Einführung: Die Frage nach dem Ursprung des Leids
Wir haben in den letzten beiden Sonntagen die Schöpfungsgeschichte der Bibel gelesen und dabei erkannt, wie uns von dort aus der Zugang zu dieser Welt eröffnet wird.
Heute beschäftigen wir uns mit dem Thema: Woher kommt all das viele Leid? Dazu lesen wir aus 1. Mose 3, von Vers 14 bis Vers 19.
Da sprach Gott der Herr zu der Schlange: „Weil du das getan hast, seist du verflucht, verstoßen aus allem Vieh und allen Tieren auf dem Feld. Auf deinem Bauch sollst du kriechen und Erde fressen dein Leben lang. Ich will Feindschaft setzen zwischen dir und dem Weibe, zwischen deinem Nachkommen und ihrem Nachkommen.“
Es ist erschütternd, dass das erste Kind der Eva ein Mörder war. Das ist die Spur der Schlange durch die Menschheitsgeschichte: Der Teufel, der Menschen unter seinen Bann zieht. „Der soll dir den Kopf zertreten, und du wirst ihn in die Ferse stechen.“
Und zum Weibe sprach er: „Ich will dir viel Mühsal schaffen. Wenn du schwanger wirst, sollst du unter Mühen Kinder gebären. Dein Verlangen soll nach deinem Manne sein, aber er soll dein Herr sein.“
Zum Manne sprach er: „Weil du der Stimme deines Weibes gehorcht hast und von dem Baum gegessen hast, von dem ich dir gebot und sprach: Du sollst nicht davon essen, so sei der Acker um deinetwillen verflucht. Mit Mühsal sollst du dich von ihm nähren dein Leben lang. Dornen und Disteln soll er dir tragen, und du sollst das Kraut auf dem Felde essen.
Im Schweiß deines Angesichts sollst du dein Brot essen, bis du wieder zu Erde werdest, davon du genommen bist; denn du bist Erde und sollst zu Erde werden.“
Erlass uns in dieser unheimlichen Welt dein Heilsehen. Amen.
Das alltägliche Leid in unserer Umgebung
Sie müssen heute Mittag, liebe Schwestern und Brüder, hinaufgehen auf die Höhen um Stuttgart und dann wieder hinunterblicken in diesen Talkessel, in unsere schöne Stadt Stuttgart, unsere fleißige Stadt. Da merke ich immer, dass ich ein Stuttgarter bin und dass ich diesen Talkessel so liebe.
Aber manchmal denke ich: Was verbirgt sich hier hinter diesen Mauern an Leid? Das machen wir uns gar nicht richtig bewusst. Was wird jetzt im Augenblick hier in diesen Häusern geweint, gelitten, gebangt, geschrien, gestritten, gesäufzt, gehofft, geklagt?
Wir haben alle in unserer Nähe so viel Leid, dass wir es manchmal einfach nicht mit unserem Gefühl bewältigen können. Dann sind wir ganz gebeugt darüber und wissen nicht, was wir sagen sollen. Unsere Art ist es dann oft, das Leid zu verdrängen, zu vergessen oder mit ein paar ausgelassenen Freuden zu überspielen, nur damit wir nicht dauernd an das Schwere denken müssen.
Aber eine christliche Gemeinde muss sich mit dem Leid auseinandersetzen. Unser Herr Jesus hat es als den Höhepunkt seiner Offenbarung angesehen, das Leid dieser Welt auf sich zu nehmen. Ich wollte immer wieder, dass unsere Gemeinde so ein Magnet werde, dass die Menschen mit ihrem Leid kommen und spüren: Hier gibt es Antwort.
Und ich kann mit meinem Leid fertig werden und fröhlich werden vor meinem Herrn. Das Wort Jesu ist ja so groß, dass man atemlos davorsteht, wenn Jesus sagt: „Ich kann dem nur gratulieren, der Leid hat; selig ist der, der Leid hat.“ Den muss man beglückwünschen, denn der kann auch den großen und mächtigen Trost Gottes erfahren.
Die biblische Erklärung für das Leid
Wir wollen jetzt der Reihe nach vorgehen und dabei auch einige biblische Zusammenhänge verstehen. So können wir im Glauben und in der Lehre wachsen.
Darum möchte ich zuerst die Frage beantworten: Woher kommt das Leid? Das Leid bricht in unserem Leben immer unerwartet herein, wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Man sagt: „Ich verstehe das gar nicht, bis jetzt lief alles problemlos. Ich war nie krank, und jetzt auf einmal passiert das.“ Für uns ist das Leid das Fremde, das Ungewohnte in diesem Leben.
Hiskia hat das in der Schriftlesung vorhin so eindrucksvoll beschrieben. Er sagt: „Mir ist so bang“, weil er keinen Trost mehr im Leid spürt. Er hat nur gemerkt, wie ihm plötzlich das Zelt abgebrochen wird, die Heringe herausgezogen werden. Er weiß nicht mehr, wohin, und fühlt sich, als ob jemand an einem Faden knüpft und strickt, und plötzlich kommt jemand mit einer Schere und schneidet den Faden ab. So ist sein Leben plötzlich zu Ende geführt. Er hat immer gedacht, es müsste so weitergehen wie bisher. Und jetzt steht er vor einer Mauer, ja, vor einem Abgrund, in den er zu stürzen droht.
Woher kommt das? Das lässt Gott geschehen. Es ist richtig, dass wir das jetzt einmal so sagen. Es steht am Anfang der Bibel, dass Gott diese wunderschöne Welt, die heute noch einmal ihre ganze herbstliche Schönheit im Sonnenschein entfaltet, in den Schatten des Todes hineingerissen hat. Diese Welt ist eine Welt des Leids, der Tränen, des Seufzens und des Klagens.
Da steht das harte Wort, dass Gott verflucht. Was meint die Bibel mit dem Fluch, der über dieser Welt liegt? Ich möchte ein anderes Wort verwenden, das vielleicht nicht so viele falsche Nebenbedeutungen hat wie das Wort „Fluch“. Denn dabei denken wir oft an ganz andere Dinge, an unseren menschlichen Fluch. Vielleicht sagen wir besser: Gottes hartes Gerichtsurteil liegt über der Welt.
Sie müssen aufpassen: Was wir hier zu tragen haben, ist nicht das Gerichtsurteil über unsere Einzelschuld. Unsere Einzeltaten, die wir im Leben begangen haben und die vor Gott nicht recht waren, müssen wir im Jüngsten Gericht verantworten. Diese werden nicht in diesem Leben verrechnet. Das Leid und die Krankheit, die Menschen treffen, haben nichts mit Einzelschuld zu tun. Das müssen Sie auseinanderhalten.
Das Leid, das wir in dieser Welt tragen, ist die Quittung, das Gerichtshand Gottes. Es kommt für das, was Menschen als Schuld über diese Welt gebracht haben – über die Menschheitsschuld. Darum steht das ganz am Anfang. Wir sind in diese Schuld hineingeboren.
Es ist ein Geheimnis, dass schon die Kinder daran teilhaben, an dem Leiden. Wenn wir die Stationen besuchen, wo kranke und missgebildete Säuglinge liegen, dann ist das nicht, weil sie schuldiger sind als andere. Sondern wir haben alle Anteil an dieser kranken Welt.
Wir können das immer nur auf eine doppelte Weise empfinden: Auf der einen Seite freuen wir uns über diese schöne Welt und bewundern sie. Und...
Die doppelte Wirklichkeit von Schöpfung und Fluch
Wir müssen sagen: Das kleinste Fleckchen Erde, auf das nie ein Mensch mit seinen zerstörenden Händen und Füßen gekommen ist, zeigt, wie wunderbar die Schöpfung Gottes ist! Doch zugleich liegt auf allem der Fluch Gottes, sein Gerichtsurteil. In allem spürt man den Hauch der Vergänglichkeit: Du bist von Erde und musst wieder zu Erde werden.
Wenn wir uns am Sonntagmorgen schön anziehen und uns an unserer Kraft, an unserem Leben und an den vielen Gaben erfreuen – dass Gott uns diesen Leib gibt –, wissen wir oft nicht, ob in diesem Leib nicht längst die Todeskeime einer unheilbaren Krankheit ruhen, die sich heimlich schon ausbreiten. Das liegt bereits an dem Tag, an dem wir uns nur freuen wollen und erfüllt sind von all dem Schönen.
Wir schauen Menschen an, doch der Schatten des Todes, der alles mit sich reißt, ist immer da. Wir sind von Erde und müssen wieder zu Erde werden.
Etwas anderes wird hier auch noch erwähnt: Die Mutter und ihr Baby. Gibt es etwas Schöneres als den ersten Schrei eines Kindes nach der Geburt? Doch für die Mutter ist jede Geburt auch ein Vorbeigehen an ihrer eigenen Todesstunde. Viele Mütter überlegen sich deshalb, ob sie noch ein Kind wollen, weil die Geburt sie selbst an diese letzte Todesgrenze führt. Die größte Freude einer Mutter – eine größere gibt es nicht – ist es, ein gesundes Kind zu gebären. Genau in dem Augenblick, in dem sie selbst ganz nah an ihrer eigenen Todesstunde steht.
Dann wird hier von der Arbeit des Menschen gesprochen. Es ist etwas Wunderbares, wenn ein Mensch mit seinen Gaben, mit seiner großen Lebenskraft und Energie sich anschickt, in dieser Welt etwas zu leisten und zu meistern. Er sagt: „Ich möchte mit meinem Leben etwas werden, ihr jungen Leute. Ich habe einen Plan, ich will etwas tun.“ Er drängt zur Arbeit, will die Welt gestalten nach den großen Planungen Gottes.
Doch bald erlebt man, dass diese Arbeit mühselig ist. Hinter dieser Mühsal liegt das Leiden an der Arbeit. Arbeit kann einen kaputtmachen. Ursprünglich war die Arbeit sicher auch im Paradies da. Ich glaube, dass wir von Gott her die Arbeit nicht als Fluch haben. Arbeit ist schön. Aber jetzt steht die Arbeit in dieser Welt unter dem Fluch Gottes. Für viele ist es so, dass sie kaum die Arbeitstage der Woche meistern können, weil sie bis in ihre Seele hinein erschöpft sind von den großen Spannungen ihrer Berufsarbeit.
Das wird hier in der Bibel behandelt: Woher kommt das alles? Weil Gott es geschehen lässt. Er legt sein Gerichtsurteil über unsere Arbeit.
Und wie sehr leiden Schüler daran, wenn sie merken, dass sie schaffen und schaffen und schaffen, und dann das Ergebnis in der Klassenarbeit trotzdem nichts war. Sie haben es doch aufrichtig getan.
Warum sind die Dornen und Disteln auf dem Feld? Warum gibt es das Versagen im Beruf? Warum gibt es Situationen, in denen man seinen Platz nicht ausfüllen kann und nicht meistert? Warum gibt es so viele Tränen über nicht bestandene Prüfungen und das Fragen: „Wo werde ich denn gebraucht?“ Das Leiden am Beruf, an der Arbeit.
Ich finde hier eine Antwort: Gott vermauert uns den Weg. Es wird gesagt, dass es von Gott kommt, dass es eine Gerichtshand ist. Gott vermauert uns den Weg.
Die Wurzel des Leids: Die Abwendung von Gott
Wir müssen uns noch einmal überlegen, was im Paradies geschehen war. Gott hatte den Menschen verboten, von einer bestimmten Frucht zu essen. Was war daran so schlimm? Es war nicht ein Apfel, und es war auch keine besonders böse Frucht. Gott hat uns Menschen nur gezeigt, was er nicht will.
Dann stehen die beiden Menschen, Adam und Eva, vor dieser Frucht. Sie schauen sie an, wie lieblich und schön sie aussieht. In ihrem Inneren spielt sich ein Kampf ab. Sie fragen sich: Soll ich diese Frucht nehmen? Wenn sie wissen wollen, was das Geheimnis des Bösen ist, dann sind sie da ganz nah dran.
Das Böse lässt sich nicht besser erklären als durch diesen Widerspruch zu Gott. In mir, in meinem Innersten, findet sich dieses Nein zu Gott immer wieder. Tagtäglich lehne ich mich auf und wende mich von Gott ab. Ich lebe meinen eigenen Gedanken nach. Das zeigt sich besonders in meiner Sinnenwelt, in meiner Wunschwelt, in der Welt meiner Augen und meiner Gedanken. Ich löse mich von Gott und will gerade hier in meiner ganzen Begierde ohne Gott leben.
Gott hat alles schön geschaffen und hat mir diese Sinne gegeben. Ich habe das schon am letzten Sonntag gesagt: Es ist die Gabe des Menschen, mit seiner Fantasie das Schöne entdecken zu können. Genau hier liegt die Wurzel seines Elends: dass ich mich von Gott abwende.
Gott wollte, dass ich mich an seinem Werk freue, ihn über die Schöpfung preise. Dass ich mich über meine Lebenskraft, über die Arbeit, in die er mich stellt, und über all das, was ich erlebe, an ihm freue. Genau das wird für den Menschen zur Versuchung, und er wendet sich von Gott ab.
Hinter dem Menschenleid steht unsere Abwendung von Gott, unser Weglaufen. Wir sehen unsere Berufsarbeit als ein Feld, auf dem wir uns ohne Gott selbst verwirklichen wollen. Wenn Menschen Kinder gebären und sich an ihrer Körperkraft freuen, wenn sie stolz sind auf das körperliche Geschenk, das ihnen anvertraut wurde, dann durchkreuzt Gott diesen Stolz.
Gott vermauert uns den Weg. Das Leid, wo wir es treffen, ist Segen Gottes, weil Gott uns stoppt. Wir können die Welt nicht gewinnen. Wenn wir denken, wir seien auf dem Weg zum Glück, dann war es nie das Glück, das wir ohne Gott hätten gewinnen können.
Ich will das noch einmal betonen: Das Leid, das viele Leid, dient uns zum Heil. Es bewahrt uns davor, die Welt, die Schönheit, die Natur und unser Leben zu verklären. Das ist manchmal schwer, besonders wenn wir so plötzlich ins Leid hineingeführt werden.
Darum ist es besser, das Leid zuerst mitzutragen, wenn es andere trifft, bevor es uns selbst trifft. Da gibt uns Gott eine Chance durch das Mitgefühl. So werden wir wach und fragen uns: Was ist mein Leben? All die Dinge können doch nicht den Lebenssinn erfüllen, den ich habe. Gott vermauert mir meinen Weg.
Die moderne Situation von Mann und Frau im Licht des Leids
Es ist wunderbar, auch die Äußerlichkeiten der Schöpfungsgeschichte hier noch sehr deutlich darzustellen. In dieser kleinen Beobachtung wird erzählt von der modernen Frau, die nicht anders ist als der moderne Mann. Sie hat Sehnsucht nach dem Mann.
Die moderne Frau des zwanzigsten Jahrhunderts drückt dies so deutlich aus, dass sie den Mann zur Selbstverwirklichung braucht. „Dein Begehren wird nach deinem Manne sein.“ Sie leidet wie keine vorher unter der Unterdrückung durch den Mann. „Ich werde meiner Selbständigkeit beraubt“, sagt die moderne Frau, die nicht leben will ohne den Mann und von ihrer ganzen Sehnsucht nach dem Mann nicht frei wird. Gleichzeitig will sie sich aber wieder verwirklichen, ohne den Mann.
Das spiegelt sich in den vielen Eheschließungen wider, die man nach kurzer Zeit wieder auflöst. Beim Mann ist das gar nicht anders. Er hat die Sehnsucht und läuft der Frau nach, will das Leben aber nicht mehr in der Gottesordnung vor Gott mit der Frau teilen. Er stellt sich nicht mehr in die Ordnung Gottes. Das wird uns zum Fluch.
Wir müssen nur wach werden, wenn wir an den einzelnen Stellen stehen bleiben und das heute beobachten, was da geschieht. Wie Gott uns den Weg vermauert und wie das ein Ringen ist in jedem Menschen – mit der Schlange, mit dem Bösen. Er will das unter seine Füße kriegen, doch er schafft es nicht.
Da steht ja noch die kleine Erinnerung, dass der Mensch sich plötzlich schämt und sich Blätter umbindet, weil er nackt ist. Schämt sich denn der moderne Mensch noch? Nein, nein, der moderne Mensch hat die Scham überwunden. Das meint man zumindest immer.
Glauben Sie nicht, dass das echt sei, was sich im Augenblick ereignet. Denn die Scham spielt in unseren Tagen eine Rolle wie noch nie. Vor wenigen Tagen kam eine Fernsehdiskussion mit Politikern, und da war dieser genüsslich grinsende Henri Nannen, der Chef des Stern. In dieser Politikerrunde erzählte er eine ganz kleine Geschichte über einen Politiker – eine miese Geschichte von vor 23 Jahren.
Wir leben ja vom Enthüllen. Unsere Illustrierten, unser Spiegel lebt davon, dass man dauernd alte Geschichten wieder vorbringt, die Hüllen wegzieht und sagt: „Da ist der Mensch beschämt.“ Das macht man heute vielleicht nicht mehr mit sexuellem Enthüllen. Aber man macht es noch viel gemeiner als früher, indem man den anderen über seine Scham fertigmacht.
Du kannst deinen Mund halten, der hat nichts mehr zu sagen, weil ich die alten Schwächen hervorziehe und ihn brandmarke. Wir Menschen leiden unter der Scham, weil uns jeder hier treffen kann, uns verwunden kann und uns das ans Licht zeigen kann, wer wir sind.
Wir Menschen stehen unter diesem Leid. Wir haben ja gesagt, ganz bewusst, ganz bewusst zum Weg weg von Gott.
Die Sehnsucht nach Erlösung trotz Leid
Und da bricht die Sehnsucht nach Erlösung auf. Jeder Mensch trägt ein Wissen vom Paradies in sich und sehnt sich danach. Menschen träumen von ein bisschen Frieden, ein bisschen Glück, ein bisschen Freude, ein bisschen Lachen, ein wenig Erfolg, ein wenig Erfüllung und ein wenig Verständnis. Wo gibt es das heute noch?
Später lesen wir im Kapitel, dass Kain versucht, wieder zu Gott vorzudringen, und er baut einen Altar. Es bleibt uns immer wieder rätselhaft, warum Gott das Opfer Kains nicht annimmt. Gott muss Kain sagen, dass man den Himmel als sündiger Mensch nicht stürmen kann. Es gibt nur einen Zugang zu Gott, und das ist die Gnade, an der Abel teilhat – unverdiente Gnade.
Sie haben Anteil an der Gnade Gottes, egal wie tief sie auch im Leid stehen. Das war Gott so wichtig: Menschen, die vom Paradies vertrieben sind und unter dem Fluch der Erde stehen, dies zu sagen. Darin lag die ganze Sendung Jesu. Doch nicht nur, dass er Kranke gesund gemacht hat, nicht nur, dass er Lazarus auferweckt hat, sondern noch viel mehr.
Und das sagen wir jetzt allen Wunderheilern: Es ist noch viel mehr. Auch wenn Leib und Seele verschmachten, ist er dennoch meines Herzens Trost und mein Teil. Ich darf auch im größten Leiden triumphierend einhergehen. So ein Wort kam sogar gestern im „Wort zum Sonntag“ im Fernsehen: Dass ich durch das Leiden der Welt gehen kann und Gott preisen, ihm danken und ihn loben darf.
Genau darin liegt die Antwort auf dieses Leiden: Gott wird es mir in dieser Welt nicht wegnehmen. Haben Sie das gemeint? Im Gegenteil, Gott wird es uns als Glaubenden oft auferlegen, dass wir es durchleiten müssen. Gerade darin sage ich: Nein, diese vergehende Welt ist nicht mehr das, was mich prägt. Ich richte meine Augen auf das, was mir Gott heute schon schenkt. Und ich darf mich freuen, dass Gottes Gnade mir in Jesus zuteilwird.
Die Verheißung des Erlösers und der Umgang mit Leid
In diesem geheimnisvollen Vers, den Sie da haben, im Vers 15, haben die früheren Generationen immer schon einen Hinweis auf den Erlöser gesehen. Genau in diesem schweren Kampf, wenn die Schlange den Menschen wieder beißt und der Mensch sich gegen die Tücken des Versuchers wehrt, liegt doch die wunderbare Ankündigung. Am Ende muss einer kommen, der diesen schrecklichen Kampf zu Ende bringt – der Erlöser, der der Schlange den Kopf zertritt und uns endlich Frieden bringt und herausführt.
Mein Letztes, was ich sagen will: Man kann mit dem Leid fertigwerden. Ich selbst kann nicht fertigwerden mit dem Leid, weil es ja mein ganzes Gefühlsfeld trifft, wenn ich Erde werde und Erde bin. Wenn ich vor dem totalen Zusammenbruch stehe – man kann es schöner sagen als Hiskia, wenn Gott mich abschneidet vom Faden – dann falle ich in die offenen Hände Jesu. Ich bin froh, dass ich das Ihnen sagen darf.
Ein Gemeindemitglied hat mir ein paar Zeilen geschrieben, die ich hier einfach verlesen will, weil ich meine, das sollte hier laut werden. Da steht in diesem Brief für die heutige Predigt: Da ich letztes Jahr selbst ein Vierteljahr schwermütig war und einige Leute betreue, die Schweres erleben und damit nicht fertigwerden, schwermütig und depressiv sind, habe ich mir viele Gedanken auch anhand der Bibel dazu gemacht.
Ich entdecke, dass meine Schwermut letztes Jahr mit Selbstmitleid und innerer Anklage gegen andere verbunden war, die meiner Meinung nach nicht genug nach mir fragten. Das war auch Undankbarkeit. Nun merke ich auch bei anderen, die schwermütig oder depressiv sind, dass sie sich oft im Selbstmitleid gefangen haben, bis zu dem Punkt, dass sie nichts mehr sehen, wofür sie danken können.
Im Psalm 50 steht: „Wer Dank opfert, der preist mich, und das ist der Weg, dass ich ihm zeige das Heil Gottes.“ Ein zweiter Grund ist das Böse sein, das Nichtvergeben. Es gibt immer Leute, denen wir böse sein können, weil sie uns Unrecht getan haben oder uns nicht genügend beachteten. Das verschlingt ungeheure Kräfte, wenn wir nicht bereit sind zu vergeben und es auch tun.
Vielleicht hängt beides zusammen: die Undankbarkeit gegen Gott und das Nichtvergebenkönnen. Ich sehe nicht mehr, wie sehr ich von der Vergebung Gottes lebe, nehme es als Selbstverständlichkeit hin und kann auch so nicht aus der Dankbarkeit anderen verzeihen.
Ich werde mit dem Leid fertig, indem ich mich heute der gnädigen Nähe Jesu freue. Er geht mit mir durch dieses Leidensteil, durch diese Welt, die unter dem Fluch Gottes steht. Er lässt sich die Dornenkrone ins Gesicht drücken und nimmt die Leiden und die Krankheit auf sich, damit sie wissen, dass er sie lieb hat.
Sie dürfen seine Hand fassen und sagen: Herr, tilge du meine Schuld, an der ich teilhabe, von Adam her, meinen Willen, der immer wieder von dir wegzieht. Und jetzt spüren sie die Versuchung, die uns heute wieder so bedrohlich bedrängt – die Versuchung, die Welt noch einmal als eine glitzernde, schöne Welt zu sehen, ohne Krankheit.
Doch Gott will mir das nicht noch einmal wegnehmen. Er will meinen Glauben reifen lassen, dass ich ihn mehr liebe, auch als meine Gesundheit, ihn auch mehr liebe als den lieben Menschen, den er von mir genommen hat, weil Leben in ihm liegt.
Und dann sendet mich Gott in diese Welt, dass ich noch den Acker baue, auf dem die Dornen und Disteln stehen, dass Mütter Kinder gebären und hineingehen in die Schmerzen, dass junge Menschen heiraten und dass plötzlich kein Fluch mehr ist.
Wissen Sie, dass Krankheit nicht mehr ein Fluch ist, sondern ein Segensweg Gottes? Dass da zwei Menschen sagen: Das Schönste unserer Ehe ist, dass wir ein Begehren füreinander haben. Wir wollen dieses Begehren heiligen im Dienst für Gott.
Ich will die Schwierigkeiten meines Berufes, den Ärger, den ich habe, mit Jesus durchleben und ihn zur Ehre Gottes dieses Feld bebauen, das er mir aufgetragen hat. Ich will tätig sein in dieser Welt, solange mir da Raum bleibt und ich etwas tun und wirken kann für ihn.
Er soll mich gebrauchen heute, und dass diese verfluchte Welt in einem Stück fällt, wird in dem Gottes Herrlichkeit durchleuchtet, Gottes ewige Welt heute schon aufleuchtet, weil er mich heilt, wo ich mich in ihm freuen darf.
Es gibt kein Leid mehr, wo Sie im Glauben Jesus gehören. Da kann es kein Leid mehr geben, auch wenn Sie sich die tränenlosen Augen wischen, weil Sie sagen: Ich bin eingehüllt in lauter Segen. Es gibt keinen Fluch, denn was er tut, ist immer gut. Wer von ihm behütet ruht, ist sicher allerwegen.
Er kann das verwirklichen, auch gerade wenn er uns Kreuzeswege führt. Dann macht er seine Herrlichkeit umso größer und umso gewaltiger. Er segne Sie dazu, dass Sie Leid in Freude verwandeln und aus dem Leid heraustreten. Amen.
