wollen. „Glaube dem Augenschein!“ Das wünsche ich Ihnen. Das sollten Sie an diesem Abend mitnehmen: Glaube dem Augenschein, egal was Sie sehen.
Das ist Glauben, so wie es im Hebräerbrief heißt: „Der Glaube ist eine feste Zuversicht auf das, was man hofft, und ein Nichtzweifeln an dem, was man nicht sieht.“ (Hebräer 11,1)
Wie es so schön heißt: „Er hat’s gesagt und darauf wagt, mein Herz ist froh und unverzagt und lässt sich gar nicht grauen.“ Da mögen wieder schreckliche Bilder vor den Augen sein, bedrängende Bilder vom eigenen Leben und der Umgebung. Dennoch sagen Sie Ja zu dem, was Sie hören.
Und Gott hat zu Joshua gesagt: „Sei getrost und unverzagt!“ Am jordanischen Standpunkt heißt das, sich auf die richtige Seite zu stellen und Ja zu dem zu sagen, was Gott sagt – einseitig auf seine Seite.
Der Marschbefehl: Vorrat schaffen und das Land einnehmen
Dieser jordanische Standpunkt wird am schwersten auf Golgatha deutlich: Ein punisches Marterinstrument, ein ohnmächtig gegeißelter Körper, eine höhnische Landknechtschaar, die einen Fetzen Tuch verpuffen lässt, eine gaffende Menge, die das alles mit einbrachte – kreuzige ihn, kreuzige ihn – und trotzdem sagen können: Das ist Gottes Sohn gewesen, zusammen mit dem römischen Hauptmann.
Das ist der Standpunkt. Der Hauptmann sieht das alles und sagt: „Das ist Gottes Sohn gewesen.“ Er hat sich aufs Hören verlassen. Hier hat einer den Jordan überschritten, das Kanaan eingenommen. Wenn wir das nachsagen können, dann muss es doch auch an allen anderen Stellen möglich sein, wenn ich sehe, wie ich selber schwächer werde.
Ich will dich tragen, darauf verlasse ich mich. Und dann kommen plötzlich neue Sorgen in der eigenen Familie, auch bei uns. Und dann hören: Sorge nicht, sorge nicht. Und dann: Wie geht es denn weiter mit dem Terror? Wie viel Angst ist in unserem Volk? Bei den Terroranschlägen, wie viel Angst? Wirklich nicht! Sei unverzagt – das ist der Standpunkt, den wir brauchen.
Ein Hörbefehl. Und der zweite ist ein Marschbefehl, ein Marschbefehl: Geht, schafft Vorrat, nehmt ein! Das Land heißt hier – das ist Marschbefehl. Das Land, die Ruhe steht hier. So wie das Schöpfungswerk in der Ruhe Gottes gipfelt, so stellt auch Ruhe den Impuls dar. Es ist wörtlich ein Heimkommen nach arbeitsreichem Tag.
Der Hebräerbrief hat diesen Gedanken wieder aufgenommen: „Es ist noch eine Ruhe vorhanden dem Volke Gottes.“ Es ist hier kein griechisch-zyklisches Denken, so nach der Melodie: Auf jeden Dezember folgt wieder ein Mai – so dachten ja die Griechen, es kommt ja doch alles wieder.
Es ist auch kein Spiraldenken, wie es bei den Buddhisten bekannt ist, bei den Anthroposophen, dass man immer wiederkehrt und immer wiederkehrt und dann schließlich geläutert in den Himmel einkehrt, ins Nirwana.
Biblisches Denken ist lineares Denken. Das heißt ein Strich von A bis nach B, von A nach B, vom ersten bis zum siebten Schöpfungstag, von Ägypten nach Kanaan, von der Schöpfung zur Erlösung. Wir fahren nicht Karussell in dieser Welt, wir rotieren nicht, wir schaukeln auch nicht hin und her. Freunde, wir sind auf der Bahn.
In der Schweiz las ich an einem Haus: „Dieses Haus ist eine Herberge auf Zeit. Mein Heim ist in der Ewigkeit.“ Schreiben Sie das auch auf Ihr Haus, das so viel gekostet hat, an dem Sie so hängen, das Sie so lieben, wo Sie so gerne zu Hause sind: „Mein Heim ist in der Ewigkeit.“
Sie sind nur oft seitlich, schlagen Sie Ihre Nägel immer nur halb ein. Sie müssen ausziehen, Sie müssen gehen. Mein Heim ist in der Ewigkeit.
Die doppelte Bedeutung der Landnahme: Diesseits und Jenseits
Nun wird oft darauf hingewiesen, dass das Land die Ruhe für uns im Jenseits bedeutet. Die Gemeinde ist unterwegs durch die Wüste dieser Welt. Sie hat hier keine bleibende Stadt, sondern sehnt sich nach der zukünftigen, so wie es heißt: ein Tag sagt dem anderen.
Jeden Abend haben wir es als Kinder gesungen. Dieses Lied hat mich bis zum heutigen Tag geprägt: Hier keine zu tiefen Wurzeln zu schlagen, nämlich ein Tag, der dem anderen sagt, mein Leben soll ein Wandern zur großen Ewigkeit sein.
„O Ewigkeit, du Schöne, mein Herz an dich gewöhne, mein Heim ist nicht von dieser Zeit.“ Wie könnte man auch ohne die Gewissheit leben, dass die Wege der Christen, so schwer sie auch sind, immer nur Heimwege sind? Ihr Weg, den sie gehen, ihr Lebensweg, egal wo er führt – ob es ein Höhenweg ist, ein Randweg oder gar ein Talweg – alle Wege sind nur Heimwege. Zur Ewigkeit.
Nun weisen einige Ausleger in diesem Text darauf hin, dass die Landnahme auch eine diesseitige Angelegenheit ist. Wir müssen uns hüten vor einer unerlaubten Flucht ins Jenseits, die vor den zuweilen heftigen Spannungen der Welt ausweichen will.
Wissen Sie, Gott hat sein Volk nicht vom Ostjordanland direkt in den Himmel geführt – hätte er auch können –, sondern ins Westjordanland. Gott hat seine Kinder nicht in den Himmel geboren, wie wir es zuweilen wünschen, sondern in diese Welt.
Manchmal, wenn man ein ganz kleines Kindlein sieht, sagt man: „Ach, Herr, in diese Welt hinein, nimm es doch du! Das sollte in den Himmel geboren werden.“ Aber es muss hinein in diese Welt, in all das, was auf es zukommt.
Es geht vom Ostjordanland nicht direkt in den Himmel, sondern ins Westjordanland. Es ist auch Gottes Wille, dass Menschen nicht im Wolkenkuckucksheim ihre Choräle singen, nicht am Rande der Welt ihre Schrebergärten anlegen und nicht auf der Insel der Seligen nach der Melodie Glucks ihre Reigen tanzen. Gott will seine Leute mitten im Land, mitten im Leben.
Das Volk Israel wird hineingeschickt, mitten in die Völkergruppierungen, in die Auseinandersetzungen, in das Spannungsfeld von Kulturen und Religionen. Das ist die göttliche Platzeinweisung – nicht nur im Alten Testament.
Jesus sagt in Johannes 17 im hohen priesterlichen Gebet: „Ich bitte nicht, dass du sie aus der Welt nimmst, sondern dass du sie bewahrst vor dem Bösen.“ Herr, ich will nicht, dass du sie jetzt direkt in den Himmel führst, sondern dass du sie bewahrst vor dem Bösen und Argen.
Die ständige Versuchung für Christen, sich von der Welt abzusetzen, sich allen Versuchungen und Auseinandersetzungen fernzuhalten, keine Entscheidungen zu treffen und keine Verantwortung zu übernehmen, ist ebenfalls falsch.
Abgekehrt und eingekehrt ist Jesus nicht von der Welt, sondern in der Welt. Er sagt: „Geht hin in alle Welt.“ Etwas weiterzusagen, zu verkündigen von seiner Herrschaft, dass ihm das Land schon gehört, um das sich Menschen streiten. Einer ist König: Immanuel, Sieger. Dies gilt es weiterzusagen.
Wenn wir nachher oder am Donnerstag wieder nach Hause gehen – einige Tage später, einige früher –, dann gehen wir wohl im letzten Sinn den Heimweg. Aber der Nachhauseweg führt zuerst hinaus in die Welt, die uns viele Sorgen und Nöte bereitet, feindlich besetzt ist und Kampf verlangt.
Darüber wollen wir nicht klagen und jammern. Das ist der Weg des Volkes Gottes damals und heute. Aber über allem steht: Seid getrost und unverzagt, denn auch das Westjordanland ist markiert von den Grenzpfählen Gottes.
Jetzt im Mai wird die Grenze an der Oder, die deutsche EU-Grenze, verlegt – durch ganz Polen hindurch an die Grenze zwischen Polen und Russland. Also werden die Pfähle ganz weit hinausgesteckt.
Jesus hat am Karfreitag dieses Kreuz, diesen Pfosten, diesen Grenzpfosten zwischen Leben und Tod ganz weit hinausgesetzt. Egal, wo sie leben, egal wohin sie gehen, egal wo sie arbeiten – sie sind immer innerhalb des Ortes unseres Herrn, immer innerhalb des Machtbereichs unseres Gottes.
Der Generalbefehl zur Gemeinschaft und Unterstützung
Ein letztes: ein Generalbefehl
Es ist zum dritten Mal auch ein Generalbefehl. Zuerst ist er den Amtleuten gegeben, und diese geben ihn weiter. In Vers 12 sind die Rubeniter, Gaditer und Halbanasse besonders angesprochen. Warum gerade diese drei?
Die Rubeniter, Gaditer und Halbanasse haben bereits die Seite des Flusses, also das östliche Jordanland, als ihre Heimat gefunden. Sie sind schon am Ziel, haben ihre Häuser gebaut und dort ihre Familien gegründet. Warum sollen sie dennoch einmal über den Fluss ziehen und hinein in Feindesland?
Der Befehl richtet sich an alle; es ist ein Generalbefehl, auch an die zweieinhalb Stämme, die schon ihre Heimat gefunden haben. Warum? Die bevorstehenden Kämpfe erfordern möglichst große Heerscharen.
Doch der Befehl, sich ihm zu unterstellen, sich zu rüsten und Frau und Kinder zurückzulassen, hat noch einen tieferen Sinn. Im Volk Gottes darf niemand gemütlich zusehen, während andere in den Kampf ziehen müssen. Im Krieg gab es sogenannte Etappenhasen – Menschen, die sich drücken. Im Reich Gottes gibt es solche nicht. Niemand kann sich drücken.
Gibt es in unseren Gemeinden oder Gemeinschaften Menschen, die ihren Platz gefunden haben, sich einquartiert haben, aber keinen Schritt mitgehen wollen, wohin man sie führen möchte? Menschen, die dort bleiben, wo gekämpft wird, wo andere Menschen gewonnen werden, in der Nachbarschaftshilfe oder im Besuchsdienst? Nein, das darf nicht sein. Sie sind schon hier fest.
Vers 14 sagt: „Helft den Brüdern!“ – Das ist das Grundwort: Hilfe für Brüder. In Vers 14 steht es bereits: Hilfe für Brüder. Das ist gewiss auch im großen Rahmen zu verstehen, etwa an Christen in Afrika, Südamerika und der Südsee. Sie dürfen nicht allein gelassen werden. Aber auch die in der nächsten Umgebung dürfen nicht vergessen werden mit dem Gedanken: „Ach, die können ja selber gehen.“
Passive Mitglieder, untätige Zuschauer, fromme Genießer – das sollte es nicht geben. Helft den Brüdern! Paulus hat diesen Gedanken mit dem Bild vom Leib und seinen Gliedern verdeutlicht: Ein Leib, wie könnte der Fuß sagen: „Ich ziehe nicht mit“? Oder die Hand, oder gar der Kopf? Wenn ein Glied leidet, leiden alle Glieder mit. Werde wach und stärke das andere, das schwach ist und sterben will.
Nur nicht zu schnell ein Quartier beziehen in der Etappe und sich geistlich zur Ruhe setzen – das haben sie begriffen. Wie wir Mose gehorsam gewesen sind, so wollen auch wir dir gehorsam sein.
Liebe Freunde, wir müssen beisammenbleiben, wir müssen zusammenwandern, wir müssen gemeinsam kämpfen. Gott schenkt seine Siege dem ganzen Volk und nicht nur einem Teil.
Natürlich kostet das etwas. Frau und Kinder damals mussten zurückbleiben. Es geht nie ohne Opfer ab. Bei dem einen kostet es Zeit, bei dem anderen Überwindung, bei einem dritten Geld. Was tut’s? Gott hat es geboten, jetzt gilt es zu gehorchen.
Was hat Gott Ihnen geboten? Wo sollten Sie mit tun? Jetzt gilt es, zu gehorchen – endlich!
Schlussgebet und Segen
Wir wollen beten.
Lieber Vater, du willst, dass wir dich auf unserem Weg in die ewige und letzte Heimat begleiten. Du willst keinen zurücklassen und möchtest nicht, dass sich jemand irgendwo einquartiert und stehen bleibt. Lass uns deshalb geistlich auf den Füßen bleiben, mitziehen und mit deinem Volk sehen, wo es fehlt.
Und wenn jemand gar nichts mehr kann, Herr, dann können wir doch beten. Deshalb gib uns Kraft zum Beten. So bitten wir an diesem Abend besonders für unsere Christen, die in Bedrängnis sind. Wir bitten für dein Volk Israel, dass du ihm die Augen öffnest für dich, den Messias.
Wir bitten dich auch heute Abend für unsere Familien und unsere Kinder. Lass sie nicht los. Wir bitten dich für unsere Kranken und für die Alten, sowohl hier an diesem Ort als auch in den Pflegeheimen. Geh du mit uns hinein in diese Nacht und sei uns ein gnädiger und gütiger Vater! Amen!
Nun singen wir noch einmal einen Vers zum Schluss aus dem Lied 474 im Gemeinschaftsliederbuch. Wir singen die Verse eins bis vier und sieben.
Und nun bitten wir noch um den Segen für diese Nacht:
Herr, segne uns und behüte uns.
Herr, lass dein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig.
Herr, erhebe dein Angesicht auf uns und gib uns deinen Frieden. Amen.
Ich wünsche Ihnen eine behütete Nacht und freue mich, wenn ich Sie morgen wiedersehen darf. Gut geborgen!