Staffelübergabe – das Thema heute lautet, wie Paulus die Staffel übergab. Wenn wir wissen wollen, wie die Staffel in den Gemeinden übergeben werden sollte, dann müssen wir in der Bibel nachschauen.
Man muss das nicht unbedingt von Raimund lernen. Er hat mir erzählt, dass sie das im Sportverein sehr systematisch machen. Aber ich glaube, wir sollten das nicht vom Sportverein lernen, sondern aus der Bibel.
Ich habe verschiedene Personen herausgenommen, nicht nur Paulus. Natürlich fangen wir zunächst einmal mit dem Herrn Jesus an.
Wie hat der Herr Jesus die Staffel übergeben? Nun, der Herr Jesus hat nicht – wie wir das vielleicht machen würden – ein schriftliches Konzept erstellt. Er hat auch nicht verlangt, dass seine Jünger Dinge auswendig lernen, und er hat keine Gewohnheiten mit ihnen eingeübt.
Wie war es damals bei der Staffelübergabe durch den Herrn Jesus? Ich habe mir das noch einmal durch den Kopf gehen lassen und fand es sehr bezeichnend: Jesus hat nichts schriftlich festgehalten. Damit unterscheidet er sich von mir. In den letzten Jahren habe ich angefangen, viel zu schreiben. Ihr kennt den Ausspruch: Wer schreibt, der bleibt. Ich hoffe das. In meinem Alter kann ich absehen, dass ich nicht mehr so lange leben werde. Das meiste habe ich bereits gelebt. Aber ich denke schon, dass das, was der Herr einem aufs Herz legt, mein Wunsch ist, dass es auch andere noch erreichen und zum Segen werden kann.
Jesus hat es anders gemacht. Er ist anders vorgegangen. Wir lesen in Markus 3,14, dass er zwölf Jünger ausgesucht hat. Dabei nannte er zwei Kriterien: Sie sollten bei ihm sein und er wollte sie aussenden. Diese Jünger, besonders die zwölf, hat er drei Jahre lang an seinem Leben teilhaben lassen.
Sie haben also nicht nur seine Predigten gehört. Sie sind nicht nur samstags in die Synagoge gegangen, wenn er irgendwo gepredigt hat. Sondern sie haben ihn begleitet.
Wenn man in den Evangelien nachschaut, wundert man sich, wie viel der Herr Jesus gewandert ist. Ich war einmal in Israel, und dabei kam mir der Gedanke, dass man eigentlich Wanderfreizeiten in Israel anbieten müsste. So könnte man die Wege nachgehen, die Jesus mit seinen Jüngern gegangen ist. Dabei würde man heute wahrscheinlich wunde Füße bekommen.
Allein wenn es heißt, dass er die Zwölf – nein, einmal hat er sogar siebzig ausgesandt – in Galiläa in jedes Dorf und in jedes Gehöft geschickt hat, um die Botschaft weiterzugeben, wo er auch hinkommen wollte. Ich frage mich, wie viele Kilometer das wohl gewesen sein müssen.
Ich habe bei dem Geschichtsschreiber Josephus nachgelesen, dass es zur Zeit Jesu allein in Galiläa zweihundertzwölf Dorfschaften und Gehöfte gegeben hat. Versuch mal, jeden Tag nur eines davon zu besuchen und mit den Leuten zu sprechen. Überlege, wie lange du da unterwegs wärst.
Jesus hat nicht nur seine Jünger als Vorboten ausgesandt, sondern es steht auch, dass er selbst an diesen Orten vorbeikam. Er muss sehr gut zu Fuß gewesen sein – besser als ich.
Später hat er dann seine Jünger mitgenommen. Ich glaube, man lernt einen anderen Menschen am besten beim Wandern kennen. Das macht man heute kaum noch; heutzutage fährt man meistens mit dem Auto. Und...
Ist euch schon einmal aufgefallen, dass der Herr Jesus die meisten seiner seelsorgerlichen Gespräche beim Wandern geführt hat? Denken wir zum Beispiel an die beiden Jünger auf dem Weg nach Emmaus. Offensichtlich ist er mit ihnen mindestens zwei Stunden gewandert.
Während dieser Zeit hat er ihnen das Evangelium erzählt und die Heilsgeschichte erklärt. Er öffnete ihnen die Schriften, und sie sagten: „Brannte nicht unser Herz?“
Frage zwischendurch: Wann hat dein Herz zuletzt in der Bibelstunde gebrannt?
Man fragt sich, weshalb das Herz dieser beiden Jünger gebrannt hat. Sie sagen, es war, als er ihnen die Schriften öffnete. In der Bibel steht, dass er ihnen in allen Schriften zeigte, was ihn betraf. Das heißt, der Herr Jesus stand im Mittelpunkt.
Ich glaube bis heute, dass eine Predigt dann gut ist, wenn der Herr Jesus im Mittelpunkt steht.
Es wird berichtet, dass die Pharisäer und die obersten Leute zum Herrn Jesus geschickt wurden, um zu kontrollieren, was er predigt. Sie sollten überprüfen, was er verkündet.
Nach ihrer Rückkehr sagten sie, dass niemals jemand so gepredigt habe wie er. Er predigte mit einer Vollmacht, die niemand zuvor gezeigt hatte. Es war also nicht nur Rhetorik, sondern die gesamte Persönlichkeit Gottes stand hinter seinen Worten.
Ich frage mich, wie das wäre, wenn der Herr Jesus heute irgendwo hier im Ruhrpott in Deutschland predigen würde. Damals kamen Tausende zu ihm, und die Pharisäer waren neidisch darauf.
Man muss sich vorstellen, dass Tausende von Menschen versammelt waren, während Jesus predigte. Seine Jünger standen bei ihm und nahmen alles drei Jahre lang mit.
Was mir in den Evangelien immer fehlt, ist die Frage: Was haben sie eigentlich mitgenommen? Wahrscheinlich hatten sie nur kleines Gepäck dabei. Sie hatten sicher keinen großen Rucksack. Wo haben sie geschlafen? Wie haben sie sich morgens frisch gemacht? Solche Details stehen nicht in der Bibel. Damals war es vermutlich üblich, dass sie Bäder nahmen. Aber genaues weiß man nicht.
Ich finde das schon spannend. Mein Jüngster sagte mir einmal: „Papa, wenn ich im Himmel bin, werde ich den Herrn Jesus fragen: Zeigst du mir mal den richtigen Jesusfilm? Wie war das damals wirklich?“ Man kann nur an einigen Stellen etwas erahnen. Und auch nur aus solchen Nebenbemerkungen.
Zum Beispiel steigen sie in ein Schiff, und Jesus sagt: „Hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer!“ Die Jünger antworten: „Das sagt er, weil wir vergessen haben, Brot mitzunehmen.“ Da merkt man etwas davon, dass wohl jemand dafür zuständig war, immer für die Verpflegung zu sorgen. Das war sicher ein Aufwand.
Gleich haben wir Pause, und einige Schwestern müssen dafür sorgen, dass wir etwas zu essen bekommen. Dafür sagen wir jetzt schon mal Dankeschön. Solche Details stehen in der Bibel gar nicht.
Da sind fünftausend Leute, dazu noch Frauen und Kinder, also mindestens zwölftausend, oder? Und Jesus sagt: „Gebt ihr ihnen zu essen.“ Selbst wenn man gut in Mathematik ist und einen Taschenrechner hätte, selbst wenn hier in der Nähe ein Bäcker offen wäre, der hätte für so viele Leute doch nichts da. „Herr Jesus, das geht doch gar nicht!“
Könnt ihr euch vorstellen, wie das für die Jünger gewesen sein muss? Das muss spannend gewesen sein – immer wieder neue Situationen, und Jesus löst die Probleme.
Johannes schreibt später: „Wir sahen seine Herrlichkeit.“ Dabei könnte man sich fragen: Was haben sie denn gesehen? Einen Zimmermann.
Ich glaube, der Herr Jesus hatte nicht solche Hände, wie sie in den meisten Gemälden dargestellt sind. In den meisten Bildern wird Jesus immer irgendwie schön gemalt, mit sauberen, gepflegten Fingern. So hat er meiner Meinung nach nicht ausgesehen. Ein Zimmermann sieht anders aus, oder?
Ihr wartet mal mit auf der Familienfreizeit, ne? Kennt ihr noch Thomas Grüner, den Dachdecker? Wenn der sich an die Hand kippt, weißt du genau, wo er arbeitet. Da habe ich auch gedacht: Huch, ja, ich bin Grafiker, er ist Dachdecker. Puh, man merkt es an der Hand.
Ich glaube schon, dass Jesus Hände hatte, die wussten, wie man Balken setzt, sägt und hobelt. Die Jünger haben ihn drei Jahre lang begleitet und er hatte keine Geheimnisse vor ihnen. Sie wunderten sich, dass er morgens vor Sonnenaufgang aufstand, um zu beten. Sie suchten ihn. Drei Jahre lang lehrte er sie auf seinen Wanderungen.
Man könnte sich fragen: „Herr Jesus, hast du nicht die Falschen ausgesucht? Es wäre doch besser gewesen, du hättest gleich jemanden wie Saulus ausgewählt, der zumindest neben seinem Handwerk als Zeltmacher Theologie studiert hat. Aber du suchst dir Finanzbeamte, Handwerker und Fischer aus. Herr Jesus, was bist du denn für einer? Damit kannst du doch nichts aufbauen, oder?“
Ich frage mich, was der Herr Jesus in diese Zwölf hineingelegt hat, sodass nach Pfingsten, als er ihnen den Heiligen Geist gibt, ihr Leben sich total verändert und aus den furchtsamen Jüngern machtvolle Evangelisten werden.
Wenn bei uns in der Gefährdetenhilfe jemand neu eingeliefert wird und sein Leben verändern möchte, dann sehe ich mir die Person meistens aus einiger Entfernung kritisch an. Ich überlege: Herr Jesus, was könntest du aus dem machen? Meistens ist es so, dass wir einen Menschen sehen und ihn in eine Schublade stecken, oder? Entweder ist der andere einem sympathisch oder man steckt ihn in eine tiefere Schublade.
Aber ich glaube, Jesus kennt keine Schubladen. Er bildet sogar einen Judas Iskariot aus. Dabei weiß er – und unter der Berufung steht es auch –, dass dieser ihn überliefern wird. Herr Jesus, du investierst drei Jahre lang in einen Mann, von dem du weißt, dass er dich verraten wird. Und wir würden sagen: Herr Jesus, das ist eine falsche Investition, oder?
Er investiert in Petrus, obwohl er weiß, dass dieser ihn verleugnen wird. Er investiert in all diese Jünger, obwohl er weiß, dass sie sich nach seinem Tod verkriechen und einschließen werden. Wie würde man heute sagen: Die hatten Muffel.
Kann man damit die Welt verändern?
Und das ist schon erstaunlich, wenn man dann hinterher in der Apostelgeschichte liest: Sie wurden Zeugen seines Sterbens und Auferstehens, und das bezeugen sie selbst vor den höchsten Beamten des Staates. Wir sind Zeugen davon.
Ich habe mich dabei, als ich noch einmal darüber nachgedacht habe, gefragt: Was würde passieren, wenn du, wenn ich einen jungen Bruder oder eine junge Schwester zu dir nehmen würdest, der bei dir wohnt und mit dir herumreist? Also nicht nur am Wochenende mitkommt, wenn du irgendwo predigst, sondern die ganze Woche über dabei ist – auch wenn du zuhause im Sessel sitzt und nicht mehr viel sagen kannst.
Was würde dieser junge Mensch mitnehmen?
Vor etlichen Jahren – ich weiß nicht, ob jemand von euch Fred Colvin kennt oder schon einmal von ihm gehört hat – er war ein amerikanisch-österreichischer Missionar, durch den im Salzburger Land viele Gemeinden entstanden sind.
Als er damals nach Österreich kam, gab er ein Seminar in Rehe, an dem ich teilgenommen habe. Dort sagte er zu uns jungen Brüdern – damals war ich noch einigermaßen jung: „Wenn ich an eurer Stelle in Deutschland wäre, würde ich zu einem eurer älteren Brüder gehen, also zu Fritz Ruppel, Richard Müller, Helmut Tillmanns oder Carl Thewis. Ich würde sie fragen: ‚Darf ich deine Schuhe putzen? Darf ich dich begleiten?‘“
Dieser Gedanke beschäftigte mich sehr. Wie ist es möglich, die nächste Generation für die Sache des Herrn zu begeistern? Und zwar nicht nur theoretisch, sondern praktisch. Jesus hat seinen Jüngern nicht nur Predigten gehalten, sondern ihnen auch etwas vorgelebt. Er hat ihnen gezeigt, dass er müde war. Er schlief im Schiff ein – und bei so einem Seegang muss er wirklich sehr müde gewesen sein.
Trotzdem sandte er sie aus, um andere zu Jüngern zu machen. Diese Jünger beauftragte er bei seiner Himmelfahrt mit den Worten: „Geht hin in alle Welt und macht zu Jüngern.“ Sie begannen zu predigen und zogen umher. In Apostelgeschichte 2 heißt es, dass sie die Lehre der Apostel weitergaben. Das war genau das, was Herr Jesus ihnen aufgetragen hatte.
Wir werden uns heute Abend noch einmal damit beschäftigen und sie lehren, alles zu bewahren, was ich euch geboten habe.
Was lehren wir? Was geben wir weiter? Das heißt, Jesus machte seine Staffelübergabe authentisch. Er lebte sie ihnen vor und gab sie ihnen mündlich weiter. Nun kann man sagen, das ist kritisch, oder? Einer anderen Person nur mündlich etwas mitzuteilen – ihr kennt ja das Spiel „Stille Post“ – führt oft dazu, dass hinten etwas anderes herauskommt als vorne gesagt wurde.
Das wäre ein Chaos gewesen, wenn Jesus den Jüngern seine Botschaft nur mündlich gegeben hätte. Wie sorgt er dafür, dass das, was er ihnen anvertraut, tatsächlich weitergegeben wird? Was sagt er? „Ich werde euch den Heiligen Geist schicken, der euch an alles erinnern wird, was ich euch gesagt habe.“
Während er mit ihnen die drei Jahre umhergereist ist und ihnen alles erzählt hat, hatte keiner ein Handy oder Tablet dabei, um sich Notizen zu machen. Das müssen wir heute tun, weil wir sonst vieles vergessen. Ich finde es immer nervig, wenn bei Tagungen alle Brüder an ihren Tablets sitzen und nur tippen: tip, tip, tip, tip.
Jesus hat ihnen den Heiligen Geist gegeben. Man merkt, dass das, was Jesus hier mit diesen Jüngern getan hat, äußerst effektiv war.
Wie haben es die Jünger dann gemacht? Wie hat zum Beispiel der Jüngste in diesem Kreis von den Zwölfen das gemacht? Offensichtlich war Johannes der Jüngste. Das geht daraus hervor, dass er wohl am ältesten geworden ist, oder? Er ist wohl im Jahre neunzig gestorben und ist der einzige Jünger, der eines natürlichen Todes gestorben ist. Alle anderen Jünger sind als Märtyrer gestorben.
Wie war das bei Johannes mit der Staffelübergabe? Ich sagte, er muss verhältnismäßig jung gewesen sein, wahrscheinlich würden wir heute sagen Teenager, als er mit dem Herrn Jesus unterwegs war. Seine Eltern haben es ganz offensichtlich erlaubt, nicht nur den älteren Bruder Jakobus, sondern auch den Johannes mitgehen zu lassen.
Ich habe das mal für eine Seniorenfreizeit aufgearbeitet: Johannes als Senior. Dabei habe ich sein ganzes Leben durchleuchtet. Wusstet ihr, dass Johannes insgesamt dreizehn Regierungen Roms überlebt hat? Er hat in seinem Leben also dreizehn römische Cäsaren erlebt, und diese waren schon sehr verschieden.
Er hat miterlebt, wie alle seine Mitapostel als Märtyrer starben. Er ist mit den anderen Jüngern und mit den Gläubigen, die in Jerusalem waren, im Jahre neunundsechzig nach Christus, ein Jahr vor der Zerstörung Jerusalems, auf das Wort des Herrn Jesus aus der Endzeitrede aus Jerusalem geflohen.
Ganz offensichtlich hat Johannes das, was der Herr Jesus am Kreuz ihm als Auftrag mitgegeben hat – „Siehe deine Mutter“ – ernst genommen. Er hat sich um Maria gekümmert. Die Kirchengeschichte sagt, dass sie hinterher in Ephesus gewesen sind. Danach ist Johannes auf Patmos gewesen.
Mit fünfundsiebzig Jahren fing Johannes an, das Evangelium zu schreiben, also als er etwa so alt war wie ich. Das macht ihn mir sehr sympathisch. Er schreibt das Johannesevangelium, obwohl zu diesem Zeitpunkt die anderen drei Evangelien bereits bestanden. Das heißt, er macht keine Nacherzählung, sondern hat einen ganz bestimmten Grund.
Er schreibt, während er sich in Ephesus befindet, wo in Kleinasien die Irrlehre der Gnosis aufkam. Dagegen richtet sich sein Evangelium. Er macht deutlich, dass Jesus wirklich Sohn Gottes war und ist. „Wir sahen seine Herrlichkeit.“
In Kapitel 20, Vers 31, schreibt er, dass er das Evangelium verfasst hat, damit die, die es lesen, zum Glauben kommen.
Fünf Jahre später, mit achtzig Jahren, schreibt er die drei Johannesbriefe als Antwort auf den Kaiser Domitian, also den Cäsar in Rom, der göttliche Ehren für sich beanspruchte. Vor ihm musste man sich niederbeugen und ihn anbeten. Er behauptete von sich: Dominus et Deus, das heißt „Ich bin der Herr und Gott“.
Wenn man die drei Johannesbriefe liest, merkt man, dass sie eine Antwort darauf sind: „Nicht du, Kaiser, römischer Kaiser in Rom, bist Herr und Gott, sondern Jesus ist Herr und Gott.“ Diese drei Briefe waren damals ein Politikum. Das war Rebellion.
Nicht umsonst hat die römische Staatsmacht Johannes dann nach Patmos verbannt, wahrscheinlich wegen seines Alters, um ihn nicht noch zu töten. Das sah nicht gut aus, wenn ein Uropa irgendwo noch am Kreuz hing. Das war nicht werbewirksam für das römische Reich.
Sie haben ihn nach Patmos verbannt, und es gab keine SMS, kein Internet oder sonst etwas. Er war weg. Dort auf Patmos schreibt er mit fünfundachtzig Jahren die Offenbarung.
Auch diese entstand als Antwort auf die gegenwärtige politische Situation. Nicht der Kaiser in Rom bestimmt die Geschichte, nicht Trump in Amerika, nicht Putin, sondern wer Geschichte schreibt und am Ende der Sieger ist, ist der Herr Jesus. Das ist die Botschaft der Offenbarung.
Wir merken, dass Johannes die Staffel anders übergeben hat: Er hat sie schriftlich übergeben und macht sehr deutlich, wer der Herr Jesus ist.
Wie hat Paulus die Staffel übergeben?
Man kann das an verschiedenen Beispielen erkennen. Zunächst wollen wir uns anschauen, wie Paulus die Staffel an die Gemeinde in Ephesus übergeben hat. Dieses Beispiel berührt uns besonders, wenn es um die Frage geht, wie eine Staffelübergabe bei einer Gemeinde stattfinden kann.
Paulus besucht die Epheser während seiner zweiten Missionsreise. Er bleibt dort anderthalb Jahre und richtet sozusagen die erste Bibelschule ein. Täglich unterrichtet er in der Schule des Tyrannos. Ob sie diese angemietet haben, ist nicht ganz klar. Paulus gibt weiter, was Jesus ihm offenbart hat. Er sagt einmal, dass ihm vieles durch Offenbarung gezeigt wurde. Jesus hat Paulus viele Geheimnisse erklärt, die er in seinen Briefen deutlich macht.
Nach diesen anderthalb Jahren reist Paulus weiter. Später schickt er Timotheus nach Ephesus, um dort bestehende Mängel zu beheben. Als dritten Schritt schreibt er den Epheserbrief, ebenfalls mit dem Ziel, Mängel zu korrigieren.
Nach seiner letzten Missionsreise ruft Paulus die Ältesten der Gemeinde von Ephesus nach Milet, um die Staffel offiziell zu übergeben. Er sagt ihnen: „Ich weiß, ich werde euer Angesicht nicht mehr sehen. Ich reise nach Jerusalem und erwarte, dass Gefängnis auf mich wartet.“
Auf der Reise dorthin hat Gott ihm gezeigt, dass sein Dienst zu Ende geht. Paulus ist bereit dafür. In seiner Rede an die Ältesten von Ephesus zieht er Bilanz: „Ich habe euch den ganzen Ratschluss Gottes erklärt.“
Man könnte nun sagen, Paulus hätte es so machen sollen wie Luther, der, als er merkte, dass er nicht mehr so aktiv sein kann, einen Katechismus schrieb. Damit konnten die nächsten Generationen den Glauben weiterhin gut weitergeben.
Doch Paulus schreibt keinen Katechismus. Stattdessen verabschiedet er sich in der Apostelgeschichte 20,28-38 mit den Worten: „Ich befehle euch Gott und dem Wort seiner Gnade.“
Das bedeutet, Paulus gestaltet seine Staffelübergabe zunächst authentisch. Er lebt bei ihnen, unterrichtet mündlich und gibt seine Lehren auch schriftlich weiter.
Man hat den Eindruck, dass Paulus alle verfügbaren Wege genutzt hat, um die Staffel weiterzugeben.
Speziell können wir jetzt sehen, wie Paulus bei einzelnen Personen vorgegangen ist, zum Beispiel bei Timotheus und Titus. Mit beiden verfuhr er ähnlich wie der Herr Jesus. Er nahm sie mit auf seine Missionsreisen und ließ sie miterleben, wie er lebte. Man nennt das „learning by doing“. Er zeigte ihnen also sein Verhalten und seine Botschaft.
Paulus sagte sowohl zu Timotheus als auch zum Beispiel zu den Philippern: „Was ihr von mir gehört und was ihr an mir gesehen habt.“ Damit wird deutlich, dass eine Staffelübergabe nicht nur etwas Schriftliches ist. Die Nächsten, die Verantwortung übernehmen, müssen sehen, wie derjenige lebt, der ihnen die Botschaft weitergibt.
Paulus handelte ganz klassisch, wie man das mit Auszubildenden tut. Wenn du einen Lehrling in der Firma hast, bringst du ihm nicht nur theoretisches Wissen bei, sondern auch praktische Erfahrungen. In früheren Jahrhunderten war das in allen Handwerksberufen so, dass Lehrlinge bei den Meistern wohnten. Herr Meister und Frau Meisterin, lass mich in Frieden weiterziehen – so etwas kann man sich heute kaum noch vorstellen. Heute kommen die Lehrlinge in Lehrlingsheime.
Aber warum wurde das damals so gemacht? Weil sie etwas lernen sollten, sowohl vom Meister als auch vom Lehrherrn. Genauso war es bei Jesus und Paulus: Nimm jemanden mit und lass ihn an deinem Leben teilhaben, so wie Paulus es in 1. Thessalonicher 2,10 sagt: „Lass sie teilhaben an deinem Leben!“
Friedel Pfeifer, der Leiter der Gefährdetenhilfe Scheideweg, hat mir einmal gesagt: „Eberhard, nimm einen Ungläubigen in deine Familie, lebe ihm Christsein vor, und innerhalb von sechs bis acht Wochen wird er gläubig – oder er haut ab.“ Und das stimmt tatsächlich. Wir haben das damals bei einem Mädchen, das wir aufgenommen hatten, auch erlebt: Nach sechs Wochen kam sie zum Glauben.
Wir merken das auch bei den Gefährdeten in der Gefährdetenhilfe: Lebe einem anderen dein Christsein vor. Das ist eine Herausforderung, oder? Mal nebenbei bemerkt: Wir brauchen gar keine große Evangelisation mehr. Wenn alle Christen das täten – einen Ungläubigen in die Familie aufnehmen und ihm Christsein vorleben –, dann wäre das vermutlich effektiver als eine große Evangelisation.
Wir sehen, Paulus hat es so gemacht. Er hat Timotheus und Titus mitgenommen, aber auch andere. Auf der Rückreise der dritten Missionsreise lesen wir in Apostelgeschichte 20, dass auf dem letzten Stück von Thessalonich bis nach Kleinasien etwa neun Brüder mit dabei waren – eine richtige Mannschaft.
Paulus wollte dann alleine sein, um nachzudenken und zu beten. Er schickte die anderen per Schiff um eine Halbinsel der Türkei herum, während er zu Fuß über den Berg ging. Danach trafen sie sich wieder. Sie merkten, dass Paulus nach dieser Fußwanderung anders war, dass er auf einmal erkannte, wie Jesus ihm gezeigt hatte, wie es für ihn weitergeht.
Ich glaube, solche Erfahrungen prägen. Paulus gab ihnen Aufträge in verschiedenen Gemeinden und unterstützte sie teilweise durch seine Briefe. Er schickte Timotheus nach Ephesus und nach Korinth. Timotheus tat sich in Korinth etwas schwer, er war etwas schüchtern. Dann schickte Paulus Titus hin. Offensichtlich war Titus ein kräftiges Kaliber.
Aus dem 2. Korintherbrief geht hervor, dass die Korinther anscheinend Respekt vor Titus hatten. Timotheus musste Paulus mahnen: „Niemand verachte deine Jugend, sondern sei ein Vorbild.“ Schließlich schrieb Paulus dem Timotheus sein Vermächtnis im 2. Timotheusbrief.
Und auch das ist eigenartig: Wenn man den zweiten Timotheusbrief liest, schreibt Paulus eben keinen Katechismus, also keine Verhaltensregeln. Vielmehr geht es um Charakterbildung. Er macht Timotheus deutlich, was sich in seinem Verhalten und in seinem Leben ändern muss.
Das heißt, Jünger machen bedeutet: „Ich nehme einen anderen mit in mein Leben, lebe ihm etwas vor, damit sein Charakter geprägt wird.“ Das funktioniert natürlich nur, wenn auch mein eigener Charakter geprägt ist. Paulus gestaltete seine Staffelübergabe authentisch, mündlich und schriftlich.
Ich möchte kurz aufzeigen, wie er das, was er bei Timotheus macht, im zweiten Timotheusbrief ausdrückt. Ich gehe jetzt nicht noch tiefer darauf ein, sondern zeige nur, dass er dort viermal das „Du aber“ verwendet. Ich habe mir diese Stellen in meiner Bibel unterstrichen.
„Du aber“ heißt: Steh quer, leb gegen den Trend, egal, wie die anderen denken. Lebe du anders! Er sagt es zum Beispiel in Kapitel 2, Vers 1-2: „Sei stark in der Gnade!“ In Kapitel 3, Vers 10: „Was du gelernt hast aus dem Wort und der Tat!“ In Kapitel 3, Verse 14 bis 17: „Bleib in dem Gelernten!“ Und in Kapitel 4, Verse 5-7: „Du aber sei nüchtern, diene!“ Egal, was die anderen machen oder denken – du aber!
Ich glaube, das ist auch wichtig, wenn wir Jünger machen: Wir sollen die nächste Generation in die Verantwortung nehmen, sie prägen und schulen und ihnen deutlich machen, dass sie anders sein müssen als die Menschen um sie herum.
Im zweiten Timotheusbrief, also in dieser Staffelübergabe an Timotheus, gibt Paulus vierzehn Indikative, das heißt vierzehn Befehlsformen. Das ist schon heftig.
Er sagt zum Beispiel:
Das sind Aufforderungen, und ich würde sagen, das sind Unterstützungen für den Charakter und das Verhalten von Timotheus.
Man kann sagen, Timotheus war eher schüchtern, jemand, der sich nicht traute. Das ist oft so. Ich weiß nicht, ob du schon mal predigst oder in der Öffentlichkeit etwas sagen musst. Ich erinnere mich noch, dass ich vor Jahren meinem Vater gesagt habe: „Woher kommt das nur, dass ich auf der Kanzel schlotternde Beine habe?“ Deshalb sind Kanzeln ja meistens so gebaut, dass man das nicht sieht und immer etwas zum Festhalten hat.
Einmal sagte eine Schwester zu meiner Frau Erika: „Du musst dafür sorgen, dass Eberhard etwas abnimmt.“ Sie fragte: „Warum?“ – „Weil er beim Hochgehen der drei Stufen zum Podium immer so jappst.“ Meine Frau antwortete ihr: „Das ist nicht das Übergewicht, sondern die Aufregung.“ Mein Vater hat mir gesagt: „Wehe, du hast das Zittern nicht mehr.“ Und ich glaube, das ist gut so.
Von daher merke ich: Timotheus war wohl ähnlich. Er hatte oft schlotternde Knie, und Paulus unterstützt ihn mit den Worten: „Schäm dich nicht, halte fest, bewahre, sei stark!“ Er macht ihm Mut mit dem „Du aber“.
Ich glaube, es ist wichtig, dass wir den nächsten Brüdern, bei denen wir merken, dass sie Interesse an der Verantwortung für das Reich Gottes und den Aufbau der Gemeinde haben, Mut machen.
Gib die Staffel weiter und lerne von Jesus, von Johannes und von Paulus. Vielleicht hilft es euch auch ein wenig, selbst darüber nachzudenken.
Mich hat es sehr bewegt, als ich im vergangenen Jahr das Buch geschrieben und über diese einzelnen Punkte nachgedacht habe. Wie können wir der nächsten Generation das weitergeben, was dem Herrn Jesus wichtig war?
Gemeinde ist nach den Gedanken Gottes ein Herzensanliegen des Herrn Jesus. Wie Paulus das in Epheser 5 sagt: Christus hat die Gemeinde geliebt und sich selbst für sie dahingegeben. Er vergleicht diese Liebe mit der Liebe eines Mannes zu seiner Frau.
Ich muss sagen, als Mann muss man sich da noch eine Menge anstrengen. Aber zu sehen, dass der Herr Jesus die Gemeinde geliebt hat und sie ihm ein Herzensanliegen ist, das ist immer wieder die Frage: Du kannst nur der Gemeinde dienen, wenn du sie liebst.
Das soll euch Appetit machen. Ihr habt jetzt eine wohlverdiente Pause. Was sind? Du auch? Ich auch, ja. Vielleicht sucht jemand noch ein Lied heraus und betet mit uns.
Vielen Dank an Eberhard Platte, dass wir seine Ressourcen hier zur Verfügung stellen dürfen! Bücher und CDs können günstig erworben werden auf der Homepage von Eberhard Platte und in jeder Buchhandlung.