Liebe Geschwister, liebe Freunde, liebe Kinder, die ihr hier seid, ich freue mich sehr, heute bei euch sein zu dürfen. Gemeinsam wollen wir uns mit dem Thema beschäftigen: Der Schöpfer und ich.
Mein Name ist Nathan Ebersold. Eigentlich heiße ich Nathanael, wie ich gerade mit den Brüdern besprochen habe. Meine Eltern haben mich aber meist Nathan genannt – allerdings meistens dann, wenn sie mit mir geschimpft haben. Wisst ihr, was es bedeutet, wenn die Eltern schimpfen? Wahrscheinlich nicht.
Ich bin verheiratet mit Maja. Sie kommt aus Kasachstan, aber mehr kann ich dazu nicht sagen, das fällt mir schwer. Zusammen haben wir fünf Kinder – fünf Söhne, um genau zu sein. Sie sind zwischen zwei und zwölf Jahre alt, damit ihr eine Vorstellung habt.
Meine Eltern sind ebenfalls gläubig. Ich habe erfahren, dass mein Vater schon einmal bei euch in der Gemeinde war. Wir sind in unserem Glauben quasi die zweite Generation. Das heißt, mein Großvater, den ich später noch erwähnen werde, war nicht gläubig. Auch mein anderer Großvater, von dem ich euch morgen kurz erzählen werde, ist im Unglauben gestorben.
Ich bin von Herzen dankbar, dass inzwischen zwei unserer Kinder sich ebenfalls bekehrt haben. Ich selbst habe mich im Alter von elf Jahren bekehrt. Wie das genau passiert ist, möchte ich euch morgen früh noch ausführlicher erzählen, wenn wir uns weiter mit dem Thema „Der Schöpfer und ich“ beschäftigen.
Ist hier jemand, der elf Jahre alt ist? Ja, da gehen einige Finger nach oben. Also, als ich so alt war wie ihr, habe ich mich bekehrt. Die Frage, die mir sehr am Herzen liegt, ist: Seid ihr auch schon bekehrt? Ihr müsst euch jetzt nicht melden, aber das wird eine Frage sein, die uns heute Abend noch beschäftigen wird.
Ich komme aus der Gemeinde Frankenthal. Dort bin ich seit dem Jahr 2005 Gemeindeglied und wurde auch dort getauft. Das ist sozusagen meine Heimat.
Die Beziehung zwischen Schöpfer und Mensch
Nun wollen wir uns unserem Thema zuwenden: der Schöpfer und ich. Es mag dem einen oder anderen vielleicht ein wenig mulmig zumute werden, wenn er sieht, wie nah diese beiden hier beieinanderstehen.
Auf der einen Seite steht der mächtige Schöpfer des Universums, den ihr in den letzten Wochen durch die Ausstellung und verschiedene Vorträge kennengelernt habt. Auf der anderen Seite stehe ich, also der Mensch, der sich zwar manchmal groß und wichtig fühlt, der aber doch insgeheim weiß, wie klein und unbedeutend er ist.
Wenn diese beiden – der Schöpfer und ich – so nah beieinander sind, drückt das aus, dass sie, wie wir es bereits in der Einleitung von Bruder Eduard gehört haben, in einer Beziehung zueinander stehen. Warum ist das so? Wie kommt diese Beziehung zustande? Auf diese Fragen wollen wir heute Antworten finden.
Ich möchte nun anhand zweier Beispiele aus der Geschichte aufzeigen, wie unterschiedlich die Wege der Menschen sein können. Es sind zwei Beispiele, auf die auch im Rahmen der Ausstellung Bezug genommen wird. Ich will sie euch jetzt noch einmal etwas ausführlicher vorstellen.
Das erste Beispiel ist Friedrich Nietzsche mit seinem Werk „Der tolle Mensch“. Anschließend folgt Matthias Claudius mit seinem bekannten Werk „Das Abendlied“.
Im Anschluss an diesen Blick in die Geschichte werden wir uns dann noch anschauen, welche beiden Möglichkeiten uns die Bibel vorstellt, nämlich den breiten Weg und den schmalen Weg. Auch darauf wird im Rahmen der Ausstellung Bezug genommen.
Ich habe deswegen später viele Bilder dabei von einem ganz besonderen Exponat, dem Ausstellungsstück, das den breiten und den schmalen Weg zeigt.
Friedrich Nietzsche: Vom Glauben zur Ablehnung
Beginnen wollen wir mit einem Blick in die Geschichte, und zwar mit Friedrich Nietzsche. Dieser wurde am 15. Oktober 1844 in Röcken geboren, einem Ort, der heute in Sachsen-Anhalt liegt. 1844 – Kinder, ihr seid schnell im Rechnen – das liegt also 180 Jahre zurück, dass dieser Mann geboren wurde.
Der 15. Oktober war damals der Geburtstag des preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV. Deshalb erhielt das neugeborene Kind in der Familie Nietzsche genau diesen Namen: Friedrich Wilhelm Nietzsche.
Friedrich Wilhelm wurde in eine Pfarrersfamilie hineingeboren. Seine Vorväter waren bereits in diesem Beruf tätig. Sein Vater war Pfarrer, der Sonntag für Sonntag in der Kirche vorne stand und das Evangelium verkündete. Auch sein Großvater war Pfarrer und hatte denselben Dienst getan.
Im Rückblick bezeugt Friedrich Nietzsche selbst, dass er eine sehr unbeschwerte Kindheit erlebt hat. Doch ganz plötzlich und dramatisch ändert sich das Familienglück. Der Vater des kleinen Friedrich verunglückt und stirbt schließlich an den Folgen des Unfalls. Friedrich ist damals erst vier Jahre alt und bleibt als kleiner Junge ohne Vater zurück. Das ist schlimm, wenn so etwas passiert.
Doch es kommt in der Familie Nietzsche noch schlimmer: Im darauffolgenden Jahr stirbt auch Friedrichs Bruder Josef. Für die Familie bringt das viele Veränderungen mit sich. Nach dem Tod des Vaters kann die Familie nicht länger im Pfarrhaus wohnen bleiben. Deshalb nimmt die Großmutter die Familie auf, und sie zieht zu ihr in das benachbarte Naumburg.
Das ist für Friedrich eine sehr schwere Zeit. Er fühlt sich entwurzelt, aus seiner vertrauten Umgebung herausgerissen. Er fremdelt mit der neuen Umgebung. Im Rückblick schreibt er über diese Zeit: „Ich erstaunte, wie ich bemerkte, dass die Leute oft miteinander unbekannt waren, denn auf dem stillen Dorf kannte sich jedermann.“ Er war also das stille Dorfleben gewohnt, wo man einander kannte. Jetzt fühlt er sich, als sei er in einer Großstadt angekommen, alles ist anonym und unbekannt.
Auch in der Schule findet er nur schwer Anschluss. Die anderen Kinder meiden ihn, ärgern ihn ständig, weil er so still und zurückgezogen ist. Sie hänseln ihn und nennen ihn einen kleinen Pastor. Schon Kinder können sehr grob und gehässig zueinander sein und einander viel Leid zufügen. Schon mit Worten kann man dem anderen wehtun, und genauso erging es Friedrich damals.
Im Jahr 1864, mit zwanzig Jahren, begann er in Bonn ein Theologiestudium, wie schon sein Vater und Großvater. Er lernte die Bibel kennen und beschäftigte sich intensiv damit. Doch das hielt nicht lange an. Bereits nach einem Semester, also nach etwa einem halben Jahr, brach er das Studium ab.
Das gibt es heute auch immer wieder: dass jemand sein Studium abbricht oder den Ausbildungsberuf wechselt. Bei Friedrich Nietzsche kam es damals nicht nur zum Bruch mit dem Studienfach, sondern auch zum Bruch mit dem christlichen Glauben. Er wandte sich entschieden vom christlichen Glauben ab.
In der Rückschau schrieb er über diese Zeit: „Ich hoffe, dass ich auch dieses Jahr einst vom Standpunkte der Erinnerung aus freudig als ein notwendiges Glied meiner Entwicklung einregistrieren kann.“
So wenig erhofft er sich noch von diesem verlorenen Jahr des Theologiestudiums, wie er es sieht. Hoffentlich war es nicht nur Zeitverschwendung. Er hofft darauf, irgendwann erkennen zu können, dass es doch einen Nutzen für ihn hatte.
Man hört sofort heraus: Von der Theologie, von Gott und von Gottes Wort hält er nichts mehr. Dieses Thema hat er abgehakt. Stattdessen konzentriert er sich fortan auf sein Philologiestudium, also das Studium der Sprachen und Literatur. Deshalb zieht er aus Bonn weg und setzt sein Studium in Leipzig fort.
Im Laufe der Jahre wird Friedrich Nietzsche ein viel beachteter Autor. Viele seiner Gedanken schreibt er nieder und veröffentlicht sie. Wegen seiner Veröffentlichungen wird ihm im Jahr 1869 in Leipzig sogar die Doktorwürde verliehen.
Nietzsches „Der tolle Mensch“ und die Konsequenzen des Glaubensverlusts
Eines seiner bekanntesten Werke wollen wir uns jetzt noch einmal kurz ansehen. Es ist eine Geschichte mit einer sehr bildhaften Sprache. In dieser Geschichte geht es um einen „tollen Menschen“ – so lautet auch die Überschrift.
Gibt es hier von den Kindern jemanden, der gerne ein toller Mensch wäre? Will keiner sein? Und ihr liegt alle richtig, denn ihr wisst natürlich, dass man dieses Wort heute anders versteht als damals. Damals verstand man unter einem „tollen Menschen“ einen verrückten Menschen. Also geht es in dieser Geschichte eigentlich um einen verrückten Menschen.
Die Geschichte geht so: „Habt ihr nicht von jenem tollen Menschen gehört, der am hellen Vormittag eine Laterne anzündete, auf den Markt lief und unaufhörlich schrie: ‚Ich suche Gott, ich suche Gott‘? Da dort gerade viele von denen zusammenstanden, welche nicht an Gott glaubten, erregte er großes Gelächter. ‚Ist er denn verloren gegangen?‘, sagte der eine. ‚Hat er sich verlaufen wie ein Kind?‘, sagte der andere. ‚Oder hält er sich versteckt? Fürchtet er sich vor uns? Ist er zu Schiff gegangen, ausgewandert?‘, so schrien und lachten sie durcheinander.“
Der tolle Mensch sprang mitten unter sie und durchbohrte sie mit seinen Blicken. „Wohin ist Gott?“, rief er. „Ich will es euch sagen: Wir haben ihn getötet, ihr und ich, wir sind seine Mörder. Aber wie haben wir das gemacht? Wie vermochten wir das Meer auszutrinken? Wer gab uns den Schwamm, um den ganzen Horizont wegzuwischen? Was taten wir, als wir diese Erde von ihrer Sonne losketteten? Wohin bewegt sie sich nun, wohin bewegen wir uns? Fort von allen Sonnen? Stürzen wir nicht fortwährend und rückwärts, seitwärts, vorwärts, nach allen Seiten? Gibt es noch ein Oben und ein Unten? Irren wir nicht durch ein unendliches Nichts? Haucht uns nicht der leere Raum an? Ist es nicht kälter geworden? Kommt nicht immerfort die Nacht und mehr Nacht? Müssen nicht Laternen am Vormittag angezündet werden? Gott ist tot, Gott bleibt tot, und wir haben ihn getötet.“
Das ist eine seltsame Geschichte, oder Kinder? Kann das sein, dass Gott getötet wird? Was hat er denn damit gemeint? Nun, wir können festhalten: Friedrich Nietzsche war seinen Zeitgenossen in seinem Denken tatsächlich ein Stück weit voraus. Er hat aber etwas gesehen, was die Menschen seiner Zeit noch überhaupt nicht wahrgenommen hatten.
Diese Geschichte bringt sehr anschaulich zum Ausdruck, dass ein Mensch ohne Gott orientierungslos ist. Ohne Gott weiß der Mensch nicht einmal mehr, wo oben und unten ist, wo rechts und links ist. Es fühlt sich an, als würde er ständig stürzen, ständig fällt er hin. Und da ist keine Hand, die irgendwie führt, keine Hand, die aufhilft und wieder auf die Beine hilft.
Eine Welt ohne Gott ist kalt und dunkel. Und so kann man in einer Welt ohne Gott sogar etwas Verrücktes machen, wie am helllichten Tag eine Lampe anzünden. Wer macht denn so etwas? Wisst ihr, Nietzsche hatte sich von Gott losgesagt, obwohl er die Folgen davon ganz genau kannte. Ohne Gott ist der Mensch auf sich allein gestellt, und das macht ihn so verloren, so hilflos.
Es gibt keinen Halt mehr im Leben ohne Gott, keine Orientierung, kein Licht. Da ist nur noch dunkle, tiefe Nacht. Und so wird auch keiner, der heute hier ist, einmal sagen können: Ich habe das nicht gewusst, dass man ohne Gott in die Dunkelheit hinausgeht. Ich habe es nicht gewusst, dass ohne Gott überall nur Finsternis ist.
Es ist wirklich eine ernste Mahnung für alle, die von Gott gehört haben und die Gott kennengelernt haben: Wer sich von Gott, dem Schöpfer, lossagt, der verliert den Halt im Leben, der verliert die Orientierung, der geht in die Irre hinein. Ja, er geht einer schrecklichen Zukunft entgegen.
„Gott ist tot“, wie es hier in der letzten Zeile heißt – das ist ein Lebensmotto mit ganz, ganz furchtbaren Auswirkungen.
Nietzsches Ende ist sehr tragisch. Anfang des Jahres 1889, er ist gerade einmal vierundvierzig Jahre alt, wird er zu einem Pflegefall. Zum Glück hat er noch seine Mutter, die sich aufopferungsvoll um ihn kümmert. Acht Jahre später stirbt sie, aber ihr Liebeswerk setzt Friedrichs Schwester Elisabeth fort – und zwar so lange, bis er schließlich am 25. August 1900 stirbt.
Drei Tage später, also am 28. August, wird er in seinem Geburtsort in Röcken beerdigt. Interessanterweise liegt sein Grab direkt neben dem Grab seines Vaters, der ein Pfarrer gewesen ist. Das heißt: Im Schatten der Kirche wird der Mann beerdigt, der von Gott nichts wissen wollte.
Der Dorfpfarrer ist bei der Trauerfeier selbst gar nicht dabei, er lässt sich entschuldigen. Aber in das Kirchenbuch, wo alle Sterbefälle eingetragen werden, schreibt er vielsagend hinein: „Friedrich Wilhelm Nietzsche, Sohn des damaligen Pfarrers Nietzsche und so nach evangelisch, nach seinen philosophischen Werken aber antichristlich.“
Einen Pfarrer als Vater und dann so ein Leben – das ist ein verschleudertes Erbe. Das Band zu seinem Schöpfer, den er doch eigentlich von Kindheit an kannte, hatte er durchschnitten. So lebt er und so stirbt er als Feind Gottes und als Feind Christi.
Matthias Claudius: Ein Leben im Glauben
Wir wenden uns nun dem zweiten Beispiel aus der Geschichte zu und damit auch einer zweiten Möglichkeit, wohin die Spuren des Unsichtbaren den Menschen führen können. Es geht um Matthias Claudius und seine bekannteste Dichtung, das Abendlied.
Matthias Claudius wird am 15. August 1740 in Reinfeld geboren, etwas weiter nördlich als hier, im heutigen Schleswig-Holstein. Das Jahr 1740 liegt gut hundert Jahre vor Friedrich Nietzsche. Auch Claudius ist Kind einer Pfarrersfamilie mit langer Tradition. Dabei waren nicht nur auf der väterlichen Seite seit vielen Generationen Pfarrer tätig, sondern auch auf der mütterlichen Seite gab es immer wieder Pfarrer in der Familie.
Die Eltern von Matthias Claudius sind tiefgläubig. Sie bemühen sich, ihren Kindern Vorbilder im Glauben zu sein. Die Mutter bringt ihrem Sohn Matthias das Lesen anhand der Bibel bei. So ist das Erste, was er lesen und verstehen kann, die Bibel – kein schlechter Anfang.
Auch im Hause Claudius hält der Tod früh Einzug: Als Matthias elf Jahre alt ist, sterben innerhalb eines Jahres erst eine seiner Schwestern und dann zwei seiner Brüder. Zusammen mit seinem älteren Bruder Josias, den er immer wieder als seinen besten Freund bezeichnet, beginnt Matthias dann an der Universität Jena ein Theologiestudium. Doch schon bald wechselt er das Studienfach.
Der junge Matthias ist häufig krank. Er hat bei seinem Vater gesehen, wie viel Mühe und Arbeit der Pfarrersberuf mit sich bringt. Er erkennt, dass dieser Beruf anstrengend ist. Wegen seiner schwachen Gesundheit hält er sich nicht imstande, Pfarrer zu werden.
Mit zwanzig Jahren erkrankt er schwer an einer Krankheit, die heute bei uns als ausgerottet gilt: den Pocken. Die Krankheit verläuft so schwer, dass sein Bruder Josias Tag und Nacht an seinem Bett Wache hält, weil er mit dem Schlimmsten rechnet – nämlich, dass Matthias jeden Moment sterben könnte. Doch so kommt es nicht. Matthias überlebt und erholt sich zusehends.
Offenbar hat sich Josias bei ihm angesteckt. Er wird ebenfalls schwer krank, doch bei ihm nimmt die Krankheit keinen glücklichen Verlauf: Schon bald darauf stirbt Josias. So kommt es, dass ein Bruder den anderen zu Grabe tragen muss. Am Grab trägt Matthias Claudius ein Gedicht vor. Es ist das erste Gedicht, das von ihm veröffentlicht wird.
Am Grab seines Bruders sagt er: „Er ist dahin, ach der Geliebte, ach meine Freude ist dahin, den meine ganze Seele liebte, mein bester Bruder ist dahin.“
Seht ihr, Kinder, die meisten von euch haben Geschwister. So lieb kann man seinen Bruder oder seine Schwester haben. Der beste Bruder ist nicht mehr da – so traurig war Matthias darüber.
Im Jahr 1772 heiratet er schließlich seine Frau Rebecca. Am Hochzeitstag notiert er in sein Tagebuch: „Nun habe ich meine drei H: Hof, Heimat, Hausfrau. Und wenn das vierte H, der Herr, dabei ist und bleibt, so kann man restlos glücklich sein.“
Das vierte H, der Herr, ist das Entscheidende. Dass der Herr dabei ist, hat er gewusst – das ist die Voraussetzung für Glück. So wollten diese beiden, wie alle, die gerade geheiratet haben, glücklich sein. Doch das Glück gerät schon bald in Gefahr.
Der erste Sohn der Familie stirbt wenige Stunden nach der Geburt. Ein weiterer Sohn stirbt im zarten Alter von zwei Jahren. Später werden sie auch noch eine Tochter im Alter von zwanzig Jahren zu Grabe tragen, die vor den Eltern in die Ewigkeit geht.
Die Familie ist arm. Matthias, der Vater, hat oft nur zeitweise Arbeit. Was am nächsten Tag gegessen wird, wissen sie oft nicht. Doch dem Familienleben schadet das nicht – ganz im Gegenteil. Das Familienleben dieser Familie wird als sehr harmonisch beschrieben. Es wird gemeinsam gespielt und musiziert. Zu Weihnachten werden regelrechte Konzerte veranstaltet, zu denen auch Nachbarn oder andere Gäste eingeladen werden. Eine halbe Stunde nach dem Abendessen ist immer für die Familienandacht reserviert.
So schreibt Hermann Hesse, der bekannte deutsche Dichter, zu Recht über ihn: ein treuer, warmer, herzlicher Mann, dem sein Bibelglaube gut zu Gesicht stand.
Schaut euch dieses Bild an: ein treuer, warmer, herzlicher Mann, dem der Bibelglaube wirklich gut zu Gesicht steht.
Mitten in diese Zeit hinein, nämlich im Jahr 1778, dichtet Matthias Claudius sein bekanntestes Werk, das Abendlied.
Der Maler Caspar David Friedrich hat dazu ein Bild gemalt. Es zeigt zwei Männer, die den Mond beobachten. Dieses Bild vermittelt sehr schön die Ruhe und den Frieden, die auch das Abendlied ausstrahlt.
Die erste Strophe des Abendliedes lautet:
„Der Mond ist aufgegangen,
die goldnen Sternlein prangen
am Himmel hell und klar,
der Wald steht still und schweiget,
und aus den Wiesen steiget
der weiße Nebel wunderbar.“
Dieses Abendlied beginnt also mit einer Naturbeobachtung. Man könnte auch sagen: Dieses Lied beginnt mit einer Spurensuche. Am Himmel sind der Mond und die Sterne zu sehen, unten auf der Erde der Wald, die Wiesen und der Nebel.
Doch zu dieser Naturbeobachtung, zu dieser Spurensuche, kommt in der dritten Strophe noch etwas Weiteres hinzu:
„Seht ihr den Mond dort stehen?
Er ist nur halb zu sehen
und ist doch rund und schön.
So sind wohl manche Sachen,
die wir getrost belachen,
weil unsere Augen sie nicht sehen.“
Habt ihr schon mal einen halben Mond am Himmel gesehen? Ja, ich sehe, dass ihr nickt. Gibt es einen halben Mond oder ist der Mond eigentlich immer ganz da?
Selbst die Kinder wissen das schon: Es gibt keinen halben Mond. Manchmal ist er nur halb zu sehen, aber eigentlich ist er immer ganz da. So heißt es auch im Lied: Er ist immer rund und schön.
An dieser Stelle wirkt das wie eine harmlose Naturbeobachtung, doch eigentlich ist es eine sehr schön und einfach verpackte Kritik an seiner Zeit. Seine Zeit nennt man die Aufklärung, eine Epoche, in der die Vernunft des Menschen über alles gesetzt wird.
Es gibt Dinge, die der Mensch mit seinen natürlichen Augen nicht sehen kann, aber die trotzdem existieren.
In der sechsten Strophe spricht Matthias Claudius wieder vom Himmel:
„Willst endlich sonder Krämen
aus dieser Welt uns nehmen
durch einen sanften Tod,
und wenn du uns genommen,
lass uns in Himmel kommen,
du unser Herr und unser Gott.“
Was für den sichtbaren Himmel gilt, gilt erst recht für Gottes unsichtbare Welt.
Man sollte als Mensch nicht meinen, Gottes Himmel gebe es nicht, nur weil man ihn nicht sehen kann.
Dieser Gott, der im Himmel wohnt und für den im Himmel viele Wohnungen für die Menschen vorbereitet sind, ist kein ferner Gott. Gott, der Schöpfer, ist ein persönlicher Gott. Deshalb kann Matthias Claudius auch sagen: „Du unser Herr und unser Gott.“ Ein persönlicher Gott ist er ihm geworden.
Wohin hat ihn also seine Spurensuche in der Natur geführt? Er hat zuerst über den Mond, die Sterne, den Wald und die Wiesen gestaunt. Doch all diese Spuren haben ihn nur auf Gott aufmerksam gemacht. Sie haben ihn schnurstracks zu Gott geführt.
Zu Gott, der auch für ihn ein persönlicher Gott ist und von dem er glaubt, dass er ihn in den Himmel führen kann.
Etwa 25 Jahre später ereilt Matthias Claudius genau das: Er wird schwer krank und stirbt schließlich am 21. Januar 1815.
Zurück bleibt als Vermächtnis für die Welt sein Abendlied – ein Beispiel für einen Menschen, der seine Spurensuche zu Gott geführt hat.
Zwei Lebenswege im Vergleich
Wir haben nun einen Blick in die Geschichte geworfen und anhand von zwei Beispielen zwei unterschiedliche Lebenswege wahrgenommen. An dieser Stelle möchte ich das Gehörte noch einmal zusammenfassen und zur Veranschaulichung gegenüberstellen.
Bei beiden Personen, auch bei Matthias Claudius, finden sich viele Gemeinsamkeiten. Beide haben günstige Startvoraussetzungen im Leben. Schließlich wachsen sie jeweils in Pfarrersfamilien auf – oder allgemeiner gesagt – in gläubigen Elternhäusern. In beiden Fällen sind die Vorfahren schon sehr lange im Dienst für Gott und für Gottes Wort unterwegs.
So bleiben beide zunächst auf der Spur ihrer Väter und beginnen ein Theologiestudium. Beide wollen sich auf den Pfarrberuf vorbereiten. Die Lebensumstände sind bei beiden sehr schwierig und leidgeprüft. In beiden Häusern ist der Tod ein häufiger Gast; die liebsten Menschen werden ihnen direkt aus den Armen gerissen.
Auch der Zeitgeist, also das allgemeine Denken und Handeln der Menschen in ihrem Umfeld, ist vergleichbar. Er ist von Gottlosigkeit geprägt. Trotz all dieser Gemeinsamkeiten gehen ihre Lebenswege jedoch völlig auseinander – in ganz entgegengesetzte Richtungen, könnte man sagen.
Der eine wird schreiben: „Gott ist tot.“ Der andere hingegen wird dichten und bekennen: „Gott, lass dein Heil uns schauen.“ So verschieden können die Lebenswege der Menschen aussehen. Der Unterschied besteht im Kern darin, welche Haltung ich zu Gott, dem Schöpfer, einnehme.
Die Entscheidung: Gottes Wege oder eigene Wege
Und so können wir gemeinsam ein Experiment machen: Wir quetschen uns noch zwischen die beiden hinein und ergänzen den Vergleich um uns und unsere Situation.
Ich habe es euch vorhin schon gesagt: Ich bin selbst in einem gläubigen Elternhaus aufgewachsen. Die meisten, die hier sitzen, werden das genauso bezeugen können, dass sie ebenfalls in einem gläubigen Elternhaus aufgewachsen sind.
Nun sind wir heute keine Studenten der Theologie. Doch ihr geht in die Sonntagsschule, in die Kinderstunde, in die Jungschar oder Jugend. Vielleicht habt ihr einen Taufunterricht besucht oder eine Bibelschule – oder wie auch immer ihr diese Angebote nennt. Aber ihr wisst, was ich meine: Wir sind gut ausgebildet und gut geschult in Gottes Wort und darin, was es für das Leben des Menschen bedeutet.
Eure genauen Lebensumstände kenne ich nicht, aber sie mögen bei den meisten anders sein als bei diesen beiden Männern der Geschichte. So hoffe ich es jedenfalls. Doch was unverändert geblieben ist seit den vergangenen Jahrhunderten, ist die Gottlosigkeit unserer Zeit. Wahrscheinlich hat sie im Laufe der Zeit sogar noch zugenommen.
Die große Frage, die bleibt, lautet: Wie wird dein Lebensweg aussehen? Wie wirst du mit deinen Startvoraussetzungen umgehen? Wie hältst du es mit Gott? Wie stehst du zu deinem Schöpfer?
Der Schöpfer und ich – das bedeutet entweder: „Gott ist tot, ich brauche ihn nicht, ich will ihn nicht und ich komme auch ohne ihn zurecht“, mit allen Folgen und Konsequenzen. Oder aber: „Gott, lass dein Heil mich schauen. Ich bin angewiesen auf dich, ich bin angewiesen auf dein Erbarmen und auf deine Hilfe. Ja, ich sehne mich nach deinem Heil.“
Der breite und der schmale Weg in der Bibel
Nachdem wir eben zwei Möglichkeiten anhand einer Geschichte betrachtet haben, wollen wir uns nun zwei Wege zuwenden, wie sie uns in der Bibel vorgestellt werden. Die Bibel nennt sie den breiten und den schmalen Weg. Nun werden viele Bilder folgen, die die Kinder an den letzten Ausstellungsraum erinnern werden.
Ich habe gleich zu Beginn ein Bild von dem letzten Ausstellungsstück mitgebracht. Auf diesem Bild erkennen wir ganz deutlich, dass es genau zwei Möglichkeiten gibt. Man kann das so leicht erkennen, weil in der Mitte des Bildes ein tiefer Graben ist, eine tiefe Schlucht. Sie sieht unheimlich und schwarz aus, unüberwindbar tief. Keiner von den kleinen Menschen schafft es einfach so hinüber.
Wenn wir noch ein wenig näher hinschauen, sehen wir die Tiefe noch besser: eine schreckliche, dunkle und unüberwindbare Schlucht. Was unterscheidet denn die beiden Wege eigentlich? Schauen wir noch einmal genauer hin.
Auf der einen Seite sehen wir einen breiten Weg, auf der gegenüberliegenden Seite einen schmalen Weg. Auf dem breiten Weg sind sehr viele Menschen unterwegs. Könnt ihr das alle sehen? Viele, viele Menschen laufen dort. Auf dem schmalen Weg sind es nur sehr wenige.
Schaut einmal ganz nach hinten auf der rechten Seite. Dort sieht man ein dunkles Ende, ein ganz unheimliches Loch. Man kann auf dem Bild noch nicht genau erkennen, was das ist und was es bedeuten soll, aber unheimlich sieht es schon aus. Auf der anderen Seite ist nur verschwommen, nicht ganz klar zu sehen, etwas Schönes, etwas Helles, etwas golden Glänzendes. Ein herrliches Ende, könnte man auch sagen.
Jetzt schauen wir uns den breiten Weg noch ein wenig genauer an. Wie gesagt, sind viele Menschen unterwegs. Deshalb ist auf diesem Weg immer etwas los. Wir sehen hier eine kleine Musikkapelle, daneben weht ein Schleier. Da hat jemand gerade geheiratet und fährt jetzt mit dem Motorroller in den Urlaub. Überall ist also etwas los auf diesem breiten Weg. Den Leuten scheint es gut zu gehen. Sie sitzen zusammen, singen, feiern, lachen und genießen gemeinsam das Leben.
Hier auf diesem Weg muss niemand einsam sein. Es ist immer gesellig, es ist immer etwas geboten. Und wenn man doch mal jemandem aus dem Weg gehen will, dann ist der breite Weg auch breit genug, dass man einfach die Straßenseite wechseln kann. Für jeden ist hier Platz.
Aber wisst ihr, wenn wir diesen breiten Weg noch ein Stück weiter verfolgen, sehen wir auf einmal noch etwas anderes. Kinder, könnt ihr erkennen, was das hier ist? Du weißt, was das ist? Grabsteine, genau. Ich finde es immer wieder spannend, dass schon die kleinsten Kinder wissen, dass es Grabsteine gibt und dass sie darüber auch ohne jeden Schrecken sprechen können. Für die Kinder ist klar: Ein Grabstein bedeutet, jeder Mensch stirbt einmal.
Das ist eine Sache, die der Mensch sehr schnell verstehen und fassen kann. Es gibt viele Dinge im Leben, die lernt man nicht so schnell. Aber das weiß schon das kleinste Kind: Das Leben des Menschen ist einmal vorbei.
Das Besondere an den Grabsteinen hier ist, dass man sogar Namen erkennen kann. Ihr könnt es jetzt wahrscheinlich nicht sehen, aber ich kann euch verraten, was da steht. Links oben ist das Ehepaar Keller begraben, auf der rechten Seite unten ist ein Familiengrab, dort ist die Familie Ackermann beerdigt. Und links unten, das könnt ihr wahrscheinlich sogar lesen, steht als Name des Mannes, der beerdigt wurde: Paul Klein.
Wenn man genau hinschaut, kann man von diesem Paul Klein sogar die Lebensdaten erkennen: 1932 bis 2010. Als ich das das erste Mal gesehen habe, wisst ihr, Kinder, da hat mich das regelrecht erschüttert. Denn das sind genau die Lebensdaten von meinem Opa gewesen. Er wurde 1932 geboren und ist nach einem Leben auf dem breiten Weg 2010 gestorben.
Ja, das wissen selbst die Kinder über das Sterben: Jeder Mensch muss einmal sterben. Am Anfang des Weges denkt man oft nicht daran. Da scheint der Tod so weit weg zu sein, so entfernt. Aber wenn wir dann doch einmal vorausschauen, wissen wir es: Irgendwann stirbt der Mensch.
Und genau das sagt auch die Bibel: Es ist dem Menschen einmal gesetzt zu sterben. Viele Menschen fügen dann hinzu: Und dann ist eben alles aus. Aber der Bibelvers ist hier noch gar nicht zu Ende. Ich habe hier ans Ende drei Punkte gesetzt. Das bedeutet, dass es eigentlich noch weitergeht.
Vollständig heißt dieser Bibelvers: Es ist dem Menschen gesetzt, einmal zu sterben, danach aber das Gericht. Und was wir vorhin nur als ein kleines, entferntes, dunkles Loch gesehen haben, sieht von nahem betrachtet wirklich furchterregend aus. Man erkennt die Hitze, man spürt förmlich die Glut.
Aber eigentlich ist das, was hier zu sehen ist, gar nicht das Gericht, sondern eher die Folge des Gerichtes, also die Strafe, die verhängt wird. Von der sagt die Bibel: Gott wird Vergeltung üben an denen, die dem Evangelium unseres Herrn Jesus Christus nicht gehorsam sind.
Diese werden Strafe erleiden, ewiges Verderben. Nicht fünf Minuten, auch nicht fünf Tage, auch nicht fünf Jahre, sondern ein ewiges Verderben ohne Aufhören. Es gibt dann kein Zurück mehr, keine Veränderung – so sagt es die Bibel.
Und weiter: Wenn jemand nicht im Buch des Lebens eingeschrieben gefunden wurde, so wurde er in den Feuersee geworfen. So nennt die Bibel einen Feuersee, und das kann man hier auch sehr gut erkennen. Ihr Teil wird in dem See sein, der von Feuer und Schwefel brennt. Das ist der zweite Tod.
Das heißt also, mit dem Tod hier auf der Erde ist nicht einfach alles aus, und das darf der Mensch nicht vergessen. Aber wenn wir hier an dieser Stelle aufhören müssten, dann wäre es wirklich einfach nur fürchterlich. Das wäre grausam, wenn man hier einen Punkt machen müsste. Denn dann müssten wir alle festhalten: Es gibt keine Hoffnung für uns Menschen. Wir müssten verzagt und traurig sein.
Ich habe euch vorhin das Bild ja gar nicht vollständig gezeigt. Schaut jetzt noch einmal genau hin. Erkennt ihr die beiden Wege jetzt von oben aus gesehen? Und auf einmal gibt es über diese tiefe, furchterregende, dunkle Schlucht eine Brücke. Könnt ihr das alle sehen, Kinder? Seht ihr alle diese Brücke?
Ja, das ist sehr wichtig. Eine Brücke gibt es da. Die war vorher noch nicht zu sehen. Und das Wichtige ist: Es gibt nur eine Brücke. Da sind nicht zwei, nicht drei, nicht vier Brücken. Es gibt nur eine Brücke, nur einen Übergang, der auf die andere Seite führt.
Und wenn man jetzt weiß, auf dem breiten Weg geht es dem Gericht entgegen. Dort wartet das Verderben, dort wartet der ewige Tod, wie die Bibel sagt. Dann will das natürlich jeder ganz genau wissen: Wo ist diese Brücke? Wie kann man sie finden? Und wie kann man über diese Brücke hinübergehen?
Wir schauen jetzt noch einmal von der Seite auf diese Brücke, und da können wir es schon besser sehen: Eine Brücke, die diese tiefe, gefährliche und auch irgendwie unheimliche Schlucht überspannt. Und könnt ihr auch erkennen, was auf dieser Brücke steht?
Was siehst du? Ein Kreuz, genau. Das seht ihr doch alle. Auf der Brücke steht ein Kreuz. Wenn wir es uns von der anderen Seite anschauen, können wir es noch deutlicher sehen. Auf der Brücke steht hoch und erhaben ein Kreuz.
Das Kreuz ist ein Symbol, ein Zeichen, das wir alle gut kennen. Wir wissen, dass das Kreuz für das Leiden und Sterben von Jesus Christus steht, dem Sohn Gottes. Er hat am Kreuz die Strafe getragen, damit die Menschen nicht mehr bestraft werden müssen.
Die Menschen können Vergebung bekommen. Sie können frei ausgehen im Gericht, weil ein anderer die Schuld und die Strafe getragen hat.
Und jetzt schaut euch einmal diesen Mann an, der am Fuß des Kreuzes steht. Könnt ihr ihn erkennen, direkt dort am Kreuz? Ganz klein sieht er aus im Vergleich zu diesem hohen und erhabenen Kreuz.
Könnt ihr auch erkennen, was er macht? Er hat den Kopf gesenkt und die Hände gefaltet. Er traut sich gar nicht, den Blick zum Himmel zu heben. Wenn wir näher hinschauen könnten, würden wir wahrscheinlich sogar sehen, dass diesem Mann die Tränen über die Wangen laufen.
Was macht er denn da am Kreuz? Das verstehen wir ganz genau. Wenn jemand den Blick so senkt und die Hände faltet, dann muss es so sein, dass er betet. Und das stimmt.
Ich will euch auch verraten, was dieser Mann da betet. Er betet: „O Gott, sei mir Sünder gnädig.“ Er betet also zu Gott und nennt sich selbst einen Sünder.
Was meint er damit, dass er ein Sünder ist? Wir schauen uns das noch einmal von der anderen Seite an, damit wir den Mann ein wenig besser sehen können.
Seht ihr, was da alles neben ihm am Kreuz abgestellt ist? Siehst du das? Gepäck? Ja, da gibt es etwas Orangenes, etwas Blaues, etwas Grünes – also Rucksäcke, Koffer, Taschen. Ganz viel Gepäck ist dort abgestellt.
Das sind alles Lasten, die am Kreuz niedergelegt worden sind. Und so betet dieser Mann hier nicht nur „O Gott, sei mir Sünder gnädig“, sondern er betet eigentlich weiter: „Meine Verschuldungen gehen über mein Haupt. Wie eine schwere Last sind sie, zu schwer für mich.“
Und das ist wirklich nicht schwierig zu verstehen. Wie soll der Mann all diese Lasten auf einmal tragen können? Wie soll er das schaffen – den Koffer, den Rucksack, die Tasche? Wie soll das überhaupt gehen? Das ist wirklich eine Last, die viel zu schwer ist für ihn.
Dieser Mann hier hat also verstanden, dass er vor Gott schuldig geworden ist. Und so steht er hier am Kreuz und erinnert sich wahrscheinlich daran, wie er als Kind den Eltern ungehorsam gewesen ist. Er erinnert sich daran, wie er seinen Nachbarn übel beschimpft hat, er erinnert sich daran, dass er gestohlen hat, und noch vieles mehr kommt ihm in diesem Augenblick in den Sinn.
Das macht ihn so traurig. Er fühlt das auf seinen Schultern wie eine riesengroße, schwere Last. Aber warum stellt er jetzt alles auf einmal hier am Kreuz ab? Wisst ihr warum?
Weil vom Kreuz aus einer ruft: „Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, so will ich euch erquicken.“ Solche Menschen, die ihre Schuld, ihre Last mit sich herumtragen, sind eingeladen, zum Kreuz zu kommen.
Was war dieser Mann doch noch beladen bis eben. Nun darf er all seine Lasten am Kreuz ablegen. Diese Lasten, diese Schulden, diese Sünden darf er hier abladen, weil hier am Kreuz dafür schon bezahlt worden ist.
Ihm tut seine Schuld leid, und so bittet er um Vergebung – und ihm wird auch vergeben.
Schauen wir uns das noch einmal ein bisschen genauer an. Seht ihr, was hier unter dem Kreuz ist? Wie kommt man denn eigentlich über diese Brücke hinüber?
Ja, man muss unter dem Kreuz durchgehen. Ist da viel Platz oder wenig Platz? Schaut euch mal diesen Mann an. Er ist schon ein bisschen gebückt, aber trotzdem wird er Probleme haben, da durchzugehen.
Das ist eine enge Pforte, ein enger Durchgang, der hier zu sehen ist. Und jetzt stellt euch vor, er hätte noch all sein Gepäck auf dem Rücken, in den Händen usw. Nie im Leben würde er es schaffen, durch diese enge Pforte mit all diesen Lasten hindurchzukommen.
Wisst ihr, die Schulden, die Lasten darf man am Kreuz nicht nur ablegen, man muss sie am Kreuz sogar ablegen, wenn man durch diese enge Pforte hindurchtreten will.
Denn genau das ist der Aufruf des Herrn Jesus. Er ruft: „Geht ein durch die enge Pforte, geht dahin durch!“
Deshalb müssen wir all unsere Lasten, all unser Gepäck, bildlich gesprochen, an diesem Kreuz auch ablegen. Wir müssen Vergebung dafür bekommen.
Und Jesus erklärt das auch weiter, warum der Mensch durch diese enge Pforte gehen soll: „Denn die Pforte ist weit und der Weg ist breit, der ins Verderben führt, und viele sind es, die da hineingehen.“ Das haben wir uns vorhin schon angeschaut.
Und weiter: „Denn die Pforte ist eng und der Weg ist schmal, der zum Leben führt, und wenige sind es, die ihn finden.“
Jetzt denkt manch einer vielleicht: Ach, dieser Mann hier hat es aber gut, wenn er gerade alle seine Sünden los ist. Wäre das nicht schön, wenn wir mit diesem Mann tauschen könnten?
Aber schaut mal genau hin, ich will euch noch etwas zeigen. Es ist hier unten ein bisschen unscharf, aber ich denke, ihr könnt es doch erkennen, wer sich hier gerade auch auf den Weg zum Kreuz macht.
Die beiden sind nicht so groß wie der Mann, sie sind ein bisschen kleiner. Das sind nämlich zwei Kinder, die da gelaufen kommen.
Und das passt auch sehr gut. Denn vom Kreuz her kommt nicht nur der Ruf: „Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid“, sondern hier hört man auch die Stimme Jesu, die ruft: „Lasset die Kinder zu mir kommen und wehret ihnen nicht, denn ihnen gehört das Reich Gottes.“
Auch die Kinder dürfen also zum Kreuz kommen, auch das ist erlaubt. Manchmal brauchen die Kinder jemanden, der sie an die Hand nimmt.
Das sieht man hier ja auch auf dem Bild. Da gehen zwei miteinander Hand in Hand. Für die letzten Meter hin zum Kreuz brauchen Kinder oft die Hand der Mama oder die Hand vom Papa, die helfen und alles noch einmal erklären.
Aber wichtig ist: Auch die Kinder sind eingeladen, und auch die Kinder dürfen zum Heiland am Kreuz kommen.
Und von diesem Kreuz aus erkennt man auch schon in der Ferne, was das Ziel dieses schmalen Weges ist. Es ist hier noch ein wenig verschwommen und unscharf, aber doch kann man schon erkennen, dass es ein wunderbares und herrliches Ziel ist.
Was sagt die Bibel von diesem Ziel? „Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde waren vergangen. Und ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem.“ Hört ihr? Ein neuer Himmel. Eine neue Erde. Ein neues Jerusalem – neu, neu, neu. Hier ist alles neu in dieser Stadt.
Und es heißt weiter: „Und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen“, also von den Menschen, die dort in der Stadt ankommen. „Und der Tod wird nicht mehr sein.“
Habt ihr es behalten? Auf dem anderen Weg gibt es sogar noch den zweiten, den ewigen Tod. Aber hier wird kein Tod mehr sein. Weder Leid, noch Geschrei, noch Schmerz wird mehr sein, denn das Erste ist vergangen.
Und der auf dem Thron saß, sprach: „Siehe, ich mache alles neu. Ich mache alles neu.“
Wem könnte man das mehr glauben als dem, der schon einmal aus dem Nichts heraus alles erschaffen hat? Wem könnte man das mehr glauben als Gott, dem Schöpfer, der die ganze Welt gemacht hat und dessen Spuren wir doch in den letzten Tagen und Wochen so gut wahrnehmen konnten?
Wem sollte man glauben, dass er alles einmal neu macht, wenn nicht ihm, unserem Schöpfer? Der Schöpfer und ich.
Was bleibt zurück? Vier Impulse für das Leben
Was bleibt zurück? Nach vielen Tagen, nach Ausstellungsbesuchen und Vorträgen rund um das Thema Schöpfung – was bleibt zurück? Was verändert sich in meinem Leben?
Ich möchte es mit vier Punkten zusammenfassen. Hoffentlich bewirken diese Tage in mir eine größere Ehrfurcht vor dem Schöpfer, dessen Werke ich vielleicht an manchen Tagen einfach achtlos übersehen oder gar nicht wahrgenommen habe.
Ja, hoffentlich wird auch meine Gewissheit im Glauben fester. Unser Glaube hat sichere Gründe, ein stabiles Fundament. Hoffentlich führt das auch zu einer tieferen Liebe zu unserem Erlöser Jesus Christus. Er bildet die Brücke vom breiten Weg, der ins Verderben führt, hinüber auf die andere Seite.
Dann wünsche ich mir eine stärkere Sehnsucht, ihn – also den Allmächtigen, den gnädigen und liebenden Gott – eines Tages sehen zu dürfen. Das alles wünsche ich euch, dass der Herr es euch schenkt. Amen!
Lasst uns nun noch gemeinsam beten. Vielleicht möchte auch jemand aus den Reihen beten, dann ist jetzt die Gelegenheit dazu.
Lieber Herr Jesus Christus, wir sind dir von Herzen dankbar, dass wir dich kennen dürfen. Das ist ein großes Vorrecht. Wir danken dir, dass wir dich in diesen Tagen hier auch als den Schöpfer des Himmels und der Erde kennenlernen dürfen – auch unseres kleinen Lebens.
Wir danken dir, dass du nicht nur Schöpfer bist, sondern dich auch um uns kümmerst und sorgst. Du hast unseren Irrweg gesehen, unsere Schuld, mit der wir beladen sind, und dass wir ins Verderben laufen. Du bist auch unser Retter geworden.
So weißt du um manche Seele, die heute hier ist, die dich nicht kennt, weil sie dich ablehnt und sich nicht deiner Hand unterwerfen will. Ich bitte dich von Herzen, dass du heute noch mächtig wirkst an vielen Herzen und Sünder zur Buße leitest.
Ja, ich danke dir, dass heute noch Gnadenzeit ist und dass du uns nicht nur als Schöpfer der Welt begegnest, sondern auch als Schöpfer eines neuen Lebens und eines neuen Herzens.
Du machst alles neu und kannst vergeben, was gewesen ist. So bitte ich dich von Herzen, dass du dieses Wunder auch heute an mancher Seele tust.
Wir danken dir für den Segen unserer Versammlung. Amen.
